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Bezugsgruppeneinfluss auf das Markenimage

Eine empirische Analyse in Fußballmannschaften am Beispiel von Adidas, Nike und Puma

©2009 Magisterarbeit 128 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Marken sind allgegenwärtig: von der Zahnpasta und dem Kaffee, über die Botschaften auf den Litfasssäulen auf dem Weg zur Arbeit, bis hin zu den Produkten in der Freizeitgestaltung. Kaum jemand in der entwickelten Welt will oder kann sich in seinem Alltag dem Kontakt mit ihnen entziehen. Was in den Anfängen des Markenwesens nur ein Werkzeug des Marketings unter vielen darstellte, ist heute vor allem im Konsumgüterbereich zum zentralen Konzept zur Sicherung des Unternehmenserfolges geworden. Während sich die Angebotspalette vergrößert, kommen kaum wirklich neue Produkte ins Sortiment. Vielmehr erweitern homogene, hinsichtlich objektiv nachprüfbarer Produkteigenschaften, wie Beschaffenheit und Qualität, kaum mehr voneinander zu unterscheidende Produkte die ohnehin schon breite Produktpalette. Durch die damit einhergehende Informationsüberflutung sieht sich der Konsument zunehmend bei der Beurteilung der Produkte überfordert. Bis auf den Preis scheinen Unterschiede zwischen gleichartigen Produkten marginal. Als Resultat gewinnt das Image der Marke als differenzierender Faktor an Bedeutung. Ein starkes Markenimage erzeugt Vertrauen, wirkt identitätstiftend und bewirkt schließlich, dass sich der Kunde an die Marke bindet. Wegen der tragenden Bedeutung für das Unternehmen investieren PR und Marketing große Anstrengungen in die Erzeugung und Pflege eines positiven Images ihrer Organisation, ihrer Produkte oder ihrer Marke.
Je stärker die Existenz des Unternehmens vom Image abhängig ist, desto größer wird die Relevanz für das Unternehmen, dass die entworfenen Botschaften die relevanten Zielgruppen direkt und ohne Störungen in seinem Sinne erreichen. Eine zentrale Störquelle können Bezugspersonen sein. Als soziale Wesen orientieren sich Menschen an ihren Mitmenschen und gleichen Meinungen und Einstellungen mit denen ihrer Bezugspersonen ab. Sowohl durch Gespräche, als auch durch nonverbale Kommunikation tragen Bezugsgruppen dazu bei, dass Botschaften ein Eigenleben entwickeln. Für die durch werbetreibende Unternehmen initiierten Kommunikationsmaßnahmen bedeutet das, dass Botschaften den Rezipienten nicht immer direkt erreichen, sondern dass deren Wirkung durch den Einfluss von Bezugsgruppen und durch einzelne Bezugspersonen modifiziert wird. Die Modifikation lässt sich von Seiten des Unternehmens ohne Kenntnisse über die Kommunikations- und Interaktionsstrukturen in den relevanten Zielgruppen kaum kontrollieren.
Mit der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung und Problemstellung

2. Das Markenimage
2.1 Begriffliche Grundlagen
2.1.1 Die Marke
2.1.2 Das Markenimage
2.1.3 Begriffsabgrenzung
2.2 Das Konstrukt „Einstellung“
2.2.1 Das Drei-Komponenten-Modell
2.2.2 Die Theorie der kognitiven Dissonanz
2.3 Zur Entstehung und Visualisierung von Images: Die Schematheorie
2.4 Zur Struktur des Images
2.5 Funktionen von Markenimages für den Konsumenten

3. Bezugsgruppeneinfluss auf Einstellungen
3.1 Gruppe und Bezugsgruppe: Begriffliche Grundlagen
3.2 Konformität
3.3 Bezugsgruppeneinfluss determinierende Faktoren
3.3.1 Mit dem Einstellungssubjekt variierende Einflussdeterminanten
3.3.2 Mit dem Einstellungsobjekt variierende Einflussdeterminanten
3.4 Gespräche als Auslöser für Bezugsgruppeneinfluss auf das Markenimage
3.4.1 Der Einfluss von Gesprächen auf das Markenimage- Vorstellung einiger Studien
3.4.2 Gespräche über Marken - Häufigkeit und Voraussetzungen
3.4.3 Wirkung von Gesprächen
3.5 Die Theorie des sozialen Vergleiches - ein theoretischer Erklärungsansatz für Bezugsgruppeneinfluss
3.6 Meinungsführer
3.6.1 Ein historischer Abriss: Von der Entdeckung der Meinungsführer zum Stufenfluss der Kommunikation
3.6.2 Der aktuelle Stand der Meinungsführerforschung im Überblick
3.6.3 Merkmale von Meinungsführern
3.6.4 Meinungsführer in der Konsumentenforschung
3.7 Zwischenfazit

4. Bezugsgruppeneinfluss auf das Markenimage: Eine empirische Untersuchung
4.1 Ziele der Untersuchung
4.2. Adidas, Nike, Puma – der Untersuchungsgegenstand
4.3 Operationalisierung
4.3.1 Auswahl eines Verfahren zur Imagemessung
4.3.2 Auswahl eines Verfahrens zur Messung von Meinungsführerschaft
4.4 Aufbau und Struktur des Fragebogens
4.5 Durchführung der Datenerhebung
4.6 Datenauswertung
4.6.1 Stichprobe
4.6.2 Analyse der Untersuchungsergebnisse und Prüfung der Forschungshypothesen
4.7 Fazit und Ausblick

5. Literaturverzeichnis

6. Anhänge

Anschreiben

Fragebögen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Auswahl einiger Logos

Abbildung 2: Vergleich von Tui und Tjaereborg

Abbildung 3: Ausschnitt aus einem semantischen Netzwerk

Abbildung 4: Das Image als Menge der größtmöglichen Überschneidungen

Abbildung 5: Experiment von Asch

Abbildung 6: Bezugsgruppeneinfluss auf Kaufentscheidungen

Abbildung 7: Revidierte Stufenkonzeption des Kommunikationsflusses nach Robinson

Abbildung 8: Vom Konstrukt zum Skalenwert

Abbildung 9: Methoden der Imagemessung durch Befragung

Abbildung 10: Beispiel einer Skala des semantischen Differenzials

Abbildung 11: Beispiel eines Polaritätenprofils

Abbildung 12: Markenassoziation Fußball

Abbildung 13: Präferenzmarke im Fußball

Abbildung 14: Items 1-6 der Imageanalyse

Abbildung 15: Fehlerbalkendiagramm von Nike zum Item ´Preis`

Abbildung 16: Fehlerbalkendiagramm von Adidas zum Item ´Sympathie`

Abbildung 17: Fehlerbalkendiagramm von Puma zum Item ´Sympathie`

Abbildung 18: Kommunikationspartner zum Thema ´Sportmarken`

Abbildung 19: Häufig und gelegentlich genutzte Informationsquellen zu Sportmarken

Abbildung 20: Informationsverhalten von Meinungsführern und Nicht- Meinungsführern im Vergleich

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Forschungsstand zum Einfluss von persönlicher Kommunikation im gewerblichen Umfeld auf das Image

Tabelle 2: Skala zur Ermittlung der Market Mavens von Feick und Price

Tabelle 3: Zusammenfassung vom Zeitplan der Durchführung

Tabelle 4: Streuungsmaße pro Mannschaft und pro Marke

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung und Problemstellung

Marken sind allgegenwärtig: von der Zahnpasta und dem Kaffee, über die Botschaften auf den Litfasssäulen auf dem Weg zur Arbeit, bis hin zu den Produkten in der Freizeitgestaltung. Kaum jemand in der entwickelten Welt will oder kann sich in seinem Alltag dem Kontakt mit ihnen entziehen. Was in den Anfängen des Markenwesens nur ein Werkzeug des Marketings unter vielen darstellte, ist heute vor allem im Konsumgüterbereich zum zentralen Konzept zur Sicherung des Unternehmenserfolges geworden (vgl. Jansen 2006:13). Während sich die Angebotspalette vergrößert, kommen kaum wirklich neue Produkte ins Sortiment. Vielmehr erweitern homogene, hinsichtlich objektiv nachprüfbarer Produkteigenschaften, wie Beschaffenheit und Qualität, kaum mehr voneinander zu unterscheidende Produkte die ohnehin schon breite Produktpalette. Durch die damit einhergehende Informationsüberflutung sieht sich der Konsument zunehmend bei der Beurteilung der Produkte überfordert. Bis auf den Preis scheinen Unterschiede zwischen gleichartigen Produkten marginal. Als Resultat gewinnt das Image der Marke als differenzierender Faktor an Bedeutung. Ein starkes Markenimage erzeugt Vertrauen, wirkt identitätstiftend und bewirkt schließlich, dass sich der Kunde an die Marke bindet. Wegen der tragenden Bedeutung für das Unternehmen investieren PR und Marketing große Anstrengungen in die Erzeugung und Pflege eines positiven Images ihrer Organisation, ihrer Produkte oder ihrer Marke.

Je stärker die Existenz des Unternehmens vom Image abhängig ist, desto größer wird die Relevanz für das Unternehmen, dass die entworfenen Botschaften die relevanten Zielgruppen direkt und ohne Störungen in seinem Sinne erreichen. Eine zentrale Störquelle können Bezugspersonen sein. Als soziale Wesen orientieren sich Menschen an ihren Mitmenschen und gleichen Meinungen und Einstellungen mit denen ihrer Bezugspersonen ab. Sowohl durch Gespräche, als auch durch non-verbale Kommunikation tragen Bezugsgruppen dazu bei, dass Botschaften ein Eigenleben entwickeln. Für die durch werbetreibende Unternehmen initiierten Kommunikationsmaßnahmen bedeutet das, dass Botschaften den Rezipienten nicht immer direkt erreichen, sondern dass deren Wirkung durch den Einfluss von Bezugsgruppen und durch einzelne Bezugspersonen modifiziert wird. Die Modifikation lässt sich von Seiten des Unternehmens ohne Kenntnisse über die Kommunikations- und Interaktionsstrukturen in den relevanten Zielgruppen kaum kontrollieren.

Mit der vorliegenden Arbeit geht die Autorin der Frage nach, ob und inwieweit Bezugsgruppen einen Einfluss auf das Markenimage haben. Um das Forschungsgebiet um den weiten Begriff des Bezugsgruppeneinflusses einzugrenzen, liegt der Fokus auf der verbalen Kommunikation über die Marke. Damit ist nicht die Kommunikation zwischen Händler und Käufer oder Vertreter und Großhändler gemeint, sondern die nicht kommerziell orientierte Kommunikation innerhalb von freundschaftlich geprägten Beziehungen in Bezugsgruppen.

Das Interesse der Autorin an der Erforschung dieser Fragestellung resultiert sowohl aus beruflichem als auch aus persönlichem Interesse. Nach diversen Praktika in der Marketing- und Sportbranche und als studentische Mitarbeiterin im Hochschulsport der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sah sie sich wiederholt mit Fragen das Markenimage betreffend konfrontiert. Die Entscheidung, Sportmarken für diese Untersuchung auszuwählen, ist das Ergebnis jahrelangen persönlichen Interesses für Sportprodukte auf Grund eigener breit gefächerter sportlicher Aktivitäten.

Die Arbeit gliedert sich inhaltlich in drei Teile. Die ersten beiden Teile dienen dazu, den Stand der Forschung und die zur Beantwortung der Fragestellung relevanten Theorien darzustellen. Ausgehend von einer Klärung der Begriffe der Marke und des Markenimages erarbeitet die Autorin im ersten Teil ein grundlegendes Verständnis für die Merkmale, die Struktur und die Funktionen des Markenimages für den Konsumenten, um diese als theoretische Basis für die Operationalisierung der im dritten Teil dokumentierten Imageanalyse zu nutzen. Der zweite Teil thematisiert die Einflüsse von Bezugsgruppen auf Meinungen und Einstellungen. Basierend auf einer differenzierten Auseinandersetzung mit den Begriffen ´Bezugsgruppe` und ´Konformität`, werden das Konzept der Meinungsführerschaft erläutert und die Rolle von Gesprächen bei der Einstellungsbildung untersucht. Da beide Konzepte den Schwerpunkt der von der Autorin durchgeführten empirischen Analyse bilden, stehen sie im Fokus der theoretischen Ausführungen. Der letzte Teil der Arbeit dient schließlich der Dokumentation der durchgeführten empirischen Studie, mittels derer die Autorin am Beispiel der Marken Adidas, Nike und Puma der Frage nachgeht, ob Bezugsgruppen einen Einfluss auf das Markenimage haben. Im Zuge einer Befragung in Fußballmannschaften wird zudem untersucht, ob Gespräche über Marken das Markenimage beeinflussen. Außerdem wird analysiert, ob bestimmte Personen im Gruppengefüge eine Meinungsführerrolle in Bezug auf das Markenimage einnehmen.

Die größte Herausforderung der Arbeit besteht darin, Wissen aus vier Wissenschaftsbereichen zusammen zu tragen und sowohl inhaltlich als auch methodisch miteinander zu verknüpfen: zum einen das Markenimage, über das es sowohl kommunikations-, wirtschaftswissenschaftliche, als auch psychologische Literatur gibt, und zum anderen Bezugsgruppeneinflüsse auf Meinungen und Einstellungen, mit denen sich vor allem die Soziologie beschäftigt. Hinzu kommt das Phänomen der Meinungsführerschaft in Verbindung mit der Kommunikation über Marken, was primär kommunikationswissenschaftliche Domänen sind.

2. Das Markenimage

Das Markenimage beschreibt die Wahrnehmung der Marke aus Sicht der (potentiellen) Konsumenten (vgl. Wichert/Wolf 2007:2). Wenn ein Konsument beispielsweise den Namen Marlboro hört und das typische Marlboro-Rot sieht, soll er damit Abenteuer und Freiheit des Cowboys assoziieren, der mit seinem Pferd durch die Prärie reitet; wenn er den TUI- Smily sieht, sollen sonnige Strandszenen vor seinen Augen auftauchen. Diese gedanklichen Bilder sind Teil des Images, das einer Marke anhaftet. Um den alltäglich gewordenen Begriff des Markenimages fundiert zu betrachten, wird im Folgenden zuerst der Begriff der Marke beleuchtet.

2.1 Begriffliche Grundlagen

2.1.1 Die Marke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Auswahl einiger Logos

Quelle: http://images.google.de/images

In den Anfängen des Markenwesens dienten Marken (griechisch „Marka“, deutsch „Zeichen“) zur reinen Kennzeichnung von Objekten im Sinne einer Markierung. Sie erbrachten in erster Linie den Herkunftsnachweis von Produkten. Nach der frühen Auffassung von Domizlaff (1939), der als einer der Väter der professionellen Markenpolitik gilt, sah man bis in die 70er Jahre ausschließlich Fertigwaren als markierungsfähige Güter an, die dem Konsumenten mit konstantem Erscheinungsbild und Preis dargeboten wurden. Die äußere physische Kennzeichnung genügte, um Produkte eindeutig als Markenartikel zu bezeichnen (vgl. Foscht/Swoboda 2005:5).

Eine solch statische und einseitige Sichtweise ist den gewandelten Gegebenheiten der heutigen Märkte nicht mehr angemessen. Das Verständnis von einer Marke ist breiter geworden. Entgegen der traditionellen Definition werden heute u.a. zudem Investitionsgüter, Vorprodukte und Dienstleistungen unter dem Begriff der Marke subsumiert (vgl. Meffert 2000:847). Im Rahmen des absatzsystembezogenen Ansatzes wird die Marke nicht länger als ein auf Fertigwaren bezogenes Merkmalsbündel verstanden, sondern als eigene Vermarktungsform interpretiert (vgl. ebd.). Dabei werden Marken vor allem durch ihre Vertriebsmethoden charakterisiert, die auf Erreichung eines spezifischen Images und auf Erhöhung von Bekanntheit ausgerichtet sind. Vertreter des wirkungsbezogenen Ansatzes verstehen den Markenbegriff sogar noch breiter und betiteln all diejenigen Dienstleistungen bzw. Waren als Marke, die von Konsumenten als solche wahrgenommen werden (vgl. z.B. Berekhoven 1978:43).

Als Grundlage der vorliegenden Arbeit soll eine Marke in Anlehnung an den wirkungsbezogenen Ansatz zweckmäßigerweise als ein in der Psyche des Konsumenten oder bei sonstigen Bezugsgruppen verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleitung verstanden werden (vgl. Foscht/Swoboda 2005:171). Sie wird sichtbar als Kombination aus einem Namen, Begriff, Zeichen, Symbol oder einer Gestaltungsform, welche bei den relevanten Zielgruppen bekannt ist, und im Vergleich zu Konkurrenzmarken ein differenziertes Image aufweist, dass bei den Zielgruppen zur Ausbildung von Präferenzen führt (Baumgarth/Schmidt 2008:6).

Die differenzierende und Präferenzen schaffende Kraft von Marken lässt sich durch einen Vergleich von Blindtests (der Namen der Marke wird nicht genannt) und offenen Tests (der Markenname wird den Probanden mitgeteilt) nachweisen. So wurden in einem Blindtest und einem offenen Test die Leistungsbeschreibungen der Touristikmarken TUI und Tjaereborg miteinander verglichen und jeweils von den Probanden bewertet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2 dargestellt. Auf der y-Achse ist die Bewertungen der Probanden zu sehen. Je höher die Ziffer, umso besser ist die Bewertung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vergleich von Tui und Tjaereborg

Quelle: Kanning et al. 2002:3

Die Differenzierungsfunktion von Marken führt dazu, dass sie eine absatzfördernde Wirkung haben. Der leitende Designer der weltgrößten Sportmarke Nike merkt bezüglich einer weniger bekannten Sportmarke an: “Li Ning has the same factories, the same designers, but what is different is the brand” (Gareth 2008: 20). Damit tragen Marken zu einer Wertsteigerung des Unternehmens bei (vgl. Meffert 2000:848f). Untersuchungen belegen, dass der Markenwert bei einem Großteil der Unternehmen, die bekannte Marken, wie Coca Cola oder Milka, unter ihrem Dach führen über 50% des Gesamtwertes ausmacht (vgl. z.B. Aaker/Joachimsthaler 2000:19). Die durch Marken bedingte Wertsteigerung eines Unternehmens ist darüber hinaus auf folgende zwei Faktoren zurückzuführen (vgl. Meffert 2000:847): Erstens wird durch die unverwechselbaren Symbole der Wiedererkennungswert gesteigert. Zweitens löst das einer Marke entgegengebrachte Vertrauen eine Qualitätsversmutung auf Seiten des Konsumenten aus und fördert dadurch die Verbundenheit zur Marke, das sich in Markentreue niederschlägt.

2.1.2 Das Markenimage

Marken können nur dann zur Wertsteigerung eines Unternehmens beitragen, wenn sie mehr sind als nur ein Name, ein Zeichen oder eine Gestaltungsform. Um sich von den Konkurrenzangeboten abzuheben und den Kunden langfristig zu binden, bedarf es neben Bekanntheit starke Markenimages (vgl. Wichert/Wolf 2007:2). Ein starkes Markenimage zeichnet sich dadurch aus, dass die Marke einen zentralen und festen Platz im Bewusstsein des Konsumenten einnimmt (vgl. Guzmán/Montana/Sierra 2006:354). Durch das emotional an die Marke gebundene Markenimage differenziert sich ein Produkt von anderen Produkten in seiner Produktkategotie, auch wenn es über physisch identische Produkteigenschaften verfügt (vgl. Cheridito 2003:108).

Der Begriff des Images ist ähnlich komplex und vieldeutig wie der der Marke. Eine einheitliche Definition für den von Gardner/Levy im Jahr 1955 in die marktpsychologische Diskussion eingeführten Imagebegriff existiert bis dato nicht. Dies mag unter Umständen daran liegen, dass das Image noch stärker als die Marke selbst „[…] tatsächlich ein verschwommenes, uneinheitliches Konstrukt darstellt“ (Herzig 1991:3). Bergler (1991:47f) definiert Image wie folgt:

"Ein Image ist ein vereinfachtes überverdeutlichtes und bewertetes Vorstellungsbild, ein Quasi-Urteil, das keine Gültigkeitsgrenzen kennt […]. Alle menschlichem Wahrnehmen, Erleben und Denken zugänglichen Gegenstände werden immer auch vereinfacht - als Images - verarbeitet. […] Sie bilden Realität nicht im photographischen Detail ab, sondern sie machen ihre Schlussfolgerungen an Schlüsselreizen, exemplarischen Leistungen, einzelnen Erfolgen, aber auch einzelnen Misserfolgen fest. Images entstehen […] auf der Basis eines Minimums an Informationen."

Tatsächlich wird der ursprünglich aus dem Lateinischen stammende Begriff des Images in den meisten Definitionen als "Vorstellungsbild" (Kotler/Bliemel 1999:526) und "Abbild" übersetzt. Eine Definition aus einem Lexikon der Public Relations bezeichnet das Image beispielsweise als die Gesamtheit aller Vorstellungen, die ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen mit einem Meinungsgegenstand, hier einer Marke, verbindet (vgl. Müller 1989:125).

Im Licht des radikalen Konstruktivismus ist die gesamte Wirklichkeitserkenntnis durch Vorstellungsbilder geprägt. Demnach können wir die ontologische Wirklichkeit, sofern es sie denn gibt, durch die Brille der subjektiven Wahrnehmung nicht erkennen (vgl. Glasersfeld 2003:19). Das Image ist demnach das Bild , dass wir uns von der Wirklichkeit machen, genauer gesagt, es ist die als solche wahrgenommene Wirklichkeit selbst (vgl. Faulstich 1992:7f). Images spiegeln die Wirklichkeit also nicht wider, sondern sie werden durch die subjektiven Vorstellungen des Betrachters konstruiert. Deshalb werden Images in den Sozialwissenschaften und der Psychologie als Konstrukte aufgefasst. Sie existieren lediglich im Kopf des Menschen. Ihre Subjektivität ist das Resultat der individuell unterschiedlichen Reizverarbeitung. Jeder Mensch kommt bei objektiv gleicher Reizaufnahme zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung, da seine Erwartungen und gedanklichen Ordnungsschemata sich von denen der anderen Menschen unterscheiden (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg 2003:570f). Auf Basis dieser auch als `Prädispositionen` bezeichneten, meist unbewussten Erwartungen nimmt der Mensch die Welt durch seine individuelle Brille wahr und formt damit subjektive Vorstellungsbilder (vgl. Schmidt 2000:47).

Aus der Definition von Bergler lassen sich vier zentrale Mechanismen ableiten, die bei der Imagebildung beteiligt sind (vgl. Bentele 1992:153f):

1. Vereinfachung durch Typologisierung
2. Verallgemeinerung von Einzelerfahrungen
3. Überverdeutlichung
4. Positive oder negative Bewertungen

Der erste Mechanismus (Vereinfachung durch Typologisierung) bezieht sich auf die Vereinfachung von Realität im Sinne der Selektion der einströmenden Informationen durch den Rezipienten. Ein solcher, von Luhmann als Komplexitätsreduktion bezeichneter Mechanismus schützt den Menschen vor Reizüberflutung (Luhmann 1999:137). Die Verallgemeinerung von Einzelerfahrungen weist auf die Tendenz von Menschen hin, sich trotz wenigen oder fast gar keinen Erfahrungen mit einem Sachverhalt eine Meinung zu bilden. Überverdeutlichung beschreibt einen Prozess, der der selektiven Wahrnehmung unterzuordnen ist. Der Rezipient nimmt nicht nur einige Informationen eher wahr als andere, sondern vergrößert und verdeutlicht einzelne Ausschnitte des Image Objektes ähnlich einem Lupeneffekt. Der vierte Mechanismus (positive oder negative Bewertungen) besagt, dass Images nie wertneutral sind, sondern sich immer bewusst oder unbewusst durch gerichtete Bewertungen auszeichnen. Ein weiteres Merkmal von Images ist ihre zeitliche Stabilität. Durch Medienpräsentation können sie zwar gestärkt und gefestigt werden, allerdings nur schwer verändert (vgl. Bentele/Brosius/Jarren 2003:136). Das liegt daran, dass Voreinstellungen dazu führen, dass Rezipienten Informationen selektiv wahrnehmen, verarbeiten und erinnern. Darüber hinaus ist der geringe Einfluss von Medien auf Images auch dadurch bedingt, dass sie nur selten völlig einseitig berichten und Rezipienten meistens mehrere Medien nutzen (vgl. ebd. 137). Daher erhalten sie meist Informationen mit verschiedener Tendenz, so dass sich Wirkungen auch gegenseitig aufheben können. Je weniger Voreinstellungen zu einer Marke existieren oder je konsonanter die Berichterstattung über die Marke ist, um so eher besteht also für ein Unternehmen die Möglichkeit, ein Image in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Bezogen auf die Marke, besteht die Anforderung an den Rezipienten darin, die vom Meinungsgegenstand Marke ausgehenden Impulse, wie visuelle Symbole oder redaktionelle Berichterstattung, zu dekodieren und zu interpretieren. Somit „hat“ nicht die Marke ein Image, sondern der Konsument hat ein Image (vgl. Kapferer 1992:45). Das Markenimage setzt sich in der Regel aus zwei Dimensionen zusammen: zum einen aus emotionalen Eindrücken, die mit der Marke verbunden werden, und zum anderen aus objektiven sachhaltigen Kriterien, wie beispielsweise dem Preis und dem Aussehen der Marken produkte[1]. Diese sachhaltigen Kriterien können von anderen Anbietern kopiert werden. Das mit ihnen verbundene Image hingegen ist unique. Deshalb machen vor allem die emotionalen Vorstellungsbilder eine Marke einzigartig. Darüber hinaus begünstigen Images die Personalisierung und erleichtern dadurch die Identifikation mit , die Wiedererkennung an , und die Ausbildung positiver Assoziazionen zu einem Unternehmen (vgl. Merten 1999:247). Ohne den Anspruch zu stellen, alle sicherlich nicht vollständig skizzierten Merkmale der Marke und des Images in einer Definition des Markenimages zu vereinen, lässt sich aus den vorangegangenen Ausführungen folgende operationale Arbeitsdefinition ableiten:

Das Markenimage ist das Ergebnis der individuellen, subjektiven Wahrnehmung und Dekodierung aller von der Marke ausgehenden Signale, die aus einer Kombination von visuellen Symbolen, Produkten, Werbespots, redaktioneller Berichterstattung etc. bestehen können (vgl. Meffert/Burmann/Koers 2005:54). Es ist ein mehrdimensionales individuelles Vorstellungsbild.

2.1.3 Begriffsabgrenzung

Aufgrund der heterogenen und vielfältigen Bedeutungselemente des Markenimagebegriffes existiert eine Vielzahl von Ausdrücken, die sich teils inhaltlich und teils terminologisch überschneiden. Dazu zählen die Begriffe ´Produktimage` und ´Unternehmensimage`, sowie die Ausdrücke ´Meinung`, ´Ruf` und ´Einstellung`.

Beim Produktimage äußern sich alle Meinungen und Urteile des Konsumenten, die er mit einem bestimmten Produkt oder einer Produktgruppe verbindet (z.B. Skateboards: jung, dynamisch, unkonventionell) (vgl. Schmid/Lyczek 2007:50). Das Produktimage kann sich auf Produkte verschiedener Marken beziehen. Damit überschneiden sich das Produkt- und das Markenimage und beeinflussen sich häufig wechselseitig.

Das Unternehmensimage basiert auf den Meinungen und Vorstellungen des Konsumenten über die Herstellerfirma einer Marke oder eines Produktes. Vorausgesetzt das Unternehmen produziert bestimmte Marken, finden auch hier Überschneidungen und wechselseitige Beeinflussungen mit dem Markenimage statt, weil der Konsument die Herstellerfirma gedanklich mit der Marke verbinden kann (vgl. Mayer 2000:78).

Die Abgrenzung zum Begriff der Meinung erweist sich als komplexer. Nach Merten bilden Meinungen im Gegensatz zu einem Image oder einer Einstellung ein Problem nicht ab, sondern reduzieren es auf eine eindimensionale, meist wertende Dimension (vgl. Merten 1999:248). Trommsdorff definiert Meinungen als verbalisierte Einstellungen, die eine subjektive individuelle Perspektive bezüglich eines Problems oder Sachverhaltes widerspiegeln (vgl. Trommsdorff 2004:159). Sie bilden einen Teil des komplexen Vorstellungsbildes Image, das sich aus vielen kognitiv und affektiv getönten Einzelinformationen zusammensetzt. Allerdings ist anzumerken, dass sich eine solche analytische Trennung in der Forschung kaum realisieren lässt. „It is impossible to draw a sharp distinction between the two“ (Hovland et al 1953:7).

Im PR spezifischen Verständnis wird Image oft als Ruf eines Unternehmens oder einer Marke definiert (vgl. Faulstich 1992:68). Der Begriff des Rufes ist wesentlich älter und wurde ursprünglich nur in der verbalen Kommunikation verwendet. „Der Übergang vom Ruf zum Image signalisiert damit nicht nur den Einfluss der Medien, sondern auch den Einfluss der durch Medien, insbesondere durch das Fernsehen, sehr viel stärker einsetzbaren Visualisierung“ (Merten/Westerbarkey 1994: 206). Demnach soll das Image in dieser Arbeit als eine Erweiterung des Rufes um eine explizit visuelle Komponente verstanden werden.

Über eine Abgrenzung des oft synonym verwendeten Einstellungsbegriffs von dem Imagebegriff herrscht in der Literatur mit Abstand die größte Uneinigkeit. Einige Autoren streben eine möglichst präzise Abgrenzung der beiden Begriffe an.

„Einstellung drückt die Markenbewertung auf Grund von Produktwissen, also auf Grund von sachhaltiger, objektiv nachprüfbarer Informationen (sog. Denotationen) aus, Image dagegen ist ein eher emotionales Vorstellungsbild, das auf Assoziationen und gefühlshaften Anmutungen (sog. Konnotationen) beruht“ (vgl. Mazanec 1978, zit. nach Schweiger/Schrattenecker 1992:83).

Andere Autoren sehen hinter diesen Begriffen zwei unterschiedliche Bezeichnungen für dasselbe Konzept: „[...] der in der Markt- und Werbepsychologie verbreitete Imagebegriff [kann] weitgehend mit dem meist präziser gefassten Einstellungsbegriff gleichgesetzt werden“ (Rosenstiel/Neumann 2002:203). Diese Gleichsetzung kann vor allem darauf zurück geführt werden, dass beide Konstrukte mit den gleichen Methoden gemessen werden.

Begrifflich lässt sich das Image zumindest so weit von der Einstellung abgrenzen, als dass es die Projektion von Einstellungen darstellt, d.h. es ist die objektbezogene Kehrseite des subjektbezogenen Einstellungsbegriffes (vgl. Wiswede 2007:283). Der einzige inhaltliche Unterschied, über den in der Literatur weitestgehend Konsens herrscht, bezieht sich auf die Ganzheitlichkeit des Images. Es handelt sich nach Meinung zahlreicher Autoren um ein den Bedeutungsinhalt der Einstellung übersteigerndes Konzept, das eine breitere Palette an Merkmalen aufweist und deshalb als das Umfassendere anzusehen ist (vgl. Schweiger 1995:117f).

Eine definitorische Abgrenzung für diese Arbeit hält die Autorin nicht für zweckdienlich, da beide Konstrukte zum einen inhaltlich stark ineinander übergreifen und wegen der identischen Methoden, die zur Messung beider Konstrukte verwendet werden, auch empirisch nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können. Es hat vielmehr den Anschein, dass in unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen verschiedene Begriffe zur Bezeichnung desselben Konstruktes verwendet werden: in der Wirtschaftswissenschaft und in der Öffentlichkeitsarbeit dominiert der Imagebegriff, während in der Medienwirkungsforschung der Einstellungsbegriff präferiert wird. Daher sind Image und Einstellung im Rahmen dieser Arbeit inhaltlich als synonym zu betrachten.

2.2 Das Konstrukt „Einstellung“

Im Zuge der Begriffsabgrenzung im vorangegangenen Kapitel wurde exemplarisch dargestellt, dass sich der Imagebegriff definitorisch kaum vom Einstellungsbegriff abgrenzen lässt. Auch wenn die Einstellungsforschung weniger eine kommunikationswissenschaftliche als eine psychologische Disziplin ist, wird der Einstellungsbegriff inhaltlich näher beleuchtet, mit dem Ziel auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen, die für ein Verständnis des Imagebegriffes wichtig sind. Eine solche grundlegende Gemeinsamkeit findet sich im in der Einstellungsforschung weitestgehend akzeptierten Drei-Komponenten-Modell. Die in diesem Modell dargestellte Struktur von Einstellungen soll auch für das Markenimage, wie es von der Autorin innerhalb dieser Arbeit aufgefasst wird, gelten.

2.2.1 Das Drei-Komponenten-Modell

Nachdem Einstellungen lange Zeit als ein- und zweidimensionale Konstrukte aufgefasst wurden, werden Einstellungen heute in Anlehung an Sherif und Cantril (1945) überwiegend als mehr dimensionales Konstrukt charakterisiert, das aus affektiven, kognitiven und konativen Merkmalsdimensionen besteht (vgl. Nufer 2006:142). Den meisten Definitionen ist gemeinsam, “dass sie in der Einstellung eine aus der Erfahrung stammende Bereitschaft sehen, in relativ konsistenter Weise auf einen Gegenstand wertend zu reagieren, was sich im kognitiven, affektiven und motivationalen (bzw. konativen) Bereich niederschlagen kann“ (Rosenstiel/Neumann 2002:202). Das Drei-Komponenten-Modell beschreibt den Zusammenhang dieser drei Dimensionen. Es wird in erster Linie als „heuristisches Organisationsschema“ für die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Einstellung und Verhalten angesehen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:171). Die kognitive Komponente bezeichnet dabei die mit der Einstellung zum Ausdruck kommenden Grundannahmen über den Meinungsgegenstand, die affektive Komponente bezieht sich auf die mit der Einstellung verbundenen Gefühle und die konativen Komponente beinhaltet die mit der Einstellung verbundene Handlungsbereitschaft. Verschiedene Einstellungen können in einem Einstellungssystem miteinander vernetzt werden, so dass die Änderung einer Einstellung Konsequenzen für eine andere Einstellung hat (vgl. Upmeyer 1985:99f). So verursacht beispielsweise eine Änderung der gefühlsmäßigen Haltung gegenüber einem Gegenstand (affektive Komponente) einen Druck zu einer entsprechenden Änderung des Verhaltens (konative Komponente), und diese Gefühls- und Verhaltensänderung hat wiederum Einfluss auf eine andere Einstellung.[2]

Der in diesem Modell postulierte Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten wird jedoch kontrovers diskutiert. Trommsdorff betont beispielsweise, dass vor allem geäußerte Einstellungen nicht mit dem Verhalten konsistent sein müssen.[3] Andere Untersuchungen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:171ff) lassen den gegenteiligen Schluss bezüglich des Zusammenhangs von Einstellung und Verhalten zu und verweisen auf eine hohe Korrelation.[4] Allerdings sind solche Ergebnisse nicht zu verallgemeinern. Hinzu kommt, dass die nachgewiesenen Beziehungen zwischen Einstellung und Verhalten voreilig in Richtung Einstellung beeinflusst das Verhalten interpretiert werden (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:173).

Bezogen auf den Zusammenhang von Markenimage und Kaufverhalten heißt das, dass nicht nur das Image einen Effekt auf das Kaufverhalten hat, sondern auch, dass Verhalten einen Rückkopplungseffekt auf das Image ausüben kann. So kauft ein Konsument beispielsweise ein Produkt einer bestimmten Kaffeemarke, weil er mit dieser Marke Genuss, Harmonie und ein Gefühl des Abschaltens vom Alltag verbindet. Erlebt der Konsument beim Konsum des Kaffees tatsächlich ein Entspannungsgefühl, sowie es durch Werbung, Verpackung etc. suggeriert wird, festigt sich wahrscheinlich sein Image, mit der Folge, dass er beim nächsten Einkauf wieder zur selben Marke greift. Erhält der selbe Konsument diesen Kaffee in schlecht zubereiteter Form, wird er eher eine negative Einstellung zu dieser Kaffeemarke entwickeln. Aus diesen Beispielen wird deutlich, warum man in den Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften davon ausgeht, dass mittels des Images Konsumentenverhalten und Kaufentscheidungen zummindest in Teilen erklärt werden können. Das rechtfertigt den zentralen Stellenwert des Images in der Marktforschung: in der ökonomisch orientierten Imagetheorie dient das Image dazu, „Markterfolge, die nicht durch objektive Faktoren (wie z.B. Preis, technische Qualität etc.) bestimmt werden können, zu erklären“ (Knoblich 2001:627).

2.2.2 Die Theorie der kognitiven Dissonanz

In der Einstellungsforschung gibt es eine weitere Gruppe von Theorien, deren Grundzüge sich auf das Markenimage übertragen lassen: die Konsistenztheorien. In Anlehnung an das Drei-Komponenten-Modell basieren sie auf der Annahme, dass die drei Komponenten aufeinander abgestimmt sind, in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander stehen und miteinander konsistent sind (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:171). Unter (psychischer) Konsistenz versteht man eine widerspruchsfreie Verknüpfung von verinnerlichten Erfahrungen, Kognitionen oder Einstellungen. Der bekannteste konsistenztheoretische Ansatz ist die Theorie der kognitiven Dissonanz von Leon Festinger (1957). Sie ist mehr eine sozialpsychologisch orientierte Theorie. Verschiedene Wissenschaftszweige, darunter die Kommunikationswissenschaft und die Wirtschaftswissenschaft, haben sie im Zuge der Einstellungsforschung adaptiert. Die Grundannahme dieses zur Gruppe der Theorien des kognitiven Gleichgewichts gehörenden Ansatzes besagt, dass Menschen ausgewogene spannungsfreie kognitive Systeme bevorzugen (vgl. Festinger 1978:15f). Auftretende Widersprüche (Inkonsistenzen) in Einstellungssysthemen versuchen sie zu beseitigen oder von vornherein zu vermeiden. Denn solche inneren Spannungszustände werden als unangenehm empfunden. Bei der Imagebildung entstehen Dissonanzen beispielsweise durch widersprüchliche Bedeutungselemente in der Produktwahrnehmung (z.B. konservativ und progressiv), durch widersprüchliche Stilelemente (z.B. harmoniert ein vorlauter Werbestiel nicht mit einem dezenten Produkt) oder auch durch dem eigenen Markenimage entgegenstehenden Meinungen von Bezugspersonen. Festinger folgend kann die Dissonanz durch drei Strategien verringert werden (vgl. Festinger 1978:30ff):

1. Addition neuer konsonanter Elemente, um die Stärke der Dissonanz abzumildern
2. Subtraktion bestehender dissonanter Kognitionen (Verleugnen, Ignorieren, Bedeutung herunterspielen oder Vergessen)
3. Änderung eines dissonanten Paares von Elemeten, was die Substraktion von dissonanten, durch Additon neuer konsonanter Kognitionen bedeutet.

Konkret wird beispielsweise ein Konsument, der erfährt, dass seiner mit Qualität verbundenen Lieblingsmarke vermehrt Produktionsfehler vorgeworfen werden, die Informationen ignorieren (Substraktion bestehender dissonanter Kognition), oder andere Eigenschaften der Marke suchen, die die Produktfehler ausgleichen (Addition neuer Kognition). Gelingt ihm das nicht, bleibt ihm nur die Änderung seines bisherigen Markenimages, um die Dissonanz zwischen seinen Einstellungen bezüglich der Marke und der tatsächlich erlebten Produktqualität zu beseitigen. Der Abbau dieser Inkonsistenzen führt zu einer Dynamik des Einstellungssystems, mit der Folge, dass sich Einstellungen ändern (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:183f). Aus dem Streben nach Konsonanz lassen sich zwei wichtige Schlussfolgerungen ableiten: zum einen kann davon ausgegangen werden, dass Einstellungen umso stabiler sind, desto konsonanter das Verhältnis der einzelnen Komponenten zueinander ist, da schließlich bei Konsonanz kein Bedürfnis nach Einstellungsänderung besteht. Zum anderen können Einstellungen, zumindest langfristig, Auswirkungen auf das Verhalten haben, da ein Auseinanderklaffen von Einstellung und Verhalten auf die Dauer als unangenehm erlebt werden würde (vgl. Trommsdorff 2004:165).

An der Theorie der kognitiven Dissonanz wird kritisiert, dass die Darlegung der Theorie in vielen Punkten unpräzise bleibt (vgl. Beckmann 1984:16). Das schlägt sich bereits in der ungenauen Definition des Schlüsselbegriffes `Kognition` nieder. Festinger versteht ihn eher als Wissen eines Menschen. Diese Weitläufigkeit stellt aber gleichzeitig eine Stärke der Theorie dar, denn sie ermöglicht es, eine große Breite an Dissonanz erzeugenden Faktoren zu umfassen, wie z.B. logische Inkonsistenz, inkonsistente kulturelle Sitten, Inkonsistenz zwischen einer allgemeinen, übergreifenden Kognition und vergangene Erfahrung (vgl. Schenk 1978:96). Darüber hinaus kann man kritisieren, dass die Theorie selbst nur auf einer Annahme aufbaut. Ob jeder Mensch wirklich harmoniebedürftig ist und nach Konsonanz strebt, ist nicht bewiesen.

2.3 Zur Entstehung und Visualisierung von Images: Die Schematheorie

Während mit der Theorie der kognitiven Dissonanz vor allem Einstellungsänderungen erklärt werden, widmet sich die psychologische Schematheorie der Frage, wie wahrgenommene Informationen als `Einstellung` gespeichert werden. Sie gehört zu den bekanntesten und anerkanntesten Vertretern dieser Theorien und soll wegen ihrer das Image anschaulich visualisierenden Komponente vorgestellt werden.

Die Schematheorie beschreibt die Repräsentation von assoziativen Wissenstrukturen von Objekten im Gedächtnis (vgl. Wiswede 2007:285). Ausgangspunkt der Theorie ist, dass Objekte und Ereignisse in komplexen Wissensstrukturen im Langzeitgedächtnis organisiert sind (vgl. edb:284). Man kann sich das Gedächtnis dabei wie ein Netz vorstellen, in dem Knoten durch einzelne Verknüpfungen miteinander verbunden sind. Diese als Schemata bezeichneten Wissenstrukturen (sets of cognitive units) repräsentieren Eigenschaften von Objekten, Personen und Ereignissen, innere Bilder, Emotionen, Bewertungen etc. in gebündelter hierarchischer Form. Wird ein Knotenpunkt, z.B. ein Markenname aktiviert, breitet sich die Aktivierung zunächst auf benachbarte, und dann auf weiter entfernt liegende Knotenpunkte aus. Die Stärke der Aktivierung nimmt dabei ab (vgl. Scarabis/Florack 2007:466). Welche Assoziationen ein Individuum mit einem Objekt hat, wird durch sein Wissen und seine Erfahrungen bestimmt (vgl. ebd.). Da die mit dem Imageobjekt assoziierten Begriffe auf dem Weg vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis als kognitive Einheiten (cognitive units) enkodiert werden, und dort zu umfassenderen Schemata zusammengefasst werden, sind Images aus gedächtnispsychologischer Sicht flexible, also sich verändernde Strukturen (vgl. Grunig 1993:216). Die Hauptfunktion von Schemata liegt in der Komplexitätsreduktion der Umwelt. Indem beim Wahrnehmen, Denken und Vorstellen eine Fülle von Einzelheiten unter ein einfaches Muster gebracht wird, schützt sich der Mensch vor Reizüberflutung, weil er nicht jeden neuen Eindruck neu speichern muss, sondern ihn in bereits bestehende Schemata einordnen kann (vgl. Schmidt/Zurstiege 2000:157).

Um Schemata graphisch darzustellen, haben sich semantische Netzwerke als hilfreich erwiesen. Abbildung 3 stellt einen fiktiven Ausschnitt aus dem semantischen Netzwerk zu dem Begriff „Adidas“ dar. Das Modell verdeutlicht, dass Wissenselemente von einer Marke über Assoziationsbeziehungen miteinander verknüpft sind, und nicht einzeln nebeneinander stehen (vgl. Wiswede 2007:284). Das Markenimage setzt sich folglich aus der Summe dieser Verknüpfungen zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Ausschnitt aus einem semantischen Netzwerk

Quelle: eigene Darstellung

2.4 Zur Struktur des Images

Wie die Schematheorie deutlich macht, sind Images subjektive Konstrukte, da die gedanklichen Verbindungen, die ein Mensch mit einem Begriff aufbaut, von seinem individuellen Wissen und seinen Erfahrungen abhängen. Das Image ist mit der "subjektiven Wissenstruktur" des Menschen zu einem oder mehreren Objekten gleichzusetzen (vgl. Boulding 1964:13f, zitiert nach Bentele 1992:155). Aus dieser Subjektivität ergibt die Schlussfolgerung, dass zwei Menschen niemals dasselbe Image von einem wahrgenommenen Objekt haben können. Daraus folgt, dass das Image in der grammatikalischen Singularform genau genommen als die Menge der größtmöglichen Überschneidungen der Einstellungen und Meinungen der Rezipienten bezüglich eines Objektes gesehen werden muss.

"[...] image is a mental construct, there are as many (brand)images as there are perceivers. When we speak of brand image, we refer to the extent to which perceptions overlap accros individual consumers, competitors, channel intermediaries, or others who are influenced by the (brand)image" (Boush/Jones 2006:4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Das Image als Menge der größtmöglichen Überschneidungen

Quelle: eigene Darstellung

Wird die Struktur des Images im massenmedialen Kontext einer näheren Betrachtung unterzogen, gehen auch die Kommunikationswissenschaftler Merten und Westerbarkey (vgl. Merten 1999:250; Westerbarkey 1999:147ff) von dem subjektiven Vorstellungsbild eines Menschen von einem Objekt aus. Im Zuge der Analyse im Licht des systhemtheoretischen Ansatze zeigen sie, dass die Bindung an Öffentlichkeiten ein weiteres zentrales Merkmal von Images darstellt und dass ihnen eine mehrfach reflexive Struktur zugeschrieben werden kann. Nach ihrer Auffassung sind Images eine kollektive Größe, da jede Einzelperson bewusst oder unbewusst davon ausgeht, dass eine von ihr rezipierte mediale Botschaft auch von anderen Rezipienten wahrgenommen wird, die wiederum die Wahrnehmung der Botschaft durch andere Rezipienten unterstellen. Images sind demgemäß nicht nur subjektive Vorstellungen, sondern kollektive Vorstellungen von kollektiven Vorstellungen. So geht beispielsweise Person A davon aus, dass seine Freunde den gleichen Werbespot rezipieren, und dass sie auf Grund dessen ähnliche Reize aufnehmen wie er. Folglich unterstellt er, dass seine Freunde ein ähnliches Vorstellungsbild von der beworbenen Marke besitzen. Wissen kann er das aber nicht, allein deshalb, weil viele der das Image konstituierenden Vorstellungsbilder unbewusst existieren.

2.5 Funktionen von Markenimages für den Konsumenten

Die Frage nach der Funktion von Images hat in der Einstellungsforschung zunehmend an Bedeutung gewonnen, da das Erkennen ihrer Funktion Anhaltspunkte dafür geben kann, welche Strategie für eine Einstellungsänderung zu wählen ist.[5] Wie ersichtlich werden wird, sind hier erste Anknüpfungspunkte zum Bezugsgruppeneinfluss auf das Markenimage zu finden.

Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive übt das Image eine Entlastungs- und Orientierungsfunktion im Sinne einer Bewertungshilfe bei übergroßen intransparenten Wahloptionen aus. Ähnlich wie Schmidt und Zurstiege (2000:157) die Hauptfunktion von Schemata in der Komplexitätsreduktion der Umwelt sehen, kann man diese Sichtweise auf den dem Schema untergeordneten Begriff Image übertragen. Wegen der unüberschaubaren Vielfalt des Warenangebotes, sich angleichender Produktqualitäten und der damit einhergehenden Informationsüberflutung verliert der Markt für den Konsumenten die Transparenz. Diese versucht er durch die steuernde Determinante des Images beizubehalten. Vor allem Markenimages stellen bewusste oder unbewusste Hilfsmittel dar, um die Auswahl zwischen kaum voneinander zu differenzierenden Produkten zu vereinfachen. Wenn es, bis auf den Preis, keine sichtbare Differenzierungsmöglichkeit zwischen Produkten oder Produktgruppen mehr gibt, kann der Konsument häufig nur noch auf das Markenimage zurückgreifen. Merten schreibt Images basierend auf diesen Überlegungen eine Stellvertreterfunktion für reale Erfahrungen zu (vgl. Merten 1999:246f). Durch die voranschreitende technische Entwicklung, Ausdifferenzierung und der daraus resultierenden Omnipräsenz der Massenmedien entzieht sich immer mehr von dem, was der Mensch für relevantes Weltwissen hält, der persönlichen und autoptischen Erfahrung. Mit dem persönlichen Erleben kann der Mensch nur noch einen kleinen Teil der Wirklichkeit erfassen. Als Folge ist der Mensch „abhängig von Informationen, die einen großen Teil seiner Wirklichkeit in die Vorstellung statt in die Erfahrung verlagern“ (ebd. 245). Um Realität trotz des sich verringerten Zuganges noch erfassen zu können, kreiert der Mensch Stellvertreter für Erfahrung. Ein solcher Stellvertreter ist das Image.

"Da heutzutage unsere Erfahrung immer mehr durch Medien vermittelt wird, kommt Images als Stellvertretern für Erfahrung eine geradezu strategische Rolle in der Mediengesellschaft zu: Sie sind fungible Vehikel für ´Erfahrung aus zweiter Hand` ( Arnold Gehlen ), auf die die aktuelle, schnelle und schnell veränderbare Konstruktion von Wirklichkeit zugreifen kann“ (Merten 1999:247).

In dieser Reduktion der Komplexität liegt aber auch die Gefahr von Images für den Konsumenten: „Sie abstrahieren von bestimmten Elementen um den Preis der Vereinfachung [...]“ (Merten 1999:246). Dieser Tatbestand der Vereinfachung durch Typologisierung wurde bereits an früherer Stelle dieser Arbeit benannt, nicht jedoch als Gefahr betitelt. Die Gefahr liegt vor allem darin, dass sich der Konsument dieses Mechanismusses der Vereinfachung nicht immer bewusst ist und sich in seinen Handlungen z.T. davon leiten lässt.

Neben der aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive betrachteten Funktion der Komplexitätsreduktion und der Stellvertreterfunktion, werden dem Image in der Sozialpsychologie sogenannte sozial-psychologische Funktionen zugeschrieben. Dazu zählen neben der Selbstdarstellungsfunktion und der Identifikationsfunktion, die an dieser Stelle wenig relevant sind, die soziale und die distinktive Funktion (vgl. Mayer 2000:19). Die soziale Funktion bezieht sich auf das öffentliche Bekenntnis zu einer Marke. Indem der Konsument im Beisein anderer Menschen Produkte einer Marke oder einer Gruppe von Marken gebraucht bzw. sich verbal dazu bekennt, bringt er bei sozial auffälligen Gütern die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe zum Ausdruck. Das Tragen der Marke Adidas beispielsweise unterstreicht die Zugehörigkeit zu einem sportlichen Umfeld, die Marke Gucci verweist auf ein elitäres soziales Milieu. Die distinktive Funktion von Marken liegt gleichzeitig in der Abgrenzung des Konsumenten von anderen Personen und Personengruppen. So grenzt sich beispielsweise ein Student, der sogenannte „no-name“ Produkte präferiert allein durch sein äußeres Erscheinungsbild von dem erwähnten Konsumenten der Luxusmarke Gucci ab.

3. Bezugsgruppeneinfluss auf Einstellungen

Marken können nur deshalb soziale Funktionen haben, weil Menschen keine Einzelgänger sind. Sie sind soziale Wesen und leben in Gruppen. Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass sich soziale Einflüsse von Gruppen stark auf generelle Einstellungen bis hin zum tatsächlichen Verhalten von Individuen auswirken (vgl.z.B. Jianqin/Xihao/Huei 2007; White/Dahl 2006; Garriga 2006; Lee/Murphy 2006). Vor allem die Primärgruppe ´Familie` hat starken Einfluss auf das Kaufverhalten und die Markenpräferenzen von Individuen (vgl. z.B. Lu Hsu/Chang 2008; Edelmann 2006). Dieser Einfluss der Familie nimmt allerdings zunehmend ab, was auf die sinkende Relevanz des Familienzusammenhalts in der Gesellschaft zurückzuführen ist (vgl. Rosenstiel/Neumann 2002:97). Immer weniger Individuen verbringen den Großteil ihrer Lebenszeit in Kernfamilien. Gleichzeitig gewinnen Bezugsgruppen, die nicht mit der Familie identisch sind, Einfluss auf die Einstellungen und auf das Kaufverhalten (vgl. Rosenstiel/Neumann 2002:97). In diesem Zusammenhang kann von einer ´vergroeping van de samenleing` gesprochen werden, was auf Deutsch soviel bedeutet wie die ´Aufsplitterung der Gesellschaft in Gruppen` (vgl. von Kralingen 1999:28). Der aktuelle Trend lässt sich folgendermaßen charakterisieren:

“Wo wir uns früher mit einem Lebensstiel begnügten, suchen wir uns heute von verschiedenen Lebensstielen einen passenden Teil heraus. Wir fühlen uns zu anderen Menschen hingezogen, die unsere Vorlieben und Überzeugungen teilen. Das Bedürfnis nach Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung nimmt zu. Wir wollen nicht mehr in eine Ecke gedrängt werden, sondern unser Wertesystem selbst aussuchen.” (ebd.)[6]

Als Reaktion auf dieses Bedürfnis nach Selbstverwirklichung bewegt sich das Individuum von Gruppe zu Gruppe. Im selben Zug nimmt der Einfluss verschiedener von der Familie unabhängiger Bezugsgruppen auf Einstellungen und auf Verhalten zu.

3.1 Gruppe und Bezugsgruppe: Begriffliche Grundlagen

Abweichend vom umgangssprachlichen Gebrauch werden in der Soziologie- und damit auch innerhalb dieser Arbeit - als Gruppen nur solche Mehrheiten von Personen, betrachtet, zwischen denen Interaktionen stattfinden, und die sich durch eine eigene Identität, sprich durch die Wahrnehmung einer Zusammengehörigkeit („Wir-Gefühl“) auszeichnen (vgl. Hartung 2006:102). Damit bilden Gruppen abgrenzbare soziale Einheiten. Darüber hinaus zeichnet sich eine Gruppe im soziologischen Sinn aus durch (vgl. ebd. 102f):

1. eine soziale Ordnung und innere Strukturen (z.B. Hierarchien), die den einzelnen Mitgliedern jeweils eine Position in der Gruppe zuweisen und ihre Tätigkeiten (Rollen) regeln,
2. Gruppennormen, die das Verhalten und die Einstellung der Mitglieder bestimmen und stabilisieren,
3. Werte, Ziele und Aufgabenstellungen, die vom einzelnen als für seine Gruppe verbindlich erlebt werden.

Eine Mehrzahl von Personen, deren Beziehung sich auf die bloße gegenseitige Wahrnehmung beschränkt und die in zufälligen wechselseitigen Beziehungen stehen, erfüllt die Kriterien, die eine Gruppe definieren, nicht. Gruppen tragen dazu bei, das Leben übersichtlicher zu machen und die eigene Identität zu unterstützen.

Der auf Hymann (1942) zurückgehende Begriff der Bezugsgruppe umfasst die Personen und Gruppen, mit denen ein Konsument in regelmäßigem persönlichen (face-to-face) oder indirekten Kontakt steht und die Einfluss auf Einstellungen und Verhalten des Konsumenten ausüben (vgl. Kotler 2003:184). Um einem Bezugsgruppeneinfluss zu unterliegen, muss der Konsument nicht zwingend Mitglied der Gruppe sein, sondern er kann auch Einflüssen von Fremdgruppen ausgesetzt sein (vgl. Foscht/Swoboda 2007:130). Bei dem terminus technicus ´Bezugsgruppe` geht der Wortbestandteil “Gruppe” über den erläuterten Gruppenbegriff hinaus, da in vielen Bezugsgruppentheorien auch Einzelpersonen (Bezugspersonen) als Bezugspunkte für die Erklärung von Einstellungen und Verhalten herangezogen werden (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:446).

In der Konsumentenforschung werden Bezugsgruppen in Primär- und Sekundärgruppen unterteilt. Zu den auch als Kleingruppen bezeichneten Primärgruppen zählen die Familie und der engere Freundes- und Bekanntenkreis. Auch Spielgruppen, Nachbarn und Arbeitskollegen können zu den Primärgruppen gerechnet werden (vgl. ebd. 2003:444). In beiden Fällen sind Primärgruppen kleine informelle Gruppen, deren Mitglieder auf regelmäßiger Basis in persönliche (face-to-face) Interaktionen treten und über ein ausgeprägtes Wir-Gefühl verfügen (vgl. Foscht/Swoboda 2007:130 und Kotler 2003:184). Regelmäßige gemeinsame Absprachen und die mehr oder weniger enge Bindung zwischen den Gruppenmitgliedern drücken sich in einer Gruppenhomogenität in Bezug auf Meinungen, Einstellungen und Verhalten aus (vgl. Eisenstein 1994:92). Sekundärgruppen kennzeichnen sich dementsprechend durch die entgegengesetzten Merkmale: die Mitglieder treten auf unregelmäßiger, meist formaler Basis in eher flüchtigen und unpersönlichen Kontakt und die Gruppe ist eher groß und unüberschaubar (vgl. Foscht/Swoboda 2007:130). Typische Beispiele sind großstädtische oder religiöse Gemeinden und wirtschaftliche Verbände.

Vom Gruppenbegriff ist der Begriff des Netzwerkes abzugrenzen. Aus einem sozialen Netzwerk kann eine Gruppe entstehen. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass alle Netzwerkmitglieder in diese Gruppe eingebunden sind. Der Netzwerkforscher Schenk argumentiert darüber hinaus, dass „[...] im Konzept des sozialen Netzwerkes [...] auch die schwachen Beziehungen Berücksichtigung [finden], während das Gruppenkonzept auf die starken Beziehungen beschränkt bleibt.“ (Schenk 1989:414). Nach Schenk sind Gruppen also automatisch durch das Vorhandensein starker Beziehungen gekennzeichnet (vgl. auch Schenk 1983: 88ff). Diese Sichtweise ist aber eher eine Definitionsfrage und gilt für diese Arbeit nicht zwingend. Nach der in den Wirtschaftswissenschaften üblichen Verständnisweise werden hier auch Sekundärgruppen als Gruppen bezeichnet.

3.2 Konformität

Die genannten Merkmale, wie die gemeinsame Identität und die als verbindlich erlebten Normen und Regeln, liefern den Gruppenmitgliedern Orientierung und Sicherheit in Bezug auf ihre eigene Meinung. Sie schützen das Individuum daneben vor den Einflüssen massenmedialer Kommunikation, indem es beispielsweise motiviert wird, Werbebotschaften zu hinterfragen oder zu ignorieren (vgl. Hartung 2006:102; Eisenstein 1994:89). Gleichzeitig setzen Gruppen Individuen aber auch sozialer Beeinflussung und sozialer Kontrolle aus (vgl. Hartung 2006:102). In Interdependenz mit anderen sozialen Einflüssen üben Bezugsgruppen einen Anpassungsdruck aus und sind wesentlich für konforme Einstellungen und konformes Verhalten verantwortlich (vgl. Foscht/Swoboda 2007:130). Soziale Konformität ist in diesem Zusammenhang definiert als der Vorgang, bei dem das Individuum seine Meinungen und Einstellungen unter dem Einfluss der Gruppe in Richtung der Mehrheitsmeinung verändert (vgl. Hartung 2003:105). "The greater the number of people who find any idea correct, the more a given individual will perceive the idea to be correct“ (Cialdini 1993:105). Dieses Phänomen lässt sich durch das klassische Experiment von Cohen und Golden (1972) illustrieren, in dem Versuchspersonen eine neue Kaffeemarke beurteilen sollen. Bei der Untersuchung waren die Bewertungen der Vorgänger an einer Tafel öffentlich sichtbar. Obwohl keine andere Person anwesend war, und damit kein direkter Konformitätsdruck ausgeübt wurde, beeinflusste die Konsensinformation die Bewertung erheblich in Richtung der Anpassung an die Meinungen der anderen. Ähnliche Belege liefert eine Studie zum Einfluss von Bezugsgruppen auf dem Konsum eines Getränkes (vgl. Bourne 1972:155). Während 95% der Probanden, die das betreffende Getränk konsumierten, angaben ihre Freunde würden es auch trinken, behaupteten 85% von denen, die es selbst nicht tranken, auch ihre Freunde würden es nicht trinken.

In Anbetracht der Konformität als Ergebnis des Einflusses von Bezugsgruppen schließt sich die Frage an, ob die betreffenden Personen das Produkt nur konsumieren, um nach außen vorzugeben, dass sich ihre Vorlieben mit denen ihrer Freunde decken, oder ob die Anpassung auf einer Internalisierung der Meinungen und Einstellungen der Bezugspersonen beruht. Diesbezüglich lassen sich zwei Wirkungsmechanismen des Bezugsgruppeneinflusses voneinander unterscheiden: normative und informative Einflüsse (vgl. Bierbrauer 1996:136). Von sozial normativen Einflüssen wird dann gesprochen, wenn die Mehrheitsmeinungen oder Einstellungen nur scheinbar übernommen werden, weil positive soziale Sanktionen (z.B. Lob, Zustimmung, Ansehen) in Aussicht stehen oder negative soziale Sanktionen, wie sozialer Missbilligung und Ausgrenzung vermieden werden können (vgl. Bierbrauer 1997:136f). Individuen tendieren dazu, sich Gruppenmeinungen anzuschließen, wenn sie sich von der Anpassung Vorteile in Form solcher sozialer Sanktionen versprechen (vgl. Hartung 2003:107). Im Fall der normativen Wirkungen wird die Anpassung des sich in der Minderheit befindenden Individuums nur nach außen kommuniziert. Innerlich hält es nach wie vor an den von den Gruppenmeinungen abweichenden Einstellungen fest (vgl. ebd. 2003:107). In einem klassischen Experiment zu dieser Problematik musste eine Gruppe von Versuchspersonen die Länge verschiedener gezeichneter Linien benennen, wobei einige im Vorfeld instruierte Gruppenmitglieder offensichtliche Fehleinschätzungen äußerten (vgl. Asch 1956).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Referenzlinie Vergleichslinie

Abbildung 5: Experiment von Asch

Quelle: Bierbrauer 1996:130

Obwohl auch mit einem unterdurchschnittlichen Sehvermögen diese Fehleinschätzung offensichtlich war, schloss sich ein großer Teil der nicht eingeweihten Versuchspersonen der vermeintlichen Mehrheitsmeinung an und deklarierte sie als die eigene. Wenn sie jedoch anschließend auf ihre Fehler aufmerksam gemacht wurden, indem man ihnen mitteilte, dass die anderen Versuchspersonen in Wirklichkeit vorher instruierte Kollegen des Versuchsleiters waren, lösten sich die meisten wieder von ihrer Meinung (vgl. auch Bierbrauer 1996:136). Somit fand keine Internalisierung der Gruppenmeinung statt. Informativer Einfluss bezeichnet dagegen die Internalisierung der Meinungen und Einstellungen der Gruppe durch das beeinflusste Individuum.[7] Besonders im heutigen komplexen Informationszeitalter fehlt Individuen häufig Erfahrung und Wissen, um die für sie relevante soziale Realität zu definieren. Daher muss bei der Einstellungsbildung auf die im Laufe der Sozialisation als notwendig und verlässlich erfahrene Informationsquelle der Bezugspersonen zurückgegriffen werden (vgl. ebd. 137). Aus Mangel an eigener Urteilsfähigkeit findet beim informativen Einfluss also eine tatsächliche und zeitlich tendenziell stabile Anpassung an die Mehrheitsmeinung statt (vgl. Hartung 2003:107)[8] Der Einfluss von Bezugsgruppen bei der Einstellungsbildung kann häufig auf eine Synthese

[...]


[1] Für die Ausdrücke „objektive Kriterien und „emotionale Kriterien“ bei der Produktwahrnehmung finden sich in der Literatur viele Synonyme. Man spricht vom „funktionalen Nutzen“ und vom „symbolischen Nutzen“ eines Produktes oder von „Denotationen“ und „Konnotationen“. Ersteres sind sachhaltige Produktmerkmale, die unmittelbar mit dem Produkt verbunden sind, wie z.B. der Preis. Konnotationen sind nicht sachliche Produktmerkmale, die sich auf emotionale Eindrücke beziehen und auf anmutungshafte wissenunabhängige Eigenschaften hindeuten (vgl. Nufer 2006:139f).

[2] Die Bezeichnung “Drei Komponenten Definition” trifft den Titel der Theorie wissenschaftlich korrekter, weil ein Modell wenn-dann Aussagen enthalten müsste, was bei diesem Modell nicht der Fall ist (vgl. Upmeyer 1985:99). Da diese Theorie jedoch in den meisten Lehrbüchern als Modell beschrieben wird, wird diese Bezeichnung für diese Arbeit übernommen.

[3] Tromsdorff untermalt diese Hypothese mit dem Bezug auf die klassische Veröffentlichung von LaPiere (1934), im Zuge derer die Einstellungs-Verhaltens Korrelation am Beispiel der Einstellung von Chinesen gemessen wurde (vgl. Trommsdorff 2004:165). Darin zeichneten Gastronomiebetriebe in den USA in einer Befragung ein negatives Bild von Chinesen ab und gaben an, sie würden keine Chinesen aufnehmen . Bei LaPieres gemeinsam mit Chinesen durchgeführten Rundreise durch die USA wurden sie aber gut aufgenommen und bewirtet.

[4] Eine unveröffentlichte Studie der Karlsberg Brauerei verweist beispielsweise auf eine hohe Korrelation (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:172f). In dieser Studie wurden die Einstellungen der Konsumenten zu vier konkurrierenden Biermarken anhand ihrer Einschätzung der Biereigenschaften gemessen, mit dem Ergebnis, dass die Biermarke, für welche der durchschnittlich höchste Einstellungswert ermittelt wurde auch gleichzeitig den höchsten Marktanteil hatte. Geringere Einstellungswerte der anderen Marken waren auch mit geringeren Marktanteilen verbunden. Daraus lässt sich ableiten, dass Einstellungen sehr wohl Einfluss auf das (Kauf)verhalten haben.

[5] Für die Darstellung der Funktionen aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive vgl. Mayer 2000:78.

[6] Eigene Übersetzung aus dem Niederländischen. Der Originaltext lautet: „ Waar we vroeger genoegen namen met één levensstijl, pikken we nu van verscheidende levensstijlen een graantje mee. We trekken naar andere mensen toe die onze passies en overtuigingen delen. De behoefte aan zeltontplooing een expressie neemt toe. We willen niet meer in een hoekje geduwd worden, maar zelf onze beliefsystemen uitkiezen.“ (von Kralingen 1999:28).

[7] Da Individuen bei den informativen Einflüssen Informationen der Bezugsgruppen häufig als Vergleichsmaßstäbe nutzen, um ihre soziale Realität an den Wahrnehmungen, Einstellungen, Meinungen und Urteilen anderer zu messen, werden sie auch als komparative Bezugsgruppenwirkungen bezeichnet (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003:479).

[8] Iein klassisches Experiment von Sherif (1936) kann zeigen, dass die Versuchspersonen die einmal geäußerten Urteile auch dann beibehalten, wenn sie später ihr Urteil in Abwesenheit der Gruppe äußern.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836634410
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Sozialwissenschaften, Studiengang Kommunikationswissenschaft
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
markenimage bezugsgruppen imageanalyse drei-komponenten-modell konsument
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Titel: Bezugsgruppeneinfluss auf das Markenimage
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