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Die Pull-Kommunikation

Möglichkeiten und Bedeutung für die moderne Markenführung

©2003 Diplomarbeit 105 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das moderne Marketing von Markenprodukten steht gegenwärtig in einem schwierigen Umfeld. Markenprodukte müssen sich nicht nur von einander abgrenzen, sie sind auch dem wachsenden Druck der billigen Handelsmarken ausgesetzt. Aufgrund der schwindenden Differenzierbarkeit anhand objektiver physischer Produktvorteile in den meisten Branchen gewinnt die Markenkommunikation zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen innerhalb des Marketing-Mixes eine zentrale Bedeutung. Emotionale Imagefaktoren sind durch Kommunikation, insbesondere durch die klassische Werbung, aufzubauen, indem die Marke mit klar definierten emotionalen Faktoren kontinuierlich aufgeladen wird.
Aufgrund der anhaltenden Konjunkturschwäche in Deutschland stehen die Marketing-Budgets auf dem Prüfstand und werden drastisch gekürzt. Für alle Marketinginstrumente wird die Frage der Effizienz zum entscheidenden Faktor.
Die klassische Werbung als Kerninstrument der Kommunikationspolitik erfüllt ihre Aufgaben allerdings nicht mehr effizient. Der hohe Kommunikationsdruck und die geringe Aufmerksamkeit (Low Involvement) der Werberezipienten zwingen zu einer Konzentration auf Kernbotschaften (Integrierte Kommunikation), so dass eine emotionale Positionierung alleine über die Massenmedien nur schwer umzusetzen ist. Zudem haben Unternehmen in der Vergangenheit versucht der mangelnden Aufnahmebereitschaft und der Informationsüberlastung zu begegnen, indem sie noch mehr Werbung in die Öffentlichkeit drückten (Push-Werbung). Wachsende Werbeausgaben stehen also sinkender Wirkung gegenüber.
In Abgrenzung zu der Push-Werbung stellt diese Arbeit die Idee der Pull-Kommunikation vor und zeigt auf, wie diese die Kommunikation aus dem „Effizienzdesaster“ führen soll. Der Kerngedanke der Pull-Kommunikation sieht vor, dass Konsumenten von sich aus - bereitwillig und aus eigenem Antrieb - die Markenkommunikation aufsuchen, so dass die Werbebotschaften auf „fruchtbaren“, weil aufnahmebereitem Boden treffen.
Gang der Untersuchung:
In dieser Arbeit wird zunächst mit der Einordnung der Kommunikationspolitik in die moderne Markenführung gezeigt, inwiefern sie den Markenwert beeinflusst. In der Problemanalyse wird dann gezeigt, warum die klassische Werbung als Push-Kommunikation gravierende Defizite hat.
Aufbauend auf den Ideen der Kundenbindung und der integrierten Kommunikation werden dann drei Bereiche der Pull-Kommunikation näher untersucht: Zunächst wird das Event-Marketing als […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7215
Neuner, Michael: Die Pull-Kommunikation - Möglichkeiten und Bedeutung für die
moderne Markenführung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität Lüneburg, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

I
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung... 1
2. Die moderne Markenführung als strategischer Erfolgsfaktor ... 2
2.1 Grundlagen... 2
2.1.1 Markenführung ... 2
2.1.2 Marke ... 2
2.1.3 Markenwert ... 2
2.1.4 Positionierungsstrategien ... 3
2.2 Kommunikationspolitik ... 5
2.2.1 Enordnung in den Marketing-Mix ... 5
2.2.2 Aufgaben der Kommunikationspolitik ... 6
2.2.3 Kommunikationsziele ... 8
3. Die
Push-Kommunikation... 8
3.1 Die Werbung als zentrales Kommunikationsinstrument ... 9
3.2 Die Determinanten der Werbewirkung... 9
3.3 Rahmenbedingungen der Kommunikation ... 12
3.4 Die Integrierte Kommunikation... 14
3.4.1 Der Begriff der Integrierten Kommunikation ... 14
3.4.2 Die Aufgaben der Integrierten Kommunikation... 15
3.4.3 Mittel der Integrierten Kommunikation... 16
3.4.4 Kritik an der Integrierten Push-Kommunikation ... 18
4. Die Pull-Kommunikation als wichtige Ergänzung der Push-Kommunikation... 19
4.1 Was ist Pull-Kommunikation?... 19
4.2 Beziehungsmarketing:
Neues
Paradigma
für die integrierte Kommunikation ... 20
4.3 Kann Werbung dem Kunden nützen? ... 21
4.4 Welche Instrumente kommen in Frage? ... 23
4.5 Anforderungen an effiziente Pull-Instrumente ... 25
5. Die Pull-Kommunikation in der direkten Erfahrungsumwelt ... 27
5.1 Die Pull-Instrumente der direkten Erfahrungsumwelt... 27
5.2 Das Marketing-Event als Pull-Instrument ... 28
5.3 Möglichkeiten für das Marketing... 30
5.3.1 Kommunikationsziele ... 30
5.3.2 Kontaktziele: Die Wirkung von Events ... 32
5.4 Praxis: Einbindung in die Gesamtstrategie ... 33
I

II
5.4.1 Integrierte
Kommunikation... 33
5.4.2 Die Bedeutung von Events für die Gesamtstrategie ... 36
5.5 Bewertung... 39
6. Die Pull-Kommunikation in der indirekten medialen Umwelt... 44
6.1 Die
Massenmedien... 44
6.1.1 Relevanz der Medien ... 44
6.1.2 Die Pull-Instrumente der Massenmedien... 44
6.2 Die Massenmedien aus Sicht der Konsumenten... 45
6.3 Herleitung der Pull-Instrumente ... 45
6.3.1 PR und Werbung als Ausgangspunkt für neue Kommunikationsformen... 45
6.3.1.1 Ausgangspunkt
Öffentlichkeitsarbeit... 45
6.3.1.2 Ausgangspunkt
klassische
Werbung... 48
6.3.2 Die Pull-Instrumente Programming und Product Placement... 50
6.4 Möglichkeiten des Product Placement... 54
6.4.1 Kommunikationsziele ... 54
6.4.2 Wirkungskomponenten... 56
6.5 Die Einbindung von Product Placement in die Markenstrategie ... 59
6.5.1 Die Integrierte Kommunikation... 59
6.5.2 Bedeutung abhängig von der Positionierung ... 61
6.5.3 Emotionale Positionierung am Beispiel Mercedes und MIB II ... 62
6.6 Abschließende Beurteilung von Product Placement... 64
7. Die Pull-Kommunikation über das Internet... 66
7.1 Markenführung im Internet... 66
7.2 Besonderheiten des Mediums Internet... 68
7.3 Der User und seine Bedürfnisse... 70
7.4 Inhalte einer Online-Site ... 72
7.5 Ausgewählte Mehrwertdienste und ihre Bedeutung für die Positionierung ... 74
7.5.1 Mehrwertdienste bei einer informativen Positionierung... 74
7.5.2 Mehrwertdienste bei einer emotionalen Positionierung ... 79
7.5.3 Wirkungsdeterminanten... 83
7.6 Einbindung in die Gesamtstrategie ... 85
7.6.1 Integrierte Kommunikation... 85
7.6.2 Bedeutung für die Strategie ... 86
7.6.3 Der Relaunch des BMW Mini im Internet... 87
7.7 Abschließende Beurteilung Internet ... 88
8. Ausblick ... 88
9. Schlussbetrachtung... 91
II

III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1. Abbildung:
Situation auf den Märkten
Quelle:
www.trendbuero.de
2. Abbildung:
Formale Integrationsklammern bei MINI und der TUI
Quelle:
www.interbrand.de
3. Abbildung:
Beurteilungskriterien für Pull-Instrumente
Quelle:
Eigene
Darstellung
4. Abbildung:
Formale Integrationsklammern bei Events
Quelle: W & V, 11/2002, S.34
5. Abbildung:
Inhaltliche Integrationsklammern bei Events
Quelle:
Nickel,
1998,
S.136
6. Abbildung:
Die Bedeutung von Events bei Marlboro und Camel
Quelle:
Kinnebrock,
1998,
S.83
7. Abbildung:
Produktnahe Erlebniskommunikation
Quelle:
www.landrover.de
8. Abbildung:
Pull-Instrumente im Spannungsfeld zwischen PR und
Werbung
Quelle:
Eigene
Darstellung
9. Abbildung:
Von der PR zur Pull-Kommunikation
Quelle:
Eigene
Darstellung
10. Abbildung:
Titelblatt Hamburger Morgenpost, TUI
Quelle Hamburger Morgenpost, 27/28. Juli 2002
11. Abbildung:
Von der Werbung zur Pull-Kommunikation
Quelle: Eigene Darstellung
12. Abbildung:
Infomercial von AIDA,
Quelle: Karstadt TV Journal
13. Abbildung:
Imagetransfer durch Product Placement
Quelle: Mercedes Benz
14. Abbildung:
Markenführung im "digitalen Zeitalter".
Quelle Klein-Bölting, 2001, S.149
15. Abbildung:
Typologien der User
Quelle : Klein-Bölting, 2001, S.151
III

1
1. Einleitung
Deutschland im Januar 2003. Die wirtschaftliche Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Die er-
folgsverwöhnte Werbebranche leidet besonders. In rezessiven und unsicheren Zeiten lassen
sich zuerst dort finanzielle Mittel einsparen, wo diese Ressourcen verschwenderisch oder
zumindest ohne klare Kosten-Nutzen-Aussage eingesetzt worden sind. Folge: Die Budgets
für Kommunikationsmaßnahmen zum Aufbau der Marke werden gekürzt. Die strategische
Markenführung der Unternehmen wird von eigenen operativen Überlegungen unterdetermi-
niert
1
. Dabei haben insbesondere die großen Unternehmen erkannt, dass sich der ,,Ruhm"
und die ,,Prominenz" starker Marken im Markenwert niederschlagen, der nicht selten einen
erheblichen Teil des Unternehmenswertes ausmacht
2
. Doch in jeder Krise steckt auch eine
Chance für die Agenturen. Gemeint ist die Chance zu mehr Kundenorientierung. So kommt
es, dass die Agenturen mit Konkurrenten und Zulieferern fusionieren (horizontale und verti-
kale Integration), um den Kunden, den werbungstreibenden Unternehmen, integrierte und
vernetzte Kommunikation aus einer Hand anzubieten
3
. Die Agenturen versuchen dabei ihre
neu erworbenen und gebündelten Kompetenzen mit einer ,,Inflation von Wortneuschöpfun-
gen"
4
zu verkaufen. So werden eigene Leistungen als ,,Integriertes Infotainment", ,,Emotio-
nal Brandbuilding", ,,Crossbranding" oder ,,Advertainment" betitelt
5
. Daher fragt sich nicht
nur Carsten Knieriem, Geschäftsführer PGI Live Communication, nach der substanziellen,
inhaltlichen Weiterentwicklung der erlebnisorientierten Marketing-Kommunikation, nach
weiterführenden Impulsen und innovativen Ansätzen mit Kundennutzen, die einen neuen
Fachterminus rechtfertigen könnten
6
. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass der Bezug
von Aufmerksamkeit die zentrale Herausforderung für innovative und weiterführende Kom-
munikationskonzepte darstellt. Was versteckt sich hinter diesen Wortneuschöpfungen? Han-
delt es sich lediglich um ,,des Kaisers neue Kleider"
7
, ,,schicke" neue Vokabeln oder bilden
die Begriffe das Dach, unter dem innovativer Inhalt zusammengefasst wird?
Neben der integrierten Kommunikation beinhalten die Konzepte den Versuch unterhaltende
und emotionale Aspekte (Entertainment) in die Marken-Kommunikation zu tragen, um den
Konsumenten über die anziehende Pull-Kommunikation für die eigene Marke zu begeistern.
Um alte und neuere Instrumente der Kommunikationspoltik effizient - synergetisch vernetzt
und gemäß ihrer jeweiligen Stärken - einzusetzen, bedarf es des ganzheitlichen Überblicks
über das gesamte Spektrum der einsetzbaren Instrumente. Im Rahmen dieser Arbeit werden
die Einsatzmöglichkeiten und die Bedeutung der Pull-Kommunikation vorgestellt.
Nachdem im folgenden Kapitel 2 die Grundlagen der Markenführung und ­kommunikation
dargestellt werden, folgt im Kapitel 3 einer Betrachtung der klassischen (Push-) Kommunika-
1
vgl. Stöhr, 2002, S.16
2
vgl. Maul, 2002, S.28
3
vgl. Weigel, 2002, S.26 .
4
vgl. Knieriem, 2003, S.16
5
ebenda
6
ebenda
7
ebenda

2
tion, um die Schwächen dieser aufzudecken. Darauf aufbauend wird das Konzept der Pull-
Kommunikation entwickelt und gezeigt, welche Bedeutung diese für die moderne Marken-
führung haben kann.
2.
Die moderne Markenführung als strategischer Erfolgsfaktor
2.1 Grundlagen
2.1.1 Markenführung
Nach Bruhn (1994) umfasst die Markenführung den Markenaufbau und die Pflege von einge-
führten Marken sowie den spezifischen Markenartikelvertrieb. Markenführung ist dabei als
ein übergreifendes und integriertes Marketingkonzept zu verstehen, bei dem sich alle Instru-
mentalentscheidungen im Rahmen des Marketing-Mix an der Marke orientieren
8
. Die Kom-
munikationspolitik ist also nur ein Bestandteil der Markenführung. Allerdings hat die Kom-
munikation oftmals die stärkste Bedeutung für die Markenführung, wie noch gezeigt wird.
2.1.2 Marke
Nach dem verhaltenswissenschaftlichen Ansatz beschreibt Meffert die Marke als ein in der
Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Pro-
dukt oder einer Dienstleistung, dass dem Nachfrager eine Orientierungshilfe und Sicherheit
beim Kauf- und Auswahlentscheidung vermittelt
9
. Die Schaffung eines differenzierten Vor-
stellungsbildes zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen wird dabei primär als strategische
Planungsaufgabe verstanden, bei der letztlich die Schaffung von Markenwerten im Vorder-
grund stehe
10
. Dem Konsumenten gewährt die Marke sozusagen als Siegel für Qualität mehr
Sicherheit über die erwarteten Eigenschaften des Produktes
11
. Die Marke verschafft dem
Konsumenten Bequemlichkeit, weil die Produkte nicht bei jedem Kauf vergleichen werden
müssen
12
. Weiterhin können Marken Grundvertrauen und Sympathie schaffen, wenn sie zu
der Lebenswelt des Konsumenten passen und dieser sich mit der Marke identifizieren kann
13
.
An der Marke macht der Einzelne das fest, was er sein will und von sich signalisieren möch-
te
14
. Für die Unternehmen hingegen stellen die eigenen Marken Vermögensgegenstände dar,
die eine wachsende Bedeutung der gesamt Unternehmenswerte ausmachen.
2.1.3 Markenwert
Laut Pricewaterhouse Coopers mache der Wert von Marken im Schnitt 56 Prozent des Ge-
samtunternehmenswertes aus
15
. Im Falle des Coca-Cola-Konzerns tragen die Marken nach
8
vgl. Bruhn, 1994, S.18
9
vgl. Meffert, 2001, S.2
10
ebenda
11
vgl. Stuhr, 2002, S.26
12
ebenda
13
ebenda
14
vgl. Käfer, 2002, S.16
15
vgl. Fischer/ de Paoli, 2001, S.10

3
Branchenkennern sogar 90 Prozent zum Gesamtunternehmenswert bei
16
.
Die Firma Inter-
brand ermittelt jährlich die weltweit wertvollsten Marken. Die wertvollste Marke der Welt im
Jahr 2002 war demnach Coca-Cola mit einem Wert von knapp 70 Milliarden US-$. Als die
führende Marke aus Deutschland finden sich Mercedes auf Platz zehn (21 Milliarden US-$)
gefolgt von BMW auf Platz 20 (knapp 14 ½ Milliarden US-$)
17
. Nach Sattler ist dabei der
Wert von Marken wesentlich darauf zurückzuführen, dass sie in der Lage sind zukünftige
Cash-Flows eines Unternehmens zu beschleunigen, auszuweiten und das Risiko zukünftiger
Cash-Flows zu reduzieren
18
. Werden Kunden überzeugt, können starke Marken die Marken-
loyalität und Wechselkosten erhöhen, zum Beispiel wenn starke Markenprodukte einen Ver-
trauensvorsprung gegenüber eher unbekannten Produkten haben
19
. Zudem ist die Erfolgs-
wahrscheinlichkeit bei Produkteinführungen größer, wenn diese unter dem Dach einer star-
ken Marke stattfinden. Die Marke ist also als wichtigstes Kapital der Unternehmen zu be-
trachten
20
.
Die Fachleute der Bewertungsagenturen von Semion oder von Interbrand erheben zunächst
Daten über Markenimage, Marktanteil, Marketingaktivitäten u.a.
21
, um diese dann mit finan-
ziellen Messgrößen, wie den Gewinn ins Verhältnis zu bringen. Auch wenn sich die Ergeb-
nisse der Bewertungsagenturen aufgrund unterschiedlicher Messverfahren und ,,schwammi-
ger" Variablen nicht selten unterscheiden, besteht doch Einigkeit darüber dass der Marken-
wert eine immer wichtigere Rolle bei der Gesamtbewertung einer Firma spiele
22
. Deswegen
muss es das oberste Ziel der Marketingstrategie sein, den Markenwert zu steigern. Dafür be-
nötigt eine Marke ein profiliertes Image, das dem Verbraucher Orientierung gibt und ihn fas-
ziniert
23
. Die Marke muss sich gegenüber den Wettbewerbern profilieren und abgrenzen.
Man spricht auch von Positionierung.
2.1.4 Positionierungsstrategien
Praktisch umgesetzt wird die Markenführung in verschiedenen Strategien zum Aufbau und
zur Pflege von Marken. Diese Markenstrategien sind nach Meffert ,längerfristige, bedingte
Verhaltenspläne der Markengestaltung zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen'
24
. Den
Ausgangspunkt bilden dabei die Kundenbedürfnisse, da jeder Wettbewerbsvorteil letztlich
nur über den wahrgenommenen Kundennutzen definiert werden kann
25
. Porter unterscheidet
zwei Grundtypen von Wettbewerbsvorteilen: Kostenführerschaft und Differenzierung
26
. Mit
16
vgl. Tomkins/ de Paoli, 2000
17
vgl. "Interbrand's Annual Ranking of 100 of the World's Most Valuable Brands" (www.interbrand.de,
Download am 30.03.03)
18
vgl. Srivastava/ Shervani/ Fahey, 1998, S.9ff.
19
vgl. Srivastava/ Shervani/ Fahey, 1998, S.11
20
vgl. Weigel, 2002, S.26
21
vgl. Fischer/ de Paoli, 2001, S.10
22
vgl. Fischer, 2002, S.6
23
vgl. Stöhr, 2002, S.16
24
vgl. Meffert, 1992, S.135
25
vgl. Meffert, 1992, S.153
26
vgl. Porter, 1999, S.37

4
der Differenzierungsstrategie wird versucht sich von Konkurrenten abzuheben und Präferen-
zen für das eigene Angebot zu schaffen
27
. Während bei dieser Strategie durch höhere Zah-
lungsbereitschaften Preisspielräume entstehen sollen, bleibt bei der Kostenführerschaft nur
die Möglichkeit die Preise der Konkurrenz zu unterbieten. Dies allerdings führt langfristig zu
einem ruinösen Preiswettbewerb, wenn mehrere Unternehmen das Ziel der Kostenführer-
schaft verfolgen. Ziel der strategischen Markenführung ist es, durch den zielgerichteten Ein-
satz aller im Marketing-Mix zur Verfügung stehenden Instrumente der Marke einen einzigar-
tigen Verkaufsvorteil zu verschaffen. Der Aufbau einer starken Marke setzt eine klare Positi-
onierung voraus. Nach Sattler kann eine Markenpositionierungsstrategie als eine zielgerichte-
te Gestaltung der Stellung der Marke im Markt im Hinblick auf zentrale Dimensionen defi-
niert werden. Die Stellung der Marke bemisst sich dabei nach den subjektiv wahrgenomme-
nen Positionierungsdimensionen, welche den einzigartigen Verkaufsvorteil, die Unique Sel-
ling Proposition (USP) begründen. Bei der strategischen Planung ist darauf Wert zu legen,
dass die Positionierung
· zur Marke im weitesten Sinne passt,
· für die Kunden relevant ist,
· von diesem auch subjektiv wahrgenommen wird,
· eine Abgrenzung von der Konkurrenz ermöglicht und
· langfristig verfolgt werden kann.
Abhängig von dem Produkt lassen sich drei verschiedene Positionierungsstrategien unter-
scheiden: Die Qualitätspositionierung basiert auf konkreten Eigenschaften des Produktes,
die den einzigartigen Verkaufsvorteil darstellen
28
. Produkteigenschaftsbasierte Positionie-
rungen eignen sich besonders für erklärungsbedürftige, komplexere Produkte. Bei diesen so
genannten High-Involvement-Produkten sammelt und verarbeitet der Nachfrager aktiv und
mit hohem kognitivem Aufwand die Informationen über Produkteigenschaften. Er ist dabei
stark involviert. Aber auch bei Low-Involvement-Produkten des täglichen Bedarfs können
Produkteigenschaften als USP herangezogen werden
29
. Wie oben angesprochen geht es bei
der Positionierung um die subjektiv wahrgenommenen Positionierungsdimensionen. Bei der
Qualitätspositionierung können also auch Produkteigenschaften eine Rolle spielen, die objek-
tiv gleich sind, subjektiv aber zum Beispiel aufgrund von Werbung unterschiedlich einge-
schätzt werden. Man spricht dann von der Unique Advertising Proposition
30
. Da sich diese
subjektiv wahrgenommenen Vorteile in einer höheren Zahlungsbereitschaft ausdrücken,
werden zukünftige Cash-Flows verstärkt und der Markenwert erhöht
31
. Eine Positionierung
durch Informationen ist dann sinnvoll, wenn emotionale Bedürfnisse bei den Konsumenten
trivial, die Informationen über das Angebot hingegen wichtig sind.
27
vgl. Becker, 1998, S.182.
28
vgl. Sattler, 2001, S.90
29
vgl. Sattler, 2001, S.90
30
vgl. Sattler, 2001, S.90
31
vgl. Sattler, 2001, S.90

5
Von der Qualitätspositionierung ist die Markenpersönlichkeitspositionierung zu unter-
scheiden. Bei dieser nicht-produkteigenschaftsbasierten Positionierung, steht der Wettbe-
werbsvorteil nicht oder nicht unmittelbar in Verbindung zu den technisch-physikalischen
Produkteigenschaften. Stattdessen sollen sinnliche Erlebnisse vermittelt und in die Gefühls-
und Erfahrungswelt von Nachfragern verankert werden. Analog zu menschlichen Persönlich-
keiten, zu denen man Gefühle und Einstellungen, entwickelt, können auch Marken mit Emo-
tionen verbunden werden. Genau wie eine Person kann eine Marke z.B. als modern, altmo-
disch, interessant oder zuverlässig wahrgenommen werden. Bei der Positionierung durch rein
emotionale Aspekte, die nichts mit den technischen Produkteigenschaften zu tun haben, wird
ebenfalls von der Unique Advertising Proposition (vgl. oben) gesprochen. Diese Positionie-
rung durch emotionale Beeinflussung empfiehlt sich dann, wenn Informationen unbedeutend
sind, weil sich die Marke hinsichtlich ihrer funktionalen Eigenschaften kaum von Wettbe-
werber unterscheidet und diese Eigenschaften den Konsumenten hinreichend bekannt sind
32
.
Anzumerken ist noch, dass Positionierungsdimensionen in einem Imageraum abgebildet
werden können. Auf Basis eines solchen Imageraums lassen sich bei Kenntnis von Idealposi-
tionen einzelner Nachfrager oder Nachfragersegmente sowie Produktionskosten gewinnop-
timale Positionierungspositionen ableiten. Auf diese Position gilt es dann mit Hilfe der
Kommunikationspolitik hinzuarbeiten
33
.
Als drittes ist noch die Markenaktualisierungspositionierung zu nennen. Hier stehen die
Vermittlung der Markenbekanntheit, und nicht etwa spezifische Eigenschaften oder Marken-
persönlichkeiten im Vordergrund
34
. Es handelt sich um eine reine Thematisierung der Marke,
ohne dass Imagedimensionen zur Positionierung beitragen
35
.
2.2 Kommunikationspolitik
2.2.1 Einordnung in den Marketing-Mix
Die Kommunikationspolitik ist ein zunehmend wichtigeres Instrument des Marketing-Mix,
um Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Sie umfasst die Instrumente Werbung, Direktwerbung,
Verkaufsförderung, persönlicher Verkauf, Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring, sowie Event-
und Erlebnismarketing
36
. Die Kommunikationspoltik gestaltet und übermittelt Informationen
über das Angebot eines Unternehmens mit dem Ziel einer Beeinflussung von Meinungen,
Einstellungen, Erwartungen sowie von Verhaltens- und Denkweisen der Empfänger gemäß
den Kommunikationszielen des Absenders
37
.
32
vgl. Esch, 2001, S.571
33
vgl. Sattler, 2001, S.88
34
vgl. Sattler 2001, S.92
35
vgl. Sattler 2001, S.92
36
vgl. Seebohn, 2001, S.109
37
vgl. Seebohn, 2001, S.109

6
2.2.2 Aufgaben der Kommunikationspolitik
Die Kommunikationspolitik soll die Positionierungsstrategie unterstützen und ist darauf aus-
zurichten. Nachdem Produkteigenschaften, wie Qualität oder auch Service teilweise als
selbstverständlich angesehen werden, eignet sich zur Differenzierung zunehmend die Kom-
munikation.
Nach Sattler hängt das Ausmaß, mit dem Marken zukünftige Cash-Flows von Unternehmen
beeinflussen und damit Werte generieren können, entscheidend davon ab, wie Marken von
Nachfragern wahrgenommen werden. Die Kommunikationspolitik beeinflusst systematisch
den Wahrnehmungsprozess von Produkteigenschaften und erzeugt eine positive Diskrepanz
zwischen objektiv gemessenen und subjektiv wahrgenommenen Eigenschaften. Dies führt
zu einer überdurchschnittlichen Zahlungsbereitschaft und damit zu einer höheren Zahlungs-
bereitschaft (vergl. Vorne). Die Wahrnehmung bezieht sich auf die Awareness
38
von und
Vertrautheit mit einer Marke (Markenbekanntheit) sowie die Stärke, Einzigartigkeit und Prä-
ferenz von Markenassoziationen (Markenimage). Die Markenbekanntheit und das Marken-
image bilden zusammen die Wissensstruktur (Gedächtnisspur) einer Marke"
39
. Die Gestal-
tung dieser Wissensstruktur bestimmt nach Sattler wesentlich den Wert einer Marke
40
. Des-
wegen setzen die Markenführung und insbesondere die Kommunikationspolitik bei diesen
beiden Variablen an.
· Markenbekanntheit
Markenbekanntheit (Brand Awareness) beinhaltet die Fähigkeit potentieller Nachfrager, ein
Markenzeichen zu erinnern (Brand Recall) oder wieder zu erkennen (Brand Recognition) und
diese Kenntnisse einer Produktkategorie zuzuordnen
41
. Die Intensität der Markenbekanntheit
wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst
42
:
o Ausmaß der erinnerten Bestandteile des Markenzeichens
o Ausmaß der wahrgenommenen Aktualität und Vertrautheit des Markenzeichens
o Urteilssicherheit hinsichtlich Markenerinnerung und Produktkategoriezuordnung
o Ausmaß der notwendigen Unterstützung zur Erlangung einer Markenerinnerung,
o Leichtigkeit der Markenerinnerung und Produktkategoriezuordnung
o Anzahl der erinnerten Marken pro Produktkategorie
o Anzahl der Kaufs- und Verwendungssituationen, in denen eine Markenerinnerung erfolgt
o Anzahl der Produktkategorien, denen ein bestimmtes Markenzeichen zugeordnet wird und
o
zugeordnete Produktbreite
Der Einfluss der Markenbekanntheit auf die Kaufentscheidungen rührt zum einem von der
Signalfunktion des Markenzeichens her. Wird ein Produkt von vielen Menschen verwendet,
ist es erfolgreich und bekannt, kann das Markenzeichen eine bestimmte Qualität signalisieren
und somit in der Entscheidungssituation, bzw. beim Kauf schon ausschlaggebend sein. Somit
38
be aware of something (engl.): von etwas wissen, sich einer Sache bewusst sein
39
vgl. Sattler, 2001, S.22
40
vgl. Sattler, 2001, S.39
41
vgl. Sattler, 2001, S.91
42
vgl. Sattler, 2001, S.135

7
leistet die Markenbekanntheit ihren Beitrag zur Steigerung des Cash-Flows. Des Weiteren ist
die Markenbekanntheit die Vorraussetzung für den Aufbau von Markenimage. So dient das
Markenzeichen quasi als Karteikarte auf der die Wissensstrukturen, wie die zentralen Positi-
onierungsdimensionen abgespeichert werden können. Genauso wie diese Imagedimensionen
abgespeichert werden (zum Beispiel beim Konsum oder der Aufnahme von Werbebotschaf-
ten), genauso können sie auch bei Bedarf abgerufen werden. Die Markenbekanntheit bildet
also die Vorraussetzung für die Positionierung. Zum Ausdruck kommt die Positionierung a-
ber erst in den Imagedimensionen, welche die eigentliche Wissensstruktur einer Marke aus
der subjektiven Sicht von Nachfragern verkörpert.
· Markenimage
Keller (1993) definiert das Markenimage als ,,Wahrnehmung einer Marke, die in Form von
Markenassoziationen im Gedächtnis von Nachfragern repräsentiert sind".
43
Diese Markenas-
soziationen beziehen sich auf die subjektiv wahrgenommenen Marken- und Produkteigen-
schaften. Wie oben angesprochen umfassen nicht nur die objektiv nachprüfbaren kognitiven
Bestandteile (rationale Entscheidungskriterien), sondern auch affektive und intentionale Be-
standteile (emotionale Entscheidungskriterien), die mit den Produkteigenschaften und der
Produktperformance wenig oder gar nichts zu tun haben. (zum Beispiel die Welt von Freiheit
und Abenteuer von Marlboro). Abhängig davon, ob eher die technisch-physikalischen Eigen-
schaften der Produktwelt oder die affektiven Bestandteile der Markenwelt im Vordergrund
stehen wird auch von Produkt- oder Markenwerbung gesprochen.
Die Gestaltung des Markenimages ist ein langfristiger Prozess und deswegen von strategi-
scher Bedeutung. Die in den Köpfen der Kunden vorhandenen subjektiven Vorstellungen und
Kenntnisse zur Marke werden durch Schemata repräsentiert. Schemavorstellungen erleich-
tern uns die Informationsaufnahme, -verarbeitung und ­speicherung. Sie prägen in erhebli-
chem Maße, was wir und wie wir etwas wahrnehmen
44
. Diese Schemata fungieren auch als
Wahrnehmungsfilter, da Informationen, die nicht zu dem bisherigen Vorstellungen und Mei-
nungen über einen Gegenstand, eine Person, einer Marke passen, abgewehrt werden. So wer-
den kognitive Dissonanzen vermieden, da Informationen besser und schneller aufgenommen
werden, die bestehende Meinungen bestätigen, als solche, die dem vorhandenen Denkgerüst
zu einem Sachverhalt widersprechen. Ein Beispiel für ein stark ausgeprägtes Markenschema
bietet die Schokoladenmarke ,,Milka": Denkt man an Milka, dürften jeden sofort die Farbe
Lila, der markante Schriftzug, die lila ,,Milka-Kuh", die Alpenwelt, zarte Schokolade aus Al-
penmilch etc. einfallen
45
.
43
vgl. Keller, 1993, S.2f.
44
vgl. Esch, 2000(a), S.74
45
vgl. Esch, 2001, S.610

8
2.2.3 Kommunikationsziele
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wird hinsichtlich der Zielinhalte in ökonomi-
sche und kommunikative Werbeziele unterschieden. Während erstere rein wirtschaftliche
Größen beinhalten (z.B. Umsatzsteigerung), beziehen sich die kommunikativen Zielsetzun-
gen vielmehr auf die Beeinflussung psychischer Prozesse. Denn der Kauf eines Produktes
vollzieht sich nicht schlagartig nach der Betrachtung einer Werbung. Der potentielle Konsu-
ment muss zunächst einmal die Botschaft aufnehmen und sie im nächsten Schritt verarbeiten.
Erst nach der Informationsverarbeitung kann die Information im falle einer positiven Wir-
kung das Verhalten beeinflussen und den Empfänger zum Kauf animieren. Die kommunika-
tiven Ziele können daher als Operationalisierung der ökonomischen Ziele angesehen werden,
die sowohl die psychischen Prozesse erfassen als auch im besonderen Maße für die Beurtei-
lung der Wirkung wichtig erscheinen
46
.
Mit Hilfe der marktgerichteten Kommunikation sollen Bekanntheit gesteigert und Einstel-
lungen durch das Erzeugen eines Images in der Wahrnehmung der Nachfrager beeinflusst
werden. Abhängig von der Positionierung stehen dabei sachliche oder eher emotionale As-
pekte im Mittelpunkt der Kommunikationsziele (vergl. oben):
Bei der Markenaktualisierungspositionierung geht es darum, die Marke im Bewusstsein der
Nachfrager an erster Stelle zu halten. Eine Zielvorstellung könnte hier in der Stärkung der
ungestützten Markenbekanntheit formuliert werden und die Marke in weiten Teilen der Be-
völkerung bekannt zu machen.
Im Zusammenhang mit der Qualitätspositionierung hat die Kommunikation das Ziel mög-
lichst viele Informationen über die Produkteigenschaften zu vermitteln. Da für die Kommu-
nikation die Vermittlung von Sachinformationen die vordergründige Herausforderung dar-
stellt, sprechen wir im folgendem von der informativen Positionierung..
Bei der Markenpersönlichkeitspositionierung kommt der Kommunikation eine besonders
wichtige Rolle zu. Sie muss dafür sorgen, dass mit der Marke emotionale Aspekte verbunden
werden. Sie soll dazu beitragen, die Marke ,,gefühlsmäßig" erlebbar zu machen, weswegen
im folgendem von erlebnisbetonter, emotionaler Positionierung gesprochen wird.
Am häufigsten finden sich aber gemischte Positionierungen, die informative Botschaften mit
emotionalen Aspekten verbindet. Informative und emotionale Positionierungen und somit
Produkt- und Markenwerbung sind nur als Reinform zu verstehen. Diese Trennung ist aber
sinnvoll, da bei der gemischten Positionierung diese Aspekte in der Regel unterschiedlich
stark gewichtet sind. Die Pull-Instrumente, die noch vorgestellt werden, sollen dahin gehend
untersucht werden, für welche dieser Zwecke sich besonders eignen.
3. Die
Push-Kommunikation
Im Kapitel 2.2.1 sind die einzelnen Instrumente der Kommunikationspoltik genannt worden.
Besondere Bedeutung hat dabei die Werbung, insbesondere die Werbung über die Massen-
46
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.59

9
medien TV, Radio sowie Printwerbung in Form von Anzeigen in Zeitungen und Zeitschrif-
ten
47
. Charakteristisch für diese klassische Werbung ist, dass sie die Werbebotschaften in die
Medien hinein- und dem Konsumenten aufdrückt. Mit Blick auf die Pull-Kommunikation
(siehe unten) wird hier von der Push-Kommunikation gesprochen.
3.1 Die Werbung als zentrales Kommunikationsinstrument
Das bedeutendste Instrument der Kommunikationspolitik ist die (Absatz-) Werbung. Darun-
ter werden zunächst alle Formen der gezielten und geplanten Beeinflussung von Menschen
verstanden
48
. ,,Die Werbung beinhaltet alle Kommunikationsformen, die unpersönlich und in
räumlicher Distanz zum Verkaufsort durchgeführt werden und sich auf ein Produkt oder eine
Dienstleistung beziehen"
49
. Da die Botschaft einseitig in Richtung des Empfängers gedrückt
wird, findet in der Regel kein direkter Dialog zwischen Werbungstreibenden und dem Emp-
fänger der Botschaft statt. Trotzdem übernimmt die Werbung aufgrund ihrer großen Reich-
weite eine wichtige Form der Informationsvermittlung zwischen einen Unternehmen und sei-
nen Käuferzielgruppen
50
. Ziel der Werbung ist es, das Wissen, die Meinung und Konsumge-
wohnheiten der Zielgruppen entsprechend der oben angesprochenen Kommunikationszielen
zu verändern. Dabei können sowohl kurzfristige absatzfördernde Aspekte, wie auch langfris-
tige Aspekte zum Markenaufbau im Vordergrund stehen.
3.2 Die Determinanten der Werbewirkung
Wer erfolgreiche Kommunikation betreiben möchte, muss sicherstellen, dass die Botschaft
auch aufgenommen und verarbeitet wird Erst nach der Informationsverarbeitung kann die
Information im Falle einer positiven Wirkung das Verhalten beeinflussen und dem Empfän-
ger zum Kauf animieren
51
. Gemeint ist das Kriterium der Wirksamkeit der Kommunikati-
onsmaßnahme. Ganz gleichgültig, welche Kommunikation betrieben wird, sie hat ihre Auf-
gabe erst dann erfüllt, wenn der Empfänger tatsächlich beeinflusst wird.
52
Damit ist nicht un-
bedingt der sofortige Kauf nach der Betrachtung gemeint. Die kurzfristigen, operativen Wer-
bewirkungen schlagen sich zunächst in der Veränderung psychischer Variablen nieder, die
im Folgenden vorgestellt werden sollen.
(1) Die allgemeine Aktivierung
Die Grundlage einer wirksamen Kommunikation ist die Bereitschaft des Rezipienten die
werbliche Botschaft aufzunehmen. Je mehr Aufmerksamkeit der Rezipient der Kommunika-
tion widmet, desto mehr ist damit zu rechnen, dass er die Botschaften aufnimmt. Die Aktivie-
47
Die Werbung wird über Massenmedien verbreitet. Dabei unterscheidet man die Werbemittel An-
zeigen, Beilagen, Werbespots in Hörfunk und Fernsehen, Prospekte, Displays, Kataloge, Flugblätter,
Plakate u.a. (vgl. Seebohn, S.233).
48
vgl. Seebohn, 2001, S.244
49
vgl. Seebohn, 2001, S.245
50
vgl. Seebohn, 2001, S.245
51
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 59
52
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 57

10
rung beschreibt den Zustand der inneren Erregung, der das menschliche Verhalten mit Ener-
gie versorgt und es demnach antreibt
53
. Je stärker die Werbung aktiviert, desto größer ist also
die Aufnahmebereitschaft des Umworbenen. Da das Interesse erst geweckt werden muss,
versuchen TV-Spots oft kurze Geschichten zu erzählen, um die Rezipienten zu unterhalten,
zu amüsieren.
(2) Die emotionale Erregung
Die Aktivierung als Zustand der inneren Erregung kann sowohl positiv als auch negativ sein.
Die Emotionen gehören zu den Komponenten der inneren Erregung. Sie geben der Aktivie-
rung eine Richtung. Die Emotionen werden als subjektiv wahrgenommene Einzelzustände
verstanden
54
. Der Zuschauer wertet die Erregung, die er als angenehm oder unangenehm
empfinden kann, und gibt ihr somit eine positive oder negative Richtung Entscheidend ist,
dass die Emotionen auch als angenehm wahrgenommen werden
55
.
(3) Lern- und Erinnerungsvermögen
Wenn die Marken-Kommunikation es geschafft hat die Aufmerksamkeit des Rezipienten zu
erreichen ist die höchste Hürde bereits genommen. Lern- und Erinnerungswerte sind dann die
Größen zur Beurteilung der Werbewirksamkeit
56
. So kann zum Beispiel die Veränderung der
Markenbekanntheit (vergl. vorne) überprüft werden. Markenrelevante Inhalte müssen gelernt
und dauerhaft im Langzeitgedächtnis gespeichert werden
57
. Dies unterstreicht noch einmal,
dass die Markenkommunikation eine langfristig angelegte, strategische Aufgabe darstellt
Insbesondere bei Textinformationen besteht die Gefahr, dass sie nicht behalten werden, wäh-
rend sich aktivierende Bilder schneller einprägen.
58
Meistens sind zahlreiche Kontakte mit
einer Botschaft notwendig, damit diese gelernt und gespeichert werden
59
.
(4) Die Akzeptanz der Botschaft
Die Akzeptanz der Botschaft ist oftmals eine ebenfalls sehr hohe Hürde. Dabei sind zwei un-
terschiedliche Barrieren zu unterscheiden. Die erste Hürde ist die Gefahr, dass Werbung von
Anfang gar nicht beachtet wird, also per Fernbedienung ,,weggezappt" oder einfach überblät-
tert wird. Bei solch einem werbeaversen Verhalten nützt selbst der aktivierungsstärkste TV-
Spot nichts, da er von vornherein weggeschaltet wird
60
. Der Zuschauer setzt sich immer sel-
tener dem Werbedruck aus
61
. Eine Umfrage von HORIZONT und TNS Emnid im Juni 2002
unter 2000 Bundesbürgern hat ergeben, dass 86 Prozent der Bundesbürger genervt von zu
viel TV-Werbung sind
62
. Eine weitere Studie im Oktober 2002 hat ergeben, dass fast 19 Pro-
53
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 57
54
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 63
55
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 63
56
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 64
57
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 64
58
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 64
59
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 65
60
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 67
61
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S. 67
62
vgl. o.V., Horizont 24/2002. S.20

11
zent der Bundesbürger bei TV-Werbeunterbrechungen den Raum verlassen und 24,2 Prozent
die Werbeblöcke wegzappen
63
.
Wird die Werbebotschaft aber aufgenommen, stellt die Akzeptanz der Botschaft weiterhin
eine hohe Hürde dar. Eine aktivierungsstarke Werbung bleibt nämlich wirkungslos, wenn die
Botschaft trotz aufmerksamer Betrachtung nicht akzeptiert wird. Meistens mangelt es in der
Werbung an der Glaubwürdigkeit der Botschaft. Auer/ Kalweit/ Nüßler nennen drei Haupt-
probleme der Werbung, die die Glaubwürdigkeit und damit die Akzeptanz der Botschaften
verringern
64
:
Nach Auer/ Kalweit/ Nüßler ließen sich produktspezifische Vorteile nur schwer überzeugend
darstellen, zumal diese meist gar nicht existierten (vergl. hierzu Kapitel 3.3).
In der Werbung wird nicht selten mit übertriebenen Werbeaussagen gearbeitet, die sich in der
Realität oft nicht überprüfen lassen. Die fehlende Dialogfähigkeit der klassischen Medien
verhindert die Möglichkeit Eigenschaften zu hinterfragen.
Da die Konsumenten die Beeinflussungsziele der Webung kennen, haben sie eine Abwehr-
haltung (Reaktanz) gegenüber der Werbung aufgebaut, um sich vor ungewollter Beeinflus-
sung und Fremdbestimmung zu schützen.
Daraus resultiert die Forderung Auers nach einer hohen Glaubwürdigkeit des Kommunika-
tors und nach der Vermeidung von Reaktanzen bei den Konsumenten:
Glaubwürdigkeit des Kommunikators
Die klassische Werbung über Massenmedien ist eine One-Way-Kommunikation an ein
disperses Massenpublikum
65
. Der Kontakt findet nur indirekt mittels Medien statt. Eine Mög-
lichkeit der Rückkopplung oder des Dialoges, der Inhalte aufgreift, in Frage stellt etc. ist
nicht möglich
66
. Die unpersönliche Massenkommunikation kann also keine kritischen Fragen
aufgreifen und beantworten. Je geringer die Möglichkeit sachlich zu argumentieren, desto
geringer auch die Möglichkeit glaubhaft zu überzeugen
67
. Bei der unumgänglichen unpersön-
lichen Kommunikation über Massenmedien ist die Glaubwürdigkeit also ein außerordentlich
wichtiger Aspekt
68
. Die Werbung versucht dieses Glaubwürdigkeitsdefizit auszugleichen, in
dem sie z.B. Prominente für die Verbreitung ihrer Botschaften einsetzt, in der Hoffnung, dass
die Reputation des Kommunikators die Glaubwürdigkeit verstärkt. Weitere Beispiele bieten
die Blend-a-med-Werbung oder die BHW-Spots. In der Blend-a-med-Werbung sollen ein
zahnärztliches Umfeld und ein zahnärztlich gekleideter Mann, die Glaubwürdigkeit eines un-
abhängigen und neutralen Experten ausstrahlen
69
. Im Vorspann der ARD-Tagesschau um
zwanzig Uhr, bewirbt die BHW ihre Produkte, um von der Glaubwürdigkeit der betont seriö-
sen Nachrichtensendung zu profitieren.
63
vgl. o.V., Horizont 40/2002, S.28
64
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.68
65
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.70
66
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.70
67
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.70
68
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.71
69
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.71

12
Psychische Reaktanz
Die psychische Reaktanz beschreibt die ablehnende, verschlossene Haltung die beim Bet-
rachter entsteht, sobald er glaubt, Beeinflussungszwängen zu unterliegen, die seine Verhal-
tens- und Meinungsfreiheit einschränken
70
. Hier wird noch einmal das Problem der
unpersönlichen Kommunikation deutlich, da diese Nichtakzeptanz der Botschaft nicht durch
sachliche Gegenargumentation beeinflusst werden kann
71
. Die Reaktanz entsteht übrigens
auch, wenn man einen Werbespot schon zu oft gesehen hat und auf Grund dessen von diesem
genervt ist
72
. Wie oben angesprochen, sind oft mehrere Kontakte mit einer Botschaft nötig,
damit diese gelernt werden. Bei zu häufiger Betrachtung der gleichen Botschaft entstehen
Redundanzen, die sich irgendwann auch negativ auf die Marke auswirken, weil die Werbung
langweilt uninteressant wird und schließlich nervt.
(5) Einstellungsänderung seitens des Zuschauers
Wie oben beschrieben (vergl. 2.2.2.2), beschreibt das Image einer Marke die Summe aller
Einstellungen des Individuums bezüglich einzelner Objektdimensionen. Ziel der Werbung
muss es sein, die Einstellungen der Konsumenten so zu gestalten, dass das eigene Marken-
produkt den Konkurrenzprodukten gegenüber vorgezogen wird. Bei einem komplexen Pro-
dukt bestehen ein hoher Erklärungsbedarf seitens des Unternehmens und ein hoher Informa-
tionsbedarf seitens des Konsumenten. Die herkömmlichen 30- oder 45-sekündigen Spots im
Fernsehen können diese Informationen aufgrund der kurzen Zeit kaum liefern (vergl. hierzu
auch 3.4). Bei Produkten die keinen objektiven Zusatznutzen haben, versucht die Werbung
einen UAP (vergl. oben ) zu schaffen. Auch hier stehen einem Soot nur wenige Sekunden zur
Verfügung, um Informationen zu vermitteln. Ein ausweichen auf Printmedien ist auch selten
möglich, da hier zwar viele Informationen dargestellt werden können, der Mediennutzer je-
doch selten die Zeit aufbringt, um die Informationen aufzunehmen. Die mangelnde Möglich-
keit der Informationsvermittlung beschäftigt die Marketingforschung schon seit längerem,
deswegen sollen diese ,,veränderten Rahmenbedingungen der Kommunikation" hier kurz
skizziert werden.
3.3 Rahmenbedingungen der Kommunikation
Die wichtigsten Veränderungen der Rahmenbedingungen der letzten Jahre lassen sich bei
den Produktmärkten und dem Medienangebot feststellen Die veränderten Rahmenbedingun-
gen sollen hier nur verkürzt dargestellt werden, da für den weiteren Verlauf dieser Arbeit nur
das Ergebnis wichtig ist
73
. Im Ergebnis ergeben die Entwicklungen auf den Märkten und in
den Medien nämlich, einen wenig interessierten Verbraucher, der die Orientierung, sowie das
Vertrauen in die Einzigartigkeit der Produkte verloren hat. Zum einem unterscheiden sich
viele Produkte hinsichtlich ihrer objektiven Eigenschaften kaum, so dass der Prozess der In-
70
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.73
71
vgl. Auer/ Kalweit/ Nüßler, 1988, S.73
72
vgl. Vöhl-Hitscher, 2002, S.16
73
Eine ausführliche Darstellung der veränderten Rahmenbedingungen findet sich bei Sattler, 2001,
24 ff.

13
formationsgewinnung kaum stattfindet. Die Verbraucher sind bei der Aufnahme der Produkt-
information in Form von Werbung zumeist kaum oder gar nicht involviert (geringes Produk-
tinvolvement). Zum anderen verstärken zwei Faktoren der Medien das geringe Involvement:
Abbildung 1: Situation auf den Märkten
Quelle:
www.trendbuero.de
Erstens ist das Medienangebot quantitativ sehr gestiegen, so dass sich die Zielgruppenmit-
glieder auf immer mehr Zeitungen, Zeitschriften und insbesondere auf immer mehr Fernseh-
sender verteilen
74
. Aber auch qualitativ haben sich die Medien verändert. Sie versuchen, ge-
nau wie die Werbung, die Menschen stärker zu aktivieren. So werden Nachrichtensendungen
mit Musik unterlegt (RTL-Nachrichtenjournal) und kurze, emotional ansprechende, aktivie-
rende und einfach zu verarbeitende Nachrichten-Trailer eingespielt. Geht man davon aus,
dass die Aufmerksamkeit Schwankungen unterliegt, hat die Werbung es immer schwieriger
Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der hier angesprochen werden soll, sind die Zielgruppen der
Kommunikation. Die klassische Werbung wendet sich über die Massenmedien an ein disper-
ses Publikum. Im Zuge der Produktdifferenzierung auf gesättigten Märkten versuchen Unter-
nehmen immer kleinere Zielgruppen anzusprechen. Die Individualisierungstendenzen in der
Gesellschaft unterstützen diesen Trend. Die Massenmedien haben zwar eine sehr hohe
Reichweite, allerdings geht diese einher mit hohen Streuverlusten.
Insgesamt hat sich der Bedarf an kommunikative Maßnahmen zum Aufbau und zur Erhal-
tung von Markenbekanntheit und ­image in den 90er Jahren erheblich gesteigert. Dabei ist es
zu einer ,,Inflation kommunikativer Maßnahmen gekommen."
75
Dem wachsenden Informati-
onsangebot steht ein nachlassendes Interesse der Konsumenten an Kommunikation für aus-
tauschbare Produkte und Dienstleistungen entgegen (sinkendes Produktinvolvement). Seit
den Neunzigern hat Kroeber-Riel von der Informationsüberlastung gesprochen. Unter Infor-
74
vgl. Esch, 2000 a, S. 71
75
vgl. Sattler, 2001, S.30

14
mationsüberlastung versteht man den Anteil der nicht beachteten Information an den insge-
samt angebotenen Informationen. In Deutschland liegt die Informationsüberlastung bei
98Prozent (niedriges Situationsinvolvement)
76
. Laut Kroeber-Riel ist die Informationsüber-
lastung durch Werbung ähnlich hoch. Um die Informationen einer Werbung in Publikums-
zeitschriften aufzunehmen, müssten die Leser ca. 35 bis 40 Sekunden aufwenden. Tatsäch-
lich wenden sich diese einer Anzeige knapp zwei Sekunden zu- Die Informationsüberlastung
liegt demnach bei über 95%. Das bedeutet: Höchstens 5 Prozent der angebotenen Werbein-
formationen erreichen den Empfänger, der Rest landet auf dem Müll
77
. Konsumenten entwi-
ckeln sich zu ,,Informationspickern", die Kommunikation nur flüchtig betrachten. Es handelt
sich bei Massenkommunikation um ein ausgeprägtes Low-Involvement-Verhalten. Die
Folge ist eine Verringerung der Werbeeffizienz in den klassischen Medien
78
. Die Push-
Kommunikation stößt an ihre Grenzen und gesucht werden neue Wege der Kommunikation,
da sie immer wirkungsloser, teuerer und somit ineffizienter wird
79
.
3.4 Die Integrierte Kommunikation
3.4.1 Der Begriff der Integrierten Kommunikation
Da das Problem der Informationsüberlastung bereits in den Achtzigern erkannt worden ist
80
,
wird das Konzept der integrierten Kommunikation als zentrales Thema von der Kommunika-
tionsforschung und von Agenturen
81
bereits seit langer Zeit verfolgt.
82
Standen die achtziger Jahre allerdings im Zeichen der Entwicklung umfassender Corporate-
Identity-Konzeptionen (CI), rückt laut Bruhns seit Anfang der neunziger Jahre zunehmend
die Gestaltung eines einheitlichen Unternehmens- bzw. Markenauftritts über einen abge-
stimmten Instrumenteneinsatz in den Mittelpunkt der Betrachtung
83
.Dem sich wandelnden
Fokus liegt die oben beschriebene Erkenntnis der Unternehmen zugrunde, dass der sinkenden
Wahrnehmung kommunikativer Botschaften sowie der ansteigenden Zahl zum Einsatz kom-
mender Kommunikationsmedien und ­instrumente durch die Gestaltung einer ,Einheit in der
Vielfalt' durch Integrierte Kommunikation zu begegnen sei "
84
.
Dabei wird unter integrierter Kommunikation die inhaltliche und formale Abstimmung aller
Maßnahmen der Marktkommunikation verstanden, um die durch Kommunikation erzeugten
Eindrücke zu vereinheitlichen und zu verstärken.
76
vgl. Esch, 2000a, S.72
77
vgl. Esch, 2000a, S.72
78
vgl. Sattler, 2001, S.30
79
vgl. Sattler, 2001, S.31
80
vgl. Brünne/ Esch/ Ruge 1987, S.46
81
vgl. Bruhn, 2000, S.5
82
vgl. Bruhn, 2000, S. 67
83
vgl. Bruhn, 2000, S. 67
84
vgl. Bruhn, 2000, S.67

15
3.4.2 Die Aufgaben der Integrierten Kommunikation
In Kapitel 3.2 sind die Dimensionen der Werbewirkung vorgestellt worden. Wurde deut-
lich, dass zahlreiche Wiederholungen notwendig sind, um das Lernen der Botschaften zu
ermöglichen.
Dieses Lernen wird jedoch durch die ,,Zersplitterung der Kommunikation" erschwert. Als
Ursachen der zersplitterten Kommunikation werden externe und interne Effekte unterschie-
den. Der externe Effekt rührt von den oben beschriebenen Markt- und Kommunikationsbe-
dingungen her, die sich in den letzten Jahren auch nach der Auffassung Eschs ,,drastisch"
verschlechtert haben.
85
Neben diesen externen Faktoren sorgen häufige Kampagnenwechsel
sowie unterschiedliche kommunikative Auftritte innerhalb einer Kampagne für eine
zunehmende Zersplitterung der Kommunikation und behindern so die für eine
Präferenzbildung notwendigen Lernprozesse (interner Effekt). Dem Konsumenten wird die
für den Aufbau eines klaren inneren Bildes notwendige Zeit nicht gegeben, so dass eine
Präferenz für eine Marke nicht gebildet werden kann
86
. Als Lösung wird das Konzept der
Integrierten Kommunikation propagiert: Durch das Erzeugen eines ,,,big picture' für eine
Marke"
87
durch die Abstimmung der Kommunikation im Zeitablauf und der eingesetzten
Kommunikationsinstrumente sollen die Erinnerungen an die Kommunikation erleichtert
sowie Präferenzen für die Marke verstärkt oder gefestigt werden.
88
Die Konsumenten müssen
lernen mit der Marke klar festgelegte emotionale oder sachliche Inhalte für ein Angebot mit
der Marke zu verknüpfen, um ein klares Markenimage zu bilden
89
.Nach dem Motto ,,Steter
Tropfen höhlt den Stein"
90
soll die Integrierte Kommunikation durch stetige Lernprozesse die
Präferenzbildung für eine Marke fördern
91
. Einmal gelernte Markeninhalte bleiben dann zwar
dauerhaft im Gedächtnis gespeichert, müssen aber kontinuierlich aufgefrischt werden, damit
der Rückgriff auf die wesentlichen Inhalte nicht erschwert wird
92
. Wie oben angesprochen
(vgl. 2.2.2) können Gedächtnisstrukturen in Schemata dargestellt werden. Diese Schemata
können bei behutsamer und disziplinierter Pflege weiter ausgebaut werden: Anknüpfend an
das Beispiel ,,Milka" wurde das Markenschema um den skurrilen Opa mit dem rauschenden
Bart, dem ,,slow food" und dem geflügelten Satz ,,It's cool man!" ergänzt
93
. ,,Haben
Konsumenten erst einmal gelernt, bestimmte Inhalte mit Marken zu verbinden, so
funktionieren diese im Gedächtnis gespeicherten Markeninhalte als Filter für die Aufnahme
neuer Informationen: Stimmen neue Informationen mit vorhandenen Gedächtnisstrukturen
überein, zahlen sie auf das Markenkonto ein.
85
vgl. Esch, 2001, S. 603
86
vgl. Esch, 2001, S. 606
87
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 101
88
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.101
89
vgl. Esch, 2001, S.601
90
vgl. Esch, 2001, S.601
91
vgl. ebenda
92
vgl. Esch, 2001, S.609
93
vgl. Esch, 2001, S.610

16
Zersplitterte Kommunikation führt zu einem deutlichen Verlust an Wirkung und somit an Ef-
fektivität
94
. Die durch die Kommunikationsmittel hervorgerufenen Wirkungen sollen sich
gegenseitig unterstützen.
95
Die integrierte Kommunikation bezeichnet demnach die durch-
gängige Umsetzung eines Kommunikationskonzepts zur Optimierung der Kontaktwirkun-
gen
96
. Aufgrund der hohen Mediakosten gilt die Integrierte Kommunikation als Ausweg aus
dem ,,Effizienzdesaster"
97
der Push-Kommunikation, da die Ausschöpfung von Kostensen-
kungspotentialen bzw. eine optimale Allokation vorhandener Ressourcen durch Nutzung der
Synergieeffekte möglich wird"
98
Zusammengefasst versuchen die Unternehmen durch einen enormen Werbedruck auf ihre
Marken aufmerksam zu machen. ,,Potenz ersetzt hier oft Intelligenz" und sorgt dafür, dass
sich die Kostenspirale unentwegt weiter dreht. Die Integrierte Kommunikation hingegen zielt
auf ein intelligentes Programm ab und gilt als zentrale Herausforderung für das Kommunika-
tionsmanagement
99
. Die zeitliche Konsistenz sorgt dafür, dass Markeninhalte schnell der
Marke zu geordnet werden können und die Markenwelt behutsam erweitert werden kann. Da
in Zukunft immer mehr Kommunikationsinstrumente einzusetzen sind, spielt die ,,Orchestrie-
rung", die Integration der Instrumente untereinander eine immer wichtigere Rolle.
3.4.3 Mittel der Integrierten Kommunikation
Die Integrationsklammern sind dabei die Werkzeuge der Integrierten Integration. . Bei diesen
Integrationsmitteln werden formale und inhaltliche Klammern unterschieden
100
.
Formale Integration:
Unter den formalen Integrationsklammern werden zunächst klassische CD-Merkmale, wie
Farben, Formen, Typographie verstanden. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die Umsetzung
von Farben und Formen liefert die CI von Mini, die über alle Kanäle hinweg leicht umsetzbar
ist. Esch nennt als weitere formale Integrationsklammern die Wort-Bild-Zeichen sowie visu-
elle Präsenzsignale: Erstere ersetzen ein oder mehrere Buchstaben des Markennamens durch
ein Bild oder die interaktive Darstellung des Markennamens mit einem Bild, zum Beispiel
der Globus im Schriftzug des Magazins ,,Focus". Noch besser geeignet sind aber
nach Esch Bilder, die als visuelle Präsenzsignale eingesetzt werden. Sie sind Hinweisreize
für eine Marke und können auch losgelöst vom Markennamen auftreten wie zum Beispiel der
Kranich der Lufthansa. Diese können visueller Natur sein, aber auch durch andere Modalitä-
ten, z.B. akustisch, vermittelt werden
101
. Präsenzsignale erleichtern den Zugriff auf die Mar-
ke, weil (akustische oder visuelle) Bilder einfach zugängliche Hinweisschilder sind, die bes-
94
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.103
95
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.101
96
vgl. Esch, 2001, S.604
97
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.102
98
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.101
99
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.101
100
Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 110,
101
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 100

17
ser behalten und leichter erinnert werden können. Die ,,Verankerung der Marke über Bilder"
sorgt in einer Entscheidungssituation für die gedankliche Präsenz des dominant erinnerten
Bildes und führt somit zu einer erhöhten Chance, dass die Marke zu den aktuell wahrge-
nommenen Alternativen gehört.
102
Ausgehend von der Annahme der flüchtigen
Informationsaufnahme müssen klassische CD-Merkmale sehr stark sein, damit sie als
Klammer dienen können. Die Stärke formaler Klammern bezieht sich auf die
Wahrnehmbarkeit dieser Elemente bei flüchtigem Betrachten. Sie müssen ohne große
Anstrengung wahrnehmbar sein und mittels der Farbgestaltung deutliche Klammern setzen,
die gut wahrzunehmen und schnell wieder erkannt werden: ,,Je geringer das Involvement der
Konsumenten bei der Aufnahme von Werbung, desto stärker müssen die
Integrationsklammern sein und um so mehr Wiederholungen sind erforderlich, um
Lernprozesse zu initiieren"
103
. Neben der preisgekrönten CI-Entwicklung zum Launch des
MINI ist auch der TUI ein gelungenes Neubranding gelungen (Abbildung 2).
Abbildung 2: Formale Integrationsklammern bei MINI und der TUI
Quelle:
www.interbrand.de
Statt des roten Rechtecks präsentiert sich der Reisekonzern jetzt mit einem roten, lächelnden
Gesicht, welches sich gleichzeitig als TUI-Schriftzug entlarvt. Des Weiteren wurde auf einen
Slogan verzichtet. Im Off der TV- und Hörfunkspots ertönt eine melodische, weiche Frauen-
stimme, die ein lang gezogenes ,,TUIiii" singt. Somit ist es gelungen auch inhaltliche Integra-
tion in den Markennamen und das Zeichen zu tragen. Dem Empfänger zaubert sich
unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht, wenn er die Stimme mitsingt
104
. Die formale
Integration verankert zunächst das Markenzeichen und andere CI-Merkmale im Gedächtnis.
Auf dieser Karteikarte (vergl. vorne) können nun weitere Informationen über die inhaltlichen
Positionierungsdimensionen abgespeichert werden. Um Positionierungsdimensionen zu
kommunizieren sind die inhaltliche Klammern eine notwendige Ergänzung und ein wichtiger
102
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 100
103
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 106
104
Ziel der TUI ist es ,,den sicherheits- und sorglosigkeitsorientierten Kern der TUI Deutschland" zu
schärfen (TUI Marketingleiter Tobbias Schlömer), vgl. Paperlein, 2002, S. 14

18
ren sind die inhaltliche Klammern eine notwendige Ergänzung und ein wichtiger Unterschied
zu den CI-Konzeptionen der Achtziger.
105
Inhaltliche Integration
Wenn es um die Positionierung von Marken und Unternehmen geht, muss eine inhaltliche
Integration der Positionierungselemente durch Bilder oder Sprache angestrebt werden. Als
sprachliche Integrationsklammern
werden in der Praxis am häufigsten Slogans verwendet.
Diese wirken vor allem, wenn sie in elektronischen Medien kommuniziert werden, mit ein-
prägsamen Jingels unterlegt sind und außerdem prägnant und bildhaft formuliert sind. Damit
die Zuordnung zu der Marke auch gelingt, sollte auf die Integration von Bildern nicht ver-
zichtet werden. Eine Möglichkeit dafür bietet die Bildintegration durch unterschiedliche
Bildmotive mit gleichem Positionierungsinhalt: Esch nennt als Beispiel für eine semanti-
sche
106
Bildintegration die AEG-Werbung. Dabei werden unterschiedliche Bildmotive ver-
wendet, die kontinuierlich das Thema Umwelt und Natur aufgreifen
107
.
Eine zweite Möglichkeit bietet die Integration über ein Schlüsselbild. Es ist der visuelle
Kern einer Positionierungsbotschaft
108
, indem ein bildliches Grundmotiv über Jahre hinweg
den werblichen Auftritt bestimmt (Marlboro und Cowboywelt, Württembergische Versiche-
rung und der Fels in der Brandung, Becks und das grüne Segelschiff). Da die Konditionie-
rung einer Marke durch spezifische Erlebnisse mit geringer gedanklicher Kontrolle erfolgt,
ist die Schlüsselbildintegration insbesondere bei der emotionalen Positionierung der ,,Kö-
nigsweg" zur integrierten Kommunikation. Durch die Schlüsselbildintegration erhält eine
Marke schneller eine spezifische emotionale Gussform.
109
Die Schlüsselbilder sollten dabei klar erkennbar, einprägsam und eigenständig gestaltet sein
und im Zeitablauf anpassungsfähig und variierbar sein, um Abnutzungserscheinungen durch
Redundanzen zu vermeiden. Mit Blick auf einem crossmedialen Einsatz sollten die Schlüs-
selbilder deklinierbar in unterschiedlichen Medien sein".
110
3.4.4 Kritik an der Integrierten Push-Kommunikation
Wie oben angedeutet, ist in der klassischen Werbung vom Standardfall des geringen Invol-
vements auszugehen. Die Push-Medien benötigen deshalb besonders starke inhaltliche und
formale Klammern, die bei der Kommunikationsflut leicht wahrnehmbar sind. Bei anderen
Kommunikationsmaßnahmen, z.B. bei der Internet-Kommunikation oder bei Events, ist das
Interesse der Konsumenten hingegen größer. Zwar sind auch hier die Integrationsklammern
notwendig, allerdings können die Botschaften und Informationen zu einer Marke stärker in-
dividualisiert werden. Im Zusammenhang mit der Flexibilität der Instrumente spricht man
von den Freiheitsgraden der Kommunikation. Die niedrigen Freiheitsgrade bringen zwei
105
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S.114
106
Semantik: Lehre von der Bedeutung sprachlicher Zeichen
107
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 115
108
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 115
109
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 118
110
vgl. Kroeber-Riel/ Esch, 2000, S. 115

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832472153
ISBN (Paperback)
9783838672151
DOI
10.3239/9783832472153
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – unbekannt
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
2,0
Schlagworte
marketing werbung event product placement internet
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Titel: Die Pull-Kommunikation
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