Lade Inhalt...

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken

Eine kritische Analyse

©2007 Diplomarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der deutsche Bankenmarkt geprägt von einem tief greifendem Wandel, der von den Entwicklungen zu einem europäischen Binnenmarkt mit einheitlicher Finanzaufsicht, fortschreitender Globalisierung und der Revolution der Informations- und Kommunikationstechnologien vorangetrieben wird. Für Genossenschaftsbanken hat sich eine veränderte, verschärfte Wettbewerbssituation ergeben, im gesättigten Markt des Privatkundengeschäfts sind nicht mehr nur die traditionellen Wettbewerber (Sparkassen und Großbanken) zu berücksichtigen sondern auch Direktbanken, Auslandsbanken, Non- und Nearbanks und Strukturvertriebe. Neben dem wettbewerbsbedingten Druck auf die Gewinnmargen im Privatkundengeschäft entstehen durch ein verändertes Verhalten der Kunden weitere Herausforderungen. Wechselten Bankkunden früher durchschnittlich nur alle 20 Jahre ihre kontoführende Bank, zeigen die hohen Neukundenraten von Direktbanken in den letzten Jahren eine deutliche Gefährdung der bestehenden Kundenbeziehungen auf.
Die Ausrichtung der Unternehmen auf die Kundenwünsche und -anforderungen zur stärkeren Durchdringung der bestehenden Kunden und der Verhinderung ihrer Abwanderung zu Wettbewerbern ist demnach ein aktuelles Thema. Unterstützt wird diese Orientierung von der Erkenntnis, dass die Gewinnung eines neuen Kunden etwa fünfmal so teuer ist, wie die Haltung eines bestehenden Kunden. Die oftmals vorherrschende Fokussierung auf die Kundenzufriedenheit stellt allerdings keine ausreichende Antwort auf diese Problematik dar, denn auch zufriedene Kunden wechseln ihre Bank. Das Thema Kundenbindung ist gerade für Genossenschaftsbanken „neu“ und interessant: Waren die Mitglieder früher wirtschaftlich so stark von der Entwicklung „ihrer“ Genossenschaftsbank abhängig, dass dadurch eine immanente, kaum lösbare Bindung entstand, spielt die Genossenschaftsidee für das Verhalten der Mitglieder heute kaum noch eine Rolle. Eine Studie aus dem Jahr 2004 zeigt, dass der Anteil der Kunden, die nicht wechselbereit sind, bei Genossenschaftsbanken heute geringer ist als bei den Sparkassen.
Was also ist heute nötig, um Kunden von Genossenschaftsbanken zu binden? Was genau kann unter Kundenbindung verstanden werden und welche Wirkungen hat sie? Welche Faktoren bewegen einen Kunden, die Bank zu wechseln, bzw. was veranlasst ihn zu bleiben? Wenn es nicht ausreicht, zufriedene Kunden zu haben, wie macht man dann aus zufriedenen gebundene […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christian H. Volmer
Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Eine kritische Analyse
ISBN: 978-3-8366-0785-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Kaiserslautern, Standort Zweibrücken, Zweibrücken, Deutschland,
Diplomarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 1
Inhaltsangabe
1
Einleitung ... 3
1.1
Problemstellung... 3
1.2
Zielsetzung... 4
2
Grundlagen ... 6
2.1
Grundlagen der Kundenbindung ... 6
2.1.1
Entwicklung der Kundenbindung... 6
2.1.2
Definition und Begriffsbestimmung... 6
2.1.3
Begriffsabgrenzung ... 10
2.2
Der Kunde als Subjekt der Kundenbindung ... 12
2.2.1
Der moderne Bankkunde ... 12
2.2.2
Kundenbedarfslebenszyklus ... 13
2.2.3
Kundenbeziehungslebenszyklus ... 14
2.2.4
Kundenwert ... 15
2.3
Genossenschaftsbanken... 16
2.3.1
Genossenschaftsbanken und der FinanzVerbund ... 16
2.3.2
Einordnung in den deutschen Bankenmarkt ... 18
2.3.3
Bedeutung der Genossenschaftsbanken ... 20
2.4
Besonderheiten der Finanzdienstleistungen ... 21
3
Determinanten der Kundenbindung ... 22
3.1
Qualität als Basis... 22
3.2
Kundenzufriedenheit als Voraussetzung ... 25
3.2.1
Kundenzufriedenheit ... 25
3.2.2
Von der Kundenzufriedenheit zur Kundenbindung... 29
3.3
Modelle der Kundenbindung ... 31
3.3.1
Verbundenheits-Gebundenheits-Modell... 32
3.3.2
Basismodell... 33
3.3.3
Das Conversion-ModelTM ... 34
3.3.4
Integratives Kundenbindungssystem ... 36
3.3.5
Messmodell für das Retail Banking ... 38
3.4
Entwicklung eines Determinanten-Modells... 40

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 2
4
Instrumente der Kundenbindung... 42
4.1
Überblick ... 42
4.2
Interne Instrumente ... 44
4.2.1
Customer Relationship Management-Systeme... 44
4.2.2
Kundensegmentierung ... 49
4.2.3
Mitarbeiterbindung ... 56
4.3
Externe Instrumente... 59
4.3.1
Private Finanzplanung ... 59
4.3.2
Kundendurchdringung... 63
4.3.3
Kundenclubs ... 65
4.3.4
Erlebnis-Banking... 69
4.3.5
Value-Added Services... 72
5
Empirische Überprüfung ... 77
5.1
Untersuchungsdesign ... 77
5.1.1
Ziel und Gestaltung der Befragung ... 77
5.1.2
Einleitende Auswertungen ... 80
5.2
Auswertung der Instrumente ... 81
5.2.1
Finanzplanung ... 81
5.2.2
Value-Added Services... 84
5.2.3
Kundenclub ... 86
5.2.4
Erlebnis-Banking... 89
5.3
Gruppenspezifische Auswertungen... 91
5.3.1
Hausbank... 91
5.3.2
Geschlecht ... 94
6
Fazit ... 96
6.1
Zusammenfassung... 96
6.2
Handlungsempfehlungen ... 100

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 3
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der deutsche Bankenmarkt geprägt
von einem tief greifendem Wandel, der von den Entwicklungen zu ei-
nem europäischen Binnenmarkt mit einheitlicher Finanzaufsicht, fort-
schreitender Globalisierung und der Revolution der Informations-
und Kommunikationstechnologien vorangetrieben wird.
1
Für Genos-
senschaftsbanken hat sich eine veränderte, verschärfte Wettbe-
werbssituation ergeben, im gesättigten Markt des Privatkundenge-
schäfts sind nicht mehr nur die traditionellen Wettbewerber (Sparkas-
sen und Großbanken) zu berücksichtigen sondern auch Direktbanken,
Auslandsbanken, Non- und Nearbanks und Strukturvertriebe.
2
Neben
dem wettbewerbsbedingten Druck auf die Gewinnmargen im Privatkun-
dengeschäft entstehen durch ein verändertes Verhalten der Kunden
weitere Herausforderungen.
3
Wechselten Bankkunden früher durch-
schnittlich nur alle 20 Jahre ihre kontoführende Bank, zeigen die hohen
Neukundenraten von Direktbanken in den letzten Jahren eine deutliche
Gefährdung der bestehenden Kundenbeziehungen auf.
4
Die Ausrichtung der Unternehmen auf die Kundenwünsche und
-anforderungen zur stärkeren Durchdringung der bestehenden Kunden
und der Verhinderung ihrer Abwanderung zu Wettbewerbern ist dem-
nach ein aktuelles Thema. Unterstützt wird diese Orientierung von der
Erkenntnis, dass die Gewinnung eines neuen Kunden etwa fünfmal so
teuer ist, wie die Haltung eines bestehenden Kunden. Die oftmals vor-
herrschende Fokussierung auf die Kundenzufriedenheit stellt allerdings
keine ausreichende Antwort auf diese Problematik dar, denn auch zu-
1
Vgl. McDonald/Keasy 2002, S.1
2
Vgl. http://extranet.vrmarketingservice.de/vrms/wgv/rundschreiben/
Neue_Rundschreiben/5/78856/S0703056.PDF, 24.05.2007
3
Vgl. Pleister 2006, S. 147
4
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 169; http://www.gujmedia.de/_components/markenprofile
/download/mapro11branchen/MaPro11_Banken_Basis.pdf, 21.05.2007; http://foerde
rverein-geno.uni-koeln.de/content/e22/e2494/e2499/ATT00031.pdf, 15.05.2007
Verschärfter
Wettbewerb
Kundenzufrie-
denheit - Kun-
denbindung

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 4
friedene Kunden wechseln ihre Bank. Das Thema Kundenbindung ist
gerade für Genossenschaftsbanken ,,neu" und interessant: Waren die
Mitglieder früher wirtschaftlich so stark von der Entwicklung ,,ihrer" Ge-
nossenschaftsbank abhängig, dass dadurch eine immanente, kaum
lösbare Bindung entstand, spielt die Genossenschaftsidee für das Ver-
halten der Mitglieder heute kaum noch eine Rolle.
5
Eine Studie aus dem
Jahr 2004 zeigt, dass der Anteil der Kunden, die nicht wechselbereit
sind, bei Genossenschaftsbanken heute geringer ist als bei den Spar-
kassen.
6
Was also ist heute nötig, um Kunden von Genossenschaftsbanken zu
binden? Was genau kann unter Kundenbindung verstanden werden
und welche Wirkungen hat sie? Welche Faktoren bewegen einen Kun-
den, die Bank zu wechseln, bzw. was veranlasst ihn zu bleiben? Wenn
es nicht ausreicht, zufriedene Kunden zu haben, wie macht man dann
aus zufriedenen gebundene Kunden?
1.2 Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit ist es, nach Darstellung der Grundlagen (Kapitel 2) die
Einflussfaktoren auf die Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
herauszuarbeiten (Kapitel 3). Darauf aufbauend werden Instrumente
zur Steigerung der Bindung vorgestellt (Kapitel 4), wobei hier aufgrund
der Vielzahl der Fokus auf moderne Instrumente gelegt wird. In einem
weiteren Schritt werden in einer empirischen Untersuchung die Wirkun-
gen der Instrumente auf die Einflussfaktoren und die Chancen von Ge-
nossenschaftsbanken, diese Instrumente erfolgreich am Markt zu plat-
zieren, gemessen (Kapitel 5). Abschließend wird in Kapitel 6 eine Zu-
sammenfassung der Arbeit und Handlungsempfehlungen für Führungs-
kräfte und Marketingverantwortliche in Genossenschaftsbanken gege-
ben.
Untersuchungsgegenstand ist das Privatkundengeschäft von Volks-
5
Vgl. Glatzner 1989, S.1-68
6
Vgl. Hinzdorf/von Thaden 2004, S. 24-26
Fragestellungen
der Untersu-
chung
Ziel und Gang der
Untersuchung
Abgrenzungen

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 5
und Raiffeisenbanken in Deutschland. Die Mitgliedschaft als Bindungs-
instrument wird im Rahmen dieser Arbeit nicht explizit behandelt. Hier
wird auf die umfangreiche Literatur verwiesen.
7
Die besonderen Chan-
cen, die sich den Genossenschaftsbanken aufgrund ihrer Unterneh-
mensform eröffnen, finden im Gang der Untersuchung aber sehr wohl
Berücksichtigung.
Für den Autor, der seit mehreren Jahren die dargestellte Situation des
Bankenmarktes und des Privatkundenverhaltens auch in der Praxis in
einer kleineren Genossenschaftsbank erfährt, stellt dieses Thema auch
eine Herausforderung im täglichen Arbeitsleben dar. Die Auswertung
von zu Direktbanken abgeflossenen Kundeneinlagen ist zu einer viertel-
jährlichen Routine geworden. Gerade in den letzten Monaten erhöht
insbesondere die Commerzbank den Wettbewerbsdruck im Bereich
Girokonten durch eine breit angelegte Marketingkampagne zu ihrem
kostenlosen Konto weiter. Der VR-FinanzPlan als ganzheitlicher Bera-
tungsansatz wurde von der Bank, in der der Autor tätig ist, nicht zuletzt
aufgrund eines stärker gewordenen Wettbewerbs über Konditionen für
eine breite Zielgruppe eingeführt, um diesem Wettbewerb über (Bera-
tungs-) Qualität zu begegnen. Die theoretische Auseinandersetzung mit
der Kundenbindung in dieser Arbeit soll den in der Praxis gewählten
Ansatz bestätigen und weitere Möglichkeiten darlegen.
Christian Volmer, Mai 2007
7
Vgl. Krupp 2002; Glatzner 1989
Persönliche Mo-
tivation

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 6
2 Grundlagen
Im Grundlagenteil der Arbeit werden zunächst der Begriff der Kunden-
bindung und seine Entstehung dargestellt und von verwandten Begrif-
fen abgegrenzt. Das Verhalten des Bankkunden und weitere relevante
kundenbezogene Themen werden in Kapitel 2.2 behandelt. Anschlie-
ßend werden die Genossenschaftsbanken vorgestellt, in den deutschen
Bankenmarkt eingeordnet und ihre Bedeutung dargelegt.
2.1 Grundlagen der Kundenbindung
2.1.1 Entwicklung der Kundenbindung
Das Thema Kundenbindung ist in den letzten Jahren in der Unterneh-
menspraxis zu einem wichtigen Bestandteil des Zielsystems geworden,
Bonussysteme und Kundenkarten sind Auswirkungen, die auch die
Verbraucher deutlich spüren. In der Wissenschaft kann eine erste An-
näherung an das Thema bereits seit 1923 festgestellt werden. Der
Schwerpunkt der Untersuchungen lag ursprünglich speziell auf dem
verhaltensorientierten Bestandteil der Kundenbindung (insbesondere
Wiederkaufverhalten), beginnend in den 1960er-Jahren verschob er
sich auf den einstellungsorientierten Ansatz (z. B. Wiederkaufabsicht)
bzw. berücksichtigte beide. Seit 1990 finden die Erkenntnisse aus der
Zufriedenheitsforschung und die Beziehungen zwischen Kundenzufrie-
denheit und Kundenbindung große Beachtung in der Wissenschaft. Es
folgte der Einzug der elektronischen Datenverarbeitung zur Unterstüt-
zung der Kundenbindung, die in Massenmärkten Voraussetzung für die
Individualisierung von Beziehungen ist.
8
2.1.2 Definition und Begriffsbestimmung
Die Vielschichtigkeit des Konstruktes Kundenbindung wird anhand der
Existenz einer Vielzahl verschiedener Definitionen erkennbar. Es las-
sen sich zwei Sichtweisen unterscheiden.
9
Die managementbezogene
stellt Aktivitäten der Unternehmen in den Mittelpunkt:
8
Vgl. Homburg/Bruhn 2005, S. 7; Koot 2005, S. 5f; Diller 2003, S. 3, S. 16f
9
Vgl. Meffert 2005, S. 149
Kundenbindung
seit 80 Jahren
Forschungsthe-
ma
Sichtweisen der
Kundenbindung

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 7
,,Kundenbindung umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens,
die darauf abzielen, sowohl die Verhaltensabsichten als auch das tat-
sächliche Verhalten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder des-
sen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kun-
den für die Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten."
10
Die nachfra-
gerbezogene Sichtweise beschreibt einen Zustand, in dem sich der
Kunde befindet:
,,Unter Kundenbindung werden sämtliche psychologischen Bewusst-
seinsprozesse bzw. beobachtbaren Verhaltensweisen eines Kunden
verstanden, in denen sich die intentionale bzw. faktische Erhaltung bzw.
Intensivierung seiner Beziehung zum Unternehmen aufgrund von be-
stimmten Bindungsursachen manifestiert."
11
Spezifiziert für das Privat-
kundengeschäft in Banken findet sich bei Swoboda diese Definition:
,,Kundenbindung ist der Grad der Gebundenheit eines Privatkunden an
ein Bankprodukt, einen Bankmitarbeiter oder an das gesamte Kreditin-
stitut. Es ist stets durch die subjektive Sicht des Kunden determiniert
und reicht über die vertraglichen Bindungen weit hinaus."
12
Dieser Ar-
beit liegt die nachfragerbezogene Definitionsweise des Begriffs zu
Grunde.
Zur Erklärung des Phänomens Kundenbindung gibt es darüber hinaus
eine Vielzahl an wissenschaftlichen Ansätzen. Statt aber die umfangrei-
chen sozialpsychologischen, interaktionsorientierten, verhaltenswissen-
schaftlichen sowie transaktionsorientierten Theorien darzustellen und
hieraus Erkenntnisse abzuleiten, wird zur Herausarbeitung von Deter-
minanten der und Instrumenten zur Kundenbindung auf bestehende
Modelle zurückgegriffen, die ihrerseits auf diesen Theorien basieren.
13
Die Relevanz der Kundenbindung für jede Bank wird bei Betrachtung
der Wirkungen, die ihr zugesprochen werden, ersichtlich. Man unter-
10
Homburg/Bruhn 2005, S. 8
11
Georgi 2005, S. 232f
12
Swoboda 2004, S. 304
13
Vgl. Homburg/Bruhn 2005, S. 12-16; zur Bedeutung der kognitiven Dissonanzen:
Managementbe-
zogene Definition
Nachfragerbezo-
gene Definition
Theorien zur Er-
klärung der Kun-
denbindung
Wirkungen der
Kundenbindung

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 8
scheidet hierbei zwei Dimensionen, das faktische Verhalten und die
Verhaltensabsichten. Die Dimension ,,tatsächliches Verhalten" hat die
Ausprägungen Wiederkauf, Cross Buying, Weiterempfehlung und
Preiserhöhungsakzeptanz. Verhaltensabsichten lassen sich nicht di-
rekt beobachten, sondern können nur durch Befragungen eruiert wer-
den. Sie sind spezifiziert als Wiederkaufabsicht, Cross Buying-
Absicht, Weiterempfehlungsabsicht und Preiserhöhungstoleranz.
14
Kundenbindung
Faktisches Verhalten
Verhaltensabsicht
W
ieder
ka
u
f
W
eiter
e
m
p
fe
h
lu
n
g
C
ross B
u
yi
ng
P
reiser
h
ö
h
ung
s-
akzep
ta
n
z
C
ross B
u
yi
ng-
Ab
si
ch
t
W
ieder
kau
fa
b
sich
t
W
eiter
e
m
p
fe
h
lu
n
g
s-
absic
h
t
P
reiser
h
ö
h
ung
s-
toler
a
nz
Abbildung 1: Wirkungen der Kundenbindung
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn 2003, S. 104)
Wiederkauf bezeichnet den wiederholten Kauf des gleichen Produkts
beim selben Anbieter und Cross Buying das Kaufen anderer Produkte
aus dem Produktangebot des Anbieters. Diese beiden Verhaltensfor-
men sind direkt erfolgswirksam.
Unter Weiterempfehlung wird hier die positive Kommunikation eines
Kunden über Eigenschaften und Leistungen der Bank in seinem priva-
ten und bzw. oder beruflichen Umfeld verstanden. Solche Empfehlun-
Richter-Mundani 1999, S. 41-43
14
Vgl. Homburg/Bruhn 2005, S. 8f
Indirekte Er-
folgswirkung von
Empfehlungen

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 9
gen spielen eine wichtige Rolle bei der Bankwahl.
15
Neben diesem Initi-
aleffekt der Empfehlung auf einen potenziellen Kunden wirkt die Emp-
fehlung bindungsfestigend, wenn sie einem bestehenden Kunden ge-
genüber ausgesprochen wird. Bei dem Empfehlungsgeber selbst hat
sie ebenfalls eine Verstärkung der Bindung zur Folge. Empfehlungen
wirken sich somit indirekt auf den Erfolg des Unternehmens aus.
16
Diese Wirkungen der Kundenbindung erklären ihre Wichtigkeit für Ban-
ken. Als Ziele der Kundenbindung lassen sich formulieren:
· Durchsetzbarkeit höherer Preise,
· Erreichung höherer Kauffrequenzen, Generierung von mehr
Cross Buying und bessere Ausnutzung der Cross-Selling-Poten-
ziale,
· Verringerung des Abwanderungsrisikos und Verlängerung der
Dauer der Geschäftsbeziehungen,
· Förderung der Weiterempfehlung und
· Senkung der Betreuungskosten.
17
Die Senkung der Betreuungskosten ist im Gegensatz zu den anderen
Zielgrößen nicht offensichtlich, da durch die Einführung von Kunden-
bindungsmaßnahmen die Kosten zunächst steigen. Eine Verringerung
der Betreuungskosten entsteht aber dadurch, dass bei langfristigen Be-
ziehungen die Informationsbasis auf beiden Seiten höher ist, was zu
Lerneffekten und Effektivitätssteigerungen bei der Interaktion zwischen
Kunden und Kundenbetreuern führt.
18
In den bisherigen Ausführungen wurde vom Bindungsobjekt der Kun-
denbindung abstrahiert, obwohl, wie bereits in der zuvor zitierten Defini-
tion von Swoboda deutlich wurde, verschiedene Formen möglich sind.
Den Kriterien ,,Produkt", ,,Mitarbeiter" und ,,Kreditinstitut" ist die betreu-
15
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 76f
16
Vgl. Helm 2005, S. 128-136
17
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 166; Bruhn/Homburg 2005, S. 17; Meffert/Bruhn 2003,
S. 189
18
Vgl. Meffert/Bruhn 1997, S. 145f
Ziele der Kun-
denbindung
Objekt der Kun-
denbindung

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 10
ende Filiale hinzuzufügen. Aus Unternehmenssicht ist eine Bindung an
die Bank selbst zu favorisieren, da die Bank aber für einen Kunden
schwer greifbar ist, ist eher die betreuende Filiale bzw. sogar der Kun-
denbetreuer Bindungsobjekt. Indiz hierfür sind auch Untersuchungen,
die zeigen, dass die Zufriedenheit von Kunden unterschiedlicher Filialen
differiert.
19
Die Bindung an eine Filiale kann bei einem Umzug des Kun-
den zur Abwanderung führen, dies gilt für die Bindung an einen Berater
ebenso. Durch die Bindung an einen Kundenbetreuer entsteht der Bank
zusätzlich das Risiko, dass bei dessen Ausscheiden auch die entspre-
chenden Kunden abwandern. Im Folgenden wird das Bindungsobjekt
weiterhin nicht explizit erwähnt, um die Komplexität zu reduzieren.
Durch geeignete Maßnahmen wie z. B. Überleitungskonzepte können
Banken die Abwanderungsgefahr aus Bindung an Filiale oder Mitarbei-
ter reduzieren.
2.1.3 Begriffsabgrenzung
Im Mittelpunkt der Kundenbindung steht die Beziehung der Bank zum
Kunden. Diese Geschäftsbeziehung wird als eine nicht zufällige Folge
von Markttransaktionen zwischen einer Bank und einem Kunden ver-
standen, wobei ,,nicht zufällig" bedeutet, dass die Bank und bzw. oder
der Kunde Gründe für eine planmäßige Verknüpfung zwischen den
Markttransaktionen sehen.
20
Einen engen Bezug zur Kundenbindung weisen verschiedene Mana-
gement- und Marketingbegriffe auf, die nachfolgend kurz erläutert wer-
den. Unter Kundenbindungsmanagement (auch Customer Relations-
hip Management bzw. Customer Relationship Marketing) wird die sys-
tematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle aller auf die
aktuellen Kunden gerichteten Maßnahmen mit dem Ziel der Aufrechter-
haltung oder Intensivierung der Geschäftsbeziehung zu diesen Kunden
verstanden.
21
Der Begriff beinhaltet die managementbezogene Sicht-
19
Vgl. Böse 1998, S. 338f
20
Vgl. Plinke/Söllner 2005, S. 69
21
Vgl. Homburg/Bruhn 2005, S. 8; Meffert 2005, S. 149
Geschäftsbezie-
hung als Aus-
gangspunkt
Verwandte
Begriffe

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 11
weise der Kundenbindung und erweitert diese um die weiteren Elemen-
te des Managementregelkreises ­ Analyse, Planung und Kontrolle. Das
Relationship Management (auch Geschäftsbeziehungsmanagement
oder nur Beziehungsmanagement) erweitert die Sichtweise des Kun-
denbindungsmanagements um weitere Zielgruppen, es umfasst nicht
nur die aktuellen Kundenbeziehungen sondern auch alle anderen Be-
ziehungen des Unternehmens zu seiner Umwelt.
22
Der Begriff Relati-
onship Marketing steht für eine Weiterentwicklung des klassischen,
transaktionsorientierten Marketings. Er schließt das transaktionsorien-
tierte Marketing ein, geht aber durch die transaktionsübergreifende Be-
ziehungssicht darüber hinaus.
23
Daneben existiert der Begriff Retention
Marketing. Dieser ähnelt dem Kundenbindungsmanagement, grenzt
sich von diesem allerdings durch eine Konzentration auf die stark profi-
tablen Kunden bei bewusster Vernachlässigung der (eher) unrentablen
Kunden ab.
24
Ein auf den Bankbereich spezifiziertes Kundenbindungs-
management wird auch als Customer-Relationship-Banking
25
bzw.
Relationship Banking
26
bezeichnet.
Die Begriffe Kundenbindung, Kundenloyalität und Kundentreue werden
in der Literatur häufig synonym verwendet. Zwar werden ihnen zum Teil
auch unterschiedliche Bedeutungen zugesprochen, diese Abgrenzun-
gen sind für die vorliegende Arbeit aber nicht weiterführend und werden
daher nicht berücksichtigt.
27
Unter dem Begriff Kundenbindung wird die
Bindung sowohl emotionaler als auch kognitiver Ausprägung subsu-
miert.
22
Vgl. Meffert 2005, S. 149f
23
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 119-121; Homburg/Bruhn 2005, S. 5
24
Vgl. Meffert 2005, S. 150
25
Vgl. Swoboda 2004, S. 304
26
Vgl. Bernet/Held 1998
27
Vgl. Lohmann 1997, S. 9; Koot 2005, S. 14f
Kundenbindung
= Kundenloyalität
= Kundentreue

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 12
2.2 Der Kunde als Subjekt der Kundenbindung
2.2.1 Der moderne Bankkunde
Wie schon in der Einleitung erwähnt, gab es auf Kundenseite in den
letzten Jahren Veränderungen, die sich in der Bindung an Kreditinstitute
niederschlagen. Der durchschnittliche Kunde hat 15 Verträge bei sieben
verschiedenen Finanzdienstleistern und zwei Drittel der Kunden von
Großbanken gelten als wechselbereit.
28
Im Verhalten der Privatkunden
lassen sich fünf Trends erkennen:
Sie erwarten erstens zielgruppenkonformen Service und hohe, auf ihre
individuellen Bedürfnisse abgestimmte Produktqualität, daneben wer-
den sie aber zweitens kontinuierlich heterogener, was die Zuordnung
in klassische Kundengruppen immer unpassender werden lässt. Drit-
tens entwickeln sie ein immer stärkeres Selbstbewusstsein im Um-
gang mit Banken, sind mächtiger und besser informiert. Sie erwarten
viertens zunehmend Finanz- und Versicherungslösungen von einem
Anbieter. Dagegen lässt sich aber fünftens feststellen, dass sie sowohl
unterschiedliche Vertriebswege als auch verschiedene Partner für ihre
Bedürfnisse in Anspruch nehmen und wechselbereiter sind.
29
Der moderne Bankkunde hat gestiegene Ansprüche an einheitlichem
Design aller Medien, an Animation zur Entdeckung seiner verdeckten
Bedürfnisse, an Rückkopplung zu jeglicher Information, die er auf ir-
gendeinem Vertriebskanal mitgeteilt hat, an Verständnis und an Lust-
gewinn. Die Bank soll dem Kunden ein Erlebnis bieten.
30
Die Akzeptanz
medialer Vertriebswege steigt dabei kontinuierlich, daneben bleibt die
persönliche Beratung und aktive Betreuung aufgrund komplexerer Be-
dürfnisse wichtig. Ein komfortables Homebanking-Angebot, die rei-
bungslose Abwicklung von Transaktionen und stets funktionstüchtige
Selbstbedienungsgeräte werden als selbstverständlich angesehen.
31
Ambivalentes Verhalten wird auch beim Bankkunden zum Standard.
28
Vgl. Keller et al. 2000, S. 378
29
Vgl. Swoboda 2004, S. 70f
30
Vgl. Jacob/Klenk 2002, S. III ; Klenk 2002, S. 7
31
Vgl. Schröder 2006, S. 309f
Rückgang der
Kundenbindung
Trends des Pri-
vatkunden-
Verhaltens
Weitere Entwick-
lungen im Verhal-
ten von Privat-
kunden

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 13
Die frühere Aufteilung, vermögender Kunde kauft Luxusartikel, Stan-
dardkunde achtet bei allen Entscheidungen insbesondere auf den
Preis, ist hinfällig geworden. Heute ist eine Unterteilung nach Routine-
bedürfnissen und Außergewöhnlichem sinnvoller. Im Supermarkt wer-
den Dinge des täglichen Lebens günstig gekauft, in der Boutique Erleb-
nis-Einkäufe getätigt. Bei diesen sind die Identifikation mit der Sache
oder der Marke, also emotionale Gründe, Grundlage für den Kauf.
32
Die
Bankenbranche hinkt diesem Trend noch hinterher, wobei als Antwort
hierauf in den letzten Jahren erste Erlebnisbanken und Bankshops ent-
standen sind.
Zusammenfassend lassen sich folgende wichtige Größen auf Kunden-
seite festhalten, die Einfluss auf die Kundenbindung haben:
· Heterogenität der Kundschaft / Streben nach Individualität
· gestiegene Ansprüche (Qualität, Kommunikation, Leistungsan-
gebot, Multichannel-Banking)
· größere Wechselbereitschaft
· höherer Informationsstand
· Erlebnisorientierung
· Ambivalentes Verhalten (Qualitäts- und Preisbewusstsein)
2.2.2 Kundenbedarfslebenszyklus
Die zuvor angesprochene Heterogenität der Privatkunden lässt sich
zum Teil anhand des Kundenbedarfslebenszyklus verdeutlichen. Wäh-
rend seines Lebens entwickelt ein Bankkunde sich stark verändernde
Bedürfnisse. In der Kindheits- und Jugendphase sind das Sparbuch und
später das Girokonto mit der Bankkarte die wichtigsten Finanzprodukte.
Im Studium ergibt sich eventuell ein Bedarf nach Finanzierung der Le-
benshaltungskosten. Spätestens mit Beginn der Ausbildung oder dem
Start ins Berufsleben steigen die Bedürfnisse. Die ersten Versicherun-
gen (Haftpflicht-, Berufsunfähigkeits-, Unfall-, Hausratversicherungen),
Sparprodukte insbesondere zur Ausschöpfung der staatlichen Unter-
stützungsleistungen (Arbeitnehmersparzulage, Wohnungsbauprämie
32
Vgl. Klenk 2002, S. 5
Kundenmerkmale
beeinflussen
Kundenbindung
Bedarf an Fi-
nanzdienstleis-
tungen verändert
sich mit Lebens-
phasen

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 14
und Riester-Rente) aber auch zum Ansparen auf kleinere Anschaffun-
gen, z. T. sicherlich auch schon Kleinkredite zur Finanzierung der ers-
ten Wohnungseinrichtung oder des ersten Autos werden nachgefragt.
Weitere Änderungen treten mit der Hochzeit ein. Eine neue Phase be-
ginnt oft vor oder kurz nach der Geburt des ersten Kindes: Bedarf nach
einer Baufinanzierung und weiteren Versicherungsleistungen (Kapital-
oder Risikolebensversicherung, Wohngebäude- und Ausbildungsversi-
cherungen für die Kinder) entsteht. Nach dem Auszug der Kinder und
mit Renteneintritt beginnen wiederum neue Phasen mit neuen Ansprü-
chen an Finanzdienstleistungen.
33
Eine übersichtliche Darstellung hier-
für liefert der Kundenbedarfslebenszyklus:
11-18 Jahre
28-40 Jahre
41-55 Jahre
56-63 Jahre
ab 64
Jahre
20-27 Jahre
Kreditaufnahme
· Schule/
Ausbildung
· Kindheit/
Jugend
· Studium
· Beginn
Berufsleben
· Heirat, Ehe
· Kinder in der Ausbildung
· in der Regel verdient nur ein Partner
· Haushaltsgründung
· Beginn finanzieller Unabhängigkeit
· Kinder aus
dem Haus
· Vorbereitung
Ruhestand
· Ruhe-
stand
Spargeld,
Kindergeld
Geldanlage
Girokonto
Geldanlage
Sparprodukte
Versicherungen
Auto
Wohnungseinrichtung
Urlaub
allgemeiner Konsum
Absicherung
der Familie
Altersvorsorge
Sparen
zugunsten
Dritter
Immobilienerwerb
Beginn der
Entschuldung
Renovierung,
Modernisierung
Entschuldung
Abbildung 2: Kundenbedarfslebenszyklus
(Quelle: Eigene Darstellung nach Swoboda 2004, S. 147)
2.2.3 Kundenbeziehungslebenszyklus
Kundenbindung ist keine Erscheinung, die binär mit ,,Kundenbindung
liegt vor" und ,,Kundenbindung liegt nicht vor" kodiert werden könnte.
Stattdessen entwickelt sich die Kundenbeziehung im Zeitablauf und
besitzt verschiedene Intensitäten. Der Kundenbeziehungslebenszyklus
ist ein Modell, das eine konkrete Kundenbeziehung in verschiedene
33
Vgl. Swoboda 2004, S. 146-148; Bruhn/Georgi 2006, S. 121-123
Kundenbezie-
hungen und
Kundenbindung
müssen sich
entwickeln

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 15
Phasen untergliedert und die Intensität der Beziehung im Zeitablauf
beschreibt. Während der Kundenakquisitionsphase, die sich in An-
bahnungs- und Sozialisationsphase unterteilen lässt, tritt der Kunde
zum ersten Mal in Kontakt mit der Bank und die Geschäftsbeziehung
entsteht. In der Kundenbindungsphase (Subphasen: Wachstum und
Reife) wird die Beziehung gefestigt und stärker ausgebaut. Die Kun-
denrückgewinnungsphase ist unterteilt in Gefährdungsphase(n), Auf-
lösungs- und Abstinenzphase. Die Kundenrückgewinnung beginnt in
dem Modell schon, während die Beziehung noch besteht, der Kunde
sich aber aufgrund negativer Ereignisse Gedanken über einen Wechsel
macht.
Die Stärke der Kundenbeziehung wird im Modell an vorökonomischen
und ökonomischen Indikatoren gemessen werden. Zu den vorökonomi-
schen Indikatoren zählen die psychologischen (Beziehungsqualität,
Vertrauen, Commitment, Kundenzufriedenheit) und die verhaltensbezo-
genen (Kundenbindung, Kaufverhalten, Informationsverhalten, Integra-
tionsverhalten, Kommunikationsverhalten) Indikatoren. Ökonomische
Indikatoren sind Kundendeckungsbeitrag und Customer Lifetime
Value.
34
2.2.4 Kundenwert
Der Kundenwert ist der Wertbeitrag eines einzelnen Kunden für ein Un-
ternehmen. Dieser kann mittels verschiedener Ansätze gemessen wer-
den: Die Kundenumsatz- und Kundendeckungsbeitragsanalyse zählen
zu den einperiodischen Methoden, die vergangenheits- oder gegen-
wartsbezogen sind. Bei der Kundendeckungsbeitragsanalyse ergibt
sich zwar durch die Abzinsung künftiger Zahlungsströme eine gewisse
Zukunftsausrichtung, bewertet werden aber nur solche Geschäfte, die
der Kunde bereits getätigt hat. Der Deckungsbeitrag ist für eine Wert-
analyse besser geeignet als der Umsatz, da er auch Kosten berücksich-
tigt. Allerdings werden oft nur Produktkosten und nicht auch Betreu-
ungskosten erfasst. Zu den mehrperiodischen Bewertungsmethoden
34
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 123-127
Messgrößen der
Beziehungsstär-
ke
Bestimmung des
Kundenwerts

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 16
zählt der Customer Lifetime Value (CLV), der den Wert der Kundenbe-
ziehung von Akquisition des Kunden bis zur Auflösung der Beziehung
mit einer Zahl ausdrückt.
35
Auf der Kostenseite fließen die Akquisitions-
kosten, laufende Marketingkosten, Produktkosten und Wiedergewin-
nungskosten ein, dem stehen die Kundenumsätze und die Erträge, die
die Bank aufgrund von Empfehlungen des Kunden erwirtschaften kann,
gegenüber. Die Bindungsrate, als Wahrscheinlichkeit, mit der der Kun-
de dem Kreditinstitut über einen festgelegten Zeitraum treu bleibt, er-
möglicht die Hochrechnung auf die gesamte Beziehungsdauer.
36
Die
Berechnung des CLV stellt hohe Anforderungen an das Rechnungswe-
sen und die EDV und enthält Schätzungen über die Höhe der Ein- und
Auszahlungen und die Dauer der Beziehung. Dies vernachlässigend
lässt sich der Kundenwert mit der investitionsrechnerischen Formel
KW = E
0
­ A
0
+ (E
1
­ A
1
) * q
-1
+ (E
2
­ A
2
) * q
-2
+ ... + (E
n
­ A
n
) * q
-n
darstellen.
37
(E
t
steht für die Einzahlungen zum Zeitpunkt t, A
t
für die
Auszahlungen zum Zeitpunkt t und q
-t
für den Abzinsungsfaktor der je-
weiligen Periode.) Die Relevanz des Kundenwertes ist gerade in Ban-
ken hoch, da die Profitabilität einzelner Kunden stark differiert, sogar
ein großer Anteil an Kunden eine negative Profitabilität aufweist.
38
2.3 Genossenschaftsbanken
2.3.1 Genossenschaftsbanken und der FinanzVerbund
Die Entstehung von Banken in der Unternehmensform der Genossen-
schaft kann auf die großen Kreditprobleme von Handwerk, Handel und
Landwirtschaft während der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhun-
derts zurückgeführt werden. Aus dieser Not heraus wurden die ersten
Kreditgenossenschaften mit den drei genossenschaftlichen Prinzipien:
· Selbsthilfe (Förderung der Eigenwirtschaft der Mitglieder),
· Selbstverantwortung (Mitglieder tragen Risiko der Bank) und
· Selbstverwaltung (alle Funktionen obliegen Mitgliedern)
35
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 77-79
36
Vgl. Swoboda 2004, S. 305-307
37
Vgl. Köhler 2005, S. 424f
38
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 79, S. 129-131
Formel zur Be-
stimmung des
CLV
Genossenschaft-
liche Prinzipien

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 17
gegründet. Zu dieser Zeit hafteten die Bauern und kleinen Betriebe mit
ihrem gesamten Vermögen der Genossenschaft, ihre Existenz war mit
der Entwicklung der Genossenschaftsbank verknüpft. Der Mitglieder-
bindung brauchte daher keine besondere Beachtung geschenkt wer-
den, sie war dem Geschäftsmodell immanent.
39
Die drei Prinzipien haben bis heute Gültigkeit - im Genossenschaftsge-
setz (Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
GenG), das gesetzliche Grundlage auch für Genossenschaftsbanken
ist, wird als Gesellschaftszweck moderner Genossenschaften die För-
derung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren
sozialer und kultureller Belange vorgeschrieben.
40
Durch die Öffnung
des Geschäftsbetriebs auch für Nichtmitglieder, durch den geringen
Einfluss, den die Mitglieder heute noch auf die Geschäftspolitik haben
und durch den fast vollständigen Ausschluss von Risiko aus der Mit-
gliedschaft wurde die Bindungswirkung der Gesellschaftsform allerdings
stark abgeschwächt. Für das Verhalten der Mitglieder spielt die Genos-
senschaftsidee kaum noch eine Rolle.
41
Die Aktualität und Leistungsfähigkeit der Genossenschaftsbanken
scheint hierdurch aber keine Einbuße erfahren zu haben: Die 16 Mio.
Mitglieder machen die Gruppe der Genossenschaftsbanken zu der Un-
ternehmensgruppe mit dem am weitesten gestreuten Anteilsbesitz
weltweit.
42
Aufgrund der dezentralen Struktur des Genossenschaftssek-
tors wird keine Strategie der Preis- und Kostenführerschaft angestrebt
sondern eine Abgrenzung zum Wettbewerb über eine Qualitätsstrate-
gie und räumliche und emotionale Nähe.
43
Kunden von Genossen-
39
Vgl. Betge 1996 S. 76f; Glatzner 1989, S. 1-4, S. 9ff
40
Vgl. § 1 GenG, http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/geng/gesamt.pdf,
22.05.2007
41
Vgl. Glatzner 1989, S. 1-4, S. 9-14, S. 25-31, S. 62-68
42
Vgl. http://extranet.vrmarketingservice.de/vrms/wgv/rundschreiben/
Neue_Rundschreiben/5/81858/S0705099.pdf, 20.05.2007
43
Vgl. http://extranet.vrmarketingservice.de/vrms/wgv/rundschreiben/
Neue_Rundschreiben/5/78856/S0703056.PDF, 10.03.2007
Verwässerung
der Bindungswir-
kung
Genossen-
schaftsbanken

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 18
schaftsbanken sind vornehmlich Privatkunden, wobei das Private Ban-
king (Geschäft mit den sehr vermögenden Privatkunden) keine nen-
nenswerte Bedeutung hat, und kleine und mittelständische Unterneh-
men sowie Landwirte.
44
Volksbanken und Raiffeisenbanken machen
den Großteil der ca. 1.300 Genossenschaftsbanken aus. Weiterhin zäh-
len die Sparda-Banken, die PSD-Banken und die Spar- und Darle-
henskassen (Spadaka) hinzu.
Die Zusammenarbeit der einzelnen Banken erfolgt in einem Verbund.
Diesem sind neben den gerade genannten Primärinstituten die genos-
senschaftlichen Zentralbanken (DZ BANK und WGZ BANK), die
Bausparkasse Schwäbisch Hall, Hypothekenbanken (Deutsche Genos-
senschafts-Hypothekenbank ­ DG HYP, Münchener Hypothekenbank
und WL BANK), die Fondsgesellschaft Union Investment, der Raten-
kreditspezialist TeamBank (mit dem Produkt easyCredit), die Versiche-
rungsgruppe R+V Versicherung, die Leasinggesellschaft VR Leasing,
eigene Rechenzentralen, Consultinggesellschaften, Bildungseinrichtun-
gen und die zweistufige Verbandsstruktur (Bundesverband und Regio-
nalverbände) angeschlossen.
45
Es handelt sich nicht um einen Kon-
zern, die Genossenschaftsbank vor Ort ist rechtlich und wirtschaftlich
selbstständig, sie kann bei Bedarf auf die Partner im FinanzVerbund
zugreifen. Durch diese Netzwerkorganisation werden die Kostenvorteile
von Zentralunternehmen mit den Vorteilen der Dezentralität vereint. Die
Leistungsfähigkeit des FinanzVerbundes wurde durch die Note A+ einer
unabhängigen Ratingagentur im Oktober 2005 bestätigt.
46
2.3.2 Einordnung in den deutschen Bankenmarkt
Die deutsche Bankenlandschaft ist geprägt von der Drei-Säulen-
Struktur und dem Universalbankprinzip. Nach dem Universalbank-
prinzip ist es den Kreditinstituten erlaubt, alle in § 1 des Gesetzes über
44
Vgl. Swoboda 2004, S. 314
45
Vgl. https://www.bvr.de/new/intern.nsf/A6F3726C60359CDBC12572AA0035D645/
$File/PPT_Pr%E4sentation_final.pdf, 20.05.2007
46
Vgl. Pleister 2006, S. 139-144
FinanzVerbund
Universalbank-
prinzip

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 19
das Kreditwesen (Kreditwesengesetz, KWG) aufgeführten Bankge-
schäfte (z. B. Einlagen-, Kredit-, Depotgeschäft) zu betreiben.
47
Einge-
schränkt wird diese grundsätzliche Erlaubnis beispielsweise durch Son-
dergesetze für das Hypotheken- und Bauspargeschäft. Diese Organisa-
tionsweise steht im Gegensatz zum Trennbankenprinzip (z. B. USA),
das eine strikte Trennung des Investment Bankings und des Commer-
cial Bankings vorschreibt.
48
Der deutsche Bankenmarkt lässt sich nach Rechtsform in drei große
Gruppen unterteilen: die Sparkassen-Finanzgruppe, der genossen-
schaftliche FinanzVerbund und die privaten Banken. Diese Aufteilung
wird als Drei-Säulen-Modell bezeichnet. Der Sparkassensektor besteht
fast ausschließlich aus öffentlich-rechtlichen Instituten mit einem öffent-
lichen Förderauftrag und stellt nach addierter Bilanzsumme und gesam-
tem Marktanteil die größte Gruppe dar. Zum privaten Sektor zählen die
Großbanken ­ Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank und Hy-
poVereinsbank. Durch nationale und internationale Konsolidierung in
den letzten Jahren ist die Dresdner Bank seit 2001 Tochter der Allianz
Versicherung, die HypoVereinsbank wurde 2005 von der italienischen
UniCredit Group übernommen.
49
Neben den Großbanken zählen zum
privaten Sektor auch die Regionalbanken, die Privatbankiers und weite-
re Institute, insbesondere Direktbanken, Postbank und Spezialban-
ken.
50
In den letzten Jahren treten zu den etablierten Finanzinstituten
verstärkt auch Auslandsbanken und Non- und Nearbanks in Konkur-
renz. Unter Nearbanks (Fastbanken) versteht man banknahe Unter-
nehmen, wie z. B. Bausparkassen, Versicherungen oder Kreditkarten-
gesellschaften. Auch die rein auf den Vertrieb spezialisierten Finanzver-
triebe (AWD, DVAG, MLP etc.) gehören hierzu. Nonbanks (Nichtban-
ken) sind Unternehmen anderer Branchen, die auch Finanzdienstleis-
47
Vgl. § 1 KWG,
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/kredwg/gesamt.pdf,
14.05.2007
48
Vgl. Staats 2006, S. 37;
§ 1 Abs. 1 BauSparkG, http://www.gesetze-im-
internet.de/bundesrecht/bausparkg/gesamt.pdf, 14.05.2007
49
Vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,478888,00.htm, 23.04.2007
50
Vgl. Staats 2006, S. 36-45
Drei-Säulen-
Modell

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 20
tungen anbieten.
51
Kundenseitig kann der Bankenmarkt in die Bereiche Firmenkunden und
Institutionelle Kunden sowie Privatkunden unterteilt werden. Bei den
Privatkunden wird anhand von Vermögens- und Einkommenskriterien
zwischen Private Banking (Geschäft mit vermögenden Kunden) und
Retail Banking (Geschäft mit Mengenkunden) unterschieden.
52
Die ge-
nossenschaftlichen Banken betreuen im Bereich der Privatkundschaft
hauptsächlich die Mengenkunden.
2.3.3 Bedeutung der Genossenschaftsbanken
Nach den Sparkassen sind die Genossenschaftsbanken gemessen am
Marktanteil die zweitgrößte Bankengruppe in Deutschland. 29 % der
Privatkunden haben eine Geschäftsbeziehung zu einer Genossen-
schaftsbank, 22 % nennen dies ihre Hauptbankverbindung.
53
Die ge-
nossenschaftlichen Banken weisen eine addierte Bilanzsumme von 608
Mrd. Euro, Forderungen an Nichtbanken in Höhe von 360 Mrd. Euro
und Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken inklusive Inhaberschuld-
verschreibungen von 466 Mrd. Euro auf.
54
Die 1.257 Kreditgenossen-
schaften unterhalten mit ca. 14.000 Bankstellen ein flächendeckendes
Filialnetz. 37,5 % der Bankstellen in Deutschland (ohne Postbank) ge-
hören zum genossenschaftlichen Sektor, der öffentlich-rechtliche Sektor
übertrifft dies nur knapp mit 40,1 %.
55
Bekannt sind die Genossen-
schaftsbanken bei 93 % der Deutschen und 46 % finden sie sympa-
thisch.
56
51
Vgl. Koot 2005, S. 23; Salmen 2002, S. 10f
52
Vgl. Koot 2005, S. 24f
53
Vgl. http://www.gujmedia.de/_components/markenprofile/download/
mapro11branchen/MaPro11_Banken_Basis.pdf, 21.05.2007; Swoboda 2004, S. 43
54
Vgl. http://217.110.182.54/download/ezb/monatsberichte/2007/200702ezb
_mb_gesamt.pdf, 18.05.2007; http://extranet.vrmarketingservice.de/vrms/wgv/
rundschreiben/Neue_Rundschreiben/5/77969/S0703048.pdf, 14.05.2007
55
Vgl. http://www.bundesbank.de/download/presse/pressenotizen/
2006/20060721.bankstellen.2005.pdf, 18.05.2007 ; Schröder 2006, S. 310
56
Vgl. http://www.gujmedia.de/_components/markenprofile/download/mapro
Retail Banking,
Private Banking
und Firmenkun-
den
Genossen-
schaftsbanken
sind zweitgrößte
Bankengruppe

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 21
2.4 Besonderheiten der Finanzdienstleistungen
Als Grundlage für die Kundenbindung in Genossenschaftsbanken sind
auch die Besonderheiten der angebotenen Produkte zu berücksichti-
gen. Als Dienstleistungen sind Bankprodukte immateriell, das heißt sie
können vor dem Kauf nicht näher vom Kunden begutachtet werden. Die
Produktion erfolgt erst im Zeitpunkt des Verkaufs und bedarf der Mitwir-
kung des Kunden (Integration des externen Faktors). Dies bewirkt
zum einen eine Erschwerung der Markierung, zum anderen wird das
Verhalten der Mitarbeiter im Verkauf zu einer entscheidenden, die
Qualität der Dienstleistung beeinflussenden Größe. Durch die Abs-
traktheit der Bankprodukte und die oftmals lange Vertragslaufzeit ent-
steht eine besondere Erklärungsbedürftigkeit, die wiederum den Ein-
fluss der Mitarbeiter auf die vom Kunden wahrgenommene Qualität der
Dienstleistung erhöht. Da bei Finanzdienstleistungen immer Geld bzw.
das Vermögen des Kunden im Mittelpunkt steht, ist das Bankgeschäft
besonders vertrauensempfindlich. Auch die vom Kunden im Vorhinein
nur schwer zu beurteilende Qualität steigert die Vertrauensempfind-
lichkeit. Die fehlende Patentierfähigkeit ermöglicht es, Innovationen
sehr schnell nachzuahmen. Dies führt zu einer hohen Austauschbarkeit
der Produktsortimente der unterschiedlichen Anbieter, die Homogeni-
tät der Finanzdienstleistungen ist sehr groß.
Diese Eigenschaften führen zu hohen immanenten Wechselbarrie-
ren: Zum einen ist ein Wechsel für den Kunden mit hohem bürokrati-
schem Aufwand verbunden und es ist für ihn kaum abschätzbar, ob
sich durch den Wechsel eine Verbesserung ergibt. Zum anderen
schreckt die Vertrauensempfindlichkeit vor einem Wechsel ab, da das
Vertrauensniveau, das in der bisherigen Bankverbindung gegeben ist,
bei der neuen erst wieder aufgebaut werden müsste.
57
11branchen/MaPro11_
Banken
_Basis.pdf, 21.05.2007
57
Vgl. Altenhain/Caspers 2006, S. 260-262; Swoboda 2004, S. 86f; Koot 2005, S. 25f
Bankprodukte
sind Dienstleis-
tungen mit Be-
sonderheiten
Finanzdienstleis-
tungen erzeugen
hohe Wechsel-
barrieren

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 22
3 Determinanten der Kundenbindung
Die Analyse der Determinanten der Kundenbindung beginnt mit der
Qualität, die, wie gezeigt wird, Basis für die Kundenzufriedenheit ist.
Demnach wird anschließend die Kundenzufriedenheit näher betrachtet.
Nach Auseinandersetzung mit bestehenden Modellen zur Kundenbin-
dung werden die Erkenntnisse in einem Determinanten-Modell zusam-
mengeführt.
3.1 Qualität als Basis
Qualität ist definiert als ,,Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale
Forderungen erfüllt."
58
Für den Bankenbereich ist eine Spezifizierung
des Qualitätsbegriffes auf die Dienstleistungsqualität sinnvoll, diese
wird allerdings kontrovers diskutiert und es hat sich noch keine allge-
mein akzeptierte Definition herausgebildet.
59
Ohne auf diesen Diskurs
näher einzugehen, basiert diese Arbeit auf folgender Definition des
Begriffs: ,,Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die
Beschaffenheit einer der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung ge-
mäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsni-
veau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften
bzw. Merkmale der Dienstleistung und deren Fähigkeit, bestimmten
Anforderungen gerecht zu werden."
60
Eine Unterteilung des Konstruktes ist möglich, es ergeben sich die Be-
standteile Leistungsqualität ­ diese drückt rein leistungsbezogene
Elemente wie z. B. die Korrektheit der Ausführung einer Transaktion
aus ­ Informationsqualität ­ diese umfasst die rund um die Leis-
tungserstellung gegebenen Informationen ­ und finanzbezogene Qua-
lität ­ Ausdruck der Gegenleistung für die Kundenleistung, z. B. Preis-
58
http://www.dgq.de/wui/wui-basis-begriffsdefinitionen_qualitaet.htm, 30.04.2007
59
Die Literatur kennt absolute, produktorientierte, kundenorientierte, herstellungsori-
entierte und wertorientierte Dienstleistungsqualität, vgl. hierzu Richter-Mundani
1998 und dort angegebene Quellen.
60
Bruhn/Georgi 2006, S. 86
Dienstleistungs-
qualität
Bestandteile der
Dienstleistungs-
qualität

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 23
Leistungs-Verhältnis.
61
Eine weitere Dimension der Dienstleistungsqua-
lität ist die Beziehungsqualität bzw. soziale Qualität. Diese ergibt sich
aus der Kundenbeteiligung im Leistungserstellungsprozess. Aufgrund
der Abstraktheit und der Vertrauensempfindlichkeit der Bankdienstleis-
tungen hat die Interaktion zwischen Berater und Kunde eine hohe Be-
deutung, da erst durch diese die Leistung erklärt und erlebbar wird.
Diese Dimension beeinflusst somit die Dienstleistungsqualität in Ban-
ken in starkem Ausmaß.
62
Aufgrund der großen Homogenität der Bank-
leistungen kommt der Beziehungsqualität zusätzlich die Funktion der
Differenzierung vom Wettbewerb zu.
63
Durch den Einzug der Technik in
das Bankgeschäft (SB-Geräte, Homebanking) werden die Bankmitar-
beiter zum Teil durch Maschinen ersetzt. Bei solchen Transaktionen
spielt die Beziehungsqualität für die Leistung selbst demnach kaum
noch eine Rolle. Heute existieren aber noch Grenzen bei der Substituti-
on von Mensch durch Maschine vor allem im qualifizierten Bankge-
schäft, wie z. B. der Vermögensberatung. Für viele Bankkunden ist aber
trotz der Möglichkeit, Geschäfte an Automaten oder im Internet zu erle-
digen, die persönliche Nähe noch immer auch im Standardgeschäft
wichtig.
64
Die Qualität einer Kundenbeziehung kann nach inhaltlich-sachlichen,
methodischen und menschlich-emotionalen Komponenten gegliedert
werden. Zum inhaltlich-sachlichen Bereich zählen das Selbstverständ-
nis des Bankmitarbeiters und die Erwartungen des Kunden, zur Metho-
dik die Beratungs- und Servicequalität und zum menschlich-emotiona-
len Bereich Sympathie, Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit.
65
Die Qualität
der Kommunikation zwischen Bankpersonal und Kunde ist ein wesentli-
cher, die genannten Kategorien übergreifender Bestandteil der Bezie-
hungsqualität. Dem Service- und Beratungspersonal kommt somit eine
61
Vgl. Georgi 2005, S. 233
62
Vgl. Richter-Mundani 1999, S. 101f; Georgi 2005, S. 233
63
Vgl. Richter-Mundani 1999, S. 93
64
Vgl. http://foerderverein-geno.uni-koeln.de/content/e22/e2494/e2500/14.12.06
Pfeifer3.doc, 18.05.2007
65
Vgl. Swoboda 2004, S. 304
Bestandteile der
Beziehungsquali-
tät

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 24
bedeutende Rolle für das Qualitätsempfinden des Kunden zu.
66
Zuver-
lässigkeit und Kompetenz als fachliche, und Empathie, Souveränität
und Vertrautheit als persönliche Kompetenzebene der Mitarbeiter sind
die ausschlaggebenden Größen.
67
Neben der auf die Transaktion beschränkten sozialen Qualität existiert
eine transaktionsübergreifende, auch die Zukunft umfassende Sicht der
Beziehungsqualität. Bei dieser Sichtweise spielen nicht nur alle Erfah-
rungen der Vergangenheit sondern auch das vom Kunden erwartete
zukünftige Potenzial der Beziehung in den Qualitätsbegriff mit hinein.
Dadurch ergeben sich die Dimensionen Vertrauen, das die zukunfts-
orientierte Komponente darstellt und die Bereitschaft des Kunden aus-
drückt, sich ohne Prüfungshandlungen auf das zukünftige Verhalten
des Unternehmens zu verlassen, und Vertrautheit, die die Bekanntheit
mit dem Unternehmen und seinen Leistungen durch Erfahrungen des
Kunden ausdrückt.
68
Eine branchenübergreifende empirische Untersuchung zur Dienstleis-
tungsqualität hat die Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes, die Zuver-
lässigkeit, die Reaktionsfähigkeit und die Leistungskompetenz als rele-
vante Dimensionen erkennen lassen.
69
Diese etwas abstrakte Auftei-
lung lässt sich für das Privatkundengeschäft in Banken anhand der be-
schriebenen Unterteilung mit folgenden Größen veranschaulichen:
66
Vgl. Richter-Mundani 1999, S. 102f
67
Vgl. Bruhn et al. 2006, S. 289-291
68
Vgl. Georgi 2005, S. 234-235
69
Vgl. Parsuraman et al. 1988, S. 12ff
Zukunftsgerichte-
te Beziehungs-
qualität
Qualitäts-
merkmale

Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
Christian Volmer
Seite 25
Leistungsebene
Beziehungsebene
korrekte Abrechnung und Abwicklung Fachkompetenz des Beraters
Schnelligkeit und Termintreue
Soziale Kompetenz des Beraters
Flexibilität während der Vertragsdauer Verlässlichkeit
Ambiente/Atmosphäre
Vertrauenswürdigkeit/Diskretion
Betreuungskontinuität
Informationsebene
Finanzebene
Korrekte und vollständige Information Preis
Zwischeninformation über den
Preis-Leistungs-Verhältnis
Bearbeitungsstand
Tabelle 1: Ebenen der Dienstleistungsqualität in Banken
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Burchard 1998, S. 226; Popp 1998, S. 81f;
Richter-Mundani 1999, S. 99)
Bei der Betrachtung der Qualität ist zu berücksichtigen, dass es sich
nicht um eine objektiv messbare Größe handelt, sondern dass sie vom
jeweiligen Kunden subjektiv beurteilt wird. Das GAP-Modell der Dienst-
leistungsqualität verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen von der
Bankleitung beabsichtigter, tatsächlich gelieferter und vom Kunden
wahrgenommener Dienstleistungsqualität. Das Urteil über die Dienst-
leistungsqualität fällt ein Kunde als Vergleich der erhaltenen Dienstleis-
tung mit seinen Erwartungen an diese. Die Erwartungen werden maß-
geblich durch Mund-zu-Mund-Kommunikation, individuelle Bedürfnisse,
Erfahrungen in der Vergangenheit und die Kommunikation der Bank
über das Angebot geprägt. Daneben beschreibt das Modell weitere
bankseitige Gründe für Diskrepanzen (gaps) zwischen der wahrge-
nommenen Dienstleistung und der beabsichtigten Qualität.
70
3.2 Kundenzufriedenheit als Voraussetzung
3.2.1 Kundenzufriedenheit
Kundenzufriedenheit kann in einfachster Form festgelegt werden als
Grad der Erfüllung der Kundenerwartung.
71
Umfassender beschrieben,
handelt es sich um ein psychologisches Phänomen ­ eine emotionale
Reaktion des Kunden auf eine Leistung eines Anbieters ­ das von je-
70
Vgl. Bruhn/Georgi 2006, S. 85f
71
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon 2000, S. 1901
Individualität der
Qualität
Definition und
Erklärung der
Kundenzufrie-
denheit

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836607858
DOI
10.3239/9783836607858
Dateigröße
774 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Kaiserslautern Standort Zweibrücken – Betriebswirtschaft, Fernstudiengang Bankmanagement
Erscheinungsdatum
2008 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
kreditgenossenschaft kundenbindung genossenschaftsbank kundenzufriedenheit value-added services erlebnis-banking kunde bank
Zurück

Titel: Kundenbindung in Genossenschaftsbanken
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
124 Seiten
Cookie-Einstellungen