Lade Inhalt...

Zulieferkonzepte und ihr Einfluß auf Kooperationsstruktur und Logistik im Fahrzeugbau

©1998 Studienarbeit 128 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Der Anstoß dieser vorliegenden Arbeit besteht in einer bevorstehenden Angebotserstellung für ein Unternehmen bei der Wahl des zukünftigen Produktionsstandortes, das von der IVM Chemnitz erarbeitet werden soll.
Dabei sind in der Arbeit Beschaffungsstrategien für den Sonderfahrzeugbau zu entwickeln, wobei die Besonderheiten bei der Produktion von Sonderfahrzeugen beachtet werden sollen.
Ausgehend von den allgemeinen Beschaffungsstrategien im Fahrzeugbau sind Ansätze für Lösungen im Sonderfahrzeugbau herauszufinden. Das Hauptkriterium hierbei ist in dem Globalisierungsdrang eines Unternehmens zu sehen, welches sich flexibel auf dem Weltmarkt ansiedeln möchte, um so den Kunden besser bedienen zu können.
Der notwendige Umfang der Präsenz vor Ort soll für die verschiedenen Beschaffungsstrategien des Unternehmens, wobei hier auch ein Übergang zu Produktionsstrategien erfolgt, dargestellt werden. Dabei wird bei den verschiedenen Strategien auch die Ansiedlung von notwendigen Zulieferern mit in Betracht zu ziehen sein.
Für die Arbeit wird davon ausgegangen, daß bei der Wahl des neuen Standortes ein ansässiger Partner gefunden wird.
Aus dieser Sachlage heraus sollen geeignete Möglichkeiten für die Logistik im Beschaffungsbereich bei einer Kompetenz vor Ort entwickelt werden. Es sind hierbei nicht nur reine Logistikaufgaben zu lösen, sondern auch Fragen zur Standortwahl für den Hersteller und seine Lieferanten. Die verschiedenen Möglichkeiten sind zu vergleichen.
Einleitung:
Eine immer wieder gestellte Frage von Unternehmen ist: Warum Standorte der Produktion im Ausland aufbauen?
Die Sättigung der traditionellen Märkte erweckt bei den Fahrzeugherstellern das Interesse, in Märkten mit größerem wirtschaftlichem Wachstum in den nächsten Jahren zu investieren. Dadurch sollen Marktanteile für die Zukunft gesichert werden.
Um auf solchen Märkten präsent zu sein, werden eigene lokale Produktionsstätten zu einer Bedingung.
In der Praxis kristallisieren sich immer wieder zwei Hauptargumente für eine eigene Produktionsstätte im Ausland heraus:
- Erschließung neuer Märkte oder Erhalt bisheriger Märkte sowie das
- Umgehen von Handelsrestriktionen.
„Eine Form der Handelsrestriktion sind sogenannte „Local Content“ - Vorschriften, die einen hohen Anteil an nationaler Wertschöpfung vorschreiben, was mit einer reinen Montage von importierten Komponenten meist nicht erreicht werden kann“.
Dies führt bei einer immer stärker […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

0 VORWORT

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Allgemeines
2.1.1 Sourcing-Begriffe
2.1.2 Kooperationsformen
2.1.3 Logistikstrategien

2.1.3.1 Just-In-Time Strategie
2.1.3.2 KANBAN
2.1.3.3 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe
2.1.3.4 Fortschrittszahlen-Konzept
2.1.3.5 Manufactoring Resource Planning System (MRP II)
2.2 Analyse des Istzustandes im Zulieferbereich des Fahrzeugbaus
2.2.1 Konzepte zur zeitlichen Optimierung der Belieferung
2.2.2 Kooperations- und Verbundmaßnahmen
2.2.2.1 Die System- und Modullieferanten
2.2.2.2 Externer Logistikdienstleister
2.2.2.3 Industriepark für Zulieferer vor dem Herstellerwerk
2.2.2.4 Güterverkehrszentrum (GVZ)
2.2.2.5 Distributionszentrum
2.2.2.6 Plattformstrategie des Volkswagen Konzerns
2.2.2.7 Verbundinitiativen
2.2.2.8 Kooperationsmodelle der Automobilindustrie
2.3 Belieferung globaler Märkte
2.3.1 Ziele der Globalisierungsstrategien des allgemeinen Fahrzeugbaus
2.3.2 Produktionsstrategien im allgemeinen Fahrzeugbau
2.3.2.1 CKD-Fertigung
2.3.2.2 SKD- Fertigung
2.4 Besonderheiten der Fertigung im Sonderfahrzeugbau
2.5 Fazit

3 Faktoren für die Erschließung neuer Märkte im Sonderfahrzeugbau
3.1 Kriterien
3.1.1 Standortfaktoren
3.1.1.1 Wirtschaftliche Standortbedingungen
3.1.1.2 Infrastruktur
3.1.1.3 Politische Standortbedingungen
3.1.1.4 Geographische Faktoren
3.1.2 Arbeitskräfte
3.1.3 Kundenorientierung
3.1.4 Kostenfaktoren
3.1.4.1 Anschaffungskosten für Grundstück
3.1.4.2 Anschaffungskosten für Produktionshalle
3.1.4.3 Personalkosten
3.1.4.4 Materialkosten
3.1.4.5 Fremdleistungskosten
3.1.4.6 Kosten durch staatliche Festlegungen
3.1.5 Exkurs Investitionsrechnung
3.2 Bewertung der Kriterien
3.2.1 Bewertung der Standortfaktoren
3.2.2 Bewertung der Arbeitskräfte
3.2.3 Bewertung hinsichtlich der Kundenorientierung
3.2.4 Bewertung der Kostenfaktoren
3.3 Fazit

4 Varianten für Beschaffungslogistik im Sonderfahrzeugbau
4.1 Notwendige Voraussetzungen bezüglich der Variantenbildung
4.2 Möglichkeiten der Fertigung
4.2.1 Ausgangsvariante
4.2.2 Variante 1
4.2.3 Variante 2
4.2.4 Variante 3
4.3 Kriterien für den Vergleich der Varianten
4.3.1 Grober Vergleich
4.3.2 Genauere Vergleichsangaben
4.4 Vergleich der Varianten
4.5 Fazit

5 Konzept der Beschaffungslogistik im Sonderfahrzeugbau
5.1 Voraussetzungen für das Konzept
5.1.1 Angaben von dem Unternehmen
5.1.2 Angaben durch eigene Recherche
5.1.3 Abschätzen von Einsparungspotentialen
5.2 Konzept
5.2.1 Analyse des Produktprogramms für die Lieferantenwahl
5.2.1.1 Baugruppen
5.2.1.2 Einzelteile
5.2.1.3 Sonderausstattungen
5.2.2 Belieferung des Montagewerkes
5.2.2.1 Lieferanten für Grundbaugruppen und -teile
5.2.2.2 Lieferanten für veränderliche Baugruppen und Teile
5.2.2.3 Eigene Produktion
5.2.3 Voraussetzungen für Steuerung der Beschaffungslogistik

6 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis Anlagenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Die „3-P“ der Auslandsfertigung

Abbildung 2 Gegenüberstellung von Fortschrittszahlen (FZ) nach

Abbildung 3 PPS-Funktionsblöcke des MRP II-Systems

Abbildung 4 Zuliefererstruktur und Fertigungstiefe in Veränderung

Abbildung 5 Zulieferpyramide

Abbildung 6 Belieferung über externen Dienstleister

Abbildung 7 Unterschiedliche Reaktion auf gleiche Verhaltensweisen in den USA und Japan

Abbildung 8 Wichtung der Standortkriterien

Abbildung 9 Wichtung der Arbeitskräftekriterien

Abbildung 10 Wichtung Kriterien Kundenorientierung

Abbildung 11 Wichtung der wichtigsten Kostenpunkte

Abbildung 12 Grober Ablauf des voreilenden Informationsflusses

Abbildung 13 Darstellung Variante 1

Abbildung 14 Darstellung Varianten 1a und 1b

Abbildung 15 Darstellung Varianten 1c und 1d

Abbildung 16 Darstellung Variante 2

Abbildung 17 Darstellung Variante 3

Abbildung 18 Darstellung Variante 3a

Abbildung 19 Beispiel für mögliche Anbindung der Lieferanten für Standardteile und -baugruppen

Abbildung 20 Beispiel der möglichen Belieferung von veränderlichen Baugruppen und Teilen

Abbildung 21 Beispiel für Anbindung der eigenen Produktion an Montagewerk

Abbildung 22 Anbindung der Lieferanten an das Montagewerk

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Vor- und Nachteile des Single-Sourcing

Tabelle 2 Erzielbare Vorteile durch Systembeschaffung - Überblick

Tabelle 3 Leistungen bei unterschiedlichen Beschaffungsbeziehungen

Tabelle 4 Kooperationsmodelle der Automobilhersteller mit den Zuliefern

Tabelle 5 Kostenvergleichsrechnung, Formularvorschlag

Tabelle 6 Kriterienwichtung mit Halbmatrizenverfahren

Tabelle 7 Rangfolge nach Wichtung der Kriterien

Tabelle 8 wichtige Faktoren für Variantenvergleich (1)

Tabelle 9 wichtige Faktoren für Variantenvergleich (2)

Tabelle 10 Kurzübersicht der Varianten

Tabelle 11 Punktbewertung der Varianten

Tabelle 12 Ergebnis Berechnung

Tabelle 13 Daten für Investitionsberechnung

Tabelle 14 Lohnkostenvergleich

Tabelle 15 Entfernungstabelle mit Einbeziehung der Transportkosten

Kurzzeichenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

0 Vorwort

Der Anstoß dieser vorliegenden Arbeit besteht in einer bevorstehenden Angebotserstellung für ein Unternehmen bei der Wahl des zukünftigen Produktionsstandortes, das von der IVM Chemnitz erarbeitet werden soll.

Dabei sind in der Arbeit Beschaffungsstrategien für den Sonderfahrzeugbau zu entwickeln, wobei die Besonderheiten bei der Produktion von Sonderfahrzeugen beachtet werden sollen.

Ausgehend von den allgemeinen Beschaffungsstrategien im Fahrzeugbau sind Ansätze für Lösungen im Sonderfahrzeugbau herauszufinden. Das Hauptkriterium hierbei ist in dem Globalisierungsdrang eines Unternehmens zu sehen, welches sich flexibel auf dem Weltmarkt ansiedeln möchte, um so den Kunden besser bedienen zu können.

Der notwendige Umfang der Präsenz vor Ort soll für die verschiedenen Beschaffungs­strategien des Unternehmens, wobei hier auch ein Übergang zu Produktionsstrategien erfolgt, dargestellt werden. Dabei wird bei den verschiedenen Strategien auch die Ansiedlung von not­wendigen Zulieferern mit in Betracht zu ziehen sein.

Für die Arbeit wird davon ausgegangen, daß bei der Wahl des neuen Standortes ein ansässiger Partner gefunden wird.

Aus dieser Sachlage heraus sollen geeignete Möglichkeiten für die Logistik im Beschaffungsbereich bei einer Kompetenz vor Ort entwickelt werden. Es sind hierbei nicht nur reine Logistikaufgaben zu lösen, sondern auch Fragen zur Standortwahl für den Hersteller und seine Lieferanten. Die verschiedenen Möglichkeiten sind zu vergleichen.

1 Einleitung

Eine immer wieder gestellte Frage von Unternehmen ist: Warum Standorte der Produktion im Ausland aufbauen ?

Die Sättigung der traditionellen Märkte erweckt bei den Fahrzeugherstellern das Interesse, in Märkten mit größerem wirtschaftlichem Wachstum in den nächsten Jahren zu investieren. Dadurch sollen Marktanteile für die Zukunft gesichert werden.

Um auf solchen Märkten präsent zu sein, werden eigene lokale Produktionsstätten zu einer Bedingung.

In der Praxis kristallisieren sich immer wieder zwei Hauptargumente für eine eigene Produktionsstätte im Ausland heraus:

- Erschließung neuer Märkte oder Erhalt bisheriger Märkte sowie das
- Umgehen von Handelsrestriktionen.

„Eine Form der Handelsrestriktion sind sogenannte „Local Content“ - Vorschriften[1], die einen hohen Anteil an nationaler Wertschöpfung vorschreiben, was mit einer reinen Montage von importierten Komponenten meist nicht erreicht werden kann“ [1, S.15].

Dies führt bei einer immer stärker werdenden Modulfertigung in der Fahrzeugindustrie zu einer großen Koordinationsfähigkeit seitens der Hersteller mit dem Aufbau der lokalen Zulieferer.

Daraus folgend sind mehrere Varianten für eine Präsenz vor Ort möglich, wie über den Aufbau einer eigenen Produktionsfabrik oder Montagehalle bis zur Suche eines Partners für Marketing und Vertrieb.

Für eine Auslandsfertigung sind nach North, Aukamm die „3- P“- Partner, Produkt, Produktionsstandort - für einen späteren Erfolg der Fertigung von entscheidender Bedeutung.

Eine sinnvolle und effiziente Kombination der „3-P“ ist für einen Erfolg auf dem jeweiligen Markt und der Behauptung gegenüber der Konkurrenz von Bedeutung. Dabei gibt es eine Menge von Kombinationsmöglichkeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Die „3-P“ der Auslandsfertigung [1, S.16]

Bei der Wahl des Unternehmenspartners unterscheidet man in ansässige Partner vor Ort und solche, die ebenfalls aus dem Ausland kommen.

Dabei ist zu beachten, daß eine Planung ohne Partner in vielen Abschnitten eine andere Planung verlangt als ein Joint Venture mit Mehrheitsbeteiligung. Welche Form gewählt wird, ist vorher zu analysieren und hängt auch von den Restriktionen der jeweiligen Regierung ab, da in manchen Ländern (z. Bsp. China) hundertprozentige Alleingänge nicht möglich sind. Außerdem hat die Wahl eines ansässigen Partners den Vorteil, daß er mit den Gegebenheiten des Landes vertraut ist und auch die Bevölkerung besser motivieren kann, als dies vielleicht ein fremdes Unternehmen bewerkstelligen könnte [1].

2 Grundlagen

In den folgenden Abschnitten sind allgemeine Aussagen zur Beschaffungslogistik im Fahrzeugbau aufgeführt, die sich aus theoretische Angaben und von praktischen Beispielen her ableiten lassen. Dabei werden auch Produktionsstrategien für die Belieferung globaler Märkte beachtet, um somit einen Ausgangspunkt für eine Untersuchung des Sonderfahrzeugbaus zu schaffen.

2.1 Allgemeines

In vielen Bereichen des Fahrzeugbaus ist der Trend zu einer Verlagerung von Teilbereichen der Fertigung zu verzeichnen. Dies erfolgt hauptsächlich durch Vergabe von Fertigungsaufträgen an einzelne Zulieferer, welche dann für die Einhaltung der an sie gestellten Anforderungen verantwortlich sind.

Diese unter dem Begriff „Outsourcing“ verbreitete Auslagerungsstrategie aus der eigenen Fertigung ist sowohl mit Vorteilen als auch mit möglichen Nachteilen verbunden. Solche können beispielsweise sein:

Vorteile Outsourcing:

- Kostenersparnis,
- Konzentration der Investitionsmittel auf Kerngeschäft,
- Nutzung fremder Technologie, Know-how ohne Eigeninvestition,
- Entlastung des internen Managements von Routinearbeiten,
- Rationelleres Planen.
Nachteile Outsourcing:
- längere Reaktionszeiten auf störungsbedingte Produktionsausfälle,
- möglicher Verlust des Wettbewerbsvorteils durch Know-how Transfer nach außen,
- Abhängigkeit von Dienstleistern,
- erschwerter Schutz von spezifischen Know-how,
- erhöhtes Risiko durch wirtschaftliche Instabilität des Dienstleisters,
- erzwungener Abbau von qualifizierten Fachpersonal.

Der Umfang solcher Outsourcing-Strategien wird bei der Betrachtung verschiedener Sourcing-Begriffe ersichtlich.

Im Hinblick auf eine bessere Zusammenarbeit und zum Vorteil für alle beteiligten Partner sind verschiedene Kooperationsformen zwischen Hersteller und Zulieferern oder Partnern möglich.

Beides soll nachfolgend betrachtet werden.

2.1.1 Sourcing-Begriffe

Für die Beschaffung von Zulieferungen erfolgt von den Abnehmern eine Auswahl der geeigneten Zulieferer. Eine Auswahl unter mehreren Lieferanten ist jedoch nur dann möglich, wenn es keine Monopolstellungen von einzelnen gibt und keine Verpflichtungen gegenüber einem bestimmten Zulieferer aus Konzerngründen bestehen.

So wird in Bezug auf die Lieferantenauswahl zwischen Multiple-, Double- und Single-Sourcing unterschieden.

Das Multiple-Sourcing ist die klassische Beschaffung einer Teilefamilie bei mehreren Lieferanten. Wenn jedoch für eine bestimmte Teilefamilie nur zwei Lieferanten zur Auswahl stehen, was die Koordination der Beschaffungslogistik natürlich erheblich vereinfacht, spricht man vom Double-Sourcing.

Bei einem Strukturvergleich der Zulieferkette zwischen Deutschland und Japan wurde eine weit größere Zahl an direkten Lieferanten in Deutschland festgestellt, welches einerseits an der höheren Eigenfertigungstiefe der Endhersteller hierzulande liegt, andererseits auch Ursachen beim Beziehen gleichartiger Teile von einer Reihe verschiedener Zulieferer hat (multiple sourcing).

Der Trend in der Automobilindustrie geht jedoch zum Double Sourcing mit einer starken Tendenz zum Single-Sourcing [2, S.166-169].

Unter Single Sourcing versteht man die Beschaffung eines Zulieferteiles bei einem Lieferanten. Dies hat sowohl für Abnehmer und Zulieferer Vor- und Nachteile, welche in Tabelle 1 aufgeführt sind.

Hausotter stellt fest: „die Notwendigkeit für Single-Sourcing-Strategien resultiert daraus, daß die Kosten, die aus Sicherheits- und Preisrisiken entstehen können, im Verhältnis zu Entwicklungs-, Produktions-, Qualitätssicherungs- und Logistikkosten (nur noch einmalige Investition in Modelle, Lehren und Werkzeuge) an Bedeutung verlieren“ [3, S.74].

Er erklärt, daß sich insbesonders Komponentenspezialitäten, also hochwertige, Know-how - intensive und großvolumige Teile für Single-Sourcing-Strategien eignen.

Tabelle 1 Vor- und Nachteile des Single-Sourcing [4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Reduzierung der Zulieferantenanzahl durch verstärkten Einsatz von Double und Single Sourcing hat auch eine wirtschaftliche Bedeutung. So ergab eine Kostenanalyse eines deutschen Automobilunternehmens, daß der logistische Aufwand für die Koordination von 800 Zulieferanten 6,5% vom Umsatz ausmacht [5].

Dafür spricht auch eine Untersuchung des Maschinenbaus von Schulz/ Wiegeland, wo festgestellt wird, daß erfolgreiche Unternehmen im Durchschnitt weniger als die Hälfte der Zulieferanten pro 100 Millionen DM Umsatz gegenüber ihren weniger erfolgreichen Konkurrenten haben [6].

So setzt sich Single-Sourcing in der Automobilindustrie immer mehr durch. Hauptziele einer Einquellenbelieferung sind die Kostensenkung in der Beschaffungsabwicklung, eine Reduktion der Komplexität der Lieferbeziehungen und eine Transparenzerhöhung des Beschaffungsprozesses.

Als weiteren Vorteil der Einquellenbelieferung wird von Baumgarten der Qualitätsgesichtspunkt genannt.

„ In einer Leserumfrage der amerikanischen Fachzeitschrift Purchasing im September 1991 erreichten im Durchschnitt von 20 befragten Teilegruppen 62% der single-sourced beschafften Komponenten das Qualitätsurteil exzellent; wurden diese jedoch multiple-sourced (mehr als fünf verschiedene Zulieferanten) beschafft, reduziere sich der Anteil dieser Bewertung auf 30%“ [7, S.39].

Eine weitere Unterteilung der Sourcing-Strategien erfolgt in der Klassifizierung der Beschaffungsumfänge. Hierbei haben sich die Begriffe Modular-Sourcing und System-Sourcing ausgebildet, welche von vielen Autoren auch synonym behandelt werden. Darunter wird der Bezug von kompletten, einbaufertigen Komponenten und Funktionseinheiten verstanden.

Durch Modular Sourcing wird die Montage lohnkostenintensiver Baugruppen vom Abnehmer auf den Lieferanten verlagert. In der Folge werden beim Automobilhersteller weniger aber dafür komplexere Teile montiert. „Mit der Reduzierung der Fertigungs- und Logistiktiefe geht eine Zunahme der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung einher“ [3, S.75].

Wolters unterscheidet zwischen Modular- und System-Sourcing. „Der Unterschied zwischen Modulen und Systemen besteht darin, daß Module vom Fahrzeughersteller maßgeblich entwickelt und konstruiert sowie vom Lieferanten gefertigt werden. Bei einer Systembeschaffung dagegen übernimmt der Lieferant den überwiegenden Teil der Leistungen in der Entwicklung, der Produktion, der Logistik und koordiniert die ihm zuliefernden Subunternehmen“ [8, S.73].

Auch Bitzenhofer sieht den Unterschied zwischen Modular-Sourcing und System-Sourcing darin, daß beim Modullieferanten die Forschungs- und Entwicklungsarbeit beim Hersteller erfolgt, wohingegen beim Systemlieferanten nicht nur Resultate aus Fertigung und Logistik eingekauft werden, sondern auch die Arbeiten aus Forschung und Entwicklung, die der Systemanbieter selbständig durchführt. Er beschreibt auch noch die Kombination in Form eines Single-System-Sourcing, welches als Konzentration auf einen oder wenige führende Systemlieferanten je Teileart verstanden wird. Dabei unterscheidet er noch in zwei weiterentwickelte Formen: „zum einen das Single System Sourcing mittels Exklusivität - von mehreren Systemlieferanten existiert ein Haupt-Systemlieferant, welcher alleiniger Direktbelieferer des Abnehmers ist; zum anderen das Single System Sourcing mittels Gemeinschaftsunternehmen - zwei oder mehrere Lieferanten bilden ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Ziel, als einziger Systemlieferant eines Abnehmers aufzutreten“ [9, S.68].

Bei der räumlichen Zuordnung von Zulieferern reicht es von der Nachbarschaft bis zum internationalen Beschaffungsmarkt, wodurch in

- Local Sourcing (innerhalb des Landes, oft in direkter Nähe zum Abnehmer)
- Euro Sourcing (innerhalb Europas)
- Global Sourcing (international)

unterschieden wird [4].

Durch die Global-Sourcing-Strategien werden alle Aktivitäten der Beschaffung weltweit ausgerichtet. Nach Hausotter sollte für die Abnehmer eine Steigerung des Know-hows, des Innovationspotentials und der Produkt- und Prozeßqualität aus der internationalen Zulieferindustrie entstehen. Er weißt darauf hin, daß bei der Nutzung von Preisvorteilen in „Billiglohnländern“ folgendes zu beachten ist: „technische Flexibilität, die Versorgungssicherheit und die Qualität des Managements müssen dabei mindestens derjenigen deutscher Lieferanten entsprechen. Dabei besteht das Risiko, daß die Versorgungssicherheit beim wirtschaftlich günstigen Single Sourcing, insbesondere bei politisch und wirtschaftlich instabilen Ländern, sehr leicht beeinträchtigt wird...Die Wirtschaftlichkeitsgrenze der Global-Sourcing-Strategie ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Teilepreise und den zusätzlichen anfallenden Logistik- und Koordinationskosten (Fracht, Zoll, Zwischenlagerungen, Informationsübertragung etc.)“ [3, S.74].

Im Hinblick auf die Aufgabenstellung zur Bestimmung von Logistikstrategien im Sonderfahrzeugbau sind aufgrund der Besonderheiten der flexiblen Stückzahlen und dem modularen Aufbau von Produktionseinheiten nicht alle Sourcing-Strategien einsetzbar.

So sind vor allem die Ansätze von Modular- und System-Sourcing für die Anwendung im Sonderfahrzeugbau geeignet, wenn durch Analyse des Produktes die Einteilung in Systeme und Module möglich ist.

Auch das Single-System-Sourcing sollte weiter betrachtet werden, da hierdurch enge Kooperationsbeziehungen zwischen den Zulieferern und dem Hersteller möglich sind. Dies kann für ein flexibles Reagieren auf Marktänderungen von Bedeutung sein.

Besonders für die Gegebenheiten in der Einzel- und Kleinserienfertigung, wo meist mit kleinen Stückzahlen gerechnet werden muß, wird man für ein und dasselbe Produkt nicht extra mehrere Zulieferer beauftragen, da dies schon in Bezug auf die Koordination Mehrkosten verursachen würde.

Da bei der heutigen Beschaffungspolitik vor allem globale Märkte genutzt werden, um immer kostengünstig einzukaufen, wird auch Global-Sourcing weiterhin zu beachten sein.

2.1.2 Kooperationsformen

Neben der innerbetrieblichen Rationalisierung entlang der eigenen Wertschöpfungskette kommt es in vielen Betrieben zu einem Umdenken im Sinne einer gemeinsamen Lösung und dem Weggehen von gewohnten Konzepten.

So wird die Bildung neuer Kooperationsformen von vielen Unternehmen als Chance zur Sicherung des Standortes und der Arbeitsplätze angesehen.

Es wird in mehrere Kooperationsformen unterschieden:

- vertikale Kooperation mit Partnern auf unterschiedlichen Fertigungsstufen, um die Abläufe zeit- und kostengünstiger zu gestalten;
- horizontale Kooperation in einer Branche bzw. auf einer Fertigungsstufe, um Kapazitäten und Kompetenzen gemeinsam kostengünstiger zu nutzen;
- regionale Kooperation an einem Standort, um sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Ausprägung gemeinsame Vorteile aus der räumlichen Nähe zu generieren;
- internationale Kooperation (global) mit Lieferbeziehungen / Lieferanforderungen von und zu internationalen Partnern.

Erste Erfahrungen aus umgesetzten Projekten gehen von möglichen Einsparungspotentialen in einer Größe von 30% der Selbstkosten aus [10, S. 933].

2.1.3 Logistikstrategien

2.1.3.1 Just-In-Time Strategie

Es ist wohl die seit Jahren bekannteste Strategie, welche auch als eine der ersten zur Optimierung der gesamten logistischen Kette eingesetzt wurde. In der Folgezeit diente sie vielen Herstellern als Grundstrategie, die dann in einer speziell abgewandelten, bzw. zugeschnittenen Form eingesetzt wurde. Der Grundgedanke besteht in der gerade noch rechtzeitigen Anlieferung der benötigten Teile und Komponenten für den Einbau. Dies erforderte eine Reihe von Voraussetzungen, wie eine hohe Transparenz der internen Abläufe beim Produzenten, unternehmensübergreifende Informationssysteme zwischen Hersteller und Zulieferern sowie eine hohe Qualität der Zulieferteile und zuverlässige Transportsysteme.

In der Literatur wurde diese Strategie vor allem von H. Wildemann immer wieder untersucht und bewertet („Just-In-Time Strategie“, „Produktionssynchrone Beschaffung“).

In den letzten Jahren ist jedoch der Trend zu beobachten, daß die Potentiale ausgeschöpft sind. „ Die Entwicklungspotentiale von Just-in-time sind abgeflacht. Wurde 1987 und auch 1990 geschätzt, daß sich dessen Wertanteil auf 37 bis 38 % erhöht, wird heute nur noch mit max. 23% gerechnet. Dabei geht der Trend zu einem größeren Zeitfenster - besonders die tagesgenaue Anlieferung wird mehr favorisiert“ [11, S. 71].

Die Anwendung dieser Strategie in der Industrie ist auch sehr unterschiedlich. So kommt Wildemann zu dem Ergebnis, daß:

„ Der Verbreitungsgrad der Just-In-Time-Beschaffung liegt in den untersuchten Industrien zwischen 26% und 70%. Es verbleibt demnach ein hoher Anteil an Unternehmen, die bisher auf die Anwendung des Prinzips verzichtet haben und auch in Zukunft keine Anwendung des Prinzips beabsichtigen. Hierfür werden verschiedene beschaffungs- und produktionsbedingte Gründe genannt. Als Hauptargument führen die Unternehmen branchenunabhängig eine ungeeignete Produktionsstruktur (chemische Industrie: 58%, Maschinenbau: 82%) an.

Im besonderen sind dies Unternehmen, die eine reine Auftragsfertigung betreiben. In diesen Unternehmen wird die Einzelbeschaffung im Bedarfsfall als geeigneteres Beschaffungsprinzip angesehen, weil die Auswahlkriterien der Just-In-Time-Beschaffung scheinbar nicht gegeben sind. Die geringe Vorhersagegenauigkeit macht eine Just-In-Time-Beschaffung mit den benötigten Materialien nahezu unmöglich“ [12, S. 135].

2.1.3.2 KANBAN

Das aus Japan stammende Prinzip funktioniert nach dem Holprinzip. Wenn an der Stelle, wo das Material benötigt wird, ein gewisser Mindestbestand erreicht ist, wird über die sogenannte KANBAN-Karte der Nachschub eingeleitet.

Fieten erklärt das System so: „Die Grundidee des KANBAN-Systems besteht in der Übertragung des Supermarktprinzips auf die Produktion. Dieses System wird in der Art realisiert, daß für jedes mit KANBAN disponierte Erzeugnis und für jeden Bearbeitungszustand ein bestimmter Bestand zentral festgelegt wird. In der Praxis besteht die Festlegung aus einer gewissen Anzahl von Behältern, die eine bestimmte Menge dieses Erzeugnisses oder Zwischenproduktes enthalten. Gleichzeitig wird eine Standardlosgröße definiert, die in der Regel einem Behälterinhalt entspricht“ [13, S.167].

Die einzelnen Produktionsstellen werden durch einen vorwärtslaufenden Materialfluß und einem rückwärtslaufenden Informationsfluß miteinander verbunden. Das KANBAN-System dient als Produktionssteuerungssystem.

Voraussetzung für die Anwendung von KANBAN ist jedoch die Fertigung von Festmengen mit kurzen Durchlaufzeiten, welches vor allem für die Serienfertigung zutrifft. Auch Fieten erklärt, daß die Voraussetzung für die KANBAN-Anwendung grundsätzlich eine Großserien- oder Massenfertigung nach dem Fließprinzip ist.

Schon bei der kundenorientierten Serienproduktion nach dem Fließprinzip, d.h. bei der Fertigung von Produkten mit relativ geringer Wiederholhäufigkeit und schwankender Auftragszusammensetzung, wird die Verwirklichung des KANBAN-Systems schwierig. Besonders Reihenfolgeprobleme können mit der ausschließlichen Anwendung des Holprinzips nicht gelöst werden.

Aufgrund der idealen Voraussetzungen, wie die geringe Schwankung des Bedarfs der Erzeugnisse, eine Rüstzeit in kleinem Umfang und einer qualitätsmäßig stabilen Produktion, welche dann kurze Durchlaufzeiten garantieren, erklärt die Tatsache, daß nur ein kleiner Teil des Erzeugnisspektrums eines Unternehmens nach dem KANBAN-Prinzip gesteuert wird [13, S.169].

2.1.3.3 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe

Es handelt sich hierbei um eine Steuerung der Produktion, indem der Produktionsablauf durch Freigabe von Aufträgen entsprechend der verfügbaren Ressourcen an Material, Personal und Betriebsmittelkapazitäten beeinflußt wird.

Im Mittelpunkt der belastungsorientierten Auftragsfreigabe (BOA) steht die Überlegung, daß die mittlere Durchlaufzeit der Aufträge von der Höhe der Bestände, die vor einer Maschine bzw. Arbeitstelle auf die Weiterverarbeitung warten, beeinflußt wird. Für jede Arbeitsstation wird eine sogenannte Belastungsschranke eingeführt, um Wartezeiten der Aufträge zu reduzieren.

Fieten stellt das eigentliche Verfahren in zwei Schritten dar:

„ 1. Es werden in bestimmten zeitlichen Abständen zunächst aus der Menge sämtlicher Aufträge die dringlichsten ermittelt. Dies geschieht, indem die Aufträge nach einer Überprüfung der Materialverfügbarkeit und einer retrograden Terminrechnung[2], die von den Lieferterminen ausgeht, nach ihren spätestmöglichen Anfangstermin sortiert werden. Zur Ermittlung der dringlichsten Aufträge dient eine sogenannte Terminschranke.
2. Für jeden dringlichen Auftrag wird sodann überprüft, ob bei einer der Arbeitsstationen, die durchlaufen werden müssen, die Belastungsschranke überschritten wird. Es werden nur die dringlichen Aufträge, für die das nicht zutrifft, zur Produktion freigegeben und eingelastet, während die übrigen dringlichen Aufträge in die Warteschlange zurückgewiesen werden“ [13, S.163].

Die BOA basiert auf der Vorstellung eines kontinuierlichen Materialflusses. Daher ist dieser Ansatz zur Fertigungssteuerung nicht generell einsetzbar, da er bei vernetzten Abläufen und bei diskontinuierlichem Materialfluß auf seine Grenzen stößt.

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Tatsache, daß sich zwar die Durchlaufzeit in der Werkstatt erhöht, es jedoch bei einer geringeren Einlastung von Aufträgen in die Fertigung zwangsläufig zum „Liegenbleiben“ von Aufträgen vor der Werkstatt kommt, da diese dann auf ihre Bearbeitung warten müssen.

2.1.3.4 Fortschrittszahlen-Konzept

Die Möglichkeit der Optimierung des Materialflusses bieten neben dem Einsatz von modernen Transporttechniken und durchgängiger Auftragsbearbeitung auch sogenannte Prognosesysteme, welche in der Lage sind, die Nachfrage möglichst genau abzuschätzen und vor falschen Beständen schützen zu können.

Das Fortschrittszahlen-Konzept ist eine besondere Form eines Informationssystems, welches nach Fieten besonders in der Automobilindustrie verbreitet ist. „Es handelt sich hierbei um ein System kumulierter Plan- und Kontrollkennzahlen, das bei umfassender Anwendung alle Abschnitte der Auftragsabwicklung bis zur Ebene einzelner Arbeitsgänge durchzieht und in positiver Weise die Einbindung von Zulieferunternehmen ermöglicht“ [13, S.127].

In der Grundform baut es sich aus der Soll-Fortschrittszahl und Ist-Fortschrittszahl auf. Dabei ist die Soll-Fortschrittszahl die kumulierte Größe der zu einem bestimmten Zeitpunkt der Auftragsabwicklung zu beschaffenden bzw. zu produzierenden Vor-, Zwischen- und Endprodukten, wohingegen die Ist-Fortschrittszahl die tatsächlich erreichte kumulierte Größe darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Gegenüberstellung von Fortschrittszahlen (FZ) nach [13, S.128]

Durch eine Gegenüberstellung beider Zahlen läßt sich zu jedem Zeitpunkt der Produktion ein Vorlauf oder Rückstand einer Einheit feststellen [13].

Als Voraussetzungen für das Konzept sind zu erfüllen:

- enge Lieferbeziehungen,
- abgestimmte produktionsbezogene Informationssysteme,
- eine hohe Auftragswiederholhäufigkeit.

Für den Einsatz in der Großserien- und Massenproduktion sowie bei komplexen, mehrstufigen Produktionsprozessen ist dieses Konzept nur bei einem gut funktionierenden PPS-System anwendbar. Fieten weißt darauf hin, daß die Aussage, es handelt sich bei diesem Konzept um ein Verfahren zur Produktionssteuerung, als reichlich übertrieben bezeichnet werden muß. Es ist vielmehr ein in seiner Funktion als positiv zu bewertendes Informationssystem, mit dessen Hilfe sich Produktionsplanung und -steuerung leichter realisieren lassen [13].

2.1.3.5 Manufactoring Resource Planning System (MRP II)

Bei dem MRP II handelt es sich um ein Sukzessivplanungssystem, das sich von der Mengengrobplanung über die Kapazitätsgrobplanung zur Mengenfeinplanung und von dort zur Kapazitätsfeinplanung bis zur Fertigungsvorgabe und Einkaufsvorgabe bewegt. Dieses System ist eine Weiterentwicklung des MRP- Systems, welches ein reines Materialbedarfsplanungssystem ist. Dabei diente als Priorität eines Auftrags immer der Auftragstermin, so daß man von einer auftragsbezogenen Bedarfsplanung für einen prognostizierten Produktionsprozeß sprechen kann. Der Schwachpunkt des MRP-Konzeptes ist nach Pohl, daß die Materialbedarfsplanung von beliebig verfügbaren Kapazitäten (Personal, Maschinen, Anlagen etc.) ausgeht. Das System wurde deshalb mit einem vorgelagerten Produktionsplanungsmodul und zwei Kapazitätsplanungsmodulen erweitert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 PPS-Funktionsblöcke des MRP II-Systems [14, S.51]

Das MRP II-System stellt ein Regelsystem dar, dessen Rückkopplungsschleifen immer zu dem Produktionsplan und Primärbedarf führen, so daß diese Pläne den Auftragspunkt sämtlicher anderer Planungen und Aktivitäten darstellen.

Pohl stellt fest: „Auch wenn die Rückkopplungsschleifen sicherstellen sollen, daß ein auf die Kapazität abgestimmter Produktionsplan vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, daß die Schleifen durch manuelle Tätigkeiten und zyklische Batchläufe gekennzeichnet sind. Dadurch sind die Schleifen träge und hinken somit der Realität hinterher. Das System wird weiter durch eine geringe Flexibilität und Informationsbereitschaft gekennzeichnet“ [14, S.53].

Dadurch kann die Machbarkeit von Aufträgen falsch bewertet werden, was zu negativen Auswirkungen auf die Lieferfähigkeit, -zeit und -treue führen kann.

Pohl kommt zu dem Fazit, daß das MRP II-System keine Logistikleistung positiv beeinflussen kann. Es ermöglicht eine effiziente Lenkung der Produktion [14, S. 47-54].

2.2 Analyse des Istzustandes im Zulieferbereich des Fahrzeugbaus

Nach dem Studium der Literatur haben sich im Beschaffungsbereich des Fahrzeugbaus primär zwei Möglichkeiten herauskristallisiert:

- Konzepte zur zeitlichen Optimierung der Belieferung und
- Kooperationsmaßnahmen mit Zulieferern.

Dabei können teilweise Übereinstimmungen auftreten welche sich vor allem auf die Kooperationsmaßnahmen beziehen, da diese vielfach eine Optimierung der zeitlichen Belieferung mit einschließen.

2.2.1 Konzepte zur zeitlichen Optimierung der Belieferung

Ausgehend von den allgemein bekannten Logistikstrategien wie „Just In Time“, „KANBAN“, werden von vielen Fahrzeugherstellern davon modifizierte, beziehungsweise kombinierte Konzepte für die eigene Fertigung angewendet.

Die Wahl des Konzeptes hängt von verschiedenen Faktoren ab. Solche Faktoren können beispielsweise die Entfernung der Zulieferer vom Werk, die benötigten Stückzahlen oder auch die vorhandene Infrastruktur sein.

Bei einer großen Entfernung wird beispielsweise eine JIT- Belieferung[3] nur mit erschwertem Aufwand umsetzbar sein.

Für solche abgeänderten Konzepte sollen hier nur zwei Beispiele betrachtet werden, wobei vor allem die oft beschriebene produktionssynchrone Beschaffung erwähnt werden soll.

Produktionssynchrone Beschaffung

In der Literatur wird diese auch als sequenzgenaue Belieferung aufgeführt, da beide von einer synchronen Anlieferung ausgehen.

Das Entscheidende bei dieser Beschaffungsart ist , daß nicht nur die Anlieferung Just-In-Time erfolgt, sondern bereits der komplette Montagevorgang des Moduls, beginnend mit dem jeweiligen JIT- Abruf . Für eine solche Produktion bedarf es einer sehr engen und abgesicherten Vernetzung der Datenübermittlungs- und Verarbeitungssysteme. Ein wichtiger Punkt bei dieser Beschaffungsart ist die Entfernung zwischen Lieferant und Automobilhersteller im Vergleich zu dem Zeitfenster, welches nach Abruf vom Werk bis zur Lieferung zur Verfügung steht. Es wird in zwei Ablaufstrukturen für die sequenzgenaue Anlieferung unterschieden: Lieferung direkt ab Werk oder Einschaltung eines Systemzentrums in Nähe des Kunden.

Wenn die Entfernung zu groß ist, um eine Just-In-Time Belieferung mit der notwendigen Zuverlässigkeit zu gewähren, wird die Errichtung eines Systemzentrums in Kundennähe angestrebt, wo

die produktionssynchrone Montage der Systeme erfolgt.

In diesem Systemzentrum lagert dann ein kleiner Teilevorrat, um die synchrone Montage gewährleisten zu können. So ein Zentrum wurde beispielsweise bei der Versorgung des Audi A6 mit Stoßfängersätzen in Heilbronn eingerichtet, ca. sieben Kilometer entfernt vom Audi Werk Neckarsulm [15].

Ein anderes Beispiel für diese synchrone Produktion ist die Belieferung von AUDI mit dem kompletten Frontendmodul des AUDI A4 durch die Firma ECIA.

Das Besondere hierbei ist auch, daß die Modulmontage nicht bloß am Werkszaun, sondern auf dem Firmengelände von AUDI in einer angemieteten Halle erfolgt. Dort erfolgt die Bevorratung des Vormaterials sowie die sequenzgenaue Montage des Frontendmoduls. Durch die sequenzgenaue Montage entfällt das Fertigwarenlager [16, S.53 - 60].

Recor- System

Ein System, welches in der Belieferung der Firma ECIA für die Frontmodulherstellung des AUDI A4 angewendet wird.

Der Ausdruck „Recor“ stammt aus dem Französischen und bedeutet „Ersatz der tatsächlich verbrauchten Güter“, ein Prinzip, welches sich im wesentlichen an den KANBAN- Gedanken orientiert.

„ Im Wareneingang der Firma ECIA erhält jede Anlieferung eine sogenannte Recor- Karte pro Behälter. Diese Recor- Karte bleibt so lange am Behälter, bis die Ware an der Montagelinie verbraucht ist und damit neu bestellt werden muß.

Der Lieferant erhält täglich eine Übersicht über den tatsächlichen Verbrauch und ist aufgefordert, genau diese Menge wieder neu anzuliefern.

Die Steuerung des Vormaterialflusses geschieht dabei manuell und nicht über EDV“ [16, S.63].

Die Vorteile des Recor- Systems sind:

- Bedarfsgerechte Bestellung / niedriger Lagerbestand,
- Schnelle Übersicht über den momentanen Lagerbestand,
- Einfache, daher auch kostengünstige Lösung.

Wie aus den Beispielen ersichtlich, werden im Fahrzeugbau oft Kombinationen aus mehreren Konzepten angewendet, um so für die jeweiligen Teilegruppe bzw. Materialien die optimale Beschaffungsvariante umzusetzen.

2.2.2 Kooperations- und Verbundmaßnahmen

Wolters stellt fest, daß in der Literatur bisher die kooperative, partnerschaftliche Beschaffungsbeziehungen häufig undifferenziert als Koordinationsform zwischen extremer Eigenfertigung und Fremdbeschaffung betrachtet werden. Die Vielzahl der möglichen Kooperationsarten stellen jedoch in der Beschaffungsform der Hersteller unterschiedliche Anforderungen an die Unternehmen und die Austauschbeziehungen dar, welche bisher nur ungenügend beachtet wurden. Wolters setzt sich daraufhin intensiv mit der Kooperationsform der System- und Modulbeschaffung auseinander [8, S.69].

Infolge der rezessiven Situation der Zulieferindustrie in Deutschland wurden standortsichernde Maßnahmen notwendig. Ein Strukturwandel wurde erforderlich, der eine Anpassung in der Zusammenarbeit zwischen den Zulieferern auf den unterschiedlichen Fertigungsebenen verlangte.

Eingeführte Kooperations- und Verbundmaßnahmen sind Ansätze für eine Strukturverbesserung in der Zulieferindustrie. So eine angestrebte Maßnahme war beispielsweise das Eingliedern eines Systemlieferanten zwischen dem Hersteller und dem Direktzulieferer.

Diese Lösungen sind auch auf dem internationalen Markt anzuwenden, da die Erkenntnisse in der deutschen Zulieferindustrie auch für die globale Zulieferindustrie von Bedeutung sein können.

Die Automobilhersteller richten ihre Kernkompetenz mehr auf die Fahrzeugentwicklung als Gesamtsystem, auf die Fertigung der leistungsbestimmenden Systeme (z.B. Antrieb, Motor) sowie auf die Karosserie- und Fahrzeugmontage. Es werden in zunehmendem Maße Verantwortung für Systeme und Module auf geeignete Zulieferunternehmen übertragen.

Eine Veränderung in der Zulieferstruktur und eine Verringerung in der eigenen Fertigungstiefe der Hersteller bedeutet, daß sich die Abhängigkeiten in der Lieferantenpyramide verändern [17, S. 81-91].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Zuliefererstruktur und Fertigungstiefe in Veränderung [17, S. 90]

2.2.2.1 Die System- und Modullieferanten

Beim ersten wird angestrebt, zwischen dem Hersteller und dem Modul- sowie Teilelieferanten einen Systemlieferanten als Systemführer einzubinden.

Der Vorteil dieser Integration ergibt sich für den Hersteller aus seinen Forderungen:

- Reduzierung der eigenen Fertigungstiefe,
- Abgabe von Entwicklungs-, Qualitätsverantwortung,
- Verringerung des eigenen Montageaufwandes,
- Termin- und Transportplanung werden abgegeben.

Aufgrund der Verlagerung der Verantwortungsbereiche werden auch die Modul- und Baugruppenlieferanten Aufgaben an den Systemführer abgeben [17, S.91-92].

Ein System ist eine Baugruppe, die funktional abgrenzbar ist. Unter Systemanbietern versteht man Zulieferer, welche die Automobilindustrie nicht lediglich mit einzelnen Komponenten sondern mit einbaufertigen Teilsystemen eines Fahrzeuges, wie etwa Cockpit, Bremssystem, Kühlsystem usw. versorgen.

Die Systemanbieter sind die unmittelbaren Partner der Automobilhersteller, die als „1st Tier supplier“ auf der oberen Stufe der Lieferantenpyramide stehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Zulieferpyramide [18]

Die Systemlieferanten werden in einer frühen Phase der Produktentwicklung einem Kompe­tenzwettbewerb unterzogen, wo neben technischen Lösungen auch die logistischen Leistungen in der gesamten Wertschöpfungskette bewertet werden.

In das Leistungsangebot des Systemlieferanten sollen auch die Modul- und Teilelieferanten mit einbezogen werden. Dadurch reduziert sich die Anzahl der Zulieferer, die eine Direktverbindung zum Herstellerwerk besitzen. Der Vorteil für die Automobilhersteller besteht dabei in einer Rationalisierung der Logistik und Montage.

Im Zuge mit dem Systemlieferanten müssen auch die Komponentenhersteller und die Teilehersteller genannt werden. Nach Fieten sind dabei die Komponentenhersteller als 2nd Tier und die Teilehersteller als 3rd Tier der Zulieferpyramide zu verstehen [18].

Im Sinne der Kooperation sollen jedoch diese beiden mehr mit dem Systemzulieferer zusammenarbeiten, da der Trend zu einer Reduzierung der Anzahl der Direktzulieferer geht.

Ein Überblick über die durch die Systembeschaffung erzielbaren Vorteile im Vergleich zur traditionellen Beschaffung von Teilen und Komponenten wurde von Wolters dargestellt:

Tabelle 2 Erzielbare Vorteile durch Systembeschaffung - Überblick [8, S.98]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein im weitesten Sinne ähnliche Form wie der Systemlieferant ist der Modul- Lieferant.

Dabei ist festzustellen, daß das Modul ein komplexes Teil ist, welches sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Das Modul wird vom Modullieferanten einbaufertig an den Automobilhersteller geliefert. Auch hier entfallen dadurch Montagetätigkeiten beim Abnehmer, der sich auf die Fahrzeugmontage konzentrieren kann. Die Modul- und Systemlieferanten entwickeln sich zu Wertschöpfungspartnern in der Automobilindustrie. Dadurch sollen eine variantenreiche, individuelle Problemlösung bei hoher Zuverlässigkeit sowie kurze Entwicklungs-, Fertigungs- und Durchlaufzeiten im logistischen Prozeß realisiert werden [19].

Wolters kritisiert in seinen Ausführungen, daß von vielen Autoren keine genaue Begriffsbestimmung bei Modular Sourcing, System Sourcing sowie Komponenteneinkauf stattfinden und stellenweise diese Begriffe sogar gleichgestellt werden [8, S.72].

Er versucht, eine genaue Abgrenzung der Begriffe festzulegen. So definierte er die Modul- und Systembeschaffung als die Beschaffung von kompletten, teilweise vormontierten und einbaufertigen Funktionsgruppen. „Module und Systeme bilden damit die höchste Aggregationsform im Sinne einer übergeordneten Beschaffungseinheit. Beschaffungsumfänge mit einer im Vergleich zu Modulen und Systemen niedrigeren Wertschöpfung und Aggregation werden als Komponenten bezeichnet. Sie sind in der Regel aus mehreren Teilen zusammengesetzt und bilden eine Baugruppe ohne funktionelle Abgrenzbarkeit. ... Teile sind als Güter zu verstehen, die keinen Montagezusammenhang haben und in der Regel nicht zerlegbar sind“ [8, S. 72].

Ein Teilelieferant zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, kostengünstig zu produzieren, während der Komponentenlieferant noch zusätzlich Logistikleistungen erbringt. Den Unterschied zwischen System- und Modullieferanten sieht Wolters in der zusätzlichen Kompetenz der Systemlieferanten, Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten.

Tabelle 3 Leistungen bei unterschiedlichen Beschaffungsbeziehungen [8, S.73]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Modullieferant wird gleichsam mit dem Systemlieferanten zu einem Führungsunternehmen in der Zulieferkette. Durch eine enge Kooperation mit dem Abnehmer kann die Erfüllung der gestellten Anforderungen noch erleichtert werden, sowie gegenseitiger Nutzen durch frühzeitige Einbindung in den Produktionsablauf in Form von Durchlaufzeitverkürzungen und Flexibilität bei der Auftragsabarbeitung erreicht werden.

2.2.2.2 Externer Logistikdienstleister

Die Aufgaben des logistischen Dienstleisters sind in der Regel sehr vielfältig und überlappen sich mit den der traditionellen Spediteure und Frachtführer. Es kommen jedoch noch Aufgaben wie die Analyse, Beratung und Konzeptionserstellung sowie das Errichten von Logistikszentren mit eigenen Mitteln hinzu.

Meistens werden verschiedene Aufgabenfelder von dem Hersteller an einen Dienstleister weitergegeben. Solche Felder können die Warenannahme, die Teile- /Komponentenversorgung der Montage und die Teile- und Erzeugnislagerung u.a. sein.

Dabei ist zwischen den Partnern ein durchgängiges Informationssystem notwendig, um die Einzelaktivitäten aufeinander abstimmen zu können. Der Nutzen einer solchen Kooperation liegt vor allem bei der Einsparung von zusätzlichen Lagerstufen im Gesamtmaterialflußablauf. Weiterhin werden qualitätssichernde Maßnahmen an einen externen Dienstleister abgegeben, so daß dieser dafür verantwortlich ist und sein Personal entsprechend schulen muß. Alle Hauptvereinbarungen der Partner untereinander werden schriftlich festgehalten [17, S.93-94].

Als externen Dienstleister können auch die Gebietsspediteure bezeichnet werden, die von Sauer als Lösung für eine Verringerung der Transportkosten bei der produktionssynchronen Beschaffung kleinerer Liefermengen erwähnt werden. Mit diesem Anlieferungskonzept können Waren in einer definierten Region mit einer größeren Anzahl von Lieferanten täglich zusammengefaßt werden und als Komplettladung über große Distanzen zum Automobilhersteller transportiert werden [20, S.264].

Beispiel für einen externen Dienstleister auf globaler Ebene - die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG)

Die Schnittstelle Land /See ist für die Globalisierung der Logistik und die internationale Belieferung der Automobilwerke ein wichtiges Glied in der Transportkette. So wurde von der BLG ein eigenes Logistiksystem CAR entwickelt, welches alle an der Transportabwicklung Beteiligten vom Distributionsbereich der PKW- Hersteller bis zu deren Verkaufsgesellschaften in Übersee integriert.

In dieser Dienstleistungsbündelung bewährt sich besonders der enge Zusammenschluß der einzelnen logistisch relevanten Partner, wodurch ein optimaler Durchlauf der Fahrzeuge gewährleistet wird. Die Automobilindustrie wird hierdurch in die Lage versetzt, die Standzeiten ihrer Fahrzeuge auf ein Minimum zu reduzieren und den Export in die verschiedenen Märkte möglichst bedarfsorientiert fein zu steuern [21].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 Belieferung über externen Dienstleister

2.2.2.3 Industriepark für Zulieferer vor dem Herstellerwerk

Eine Reduzierung der Fertigungstiefe in der Automobilindustrie und der Wunsch einer gleichzeitigen Verringerung der Anzahl der Lieferanten, welche sich hauptsächlich zu Komponenten- und Systemlieferanten entwickeln sollen, die in enger Kooperation mit dem Hersteller eine Belieferung der Montage realisieren, führte zu einer Ansiedlung von Zulieferern vor den Toren des Herstellers.

Grund für diese Ansiedlung war die unwirtschaftliche Anlieferung bei zunehmender Distanz zwischen dem Lieferanten und dem Hersteller, welche durch Transportkosten, hohe Teilevielfalt und dem Wunsch nach flexibler Verfügbarkeit der Teile bei einer montagesynchronen Belieferung der Herstellerbänder hervorgerufen wurde.

Vorteile, die durch den Industriepark entstehen, sind beispielsweise die Minimierung der Lagerhaltung, Erhöhung der Versorgungssicherheit sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Zulieferern.

Ein besonderer Vorteil besteht auch in der Abstimmphase, bei Vorserie und Serienanlauf, in der die Qualität der Kommunikation durch die Nähe beider Partner einfacher ist. Dadurch können Dinge nicht nur besprochen, sonder eben sofort umgesetzt und geprüft werden. Dies ist nicht nur ein Qualitätsvorteil, sondern auch ein Kostenvorteil, da notwendige Änderungen frühzeitig erkannt werden oder eine Optimierung einsetzen kann.

Beispiel für so einen Industriepark - die Seat- Fertigung in Spanien

Das Projekt nennt sich PIPS und bedeutet in deutsch „Industriepark Vormontage Seat“. In dem Park sind Seat- Lieferanten angesiedelt, welche dort die Endmontage ihrer Produkte realisieren. Die Lieferanten mieten die benötigten Flächen des Industrieparks von der Firma, die den Park gebaut hat, an.

Der Transport aller Teile, die in dem Industriepark gefertigt werden, erfolgt zentralisiert, wodurch selbst eine hohe Transportfrequenz wirtschaftlich realisiert werden kann. Der Transport und damit auch die Sequenzeinhaltung liegen hierbei in Verantwortung der Lieferanten, welche den Transport meist an den Betreiber des Parks abgeben.

Die Begründung des Konzeptes lag in der notwendigen Reduzierung der Fertigungstiefe der Automobilhersteller und somit des Outsourcings von Vormontagen, der Entfernung der Lieferanten von über 50 km im Raum Barcelona, die eine Sequenzanlieferung über diese Entfernung nicht realisierbar machte.

Wie bei vielen Strategien sind auch hier mehrere Konzepte miteinander verbunden. So sind hier die PIPS und JIT miteinander kombiniert. Die Teile werden just-in-time vormontiert und sequenzgerecht angeliefert.

Für das JIT/ PIPS Konzept wurden in den Seat-Werken für die LKW’s getrennte Zugangsmöglichkeiten geschaffen, damit sie die anderen Warenströme nicht behindern.

Um die Abstimmung zwischen dem Industriepark und dem Seat-Werk zu verbessern, wurden im Park die Organisation und Verwaltung dem Werk angepaßt, sowie der Abruf der Teile über eine Datenfernübertragung geregelt. Damit ist eine genaue Information der Lieferanten über die Fahrzeugreihenfolge möglich [21].

2.2.2.4 Güterverkehrszentrum (GVZ)

Ein weiteres Konzept, welches dem des Industrieparks sehr ähnlich ist, ist das GVZ.

Der wesentliche Unterschied im Vergleich zum Industriepark besteht darin, das neben der Ansiedlung von Unternehmen die Möglichkeit, den Verkehrsträger zu wechseln im Mittelpunkt steht. Der Standort befindet sich in jeweiliger Werksnähe des Abnehmers.

Genau wie bei dem Industriepark wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, durch das Einrichten von Montageflächen in diesem Zentrum Zuarbeiten für den Automobilhersteller durchführen zu können.

Als Verkehrsanbindung stehen die Straßen- und Schienenanbindung sowie die Anbindung an den jeweiligen Endabnehmer zur Verfügung.

AUDI hat so ein GVZ in Ingolstadt in Betrieb genommen. Es wurden hierbei eine Konsolidierungshalle, eine Montagehalle und ein Umschlagbahnhof errichtet. Von den Zulieferern erwartet Audi eine Kooperation untereinander und die Bereitschaft zur Integration sowie Modullieferung [22].

2.2.2.5 Distributionszentrum

Eine andere Strategie ist diese, wo mehrere Hersteller und Zulieferer, welche gemeinsame Transportwege verwenden, wie z.B. Schiene, Straße, Schiffahrt, ihre Teilelieferung und Erzeugnisentsorgung über ein Distributionszentrum abwickeln. In diesem Zentrum können auch Dienstleistungen, wie die Zwischenmontage von Modulen mit untergebracht sein.

„ Ein solches Distributionszentrum nutzen Hersteller in Neuss. Zulieferer aus unterschiedlichen Regionen, zuständig für unterschiedliche Hersteller liefern an dieses Zentrum Teile an, von wo aus eine spezifische Verteilung in die Herstellerwerke durchgeführt wird. Im umgekehrten Maße werden die fertiggestellten Erzeugnisse zu diesem Zentrum zurückgeführt, um dort in Sammelladungen verstaut zu bestimmten Zielorten transportiert zu werden“ [17, S.97].

Vorteile, die sich für beide Seiten ergeben, sind:

- optimale Auslastung der Transportkapazitäten,
- festgelegte Fahrrouten und Terminpläne,
- Verlagerung von Lager-, Kommissionier- und Montagetätigkeiten vom Zulieferer zu einem externen Dienstleister.

Das Vertragslagerkonzept nach Sauer ist eine ähnliche Strategie. Dabei befindet sich in räumlicher Nähe des Automobilherstellers ein Lager, wo die Lieferungen verschiedener Zulieferer zusammengefaßt werden, so daß eine direkte, kurzfristige Belieferung der Fertigungslinie beim Hersteller erfolgen kann. Auch hierbei können eine Vielzahl von logistischen Funktionen an einen neutralen Dritten übertragen werden [20, S.263].

[...]


[1] „Local Content“- Vorschriften sind Produktionsanteilsklauseln, nach denen ein Produkt dann die Ursprungslandkennzeichnung erhält, wenn ein bestimmter Leistungsanteil in diesem Wirtschaftsraum erzeugt wurde. Anderenfalls ist das Produkt ausländischer Herkunft und unterliegt besonderen Einfuhrbestimmungen. [ 2, S. 130-134; 3,S. 14]

[2] Eine autonome Terminrechnung unterscheidet sich von einer gebundenen Terminrechnung dadurch, daß bei der autonomen Variante die Terminplanung ohne Berücksichtigung bereits vorhandener Kapazitätsbelegungen und ggf. auch ohne Berücksichtigung der Kapazitätsgrenzen und anderer Restriktionen auf der Basis des gegebenen Potentialbestandes der Terminaufbau eines Auftrages bestimmt wird. [aus 13, S.164]

[3] JIT - Just-In-Time

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1998
ISBN (eBook)
9783832465162
ISBN (Paperback)
9783838665160
DOI
10.3239/9783832465162
Dateigröße
1000 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – Maschinenbau und Verfahrenstechnik
Erscheinungsdatum
2003 (März)
Schlagworte
standortbedingungen fremdleistungen kundenorientierung beschaffungslogistik kooperation
Zurück

Titel: Zulieferkonzepte und ihr Einfluß auf Kooperationsstruktur und Logistik im Fahrzeugbau
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
128 Seiten
Cookie-Einstellungen