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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends

©2006 Diplomarbeit 179 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Geschäft mit gesunder Ernährung boomt. So wird gegenwärtig im zunehmenden Maße kaum noch ein Fertiggericht, ein Joghurt oder gar eine Süßigkeit ohne den expliziten Hinweis auf die gesundheitsbezogene Wirkung des Produktes vermarktet. Nicht nur die ständig steigende Zahl von Allergieerkrankungen, sondern vor allem die so genannte „Wellnesswelle“ und den damit einhergehenden Fitness-Boom, treiben diesen Markt weiter voran.
Es steht außer Frage: Der Wert Gesundheit ist im Trend und auch die Entwicklung und Vermarktung von gesunder Ernährung steht momentan auf seinem Höchstkurs, was sich u.a. auch an Faktoren, wie der steigenden Zahl von Kochbuch-Veröffentlichungen sowie modernen Kochshows á la Jamie Oliver, welche gesunde und frische Küche besonders betonen, oder aber auch am Boom alternativer Gesundheits- bzw. Ernährungsformen ablesen lässt.
Immer mehr Menschen erkennen, dass eine gesunde Ernährung wesentlich zu einem gesunden Lebensstil beiträgt, und dies kurbelt das Geschäft des so genannten „Health Foods“ weiter an. Doch warum wollen wir uns alle gesund ernähren? Warum greifen wir im Supermarkt anstatt zu einem herkömmlichen Joghurt zu einem das „unsere Abwehrkräfte stärkt“ oder „mit vielen Vitaminen und Ballaststoffen“ angereichert ist? Und wie versuchen Werbetreibende diesen Trend kommunikativ zu vermarkten? Diesen und weiteren Fragen möchte ich in dieser Diplomarbeit auf den Grund gehen.
Problemstellung:
Im Mittelpunkt des Interesses dieser Arbeit stehen also kommunikative Strategien und Zielgruppen von aktuellen Gesundheitsfood-Trends. Trends, und hier im speziellen Health Food Trends, stehen im starken Wechselspiel zwischen sozialen, politischen und gesamtpsychologischen Veränderungen der Gesellschaft. Diese Veränderungen entstehen z.B. durch den kontinuierlichen Wandel von demographischen Daten, durch die Änderung der Lebensbedingungen bzw. des Lebensstils und durch die Veränderung der Kaufkraft-Potenziale. Aus diesem Grund enthält diese Arbeit stark interdisziplinäre Ansätze, um so die Wechselwirkungen dieses komplexen Themas ergründen zu können.
Das wesentliche Erkenntnisinteresse ist einerseits die Suche nach den Entwicklungen der Gesellschaft, die den Trend zum Health Food begünstigt haben, und andererseits soll sichtbar gemacht werden, mithilfe welcher kommunikativer Strategien dieser Trend in der Werbung vermarktet wird. In Ansätzen soll auch die Manipulationskraft kommunikativer Strategien von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ursula Krauße
Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
ISBN-10: 3-8324-9828-1
ISBN-13: 978-3-8324-9828-3
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Universität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2006
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Danksagung
,,Leider läßt sich eine wahrhafte Dankbarkeit mit Worten nicht ausdrücken." (Johann
Wolfgang von Goethe, 1749-1832)
An erster Stelle gebührt mein besonderer Dank Herrn Univ. Prof. Hannes
Haas, der meine Arbeit betreute und mir im Laufe meines Studiums stets
Denkanstösse und Inspiration für diese Arbeit vermittelte.
Herzlich danke ich auch meinem Vater, der mich von Kindheit an mit der Kraft
der Natur bzw. Heilpflanzen vertraut machte und mein Bewusstsein für die
eigene Gesundheit und besonders der gesunden Ernährung schärfte und
prägte.
Außerdem danke ich meinem lieben Freund und Lebenspartner Christoph, mit
dem ich in die mystische Welt von Asien eintauchen durfte, während ich
einerseits meine Lebens- und Energiereserven wieder aufladen, sowie
andererseits fernab von unserer zivilisierten Welt mein Bewusstsein für das
westliche gesellschaftliche System schärfen und überdenken und dabei noch
dazu die Wichtigkeit meiner eigenen Gesundheit erkennen konnte.
Meiner besten Freundin Iris danke ich für all die langen, verbindenden,
motivierenden und zielführenden Diskussionsabende, ihren fortwährenden
Motivationsschüben für dieses Thema zu kämpfen bzw. darauf zu beharren
sowie für ihre verbindende und stützende Kraft in meinem Leben.
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Vorwort
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit spiegelt für mich eine sehr persönliche
Thematik wider.
Bereits seit meiner Kindheit beschäftige ich mich mit Gesundheit und
alternativen Zugangsmöglichkeiten, um diese zu fördern bzw. zu erhalten.
Meiner Meinung nach, schließt dies auch den Bereich der Ernährung mit ein.
Ich habe versucht das Forschungsziel dieser Arbeit sehr universell zu
beleuchten und auf alternativem Weg zu meinen Erkenntnissen zu gelangen
und dabei dennoch die grundlegenden wissenschaftlichen Eckpfeiler der
Publizistik- und Kommunikationswissenschaften beizubehalten.
Das Thema gesunde Ernährung wird, meiner Meinung nach, in Zeiten
zunehmender Globalisierung und Internationalisierung zunehmend an
Bedeutung gewinnen. Einerseits können wir aus unzähligen Produkten, die die
halbe Welt umreist haben, wählen, andererseits steigt (vielleicht gerade
deshalb) das Wertedenken bzw. das Vertrauen in heimische, unbehandelte
Lebensmittel immer weiter.
Sich mit dem Thema ,,Gesunde Ernährung" zu beschäftigen kann ich als
meinen Auftrag des Lebens bezeichnen und ich hoffe, dass sich noch viele
Menschen dieses Thema zur Lebensaufgabe machen werden und sich und
ihren Mitmenschen genussvolle Momente, Entspannung und vor allem
Gesundheit schenken.
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Inhaltsverzeichnis
DANKSAGUNG...2
VORWORT...3
Abbildungsverzeichnis ...8
EINLEITUNG ...9
FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN ... 12
1. GESUNDHEIT, HYGIENE UND DER KÖRPER ... 13
1.1 Definition von Gesundheit... 13
1.2 Die Hygiene und der Körper ... 14
2. WERTE UND WERTEWANDEL... 17
2.2 Definition des Terminus ,,Werte" ... 17
2.3 Wertewandel ... 19
2.3.1 Arten von Wertewandel ... 19
2.3.2 Ursachen für den Wertewandel... 21
2.4 Soziokulturelle Zielgruppen nach Elenore Grimm... 24
2.4.1 Die Alternativen ... 24
2.4.2 Die Neuen Macher ... 24
2.4.3 Der sorglose Materialist... 25
2.5 Der Wert Gesundheit ... 26
2.6 Die Werte der Lebensmittelwerbung... 26
ZWISCHENRESÜMEE 1 ... 29
3. LEBENSSTILFORSCHUNG ... 30
3.1 Zum Begriff Lebensstil ... 30
3.2 Lebensstilmodelle ... 32
3.2.1 Der AIO-Ansatz (Wells und Tigert) ... 32
3.2.2 Lazers Life Style Conzept... 33
3.2.3 Modell von Wind und Green ... 33
3.2.4 Modell von Engel, Blackwell und Kollat ... 34
3.2.5 Das Lebensstil-Modell nach Banning... 34
3.2.6 Qualitativer Lebensweltansatz (Ulrich Becker, Horst Nowak, SINUS-
Institut) ... 35
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Ursula Krauße
3.3 Lebensstil und Ernährung ... 35
3.3.1 Der hybride Verbraucher ... 37
3.3.2 Der Verbraucher von morgen ... 37
ZWISCHENRESÜMEE 2 ... 39
4. TRENDFORSCHUNG ... 40
4.1 Zum Trendbegriff ... 40
4.2 Trendforschung ... 41
4.3 Der Trend des Health Foods ... 42
ZWISCHENRESÜMEE 3 ... 45
5. HEALTH FOOD TRENDS ... 46
5.1 Definition des Begriffes Health Food... 46
5.2 Entstehung von Health Food Trends ... 46
5.3 Aktuelle Health Food Trends ... 48
5.3.1 Medifoods ... 48
5.3.2 Novel Food/Nutriceuticals ... 49
5.3.3 Convenience Food ... 49
5.3.4 Mood Food ... 50
5.3.5 Clean Food ... 50
5.3.6 Functional Food... 50
5.3.7 Bio Food ... 52
5.3.8 Light Food ... 52
5.3.9 Supplements ... 52
5.3.10 Wellness Food ... 53
5.4 Wie gesund ist Health Food wirklich? ... 53
5.5 Gesetzliche Regelung für gesundheits-bezogene Werbung... 55
5.6 Krankmachendes Health Food... 56
5.7 Future Health Food Trends... 57
ZWISCHENRESÜMEE 4 ... 59
6. WERBUNG UND KOMMUNIKATION... 60
6.1 Begriffsbestimmungen... 60
6.1.1 Zum Begriff Kommunikation ... 60
6.1.2 Zum Begriff Werbung... 61
6.2 Werbung als Kommunikationsprozess ... 61
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Ursula Krauße
6.3 Werbewirkungsforschung ... 63
6.3.1 Stimulus-Response Konzept (S-R-Konzept) ... 64
6.3.2 S-O-R-Konzept ... 64
6.3.3 Das Persuasionsmodell der Hovland-Gruppe... 64
6.3.4 Das AIDA-Model... 65
6.3.5 ,,Modell der Wirkungspfade" nach Kroeber-Riel/Weinberg ... 66
6.4 Die Lebensmittelwerbung ... 70
6.5 Die neue Unübersichtlichkeit ... 71
6.6 Informationsquellen ... 72
ZWISCHENRESÜMEE 5 ... 74
7. KOMMUNIKATIVE STRATEGIEN ZUR VERMARKTUNG VON HEALTH
FOOD TRENDS... 75
7.1 Definition des Begriffes Strategie ... 75
7.2 Die Copy Strategy ... 76
7.2.1 Kommunikationsziel (Objective) ... 76
7.2.2 Consumer Benefit (Produktversprechen)... 76
7.2.3 Reason why (Begründung) ... 76
7.2.4 Tonalität (Umsetzung) ... 77
7.3 Werbestrategie und Produktpositionierung ... 77
7.3.1 Vier Werbestrategien nach Kroeber-Riel... 77
7.4 Das Zielgruppenkonzept ... 78
7.5 Kommunikationsziele... 80
7.6 Glaubwürdigkeit von Werbebotschaften ... 81
7.6.1 Kommunikator bleibt unsichtbar ... 82
7.6.2 Slice-of-life oder Testimonial-Werbung ... 82
7.6.3 Botschaft gegen eigene Interessen ... 82
7.7 Inhaltliche Gestaltung der Werbebotschaft ... 82
7.7.1 Die Form der Ansprache ... 82
7.8 Elemente der Werbebotschaft... 84
7.8.1 Zur Verarbeitung von Bild und Text: Die Hemisphärentheorie ... 85
7.8.2 Das Bild ... 85
7.8.3 Text/Wort/Sprache ... 86
7.8.4 Das Zusammenspiel von Text und Bild ... 91
7.8.5 Farben... 91
7.8.6 Musik ... 93
7.9 Umsetzungstechniken in der TV-Werbung ... 94
7.9.1 Testimonial ... 94
7.9.2 Celebrity ... 95
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Ursula Krauße
7.9.3 Lifestyle... 95
7.9.4 Slice of Life ... 95
7.9.5 Humor ... 95
7.9.6 Tell a story ... 95
7.9.7 Problemlösung (Vorher-Nachher)... 95
7.9.8 Reason why... 95
7.9.9 Innovation/Neuigkeit ... 96
7.9.10 Emotion ... 96
7.9.11 Produktdemonstration ... 96
ZWISCHENRESÜMEE 6 ... 97
8. METHODISCHER VORGANG ... 98
8.1 Die Inhaltsanalyse ... 98
8.2 Untersuchungseinheiten ... 99
8.3 Kategoriensystem ... 100
8.3.1 Kategorienmerkmale...100
9. ANALYSE... 103
9.1 Beschreibung und Interpretation der TV-Spots... 103
9.1.1 Tutgut ...103
9.1.2 Fruchtzwerge...108
9.1.3 Nimm2 soft ...112
9.1.4 Fastendrink ...114
9.1.5 Vitalinea ...118
9.1.6 Joghurt Gums ...123
9.1.7 Active O2 ...126
9.1.8 Sommer Gemüse Suppe...129
9.1.9 Activia ...133
9.1.10 Actimel ...137
9.2 Ergebnisse des Erhebungsbogens ... 142
10. ZUSAMMENFASSUNG DER EMPIRIE... 145
11. BEANTWORTUNG DER FORSCHUNGSFRAGEN ... 147
RESÜMEE ... 152
LITERATUR ... 156
ANHANG ... 164
7

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Paradigma der Kommunikation nach Lasswell ... 62
Abbildung 2: Modell des Kommunikationsprozesses... 63
Abbildung 3: Grundmodell der Werbewirkungspfade ... 67
Abbildung 4: Wirkungspfade bei informativer Werbung ... 69
Abbildung 5: Wirkungspfade bei emotionaler Werbung... 69
Abbildung 6: Marketing- und Kommunikationsziele innerhalb einer
Zielhierarchie... 81
Abbildung 7: Emotionale und sinnesbezügliche Farbassoziationen... 92
Abbildung 8: Formen der Werbemusik und deren psychologische Wirkungen 94
Abbildung 9: Packshot tut gut, Jogurt-Buttermilch Heidelbeere, Lecithin...105
Abbildung 10: Packshot Fruchtzwerge ...109
Abbildung 11: Packshot Fastendrink...116
Abbildung 12: Packshot Vitalinea ...120
Abbildung 13: Packshot Katjes Joghurt Gums ...124
Abbildung 14: Packshot Active 02 ...128
Abbildung 15: Packshot Sommer Gemüse Suppe ...131
Abbildung 16: Packshot Activia...134
Abbildung 17: Packshot Actimel...138
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Einleitung
Das Geschäft mit gesunder Ernährung boomt. So wird gegenwärtig im
zunehmenden Maße kaum noch ein Fertiggericht, ein Joghurt oder gar eine
Süßigkeit ohne den expliziten Hinweis auf die gesundheitsbezogene Wirkung
des Produktes vermarktet.
Nicht nur die ständig steigende Zahl von Allergieerkrankungen, sondern vor
allem die so genannte ,,Wellnesswelle" und den damit einhergehenden Fitness-
Boom, treiben diesen Markt weiter voran.
Es steht außer Frage: Der Wert Gesundheit ist im Trend und auch die
Entwicklung und Vermarktung von gesunder Ernährung steht momentan auf
seinem Höchstkurs, was sich u.a. auch an Faktoren, wie der steigenden Zahl
von Kochbuch-Veröffentlichungen sowie modernen Kochshows á la Jamie
Oliver, welche gesunde und frische Küche besonders betonen, oder aber auch
am Boom alternativer Gesundheits- bzw. Ernährungsformen ablesen lässt.
Immer mehr Menschen erkennen, dass eine gesunde Ernährung wesentlich zu
einem gesunden Lebensstil beiträgt, und dies kurbelt das Geschäft des so
genannten ,,Health Foods" weiter an.
Doch warum wollen wir uns alle gesund ernähren? Warum greifen wir im
Supermarkt anstatt zu einem herkömmlichen Joghurt zu einem das ,,unsere
Abwehrkräfte stärkt" oder ,,mit vielen Vitaminen und Ballaststoffen"
angereichert ist? Und wie versuchen Werbetreibende diesen Trend
kommunikativ zu vermarkten?
Diesen und weiteren Fragen möchte ich in dieser Diplomarbeit auf den Grund
gehen.
Im Mittelpunkt des Interesses dieser Arbeit stehen also kommunikative
Strategien und Zielgruppen von aktuellen Gesundheitsfood-Trends.
Trends, und hier im speziellen Health Food Trends, stehen im starken
Wechselspiel zwischen sozialen, politischen und gesamtpsychologischen
Veränderungen der Gesellschaft. Diese Veränderungen entstehen z.B. durch
den kontinuierlichen Wandel von demographischen Daten, durch die Änderung
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
der Lebensbedingungen bzw. des Lebensstils und durch die Veränderung der
Kaufkraft-Potenziale.
Aus diesem Grund enthält diese Arbeit stark interdisziplinäre Ansätze, um so
die Wechselwirkungen dieses komplexen Themas ergründen zu können.
Das wesentliche Erkenntnisinteresse ist einerseits die Suche nach den
Entwicklungen der Gesellschaft, die den Trend zum Health Food begünstigt
haben, und andererseits soll sichtbar gemacht werden, mithilfe welcher
kommunikativer Strategien dieser Trend in der Werbung vermarktet wird.
In Ansätzen soll auch die Manipulationskraft kommunikativer Strategien von
Gesundheitswerbung auf den Rezipienten untersucht werden.
Im ersten Teil dieser Arbeit werden die relevanten Themen theoretisch
behandelt und ausgeführt.
Im ersten Kapitel ,,Gesundheit, Hygiene und der Körper" werde ich in einem
kurzen Rückblick die Entwicklung des Hygiene-, Körper- und
Gesundheitsdiskurses aufzeigen.
Das Kapitel ,,Werte und Wertewandel" beschäftigt sich mit der Definition des
Terminus ,,Werte" und untersucht anhand verschiedener Theorien die
Ursachen für den Wertewandel. Schließlich wird auf den Wert Gesundheit
speziell eingegangen und die Relevanz von Werten für die
Lebensmittelwerbung aufgezeigt.
Ernährungsstile korrelieren stark mit dem jeweiligen Lebensstil. Im Kapitel
"Lebensstilforschung" wird auf diese These eingegangen und es werden einige
relevante Theorien vorgestellt.
Um das Phänomen des Trends zu ergründen, folgt daraufhin das Kapitel
,,Trendforschung", in welchem vor allem Ansichten und Theorien des
Trendforschers Matthias Horx erläutert werden.
Im Kapitel ,,Health Food Trends" werden aktuelle Trends konkret vorgestellt,
definiert, auf allfällige Gefahren hingewiesen sowie gesetzliche Regelungen
erörtert.
,,Werbung und Kommunikation" schildert Theorien des
Kommunikationsprozesses, der Werbewirkungsforschung und des Phänomens
des ,,Information-Overflows".
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Anhand des Kapitels ,,Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health
Food Trends" werden schließlich mögliche theoretische Faktoren von
Strategien sowie Codes zur Bedeutungsvermittlung einzeln herausgearbeitet
und definiert.
Um den theoretischen Teil mit praktischen Beispielen zu untermauern, werden
schließlich im empirischen Teil der Arbeit, zehn Health Food TV-Spots im
Hinblick auf kommunikative Strategien, mittels Inhaltsanalyse beschrieben,
analysiert und interpretiert.
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Forschungsleitende Fragestellungen
FF1: Welche gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen haben
Health Food Trends entstehen lassen?
FF2: Welchen Einfluss haben Werte bzw. der Wertewandel auf die
Kommunikation von Health Food?
FF3: Welche kommunikativen Strategien werden zur Vermarktung von Health
Food Trends eingesetzt?
FF4: Welche Herausforderungen bestehen für zukünftige
Kommunikationsplanungen im Health Food Bereich?
FF5: Welche möglichen zukünftigen Trends sowohl im Food- als auch im
Kommunikationsbereich sind absehbar?
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
I. Theoretischer Teil
1. Gesundheit, Hygiene und der Körper
Im Wertesystem des Gesundheitswesens hat in den letzten Jahren eine starke
Wandlung von der Krankheitszentrierung in Richtung Gesundheitspflege und ­
vorsorge stattgefunden. Das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und den
Körper ist stark gestiegen und damit einhergehend auch die Bereitschaft,
etwas dafür zu tun. Diese Einstellungsänderungen sind wichtige Einflussgrößen
für die Entwicklung neuer Produkte und die Gestaltung der Werbebotschaften.
Um die Entwicklung bzw. die Entstehung des heutigen
Gesundheitsbewusstseins nachvollziehen zu können, erscheint es notwendig,
historisch bis zum Stadium der Hygieneentwicklung auszuholen, um so den
Paradigmenwechsel in der Gesundheit und den modernen Gesundheitsbegriff
darzustellen.
1.1 Definition von Gesundheit
,,Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts."
(Schopenhauer).
In der Literatur finden sich zahlreiche Definitionsversuche von Gesundheit. Um
jedoch den kommunikationswissenschaftlichen Rahmen nicht zu sprengen,
erscheint es notwendig, eine diesbezüglich anwendbare Definition zu finden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 1946 Gesundheit
folgendermaßen definiert:
"Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und
sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und
Gebrechen"
1
.
Bei der Definition der WHO wird also eine subjektive Dimension von
Gesundheit unterstrichen. Die Fachwelt spricht von einem Zustand objektiven
1
Bundesministerium für Frauen und Gesundheit. In: http://www.bmgf.gv.at,
[11.03.2005]
13

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
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und subjektiven Wohlbefindens einer Person, der dann gegeben ist, wenn die
Person sich im Einklang mit körperlichen, seelischen, sozialen Bereichen ihrer
Entwicklung, den eigenen Möglichkeiten, Zielen und den äußeren
Lebensbedingungen befindet.
Zu den aktiven Maßnahmen der Gesundheitsprävention zählt mitunter die
gesunde Ernährung. An der Gesundheit bzw. am gesundheitlichen Zustand
muss also kontinuierlich gearbeitet werden. Diesbezüglich kommt speziell der
Ernährung ein großer Stellenwert zu.
1.2 Die Hygiene und der Körper
Für Sarasin setzte die Entwicklung unserer heutigen Körperkultur bereits mit
dem Beginn der Aufklärung ein. Ab diesem Zeitpunkt wurden Körper und
Gesundheit von den Hygienikern ins Zentrum individueller und politischer
Sorgen und Aufmerksamkeit gestellt. Im Rahmen des Hygienediskurses
entstand die moderne Art des Sprechens über den Körper (vgl. Sarasin 2001,
14).
,,Hygiene" ist laut Sarasin eines der Zauberworte der Moderne. Heute bedeutet
der Begriff nichts anderes als keimfreie Sauberkeit. Man teilte die Vorstellung,
dass der Mensch bzw. der Körper eine Maschine ist, die auf äußere und innere
Reize reagiert und von diesen abhängig ist. Diese reizbare Maschine zu
regulieren und im Gleichgewicht zu halten, war das Ziel der Hygiene. Die
Hygieniker des 19. Jahrhunderts erweiterten ihren Wissensraum jedoch so
weitläufig, dass darin virtuell ,,alle Umweltfaktoren als mögliche Ursachen von
Gesundheit und Krankheit erscheinen konnten" (vgl. Sarasin 2001, 17), wie
z.B. die Beschaffenheit der natürlichen Umwelt, die Kleidung, die Ernährung,
die Arbeit, die gymnastischen Formen der Bewegung und die Nervenhygiene
bis hin zur Sexualität. Der Begriff Hygiene ist also ein weiträumiger Begriff und
umfasst ein riesiges Feld von Wissen, Praktiken und Technologien (vgl. ebd.).
Im Zentrum des hygienischen Diskurses stand der Glaube, dass jeder Einzelne
es weitgehend selbst in der Hand hat, über Gesundheit, Krankheit oder sogar
den Zeitpunkt des Todes zu bestimmen (vgl. Sarasin 2001, 19).
14

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Sarasin bezieht sich auf Michel Foucault, laut welchem Hygiene nichts anderes
ist, als ,,souci de soi", also ,,Sorge um sich" (vgl. Sarasin 2001, 23).
Diese Sorge um sich, die Foucault auch ,,Technologien des Selbst" nannte, sei
im Wesentlichen eine diätetische gewesen.
Es sei ,,klar, dass die ´Diät´ als Lebensregel, als
Lebensweise, eine fundamentale Kategorie ist, in der
menschliche Lebensführung gedacht werden kann; sie
charakterisiert die Weise, in der man seine Existenz führt,
und ermöglicht es, die Lebensführung mit Regeln
auszustatten: eine Problematisierung des Verhaltens im
Hinblick auf eine Natur, die man zu bewahren und der man
sich anzupassen hat. Die Diät ist eine ganze Lebenskunst."
(Foucault 1993, zit. nach Sarasin 2001, 23)
Die Beschäftigung Rund um Themen des Körpers bzw. der Ernährung, bzw.
des Zusammenhangs von Lebensstil und Ernährung war also bereits zu dieser
Zeit ein charakteristisches Mittel, das zum ,,täglich Brot" der philosophischen
und empirischen Dialektik zählte.
Um die Jahrhundertwende setzten sich unter dem Einfluss der modernen
Ernährungswissenschaft und im Umkreis der Lebensreformbewegung neue
Verhaltensformen durch. Statt Korpulenz wurde Schlankheit zum
erstrebenswerten Schönheitsideal. Anstelle ungesunde, schwer verdauliche
Mahlzeiten, wurde eine gesunde, natürliche Lebensführung propagiert, die eine
gesunde Kost verlangte. Unhygienische Wohnverhältnisse, schwierige
Arbeitsbedingungen, schwere Mahlzeiten, Bewegungsmangel und beengende
Kleidung waren Faktoren einer ungesunden Lebensweise in der damaligen
Zeit. So zielte die Lebensreformbewegung u.a. auf gesunde Ernährung und auf
die Freikörperkultur (vgl. Becher 1990, 93).
Die Themen Hygiene und Körper ziehen sich bis in unsere Zeit fort, und die
Faszination dafür ist bis heute ungebrochen. Schlagwörter wie Körperkultur,
sexuelle Revolution, Öko-Bewußtsein oder Wellness belegen allerdings eine
Veränderung der Terminologie (vgl. Sarasin 2001, 30).
15

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Mit der Individualisierung der Menschen ging und geht ein tiefgreifender
Wertewandel einher, was unsere Beziehung zum eigenen Körper betrifft. Unser
Körperverhältnis wird immer bewusster, sorgfältiger, narzisstischer oder gar
neurotischer. Wir leben in einer wahren Körperkultur, in der ein makelloser,
gesunder Körper einen sehr hohen Stellenwert hat (vgl. Nohel/Payer/Rützler
1999, 52).
Auch Kleiner bestätigt, dass die Körperkonjunktur der letzten Jahre
unverkennbar ist. Die Körperdiskussion ist wieder in Mode gekommen, es
herrscht ein regelrechter ,,Körperboom" (vgl. Kleiner 1992, 463).
Das gesteigerte Bewusstsein für den eigenen Körper könnte ebenfalls zur
Veränderung hin zur bewussten Ernährungsweise und damit zum Health Food
Trend beigetragen haben.
Schließlich impliziert gutes Aussehen gleichzeitig Erfolg, Glück und Gesundheit
(vgl. Mühlhausen 2000, 43).
Die Industrie profitiert von dieser Entwicklung und antwortet mit Produkten,
die diese Entwicklung unterstützen, wie beispielsweise Convenience-Produkte
2
,
Biolebensmittel oder Functional Food.
Gesundheit bzw. Hygiene haben also den gemeinsamen Wert der
Selbstverantwortung, das aktives, bewusstes und selbstreflexives Verhalten
fordert.
2
Eine genaue Begriffsdefinition erfolgt im Kapitel 5 ,,Health Food Trends".
16

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
2. Werte und Wertewandel
,,Unsere Antwort auf die Hochtechnologie um uns herum war die Entwicklung eines
hohen persönlichen Wertsystems, um gegen die unpersönliche Natur der Technologie
anzugehen, sie zu kompensieren." (John Naisbitt (*1930), amerik. Prognostiker)
Von großer Wichtigkeit für die Beantwortung der Forschungsfragen ist die
Erläuterung des Terminus ,,Werte" sowie des Phänomens des Wertewandels.
Warum werden gerade Lebensmittel mit dem Wert ,,gesund" bevorzugt
vermarktet und auch gekauft? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, soll
in diesem Kapitel auf die Bedeutung der Werte bzw. des Wertewandels
eingegangen werden:
2.2 Definition des Terminus ,,Werte"
Richtungsweisend für die Erforschung des Wertewesens war eine Definition
des Sozialwissenschaftlers Clyde Kluckhohn (1962), für den Werte explizite
oder implizite Auffassungen von Wünschenswertem sind, die für ein
Individuum oder eine Gruppe von Personen charakteristisch erscheinen,
wodurch sie die Auswahl von Handlungsweisen und ­zielen beeinflussen (vgl.
Kmieciak 1976, 148)
Kritisch betrachtet diese Auffassung Wiswede, welcher meint, dass nach
Kluckhohn Werte als wünschenswerte Zustände definiert würden, was zirkulär
wirke. Gemeint wäre wohl eher eine individuelle Auffassung darüber, was im
Leben erstrebenswert sei, womit das Leben Sinn und Ziel erfahren würde (vgl.
Wiswede 1991, 14).
Helene Karmasin definiert in Anlehnung an Kluckhohn Werte als kulturelle,
gruppenspezifische und personale Konzeptionen des Wünschenswerten. Sie
meint weiters, dass Konsum eine sozial zulässige Strategie ist, um diese Werte
zu erlangen (vgl. Karmasin H. 2004, 70).
Durch den Konsum eines bestimmten Industrieproduktes (z.B.
Nahrungsmittel) kann sich der Konsument in eine bestimmte soziale Schicht
erheben bzw. einem bestimmten Lebensstilmuster gerecht werden.
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Abhängigkeit und
Beeinflussung von sozialen Werthaltungen und kulturellen Aspekten.
Kmieciak geht mit seiner Definition in diese Richtung:
,,Ein Wert ist ein kulturell- und sozialdeterminiertes (und
geltendes), dynamisches, ichzentrales, selbstkonstitutives
Ordnungskonzept als Orientierungsleitlinie, die den
Systeminput einer Person (Wahrnehmung) selektiv organisiert
und akzentuiert, sowie ihren Output (Verhalten) reguliert,
mithin eine ichdirigierende aktive Planung und Ausrichtung des
Verhaltens über verschiedene Situationen hinweg ermöglicht."
(Kmieciak 1976, 150)
Laut Axel Bau ist ein soziokultureller Wert eine ,,explizit oder implizit, relativ
stabile, für ein Individuum oder eine Gruppe charakteristische, abstrakte
Konzeption eines Ideals, welche die Auswahl unter verfügbaren
Handlungsarten, mitteln und ­zielen beeinflusst." (Bau 1995, 26).
Kmieciak sowie Bau meinen, dass ein Wert verhaltensregulierend agiert,
womit sie den Schluss zulassen, dass Werte konkretes Verhalten beeinflussen
können. Dieser Aspekt stellt für die Werbung ein entscheidendes Faktum dar,
da mit der gezielten Ausrichtung der Werbebotschaft Verhaltensbeeinflussung
erreicht werden kann, mit dem Ziel, den Verbraucher zum Kauf eines
bestimmten Produktes zu animieren. Dies nehmen wiederum Unternehmen als
Ansporn, um ihr Produkt mit den aktuellen Werten aufzuladen und so den
Verbraucher anzusprechen.
Kurz gesagt, sind Werte jene Vorstellungen, welche in einer Gesellschaft
allgemein als wünschenswert anerkannt werden und den Menschen damit
Orientierung verleihen. Der Wert Gesundheit hat sich zu einem sozial
erstrebenswerten Wert entwickelt und erhebt den Menschen damit
ausgestattet in eine bestimmte Idealgruppe.
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2.3 Wertewandel
Werte waren seit jeher ein fixer Bestandteil der Gesellschaft. Das soll jedoch
nicht heißen, dass Werte ein statisches Fundament bilden. Vielmehr passen sie
sich den jeweils unterschiedlichen Begebenheiten an und unterliegen einem
ständigen Wandel.
Werte korrelieren einerseits stark mit dem kulturellen Hintergrund einer
Gesellschaft, andererseits herrschen auch in verschiedenen Kulturkreisen
weltweit oftmals gleichzeitig ähnliche Werte.
Klages betont, dass Werteveränderungen auch mit den lebenszyklischen
Bedingungen, also mit dem Alter der Menschen, korrelieren können (vgl.
Klages 1992, 21).
2.3.1 Arten von Wertewandel
Man unterscheidet zwei Arten von Wertewandel:
-Wertewandel von ,,unten"
-Wertewandel von ,,oben"
2.3.1.1 Wertewandel von ,,unten"
Ein Wertewandel von unten liegt dann vor, wenn sich in der individuellen
Ebene trendmäßige Veränderungen in den Einstellungen und sozialen
Bedürfnissen feststellen lassen. Diese müssen jedoch nicht zwangsläufig zu
einer Veränderung übergeordneter Orientierungsgrößen führen, denn es kann
sich um kurzfristig wirksame Modeerscheinungen handeln. Erst wenn eine
allgemeine, auf gesellschaftlicher Ebene feststellbare Veränderung von
Normen und Werten erkennbar ist, kann auch vom Wertewandel gesprochen
werden. Ansonsten liegt eine Dynamik soziokultureller Orientierungsgrößen
vor (vgl. Bau 1995, 43/44).
Ein Beispiel dafür wäre der Konsum des so genannten ,,Functional Food". War
es vor wenigen Jahren noch eine kleine Zielgruppe, die sich mit speziell
angereicherten Produkten ernährte, so werden gegenwärtig immer mehr
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Produkte mit Vitaminen, Ballaststoffen oder diversen Zusätzen angereichert,
um einen gesundheitlichen Zusatznutzen zu schaffen bzw. zu suggerieren.
2.3.1.2 Wertewandel von ,,oben"
Ein Wertewandel von oben liegt vor, wenn ,,neue" Werte an die Spitze gestellt
werden, die jedoch in der Gesellschaft noch keine konkreten Umsetzungen zu
Handlungsdispositionen und Institutionen gefunden haben. Persönliche Werte
können sich also auch temporär verändern, müssen nicht auf das
gesamtgesellschaftliche Wertesystem übergreifen und können auch wieder
verworfen werden (vgl. Bau 1995, 44).
Ein Beispiel dafür ist der Vegetarismus. Durch den Verzicht auf Fleisch könnte
zwar gesamtgesellschaftlich gesehen viel bewegt werden (z.B. Abschaffung
von Massentierhaltung), doch u.a. die Kritik aus medizinischer Sicht,
insbesondere bezüglich Mangelerscheinungen, hält den Trend in seinen
Bahnen und verhindert, dass er zu einem Massenphänomen entwickelt.
Wenn zwischen den Gruppen innerhalb einer Gesellschaft ein relativ großer
Konsens über die bestehenden Wertprioritäten besteht, so kann angenommen
werden, dass sich diese Gesellschaft in einem relativ stabilen, ausgeglichenen
Zustand befindet. Durch den Tradierungsprozeß der Werte und der
Werthierarchien kann das Verhältnis gesellschaftlicher Gruppen zueinander
ebenfalls relativ stabil bleiben. Verändert sich aber nun die für ein Individuum
oder einer Gruppe charakteristische Konzeption eines Ideals, welches die
Auswahl zwischen Handlungsalternativen, -mitteln und -zielen beeinflusst, so
kann dies zu einer teilweisen Neudefinition der gesellschaftlichen Ziele und
auch zu einer neuen Gewichtung der verschiedenen Wertgemeinschaften
führen. Eine solche ,,Neudefinition" wird als Wertewandel bezeichnet (vgl. Bau
1995, 44/45).
Folglich sind also keine neuen Werte im Zuge des Wertewandels entstanden,
vielmehr kam es zu einer Verlagerung der Wertebedeutungen. Im Falle des
aktuellen Gesundheitstrends, wird dem Wert Gesundheit momentan ein
besonders hoher Stellenwert zugesprochen. Laut Mühlhausen bestätigt das
Marktforschungsinstitut Allensbach ebenfalls diese Tendenz. Demzufolge ist
Gesundheit seit einiger Zeit sogar der höchste Wert und löst damit Begriffe wie
Sicherheit oder intakte Natur ab. Laut Mühlhausen macht der Wert Gesundheit
gerade bei Jüngeren eine steile Karriere. Er gilt als Inbegriff von Wohlbefinden
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und Jugendlichkeit, kurz: als ein Sinnbild für Glück. Im Zentrum der neuen
Bedeutung liegt weniger die Angst vor Lebensmittelskandalen, sondern
vielmehr ein tiefgehender Wertewandel, durch den der Bereich Gesundheit
vom Begriff der Krankheit entkoppelt wurde (vgl. Mühlhausen 2000, 5).
Dem Erfolg der Functional Food Produkte, ging demnach der tiefgreifende
Wertewandel voraus. Wenn es der Gesundheit dienlich ist, akzeptieren die
Menschen mehr und mehr auch industriell bearbeitete und angereicherte
Lebensmittel. Laut Mühlhausen lassen sich sogar die Vorbehalte gegenüber
Gen Food (gentechnisch verändertes Lebensmittel) durch das
Gesundheitsargument abbauen (vgl. Mühlhausen 2000, 63).
Das Thema Gen Food provoziert vielschichtige, kontroverse Diskussionen,
wobei immer noch nicht sicher geklärt ist, inwieweit gentechnisch veränderte
Lebensmittel das Erbgut des Menschen bzw. der Umwelt verändern oder
beeinflussen können.
2.3.2 Ursachen für den Wertewandel
Die Ursachen für einen Wertewandel sind vielfältig. Sie lassen sich anhand
folgender Thesen beschreiben:
Die Postmaterialismus-These nach Ronald Inglehart basiert auf zwei
Hypothesen sowie einer psychologischen Theorie.
Die Mangelhypothese besagt, dass Menschen diejenigen Dinge für besonders
wertvoll halten, die knapp sind. Analog zum Grenznutzenprinzip (bzw. zum
Sättigungsprinzip) folgert Inglehart, dass Personen, die in materiellem
Wohlstand aufwachsen, Wohlstandsgütern geringeren Stellenwert einräumen.
Die Sozialisationsthese besagt, dass entscheidend für das Wertemuster von
Individuen, die ersten Sozialisationsphasen seien. So entwickeln beispielsweise
Personen, die in jungen Jahren in Kargheit und Entbehrung aufgewachsen
sind, stärkere materielle Bedürfnisse und Sicherheitsmotive als Personen, die
in Zeiten wirtschaftlichen Wohlstands aufgewachsen sind (vgl. Wiswede 1991,
20).
Der Wandel hin zu postmaterialistischen Werten basiert im Wesentlichen auf
der Maslow´schen Bedürfnispyramide, die postuliert, dass nach der
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Befriedigung der Bedürfnisse Wohlstand und Sicherheit die Befriedigung von
Bedürfnissen angestrebt wird, die postmaterialistisch sind, d.h. die eher dem
Bedürfniskreis der Selbstaktualisierung zuzurechnen sind (Maslow 1970, zit
nach: vgl. Karmasin F. 1984, 25).
Die Nachkriegsgeneration entwickelte demnach exakte Gegenwerte, die so
genannten postmaterialistischen Werte, da ihre Bedürfnisse nach Sicherheit
und Wohlstand von Anfang an befriedigt war (vgl. Karmasin F. 1984, 26).
Der funktionelle Ansatz hingegen begreift den Wertewandel als Ergebnis der
kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Die Agrargesellschaft war
geprägt von materieller Unsicherheit und starken Abhängigkeiten. Erst der
Wohlfahrtsstaat brachte eine Veränderung zu mehr Unabhängigkeit. Durch den
Wegfall funktionaler Notwendigkeiten, ergaben sich Veränderungen in der
Wertestruktur (vgl. Bau, 1995, 125).
Axel Bau zitiert in seiner Arbeit Opaschowski: ,,Ein Wertewandel liegt erst dann
vor, wenn ,,zunächst substantielle Veränderungen in der individuellen Ebene
und dann ­ mit zeitlicher Verzögerung ­ in der gesellschaftlichen Ebene
festgestellt werden können." (Opaschowski 1982, 6; zit. nach Bau, 1995, S.
43).
Auch die Individualisierungsthese von Ulrich Beck besagt, dass gegenwärtig
ein starker Individualisierungsprozess stattfindet, der einen sozialen
Wertewandel bewirkt und sich, wenn man die These von Opaschowski verfolgt,
zu einer gesellschaftlichen standardisierten Welle umwandeln könnte.
Die Motive für diese individuelle Abgrenzung statt konformer Anpassung sind
eng mit dem Wertewandel verbunden: Prestige und soziale Signalisierung
durch außergewöhnliches Verhalten, Selbstverwirklichung und Expressivität,
durch den Hang zum Besonderen, Hedonismus und Kennerschaft, durch
Abweichung vom Üblichen (vgl. Wiswede 1991, 36).
Der Individualisierungsprozess begann mit dem industriellen Wachstum und
der damit einhergehenden größeren Nachfrage nach Bildung. Die Bedeutung
der Familie sank. Dies führte zu einem Wandel gesellschaftlicher Strukturen
und zum Bedeutungswandel des eigenen Ichs. Selbstfindung und
Selbstverwirklichung werden zu Schlagwörtern, die das gesamte traditionelle
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Wertesystem in Frage stellen. Diese neuen Werte und Inhalte werden zu
zentralen Anliegen des einzelnen. (vgl. Marschitz 1994, 34).
,,Die Werbung reagiert auf dieses gesellschaftliche Defizit, indem sie den
Produkten und Dienstleistungen Zusatzattribute zuschreibt, die sie über ihren
funktionalen Gebrauchswert hinaus für die Bedürfnisbefriedigung geeignet
erscheinen lassen, die auf der immateriellen, emotionalen Ebene liegen."
(Marschitz 1994, 34).
Lager stellt fest, dass in der modernen Industriegesellschaft die so genannten
Pflicht- und Akzeptanzwerte von Werten wie Selbstverwirklichung,
Erlebnisorientierung, Gesundheit, Nonkonformismus, Non-Kontrolle und
Hedonimus in den Hintergrund gerückt worden sind (vgl. Lager 2003, 9).
Diese Tendenz lässt sich besonders gut bei der Bewerbung von Health Food
beobachten, bei welchem Produkte mittels emotionalem und rationalem
Zusatznutzen aufgewertet werden.
Das Konzept der Erlebnisgesellschaft, als unmittelbarste Form der Suche nach
Glück, die die moderne Art des Lebens darstellt, hat Gerhard Schulze in
seinem Werk ,,Die Erlebnisgesellschaft" 1992 ausformuliert. Dieses Konzept
wurde immer wieder den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen
angepasst. Schulze interessiert sich dabei besonders für die Entstehung von
Milieus, die durch den Wandel der Gesellschaft hervorgebracht werden (vgl.
Schulze 1997).
Welche Werte und Motive für eine Gesellschaft von großer Bedeutung sind,
unterliegt demnach einem starken Wandel. In der Zeit des Wiederaufbaus
nach dem zweiten Weltkrieg stand hauptsächlich die (Arbeits)Leistung im
Vordergrund. In den 70er und 80er Jahren gewannen Werte wie Freizeit,
Unbeschwertheit und Spaß an Bedeutung. Ein neuer Wertewandel führt uns
nach Meinung der Trendforscher in die Sinngesellschaft.
Gesundheit und die Optimierung der eigenen Person sind heute wichtige
Themen. Körper, Geist und Seele sollen bis ins hohe Alter verbessert, gesund
und schön gepflegt werden. Hier passt die Wellness-Philosophie mit der
Botschaft ,,Tu dir etwas Gutes und werde auch noch schön dabei" ideal ins
Konzept.
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Nach Meinung von Brigitte Weiss löst der Soft-Individualismus den
Hedonismus ab. ,,Das Bedürfnis nach purem Vergnügen, Action und
Massenevents verliert an Bedeutung. Wir suchen mehr nach individuellen,
intensiven, sinnlichen und sinnvollen Erlebnissen." (Weiss 2001, 36).
2.4 Soziokulturelle Zielgruppen nach Elenore Grimm
Nach einer Wertewandel-Monitor-Studie von Elenore Grimm aus dem Jahr
1992, mit einer Analyse aus den Jahren 1985­1987, kristallisierten sich drei
wichtige soziokulturelle Zielgruppen heraus, die eng mit dem jeweiligen
Wertempfinden korrelieren. Zwar ist eine Kategorisierung der Gesellschaft
fragwürdig, dennoch lassen sich gewisse Parallelen zum heutigen
Konsumverhalten ablesen.
Kurz zusammengefasst lassen sich die Gruppen folgendermaßen beschreiben:
2.4.1 Die Alternativen
Die Alternativen wenden sich gegen Fortschritt von Wissenschaft und
Technologie und gegen eine Dominanz des Konsums. Sie sind äußerst
sensibel, wenn es um ökologische Aspekte geht und zeigen sich sehr engagiert
in Umweltbelangen. Autonomie und Selbstverwirklichung sind ihnen besonders
wichtig, sowohl in wirtschaftlichen als auch politischen Zusammenhängen, bei
der Arbeit, in der Freizeit, in ihren Beziehungen zu Freunden, zu Kollegen und
auch in der Art, wie sie sich kleiden (vgl. Grimm 1992, 128/129).
Diese soziokulturelle Gruppe könnte als mögliche Zielgruppe der biologisch
erzeugten oder vermarkteten Produkte gesehen werden. Biologische Produkte
werben mit dem Aspekt der naturnahen, umweltschonenden und bewussten
Produktion und Verarbeitung. Diese Tatsache spiegelt sich besonders im
Wertempfinden der Alternativen wider.
2.4.2 Die Neuen Macher
Die Neuen Macher sind in der Regel extrovertiert, wissenschafts- und
konsumfreundlich, voller Motivation, Energie und sehr leistungsorientiert. Sie
verfolgen ihre materiellen und persönlichen Ziele (Selbstverwirklichung) mit
Nachdruck. Dabei gehen sie durchaus Risiken ein. Sie haben viele Freunde und
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gehören vielen Gruppen an. Sie sind offen für neue Ideen und für emotionale
Sensationen aller Art. Im Unterschied zu den Alternativen ist ihnen ihr äußeres
Erscheinungsbild äußerst wichtig, was sich sowohl in ihrem modischen
Kleidungsstil als auch im Konsumverhalten spiegelt (vgl. Grimm 1992, 129).
Die ,,neuen Macher" scheinen die ideale Zielgruppe für Trends wie Functional
Food, Wellness-Produkte, Convenience oder auch Supplements zu sein. Bio-
Produkte könnten ihnen zu langweilig oder auch zu altmodisch sein.
Sie sind offen für Neues. Aus diesem Grund sind sie dazu bereit, Trends
aufzugreifen. Da sie auf ihr Äußeres achten, liegt ihnen auch ihre Gesundheit
sehr am Herzen.
2.4.3 Der sorglose Materialist
Der ,,sorglose Materialist" zeigt normalerweise ein hohes Interesse an der
materiellen Seite des Lebens. Während er die Freuden des Konsums hoch
einschätzt, unternimmt er wenig, um seine Ziele aktiv zu erreichen. Er besitzt
eine geringe Leistungsorientierung und engagiert sich kaum für private und
idealistische Ziele. Er besitzt eher eine ,,laissez-faire" Haltung und nimmt die
Dinge, wie sie kommen. Die Probleme der Gesellschaft interessieren ihn kaum
(vgl. Grimm 1992, 130).
Der ,,sorglose Materialist" scheint sich nicht besonders für Themen wie
Gesundheit oder Ernährung zu interessieren. Er wird mal dies mal das
probieren, aber niemals fanatisch einen Trend verfolgen.
Helmut Klages betont außerdem die Wichtigkeit der Unterscheidung zwischen
selbstbezogenen und umgebungsbezogenen Werten. Letztere beziehen sich
beispielweise auf die Familie, die Gemeinde, den Staat oder auch auf die
Gesellschaft zielenden Werte oder Wertorientierungen (vgl. Klages 1992, 32).
Im Hinblick auf die zielgruppengerechte Kommunikation von Health Food
Trends, könnte dies folgendermaßen interpretiert werden:
Singles haben meist eine stark selbstbezogene Wertorientierung, und sind
deshalb für hedonistische Botschaften offener als Familien, die stärker
umgebungsbezogen handeln. Eine fürsorgliche Mutter wird für ihr Kind nur das
Beste wollen und eher zum Bio- als zum Functional-Drink greifen.
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2.5 Der Wert Gesundheit
Meinungs- und Trendforschern zufolge wird der Wert Gesundheit der Leittrend
des 21. Jahrhunderts sein. Dass der Gesundheitsmarkt boomt, ist nicht zu
übersehen. Ein Grund dafür ist, dass Gesundheit ein in unserer Gesellschaft,
für jedes Individuum hoch geschätzter Wert ist.
Nach Dietrichsen ist Umfragen zufolge zur Einstufung der Wichtigkeit von
Lebensbereichen ,,Gesundheit" wichtiger, als die ,,Erhaltung des Arbeitsplatzes"
oder der ,,Schutz der Umwelt". Gesundheit und Glück gelten traditionell als
Voraussetzungen für eine gelungene Daseinserfüllung. Gesundheit ermöglicht
es den Menschen, ein produktives Leben im Sinne der Selbstverwirklichung zu
führen. Die bewusste und unbewusste Angst, seine Gesundheit zu verlieren,
motiviert den Menschen, sein Gesundheitsverhalten zu optimieren (vgl.
Diedrichsen 1990, 31).
Dadurch genießen Berufe und gesellschaftliche Teilbereiche, die mit der
Erhaltung oder Wiederherstellung von Gesundheit zusammenhängen, hohe
Wertschätzung. Aktuelle Beispiele dafür wären z.B. Berufsbilder wie
Wellnesstrainer oder ganzheitlicher ErnährungsberaterInnen, welche
momentan einen großen Aufschwung erleben.
,,Gesund alt werden, ohne alt zu sein", lautet der allgemeine Tenor. Um dieses
Ziel zu erreichen, verfolgen viele Menschen eine konsequente
Gesundheitsdisziplin, die sich z.B. im Kauf von gesundheitsfördernden
Produkten äußert.
2.6 Die Werte der Lebensmittelwerbung
Unsere Gesellschaft lebt in einem Zeitalter des Lebensmittelüberflusses. Der
Lebensmittelmarkt hat seine Grenzen erreicht, ist also ,,gesättigt", wodurch ein
mächtiger Verdrängungswettbewerb entsteht. Um sich am Lebensmittelmarkt
etablieren zu können, müssen sich Lebensmittelhersteller dem harten
Preiskampf stellen, oder sich spezialisieren. Diese Spezialisierung, die sich
meist auf qualitativer Ebene zeigt, muss schließlich mit Hilfe von
Werbemaßnahmen für den Konsumenten sichtbar gemacht werden. Dabei
erscheint die Spezialisierung in Richtung Gesundheit spartenübergreifend
großen Erfolg zu verzeichnen. Kaum ein Produkt wird ohne den Hinweis auf die
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besonders natürlichen Inhaltsstoffe, dem biologischen Herstellungsverfahren,
der entspannenden oder energetisierenden Wirkung oder gar der
umweltfreundlichen Verpackung vermarktet.
Auch Birgit Marschitz ist der Ansicht, dass es ohne Werte heute keine Werbung
gäbe, da das Sach- und Dienstleistungsangebot so stark gewachsen ist, dass
reine Informationsvermittlung den Absatz eines Unternehmens nicht mehr
sichern kann. Der Konsument erwartet sich eine hohe Produktleistung und
unterscheidet die Produkte weniger durch ihre Leistung als durch die
Bedeutung, die er ihnen zuordnet bzw., die ihnen durch die Werbung
zugeordnet wird (vgl. Marschitz 1994, 12).
Werbung arbeitet hauptsächlich mit Werten, für deren Erwerbbarkeit das
Produkt steht. Da heutzutage der Großteil der unbefriedigten Bedürfnisse
immaterieller Natur sind, Produkte objektiv aber nur materielle Bedürfnisse
befriedigen können, wird ihnen durch die wertdurchtränkte Werbung ein
immaterieller Zusatznutzen zugeschrieben (vgl. Karmasin F. 1984, 41f).
In den 80er-Jahren kam der Wert des Hedonismus in der Werbung stark zum
Ausdruck. Vor dieser Zeit hieß es: ,,Wehe, Ihr genießt!". Heute heißt es als
Folge einer ständigen Suche nach dem Lusterlebnis ,,Wehe, Ihr genießt nicht!".
Diese neue Genussmoral fixiert sich in starkem Maße an sensualistischen
Reizen (vgl. Wiswede 1991, 27).
Anders ausgedrückt, könnte man den Hang zum Hedonismus auch in Trends,
wie dem Slow-Food oder der Wellness-Philosophie als bewusste Gegenhaltung
zum Fast-Food orten.
Laut einer Untersuchung von Astin Malschinger von 2.878 Anzeigen, die im
Zeitraum von 1947 bis 2002 erschienen sind, waren insbesondere Headlines
der Kategorie ,,genuss/wohlschmeckend" signifikant ausgeprägt. Die Headline
,,gesund" war ebenfalls ein konstanter Trend in der Lebensmittelwerbung, der
im Vergleich zu der Kategorie ,,genuss/wohlschmeckend" aber weitaus
geringer ausgeprägt war (vgl. Malschinger 2003, 198). Die untersuchten
Anzeigen der 2000er Jahre zeigen dagegen hauptsächlich Themen wie Genuss,
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Steigerung des eigenen Wohlbefindens (Gesund, mit Vitaminen und
Mineralien, fettreduziert) und Lebensqualität (vgl. Malschinger 2003, 193).
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Zwischenresümee 1
Das Bewusstsein für Gesundheit bzw. gesunde Ernährung entwickelte sich
bereits mit dem Hygienediskurs zur Zeit der Aufklärung. Damals wurde der
Körper als Maschine gesehen, die auf äußere und innere Reize reagiert.
Foucault (1993) bezeichnete Hygiene, als Sorge um sich selbst.
Der Körperdiskurs ist gegenwärtig stark in Mode, was zu einem regelrechten
,,Körperboom" geführt hat. Dieses gesteigerte Bewusstsein für den eigenen
Körper könnte ebenfalls zur Veränderung hin zur bewussten Ernährungsweise
und damit zur Entstehung des Health Food Trends beigetragen haben.
Der Körperboom könnte gar als Gegenreaktion auf die Entkörperlichung in
modernen Industriegesellschaften gewertet werden.
Auch der Wertewandel hat zu tiefgreifenden Veränderungen im
Ernährungsbereich geführt. War nach dem Zweiten Weltkrieg die Sorge
größer, überhaupt etwas ,,auf den Tisch zu bekommen", so hat man heute die
Qual der Wahl. ,,Aufgewertete" Lebensmittel sprechen dabei den in der
Wertschätzung besonders gestiegenen Wert ,,Gesundheit" an und haben
dadurch größere Absatzchancen.
Zusätzlich gewinnt durch die emotionale bzw. immaterielle Wertaufladung von
Werbebotschaften, das (materielle) Produkt zum reinen Produktwert, einen
suggerierten immateriellen bzw. emotionalen Wert.
Faktoren für den Health Food Trend sind zum einen der gestiegene Wohlstand
und zum anderen der an Bedeutung gewinnende Individualismus.
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3.
Lebensstilforschung
Ein bestimmter Lebensstil spiegelt sich auch immer im jeweiligen Ernährungs-
bzw. Konsumstil wider, vice versa. Aus diesem Grund soll in diesem Kapitel
auf die Bedeutung des Lebensstilkonzepts eingegangen werden.
Infolge der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft und der daraus
resultierenden Formenvielfalt des Konsums, erscheint die Beschäftigung mit
Stilen besonders wichtig, um gesellschaftliche Entwicklungen, soziale
Differenzierungen und bestimmte Milieus und Zielgruppen beschreiben zu
können. Im Gegensatz zur Wertetypologie, die sich mit der Etablierung neuer
Werte in bestimmten Bevölkerungsgruppen befasst, bezieht sich die
Lebensstiltypologie hauptsächlich auf Persönlichkeitsmerkmale (vgl. Lager
2003, 38).
3.1 Zum Begriff Lebensstil
Die Bezeichnung ,,Lebensstil" oder der noch modernere Ausdruck ,,lifestyle",
wird heutzutage allgemein dazu verwendet, um Dinge, die im Trend liegen, zu
bezeichnen. Untersucht man den Begriff jedoch etwas genauer, stellt sich
heraus, dass der Lebensstil der Freizeit und dem Privatleben zugeordnet wird.
Ein gewisser Lebensstil macht sich u.a. auch in der Wahl bestimmter Speisen
und Getränke bemerkbar (vgl. Becher 1990, 11).
Der Begriff Lebensstil hieß ursprünglich "Lebensführung" und ist durch Max
Weber (1864-1920) geprägt worden. Schon Weber versuchte, Gruppierungen
und Konturen in der Gesellschaft und deren Prinzipien und Wirkungsweisen zu
erkennen. In seinem Ansatz geht es um religiöse Ethik und Werte, sowie die
gruppenbezogene Betrachtung von verschiedenen gesellschaftlichen
Schichten, um anhand derer die Ordnung und Zugehörigkeit von Personen
innerhalb der Gruppe zu bestimmen. Laut Weber sind die wichtigsten
Elemente innerhalb einer Gruppierung die Ehre, das Prestige und die Bildung
(vgl. Müller 1989, 54).
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Die Soziologie definiert den Lebensstil heute ebenfalls als empirisch
feststellbares Merkmal, die eine Gruppe von Menschen verbindet (vgl.
Opaschowski 1994, 281).
In der Konsumentenforschung repräsentiert ein Lebensstil bestimmte
,,kulturelle und subkulturelle Verhaltensmuster". Die Messung desselben
,,ermöglicht den Vergleich des Konsumentenverhaltens in unterschiedlichen
Kulturen (Subkulturen)." (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, 558).
Barbara Hölscher versteht unter einem Lebensstil eine ,,bestimmte Form der
Vergesellschaftung". Sie sieht in ihm eine lebensphilosophische Werthaltung,
aufgrund derer, eine gruppentypische Zuordnung von verschiedenen Personen
vorgenommen werden kann. Lebensstile organisieren eine Gesellschaft und
bewirken so eine ,,Integration oder Abgrenzung in subkulturelle" Gruppen (vgl.
Hölscher 1998, 80f).
Auch Saxer findet ähnliche Definitionen, wonach Lebensstile ein
Sozialisationskonzept darstellen. Der Mensch erlernt im Umgang mit anderen
Menschen ,,Mechanismen des sozialen Zusammenlebens", entwickelt
Vorstellungen von sich selbst und anderen und bildet eine Identität durch die
Übernahme von Rollen aus. Private (außerberufliche) Identitäten erleben einen
immer höher werdenden Spezialisierungsgrad, so entstehen immer mehr
Lebensstilgruppierungen (vgl. Saxer 1995, 10f).
Ein Lebensstilmodell ist nach Saxer (1995, 10) der Trend, ,,länger jung und
gesund" zu sein. Dies stellt den Wunsch dar, ,,sich nicht mehr an die
traditionellen Altersgrenzen gebunden zu fühlen" woraus eine verstärkte
Hinwendung zur eigenen Gesundheit resultiert und die Umsätze von ,,Vitamin-,
Hygiene- und Pflegeprodukte" (ebd.) ankurbelt, sowie den Fitness- und
Schönheitstrend verstärkt.
Hölscher stimmt mit Saxer darin überein, dass die ,,´sportlich-gesunde'
Lebensführung" einen Trend in unserer Gesellschaft darstellt. Allerdings
streicht sie heraus, dass die Verfolgung dieses Trends (was einen Lebensstil
darstellt) neben dem Willen zur Nachahmung auch ,,materielle Quantitäten"
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voraussetzt: Für sie gilt ,,z.B. Einkommenshöhe als Verweis auf
Teilhabechancen an Kultur-/ Konsumpraktiken" (Hölscher 1998, 118).
Für Martina Chalupa äußert sich der Lebensstil im beobachtbaren Konsum von
Produkten und Dienstleistungen. Somit ist der jeweilige Lebensstil eng mit
einem speziellen Konsumstil verbunden. Für den Konsum bestimmter Produkte
und Dienstleistungen sind Motivationen verantwortlich, die erklären, weshalb
wir konsumieren, was wir konsumieren. Diese Motive werden durch ,,die von
kulturellen Werten geprägten Bedürfnisse" bestimmt (Chalupa 2001, 27ff.).
3.2 Lebensstilmodelle
In der Lebensstilforschung existieren gänzlich unterschiedliche Modelle, die je
nach Disziplin und Forschungsschwerpunkt variabel sind. Die bekanntesten
sind der AIO-Ansatz, der entwicklungspsychologische Ansatz und das VALS-
Modell nach Arnold Mitchell, der quantitativ-sozialstrukturelle Ansatz von
Michael Sobel, der klassentheoretische Ansatz nach Pierre Bourdieu oder die
von Fessel-GfK entwickelte Euro-Socio Styles-Studie.
Um die Komplexität dieser Forschung bzw. die differenzierten Modelle und
Ansätze darzustellen, werden im Folgenden auszugsweise einige für diese
Arbeit relevante Lebensstiltheorien angeführt.
3.2.1 Der AIO-Ansatz (Wells und Tigert)
Der AIO-Ansatz ist der klassische psychographische Ansatz zur
Operationalisierung von Lebensstilen und ein europaweit verwendetes
Konzept. Die zentralen Dimensionen des Lebensstils, die sich im Kauf-, Ge-,
Verbrauch- und Mediaverhalten manifestieren, definieren die Schlagworte
- Aktivitäten (,,Activities"), z.B. in den Bereichen Arbeit, Freizeit, Einkauf oder
im sozialen Bereich,
- Interessen (,,Interests"), z.B. hinsichtlich Beruf, Erziehung oder Essen
- und Meinungen (
,,
Opinions"), z.B. über sich selbst, Politik, Wirtschaft oder
Natur (vgl. Kroeber/Weinberg 2003, 560).
32

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3.2.2 Lazers Life Style Conzept
Lazers Life Style Conzept wurde von William Lazer anlässlich der Winter-
Konferenz im Jahr 1963 bei der American Marketing Association veröffentlicht.
Im Fokus dieses Ansatzes stehen weniger die Persönlichkeit des Individuums,
sondern vielmehr soziologische und sozialpsychologische Fragestellungen (vgl.
Banning 1987, 75).
Als Einflussfaktoren auf die Bildung von Lebensstilen betrachtet Lazer
,,... such forces as culture, values, resources, symbols, license and sanction"
(Lazer 1964, 130; zit. nach: Banning 1987, 76).
Diese führen zur Bildung von individuellen Verhaltensmustern, die die
allgemeine Art der Lebensführung, und dabei insbesondere
Kaufentscheidungen sowie Konsumverhalten betreffen.
Während bei Modellen zum Konsumentenverhalten fast ausnahmslos
individuelle Konsumentscheidungen analysiert werden, geht Lazer mit seinem
Life Style Concept auf die Gleichartigkeit von konsumbezogenen
Verhaltensmustern in Gesellschaften und Subkulturen ein.
Für Lazer ist die Berücksichtigung von Lebensstilen im Marketing weniger auf
individueller Ebene, als vielmehr auf gesellschaftlicher Ebene oder gar
Kulturen von essentieller Bedeutung (vgl. Banning 1987, 76).
Banning kritisiert an diesem Konzept den einfachen Modellaufbau, der nur
wenige Determinanten und Auswirkungen von Lebensstilen im soziologischen
Bereich berücksichtigt. Außerdem vermisst er eine Operationalisierung des
Konzepts hinsichtlich Anwendungsbereiche sowie adäquate methodische
Ansätze (vgl. Banning 1987, 76).
3.2.3 Modell von Wind und Green
Die erwähnten Mangelpunkte des Ansatzes von Lazer versuchten Wind und
Green im Jahr 1971 anläßlich einer AMA-Tagung mithilfe ihres Modells zu
elimieren.
Der Ansatz von Wind und Green will einen Bezugsrahmen zur methodischen
Konzipierung modelltheoretisch fundierter Life Style-Forschung anbieten,
durch die eine Nichtberücksichtigung wichtiger Aspekte des Lebensstils der zu
analysierenden Person vermieden wird (vgl. Banning 1987, 78).
33

Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
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Wind kritisiert u.a. die fehlende Dimension von Determinanten des AIO-
Ansatzes, in welchen er z.B. Merkmale zur Untersuchung zum Lebensstil von
Frauen vermisst.
Banning bezeichnet dieses Modell ebenfalls als begrenzt anwendbar und nicht
umfassend. Wohl sei es aber ein wichtiger Baustein für die Entwicklung einer
quantitativ ausgerichteten lebensstilorientierten Marketing Theorie (vgl.
Banning 1987, 79).
3.2.4
Modell von Engel, Blackwell und Kollat
Das Model von Engel, Blackwell und Kollat, kurz EBK-Modell genannt, entstand
aufgrund von gemeinsamen Lehr- und Forschungsaktivitäten der drei Autoren
an der Ohio-State-University im Jahr 1986. Engel, Blackwell und Kollat
verwenden den Begriff Life Style in diesem Modell als ein mit ,,values" und
,,personality" verknüpftes hypothetisches Konstrukt dessen Messung über
psychographische Methoden und insbesondere den AIO-Ansatz möglich ist.
Lebensstile entwickeln sich dem Modell zufolge ebenso wie Werte und
Persönlichkeit aufgrund der Einflussnahme eines Faktorenbündels, das aus
Kultur und Subkultur, sozialer Klassenzugehörigkeit, Bezugsgruppen und
Familie besteht. Lebensstile formen und beeinflussen demnach
Entscheidungen des allgemeinen Verhaltens, welches wiederum, unter
Berücksichtigung zeitlicher und finanzieller Ressourcen, Einfluss auf die
konkrete Kaufentscheidung ausübt (vgl. Banning 1987, 84).
3.2.5
Das Lebensstil-Modell nach Banning
Nach Banning entsteht eine Persönlichkeit durch den Einfluß individueller und
umweltbezogener Determinanten. Diese Persönlichkeit verfügt über Motive,
Gefühle, Werte, Wissen und Ziele. Durch die komplexe Kombination dieser
Faktoren kommt das Individuum zu einem individuellen Welt und Selbstbild.
Dies wiederum führt zu einem Selbstkonzept, das im erwünschten Lebensstil
seinen Ausdruck findet (Banning 1987, 98).
Das Essverhalten korreliert also sowohl mit individuellen (psychologischen,
biologischen, usw.) als auch mit umweltbezogenen (wie z.B. der Erziehung,
34

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bzw. dem Essverhalten in der Familie) Determinanten. Insofern kann auch die
Lebensstilforschung nur innerhalb eines interdisziplinären Forschungsansatzes
behandelt werden.
3.2.6 Qualitativer Lebensweltansatz (Ulrich Becker, Horst
Nowak, SINUS-Institut)
Horst Nowak und Ulrich Becker führten im Auftrage des SINUS-Institutes eine
Umfrage durch, um verschiedene Lebensstile zu ermitteln. Diese Studie
begann Anfang der 80er Jahre.
Die Idee, die hier zugrunde liegt, ist die, die Lebenswelt der Menschen in der
Gesellschaft über ihre subjektiven Lebenslagen und Lebensstile zu erfassen.
Das Sinus-Modell berücksichtigt Wertorientierungen, Lebensstile und
ästhetische Präferenzen, nimmt aber auch Bezug auf die soziale Lage. Man
unterscheidet zehn einzelne Milieus, die zu vier größeren Lebenswelt-
Segmenten gruppiert werden können: Gesellschaftliche Leitmilieus,
Hedonistische Milieus, Mainstream-Milieus und Traditionelle Milieus (Otte 2004,
60f).
3.3 Lebensstil und Ernährung
Der Lebensstil spiegelt sich auch im Konsummuster bzw. in der Ernährung
wider. Waren die Nahrungsgewohnheiten früher vom Einkommen und den
Umweltbedingungen (z.B. Ernte) abhängig, so zeigt die gegenwärtige
Entwicklung eine Tendenz des Ausdrucks des Lebensstils über die Ernährung.
Essen ist eine soziale Form, in der sich Menschen zu einer gemeinsamen
Handlung miteinander verbinden. Essen und die Beschäftigung mit den
Thematiken rund um dieses Thema haben mittlerweile zu einer Form der
Prestigekommunikation geführt.
Zudem unterliegt der Essstil stark den jeweils gängigen Moden und Trends und
verändert sich durch individuelle Lebensgeschichten.
Unsere alltäglichen Essentscheidungen werden folglich von gesellschaftlichen
Megatrends beeinflusst (vgl. Rützler, 2005, 1).
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Kommunikative Strategien zur Vermarktung von Health Food Trends
Ursula Krauße
Das handlungstheoretische Modell von Ulrich Tolksdorf trägt dazu bei, den
Zusammenhang von Ernährung und Lebensstil zu erkennen:
Wer isst WAS (Nahrungsmittel), WIE (kulturelle Technik), WANN (soziale Zeit)
und WO (sozialer Raum) (Hahn, 1986. zit. nach: vgl. Becher 1990, 77).
Aus technischer Sicht war für die Veränderungen des Lebensstils im Bereich
Ernährung u.a. der industrielle Fortschritt verantwortlich, der beispielsweise
die Entwicklung von Convenience-Nahrung vorantrieb und damit auch den
Außer-Haus-Verzehr forcierte.
Laufende Beobachtungen des Lebensstils haben sich bewährt, um Trends und
grundlegende Veränderungen des Konsumentenverhaltens vorherzusagen. Sie
können z.B. dem Marketing richtungsweisende Auskünfte darüber geben,
wohin sich die Nachfrage bewegt.
Ein spezieller Lebensstiltyp in Bezug auf Ernährung ist zum Beispiel der
,,sorglose Esser" (jüngere, männliche Personen, die gerne zu Convenience-
Produkte greifen) (vgl. Kroeber/Weinberg 2003, 561).
Matthias Horx nennt die treibende Kraft der Singelisierung als Motor für den
Health Food Markt. Singles gehören seiner Meinung nach zum überwiegenden
Teil einer urbanen Kultur an, die starke soziale und kommunikative
Vernetzungen aufweisen. Die Single-Gesellschaft ist ihmzufolge der wichtigste
Lebensstil-Trend der modernen Gesellschaft (vgl. Rützler 2005, 33).
Immer mehr Menschen praktizieren mehrere Lebensstile gleichzeitig, die sogar
miteinander konkurrieren können. Wer sich gesund ernährt, muss deswegen
noch lange nicht konsequent umweltbewusst konsumieren.
Gesundheitsorientierung einerseits verträgt sich andererseits psychologisch
durchaus mit dem Traum vom Sportwagen oder dekorativer Kosmetik (vgl.
Unger/Durante 2000, 70). Diese Tatsache spielt bei der
Zielgruppenbestimmung in der Werbung eine große Rolle und leitet gleichzeitig
zum nächsten Kapitel über.
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3.3.1 Der hybride Verbraucher
Durch gesellschaftliche Prozesse, wie Individualisierung, Pluralisierung von
Möglichkeiten und Verlust der sozialen Klassen, wird es zunehmend
schwieriger, Konsumenten in eindeutige Zielgruppen einzuordnen.
Interessant im Zusammenhang mit Lebensstilen erscheint, dass es trotz
gleicher oder ähnlicher ,,objektiver" Lebensumstände (z.B. dem Einkommen)
zu komplett unterschiedlichen Lebensstilen (auch Konsumstilen) kommen
kann (vgl. Wiswede 1991, 15).
,,Früher hieß es: `Ich bin, was ich ausgeben kann!´, heute heißt es vielmehr:
`Ich bin, wie ich es ausgebe.´" (Wiswede, 1991, 32).
Es herrscht ein Trend zur ,,neuen Natürlichkeit". Abwechselnder bzw.
gleichzeitige Konsum sich eigentlich widersprechender Produkte ist heute
üblich. Aus der Situation heraus wird entschieden ob Selbstgemachtes oder
Fertigprodukte, elegant oder rustikal, gegen die Tradition oder alte Bräuche
aufgreifend, Fast-Food oder Feinschmecker-Restaurant. Man gibt sich
individualistisch, möchte jenseits von Konsumzwängen konsumieren. Aktionen
sind mit Prestige verbunden und können auch in der Demonstration von
abwägender Vernunft beim Konsum bestehen (vgl. Höhler 1988, 153). Dies ist
ein Aspekt des ,,gespaltenen" Konsumenten, des so genannten ,,hybriden
Verbrauchers" (vgl. Wiswede 1991, 34).
3.3.2 Der Verbraucher von morgen
Für die Beschreibung des künftigen Verbraucherverhaltens reichen
herkömmliche Zielgruppendefinitionen mit einfachen soziodemografischen
Daten nicht mehr aus, da die Ausdifferenzierung nach Lebensstilen immer
vielfältiger wird. Zudem ist eine zunehmende Pluralisierung der Lebensstile zu
beobachten. Ein Sparkonsument will auch einmal ein Erlebniskonsument sein,
vice versa (vgl. Opaschowski 1991, 116).
,,Die gegenwärtigen sozialen Lebensräume stellen eine
Spannbreite zwischen traditionellen und modernen Lebensformen
bereit, die in Verbindung mit den hierarchischen Statusstrukturen
zwischen und innerhalb von Klassen oder Milieus sowie dem
Lebensalter für die Individuen zu je unterschiedlichen Räumen
37

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832498283
ISBN (Paperback)
9783838698281
DOI
10.3239/9783832498283
Dateigröße
2.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Geistes- und Kulturwissenschaftliche Fakultät, Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
2,0
Schlagworte
public relations konzept werbung brand kategorie
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