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Vereinbarkeit von Beruf und Pflege - Welchen Beitrag kann die Betriebliche Sozialarbeit leisten?

©2010 Bachelorarbeit 56 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in den vergangenen Jahren ein immer wichtigerer Bestandteil in Betrieben geworden und ist nun in der Mitte der Wirtschaft angekommen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem Mütter und Väter und somit familienfreundliche Maßnahmen bezogen auf die Kinderbetreuung. Aber das Problem der Balance zwischen Beruf und Familie zeigt sich nicht nur hinsichtlich der Kinderversorgung, sondern auch bei Arbeitnehmern mit Pflegeaufgaben. Diese Arbeit beschränkt sich auf den, bisher noch weniger beachteten, Teilbereich der Erwerbstätigen mit Pflegeverantwortung.
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten während der Arbeit einen Anruf, dass ihre 80-jährige Mutter gestürzt ist, sich dabei einen schlimmen Bruch zugezogen hat und deshalb für die nächsten Monate Hilfe bei der Versorgung benötigt. Solch ein Szenario, dass plötzlich ein Berufstätiger vor der Herausforderung einer unerwarteten Pflegesituation steht, ist kein Ausnahmefall mehr. Circa jeder 10. Beschäftigte übernimmt mittlerweile die Verantwortung für die Betreuung und Pflege von Angehörigen und dies mit steigender Tendenz. Gründe dafür liegen vor allem im demografischen Strukturwandel. Bisher bieten jedoch lediglich ca. 7 % von 450 befragten deutschen Unternehmen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege an. Aber familienfreundliche Maßnahmen, die auch eine eventuell eintretende Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen berücksichtigen, sind von zentraler Bedeutung. Diese sind zum einen sinnvoll, damit Unternehmen nicht Gefahr laufen, qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgrund einer Unvereinbarkeit zu verlieren oder die Folgen einer Überlastung durch Beruf und Pflege in Form von erhöhten Fehlzeiten, einer Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, geringerer Produktivität oder einem höheren Krankheitsstand tragen zu müssen. Zum anderen sind viele Erwerbstätige – insbesondere Frauen – nicht mehr bereit oder in der Lage, aufgrund der familiären Verpflichtungen, ihre berufliche Karriere einzuschränken oder aufzugeben und die damit einhergehenden beruflichen, finanziellen und sozialen Benachteilungen in Kauf zu nehmen. Sie wünschen sich vielmehr eine Vereinbarkeit der zwei Lebensbereiche Beruf und Familie. Dazu gehört auch die Vereinbarkeit von Beruf und einer möglichen Pflegeverpflichtung.
Nach dieser kurzen Einführung werden in Kapitel 2 zunächst die aktuellen Rahmenbedingungen in Deutschland aufgezeigt. Anhand dessen soll […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sandra Benz
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege - Welchen Beitrag kann die Betriebliche
Sozialarbeit leisten?
ISBN: 978-3-8366-4487-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule für angewandte Wissenschaften, Coburg, Deutschland, Bachelorarbeit,
2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abkürzungsverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ...IV
Tabellenverzeichnis ...V
1
Einleitung... 1
2
Rahmenbedingungen... 2
2.1
Demografische Entwicklung... 3
2.2
Zunehmende Zahl der Pflegebedürftigen ... 3
2.3
Abnahme des Familienpflegpotentials ... 4
2.4
Steigende Frauenerwerbstätigkeit... 4
2.5
Fachkräftemangel ... 5
3
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ... 6
3.1
Aktuelle Fakten zur Vereinbarkeitsproblematik ... 6
3.2
Pflege und Kindererziehung im Vergleich ... 7
3.3
Auswirkungen der Vereinbarkeitsproblematik ... 8
3.3.1
Auswirkungen auf das Privatleben ... 8
3.3.2
Auswirkungen auf den Arbeitsplatz ... 9
3.3.3
Auswirkungen auf den Betrieb... 11
4
Betriebliche Maßnahmen ... 12
4.1
Maßnahmen seitens der Arbeitgeber ... 13
4.1.1
Arbeitszeiten ... 13
4.1.1.1
Flexible Arbeitszeiten... 14
4.1.1.2
Teilzeit ... 14
4.1.1.3
Freistellungsmöglichkeiten... 15
4.1.2
Arbeitsort... 16
4.1.2.1
Alternierende Heim-, oder Telearbeit ... 16
4.2
Maßnahmen seitens der Betrieblichen Sozialarbeit... 16
4.2.1
Information und Kommunikation ... 19
4.2.1.1
Kommunikation des Themas Vereinbarkeit
von Beruf und Pflege ... 19
4.2.1.2
Bereitstellung von Informationsmaterial ... 20
4.2.1.3
Mitarbeitersensibilisierung... 20
4.2.1.4
Führungskräftesensibilisierung... 21

II
4.2.2
Serviceleistungen für Pflegende... 22
4.2.2.1
Seminare und Schulungen für pflegende Angehörige ... 22
4.2.2.2
Psychosoziale Beratung ... 22
4.2.2.3
Beratung zum Pflegearrangement und Vermittlung zu
externen Dienste... 23
5
Wirkungen familienfreundlicher Maßnahmen ... 24
5.1
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen ... 26
5.1.1
Geringere Fehlzeiten... 26
5.1.2
Verringerung der Fluktuation ... 26
5.1.3
Kosteneinsparpotential... 27
5.1.3.1
Wiederbeschaffungskosten senken ... 27
5.1.3.2
Überbrückungskosten senken... 28
5.1.3.3
Wiedereingliederungskosten senken ... 28
5.2
Auswirkungen auf die Mitarbeiter... 29
5.2.1
Erhöhte Arbeitszufriedenheit ... 29
5.2.2
Erhöhte Mitarbeitermotivation... 29
5.2.3
Mitarbeiterbindung... 30
5.2.4
Mitarbeitergewinnung ... 30
5.2.5
Produktivitätssteigerung ... 31
6
Schlussbetrachtung ... 32
Anhang ...VI
Quellenverzeichnis... XVII
Literaturverzeichnis ... XVIII

III
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
bbs
Bundesfachverband Betriebliche Sozialarbeit
bfw
Berufsfortbildungswerk
BMFSFJ
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BMG
Bundesministerium für Gesundheit
BSA
Betriebliche Sozialarbeit
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
DIHK
Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V.
e.V.
eingetragener Verein
FFP
Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik
gGmbh
gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg.
Herausgeber
NYBGH
New York Business Group on Health
SGB XI
Sozialgesetzbuch ­ Elftes Buch (Pflegeversicherung)

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bevölkerungszahl von 1950 bis 2060 ...VI
Abbildung 2: Altersaufbau in Deutschland 2008 und 2060 ...VII
Abbildung 3: Zusammengefasste Geburtenziffer ...VIII
Abbildung 4: Eckdaten Pflegestatistik 2007 ...IX
Abbildung 5: Pflegebedürftige in Deutschland 1999 bis 2030...X
Abbildung 6: Erwerbstätigenquote der Frauen 1991 und 2006...XI
Abbildung 7: Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis unter 65 Jahren
nach Altersgruppen ...XII
Abbildung 8: Motive für familienfreundliche Maßnahmen ...XII
Abbildung 9: Ziele familienbewusster Personalpolitik der Unternehmen ...XIII
Abbildung 10: Vorteile von Unternehmen mit Familienbewusstsein
gegenüber Unternehmen ohne Familienbewusstsein ...XIII

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Durchschnittliche Lebenserwartung... XIV
Tabelle 2:
Bevölkerung Deutschlands in den Altersgruppen mit
erhöhtem Krankheits- und Pflegerisiko 2005 bis 2030... XIV
Tabelle 3:
Merkmale von privaten Hauptpflegepersonen ... XV
Tabelle 4:
Durchschnittlicher wöchentlicher Zeitaufwand für Pflege
und Betreuung... XV
Tabelle 5:
Wiederbeschaffungskosten einer Stelle ... XVI
Tabelle 6:
Überbrückungskosten für befristete Ersatzkräfte... XVI
Tabelle 7:
Wiedereingliederungskosten ... XVI

1
1 Einleitung
Das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in den vergangenen Jahren ein
immer wichtigerer Bestandteil in Betrieben geworden und ist nun in der Mitte der
Wirtschaft angekommen (BMFSFJ 2008a). Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem
Mütter und Väter und somit familienfreundliche Maßnahmen bezogen auf die
Kinderbetreuung. Aber das Problem der Balance zwischen Beruf und Familie zeigt sich
nicht nur hinsichtlich der Kinderversorgung, sondern auch bei Arbeitnehmern mit
Pflegeaufgaben. Diese Arbeit beschränkt sich auf den, bisher noch weniger
beachteten,
Teilbereich
der
Erwerbstätigen
mit
Pflegeverantwortung
(BMFSFJ 2008: 6).
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten während der Arbeit einen Anruf, dass ihre 80-jährige
Mutter gestürzt ist, sich dabei einen schlimmen Bruch zugezogen hat und deshalb für
die nächsten Monate Hilfe bei der Versorgung benötigt. Solch ein Szenario, dass
plötzlich ein Berufstätiger vor der Herausforderung einer unerwarteten Pflegesituation
steht, ist kein Ausnahmefall mehr. Circa jeder 10. Beschäftigte übernimmt mittlerweile
die Verantwortung für die Betreuung und Pflege von Angehörigen und dies mit
steigender Tendenz (berufundfamilie 2008). Gründe dafür liegen vor allem im
demografischen Strukturwandel. Bisher bieten jedoch lediglich ca. 7 % von 450
befragten deutschen Unternehmen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und
Pflege an (Prognos AG 2007). Aber familienfreundliche Maßnahmen, die auch eine
eventuell eintretende Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen berücksichtigen, sind von
zentraler Bedeutung. Diese sind zum einen sinnvoll, damit Unternehmen nicht Gefahr
laufen, qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgrund einer Unvereinbarkeit zu
verlieren oder die Folgen einer Überlastung durch Beruf und Pflege in Form von
erhöhten Fehlzeiten, einer Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, geringerer
Produktivität oder einem höheren Krankheitsstand tragen zu müssen (Reichert
1997: 37 ff.). Zum anderen sind viele Erwerbstätige ­ insbesondere Frauen ­ nicht
mehr bereit oder in der Lage, aufgrund der familiären Verpflichtungen, ihre berufliche
Karriere einzuschränken oder aufzugeben und die damit einhergehenden beruflichen,
finanziellen und sozialen Benachteilungen in Kauf zu nehmen (Bäcker 2004: 132). Sie
wünschen sich vielmehr eine Vereinbarkeit der zwei Lebensbereiche Beruf und
Familie. Dazu gehört auch die Vereinbarkeit von Beruf und einer möglichen
Pflegeverpflichtung (Naegele 1997: 8).

2
Nach dieser kurzen Einführung werden in Kapitel 2 zunächst die aktuellen
Rahmenbedingungen in Deutschland aufgezeigt. Anhand dessen soll verdeutlicht
werden, warum die Auseinandersetzung mit der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege
heute und zunehmend in Zukunft ein relevantes Thema für Betriebe darstellt.
Anschließend werden im 3. Kapitel die aktuellen Fakten der Vereinbarkeitsproblematik
sowie die Unterschiede zwischen Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung und
Beruf und Pflege dargestellt. Ebenso werden die Auswirkungen einer Doppelbelastung
auf das Privatleben und Berufsleben aufgezeigt, bevor betriebliche Maßnahmen, um
Mitarbeiter zu unterstützen, die einen Angehörigen zu Hause pflegen, in Kapitel 4
vorgestellt werden. Diese Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege beinhalten
auf der einen Seite Maßnahmen, bezogen auf die Arbeitsbedingungen und auf der
anderen Seite Maßnahmen, die von der Betrieblichen Sozialarbeit geleistet werden
können. In diesem Zusammenhang wird auch das Arbeitsfeld der Betrieblichen
Sozialarbeit vorgestellt. Die Wirkungen familienfreundlicher Maßnahmen stellt der
zentrale Inhalt im 5. Kapitel dar und das 6. Kapitel bildet mit einer Schlussbetrachtung
den Abschluss dieser Arbeit.
Im Verlauf dieser Arbeit wird zur Vereinfachung der Lesbarkeit zeitweise auf die
Nennung der weiblichen Form verzichtet. Mit der verwendeten männlichen Sprachform
werden im Folgenden beide Geschlechter angesprochen.
2 Rahmenbedingungen
Die Frage, warum eine Unterstützung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege
bereits heute und zunehmend in Zukunft ein wichtiges Thema für Unternehmen
darstellt, lässt sich mit Hilfe der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen
in Deutschland beantworten (BMFSFJ 2000: 11). Deutschland wird von einer
zunehmenden Zahl alter Menschen sowie einer steigenden Zahl von Pflegebedürftigen
bei einer gleichzeitigen Abnahme des Familienpflegepotentials, geprägt. Auch die
wachsende Frauenerwerbsbeteilung und der Fachkräftemangel tragen zur Aktualität
und Relevanz dieses Themas bei.

3
2.1 Demografische Entwicklung
Angesichts der demografischen Entwicklung wird die deutsche Bevölkerung innerhalb
der nächsten Jahrzehnte einen deutlichen Wandel vollziehen (Holz 2007: 25). Die
demografische Entwicklung ist durch eine abnehmende Bevölkerungszahl
gekennzeichnet. Ende 2008 lebten ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland. Nach
den Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamts ist anzunehmen, dass im
Jahr 2060 nur noch zwischen 65 und 70 Millionen Menschen in Deutschland leben
werden (Abb. 1). Darüber hinaus ist die Bevölkerung von einer Verschiebung der
Altersstruktur und zwar von einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft geprägt. Es
wird immer weniger junge Menschen geben, dafür aber immer mehr Alte, die älter
werden (Abb. 2). Dies liegt zum einen an der geringen Geburtenrate, 1,4 Kinder je Frau
(Abb. 3) und zum anderen an einem Anstieg der Lebenserwartung. Während
2006/2008 die Lebenserwartung der männlichen Neugeborenen bei 77,2 Jahre lag und
bei weiblichen Neugeborenen 82,4 Jahre betrug (Tab. 1), wird dies bis zu dem Jahre
2060 deutlich ansteigen. Bei Männern wird die Lebenserwartung voraussichtlich bei
85,0 Jahre liegen und bei Frauen auf 89,2 Jahre ansteigen (Statistisches Bundesamt
2009: 7).
2.2 Zunehmende Zahl der Pflegebedürftigen
Derzeit sind 2,25 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig (Abb. 4). Ein
Vergleich mit vergangenen Pflegestatistiken zeigt, dass die Zahl der Betroffenen stetig
zunimmt. Allein zwischen 2005 und 2007 ist die Zahl der Pflegebedürftigen um 5,6 %
gestiegen, in der Zeit von 1999 bis 2007 sogar um 11,4 % (Statistisches Bundesamt
2008: 4). Pflegebedürftigkeit gilt mittlerweile als allgemeines Lebensrisiko. Dies tritt
zwar nicht nur bei älteren Menschen auf, allerdings wird das Risiko einer möglichen
Pflegebedürftigkeit vor allem bei der Altersgruppe ab 80 Jahren erhöht (Schneekloth
2005:
67).
Nach
Angaben
des
Statistischen
Bundesamts
liegt
die
Risikowahrscheinlichkeit einer Pflegebedürftigkeit in der Altersgruppe der über
80-Jährigen derzeit bei ca. 28 % (BMG 2009: 14). Allerdings zeichnet sich genau bei
dieser Altersgruppe ein deutlicher Anstieg ab. Bis 2030 wird eine Zunahme bei den
80 bis 90-Jährigen von 58 % erwartet und bei den 90-Jährigen und Älteren soll sich die
Anzahl mehr als verdoppeln (Tab. 2). Aufgrund dieser Entwicklungen ist zu erwarten,
dass eine Zunahme von Alten und Hochaltrigen zu einer steigenden Zahl von
Pflegebedürftigen führt. Diese Annahme wird durch die Vorausberechnungen der

4
Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, die bis 2030 einen Zuwachs der Zahl
der Pflegebedürftigen auf etwa 3,6 Millionen erwarten, bestätigt (Abb. 5).
2.3 Abnahme des Familienpflegpotentials
Gegenüber der drastischen Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen ist mit einer
starken Abnahme des Familienpflegepotentials zu rechnen (Blinkert 2005: 142). Eine
wesentliche Ursache besteht in der demografischen Entwicklung. Durch die geringe
Geburtenrate reduziert sich die Chance für Ältere, im Falle einer Pflegebedürftigkeit,
auf jüngere, potentielle Pflegepersonen zurückzugreifen (Reichert 2009: 103).
Pflegepersonen sind nach § 19 SGB XI, ,,Personen, die nicht erwerbsmäßig einen
Pflegebedürftigen [...] in seiner häuslichen Umgebung pflegen" (Stascheit
2007: 503). Des Weiteren tragen veränderte Lebens- und Wohnbedingungen, wie eine
wachsende Zahl an Single-Haushalte sowie veränderte Familienstrukturen, z.B. durch
steigende Scheidungsraten, zu einer Reduzierung des Pflegepotentials bei
(Reichert 2009: 103).
Ein weiterer Faktor ist die zunehmende geforderte berufliche
Mobilität und Flexibilität. Eltern und Kinder leben häufiger in getrennten Haushalten
oder die erwachsenen Kinder müssen aus der Nähe der Eltern wegziehen, um ein
Studiumsplatz oder Arbeitsplatz aufzunehmen (Höpflinger 2005: 162). Im Falle einer
eintretenden Pflegebedürftigkeit können sie die Eltern nicht oder nur im begrenzten
Umfang unterstützen (BMFSFJ 2000: 15).
2.4 Steigende Frauenerwerbstätigkeit
Eine Abnahme des Familienpflegepotentials bzw. des Frauenpflegepotentials wird
auch durch eine steigende Frauenerwerbstätigkeit bedingt (Reichert 2009: 103).
Besonders in der relevanten Altersgruppe für die Pflege, den 45 bis 64-Jährigen
(Tab. 3), ist die Frauenerwerbstätigenquote in den letzten Jahren stark gestiegen.
Derzeit sind in Deutschland ca. 73 % aller Frauen im Alter von 45 bis 54 erwerbstätig
und im Alter von 55 bis 64 sind es immerhin noch 39 %. Im Vergleich zu 1991
entspricht dies einem Zuwachs von knapp 10 % bzw. von 16 % (Abb. 6).
,,Die steigende Frauenerwerbsbeteiligung ist vor allem Ausdruck eines sich
wandelnden Selbstverständnisses der Frauen". Vor dem Hintergrund eines höheren
schulischen und beruflichen Qualifikationsniveau und des allgemeinen Wertewandels
in Richtung Selbstverwirklichung und Eigenverantwortung wollen immer mehr Frauen
ihre eigenen beruflichen Ziele verwirklichen und gleichberechtigt mit den Männern am

5
Arbeitsleben teilhaben. Der ökonomische Aspekt spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Zum einen wollen die Frauen finanziell unabhängig und sozial abgesichert sein und
zum anderen ist häufig eine bezahlte Erwerbsarbeit der Frauen unverzichtbar, um eine
Familie zu ernähren oder den Lebensstandard zu halten (BMFSFJ 2000: 15).
Allerdings bedeutet die wachsende Nachfrage von Frauen nach Erwerbsbeteilung
nicht, dass sie sich aus familiären Verpflichtungen zurückziehen wollen. Sie wünschen
sich vielmehr eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dieser doppelte Lebensentwurf
bezieht sich neben der Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung auch auf die
Vereinbarkeit von Beruf und einer eventuell eintretenden Pflegeverpflichtung
(Naegele 1997: 8).
2.5 Fachkräftemangel
Der demografische Wandel führt zu einem Rückgang der Bevölkerung im
erwerbsfähigen Alter. Noch zählen rund 50 Millionen Menschen zu der erwerbsfähigen
Gruppe. 2060 wird diese Gruppe nur noch ca. 33 Millionen Menschen ausmachen
(Abb. 7). Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklungen den bestehenden
Fachkräftemangel verschärfen. Insgesamt wird schon heute von ca. 400.000 fehlenden
Fachkräften ausgegangen. 2007 gab jedes dritte Unternehmen an, freie Stellen nicht
oder nicht sofort wieder besetzen zu können. Dies ist doppelt so viel wie noch im Jahr
2005 (DIHK 2007: 2). Deshalb ist es bereits jetzt und in Zukunft wichtiger denn je,
qualifizierte Mitarbeiter zu halten oder zu integrieren. Bedeutsam ist es somit auch,
Beschäftigte nicht aufgrund von Pflegeverpflichtungen zu verlieren.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es immer mehr Pflegebedürftige geben wird,
aber sowohl die Zahl der potentiellen Pflegepersonen als auch die Bereitschaft eine
Erwerbstätigkeit aufgrund pflegerischer Verantwortung aufzugeben, abnimmt.
Gleichzeitig sind die Unternehmen darauf angewiesen, qualifizierte Mitarbeiter zu
halten bzw. zu gewinnen. Eine Strategie gegen den Fachkräftemangel sind
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dies planen 15 % der
Unternehmen (DIHK 2007: 2). Das bedeutet aber nicht nur das Erwerbspotential von
Eltern zu fördern, sondern auch dem Anliegen nach einer Vereinbarkeit von
Erwerbstätigkeit und Pflege entgegenzukommen.

6
3 Vereinbarkeit von Beruf und Pflege
Um ein Verständnis für die Vereinbarkeitsproblematik von Beruf und Pflege zu
bekommen, werden im Nachfolgenden aktuelle Fakten zur Vereinbarkeitsproblematik
dargestellt und die zentralen Unterschiede zur Kindererziehung herausgearbeitet.
Welche privaten, arbeitsplatzbezogenen und betrieblichen Folgen diese Anforderungen
nach sich ziehen können, sind ebenfalls Inhalt dieses Kapitels.
3.1 Aktuelle Fakten zur Vereinbarkeitsproblematik
Wie bereits oben erwähnt, sind derzeit 2,25 Millionen Menschen pflegebedürftig
(Abb. 4). Hinzu kommen noch weitere ca. 3 Millionen Hilfebedürftige, die sich zwar
unterhalb oder außerhalb der Schwelle für einen Leistungsanspruch nach dem SGB XI
befinden, aber trotzdem Hilfe bei instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens
benötigen (Schneekloth 2005: 61 ff.). Dazu gehört z.B. Hilfe bei der
Wohnungsreinigung, bei Einkäufen, bei Behörden- und Arztbesuchen, aber auch Hilfe
bei finanziellen und administrativen Angelegenheiten sowie bei der Organisation von
Unterstützungsleistungen (Bäcker 1997: 10).
Gemäß der Pflegestatistik 2007 wird die Mehrzahl der pflegebedürftigen Menschen zu
Hause versorgt. 2007 waren dies 1,54 Millionen. Davon werden 1,03 Millionen
Pflegebedürftige ausschließlich von Angehörigen betreut, das heißt, dass sie keine
zusätzlichen Hilfen durch ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen (Abb. 4). Am
Stellenwert der häuslichen Pflege wird sich auch in absehbarer Zeit wenig ändern,
denn die häusliche Versorgung wird immer noch als Idealform betrachtet. Sie
gewährleistet, dass die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer gewohnten
Umgebung bleiben und weiterhin Kontakt zu den nahen Angehörigen halten können
(Blinkert 2005: 142). Den Grundsatz häusliche Pflege vor anderen teil- oder
vollstationären Unterstützungsleistungen fordert auch § 3 des SGB XI
(Stascheit 2007: 497).
Größtenteils werden die Pflegebedürftigen von Frauen betreut und versorgt. 73 % der
Hauptpflegepersonen sind weiblich. Es sind vor allem Ehefrauen/Lebenspartnerinnen
oder Töchter, die Angehörige pflegen (Tab. 3). Dennoch darf trotz der überwiegend
weiblichen Hauptpflegepersonen das Pflegethema und damit einhergehend eine
mögliche Vereinbarkeitsproblematik von Beruf und Pflege nicht als reines Frauenthema
betrachtet werden (Naegele 1997: 7), denn der Anteil der männlichen
Hauptpflegepersonen ist in den letzten Jahren gestiegen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783836644877
DOI
10.3239/9783836644877
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Coburg (FH) – Soziale Arbeit und Gesundheit, Studiengang Soziale Arbeit
Erscheinungsdatum
2010 (April)
Note
1,0
Schlagworte
demografischer wandel betriebliche sozialarbeit fachkräftemangel familienfreundlichkeit pflege
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