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Die Zukunft des deutschen Gesundheitsmarkts

Patient Relationship Management als strategische Option für die pharmazeutische Industrie

©2007 Diplomarbeit 131 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
"Gesundheit ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Gesundheit". Inwiefern dieses Zitat die allgemeine Stimmung des neuen Jahrtausends trifft, beweisen Prognosen führender Volkswirtschaftler zu der nächsten Langzeitfluktuation: "Gesundheit" wird der sechste Kondratieff-Zyklus. Was dies bedeutet? Gesundheit wird den aktuellen fünften Zyklus der Informationstechnik bzw. Informations- und Kommunikationsgesellschaft ablösen und DIE treibende Kraft der Ökonomien der Welt im neuen Jahrtausend werden.
Die Veränderungen, die hinter dieser Prognose stehen, betreffen alle Akteure des Gesundheitsmarkts. "Der souveräne Patient", "Anti-Aging-Gesellschaft", "Privatisierung" oder "Gesundheitsreform" sind nur einige der Schlagwörter in diesem Kontext. Auch die pharmazeutische Industrie wird neue Strategien entwickeln müssen, um sich auf dem "Markt der Gesundheit" behaupten zu können. Im Fokus wird der Verbraucher bzw. der Patient stehen. Die vorliegende Arbeit wird das im Konsumgüter- und Dienstleistungsmarkt angewandte Konzept des Customer Relationship Management als Patient Relationship Management (PRM) in seinen Anwendungsmöglichkeiten für den Gesundheitsmarkt untersuchen.
Aufbauend auf einer Erörterung des Status quo und der Herausforderungen des Gesundheitsmarkts in Deutschland, wird das Konzept des PRM zunächst theoretisch und danach praktisch anhand der Operationalisierung des Marketing-Mix erläutert. Der Fokus liegt dabei auf der Beziehung und Interaktion zwischen Patient und pharmazeutischer Industrie. Abschließend soll in einer kritischen Auseinandersetzung die Bedeutung des PRMKonzepts für pharmazeutische Industrie wie auch für die sonstigen Akteure des Gesundheitsmarkts dargelegt werden.
Obwohl die Begriffe Gesundheitsmarkt oder Gesundheitswirtschaft immer häufiger verwendet werden, sind die Vorstellungen darüber, was der Gesundheitsmarkt im Rahmen der Volkswirtschaft bedeutet, welchen Stellenwert er hat und aus welchen Teilmärkten er besteht, immer noch verschwommen. Nach der WHO handelt es sich bei "Gesundheit" um einen "Zustand vollständigen körperlichen, geistigen, mentalen und sozialen Wohlbefindens" und nicht allein um eine Umschreibung i.S.v. Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen. Neben der Begrifflichkeit der "Gesundheit als Zustand"unterscheidet Weilnhammer noch zwischen "Gesundheit als Wirtschaftsgut im weiteren Sinn", die durch das Individuum selbst, der Nutzung von Gesundheitsleistungen und der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Catherine Holtgräfe
Status Quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt
Patient Realationship Management als strategische Option der pharmazeutischen
Industrie
ISBN: 978-3-8366-0362-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Catherine Holtgräfe
Diplom-Kauffrau
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität
des Saarlandes, Saarbrücken.
Derzeitig tätig als Assistentin der Geschäftsführung,
Bereich Marketing & Vertrieb in einem Handels- und
Logistikunternehmen mit Schwerpunkt Medizin.

I
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis ... I
II. Abkürzungsverzeichnis... V
III. Tabellenverzeichnis ... IX
IV. Abbildungsverzeichnis ... XI
1. Einleitung ...1
2. Begriffliche
Abgrenzungen ...3
2.1. Gesundheitsmarkt ...3
2.2. Customer
Relationship
Management ...4
2.2.1. Definition...4
2.2.2. Aufbau
und
Funktionalitäten...6
2.3. Patient
Relationship
Management ...8
2.3.1. Definition...8
2.3.2.
Einordnung des PRM in das Gesundheits- bzw. Pharmamarketing...9
3. Status quo im Gesundheitsmarkt...11
3.1.
Charakteristika des deutschen Gesundheitsmarkts...11
3.2. Akteure
des
Gesundheitsmarkts ...12
3.2.1. Überblick ...12
3.2.2.
Leistungsanbieter bzw. -vermittler ...13
3.2.3.
Regulatoren und Kostenträger...20
3.2.4. Nachfrager ...22
3.3. Gesetzliche
Rahmenbedingungen ...23
3.3.1.
Von Forschung bis Vertrieb von Arzneimitteln ...23
3.3.2.
Werbung für Arzneimittel ...26
3.3.3. Gesetzliche
Neuerungen
im
Gesundheitsmarkt...28
3.4. Wandel
im
Gesundheitsmarkt ...31
3.4.1. Wirtschaftlichkeitsorientierung ...31
3.4.2. Wandel
der
Geschäftsbeziehungen...31
3.4.3.
Charakterisierung des Patienten als Kunde des Gesundheitsmarkts ...34
4. Herausforderungen
im
Gesundheitsmarkt ...37
4.1. Allgemeiner
Überblick ...37
4.2.
Herausforderungen für die pharmazeutische Industrie im Speziellen...38
4.3. Patientenorientiertes
Beziehungsmanagement als Lösungsansatz ...40

II
5. Patient Relationship Management ­ Konzept... 43
5.1.
Allgemeine Darstellung des PRM-Konzepts ... 43
5.2.
Ziel- und Strategiedefinition ... 44
5.3. Patientensegmentierung ... 46
5.3.1.
Definition der Kundensegmentierung... 46
5.3.2.
Patientensegmentierung nach allgemeinen Verbrauchermerkmalen ... 46
5.3.3.
Patientensegmentierung nach speziellen Verhaltensmerkmalen ... 47
5.4. Patientenwertermittlung
und
-analyse... 53
5.5. Patientenbearbeitung... 56
5.5.1. Segmentspezifische
Patientenbearbeitung ... 56
5.5.2. Lebenszyklusspezifische Patientenbearbeitung ... 58
5.6. Patientendatenmanagement... 64
5.7.
Voraussetzungen zur Verwirklichung des PRM-Konzepts ... 66
5.7.1.
Erfahrungen mit der CRM-Umsetzung... 66
5.7.2.
Anforderungen an die pharmazeutische Industrie ... 67
5.7.3.
Anforderungen an die Patienten... 69
5.7.4.
Anforderungen an das PRM-Konzept... 70
6. Operationalisierung des PRM-Konzepts im Marketing-Mix ... 73
6.1.
Allgemeine Darstellung des Marketing-Mix der Pharmabranche ... 73
6.2.
Produkt- und Programmpolitik ... 75
6.2.1.
Die auf die Hardware-bezogene Produkt- und Programmpolitik ... 75
6.2.1.1. Innovationspolitik ... 75
6.2.1.2. Variations- und Differenzierungspolitik ... 77
6.2.1.3. Imitations- und Lizenzpolitik... 77
6.2.2.
Die auf die Software bezogene Produkt- und Programmpolitik ... 78
6.2.3.
Marken- bzw. Namenspolitik... 80
6.3. Preispolitik ... 82
6.3.1.
Innovative Präparate und Me too-Präparate... 82
6.3.2.
Rx- und OTC-Präparate ... 82
6.3.3. Value-Added-Services ... 83
6.4. Kommunikationspolitik ... 85
6.4.1. Klassische
Instrumente
der Pharmakommunikation... 85
6.4.2.
Spezifika der Patientenkommunikation und DTC als Lösungsansatz ... 89
6.4.3.
Neue Instrumente der Patientenkommunikation... 91

III
6.5. Distributionspolitik...95
6.5.1.
Regulärer Vertrieb von OTC- und Rx-Präparaten...95
6.5.2. Neue
Vertriebsmodelle ...97
7. Kritische
Auseinandersetzung...99
7.1.
Bedeutung des PRM-Konzepts für die pharmazeutische Industrie ...99
7.2.
Bedeutung des PRM-Konzepts für die sonstigen Gesundheitsmarktakteure ...100
8. Fazit ...103
V. Literaturverzeichnis ... IX
VI. Verzeichnis der Gesprächspartner ... XXX

V
II. Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
ABDA
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
AEP Apothekeneinkaufspreis
AMG
Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln
AMPreisV Arzneimittelpreisverordnung
ANZAG
Andreas-Noris Zahn AG
ApoG
Gesetz über das Apothekenwesen
AVWG
Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversor-
gung (Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz)
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BfG
Bundesministerium für Gesundheit
BIP Bruttoinlandsprodukt
BPI
Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V.
bspw. beispielsweise
bzw. beziehungsweise
CCC
Customer Contact Center
CLV
Customer Lifetime Value
CRM
Customer Relationship Management
CV Customer
Value
d.h. das
heißt
Destatis
Statistisches Bundesamt Deutschland
DFC Direct-from-consumer
DMP
Disease Management Programm
DTC Direct-to-consumer
EBITDA
Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization
f. folgend(e)
ff. fortfolgend(e)
F&E
Forschung und Entwicklung
gg. gegenüber
ggf. gegebenenfalls
GKV Gesetzliche
Krankenversicherung

VI
GKV-WSG
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversi-
cherung
GMG
Gesetz zur Modernisierung der Krankenversicherung
HWG Heilmittelwerbegesetz
i.d.R.
in der Regel
insbes. insbesondere
Jg. Jahrgang
k.A. keine
Angabe
Mio. Million(en)
Mrd. Milliarde(n)
MWSt Mehrwertsteuer
Nr.
Nummer
o.
ohne
o.ä. oder
ähnliche(s/r)
OLAP
On-Line Analytical Processing
OTC-Präparate
Over The Counter-Präparate, d.h. verschreibungsfreie, aber apotheken-
pflichtige Arzneimittel
PEC
Patient Engagement Cube
PHAGRO
Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V.
PKV Private
Krankenversicherung
PLV
Patient Lifetime Value
PLZ Patientenbeziehungslebenszyklus
POS
Point Of Sale
PRM
Patient Relationship Management
Rx-Präparate verschreibungspflichtige
Arzneimittel
RSA Risikostrukturausgleich
SGB Sozialgesetzbuch
SGE Strategische
Geschäftseinheit
sog. so
genannte(r)
Tab. Tabelle
u.a. und
andere
USt Umsatzsteuer
usw.
und so weiter
VFA
Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller e.V.

VII
vgl. vergleiche
z.B.
zum Beispiel

IX
III. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Vergleich von Transaktions- und Beziehungsmarketing ...5
Tab. 2: Definitionen von CRM...5
Tab. 3: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern im Verlauf...11
Tab. 4: Zahlen und Fakten der pharmazeutischen Industrie in Deutschland 2005...16
Tab. 5: Umsatzstarke Hersteller im Verordnungsjahr 2005...16
Tab. 6: Zahlen und Fakten des Pharma-Großhandels im Jahr 2005...17
Tab. 7: Kundenbindung aus Sicht des Arztes...19
Tab. 8: Unterschiede von PKV und GKV ...21
Tab. 9: Kundenbindung aus Sicht der Krankenkasse ...22
Tab. 10: Der Produktlebenszyklus von Arzneimittel ...24
Tab. 11: Datenschutz für Gesundheitsdaten...25
Tab. 12: Preise und Konditionen im Arzneimittelmarkt ...26
Tab. 13: Relevante Inhalte des HWG für die pharmazeutische Industrie ...27
Tab. 14: Gesetzesänderungen nach GMG ...28
Tab. 15: AVWG und Bedeutung für die pharmazeutische Industrie ...29
Tab. 16: Alte Krankenversicherung und Neue Gesundheitsversicherung...30
Tab. 17: Imagefaktoren der pharmazeutischen Industrie ...33
Tab. 18: Der Patient von früher und heute ...34
Tab. 19: Arten der Kundensegmentierung ...46
Tab. 20: OTC-Typologie ...49
Tab. 21: Typologisierung chronisch kranker Patienten...50
Tab. 22: Ansätze zur Erfassung des Kundenwerts ...54
Tab. 23: Raster der Motivationsdiagnose zur bedürfnisorientierten Patientenansprache ...58
Tab. 24: Lebenszyklusspezifische Patientenansprache ...63
Tab. 25: Systematisierung der CRM-Daten ...64
Tab. 26: Exemplarische Messgrößen und Kennzahlen der PRM-Scorecard...71
Tab. 27: Ziele der Produkt- und Programmpolitik ...73
Tab. 28: Markenstrategien im Selbstmedikations-Markt ...81
Tab. 29: Aufgaben und Maßnahmen der Kommunikationsinstrumente im Pharmamarketing 85

XI
IV. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Komponenten eines CRM-Systems...7
Abb. 2:
Gesundheitsmarkt in Deutschland
(Verkäufe von Arznei-/Nichtarzneimitteln 01.- 09.2006 vs.Vorjahr) ...12
Abb. 3:
Das Marktmodell des Pharmamarktes...12
Abb. 4:
Arzneimittelklassifizierung ...14
Abb. 5:
Systematisierung der Krankheitskosten in Deutschland ...23
Abb. 6:
Umweltfaktoren auf dem Gesundheitsmarkt und ihre Wechselwirkungen...37
Abb. 7:
Systematik des PRM-Konzepts ...43
Abb. 8:
Produktkriterien für endverbraucherorientierte Aktivitäten1...45
Abb. 9:
Patientensegmentierung nach BCG...51
Abb. 10:
Segmentierung der Patienten nach Kontrollüberzeugung und
Informationsverhalten...52
Abb. 11:
Formel zur Berechnung des Patientenwerts ...55
Abb. 12:
Segmentspezifische Patientenbearbeitung...56
Abb. 13:
Patientenbeziehungslebenszyklus im PRM ...59
Abb. 14:
Konzept des Geomarketing anhand zwei Beispielen ...65
Abb. 15:
Probleme bei der Umsetzung von CRM (in Prozent [%])...67
Abb. 16:
Indikationsbezogene Angebote im Fall Diabetes ...79
Abb. 17:
Zusatzleistungen am Beispiel von Adipositas-Patienten...80
Abb. 18:
Determinanten einer patientenorientierten Preispolitik bei
Value Added Services ...84
Abb. 19:
Entwicklung der Werbespendings (in TEUR) im Bereich ,,Gesundheit" ...86
Abb. 20:
Ablauf des "Stragic Planning"...87
Abb. 21:
Bedeutung von DTC bei verschiedenen Indikationsszenarien...90
Abb. 22:
Internetauftritt AMGEN ...92
Abb. 23:
Bestandteile des Technology-enabled Customer Contact Centers ...93
Abb. 24:
Nutzen des PRM-Programms für das Unternehmen ...99

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
1
1. Einleitung
,,Gesundheit ist nicht alles ­ aber alles ist nichts ohne Gesundheit" (Lonsert/Schäfer/Harms
2006, S. 8). Inwiefern dieses Zitat die allgemeine Stimmung des neuen Jahrtausends trifft,
beweisen Prognosen führender Volkswirtschaftler zu der nächsten Langzeitfluktuation: ,,Ge-
sundheit" wird der sechste Kondratieff-Zyklus. Was dies bedeutet? Gesundheit wird den ak-
tuellen fünften Zyklus der Informationstechnik bzw. Informations- und Kommunikationsge-
sellschaft ablösen und DIE treibende Kraft der Ökonomien der Welt im neuen Jahrtausend
werden (Lonsert/Schäfer/Harms 2005, S. 27). Die Veränderungen, die hinter dieser Prognose
stehen, betreffen alle Akteure des Gesundheitsmarkts. ,,Der souveräne Patient", ,,Anti-Aging-
Gesellschaft", ,,Privatisierung" oder ,,Gesundheitsreform" sind nur einige der Schlagwörter in
diesem Kontext. Auch die pharmazeutische Industrie wird neue Strategien entwickeln müs-
sen, um sich auf dem ,,Markt der Gesundheit" behaupten zu können. Im Fokus wird der
Verbraucher bzw. der Patient stehen. Die vorliegende Arbeit wird das im Konsumgüter- und
Dienstleistungsmarkt angewandte Konzept des Customer Relationship Management als Pati-
ent Relationship Management (PRM) in seinen Anwendungsmöglichkeiten für den Gesund-
heitsmarkt untersuchen. Aufbauend auf einer Erörterung des Status quo und der Herausforde-
rungen des Gesundheitsmarkts in Deutschland, wird das Konzept des PRM zunächst theore-
tisch und danach praktisch anhand der Operationalisierung des Marketing-Mix erläutert. Der
Fokus liegt dabei auf der Beziehung und Interaktion zwischen Patient und pharmazeutischer
Industrie. Abschließend soll in einer kritischen Auseinandersetzung die Bedeutung des PRM-
Konzepts für pharmazeutische Industrie wie auch für die sonstigen Akteure des Gesundheits-
markts dargelegt werden.

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
3
2. Begriffliche
Abgrenzungen
2.1. Gesundheitsmarkt
Obwohl die Begriffe Gesundheitsmarkt oder Gesundheitswirtschaft immer häufiger verwen-
det werden, sind die Vorstellungen darüber, was der Gesundheitsmarkt im Rahmen der
Volkswirtschaft bedeutet, welchen Stellenwert er hat und aus welchen Teilmärkten er besteht,
immer noch verschwommen (Preusker 2006, S. 1). Nach der WHO handelt es sich bei ,,Ge-
sundheit" um einen ,,Zustand vollständigen körperlichen, geistigen, mentalen und sozialen
Wohlbefindens" und nicht allein um eine Umschreibung i.S.v. Abwesenheit von Krankheit
und Gebrechen (Hoffmann-La Roche AG 2003, S. 701). Neben der Begrifflichkeit der ,,Ge-
sundheit als Zustand" unterscheidet Weilnhammer (2005, S. 22) noch zwischen ,,Gesundheit
als Wirtschaftsgut im weiteren Sinn", die durch das Individuum selbst, der Nutzung von Ge-
sundheitsleistungen und der sonstigen Umweltfaktoren bestimmt wird, sowie ,,Gesundheits-
leistungen als materielle Güter und immaterielle Dienstleistungen im engeren Sinn", die zur
Sicherstellung der Gesundheit der Patienten genutzt werden.
Der Markt als weiterer Teilaspekt des ,,Gesundheitsmarkts" ist allgemein als ökonomischer
Ort des Austauschs von Gütern oder Dienstleistungen definiert (Wiedeler 2002, S. 5). Jedoch
wird hierunter auch der Vorgang verstanden, bei dem aufeinander treffende Anbieter und
Nachfrager, eingebettet in einen Wettbewerbsprozess, Leistungen austauschen. Der Markt ist
dabei in räumlicher, zeitlicher und/oder sachlicher Hinsicht abzugrenzen (Meffert 2000,
S. 36f.). Im Folgenden wird vom volkswirtschaftlichen Gesamtmarkt nur der Teilmarkt des
Gesundheitswesens betrachtet. Das Gesundheitswesen umfasst die ,,Gesamtheit aller Einrich-
tungen des Staates, die der Förderung u. Erhaltung der Gesundheit sowie der Vorbeugung u.
Bekämpfung von Krankheiten dienen" (Hoffmann-La Roche AG 2003, S. 702). Zu den Ak-
teuren des deutschen Gesundheitswesens gehören dabei zum einen die ,,Leistungsanbieter
bzw. -vermittler" wie die pharmazeutische oder die Medizintechnik-Industrie, aber auch Ärz-
te, Apotheken, Sanitätshäuser, Krankenhäuser oder Heilmittelerbringer wie Krankengymnas-
ten und Heilpraktiker. Von Bedeutung sind auch sog. ,,Regulatoren", die in Form von Regie-
rung, Parteien, Behörden, Krankenkassen, Verbänden und Interessengruppen auftreten. Als
dritte Partei werden in der Literatur die ,,Kostenträger" herausgestellt, d.h. der Staat, die Län-
der, Kommunen, Arbeitgeber, Krankenkassen und Patienten. Letztere bilden außerdem die
gesonderte Gruppe der ,,Nachfrager" (Reuter 2001, S. 3ff.; ABS Computer GmbH 2007;
Wiedeler 2002, S. 8). Das Gesundheitswesen bildet somit den strukturellen, ökonomischen

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Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
4
und rechtlichen Rahmen für den PRM-Ansatz, wobei dieser in direkter Wechselwirkung mit
aktuellen Reformbemühungen im Gesundheitswesen steht (Weilhammer 2005, S. 21). Aller-
dings hat der am Sozialversicherungsrecht orientierte Begriff des ,,Gesundheitswesens" zu
keiner Zeit den gesamten Markt abgedeckt, auf dem Produkte und Dienstleistungen angeboten
und nachgefragt werden, die unmittelbar oder mittelbar mit Gesundheit in Beziehung stehen
(Preusker, S. 3). Der Gesundheitsmarkt enthält auch die Gesundheitsleistungen, die bspw.
privat nachgefragt und finanziert wurden, wobei der pharmazeutische Teilmarkt, der im Fol-
genden im Fokus steht, einige Besonderheiten im Vergleich zu anderen Märkten aufweist.
Neben Forschung und Entwicklung, Herstellung und Vertrieb, insbesondere der Vertriebswe-
ge, die auf Grund der Sensibilität der Produkte und des erhöhten Schutzbedarfs der Patienten
in besonderem Maße staatlichen Reglementierungen unterliegen, sind auch Besonderheiten in
der Trennung und Verteilung der Funktionen ,,entscheiden", ,,verwenden" und ,,bezahlen" zu
sehen. ,,Denn bei Produktkenntnis, Produktauswahl, Verordnungs- bzw. Kaufentscheidungen,
Produktverwendung, Preisgestaltung und Erstattungsmöglichkeiten sind in vielen Fällen meh-
rere Entscheidungsträger bzw. Meinungsbildner integriert" (Kunz 2001, S. 39). Eine markt-
wirtschaftliche Selbstregulierung aufgrund von Angebot und Nachfrage ist im Bereich des
Arzneimittelmarkts unmöglich, da die Nachfrage im Wesentlichen vom Verordnungsverhal-
ten der Ärzte abhängt (BfG 2005a, S. 2). Zusammenfassend ist der Gesundheitsmarkt als
,,Markt für Gesundheit oder Gesundheitsleistungen" zu charakterisieren, auf dem Patienten als
Nachfrager auftreten, der jedoch auch durch oben definierte Leistungsvermittler und Regula-
toren beeinflusst wird.
2.2. Customer Relationship Management
2.2.1. Definition
Da das CRM Grundlage des PRM-Konzepts ist, soll an diesem Punkt der Begriff des CRM
bzw. Kundenbeziehungsmanagement näher definiert und erläutert werden. ,,Das Kundenbe-
ziehungsmanagement hat sich direkt aus dem Beziehungsmarketing heraus entwickelt und
weist demzufolge vom Grundverständnis her eine große Ähnlichkeit auf" (Hippner 2006,
S. 19). Dabei stellt das Beziehungsmarketing, das auch Relationship Marketing genannt wird,
eine Weiterentwicklung des Transaktionsmarketings dar. Kennzeichnend für letzteres ist ein
Denken im Sinne eines ,,inside-out", d.h. das Unternehmen entwickelt einen Marketing-Mix,
um damit den Markt bzw. die Teilmärkte zu bearbeiten und Geschäftsabschlüsse zu tätigen.

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
5
Im Gegensatz dazu verdeutlicht das Beziehungsmarketing die Perspektive des ,,outside-in",
wobei hier die speziellen Beziehungen des Unternehmens zu seinen Kundensegmenten Aus-
gangspunkt für die Marktbearbeitung sind (Bruhn 2002, S. 32, vgl. Tab. 1).
Tab. 1: Vergleich von Transaktions- und Beziehungsmarketing
Transaktionsmarketing
Beziehungsmarketing
Betrachtungsdauer
Kurzfristigkeit
Langfristigkeit
Marketingobjekt
Leistung
Leistung und Kunde
Dominantes Marketingziel
Kundenakquisition
Kundenakquisition, Kundenbindung,
Kundenrückgewinnung
Strategiefokus
Information
Dialog
Ökonomische Erfolgs- und
Steuergrößen
Gewinn, Deckungsbeitrag,
Umsatz, Kosten
zusätzlich: Kundendeckungsbeitrag,
Kundenwert
Quelle: in Anlehnung an Bruhn, M. (2002): Marketing ­ Grundlagen für Studium und Praxis, 6. Aufl., S. 32,
Wiesbaden.
In der Fachliteratur gehört das CRM zu den vielfach diskutierten Konzepten. In Tab. 2 sind
daher einige der Definitionen von CRM exemplarisch aufgeführt.
Tab. 2: Definitionen von CRM
West/Ford/Ibrahim
(2006, S. 191)
,,CRM is a process by which a firm gathers information about the wants and needs of
its costumers to enable it to adjust its offerings to better fit those who need it."
Hippner/Wilde
(2003, S. 6)
,,Customer Relationship Management (CRM) versteht sich als kundenorientierte Un-
ternehmensstrategie, die mit Hilfe moderner Informationstechnologie versucht, auf
lange Sicht profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche und individuelle Mar-
keting-, Vertriebs- und Servicekonzepte aufzubauen und zu festigen."
Raab/Werner
(2005, S. 13)
,,CRM charakterisiert eine Managementphilosophie, die eine komplette Ausrichtung
des Unternehmens auf vorhandene und potenzielle Kundenbeziehungen vorsieht. Der
Kunde steht dabei im Mittelpunkt aller unternehmerischen Überlegungen."
Rapp
(2005, S. 40)
,,CRM definiert die Neuorientierung vom funktionalen, klassischen Marketing, das
produktorientiert ist und sich auf die Kundenakquisition konzentriert, hin zum über-
greifenden, ganzheitlichen Marketing, das auf die Beziehungen zwischen Unterneh-
men und Kunden fokussiert ist."
Schumacher/
Meyer
(2004, S.19)
,,Unter CRM wird im Allgemeinen die umfassende Gestaltung der Anbieter-Kunden-
Beziehung eines Unternehmens zu dessen Kunden und Interessenten verstanden.
CRM wird dabei als kundenorientierter Ansatz der Unternehmensführung aufgefasst.
Es beinhaltet die Ausrichtung des unternehmerischen Handelns auf Interessen, Anfor-
derungen und Präferenzen der Kunden, mit dem Ziel der optimalen Gestaltung lang-
fristiger, partnerschaftlicher Kundenbeziehungen, um wirtschaftliche Vorteile zu
generieren."
Quelle: Eigene Darstellung.
Allen Definitionen gemein ist die Kunden-, Prozess- und Finanzdimension des CRM. Dies
bedeutet zum einen die Aufgabe eines kundenintendierten Dialogs mittels Informations- und
Kommunikationsinstrumenten, sowie einer Speicherung, Analyse und Weitergabe der ge-
wonnenen Daten, bspw. in Datenbanken (Rapp 2003, S. 61f.). Es gilt dabei, alle Interaktionen

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
6
mit bestehenden und potenziellen Kunden über alle organisatorischen Grenzen hinweg konti-
nuierlich zu koordinieren und weiterzuentwickeln (Management), Kundentreue aufzubauen
sowie hohe Kundenkonstanz zu erzielen und lebenslange Beziehungen zu pflegen (Raab/
Werner 2005, S. 13f.). Zum anderen umfasst dies die Ausrichtung des gesamten Wertschöp-
fungsprozesses, über alle Unternehmensbereiche hinweg, an den Bedürfnissen des Kunden.
Außerdem erfolgt eine Kundenbetrachtung unter dem Gesichtspunkt der Profitabilität, d.h. der
Leistung der Kunden für die Substanz- und Zukunftserhaltung eines Unternehmens
(Rapp 2003, S. 61f.). Ziel des CRM-Konzepts ist das Management dauerhafter und profitabler
Kundenbeziehungen (Raab/Werner 2005, S. 13f.). Für Homburg/Sieben (2000, S. 7f.) sind
dementsprechend Kundenorientierung, Wirtschaftlichkeitsorientierung, Systematisierung,
Individualisierung und IT-Anwendung die charakteristischen Prinzipien des CRM.
2.2.2.
Aufbau und Funktionalitäten
Während Hippner/Rentzmann/Wilde (2006a, S. 48) das CRM in operatives und analytisches
CRM unterteilen, definieren Kölmel/Kühner (2006, S. 14f.) noch das kommunikative CRM.
Dieses umfasst die Integration und Synchronisation aller kundenorientierten Kommunikati-
onskanäle (bzw. Customer Touch Points). Das operative CRM schließt nach ihrer Definition
die operativen CRM-Tätigkeiten in Marketing, Vertrieb und Service mit ein. Dagegen liegt
die Aufgabe des analytischen CRM in der Konsolidierung und Analyse sämtlicher Kundenin-
formationen. Alle Kundendaten werden mittels eines Customer Data Warehouse systematisch
aufgezeichnet und durch Data Mining sowie On-Line Analytical Processing (OLAP) zur kon-
tinuierlichen Optimierung der kundenbezogenen Geschäftsprozesse genutzt (vgl. Abb. 1).

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Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
7
Abb. 1: Komponenten eines CRM-Systems
Service-
Prozesse
Vertriebs
prozesse
Marketing
Prozesse
Persönlicher
Kontakt
Telefon
Internet
Brief/Fax
E-Mail
Kanäle
Ko
m
m
un
i-
ka
ti
ve
s
C
R
M
Front
Office
Marketing
Automation
Sales
Automation
Service
Automation
Außendienst
Innendienst
CIC
Call-Center
Website
Mobile
Customer
Touch
Points
Außendienst
Innendienst
CIC
Call-Center
Website
Mobile
Customer
Touch
Points
Operative
IT
Business
Intelligence
Operative
Kundendatenbank
Content Management
System
Customer Data
Warehouse / Data Marts
Data Mining
OLAP
Ope
ra
tiv
es
CR
M
An
al
yt
isc
he
s
CRM
B
ack O
ff
ice
Quelle: in Anlehnung an Kölmel, B.; Kühner, A. (2006): CRM-Ansätze und -Ebenen: Funktionen des erfolgrei-
chen CRM, in: Hubschneider, M.; Sibold, K. (Hrsg.): CRM-Erfolgsfaktor Kundenorientierung - Mit Anwen-
dungsbeispielen und Checklisten für den Mittelstand, Freiburg u.a., 1. Aufl., S. 15; Hippner, H.; Rentzmann, R.;
Wilde, K. D. (2006a): Aufbau und Funktionalitäten von CRM-Systemen, in: Hippner, H.; Wilde, K. D. (Hrsg.):
Grundlagen des CRM - Konzepte und Gestaltung, Wiesbaden, 2. Aufl., S. 48.
Unter Data Warehouse wird dabei eine geordnete, funktions- und unternehmensübergreifende,
an Geschäftsobjekten orientierte Datensammlung über einen Zeithorizont von mehreren Jah-
ren verstanden. Eine zeitpunktspezifische und zeitraumbezogene Informationsausgabe über
Kunden wird so möglich. Zur Auswertung der Daten im Data Warehouse dient OLAP, wobei
betriebswirtschaftliche Größen wie Umsätze und Kosten in verschiedenen Kundengruppen
oder bspw. Verkaufsgebieten gegliedert und als multidimensionale Datenwürfel dargestellt
werden können (Schnauffer/Jung 2004, S. 22f.). Mit mehr oder weniger differenzierten, intui-
tiv durchzuführenden Datenbankabfragen wird eine mehrdimensionale Sicht auf die Daten
des Unternehmens ermöglicht.
Während durch OLAP bereits vorher formulierte Fragestellun-
gen analysiert werden, dient Data Mining dazu, Zusammenhänge zwischen Kundenverhalten
und der Gestaltung kundenorientierter Geschäftsprozesse zu überprüfen (Hippner/Wilde 2003,
S. 17f.). Hierfür werden entscheidungsrelevante Informationen aus externen und/oder inter-
nen Datenquellen als sog. Data Marts extrahiert und analysiert bzw. nach Bedarf einzelnen
Abteilungen wie z.B. dem Call-Center zur Verfügung gestellt (Schnauffer/Jung 2004, S. 25ff.;

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
8
Rudolph/Rudolph 2000, S. 75). Das analytische Element macht das CRM-System zu einem
,,lernenden System" (Closed Loop Architecture), in dem Kundenreaktionen systematisch ge-
nutzt werden, um die Abstimmung von Kundenkommunikation, Produkten und Dienstleis-
tungen auf Kundenbedürfnisse kontinuierlich zu verbessern (Hippner/Rentzmann/Wilde
2006a, S. 49). Man spricht in diesem Zusammenhang von der Wirkungskette des CRM, die
zunächst aus der Konzeption einer Kundenbeziehungsstrategie sowie einer darauf aufbauen-
den Reorganisation des Unternehmens und der Prozesse besteht. Hierdurch verändern sich
Kundeneinstellungen sowie Kundenverhalten und der ökonomische Erfolg des CRM ist an-
hand von Quantität, Qualität und Dauer der Kundenbeziehung nachzuvollziehen. Dabei wir-
ken unternehmensinterne und -externe Faktoren auf die Wirkungskette ein. Während interne
Faktoren, wie bspw. Akzeptanz der Mitarbeiter oder bereits erreichte Individualisierungsgra-
de, einzelnen Phasen zuzuordnen sind, beeinflussen externe Kräfte wie der Wettbewerb im
Markt meist alle Phasen (Hippner 2006, S. 21f.). So zwingt die hohe Wettbewerbsintensität
die Gesundheits- bzw. Pharmabranche Kundenbeziehungen auf- und auszubauen, sowie diese
Kunden langfristig zu binden. Das CRM-Prinzip stellt somit für die pharmazeutische Industrie
einen idealen Ansatz dar, der aber bislang nur selten genutzt wird (Thill 2000, S. 29).
2.3. Patient Relationship Management
2.3.1. Definition
Überträgt man das CRM-Konzept auf die Pharmaindustrie, so kann man hier zwischen den
Kundenbeziehungen in Form von Business-to-Business (mit Großhändlern, Krankenhäusern,
Apotheken), Business-to-Doctor (mit Ärzten) und Business-to-Consumer (mit Patienten) un-
terscheiden (Puschmann/Alt 2001, S. 60). Untersuchungen haben gezeigt, dass der Patient als
neue Zielgruppe immer stärker in den Mittelpunkt des Life-Sciences-Marketing rückt (Cap-
gemini 2001, S. 9). Im Folgenden soll daher der Fokus auf der Business-to-Consumer-
Beziehung liegen. Dabei bezeichnet der Begriff des ,,Patienten" die Menge aller möglichen
Verwender eines pharmazeutischen Produkts in zeitlicher Unabhängigkeit zum Verbrauch,
wobei Patienten in frühere, gegenwärtige und zukünftig mögliche Verwender unterteilt wer-
den können (Hohensohn 1998, S. 16).
In der Literatur wurde für das CRM der Pharmaindustrie der Begriff des ,,Patient Relationship
Management" gewählt, da dieser sich klar vom ,,Customer Relationship Management" ab-
grenzt, das im Allgemeinen den Kunden, z.B. den Arzt oder Apotheker, betrachtet. Capgemi-

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
9
ni (2001, S. 5) stellen dabei sowohl den kranken Patienten, als auch den gesunden Konsumen-
ten, der an Prävention interessiert ist, in den Fokus. ,,Patient Relationship Management
(PRM) beschreibt einen umfassenden Prozess zur systematischen Pflege der Kundenbezie-
hungen eines Pharma-Unternehmens zu den Endverbrauchern" (Stock/Pfahlert 2001, S. 187).
Badenhoop (2001, S. 15) präzisiert das Patientenbeziehungsmanagement als ein innovatives
Geschäftskonzept für den Aufbau und Erhalt langfristiger, profitabler Geschäftsbeziehungen
zum Patienten als Endverbraucher medizinischer Produkte und sieht es im Gegensatz zu dem
CRM-Konzept als einen Ansatz an, der sich primär an Vertriebspartner, Verschreiber und
Meinungsbildner unter den Patienten wendet. Diese Akteure des Gesundheitsmarkts werden
im Rahmen eines ganzheitlichen PRM-Konzepts daher nicht ausgeschlossen, ihnen wird so-
gar eine hohe Bedeutung für die erfolgreiche Realisierung der Unternehmensstrategie beige-
messen (Schäfer 2006). Grundlegend für diese Arbeit ist die Definition nach Hahn (2006,
S. 78): ,,Das Patient Relationship Management (PRM) umfasst die Planung, Durchführung,
Kontrolle und Anpassung der Unternehmensaktivitäten zur Profitabilitätssteigerung potenziel-
ler, bestehender und wieder aufzunehmender Beziehungen zu Patienten und somit zur Opti-
mierung des Patientenportfolios. Die Unternehmensaktivitäten sind zur Schaffung langfristig
profitabler Anbieter-Nachfrager-Beziehungen IT-gestützt und in Abhängigkeit des individuel-
len Patientenwertes an den Patientenbedürfnissen auszurichten." Dabei setzt PRM ,,im Inte-
resse des Patienten auf neuartige Produktangebote und Dienstleistungen, vielfältige Kontakt-
kanäle, den Einsatz neuartiger (Informations-)Technologien, die bewusste Neugestaltung von
Geschäftsprozessen und die gezielte Beeinflussung von Einstellungen und Handlungsweisen
der Mitarbeiter" (Capgemini 2001, S. 7).
2.3.2. Einordnung des PRM in das Gesundheits- bzw. Pharmamarketing
Unter dem Begriff des Marketings ist im Allgemeinen eine Unternehmenspolitik zu verste-
hen, die von den gegenwärtigen und zukünftigen Gegebenheiten des Marktes ausgeht und
darauf ihr Produktions- und Marketingprogramm ausrichtet (Weis 2005, S. 15). Ausgehend
von den gesundheitsökonomischen, rechtlichen und marktbestimmenden Rahmenbedingun-
gen werden im Gesundheitsmarketing bereits erprobte Marketingmethoden und -techniken der
Steuerung von Marktbeziehungen angewandt. Zu den praktizierenden Akteuren gehören je-
doch alle Unternehmen der Gesundheitsindustrie (Harms/Kreyher 2005, S. 145; Kreyher
2001, S. 3)
und nicht nur die pharmazeutische Industrie.
Pharmamarketing ,,(...) as a subspe-
ciality of marketing, can be defined as a process by which a market for pharmaceutical care is

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
10
actualized" (Smith 1991, S. 9). Im Pharmamarketing steht ebenso wie im PRM der Patient im
Fokus der Handlungen: ,,(...) the justification for the existence of pharmaceutical marketing is
the patient, and not the manufacturer or the pharmacist" (Smith 1991, S. 9). Außerdem um-
fasst das Pharmamarketing wie das allgemeine Marketing die Preis-, Produkt-, Kommunikati-
ons- und Distributionspolitik. Ein nur auf den produktorientierten Absatz bezogenes undiffe-
renziertes Massenmarketing ist auf Grund des gesellschaftlichen Wandels nicht mehr Erfolg
versprechend. Es gilt in ein innovatives Management für den Aufbau und Erhalt langfristiger,
profitabler Kundenbeziehungen zu investieren. In diesem Zusammenhang spricht man von
dem ,,Patient Relationship Management" als eine Weiterentwicklung eines Teils des Phar-
mamarketings. Diese Entwicklung äußert sich in einem Wandel von der ,,Detaillierungs-Ära"
mit Fokus auf Überzeugung der Absatzmittler durch neue Produkte, hin zu einer ,,Ära der
Endkundenmacht" mit Ausrichtung auf Unterstützung und Begleitung beim Management des
Lebens für Kundengruppen und -netzwerke (Knoke 2003, S. 33f.).

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
11
3.
Status quo im Gesundheitsmarkt
3.1. Charakteristika des deutschen Gesundheitsmarkts
Jährlich werden im deutschen Gesundheitswesen ca. 240 Milliarden Euro umgesetzt, die rund
11% des BIP entsprechen (BfG 2007b). Die Gesundheitsausgaben pro Einwohner beliefen
sich im Jahre 2004 auf 2840 Euro und erreichten somit im Vergleich zu den im Zeitraum
1995 bis 2004 angefallenen Kosten den bisher höchsten Stand (Destatis 2006a). Angeführte
Tab. 3 gibt einen Überblick auf die Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern (in Mill. Eu-
ro) im Verlauf von 2002 bis 2004.
Tab. 3: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern im Verlauf
Gegenstand der Nachweisung
2002
2003
2004
öffentliche Haushalte
14411
14424
14535
gesetzliche Krankenversicherung
132935
135583
131564
soziale Pflegeversicherung
17309
17438
17587
gesetzliche Rentenversicherung
3587
3586
3491
gesetzliche Unfallversicherung
3852
3947
3944
private Krankenversicherung
19453
20438
21112
Arbeitgeber
9402
9672
9678
private Haushalte und private Organisationen o.E.
26926
28505
32073
Ausgabenträger insgesamt
227875
233593
233983
Quelle: in Anlehnung an Destatis ­ Statistisches Bundesamt (2006b): Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträ-
gern (Mill. Euro) 2002 bis 2004, http://www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab4.php, Abrufdatum: 17.02.2007.
Kartte/Neumann/Kainzinger (2005, S. 7) ergänzen diese Kennzahlen noch um 20 Milliarden
Euro, die ebenfalls zur individuellen Gesundheit beitragen. Hierunter zählen z.B. Kosten für
Sportstudio, Bio-Lebensmittel und Functional Food. Sie schließen hieraus, dass das Gesund-
heitswesen mit diesem Marktvolumen die größte Wirtschaftsbranche Deutschlands darstellt
und prognostizieren auf Grundlage des veränderten individuellen Gesundheitsbewusstseins,
medizinisch-technischer Innovationen, der demographischen Veränderung (vgl. Kapitel 3.2.4)
sowie einer BIP-Prognose in Höhe von 15,5%, dass die Gesundheitsausgaben im Jahre 2020
auf 453 Mrd. Euro ansteigen. Kennzeichnend für das Gesundheitswesen ist der große Anteil
der Dienstleistungsberufe in Höhe von ca. 90% der Beschäftigten. Ingesamt arbeiten 4,235
Millionen Menschen in der Gesundheitsbranche (Destatis 2006c). Neben der Dienstleistungs-
branche umfasst das Gesundheitswesen auch die Hightechbranche, in der Deutschland in den
Bereichen Medizintechnik, pharmazeutische Industrie, Biotechnologie, sowie Informations-

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
12
technologie Spitzenstellungen im Markt einnimmt (Kartte/Neumann/Kainzinger 2005, S. 6).
Anhand einer von IMS Health (2006b) durchgeführten Studie ist es möglich, den Gesund-
heitsmarkt, mittels der Verkäufe von Arznei-/Nichtarzneimittel, in Verordnungsmarkt, Markt
der Selbstmedikation und der Erweiterten Selbstmedikation zu gliedern (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Gesundheitsmarkt in Deutschland (Verkäufe von Arznei-/Nichtarzneimitteln 01.-09.2006 vs.Vorjahr)
Rezeptpflichtige Arzneimittel
Verordnete rezeptfreie Arzneimittel
Verordnete Gesundheitsmittel
Selbstmedikation mit rezeptfreien
Arzneimitteln in der Apotheke
Selbstmedikation mit freiverkäuflichen
Arzneimitteln außerhalb der Apotheke
Selbstmedikation mit Gesundheitsmitteln
in der Apotheke
Selbstmedikation mit Gesundheitsmitteln
außerhalb der Apotheke
4,6 Mio.
0,3%
105 Mio.
6,5%
503 Mio.
30,9%
451 Mio.
27,7%
90 Mio.
5,5%
416 Mio.
25,6%
58 Mio.
3,5%
Quelle: in Anlehnung an IMS Health (2006b): Der Gesundheitsmarkt in Deutschland ­ Verkäufe von Arzneimit-
teln und Nichtarzneimitteln (in Mio. Einheiten und in Mrd. Euro zu Endverbraucherpreisen) 1-9/2006 vs. Vor-
jahr, Frankfurt.
Zu erkennen ist hier vor allem ein hoher Anteil der Arzneimittel, die zur Selbstmedikation
verkauft wurden, weshalb das PRM-Konzept im Folgenden sowohl für verschreibungspflich-
tige als auch rezeptfreie Arzneimittel erläutert wird (vgl. auch Kapitel 3.2.1).
3.2. Akteure des Gesundheitsmarkts
3.2.1. Überblick
Wie bereits in Kapitel 2.1 dargestellt, können die interagierenden Akteure des deutschen Ge-
sundheitsmarkts in Leistungsanbieter bzw. -vermittler, Regulatoren, Kostenträger und Nach-
frager unterteilt werden (Wiedeler 2002, S. 8; vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Das Marktmodell des Pharmamarktes

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
13
Großhandel
Krankenhaus
Apotheke
Krankenhausapotheke
GKV / PKV
Patient/Kunde
Niedergelassener Arzt
Klinikarzt
Patient
Sonstiger
Einzelhand
Pharmaindustrie
STAAT
Re
zep
t +
Zu
zah
lun
g
Arznei
Arznei
Arznei
Arznei
Arznei
Geldstrom
Leistungen
Rezept
Leistung /
Verordnung
Beitrag
Beitrag
Erstattung
Erstattung
Quelle: in Anlehnung an Kunz, A. R. (2001): Alternative Distributionswege für pharmazeutische Produkte : eine
empirische Analyse nachfragerelevanter Entscheidungskriterien, Wiesbaden, 1. Aufl., S. 64.; Heiduk, G.
Emmerich, V. (1985): Arzneimittelmarkt und europäisches Wettbewerbsrecht, Baden Baden, 1. Aufl., S. 28.
Nach dieser Systematisierung werden im Folgenden die einzelnen Akteure dargestellt, wobei
der Fokus auf die pharmazeutische Industrie und den Patienten gelegt wird.
3.2.2. Leistungsanbieter bzw. -vermittler
Die pharmazeutische Industrie umfasst denjenigen Teilbereich der chemischen Industrie, der
sich mit der Forschung, Entwicklung, Herstellung und Distribution von Arzneimitteln be-
schäftigt (Hautzinger 2003, S. 115). Smith (1991, S. 1) erweitert diese Definition um Wirk-
samkeit und Sicherheit von Arzneimitteln. Zu den Aufgaben der pharmazeutischen Industrie
gehören demnach ,,1. Discovery and development of new drugs; 2. Rapid and safe develop-
ment of these drugs into useful therapeutic tools; and 3. Production and distribution of safe
and efficient existing drugs" (Smith 1991, S. 1). In Deutschland sind laut Unternehmensregis-
ter des Statistischen Bundesamts 975 pharmazeutische Unternehmen gemeldet, jedoch fallen
hierunter auch Unternehmungen, die zu einem Konzern gehören und die sich wiederum in
Betriebe gliedern. Eine eindeutige Angabe der Anzahl pharmazeutischer Unternehmungen
daher nicht möglich (BPI 2006b, S. 6). Die wichtigste Produktgruppe der Pharmaindustrie
stellen die Humanpharmazeutika dar, d.h. die Arzneimittel zur Anwendung am Menschen, die
auch Gegenstand dieser Arbeit sind. Generell handelt es sich bei Arzneimitteln um ,,Stoffe
und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
14
menschlichen oder tierischen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte
Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen oder (u. a.) die Beschaffen-
heit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen"
(Sandner 2006, S. 4; AMG §2). Diese lassen sich in ethische (sog. Rx-) Produkte, d.h. ver-
schreibungspflichtige, als auch in OTC- (sog. Over-the-Counter-) Produkte, d.h. nicht-ver-
schreibungs- aber apothekenpflichtige Präparate, und freiverkäufliche Arzneimittel unterteilen
(Sandner 2006, S. 12ff.; vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Arzneimittelklassifizierung
Arzneimittel
apothekenpflichtig
freiverkäuflich
rezeptpflichtig
Rx
rezeptfrei
OTC
Abgabe per Rezept
in der Apotheke
nicht-erstattungs-
fähig
erstattungsfähig
Handverkauf
in Apotheke
Verkauf
außerhalb Apotheke
Bereich der Verschreibung
bzw. Verordnung
Bereich der Selbstmedikation
Kunz, A. R. (2001): Alternative Distributionswege für pharmazeutische Produkte : eine empirische Analyse
nachfragerelevanter Entscheidungskriterien, Wiesbaden, 1. Aufl., S. 61.

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
15
Außerdem lassen sich die Produkte nach Art der Herstellerunternehmen klassifizieren. For-
schende Unternehmen produzieren Originalpräparate auf Grundlage ihrer FE. Imitieren Un-
ternehmen Präparate nach Ablauf der Patenfrist der Markenhersteller, so spricht man von Ge-
nerika (Hautzinger 2003, S. 115). Präparate, die neue Wirkstoffmoleküle mit ähnlichen phar-
makologischen und klinischen Wirkungen wie bereits bekannte Arzneimittel enthalten, wer-
den Analogpräparate oder Mee-to-Präparate genannt (Schwabe 2007a, S. 105). Das Kriterium
FE wird auch herangezogen, um Pharma-Unternehmen zu typologisieren. Heiduk/Emme-
rich (1985, S. 93) unterteilen in forschende Unternehmen, die unter Einsatz von Kapital,
hochqualifiziertem Personal sowie technischem Wissen neue Arzneimittel erforschen, diese
bis zur Marktreife entwickeln und unter ständiger Betreuung und Beobachtung produzieren,
wobei Unternehmenstyp 1 ein breites und tiefes Produktsortiment anbietet und Unterneh-
menstyp 2 auf wenige Indikationsgebiete spezialisiert ist. Unternehmenstyp 3 charakterisiert
Unternehmen, die sich, ausgehend von bekannten Wirkstoffen, auf die Entwicklung von Arz-
neimitteln spezialisiert haben. Nichtforschende Unternehmen, die Arzneimittel aus patentfrei-
en Wirkstoffen nachahmen, stellen den Typ 4 dar. Typ 5 umfasst ausländische Tochtergesell-
schaften, die durch Lizenznahme bei den forschenden Muttergesellschaften innovative Arz-
neimittel anbieten (Heiduk/Emmerich 1985, S. 93). Eine eindeutige Abgrenzung nach dieser
Typologie ist nicht immer möglich, da es bspw. auch Unternehmen gibt, die patentfreie Wirk-
stoffe zur Ergänzung ihres Originärsortiments anbieten (Hilleke-Daniel 1989, S. 107). Ausge-
hend von den unterschiedlichen Unternehmenstypen, können unterschiedliche Wettbewerbs-
strategien, nämlich Imitations- bzw. Innovationswettbewerb, differenziert werden (Hautzinger
2003, S. 125; vgl. Kapitel 6.2.1). Nachfolgende Tab. 4 und 5 geben einen Überblick über die
pharmazeutische Industrie in Deutschland, sowie deren Stellung im Wettbewerb auf dem
deutschen Markt.

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
16
Tab. 4: Zahlen und Fakten der pharmazeutischen Industrie in Deutschland 2005
Umsatz
insgesamt
27,90
Mrd.
Produktion
in Deutschland
im internationalen Vergleich Europa-
Japan-USA (im Jahr 2004)
22,7
7.
Mrd.
Platz
FE-Aufwendungen
VFA
4,07
Mrd.
Forschung und Entwicklung
eines neuen Medikaments
Durchschnittskosten
Durchschnittsdauer
800
12
Mio. US-$
Jahre
Export
Import
Wert der Pharmazeutika
31,8
25,6
Mrd.
Mrd.
Patente
für Arzneimittel
(in Deutschland veröffentlicht)
10452
4352
Anmeldungen
Erteilungen
Beschäftigte
insgesamt
VFA
davon Betriebe mit:
100 Beschäftigte
100-249 Beschäftigte
250-499 Beschäftigte
500-599 Beschäftigte
1000 Beschäftigte
113100
85.900
44
23
17
9
7
Mitarbeiter
"
Prozent
"
"
"
"
Preisentwicklung
1995 bis 2005
GKV-Arzneimittel
privater Verbrauch insgesamt
- 2
+ 15
Prozent
Quelle: in Anlehnung an VFA ­ Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (2006a): Statistics 2006 ­ Die
Arzneimittelindustrie in Deutschland, http://www.vfa.de/download/SHOW/de/presse/publikationen/ sta-
tistics2006 kompakt/statistics2006-kompakt.pdf, S. 1ff., Abrufdatum:18.01.2007; BPI - Bundesverband der
pharmazeutischen Industrie e.V. (2006b): Pharma-Daten 2006, http://www.bpi.de/internet/download/ pharmada-
ten_2006.pdf, S. 8ff., vgl. auch Statistisches Bundesamt, BMG, WidO, Abrufdatum: 17.01.2007.
Tab. 5: Umsatzstarke Hersteller im Verordnungsjahr 2005
Pharmahersteller
Position in Deutschland
Verordnungen in Mio.
GKV-Arzneimittel-
markt in Mio
Sanofi-Aventis
1
35,0
1601,9
Ratiopharm
2
69,8
1381,4
Hexal
3
52,7
1348,4
Novartis Pharma
4
18,1
1057,7
Astra/Zeneca
5
15,4
1054,7
Pfizer Pharma
6
13,3
892,1
Janssen-Cilag
7
5,0
670,8
Kohlpharma
8
8,2
666,3
Hoffmann-La-Roche
9
6,8
615,8
Glaxo Smithkline
10
6,8
563,5
Boehringer Ingelheim
11
9,4
522,7
Stada
12
17,7
458,8
Novo Nordisk
13
5,4
438,4
Lilly
14
3,5
389,9
Berlin Chemie
15
9,7
366,8
Quelle: in Anlehnung an Nink, K.; Schröder, H. (2007): Ökonomische Aspekte des deutschen Arzneimittelmark-
tes 2005 in Schwabe, U.; Paffrath, D. (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2006, Heidelberg, S. 225.

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
17
Als Bindeglied zwischen pharmazeutischer Industrie und Apotheken bzw. Einzelhandel fun-
giert der pharmazeutische Großhandel durch den die Logistik vereinfacht und die Zahl der
Geschäftspartner minimiert wird (Hahn 2006, S. 29). Ein Grossist genügt dabei zur Abde-
ckung des gesamten pharmazeutischen Bedarfs (Hautzinger 2003, S. 121). Man unterscheidet
nach Umfang des Medikamentenlagers in vollsortierte und teilsortierte Großhändler, wobei
letztere nur eine geringe Rolle in Deutschland spielen (Dambacher/Schöffski 2002, S. 246f.).
Rechtliche Grundlage ist zum einen die Betriebsverordnung für Arzneigroßhandelsbetriebe,
zum anderen die EG-Richtlinie über den Großhandelsvertrieb von Humanarzneimitteln (Kunz
2001, S. 46), sowie die AMPreisV, die die Großhandelsspanne festlegt. Das Angebot der
Großhändler hat sich in den letzten Jahren diversifiziert. Neben Empfehlungen zum Marke-
ting bieten sie nun auch wissenschaftliche Informationsdienste und Finanzierungshilfen an,
um sich als einziger Lieferant einer Apotheke profilieren zu können (Hautzinger 2003, S. 121;
Dambacher/Schöffski 2002, S. 246). In nachfolgender Tab. 6 sind die wichtigsten die Kenn-
zahlen des Pharma-Großhandels für das Jahr 2005 (in Vergleich zum Vorjahr) dargestellt.
Tab. 6: Zahlen und Fakten des Pharma-Großhandels im Jahr 2005
Gesamtumsatz Großhandel zu AEP (ohne MwSt.)
davon:
taxplichtiger Umsatz
OTC-Umsatz
Umsatz mit Randsortiment
Großhandelsspanne gemäß AMPreisV
21,44
16,87
2,52
2,05
6,13
Mrd.
Mrd.
Mrd.
Mrd.
%
( +8,64 %)
(+ 10,2 %)
(+ 0,5 %)
(+ 7,1 %)
Vom Großhandel gelieferte Packungen
davon:
verschreibungspflichtige Arzneimittel
apothekenpflichtige Arzneimittel
1,3
660
530
Mrd. Packungen
Mio. Packungen
Mio. Packungen
PHAGRO-Kennziffern:
Mitgliedsunternehmen
Mitarbeiter
16
12.222
Quelle: PHAGRO - Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. 2006): Für den Pharma-Großhandel
relevante Kennzahlen des Arzneimittelmarktes für das Jahr 2005, mitgeteilt vom Bundesverband PHAGRO,
http://www.phagro.de/Wirtschaft/Statistik/Grosshandel/kennzahlen_zum_deutschen_pharmagrosshandel.aspx,
Abrufdatum: 18.01.2007.
Gesetzlich obliegt den Apotheken ,,die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung ei-
ner ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung" (ApoG 2005, §1). ,,Das An-
gebot der Apotheke umfasst dabei neben dem Kernsortiment apothekenpflichtiger Arzneimit-
tel (rezeptpflichtig und frei verkäuflich) auch das Ergänzungssortiment mit nicht apotheken-
pflichtigen Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren, die in der preislichen Kalkulation
frei sind und somit im preislichen Wettbewerb zu anderen Apotheken und dem Angebot ande-

Status quo und Herausforderungen im Gesundheitsmarkt ­
Patient Relationship Management als strategische Option der pharmazeutischen Industrie
18
rer Vertriebswege stehen" (Kunz 2001, S. 49). Dabei haben die 21476 deutschen Apotheken
zurzeit die größte Bedeutung für die Abgabe von Arzneimitteln an die Endverbraucher (Kunz
2001, S. 51; ABDA 2006). Seit dem GMG ist auch der Versandhandel von Arzneimitteln ges-
tattet (ApoG, §11 a und b). Doch aktuell ist die Menge abgegebener Packungen durch Offizi-
napotheken rückläufig. Experten rechnen diesen Trend den 2004 bzw. 2006 in Kraft getrete-
nen GMG bzw. AVWG (vgl. Kapitel 3.3.3) zu (IMS Health 2006a, S. 1332f.). Neben der
Funktion der Arzneimitteldistribution, gehört zu den Aufgaben des Apothekers auch die Bera-
tungs- und Kontrollfunktion im Rahmen der Aut-idem-Regelung (Hahn 2006, S. 30). Dabei
wird lediglich ein Wirkstoff vom Arzt verordnet und der Apotheker entscheidet, welches
wirkstoffgleiche Medikament abgegeben wird. Immer noch wichtig sind Mitgabeartikel, z.B.
kleine Produktproben aus dem Ergänzungssortiment (Reuter 2001, S. 10). Krankenhausapo-
theken werden im vorliegenden Kontext nicht näher betrachtet.
,,Der Arzt
übernimmt im Pharmamarkt die Rolle des Vermittlers zwischen Patient und Phar-
maindustrie und ist bei verschreibungspflichtigen Medikamenten neben der zunehmenden
Einflussnahme des Patienten auf die Verschreibung und Therapiewahl der Entscheidungsträ-
ger bei der Auswahl der pharmazeutischen Produkte und der Medikation" (Hahn 2006, S. 26).
Die Arztdichte in Deutschland ist im internationalen Vergleich hoch. In Kliniken sind 146500
Ärzte beschäftigt, während 134800 ambulant (in einer Praxis) arbeiten. 9800 Ärzte sind in
Behörden oder Körperschaften sowie 16500 Ärzte in sonstigen Bereichen tätig (Bundesärzte-
kammer 2005). Traditionell ist der Arzt der wichtigste Partner der Pharmaunternehmen und
die Marketingaktivitäten richten sich seit jeher vor allem an ihn. Gesetzliche Änderungen, wie
die Bonus-Malus-Regelung, und die damit verbundene Pflicht des Arztes günstigere Generika
statt Originalpräparate zu verschreiben, bewirken, dass das Verschreibungsverhalten der Ärzte
zunehmend von wirtschaftlichen Kriterien beeinflusst wird (Hautzinger 2003, S. 122). Hier-
durch und auf Grund der veränderten Arzt-Patient-Beziehung, wandelt sich die Arzt-
Pharmazeutische Industrie-Beziehung. Die Folge ist eine Verlagerung von Marketingaktivitä-
ten in Richtung Patient (vgl. Kapitel 3.4.2). Tab. 7 führt Kundenbindungsaktivitäten der nie-
dergelassenen Ärzte auf, die auch mögliche Anknüpfungspunkte für die pharmazeutische In-
dustrie sein könnten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836603621
DOI
10.3239/9783836603621
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – Betriebswirtschaftslehre, Internationales Marketing u. Management
Erscheinungsdatum
2007 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
deutschland pharmazeutische industrie kundenmanagement patient customer relationship management marketing gesundheitsreform kundenbindung patientenansprache
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Titel: Die Zukunft des deutschen Gesundheitsmarkts
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