Lade Inhalt...

Zur Effizienz und Effektivität der Leistungserbringung in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Ergebnis eines prozessorientierten Content Management

Am Beispiel des WDR Köln

©2003 Diplomarbeit 248 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit Beginn der 1980er Jahre haben sich unter dem Einfluss globaler Entwicklungen die vorherrschenden Paradigmen der Wirtschafts-, Kultur- und Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland grundlegend verändert. Es lässt sich ein kontinuierlicher Wandel von vormals politikdominierenden Begriffen wie Sozialverträglichkeit, Grundversorgung oder Verteilungsgerechtigkeit hin zu Konzepten verfolgen, die unter dem Begriff der Ökonomisierung eine Vielzahl von Trends und Entwicklungen versammeln. Der Einfluss dieses Phänomens auf die Leitlinien der (Medien-)Politik verdichtet sich in populären Schlagworten wie Globalisierung, Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung.
Die weitreichenden Implikationen dieser Entwicklungen betreffen längst nicht mehr nur die Privatwirtschaft, sondern erstrecken sich auch auf die in unterschiedlichen Formen erbrachten öffentlichen Leistungen. So wird deutlich, dass vor dem Hintergrund der angespannten Finanzlage öffentlicher Haushalte nur eine Überprüfung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Effektivität notwendige finanzielle Handlungsspielräume erhalten kann.
Der klassische Rundfunkauftrag, der in der verfassungsrechtlichen Figur der Grundversorgung seine Entsprechung findet, betont vor allem die Funktionen der (Massen-) Medien für eine pluralistische und demokratische Staatsordnung. Über Jahrzehnte fand diese Auffassung ihren Ausdruck in einer ausgeprägten Angebotsorientierung und dem Bestreben, medienpolitische Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten. Die Deregulierung des Mediensystems setzt dagegen auf eine Nachfrageorientierung in Verbindung mit einer erhofften Selbstregulierung der Märkte. Diesen Ausprägungen der Ökonomisierung ist ebenfalls das bundesdeutsche Mediensystem ausgesetzt, das im Jahr 1984 mit der Einführung des dualen Systems im Rundfunkbereich seine folgenreichste Veränderung erfuhr: Dem bis dato monopolistischen, gebührenfinanzierten öffentlichrechtlichen Rundfunk erwuchsen mit der Etablierung neuer, privater Sender Wettbewerber um Rezipienten und Aufmerksamkeit. Infolgedessen lässt sich Medienhandeln heute zunehmend in der Logik von Effizienz und Profitmaximierung verstehen. Mediengüter sind Waren, über deren Marktbedingungen Angebot und Nachfrage entscheiden. Aufmerksamkeit wird zur maßgeblichen Richtgröße, die im Ergebnis über Angebot und Akzeptanz einzelner Medienproduzenten und ihre Erzeugnisse entscheidet.
Diese Untersuchung greift die Sachzwänge auf, die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9220
Gomolka, Martin: Zur Effizienz und Effektivität der Leistungsberechnung in öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten als Ergebnis eines prozessorientierten Content
Management - Am Beispiel des WDR Köln
Hamburg: Diplomica GmbH, 2006
Zugl.: Fachhochschule Gelsenkirchen, Diplomarbeit, 2003
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

-1-
Abstract:
Diplomarbeit von Martin Gomolka (Dipl.-Betriebsw. (FH)), vorgelegt dem
Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule-Gelsenkirchen im Fach Kultur-, Medien-
und Freizeitmanagement (Prof. Dr. Paul Reichart), Abgabedatum 12.07.2003:
,,Zur Effizienz und Effektivität der Leistungserbringung in öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten als Ergebnis eines prozessorientierten Content Management
­ am Beispiel des WDR (Westdeutscher Rundfunk Köln)."
Einleitung
Seit Beginn der 1980er Jahre haben sich unter dem Einfluss globaler Entwicklungen die
vorherrschenden Paradigmen der Wirtschafts-, Kultur- und Sozialpolitik in der Bundes-
republik Deutschland grundlegend verändert. Es lässt sich ein kontinuierlicher Wandel
von vormals politikdominierenden Begriffen wie Sozialverträglichkeit, Grundversor-
gung oder Verteilungsgerechtigkeit hin zu Konzepten verfolgen, die unter dem Begriff
der Ökonomisierung eine Vielzahl von Trends und Entwicklungen versammeln. Der
Einfluss dieses Phänomens auf die Leitlinien der (Medien-)Politik verdichtet sich in
populären Schlagworten wie Globalisierung, Liberalisierung, Deregulierung und Priva-
tisierung. Die weitreichenden Implikationen dieser Entwicklungen betreffen längst nicht
mehr nur die Privatwirtschaft, sondern erstrecken sich auch auf die in unterschiedlichen
Formen erbrachten öffentlichen Leistungen. So wird deutlich, dass vor dem Hintergrund
der angespannten Finanzlage öffentlicher Haushalte nur eine Überprüfung und Verbes-
serung der Wirtschaftlichkeit und Effektivität notwendige finanzielle Handlungsspiel-
räume erhalten kann.
Der klassische Rundfunkauftrag, der in der verfassungsrechtlichen Figur der Grundver-
sorgung seine Entsprechung findet, betont vor allem die Funktionen der (Massen-) Me-
dien für eine pluralistische und demokratische Staatsordnung. Über Jahrzehnte fand
diese Auffassung ihren Ausdruck in einer ausgeprägten Angebotsorientierung und dem
Bestreben, medienpolitische Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten. Die Deregulierung
des Mediensystems setzt dagegen auf eine Nachfrageorientierung in Verbindung mit
einer erhofften Selbstregulierung der Märkte. Diesen Ausprägungen der Ökonomisie-
rung ist ebenfalls das bundesdeutsche Mediensystem ausgesetzt, das im Jahr 1984 mit
der Einführung des dualen Systems im Rundfunkbereich seine folgenreichste Verände-
rung erfuhr: Dem bis dato monopolistischen, gebührenfinanzierten öffentlich-
rechtlichen Rundfunk erwuchsen mit der Etablierung neuer, privater Sender Wettbe-
werber um Rezipienten und Aufmerksamkeit. Infolgedessen lässt sich Medienhandeln
heute zunehmend in der Logik von Effizienz und Profitmaximierung verstehen. Me-
diengüter sind Waren, über deren Marktbedingungen Angebot und Nachfrage entschei-
den. Aufmerksamkeit wird zur maßgeblichen Richtgröße, die im Ergebnis über Angebot
und Akzeptanz einzelner Medienproduzenten und ihre Erzeugnisse entscheidet.

-2-
Die Herausforderung
Diese Untersuchung greift die Sachzwänge auf, die auch den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk dazu veranlassen, seinen Erfolg zum Beispiel anhand einer Zuschaueranteil-
quote messen zu lassen. Auch für ihn gilt: Ein Programm, das unter dem Ausschluss der
Öffentlichkeit stattfände, verlöre seine gesellschaftliche, durch den Grundversorgungs-
auftrag abgesicherte, Legitimation. Gleichzeitig erwächst den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanbietern aus dem Gebührenprivileg die Verpflichtung, Programme informie-
render, kultureller, bildender und unterhaltender Art anzubieten. Hier sind es zu einem
guten Teil die Qualität und Vielfalt der dargebotenen Leistungen, die in der Öffentlich-
keit als Hauptargument für den besonderen Status des Public Service Broadcasting die-
nen: ,,Informationsprogramme, die nicht bloß auf Agenturberichten aufbauen, sondern
auf eigene, unabhängige Recherche, haben ihren Preis...Fernsehspiele, Sportberichter-
stattung und Kulturprogramme, die sich am öffentlich-rechtlichen Qualitätsstandard
orientieren, kosten ebenfalls viel Geld."
1
Hier werden Maßnahmen skizziert, wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
diesen Anforderungen der Umwelt im Rahmen der Unternehmensführung Rechnung
tragen können. Im Vordergrund steht dabei das Dilemma, welches sich in ihrer ,,Dop-
pelstrategie" dokumentiert, die sich zwischen den zentralen Merkmalen der Wettbe-
werbswirtschaft, Effizienz und Freiheit der Konsumentenentscheidung auf der einen
und der auf dem Marktversagensargument (in Informationsmärkten) fußenden Pflicht
zur Grundversorgung auf der anderen Seite aufhält.
Maßnahmen und Ziele
Vor dem Hintergrund real gesunkener Mittel werden seit Beginn der 1990er Jahre unter
dem Stichwort ,,Strukturreform" Möglichkeiten diskutiert, die Arbeit des institutionali-
sierten öffentlichen-rechtlichen Rundfunk kosteneffizienter zu gestalten. Hier stehen
jedoch nicht die Ansätze zur Reform des öffentlich-rechtlichen Systems als Ganzes,
sondern die Maßnahmen, die im Sinne moderner Management-Konzepte den Prozess
der Leistungserstellung ins Zentrum möglicher Restrukturierungen rücken, im Vorder-
grund.
Der technologischen Entwicklung fällt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle
zu: Durch die Digitalisierung der Produktions- und Distributionstechnik eröffnen sich
Innovationspotenziale, die systemweit eine Vervielfachung der Kanäle versprechen. Auf
der Unternehmensebene bieten sich Chancen, Rationalisierungspotenziale und Syner-
gien sowohl innerhalb der Wertschöpfungskette als auch auf organisatorisch-
institutioneller Ebenen zu realisieren.
Ziel dieser Arbeit ist
, zu zeigen, wie sich die an den Kernprozessen einer Rundfunkun-
ternehmung orientierte Gestaltung eines integrierten Redaktions-, Produktions- und Ar-
chivsystems (CMS) auf die Effizienz und Effektivität des Herstellungsprozesses in
Rundfunkunternehmen auswirkt: Es wird angenommen, dass dadurch nicht nur Me-
1
Aktuell: Pleitgen, Fritz, Intendant des Westdeutschen Rundfunk Köln (WDR), (2004): Kommunikati-
onspapier "Pro öffentlich-rechtlicher Rundfunk", Köln 2004.

-3-
dienbrüche aufgehoben, sondern Prozesse durch Schnittstellenreduktion beschleunigt,
Fehlerquellen beseitigt und die Kernkompetenzen von Mitarbeitern und Unternehmen
gestärkt werden. Darüber hinaus sollen neue Optionen für die Wiederverwertung eige-
nen und fremden Contents und für die Beschickung zielgruppenorientierter Spartenka-
näle herausgearbeitet werden. Werden diese Potenziale erkannt und in gezielten Maß-
nahmen umgesetzt, sind sie geeignet, die Wettbewerbsstrategie der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkunternehmen zu unterstützen, indem sie helfen, den qualitativen
Vorsprung im Informationsbereich zu stärken und durch frei werdende Mittel auch wei-
terhin attraktiven Content für das Massenpublikum zu produzieren oder zu erwerben.
Durch die Harmonisierung von Sach- und Formalzielen ­ über die wirtschaftlichere,
zielgerichtete Erfüllung des Programmauftrags ­ ließe sich zudem eine glaubwürdigere
Positionierung verwirklichen, von der aus weitere Vorteile sowohl im medienpoliti-
schen Meinungskampf als auch im Rahmen der Rechenschaftslegung gegenüber Stake-
holdern erzielbar wären.
Zum Zeitpunkt dieser Untersuchung befand sich der Westdeutsche Rundfunk Köln
(WDR) kurz vor der Einführung eines solchen Content-Management-Systems, das als
,,vernetzte Produktions- und Speicherumgebung" von einem interdisziplinären Projekt-
team entworfen wurde und im Frühjahr 2004 in einem Modellprojekt verwirklicht wer-
den soll. Dieses Beispiel ergänzt die theoretische Fundierung des Themenkomplexes
durch konkrete Fragestellungen und Ergebnisse aus der Rundfunkpraxis und soll gege-
benenfalls dessen strategische Reichweite anhand der dargestellten Umweltanforderun-
gen spiegeln.
Abb. 1: Modell eines Content-Management-Systems, eigene Darstellung in Anlehnung an Knoer,
Reinhard (2001), S.21.

-4-
Der Untersuchungsablauf
- Der speziellen, vor allem durch einen hohen politisch-rechtlichen Reglementierungs-
grad geprägten, strategischen Ausgangsposition der öffentlich-rechtlichen Rundfunkan-
stalten werden zunächst die ökonomischen Begriffskomplexe Effizienz und Effektivität
entgegengehalten und über eine Zielsystematisierung für den Rundfunk, hier am Bei-
spiel des WDR, konkretisiert. Zu diesem Zweck wurden verschiedene theoretische An-
sätze analysiert (Kayser, Schwertzel, Susallek und Sieben) und in ein Ziel-Mittel-
Schema überführt. Für die Betrachtung etwaiger Effekte eines prozessorientierten Con-
tent Managements wird hiermit die notwendige Basis geschaffen. Bezogen auf Prozess-
innovationen bzw. -verbesserungen bestünde z.B. eine zentrale Zielsetzung darin, quali-
tativ hochwertige Leistungen über effiziente Prozesse bei kurzen Bearbeitungszeiten
und niedrigen Kosten zu realisieren. Da mit der Implementierung einer ,,vernetzten
Speicher- und Produktionsumgebung" Effekte hinsichtlich strategisch erfolgsrelevanter
Faktoren öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten angenommen werden, wird im Kapi-
tel 1 auch die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung der Maßnahmen durch
die Erweiterung der Zielkriterien über die i.d.R. kurzfristig und unmittelbar auf Gewin-
nerzielung ausgerichteten monetären Größen hinaus evident.
- Ein weiterer notwendiger Schritt besteht in der begrifflichen Erfassung von Content
und Content Management. Hier erfolgt eine Erweiterung des zuweilen recht verengten
Verständnisses von Content Management durch die definitorische Integration des
Workflow-Begriffs. Ein wesentlicher Grundgedanke dieses Ansatzes besteht in der
durchgängigen Einbindung aller an dem jeweiligen Geschäftsprozess beteiligten Ar-
beitsschritte in das Content Management. Neue Informationen werden direkt an der
Quelle - im Moment ihres Anfalls - in das System aufgenommen. Es erfolgt eine Infor-
mationsanreicherung im Zeitablauf - eine wiederholte Neueingabe wird überflüssig.
Content Management in diesem Sinne eröffnet die Möglichkeit, von unterschiedlichen
Stellen auf Informationen und Inhalte zuzugreifen und gemeinsam Projekte durchzufüh-
ren: ,,Die Werte des Hauses [werden] omnipräsent...". Regelmäßig sind damit deutliche
Effizienzfortschritte verbunden, die sich durch Zeitersparnis, Qualitätsverbesserung, die
Eliminierung redundanter Tätigkeiten und eine höhere Integrität der Informationsbe-
stände ausdrücken. Hierfür war der Aufsatz von Peter Thomas, der als leitender Ingeni-
eur des Systemanbieter TECMATH AG für die Forschungsaktivitäten sowie für die
Technologiestrategie und das Produktdesign des Content-Management-Systems ,,media
archive" verantwortlich ist, besonders wertvoll. Gleiches gilt für die Ausführungen von
Kreikle, des Systemanbieters Dalet Digital Media Systems sowie eine Studie im Auftrag
der European Broadcasting Union (EBU).
- Sowohl in punkto Publikationsvielfalt als auch in der (fach-)öffentlichen Diskussion
standen lange Zeit die (informations-)technischen Aspekte des Content Management im
Vordergrund. Gegenstand und Ziel des Technikeinsatzes sind jedoch Prozesse. Diese,
sowie die diesbezüglichen organisationstheoretischen Konzepte, bilden demzufolge den
Mittelpunkt von Kapitel 3.

-5-
Effiziente und effektive Prozesse werden hier als wesentliche Voraussetzungen für die
Generierung wettbewerbsrelevanter Vorteile identifiziert, womit ihnen gleichzeitig der
Rang von Kernkompetenzen zufallen kann. Durch die Orientierung an Prozessen wird
der Wirklichkeit sozialer Systeme mit ihren vielfältigen Verknüpfungen und Wechsel-
wirkungen Rechnung getragen und die Rolle von Prozessen im Managementkontext neu
bewertet. Dieser allmähliche Erkenntnisprozess wird hier anhand der kritischen Diskus-
sion organisationstheoretischer Archetypen ­ Gebildeorganisation versus Prozessorga-
nisation ­ nachgezeichnet. In einem weiteren Schritt schließen die Definition von Ge-
schäftprozessen und Empfehlungen zu deren Identifikation an. Für eine Darstellung der
Kernprozesse in Rundfunkunternehmen wird im weiteren Verlauf die Wertkette von
Porter aufgegriffen, die eine Grundlage für die Prozessanalyse bietet. Anhand dieses
Modells werden exemplarisch typische Verflechtungen und Verknüpfungen von Aktivi-
täten im Zuge der Rundfunkproduktion erläutert. Daraus ergeben sich erste Anhalts-
punkte, wie aus einem prozessorientierten Organisationsumbau im öffentlich-
rechtlichen Rundfunk Kosten- und/oder Differenzierungsvorteile resultieren könnten.
Die Literatur zur Prozessorganisation, hier vor allem von Gaitanides, Schober, Rosen-
kranz, Picot, Nippa, Staud
und Scheer, diente dazu, das zwischen dem ,,dynamischen
Phänomen" Ablauforganisation und dem ,,Bestandsphänomen" Aufbauorganisation
liegende Problemfeld aufzuspannen. Angesichts der Bedeutung moderner Management-
konzepte für die Restrukturierung von Organisationen im Allgemeinen und für die spä-
tere Einordnung des Content Management Projekts beim WDR im Besonderen, wird im
weiteren Gang der Arbeit auf Basis der Systematisierung von Schmelzer und Sessel-
mann
ein Überblick zu diesen Konzepten geliefert. Dabei erfahren sie eine kritische
Würdigung hinsichtlich ihres Innovationsgehalts. Anhand verschiedener Aussagen, die
einerseits der Informations- und Kommunikationstechnologie hinsichtlich ihrer Kataly-
Abb.2:
Wertkette mit rundfunktypischen Aktivitäten, eigene Darstellung in Anlehnung an Schwertzel
(1997), S. 60.

-6-
satorfunktion für die Prozessorganisation gelten, andererseits einen kritischen Blick auf
die bisweilen zu starke Technologieorientierung werfen, wird der Bogen zurück zum
Content Management geschlagen und durch Beispiele aus der Rundfunkpraxis ergänzt.
Als Quellen dienten hier vor allem Veröffentlichungen von Ehlers und Meckel sowie
Artikel der Haus- und Mitarbeiterzeitschriften des WDR.
- In Kapitel 4 erfolgt die dem Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Anstalten
geschuldete Perspektiverweiterung: von der rein ökonomischen Perspektive hin zu einer
Sicht, die auch medienwissenschaftliche, -politische und kulturelle Überlegungen fo-
kussiert und damit dem Doppelcharakter von Medienunternehmen und -produkten
Rechnung trägt: Zwar unterliegen auch Rundfunkunternehmen und die Rundfunkpro-
duktion den Funktionsprinzipien ihrer jeweiligen Märkte - was hier durch ihre Einord-
nung in ein Klassifikationsschema für Wirtschaftsgüter verdeutlicht wird -, doch erge-
ben sich aus der Untersuchung für sie auch typische Charakteristika von öffentlichen
Gütern. Dem Markt für Rundfunkprodukte können erhebliche Mängel attestiert werden.
Zur Bestimmung der Wesensmerkmale von Medien-/Rundfunkprodukten und ­
unternehmen wurde schwerpunktmäßig auf die Darstellungen von Heinrich, Sjurts,
Knobloch, Karstens und Kops zurückgegriffen. Diese speziellen Merkmale beeinflussen
das strategische Management von Medienunternehmen in typischer Weise.
- Der Forderung, dass im strategischen Management eine Harmonisierung zwischen
unternehmensinternen Ressourcen und den Anforderungen der Unternehmensumwelt
angestrebt wird, tragen die Darstellungen in Kapitel 5 Rechnung. Hier werden ausge-
hend von einem Modell für einen Bezugs- und Ordnungsrahmen für
Rundfunkveranstalter die wesentlichen einflussgebenden Umweltsegmente untersucht.
Vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Trends und ihrer Auswirkungen auf die
öffentlich-rechtlichen Anbieter wird zunächst der rechtliche Rahmen für die öffentlich-
rechtlichen Sendeanstalten analysiert. Aus dem Verfassungsrecht, Rundfunkgesetzten, -
satzungen und Staatsverträgen (Rundfunkordnung) ergibt sich die Legitimations- und
Rechtsgrundlage für einen gebührenfinanzierten Rundfunk. Zugleich resultieren daraus
die Verpflichtungen, die sich wie in Kapitel 2 dargestellt, in einem zweigeteilten Ziel-
system manifestieren und deren Erfüllung sich anhand der Trias Qualität, Kosten und
Akzeptanz bemessen lässt: So fordert das WDR-Gesetz unter anderem die Produktion
von Rundfunkangeboten unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Wichtige Quellen für
diese Betrachtungen waren die Veröffentlichungen von Meyn, Fechner, Holznagel,
Beck, Eifert und Meckel. Ein zweiter wesentlicher Einflussfaktor in der
Unternehmensumwelt von Rundfunkveranstaltern sind technologische Entwicklungen,
deren Auswirkungen eng mit den Trends zur Deregulierung und Globalisierung
verbunden sind. Dabei sollen vor allem die entscheidenden Potenziale, die die
Digitalisierung vor dem Hintergrund einer marktseitigen wie auch technischen
Konvergenz für die Entwicklung von Rundfunkunternehmen liefert, aufgezeigt werden.
Hinweise darauf gaben vor allem die Veröffentlichungen von Stamer, Chung, Heinrich
und die Einschätzungen von Dieter Hoff, dem Technischen Direktor des WDR.

-7-
- Das im Rahmen der Arbeit wichtigste Objekt der Digitalisierung, die Rundfunkpro-
duktion und damit die eigentliche Leistungserstellung von Rundfunkunternehmen, steht
im Zentrum von Kapitel 6. Hier soll anhand einer kritischen Diskussion der typischen
Determinanten der Rundfunkproduktion eingeschätzt werden, ob sich die Herstellungs-
prozesse von Rundfunkanbietern für eine Restrukturierung, die die Effizienz und Effek-
tivität der Leistungserbringung steigern könnten, eignen. Dabei soll der Annahme, dass
sich die Kulturproduktion (und damit auch die Rundfunkproduktion) vorwiegend in
Prozessen mit Unikatcharakter vollzieht, die fortschreitende Tendenz zur Standardisie-
rung und Formatierung entgegengestellt werden. Daran schließen Empfehlungen für
einen situativ optimalen Standardisierungsgrad an. Diese lehnen sich unter anderem an
die Untersuchungen von Schlösser, Sieben und Kiefer an.
- In Kapitel 7 wird einleitend die stark abstrahierte Definition von Content Manage-
ment aus Kapitel 2 aufgegriffen und exemplarisch anhand verschiedener Prozessstufen
der Rundfunkproduktion konkretisiert. Dafür werden zunächst der Aufbau und die
Funktionen von Content-Management-Systemen im Allgemeinen skizziert und nähere
Angaben zu den Systembestandteilen sowie den dort verwalteten Informationen ­ als
Essence- und Metadaten - gemacht. Die Leitlinien für denkbare Konzepte des Content
Managements leiten sich aus dem Grundsatz einer lückenlosen Informationsanreiche-
rung entlang der Prozesskette ab:
Das schafft den Übergang zu einem Fallbeispiel, welches den mittlerweile fast zwei
Jahre währenden Prozess der Konzeption und Implementation einer ,,vernetzten Spei-
cher- und Produktionsumgebung" beim ARD-Morgenmagazin ­ produziert vom WDR
- in seinen Grundzügen beschreibt. Im Verlauf der Darstellung werden konkrete An-
haltspunkte für die Gültigkeit der Ausgangsthesen hinsichtlich der Entwicklung einer
Abb. 3: Benutzergruppen Content-/ Asset-Management-System, eigene Darstellung in Anlehnung an
Thomas (2000), S. 24.

-8-
durch Digitaltechnik getriebenen Prozessorganisation auch im Untersuchungsfeld öf-
fentlich-rechtlicher Rundfunk geliefert.
Dies dient als Basis für die Beschreibung der Ursprünge der Projektidee, der personel-
len Zusammensetzung des Teams und des bisherigen Projektverlaufs beim WDR. Aus
Gesprächen, die der Autor mit dem Projektleiter und weiteren Teammitgliedern führ-
te, ergeben sich die auslösenden Faktoren und die Motive für die Investitionen in das
neue System, das sich mittlerweile in der Phase der Auftragsvergabe befindet. Dabei
werden die Anforderungen, die Redaktion und Archiv an das Projekt stellten, heraus-
gearbeitet. Da bisher noch keine messbaren Daten zu Kosten und Nutzen der Maß-
nahme vorliegen, wird eine entsprechende Einschätzung, die im Zuge einer europäi-
schen Studie zur Strategie- und Technologieentwicklung für Content-Management-
und Media-Asset-Management-Systeme entstand, herangezogen.
Ergebnisse
In den Schlussbetrachtungen des Kapitels 8 wird erkennbar, wie sich im Fall der Ein-
führung eines Content Management beim WDR die in der Arbeit dargelegten Sach-
verhalte miteinander verbinden. Durch eine Einordnung der Projektziele und des bis-
herigen Projektverlaufs in die entworfene Systematik der Prozessorientierung ergeben
sich erste Anhaltspunkte für die Bewertung der Maßnahme hinsichtlich der dieser Ar-
beit zugrunde liegenden Fragestellung: Lässt sich infolge der Einführung eines integ-
rierten Content Management eine vermehrte Prozess- und Produktorientierung erwarten,
die zu einer Verbesserung der Effektivität und Effizienz bei der Leistungserbringung in
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten führt?
Im Ergebnis sind die Überlegungen hinsichtlich einer ,,vernetzten Produktions- und
Speicherumgebung" als eine von vielen Maßnahmen zu verstehen, die z.B. neben der
Einführung moderner Organisations- und Führungskonzepte, wie der Wellenorganisati-
on oder der internen Leistungsverrechnung, die Anstrengungen der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten im Zuge ihrer kontinuierlichen ,,Strukturreform" illust-
rieren. Sie zielen auf den langfristigen Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im dualen Sys-
tem und den durch die Digitalisierung konvergierenden Medienmärkten ab. Dabei gilt
es stets, die Verhältnismäßigkeit zwischen den Anforderungen des Programmauftrags
und dessen aufwandsgerechter Erfüllung im Auge zu behalten.
Die Investitionen in eine ,,vernetzte Produktions- und Speicherumgebung" sowie in di-
gitale Sendetechnik können als Folge des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauf-
trags und der mit ihr verknüpften Bestands- und Entwicklungsgarantie verstanden wer-
den: Gerade im Hinblick auf die zu erwartende Kanalvermehrung, die Fragmentierung
der Märkte und die Zunahme interaktiver Angebote werden auch in einem multimedia-
len Markt dem Integrationsgedanken verpflichtete Rundfunkangebote notwendig sein,
die sich diskriminierungsfrei und vielfältig mit Informations-, Bildungs-, Kultur und
Unterhaltungsangeboten an die Allgemeinheit richten. Des Weiteren eröffnen sich hier
Chancen, z.B. über ,,intermediäre Diversifikation", die auf speziellen Ressourcen und

-9-
Fähigkeiten basierenden Kernkompetenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im
Wettbewerb einzusetzen. Organisationstheoretisch wird durch das Projekt der Ablauf
der Programmproduktion in den Mittelpunkt gerückt, indem zur Analyse und Konzepti-
on im Wesentlichen an dem Geschäftsprozess Rundfunkproduktion und seinen Sub-
Prozessen bzw. an den verknüpften primären Aktivitäten der Wertkette angesetzt wurde.
Die konkreten Ziele, die mit der Durchführung des Projekts für den WDR verbunden
sind, leiten sich direkt aus den erkannten Verbesserungspotenzialen für die in Kapitel 7
beschriebenen Problemlagen ab. Insgesamt kann angenommen werden, dass die Ziele,
die mit der Einführung einer ,,vernetzten Produktions- und Speicherumgebung" beim
WDR verfolgt werden, eine hohe Deckung mit denen prozessorientierter Ansätze auf-
weisen
2
, wobei hier der Ansatz einer evolutionären Verbesserung vorangetrieben wird,
die sich auf die Katalysatorfunktion der IuK stützt. Es ist hervorzuheben, dass die Ori-
entierung am Verbesserungspotenzial einzelner Teilprozesse unter der intensiven Betei-
ligung der Mitarbeiter bei der Problemidentifikation und -lösung den Vorgang organisa-
tionalen Lernens fördert und durch den Wissenszuwachs über ablauforganisatorische
Gestaltungsalternativen eine elementare Voraussetzung für einen weiter reichenden,
prozessorientierten Unternehmensumbau schafft.
3
In Bezug auf die ,,vernetzte Produkti-
ons- und Speicherumgebung" i.e.S. stand eine prozessorientierte Anforderungsanalyse
im Vordergrund, die gerade die in Kapitel 3 vorgestellten Nachteile einer funktionsori-
entierten Ist- und Sollermittlung und die häufig daraus resultierenden Teiloptimierungen
vermeiden soll. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass man beim WDR mit der Einführung
,,integrierter Arbeitsabläufe unter Content Management" die Erzielung von Effizienz-
fortschritten, die Eliminierung redundanter Tätigkeiten, die Zeitersparnis bei bestimm-
ten Arbeitsabläufen und insgesamt eine Erhöhung der Integrität der Informationsbestän-
de verbindet.
Die Optionen, die die Ausweitung eines Content-Managemet-Systems durch Integration
der Rechtedaten hinsichtlich einer effektiveren und effizienteren Nutzung eigenen und
fremden Programmmaterials eröffnet, sollen mit der Einführung der ,,vernetzten Pro-
duktions- und Speicherumgebung" zunächst nicht genutzt werden. Hier liegt das Haupt-
argument auf der Fülle und fortwährenden Veränderlichkeit der Rechtedaten, wodurch
nach Aussagen der Projektverantwortlichen Aufwand und Nutzen in einem ungünstigen
Verhältnis stünden.
2
Als Kriterien für die Bewertung und damit gleichzeitig als Ansatzpunkte für die Verbesserung von Pro-
zessen können z.B. dienen: Die Durchlaufzeiten (Bearbeitungs-, Liege- und Transportzeiten), die Pro-
zesskosten, das Vorliegen organisatorischer Brüche (dargestellt durch die Anzahl der verschiedenen Auf-
gabenträger innerhalb eines Prozesses), die Systembrüche (durch die Anzahl der in einem Prozess einge-
bundenen Systeme), evtl. Medienbrüche (Wechsel zwischen manueller und DV-gestützter Prozessbear-
beitung sowie zwischen anlog und digital), eine zu niedrige/zu hohe Kapazitätsbelastung der am Prozess
beteiligten Organisationseinheiten und Datenredundanzen, vgl. Scheer, August-Wilhelm (2002): ARIS -
vom Geschäftsprozeß zum Anwendungssystem, 4. Aufl., Berlin u.a. 2002, S. 147.
3
Heinz Deiters (Projektleiter ,,integrierte Produktions- und Speicherumgebung"/ Leiter IT-Strategie Fern-
sehen/ Online Fernsehen beim WDR): ,,Bevor wir das gestartet haben, habe ich gesagt, wir müssen die
Workflows untersuchen, weil ich davon ausgehe, dass wir nicht wissen was wir tun. Und als wir das ab-
schlossen, merkte ich, wie wenig wir davon wissen, was wir eigentlich tun. Man muss den Leuten helfen,
ihre Arbeitsprozesse zu optimieren, aber richtig können sie das nur selbst."

-10-
Neben den oben genannten allgemeinen Zielen, die mit der Einführung von Content
Management (-Systemen) verbunden sind, lässt sich im wesentlichen die Schwerpunkt-
setzung des WDR durch die Ziel-Hierarchie 1. Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation,
2. Qualität und 3. Wirtschaftlichkeit bei der Programmproduktion verdeutlichen.
Mitarbeiter
So richten sich die mitarbeiterbezogenen Ziele im wesentlichen auf eine Entlastung vom
alltäglichen Zeitdruck, der einerseits durch die speziellen Anforderungen eines aktuellen
Nachrichtenmagazins ­ dem ,,Morgenmagazin" ­ hervorgerufen und zudem durch viel-
fältige Routinetätigkeiten verstärkt wird. Ein besonderes zeitliches Problem stellt die
Recherche und Beschaffung von Archivmaterial dar.
4
Gerade in diesem Punkt äußern
sich die Leistungspotenziale von Content-Management-Systemen eindrücklich.
Mit der Entlastung von administrativen Aufgaben ist gleichzeitig die Betonung profes-
sioneller Kompetenzen verbunden, die insgesamt zu einer höheren Arbeitsmotivation
führen kann. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die Aufwertung der Arbeitsinhalte,
die zukünftig stärker durch journalistische und planerische Elemente gekennzeichnet
sein werden. Durch die verbesserte Informationsbasis aller Beteiligten an einer Sen-
dung, so z.B. durch die Zugriffsmöglichkeit auf die Sendeablaufplanung des ,,Morgen-
magazins", eröffnet sich ihnen im Sinne der Prozessorientierung eine ganzheitliche
Sicht auf und ein besseres Verständnis für den Produktionsprozess einer Sendung. Da-
durch werden gleichzeitig Voraussetzungen für die Entwicklung rationellerer Arbeits-
prozesse geschaffen. Des Weiteren beugt ein breiter und stets aktueller Informations-
stand aller an der Produktion Beteiligten der Entstehung und Fortschreibung von Feh-
lern vor, da sie sofort bei Entdeckung korrigiert werden können ­ der Ablaufplan des
,,Morgenmagazins" enthält bis zu 150 verschiedene Positionen, die bis zur Sendung
ständig geändert werden. Im Ergebnis werden die Redaktion und die redaktionsinternen
Systeme im Sinne einer effektiv und effizient funktionierenden Nachrichten-
/Magazinproduktion in alle erforderlichen Informationssysteme eingebunden. Das er-
möglicht den schnellen und treffsicheren Zugriff auf aktuelle Beiträge, die z.B. inklusi-
ve Begleitinformationen von Nachrichtenagenturen zugespielt werden, und auf das exis-
tierende Dokumentationssystem, das vorhandene Archivinhalte ausweist. Diese liegen
entweder bereits in computerlesbarer Form vor oder werden bei Bedarf digitalisiert.
Zeitfaktor
Durch den immensen Zeitdruck bei der aktuellen Produktion ist es notwendig, dass pa-
ralleles Arbeiten unterstützt wird. Eine Verbesserung des Zeitfaktors wird hier durch die
Workflow-Steuerung der Produktionsplattform (Studioautomation, non-lineare Schnitt-
systeme und digitaler Speicher) unterstützt, durch die die einzelnen Bearbeitungsprozes-
4
Hier könnte z.B. der Autor eines Beitrags allein an acht verschiedenen Funktionen im Rahmen der Re-
cherche/Beschaffung von Archivmaterial beteiligt sein, die größtenteils organisatorischer Natur sind. Der
grobe Prozess gliedert sich auf in die Bestandteile: Rechercheauftrag an das Videoarchiv, Bewertung des
Rechercheergebnisses, Klärung der Verfügbarkeit, Ausleihe und Transport aus dem Archiv, Sichtung.
Damit verbunden sind weitere Kommunikations (Formulare, E-Mail, Telefonate...)- und Transportprozes-
se.

-11-
se automatisch gesteuert werden. So wird beispielsweise ein fertig geschnittener Beitrag
automatisch an die relevanten Schnittstellen des Redaktionssystems transportiert.
Archivrecherche
Auf Seiten des Archivs ergeben sich ebenfalls Veränderungen der operativen Aufgaben-
inhalte. Es ist damit zu rechnen, dass es durch die effektiveren Recherche- und
Zugriffsmöglichkeiten auf digitalisierten Content durch den Endnutzer auch hier zu ei-
ner Entlastung von monotonen Routinearbeiten und einer stärkeren Hinwendung zur
qualifizierten inhaltlichen Erschließung der Inhalte kommen wird. Das effizienzför-
dernde Potenzial einer ,,vernetzten Produktions- und Speicherumgebung" lässt sich an-
schaulich durch die deutliche Aufwandsreduzierung, wiederum im Rahmen der Bei-
tragsrecherche, verdeutlichen. So könnten allein durch den Einsatz eines Vorschausys-
tems zur ,,Bewegtbilder-Recherche" die Materialbewegungen im Bild- und Tonarchiv
um 60% reduziert werden. Das ist genau der Anteil, der innerhalb des WDR lediglich zu
Sichtungszwecken angefordert wird. Zudem treten bei einer Online-Bestandsrecherche
weniger Verluste, Beschädigungen und Abnutzungserscheinungen an Bandmaterial und
Kassetten auf. Insgesamt müssten weniger Kopien angefertigt werden, wodurch gleich-
zeitig ein Bestandsschutz des Originalmaterials erfolgt und die Ausweitung der Lager-
kapazitäten verlangsamt wird. Durch die automatische Vordokumentation der Essence
und die kontinuierliche Anreicherung der Datenbasis im Verlauf der Prozesskette könn-
te auch hier eine Reduzierung des Aufwands für das Prüfen, Umwandeln und Aktuali-
sieren der Metadaten eintreten.
Offene Fragen (Diskussion)
Da sich das Projekt der ,,vernetzten Produktions- und Speicherumgebung" noch vor der
Fertigstellung befindet, lassen sich dessen Effekte hinsichtlich des Gestaltungsbereichs
,,Programmerfolgscontrolling" nur tendenziell formulieren. Zur Steigerung der Wettbe-
werbsfähigkeit in den derzeitigen und erwartungsgemäß konvergierenden Märkten er-
gibt sich die Notwendigkeit, sowohl den Prozess der Programmplanung als auch der
Programmproduktion ständig zu überprüfen und zu verbessern. Ansatzpunkte dafür sind
die Optimierung des Ressourceneinsatzes, die Förderung des Qualitätsbewusstseins, die
kritische Qualitätsdiskussion vor dem Hintergrund der Kundenorientierung oder auch
die Entscheidungsunterstützung durch die Bildung von Kennzahlen. Wie in der Arbeit
dargelegt, konzentriert sich die Diskussion in Rundfunkanstalten auf das Messgrößen-
mix ,,Kosten, Qualität und Akzeptanz" bzw. auf ähnliche Messgrößenkombinationen.
Eine aktuelles Berichtswesen und geeignete Verknüpfungen der Größen sollen den Pro-
grammverantwortlichen die Steuerung und die Kontrolle der Zielerreichung ermögli-
chen. Die Betrachtung des Kostenaspekts erfordert die Zurechenbarkeit aller Kosten, die
als direkte, anteilige Betriebskosten oder redaktionelle Gemeinkosten anfallen. Durch
die Einführung einer ,,vernetzten Produktions- und Speicherumgebung" werden wahr-
scheinlich die Auswirkungen auf die direkt zurechenbaren Kosten eher marginal ausfal-
len, da diese auf externen Leistungen beruhen. Denkbar wäre jedoch z.B. ein geringerer
Bedarf an freien Mitarbeitern und der bislang bezogenen Leistungen, weil rationellere
Prozesse weniger Zeit und somit weniger Personal und Produktionskapazitäten erfor-

-12-
dern. Ein weitaus größeres Veränderungspotenzial ist beim innerbetrieblichen Leis-
tungsaustausch zu erwarten. Hier könnten die programm- oder sendeplatzbezogenen
Kosten, z. B. als Kosten pro Sendeminute, deutlich sinken. Die Verbesserung von Qua-
litätszielen basiert zum einen auf der generellen Beschleunigung des Gesamtprozesses
(Zeit als Qualitätsfaktor), den umfassenden Nutzungsmöglichkeiten der Archivbestände
und anderer Informationsquellen, wodurch die journalistische Qualität der Produktion
gesteigert werden kann, und einer verbesserten Prozesstransparenz, die dem Entstehen
von Fehlern vorbeugt. Zudem ist davon auszugehen, dass der wiedergewonnene zeitli-
che Spielraum eine Rückbesinnung auf die qualitativ anspruchsvolleren, stellenbezoge-
nen Aufgaben ermöglicht, mit der vermutlich eine generelle Steigerung der Arbeitsqua-
lität einhergehen wird. Auch wenn kein zweifelsfreier Zusammenhang zwischen der
(journalistischen) Qualität von Rundfunkprogrammen und deren Akzeptanz hergestellt
werden kann, so fußt der Erfolg der öffentlich-rechtlichen Informationsangebote vor
allem auf diesem kritischen Erfolgsfaktor. Die Stärkung dieser Basis durch den Aufbau
effektivitäts- und effizienzfördernder Ablaufstrukturen bietet den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten die Möglichkeit, ihre derzeitige Qualitätsführerschaft langfristig zu
sichern und auszubauen. Über die Ziel-Mittel-Beziehung zwischen Programmauftrag
und Programmqualität wird gleichzeitig ein Beitrag zu mehr Effektivität und schließlich
zu einer besseren Sachzielerfüllung geleistet.

-
I-
Inhaltsverzeichnis I
Abkürzungsverzeichnis IV
Abbildungen und Tabellen VI
1 Einleitung... 1
1.1 Problemstellung ... 1
1.2 Gang der Untersuchung ... 3
2 Grundlegende Definitionen ... 6
2.1 Effizienz und Effektivität... 6
2.1.1 Effizienzprinzip- Abbildung der Effizienz ... 7
2.1.2 Effektivität ... 9
2.1.3 Effektivität und Effizienz im Rundfunk - Zielsystematisierung ... 11
2.1.3.1 Sach- und Formalziele der Unternehmenstätigkeit... 11
2.1.3.2 Aktuelles Beispiel: Gebührendiskussion ... 12
2.1.3.3 Ziel-Mittel-Ebenen... 14
2.1.3.4 Mehrdimensionalität des öffentlich-rechtlichen Zielsystems... 16
2.1.3.5 Weitere Handlungsfelder öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten... 16
2.1.3.6 Zwischenfazit... 18
2.2 Content Management ... 19
2.2.1 Content: Essence und Metadaten... 19
2.2.2 Abgrenzung zum Media Asset Management... 20
2.2.3 Begriffliche Erweiterung ­ Integration des Workflows ... 21
3 Prozessorganisation ... 24
3.1 Gebilde- versus Prozessstruktur... 24
3.2 Operatives Management ... 27
3.3 Prozessorientierung... 29
3.4 Prozess/Geschäftsprozess ... 33
3.4.1 Geschäftsprozess ­ Identifikation... 35
3.4.2 Primäre/sekundäre Prozesse... 37
3.4.3 Anzahl von Kernprozessen ... 39
3.5 Kernprozesse in Rundfunkunternehmen... 40
3.5.1 Wertschöpfungskette... 40
3.5.2 Verflechtungen und Verknüpfungen ... 42
3.5.2.1 Beispiele Verknüpfungen und Verflechtungen ... 43
3.5.2.2 Verknüpfungen auf monetärer Ebene ... 45
3.5.3 Empfehlungen zur Prozessanalyse... 47
3.5.4 Prozesstypen als Gegenstand der Prozessverbesserung/-erneuerung... 49
3.5.5 Geschäftsprozessmodellierung ... 50
3.5.5.1 Geschäftsprozessmodellierung mit ARIS... 51
3.5.5.2 Modellebenen... 52
3.6 Prozessorientierung/Prozessorganisation in Literatur und Praxis ... 53
3.6.1 Management-Konzepte als Reaktion auf Umweltveränderungen ... 53
3.6.2 Neuorientierung durch moderne Managementkonzepte... 57
3.6.3 Ein Syntheseansatz: Das Konzept des Geschäftsprozessmanagements ... 58
3.7 Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologie für
Prozessorganisation... 62
3.7.1 Kritik... ... 63
3.7.2 ...und Gegenkritik ... 63
3.8 Restrukturierungen in Rundfunkunternehmen... 65
3.8.1 Beispiel: Content Management im Hörfunk... 67

-
II-
3.8.2 Strategische Geschäftseinheiten als Basis der Restrukturierung... 68
3.8.3 Beispiel: Interne Leistungsverrechnung WDR... 70
4 Medien ­ Massenmedien ­ Rundfunk... 73
4.1 Medienbegriff/Kommunikation ... 74
4.2 Medienunternehmen ... 75
4.2.1 Betriebswirtschaftlicher Unternehmensbegriff... 76
4.2.2 Vielfältiges Zielsystem ... 77
4.2.3 Erweitertes Verständnis von Medienunternehmen... 78
4.3 Medienprodukte ... 78
4.3.1 Sachziel beeinflusst die Gesamtstrategie... 79
4.3.2 Doppelcharakter... 79
4.3.3 Medienprodukte als ökonomische Güter ... 80
4.3.3.1 Marktfähigkeit... 81
4.3.3.2 Nichtrivalität und Kostenstruktur ... 82
4.3.3.3 Fixkostendegression... 82
4.3.3.4 Ausschlussprinzip ... 83
4.3.3.5 Meritorisierung und externe Effekte... 85
4.3.3.6 Qualitätsbewertung/Indeterminiertheit ... 88
4.3.3.7 Zeitelastizität und Materialität des Verbrauchs ... 93
4.3.4 Strategische Implikationen der Gutseigenschaften für Medienunternehmen 96
5 Der Bezugs- und Ordnungsrahmen von Rundfunkveranstaltern ... 98
5.1 Einleitend: Aktuelle Entwicklungen/Situationsbeschreibung ... 99
5.1.1 Ökonomisierung... 100
5.1.2 Folgen/Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk... 103
5.1.2.1 Verlust von Marktanteilen ... 103
5.1.2.2 Gesunkene Werbeeinnahmen ... 105
5.1.2.3 Preissteigerung bei Programm-Ressourcen ... 105
5.1.2.4 Die Bedeutung der Rundfunkgebühr hat zugenommen... 107
5.1.2.5 Sparzwang... 107
5.2 Rechtliche und medienpolitische Umwelt ... 109
5.2.1 Medienrecht ... 109
5.2.2 Rechtliche Begriffsauffassung von Medien... 110
5.2.3 Verfassungsrecht - Kommunikationsfreiheit (Art. 5 GG) ... 111
5.2.4 Konkretisierung der Medienfunktionen... 111
5.2.5 Rundfunkrecht, Rundfunkordnung ... 115
5.2.5.1 Begriffsdefinition Rundfunk... 115
5.2.5.2 Verfassungsrecht/Rundfunkurteile ... 116
5.2.5.3 Grundversorgung ... 118
5.2.5.4 Medienpolitische Diskussionen ... 119
5.2.5.5 Rundfunkstaatsvertrag ... 120
5.2.5.6 Kontrollinstanzen... 122
5.3 Weitere Unternehmensumwelt... 122
5.3.1 Kategorisierung der Umweltdeterminanten... 123
5.3.1.1 Ansätze zur Abgrenzung der Umwelt:... 124
5.3.1.2 Dynamik und Komplexität der Umweltfaktoren/-determinanten... 126
5.3.2 Globalisierung und Informationsgesellschaft ... 127
5.3.3 Deregulierung ... 130
5.3.4 Technologie... 132
5.3.4.1 Massenmedien und Technologie ... 132
5.3.4.2 Bedeutung technologischer Innovationen für die Massenmedien -
Digitalisierung... 132

-
III-
5.3.4.3 Digitalisierung der Medien, des Fernsehens und der medialen
Wertschöpfungskette... 133
5.3.4.4 Digitalisierung... 134
5.3.4.5 Die Netze/das Medium ... 137
5.3.4.6 Integrationsfähigkeit digitaler Medien und Dienste ­ Desintegration von
Information und Übertragungsmedium ... 138
5.3.4.7 Multimedia ­ Entwicklungslinien der Konvergenz... 139
5.3.4.8 Integrierte Wertschöpfungsprozesse und digitale Technik... 142
5.3.5 Einflüsse auf das Geschäftsmodell ... 146
6 Leistungserbringung ­ was ist die Leistung? ... 147
6.1 Rundfunkprogramm... 147
6.1.1 Voll- oder Spartenprogramm ... 148
6.2 Rundfunkprodukte als ökonomische Güter ... 150
6.2.1 Rundfunkproduktion ... 150
6.2.2 Make or Buy ­ Die Tiefe der Rundfunkproduktion ... 151
6.2.3 Beispiel öffentlich-rechtlicher Rundfunk ... 152
6.3 Möglichkeiten zur Bewertung von Rundfunkprodukten ... 154
6.3.1 Tausch- oder Konsumeinheit ... 154
6.3.2 Quantitative Messung der Rundfunkproduktion ... 155
6.3.3 Qualitative Messung der Rundfunkproduktion ... 156
6.3.3.1 Qualitätsmanagement... 157
6.3.3.2 Kriterien inhaltlicher Qualität... 158
6.3.3.3 Beispiel: Programmcontrolling beim WDR ... 159
6.4 Typische Eigenschaften von Rundfunkprodukten... 161
6.4.1 Dienstleistungseigenschaften... 161
6.4.2 Prozesscharakter ... 163
6.5 Unikat-/Projektcharakter des Herstellungsprozesses... 164
6.5.1 Koordinationsaufwand und erhöhtes Risiko... 166
6.5.2 Koordinationsbedarf: räumlich, zeitlich, inhaltlich ... 170
6.5.3 Andere Sichten auf das Unikatproblem ... 171
6.5.3.1 (Re)Organisation des Produktionsablaufs ... 171
6.5.3.2 Begrenzung der Unikateigenschaft durch Ressourcen und Prozesse ... 172
6.5.3.3 Empfehlungen ... 180
7 Fallbeispiel: Prozessorientiertes Content Management beim WDR ... 183
7.1 Aufbau und Funktionen von Content-Management-Systemen ... 183
7.2 Das Projekt ,,integrierte Produktions- und Speicherumgebung" ... 189
7.2.1 Ursprünge... 189
7.2.2 Projektverantwortliche... 190
7.2.3 Der Projektverlauf ­ der derzeitige Stand... 191
7.2.4 Content Management beim WDR: Probleme/auslösende Faktoren/Motive 193
7.2.4.1 Zeit/ Aktualität ... 194
7.2.4.2 Qualität/Recherchequalität... 195
7.2.4.3 Mangelnde Datenintegration/Inselsysteme... 197
7.2.4.4 Archivsicht ­ Digitalisierung der Bestände... 198
7.2.4.5 Kostenaspekte Archiv und Digitalisierung - Die PRESTO-Studie ... 200
7.2.4.6 Ressourcenaspekte ... 202
8 Schlussbetrachtung ... 204
Literaturverzeichnis...21
0
Anhang 1: Erläuterung
Anhang 2: Abbildungen

-IV-
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
Abs. Absatz
ADSL
Asymmetric Digital Subscriber Line
API
Application Programming Interface
ARD
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland
ARIS Architektur
integrierter
Informationssysteme
Art. Artikel
ARTE
Association Relative à la Télévison Européenne
BPR
Business Process Reengineering
BR Business
Reengineering
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Bundesverfassungsgerichtsentscheid
CAD
Computer Aided Design
CAM
Computer Aided Manufactoring
CIM
Computer Integrated Manufactoring
CM Content
Management
CMS Content-Management-System
CURS
Computer unterstützte Regionalsendung
CvD
Chef vom Dienst
DAB
Digital Audio Broadcasting
DEGETO
Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild
DIN
Deutsches Institut für Normung e.V.
DVB
Digital Video Broadcasting
DVB - T
Digital Video Broadcasting - Terrestrial
DVD
Digital Versatile Disc
EBU
European Broadcasting Union
E-Commerce Electronic Commerce
EDV Elektronische
Datenverarbeitung
EG Europäische
Gemeinschaft
ERP
Enterprise Ressource Planning
EU Europäische
Union
FAR
Fribourger Arbeitskreis für die Ökonomie des Rundfunks
GEZ Gebühreneinzugszentrale
GfK
Gesellschaft für Konsumforschung
GG Grundgesetz
GP Geschäftsprozess
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung
HoLi
Honorar- und Lizenzabteilung
IFA Internationale
Funkausstellung

-V-
IRT
Institut für Rundfunktechnik
ISO
International Organization for Standardization
IT Informationstechnologie
IuK
Informations- und Kommunikationstechnologien
KEF
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs
KEK
Kommission zur Ermittlung der Medienkonzentration
LAN
Local Area Network
LISREL
Linear Structural Relationships
MAM
Media Asset Management
MHP
Mobile Home Platform
MIT
Massachusetts Institute of Technology
MoMa Morgenmagazin
NDR Norddeutscher
Rundfunk
NDR-StV NDR-Staatsvertrag
öffentl.-rechtl. öffentlich-rechtlich
PAL
Phase Alternating Line
PC Personal
Computer
PIMS
Profit Impact of Market Strategy
PPS
Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme
RStV Rundfunkstaatsvertrag
RTL Radio
Télé-Luxembourg
RvD
Redakteur vom Dienst
SDTV
Standard Definition Television
SGF Strategische
Geschäftsfelder
SMPTE
Society of Motion Picture and Television Engineers
SRT
Schule für Rundfunktechnik
TCP/IP
Transfer Control Protocol/Internet Protocol
TQM
Total Quality Management
TV Television
UMTS
Universal Mobile Telecommunications System
USP
Unique Selling Proposition
Ü-Wagen Übertragungs-Wagen
VPRT
Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V.
WAP
Wireless Application Protocol
WDR Westdeutscher
Rundfunk
WDR-G
Gesetz über den "Westdeutschen Rundfunk Köln"
ZDF
Zweites Deutsches Fernsehen

-VI-
Abbildungen
Seite
Abb. 1: Zur Effizienz als Verhältnis von Input und Output
8
Abb. 2: Das klassische Zielsystem öffentlich- rechtlicher
Rundfunkanstalten
Anhang 2
Abb. 3: Beispiele für Ziel-Mittel-Ebenen im Rundfunk
15
Abb. 4: Begriffliche Differenzierung Content/Asset Management
21
Abb. 5: Vorschlag für ein Content-Management-System
24
Abb. 6: Ansatz der klassischen Organisationslehre
27
Abb. 7: Die Rolle von Projekten und Prozessen im operativen Vollzug:
Konkretisierung und Realisation
29
Abb. 8: Schematisierter Aufbau des WDR mit horizontalem Prozessverlauf
33
Abb. 9: Wertkette mit Teil-Geschäftsprozessen
38
Abb. 10: Wertkette mit rundfunktypischen Aktivitäten
42
Abb. 11: Primäre Aktivitäten in der Rundfunkwertkette
- Prozesslandkarte
Anhang 2
Abb. 12a - h: Ereignisgesteuerte Prozesskette
Bildrecherche durchführen / initiieren beim WDR Anhang 2
Abb. 13: Vereinfachter Geschäftsprozess Beitragsproduktion im Fernsehen
53
Abb. 14: Zeitliche Phasen und Abhängigkeiten zwischen
Managementmethoden/ -konzepten
61
Abb. 15: Transformationsstufen bis zur virtuellen Unternehmung
65
Abb. 16: Zuschauermarktanteile deutscher Fernsehanbieter 2001 10
4
Abb. 17: Das Bezugs- und Umweltsystem von Rundfunkunternehmen 12
5
Abb. 18: Die Informatisierung der Arbeitswelt ­ Multimedia,
offene Arbeitsformen und Telearbeit 12
8

-VII-
Abb. 19: Unterschiedliche Auslegung des Begriffs der
Technischen Konvergenz 14
1
Abb. 20: Multimedia-Szenario für Rundfunkanbieter
144
Abb. 21: Kernaktivitäten von Rundfunkveranstaltern 15
1
Abb. 22: Digitalisierung des Fernsehens:
variable Rollen im Wertschöpfungsprozess 16
1
Abb. 23:
Standardisierungsgrad
18
0
Abb. 24: Benutzergruppen Content-/ Asset-Management-System 18
6
Abb. 25: Integriertes Content-Management-System ­
allgemeine Infrastruktur 18
8

-VIII-
Tabellenverzeichnis
Seite
Tab. 1: Ziele der Geschäftsprozessmodellierung
51
Tab. 2: Merkmale von Prozesserneuerung und -verbesserung
56
Tab. 3: Konzepte zu prozessorientierten Organisationsstrukturen
Anhang 2
Tab. 4: Möglichkeiten zur Kategorisierung der weiteren Unternehmensumwelt 12
4
Tab. 5: Vorteile der Digitalisierung
135
Tab. 6: Übergeordnete und redaktionelle Qualitätskriterien 16
0
im Programm-Controlling des WDR
Tab. 7: Typischer Workflow der Programmproduktion,
Beispiel 30minütige eigenproduzierte Dokumentation 16
7
Tab. 8: Kosten für die Konservierung von Archivmaterial in im Jahr 2000 20
1

-1-
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Seit Beginn der 1980er Jahre haben sich unter dem Einfluss globaler Entwicklungen die
vorherrschenden Paradigmen der Wirtschafts-, Kultur- und Sozialpolitik in der Bundes-
republik Deutschland grundlegend verändert. Es lässt sich ein kontinuierlicher Wandel
von vormals politikdominierenden Begriffen wie Sozialverträglichkeit, Grundversor-
gung, Verteilungsgerechtigkeit etc. hin zu einem Konzept verfolgen, das unter dem
Begriff der Ökonomisierung eine Vielzahl von Trends und Entwicklungen versammelt,
dem nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche unterliegen.
Dieses Phänomen konkretisiert sich in seinen Konsequenzen, die als Globalisierung,
Liberalisierung, Deregulierung oder Privatisierung mittlerweile alte Leitsätze der (Me-
dien-)Politik abgelöst zu haben scheinen. Im Rahmen dieser Arbeit soll gezeigt werden,
dass die daraus abgeleiteten Notwendigkeiten und Forderungen nicht mehr nur die Pri-
vatwirtschaft betreffen, sondern auch die in unterschiedlichen Formen erbrachten öf-
fentlichen Leistungen. So wird deutlich, dass vor dem Hintergrund einer angespannten
Finanzlage der öffentlichen Haushalte nur eine Überprüfung und Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit und Effektivität notwendige finanzielle Handlungsspielräume erhal-
ten kann.
Auch das Mediensystem unterliegt dem Trend der Ökonomisierung und hat im Jahr
1984 mit der Einführung des dualen Systems im Rundfunkbereich eine tiefgreifende
Veränderung erfahren: Dem bis dato monopolistischen, gebührenfinanzierten öffentlich-
rechtlichen Rundfunk erwuchsen mit der Etablierung neuer, privater Sender Wettbe-
werber um Rezipienten und Aufmerksamkeit. Hier soll die Situation der öffentlichen
Rundfunkanstalten skizziert werden, die für sie einerseits Konkurrenz um Zuschaueran-
teile, Werbeeinnahmen und Inhalte bedeutet. Auf der anderen Seite steht der Zwang,
das Gebührenprivileg zu rechfertigen und die Wirtschaftlichkeit der Programmerstel-
lung und ihren Umfang vor der Politik und gesellschaftlichen Interessengruppen unter
Beweis zu stellen.
Der klassische Rundfunkauftrag, der in der verfassungsrechtlichen Figur der Grundver-
sorgung seine Entsprechung findet, betont vor allem die Funktionen der (Massen-) Me-
dien für eine pluralistische und demokratische Staatsordnung. Über Jahrzehnte fand
diese Auffassung ihren Ausdruck in einer ausgeprägten Angebotsorientierung und dem
Bestreben, medienpolitische Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten. Die Deregulierung
des Mediensystems knüpft an den grundlegenden Wandel der Gesellschaften hin zu
liberalistischen Konzepten an. Sie setzt auf eine Nachfrageorientierung in Verbindung
mit einer erhofften Selbstregulierung der Märkte. Medien handeln heute in der Logik
von Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Profitmaximierung. Ihre Produkte sind Waren,
über deren Marktbedingungen Angebot und Nachfrage entscheiden. Aufmerksamkeit
wird zur entscheidenden Größe, die über Angebot und Akzeptanz einzelner Medien
entscheidet.

-2-
Hier soll gezeigt werden, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Angebot
nach diesem Kriterium, das als Zuschaueranteilsquote greifbar wird, messen lassen
muss. Sie ist in der medienpolitischen Diskussion eine Größe geworden, die über den
derzeitigen und vor allem zukünftigen Umfang des öffentlich-rechtlichen Angebots ent-
scheidet: Ein Programm, das unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfände, verlöre
seine im Grundversorgungsauftrag gegebene Legitimierung. Gleichzeitig erwächst den
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern aus dem Gebührenprivileg die Verpflichtung,
Programme informierender, kultureller, bildender und unterhaltender Art anzubieten.
Es soll anhand der Darstellung einiger Maßnahmen skizziert werden, wie die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten dieser Entwicklung und weiteren Anforderungen der
Umwelt Rechnung tragen: Sie sind gezwungen eine ,,Doppelstrategie" anzuwenden, die
sich zwischen den zentralen Merkmalen der Wettbewerbswirtschaft, Effizienz und Frei-
heit der Konsumentenentscheidung auf der einen und der auf dem Marktversagensar-
gument (in Informationsmärkten) fußenden Pflicht zur Grundversorgung auf der ande-
ren Seite aufhält. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund der real gesunkenen
verfügbaren Mittel der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich auf eine Sche-
re aus stark steigenden Lizenzaufwendungen bei sinkenden Werbeerträgen und real
gleichbleibenden Gebührenerträgen zurückführen lassen. Unter dem Stichwort Struktur-
reform werden seit Beginn der 1990er Jahre Möglichkeiten diskutiert, den institutionali-
sierten öffentlichen Rundfunk kosteneffizienter zu gestalten. Diese Maßnahmen, die im
Sinne moderner Management-Konzepte den Prozess der Leistungserstellung ins Zent-
rum möglicher Restrukturierungen rückt, sollen daher hier vorgestellt werden.
In der Arbeit wird dargestellt, dass der technologischen Entwicklung in diesem Zusam-
menhang eine besondere Rolle zufällt: Durch die Digitalisierung der Produktions- und
Distributionstechnik eröffnen sich Innovationspotentiale, die systemweit eine Verviel-
fachung der Kanäle mit sich bringen. Auf der Unternehmensebene bieten sich Chancen,
Rationalisierungspotenziale sowohl innerhalb der Wertschöpfungskette als auch auf
organisatorisch-institutioneller Ebenen zu realisieren.
Ziel dieser Arbeit ist, zu zeigen, wie sich die an den Kernprozessen einer Rundfunkun-
ternehmung orientierte Gestaltung eines integrierten Redaktions-, Produktions- und Ar-
chivsystems (CMS) auf die Effizienz und Effektivität des Herstellungsprozesses in
Rundfunkunternehmen auswirkt: Es ist anzunehmen, dass dadurch nicht nur Medien-
brüche aufgehoben, sondern Prozesse durch Schnittstellenreduktion beschleunigt, Feh-
lerquellen beseitigt und die Kernkompetenzen von Mitarbeitern und Unternehmen ge-
stärkt werden. Darüber hinaus sollen neue Optionen für die Wiederverwertung eigenen
und fremden Contents und für die Beschickung zielgruppenorientierter Spartenkanäle
herausgearbeitet werden. Aus diesen Annahmen ergeben sich Hinweise auf Potenziale,
die bei Erkennen dazu genutzt werden könnten, die Wettbewerbsstrategie der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkunternehmen gezielt zu unterstützen. Sie könnten dazu beitragen,
den qualitativen Vorsprung im Informationsbereich zu stärken und durch frei werdende
Mittel auch weiterhin attraktiven Content für das Massenpublikum zu produzieren oder
zu erwerben. Durch die Harmonisierung von Sach- und Formalzielen ­ über die wirt-

-3-
schaftlichere, zielgerichtete Erfüllung des Programmauftrags ­ ließe sich zudem eine
glaubwürdigere Positionierung verwirklichen, von der aus weitere Vorteile sowohl im
medienpolitischen Meinungskampf als auch im Rahmen der Rechenschaftslegung ge-
genüber Stakeholdern erzielbar wären.
Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) steht kurz vor der Einführung eines solchen
Content-Management-Systems, das als ,,vernetzte Produktions- und Speicher-
umgebung" zur Zeit von einem interdisziplinären Projektteam entworfen und imple-
mentiert wird. Am Beispiel dieses Projekts sollen Möglichkeiten zur Steigerung von
Effizienz und Effektivität vorgestellt werden, mit denen den darzustellenden Umweltan-
forderungen Rechnung getragen werden kann.
1.2 Gang der Untersuchung
Die Arbeit spiegelt in ihrem Verlauf den Charakter des öffentlich-rechtlichen Rund-
funkprodukts als einerseits wirtschaftliches und andererseits kulturelles Gut wider. Da-
bei wird ebenfalls auf die technologischen Aspekte, die die Rundfunkproduktion prä-
gen, eingegangen.
In Kapitel 2 werden daher die ökonomischen Begriffe der Effizienz und Effektivität
aufgenommen und über eine Zielsystematisierung für den Rundfunk, hier am Beispiel
des WDR, konkretisiert. Zu diesem Zweck wurden vor allem die Ansätze zur Rund-
funkökonomie von Kayser, Schwertzel, Susallek und Sieben gewürdigt und in ein Ziel-
Mittel-Schema überführt. Um eine Arbeitsgrundlage für die Betrachtung der beiden
genannten Größen in Hinblick auf die Einführung eines prozessorientierten Content
Management zu schaffen, soll zusätzlich eine begriffliche Abgrenzung von ,,Content
Management" zu ähnlichen Konzepten geleistet werden, die dann mit der begrifflichen
und inhaltlichen Integration des Workflows ihre Erweiterung findet. Dabei war der Auf-
satz von Peter Thomas, der als leitender Ingenieur des Systemanbieter TECMATH AG
für die Forschungsaktivitäten sowie für die Technologiestrategie und das Produktdesign
des Content-Management-Systems ,,media archive" verantwortlich ist, besonders wert-
voll. Gleiches gilt für die Ausführungen von Kreikle sowie eine Studie im Auftrag der
European Broadcasting Union (EBU).
Da im Sinne dieser Arbeit Content Management neben technologischen Aspekten vor
allem auf der Orientierung an Prozessen beruht, stehen Prozesse und Prozessorganisati-
on im Zentrum von Kapitel 3. Dafür wird der Wandel von der Gebildeorganisation zur
Prozessorganisation nachgezeichnet und in einem nächsten Schritt eine Definition von
Geschäftprozessen und Empfehlungen zu deren Identifikation gegeben. Für eine Dar-
stellung der Kernprozesse in Rundfunkunternehmen wird im weiteren Verlauf die
Wertkette von Porter aufgegriffen, mit der gleichzeitig ein erster Ansatz für die Pro-
zessanalyse geliefert wird. Anhand dieses Modells werden exemplarisch typische Ver-
flechtungen und Verknüpfungen von Aktivitäten im Zuge der Rundfunkproduktion er-
läutert. Daraus ergeben sich erste Anhaltspunkte, wie aus einem prozessorientierten

-4-
Organisationsumbau im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kosten- und/oder Differenzie-
rungsvorteile resultieren könnten. Die Literatur zur Prozessorganisation, hier vor allem
von Gaitanides, Schober, Rosenkranz, Picot, Nippa, Staud und Scheer, diente dazu, das
zwischen dem ,,dynamischen Phänomen" Ablauforganisation und dem ,,Bestandsphä-
nomen" Aufbauorganisation liegende Problemfeld aufzuspannen. Angesichts der Be-
deutung moderner Managementkonzepte für die Restrukturierung von Organisationen
im Allgemeinen und für die spätere Einordnung des Content Management-Projekts
beim WDR im Besonderen, wird im weiteren Fortgang der Arbeit auf Basis einer Sys-
tematisierung von Schmelzer und Sesselmann ein Überblick zu diesen geliefert. Dabei
erfahren diese Konzepte eine kritische Würdigung hinsichtlich ihres Innovationsgehalts.
In einer Diskussion der Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologie
für die Prozessorganisation wird der Bogen zurück zum Content Management geschla-
gen, wie an Beispielen aus der Rundfunkpraxis, die vor allem Veröffentlichungen Eh-
lers und Meckel sowie den Haus- und Mitarbeiterzeitschriften des WDR entnommen
wurden, illustriert wird.
In Kapitel 4 erfolgt die dem Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Anstalten
geschuldete Perspektiverweiterung: Von der rein ökonomischen Perspektive zu einer
Sicht, die über die wirtschaftlichen Aspekte hinaus auch medienwissenschaftliche und -
politische Überlegungen fokussiert und damit dem Doppelcharakter von Medienunter-
nehmen und ­produkten Rechnung trägt: Zwar unterliegen auch Rundfunkprodukte den
Gesetzen des Marktes, was durch ihre Einordnung in ein Klassifikationsschema für
Wirtschaftsgüter deutlich wird, doch ergeben sich für sie aus der Untersuchung auch
typische Charakteristika von öffentlichen Gütern. Dem Markt für Rundfunkprodukte
können erhebliche Mängel attestiert werden. Zur Bestimmung der Wesensmerkmale
von Medien-/Rundfunkprodukten und -unternehmen wurde schwerpunktmäßig auf die
Darstellungen von Heinrich, Sjurts, Knobloch, Karstens und Kops zurückgegriffen.
Diese speziellen Merkmale beeinflussen das strategische Management von Medienun-
ternehmen in typischer Weise.
Der Forderung, dass im strategischen Management eine Harmonisierung zwischen un-
ternehmensinternen Ressourcen und den Anforderungen der Unternehmensumwelt an-
gestrebt wird, tragen die Darstellungen in Kapitel 5 Rechnung. Hier werden ausgehend
von einem Modell für einen Bezugs- und Ordnungsrahmen für Rundfunkveranstalter
die wesentlichen einflussgebenden Umweltsegmente untersucht. Vor dem Hintergrund
der oben angesprochenen Trends und ihrer Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen
Anbieter wird zunächst der rechtliche Rahmen für die öffentlich-rechtlichen Sendean-
stalten analysiert. Aus dem Verfassungsrecht, Rundfunkgesetzten, -satzungen und
Staatsverträgen (Rundfunkordnung) ergibt sich die Legitimations- und Rechtsgrundlage
für einen gebührenfinanzierten Rundfunk. Zugleich resultieren daraus die Verpflichtun-
gen, die sich wie in Kapitel 2 dargestellt, in einem zweigeteilten Zielsystem manifestie-
ren und deren Erfüllung sich anhand der Trias Qualität, Kosten und Akzeptanz bemes-
sen lässt: So fordert zum Beispiel das WDR-Gesetz die Produktion von Rundfunkange-
boten unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Wichtige Quellen für die Betrachtungen
waren die Veröffentlichungen von Meyn, Fechner, Holznagel, Beck, Eifert und Meckel.

-5-
Ein zweiter Bestimmungsfaktor für die Unternehmensumwelt von Rundfunkveranstal-
tern ist die Technologie, die eng mit den Trends zur Deregulierung und Globalisierung
verbunden ist, wie die Abgrenzung der weiteren Unternehmensumwelt zeigen wird.
Dabei sollen vor allem die entscheidenden Potenziale, die die Digitalisierung vor dem
Hintergrund einer marktseitigen wie auch technischen Konvergenz für die Entwicklung
von Rundfunkunternehmen liefert, aufgezeigt werden. Hinweise darauf gaben im We-
sentlichen die Veröffentlichungen von Stamer, Chung, Heinrich und die Einschätzun-
gen von Dieter Hoff, dem Technischen Direktor des WDR.
Das im Rahmen der Arbeit wichtigste Objekt der Digitalisierung, die Rundfunkproduk-
tion und damit die eigentliche Leistungserstellung von Rundfunkunternehmen, steht im
Zentrum von Kapitel 6. Hier soll anhand einer kritischen Diskussion der typischen Ei-
genschaften von Rundfunkprodukten eingeschätzt werden, ob sich die Herstellungspro-
zesse von Rundfunkanbietern für eine Restrukturierung, die Effizienz und Effektivität
der Leistungserbringung steigern könnte, eignen. Dabei soll der Annahme, dass sich die
Kulturproduktion (und damit auch die Rundfunkproduktion) vorwiegend in Prozessen
mit Unikatcharakter vollzieht, die fortschreitende Tendenz zur Standardisierung und
Formatierung entgegengestellt werden. Daran schließen Empfehlungen für einen situa-
tiv optimalen Standardisierungsgrad der Rundfunkproduktion an. Diese lehnen sich un-
ter anderem an die Untersuchungen von Schlösser, Sieben und Kiefer an.
Kapitel 7 dokumentiert das Fallbeispiel der Einführung eines prozessorientierten Con-
tent-Management-Systems beim WDR, an dem die Schlüsse aus den vorangegangenen
Untersuchungen gespiegelt werden sollen. Dafür werden zunächst der Aufbau und die
Funktionen von Content-Management-Systemen im Allgemeinen skizziert und nähere
Angaben zu den Systembestandteilen sowie den dort verwalteten Informationen ge-
macht. Dies dient als Basis für die Beschreibung der Ursprünge der Projektidee, der
personellen Zusammensetzung des Projekt-Teams und des bisherigen Projektverlaufs
beim WDR. Aus Gesprächen, die der Autor mit dem Projektleiter und weiteren Team-
mitgliedern führte, ergeben sich die auslösenden Faktoren und die Motive für die Inves-
titionen in das neue System, das sich mittlerweile in der Phase der Auftragsvergabe be-
findet. Dabei werden die Anforderungen, die Redaktion und Archiv an das Projekt stell-
ten, herausgearbeitet. Da bisher noch keine Daten zu Kosten und Nutzen der Maßnahme
vorliegen, wird eine entsprechende Einschätzung, die im Zuge einer europäischen Stu-
die zur Strategie- und Technologieentwicklung für Content-Management- und Media-
Asset-Management-Systeme entstand, herangezogen.
In den Schlussbetrachtungen des Kapitels 8 wird erkennbar, wie sich im Fall der Ein-
führung eines Content Management beim WDR die in der Arbeit besprochenen Begriffe
miteinander verbinden. Durch eine Einordnung der Projektziele und des bisherigen Pro-
jektverlaufs in die entworfene Systematik der Prozessorientierung ergeben sich erste
Anhaltspunkte für die Bewertung der Maßnahme hinsichtlich der dieser Arbeit zugrun-
de liegenden Fragestellung: Lässt sich infolge der Einführung eines integrierten Content
Management eine vermehrte Prozess- und Produktorientierung erwarten, die zu einer

-6-
Verbesserung der Effektivität und Effizienz bei der Leistungserbringung in öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten führt?
2 Grundlegende Definitionen
2.1 Effizienz und Effektivität
Im Rahmen des Strategischen Managements ist die strategische Planung der Kernpro-
zess, der durch Informationsverarbeitung die Abstimmung zwischen Umweltanforde-
rungen und den Potenzialen der Unternehmung erwirken soll. Sie hat das Ziel, über die
Wahl von Strategien den dauerhaften Erfolg eines Unternehmens zu sichern.
1
In Ab-
grenzung zur operativen Planung, die zeitraumorientiert ­ periodenorientiert ­ ausge-
richtet ist und sich mit relativ gut strukturierten, vor allem mit quantitativen Problemty-
pen befasst, handelt es sich bei der strategischen Planung um einen problemorientierten
Ansatz
2
: Gegenstand der strategischen Planung bzw. strategischer Entscheidungen sind
schlecht strukturierte Entscheidungsprobleme, die sich durch Komplexität und Unsi-
cherheit der Situation sowie Pluralität und schlecht operationalisierbare Zielsetzungen
auszeichnen. Sie erfordern in einem hohen Grad subjektive Annahmen.
3
Als Zielset-
zung für die strategische Planung wird häufig die Sicherung der Effektivität genannt,
die als Leitlinie für langfristiges Handeln fungieren soll und durch das Verhältnis aus
aktuellem und erwünschtem Output erfasst wird. Im Gegensatz dazu kann die Effizienz,
die die Relation von aktuellem Output zu aktuellem Input abbildet, als Kriterium für die
operative Planung eingesetzt werden.
4
Übersetzt wird Effektivität zuweilen mit der
Handlungsanweisung ,,die richtigen Dinge tun" bzw. die Effizienz mit ,,die Dinge rich-
tig tun"
5
. Effektivität äußert sich z.B. in der Auswahl der richtigen Märkte und Produk-
te, der Bestimmung der richtigen Erfolgsfaktoren und dem Aufbau der richtigen Kern-
kompetenzen. Betont wird hierbei der maßgebliche Einfluss von Unternehmensvision,
Unternehmenszielen und Unternehmensstrategie auf die Effektivität unternehmerischen
Handelns. Probleme mit einer effizienten Zielumsetzung finden nicht selten ihre Ursa-
che in einer unzureichenden Beherrschung der Prozesse, da sie z.B. mit nicht-
wertschöpfenden Aktivitäten überladen werden oder aufgrund einer hohen Anzahl von
Schnittstellen einen hohen Koordinationsaufwand erzeugen.
6
Eine formale Definition
1
Vgl. Bea, Franz Xaver/ Haas, Jürgen (2001): Strategisches Management, 3. Aufl., Stuttgart 2001, S. 49.
2
Vgl. Ulrich, Peter/ Fluri, Edgar (1995): Management - eine konzentrierte Einführung, 7. Aufl., Bern/
Stuttgart/ Wien 1995, S. 133.
3
Vgl. Ulrich/ Fluri (1995), S. 114.
4
Vgl. Bea/ Haas (2001), S. 133.
5
Friederici, Ingolf (2000): Prozesse im Unternehmen und ihre Darstellung im Rahmen des Management-
systems, Augsburg 2000, S. 8.
6
Vgl. Schmelzer, Hermann J./ Sesselmann, Wolfgang (2002): Geschäftsprozessmanagement in der Praxis
- Kunden zufrieden stellen - Produktivität steigern - Wert erhöhen, 2. Aufl., München/ Wien 2002, S. 3.

-7-
von Effektivität und Effizienz könnte beispielsweise wie nach ISO 9000:2000 folgen-
dermaßen lauten:
7
·
,,Wirksamkeit (Effektivität): Umfang, in dem geplante Tätigkeiten verwirklicht und ge-
plante Ergebnisse erreicht werden.
·
Effizienz: Verhältnis zwischen dem erzielten Ergebnis und den eingesetzten Mitteln."
2.1.1 Effizienzprinzip- Abbildung der Effizienz
Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens wird maßgeblich durch das rationale
Verhalten seines Managements beeinflusst. So sind weitreichende Entscheidungen mit
z.T. nicht vorhersehbaren Konsequenzen gründlich zu durchdenken (so z.B. Investiti-
onsvorhaben wie das ,,MoMa-Projekt") und Maßnahmen, die zur Erreichung der Unter-
nehmensziele erforderlich scheinen, im Zuge der Unternehmensplanung zweckkonform
auszuwählen und durchzuführen. Die gezielte Ausrichtung der Entscheidungen und
Maßnahmen erfolgt unter dem Verhaltengrundsatz rationalen Handelns
8
, dessen öko-
nomische Interpretation dem Wirtschaftlichkeits- bzw. Effizienzprinzip entspricht. An-
hand dieses Prinzips erfolgt z.B. generell die methodische Ausrichtung von Planungs-
und Kontrollrechnungen, die der Ermittlung von Kennzahlen dienen, wie beispielsweise
im Rahmen von Vorteilhaftigkeitskalkülen bei Investitionsentscheidungen, so z.B. bei
Einführung neuer Verfahren wie einem integrierten Content Management. Wirtschaftli-
ches Handeln impliziert das Bestreben, das Verhältnis von oder die Differenz zwischen
Zielerfüllung bzw. Nutzen und dem Mitteleinsatz bzw. den Kosten zu maximieren.
9
Bezogen auf Prozessinnovationen bzw. -verbesserungen bestünde eine zentrale Zielset-
zung darin, qualitativ hochwertige Leistungen über effiziente Prozesse bei kurzen Bear-
beitungszeiten und niedrigen Kosten zu realisieren.
10
Je nach Zielsetzung des Verände-
7
Friederici (2000), S. 8.
8
,,Handle so, dass der Zweck deines Handelns mit möglichst geringem Mitteleinsatz erreicht wird (Mi-
nimumprinzip) oder aber so, dass Du mit gegebenen Mitteln Deine Ziele möglichst weitgehend realisierst
(Maximumprinzip).", vgl. Zangemeister, Christof (2000): Erweiterte Wirtschaftlichkeitsanalyse (EWA),
in: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Schriftenreihe der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Forschungsbericht 879, 2. Aufl., Dortmund/ Berlin 2000, S. 2. In
dieser Interpretation des ökonomischen Prinzips findet sich bereits eine Relativierung der ansonsten abso-
luten Definition des ökonomischen Prinzips im Sinne von maximal und minimal wieder. Diese Annahme
würde strenggenommen die Kenntnis aller möglichen Handlungsalternativen erfordern. Daher fordert
Widmayer einen realistischeren und operationalisierbaren Effizienzbegriff, indem er eine komparative
Formulierung vorschlägt. Er nennt eine Aktivität dann effizient, ,,...wenn sie das angestrebte Ziel mit
geringerem Aufwand bzw. in einem höheren Maße verwirklicht als alle anderen zur Disposition stehen-
den Möglichkeiten.", vgl. Widmayer, Jörg (2000): Produktionsstrukturen und Effizienz im öffentlichen
Theatersektor: eine wirtschaftswissenschaftliche Analyse unter Verwendung eines dualen Frontieransat-
zes, in: Udo Hielscher/Thomas Lenk (Hrsg.) Schriften des Instituts für Finanzen - Universität Leipzig,
Bd. 1, Diss., Leipzig, Univ., 1999, Frankfurt am Main 2000, S. 66.
9
Vgl. Zangemeister (2000), S. 1.
10
Vgl. Vahs, Dietmar/ Burmester, Ralf (1999): Innovationsmanagement - Von der Produktidee zur er-
folgreichen Vermarktung, Stuttgart 1999, S.75. So liegen z.B. die Ziele der prozessorientierten Unter-
nehmensgestaltung primär in der Aufdeckung und Nutzung von Verbesserungspotenzialen bzgl. der Zeit,
der Kosten und der Qualität bei der Erfüllung der Unternehmensaufgabe, vgl. Nippa, Michael (1995a):

-8-
rungsvorhabens (Prozess-, Sozial-, Strukturveränderung), den zugrunde liegenden Wir-
kungshypothesen und den unternehmensindividuellen Rahmenbedingungen sind Ziel-
kriterien zu definieren und von einem oftmals relativ unbestimmten Niveau - man
spricht hier auch von Konstrukten - mit Hilfe von Indikatoren zieladäquat zu operatio-
nalisieren.
11
Dabei sind es insbesondere auf der Zielseite nicht ausschließlich monetäre
Nutzen-Effekte, die für die Bewertung und Entscheidung unternehmensinterner Verän-
derungen von Relevanz sind.
12
An einer schematischen Abbildung lässt sich das oben
beschriebene effizienzorientierte Verhältnis zwischen Input/Output verdeutlichen:
Anforderungen an das Management prozeßorientierter Organisationen, in: Michael Nippa/Arnold Picot
(Hrsg.), Prozeßmanagement und Reengineering: Die Praxis im deutschsprachigen Raum, Frankfurt am
Main/ New York 1995, S. 39 - 58, S. 45.
11
Vgl. Hornberger, Sonja (2000): Evaluation in Veränderungsprozessen, in: Georg Schreyögg/ Peter
Conrad (Hrsg.), Organisatorischer Wandel und Transformation, Managementforschung, Bd.10, Wiesba-
den 2000, S. 239 - 277, S. 253. Durch die Operationalisierung eines Merkmals bzw. einer ,,operationalen
Definition" werden Begriffe standardisiert, indem ihnen Operationen zugeordnet werden, die zur Erfas-
sung des durch den Begriff verkörperten Sachverhalts erforderlich sind, oder dadurch, dass messbare
Ereignisse angegeben werden, die das Vorliegen des Sachverhalts anzeigen (Indikatoren). Probleme bei
der Operationalisierung können allein schon dadurch entstehen, dass Unklarheiten über den Begriff be-
stehen, dessen Sachverhalt über Indikatoren abgebildet bzw. durch die Anwendung von Operationen
erfasst werden soll, vgl. Bortz, Jürgen/ Döring, Nicola (2001): Forschungsmethoden und Evaluation - für
Human- und Sozialwissenschaftler, 3. Aufl., Berlin/ Heidelberg/ New York 2001, S. 66, 67. Anschaulich
wird dieses Problem an der weiter unten geführten Debatte um das Programmcontrolling, in dessen Rah-
men eine inhaltliche Bestimmung des Begriffs Qualität erforderlich wird. Schon aus betriebswirtschaftli-
cher Sicht bestehen diverse Ansatzpunkte für eine Definition des Qualitätsbegriffs, vgl. dazu z.B.
Haedrich, Günther (1995): Qualitätsmanagement, in: Handwörterbuch des Marketing, 2. Aufl., Stuttgart
1995, S. 2207 - 2214, S. 2207, 2208. Die Publizistik/ Medienwissenschaft kennt ebenfalls unterschiedli-
che Kriterienkataloge, anhand derer die publizistische Qualität gemessen werden könnte.
12
Vgl. Zangemeister (2000), S. 3.
Abb.1: Zur Effizienz als Verhältnis von Input und Output, Zangemeister (2000), S. 3.
Input
O utput
Transform ations-
prozess
M aßnahm en/M ittel
W irk-System
Zielsystem
Ressourcen-
einsatz
Zielerfüllungs-
grad
Kosten
Nutzen
Effizienz ?
Kriterien:
m onetär
Kapitalkosten, Personalkosten
Sachm ittelkosten,
Frem dleistungen...
Kriterien:
m onetär
Einsparungen, (Personal, Material...)
indirekt m onetär
Fluktuation, Absentism us
Fehlerhäufigkeit...
nicht m onetär
Arbeitsm otivation, Leistungsbereitschaft
Qualität, Im age...

-9-
Es wird deutlich, dass durch das Effizienzprinzip allein weder Vorgaben für die Ausges-
taltung der Ziele und deren Operationalisierung noch für die potenziellen Formen des
Mitteleinsatzes gemacht werden, so dass sinnvolle Aussagen über die Wirtschaftlichkeit
von Maßnahmen, z.B. im Rahmen des Vergleichs unterschiedlicher Handlungsalternati-
ven, erst nach Einführung eines Bewertungsmaßstabes durch ein angemessenes Zielsys-
tem ermöglicht werden.
13
Letztlich kann aber auch durch ein Zielsystem die Richtigkeit
einer Entscheidung immer nur vor dem Hintergrund der subjektiven Präferenzen und
Ziele der Entscheidungsträger bewertet werden.
14
2.1.2 Effektivität
Lässt sich durch Effizienzkriterien ­ die kritische Input-Output Dimension ­ die Erfül-
lung von Zielvorstellungen unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots abbil-
den, so wird durch die Effektivität als Ursache-Wirkung-Beziehung, also durch Betrach-
tung einer kausalen Perspektive, die Qualität von durchgeführten Maßnahmen im Sinne
der unternehmerischen Zielerreichung dargestellt. Ein häufiges Problem bei der Beurtei-
lung der Effektivität besteht darin, dass eine eindeutige Zuordnung der Veränderung
einer Zielvariablen zu einer bestimmten Maßnahme als Verursacher durch die Existenz
von Wechselwirkungen und evtl. Drittvariablen deutlich erschwert wird.
15
So lässt sich
beispielsweise die Hypothese, dass die Einstellung eines Kunden gegenüber einem Pro-
dukt sein Kaufverhalten bestimmt, nicht direkt messen.
16
Ähnlich schwierig ­ oder viel-
leicht sogar unmöglich ­ wäre der kausalanalytische Nachweis der Erfüllung des ge-
samtgesellschaftlichen Auftrages einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt durch
z.B. eine ablaufprozessverbessernde Maßnahme oder eine Sendeplatzveränderung im
Rahmen der Programmplanung zu führen. Das gilt umso mehr, als dass die damit ver-
bundenen Ziele, wie Förderung der Demokratie, der Meinungsbildung, des Sozialstaats
oder der Integration, schwer objektivierbar und kaum operationalisierbar sind.
17
13
Vgl. Zangemeister (2000), S. 4, s. a. Abschnitt 2.1.3 dieser Arbeit.
14
Vgl. Eisenführ, Franz (1997): Investitionsrechnung, 11. Aufl., Aachen 1997, S. 4.
15
Vgl. Hornberger (2000), S. 261. Zur Analyse von Vorher-/Nachher-Untersuchungen werden z.B. zur
Beurteilung organisatorischer Interventionen kausalanalytische Verfahren wie der LISREL-Ansatz (Li-
near Structural RELationships) eingesetzt, die eine multivariate Beurteilung von Wirkungen (der Inter-
vention) hinsichtlich der Zielvariablen ermöglichen. Kausalanalytische Verfahren zielen auf Basis eines
,,theoretisch fundierten Hypothesensystems" darauf ab, die Übereinstimmung zwischen theoretisch abge-
leiteten Beziehungen und empirisch gewonnenem Datenmaterial zu überprüfen. Gegenstand des o.g.
Ansatzes ist es, das Vorhandensein von nicht direkt messbaren Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzude-
cken, vgl. Backhaus, Klaus et al. (2000): Multivariate Analysemethoden - eine anwendungs-orientierte
Einführung, 9. Aufl., Berlin u. a. 2000, S. 391.
16
Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 392.
17
Vgl. dazu z.B. ein mögliches Ziel Mittel-Schema für den Rundfunk bei Schwertzel, Uwe (1997):
Benchmarking für Rundfunkveranstalter, in: Karl-Heinrich Hansmeyer/ Manfred Kops/ Günther Sieben
(Hrsg.), Schriften zur Rundfunkökonomie, Bd. 4, Berlin 1997, S. 32, 33. Sieben/ Schwertzel weisen dar-
auf hin, dass gerade die Ziele nationalen und gesellschaftlichen Ausmaßes hinsichtlich ihrer Zielinhalte
nur sehr aufwändig zu operationalisieren sind und ihr Beitrag zur Zielerfüllung gleichermaßen schwer
messbar ist. So wäre z.B. der Beitrag einer einzelnen Sendung oder des gesamten Programms zur Erfül-
lung o.g. Ziele höchstens näherungsweise durch Rezipientenbefragungen feststellbar. Die erzielten Effek-
te blieben dennoch nicht messbar, da sie nicht über kardinale Größen darstellbar seien, vgl. Sieben, Gün-

-10-
Ganzheitliche Prozessbewertung
Die in Kapitel 7 zu beschreibende, durch ein integriertes Content Management (CM) in
Rundfunkunternehmen vorangetriebene Prozessoptimierung basiert auf den Grundge-
danken prozessorientierter Organisation (-sformen).
18
Ihre konstituierenden Merkmale
bestehen in einer strategieorientierten Ablauforganisation (orientiert an den Kernprozes-
sen), der Prozessidee, die den betrieblichen Leistungsprozess als ununterbrochene Leis-
tungskette interpretiert, und in der ganzheitlichen Prozesserfüllung, z.B. durch die Bil-
dung von Prozessteams
19
. Hier soll zunächst angenommen werden, dass es sich bei dem
Veränderungsvorhaben CM um ein Innovationsvorhaben handelt, das sowohl Produkti-
ons- und Informationssysteme betrifft als auch die damit verbundene Arbeitsorganisati-
on
20
und auf das die oben genannten Merkmale der Prozessorganisation in unterschied-
licher Intensität zutreffen. Diese Annahme wird gestützt durch die im Rahmen der
ARD-weiten Strukturreform formulierten Investitionsleitlinien, die für die Landesrund-
funkanstalten im wesentlichen Neuinvestitionen vorsehen, die ,,...der Bereitstellung
moderner, zukunftsorientierter und effizienzsteigernder Arbeitsbedingungen."
21
dienen,
um damit positive Beiträge in punkto Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung zu
erbringen.
22
Allein schon die Tatsache, dass durch die Implementierung dieser Verände-
rung Effekte bzw. Nutzen hinsichtlich strategisch erfolgsrelevanter Faktoren vermutet
werden können bzw. ein strategischer Zusatznutzen
23
damit verbunden sein könnte, ver-
langt eine ganzheitliche Betrachtung der Maßnahme durch die Erweiterung der Zielkri-
terien über die i.d.R. ,,...kurzfristig und unmittelbar auf `Gewinnerzielung'..."
24
ausge-
richteten rein monetären Größen hinaus. So sollten zusätzlich zu den monetären auch
beliebig nicht monetäre Zielkriterien - sowohl quantitativer als auch qualitativer Art -
den Kriterienkatalog ergänzen.
25
Durch die Vorgabe von Zielen und aus den daraus ab-
ther/ Schwertzel, Uwe (1997): Management für Rundfunkunternehmen - Teil 1, in: Arbeitspapiere des
Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 65, Köln 1997, S. 31. Vgl. dazu auch
Abschnitt 2.1.3.3.
18
Siehe auch Kapitel 3.
19
Vgl. Schober, Holger (2002): Prozessorganisation: Theoretische Grundlagen und Gestaltungsoptionen,
Diss., Marburg, Univ., 1999, Wiesbaden 2002, S. 79, 80.
20
Zangemeister bezeichnet die Verbindung zwischen Produktions- und Informationssystem mit der dazu-
gehörigen Arbeitsorganisation auch als Arbeitssystem, vgl. Zangemeister (2000), S. 13.
21
ARD (Hrsg.) (2002a): Mitteilung der ARD - Information der Landesparlamente über die wirtschaftli-
che und finanzielle Lage der Landesrundfunkanstalten der ARD, in: Landtag von Baden-Württemberg,
Drucksache 13 / 1568 / 2002, S. 14.
22
Vgl. ARD (Hrsg.) (2002a), S. 14.
23
Gemeint sind Investitionen, die primär auf eine kurz- bis mittelfristige Verbesserung der Gewinn- bzw.
Kostensituation abzielen, darüber hinaus aber auch möglicherweise einen deutlichen strategischen Zu-
satznutzen versprechen. Dieser ist vor allem bei Maßnahmen mit einem hohen Innovationsgrad zu vermu-
ten, vgl. Zangemeister (2000), S. 11.
24
Zangemeister (2000), S. 6.
25
Vgl. Zangemeister (2000), S. 21. Einen beispielhaften Kriterienkatalog für die Erfolgsmessung organi-
satorischer Veränderungen bietet Hornberger. Sie unterscheidet in dem konkreten Fall die Oberkatego-
rien in ökonomische und arbeitswissenschaftliche Kriterien. Erstere unterteilt sie in monetäre und nicht-
monetäre Kriterien. Die zweite Oberkategorie teilt sie in ergonomische und arbeitspsychologische Krite-
rien auf, vgl. Hornberger (2000), S. 254.

-11-
geleiteten Kriterien - der Definition eines Zielsystems - wird ein inhaltlicher, mehrdi-
mensionaler Bewertungsmaßstab geliefert, über den die Zielerfüllung ermöglicht wird.
26
Für den hier zugrunde zu legenden Innovationsbegriff wird angenommen, dass es dabei
entweder um Maßnahmen geht, die der Verbesserung des wirtschaftlichen Erfolgs am
Markt dienen und/oder es sich um ,,...intern im Unternehmen eingeführte qualitative
Neuerungen"
27
handelt. Im Fall des WDR Content-Management-Projekts
28
können un-
ter Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Besonderheiten
29
beide Sichten bestätigt
werden, auch wenn das Element des ,,Markterfolgs" von den Beteiligten nur implizit
angesprochen wird. Eine Bestimmung nach gegenständlichen Kriterien - nach dem In-
novationsobjekt ­ kann für das Projekt nur unscharf erfolgen: Zunächst bietet es sich an,
von einem neu ins Unternehmen WDR eingeführten Leistungserstellungsverfahren aus-
zugehen. Eine einseitige Betrachtungsweise aus dieser Perspektive würde jedoch ver-
kennen, dass mit diesem System sowohl technische als auch administrative
30
Verfah-
rensneuerungen verbunden sind, deren beider Grundlagen auf dem organisationstheore-
tischen Ansatz der Prozessorganisation ruhen. Daher werden im Rahmen dieser Arbeit
auch hier Schwerpunkte liegen.
2.1.3 Effektivität und Effizienz im Rundfunk - Zielsystematisierung
2.1.3.1 Sach- und Formalziele der Unternehmenstätigkeit
Eine in der Literatur häufig zu findende Systematisierung der Ziele von Rundfunkver-
anstaltern, die einen Ausgangspunkt für die Zieloperationalisierung darstellen könnte,
erfolgt über die Differenzierung zwischen Sach- und Formalziel bzw. Leistungs- und
Finanzierungszielen (Sicherungsziele, Gewinnkonzeption)
31
. Durch diese Zweiteilung
wird es ermöglicht, entscheidungsrelevante Problemstrukturen sowie -tatbestände zu
erkennen. Die materielle Struktur eines anzustrebenden Zustands wird über das Sachziel
beschrieben, aus dem die Leistungsziele abgeleitet werden. Formalziele geben Auskunft
darüber, auf welche Art und Weise die Leistungsziele zu erfüllen sind. Erst die Einbe-
26
Vgl. Zangemeister (2000), S. 16.
27
Gerpott, Torsten J. (1999): Strategisches Technologie- und Innovationsmanagement, Stuttgart 1999, S.
39.
28
Siehe auch Kapitel 7 dieser Arbeit.
29
Siehe auch Abschnitt 2.1.3 dieser Arbeit.
30
Gerpott spricht von administrativen Verfahrensneuerungen oder von Sozialinnovationen. Das Manage-
ment von Sozialinnovationen dient der Verbesserung von Führung und Zusammenarbeit in Unternehmen
unter der direkten Teilnahme betroffener Mitarbeiter. In diesem Zusammenhang wird in der Wissenschaft
und Praxis des öfteren von Organisationsentwicklung gesprochen, vgl. Gerpott (1999), S. 39, 40.
31
Vgl. Seidel, Norbert/ Libertus, Michael (1993): Rundfunkökonomie: Organisation, Finanzierung und
Management von Rundfunkunternehmen, Wiesbaden 1993, S. 21. Seidel/ Libertus beschreiben die
Leistungs- und Finanzierungsziele als Mittel zur Erreichung ,,metaökonomischer Oberziele". Die betrieb-
lich erstellte Leistung stellt dabei lediglich ein Mittel zur Erfüllung eines politisch intendierten Zwecks
dar. Für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten besteht dieser Zweck in der Erfüllung der jeweiligen
Anstaltsaufgabe, vgl. Seidel/ Libertus (1993), S. 22.

-12-
ziehung von Formalzielen ermöglicht es, Aussagen über die Wirtschaftlichkeit bei der
Erbringung der Leistungsziele zu formulieren.
32
So liegt z.B. das Sachziel werbefinan-
zierter Rundfunkanbieter darin, Rezipientenkontakte für die Werbewirtschaft herzustel-
len und das entgeltfinanzierter Veranstalter in der Bereitstellung und Distribution zu-
schauerattraktiver Programmangebote. Es kann unterstellt werden, dass beide Anbieter-
typen auf Formalzielebene eine langfristige Gewinnmaximierung verfolgen.
33
Für öf-
fentlich-rechtliche Rundfunkanstalten besteht der Unternehmenszweck und gleichzeitig
das Sachziel in der Erfüllung des Programmauftrags, wodurch der verfassungsrechtliche
Grundversorgungsauftrag
34
im dualen System gewährleistet wird.
35
Die z.T. politisch
motivierten Zielvorgaben des Programmauftrags sind von der Unternehmensführung -
den Anstaltsorganen - in Unternehmensziele zu transformieren. So müssen z.B. die
Zielvorgaben des Sachziels durch konkrete Programmplanung umgesetzt werden: Hier
sind autonome Angebotsentscheidungen über das Verhältnis zwischen wettbewerbsfä-
higen (massenattraktiven) Programmen, der Erzielung von Mindestreichweiten und
Minderheitenprogrammen zu fällen. Das Formalziel definiert ,,...die Optimierung der
Ressourcenallokation und die Maximierung der Effizienz"
36
. Unter Effizienz kann wie
im oben beschriebenen Sinne die Herstellung konkreter Sendungen bestimmter Quanti-
tät und Qualität unter Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots verstanden werden.
37
Die aus dem Formalziel abgeleiteten finanzwirtschaftlichen Ziele stehen im Regelfall in
Konkurrenz zu den Leistungszielen auf Sachzielebene. Aus dem ,,metaökonomischen"
38
Oberziel ­ der Erfüllung der Anstaltsaufgabe in Form des Programmauftrags ­ lässt sich
jedoch eine Dominanz der Leistungsziele über die finanzwirtschaftlichen Ziele ablei-
ten.
39
Abbildung 2 ,,Das klassische Zielsystem öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstal-
ten" im Anhang 2 fasst diese Zielbeziehungen noch einmal grafisch zusammen.
2.1.3.2 Aktuelles Beispiel: Gebührendiskussion
In den letzten Jahren kann jedoch eine stetige Aufwertung der Formalziele durch die
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beobachtet werden, wodurch sich das Span-
32
Vgl. Schwertzel (1997), S. 28.
33
Vgl. Susallek, Werner (1998): Managementinformationssysteme in der ARD als Instrumente rationaler
Willensbildung, in: Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft
104, Köln 1998, S. 17.
34
Siehe auch Abschnitt 5.2.5.3 dieser Arbeit.
35
Vgl. Schwertzel (1997), S. 29.
36
Vgl. Susallek (1998), S. 18. Unter Ressourcenallokation wird in diesem Zusammenhang einerseits die
Einhaltung des Gesamtbudgets verstanden, andererseits das Ziel, die zur Verfügung stehenden Ressour-
cen möglichst gut auf die einzelnen Sendungen zu verteilen. Das stellt insofern ein Problem dar, als dass
kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Gesamtbudget, das sich größtenteils aus Gebühren
zusammensetzt, und dem ausgestrahlten Programm besteht, so dass Kriterien für die Ressourcenvertei-
lung gefunden werden müssen, die sich an Sendeplatz, Zielgruppen und zusätzlich an Marktanteilen ori-
entieren können, vgl a. a. O., S. 18.
37
Vgl. Susallek (1998), S. 18.
38
Seidel/ Libertus (1993), S. 23.
39
Vgl. Seidel/ Libertus (1993), S. 22, 23.

-13-
nungsverhältnis zwischen den Zielebenen ­ den Sach- und den Formalzielen - ver-
schärft hat. Dabei kann man bei der Debatte um die Auswirkungen des raschen Um-
feldwandels auf die Erfüllung des gesellschaftlichen Auftrags, so z.B. durch programm-
strategische Überlegungen zur Verbesserung des Quotenziels
40
, auf eine vielfältige öf-
fentliche Kritik und Erörterung
41
zurückgreifen. Die Konsequenzen für das Wirtschaft-
lichkeitsziel bewegen sich in der veröffentlichten Debatte jedoch auf einem eher allge-
meinen Niveau, teilweise mit pauschalen Verweisen ,,...auf einen angeblichen `Verwal-
tungswasserkopf' oder `Verschwendungssucht'
42
."
43
Das lässt sich eindrücklich an der
jüngst aufgelegten Debatte um die Aufgaben und die Finanzierung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks illustrieren. Den Anlass dafür liefern die Gebührenvorstellungen
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die ab dem ersten Januar 2005 anlau-
fende Gebührenperiode, mit der eine Erhöhung der monatlichen Rundfunkgebühr von
16,15 auf 18 verbunden sein soll. Nach öffentlich-rechtlichem Verlautbaren ist das
eine ,,moderate Finanzbedarfsanmeldung", im Vergleich zu der steigenden Steuer- und
Abgabenlast der Bürger (und Rundfunkteilnehmer) und angesichts einer konjunkturell
schwierigen Lage der Gesamtwirtschaft und der kritischen Situation in der Medienwirt-
schaft.
44
Von ungewohnter
45
Seite kommt jedoch Kritik: Peer Steinbrück, Ministerprä-
sident von Nordrhein-Westfalen, meldet Widerstand gegen diese als zu hoch empfunde-
ne Gebührenanmeldung und den `...Automatismus bei der Gebührenerhöhung...' an.
Steinbrück fordert angesichts der bereits heute enormen Gebührenerträge der öffentlich-
rechtlichen Anstalten, die bei mehr als sieben Milliarden Euro liegen, ein Gebühren-
Moratorium bis 2007, womit er auf die Linie des bayerischen Ministerpräsidenten Ed-
mund Stoiber einschwenkt.
46
Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
sehen dadurch Probleme für die als gemeinnützige Leistung an der Gesellschaft zu ver-
stehende öffentlich-rechtliche Programmveranstaltung voraus. So z.B. ZDF-Intendant
Markus Schächter, für den Gebührenentscheidungen nur dann akzeptabel seien, wenn
sie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterhin ermöglichen, seinen Programmauf-
trag (Sachziel) zu erfüllen und damit der gesetzlichen Bestands- und Entwicklungsga-
rantie
47
für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verantwortlich nachkommen. Es sei
40
Siehe auch z.B. Abschnitt 6.5.2.2 dieser Arbeit - Formatjournalismus im Radio.
41
Siehe auch Abschnitt 5.2.5.4 dieser Arbeit.
42
Ehlers, Renate (1996): Öffentlich-rechtlicher Rundfunk unter Wettbewerbs- und Rationalisierungs-
druck - organisatorische Antworten am Beispiel des hessischen Rundfunks, in: Media Perspektiven, Heft
2 / 1996, S. 80 - 86, S. 80.
43
Vgl. Ehlers (1996), S. 80.
44
Vgl. Ott, Klaus (10./11. Mai 2003): Koalition der Unwilligen - Nach Stoiber (CSU) kritisiert auch
NRW-Ministerpräsident Steinbrück (SPD) die Gebührenwünsche von ARD und ZDF, in: Süddeutsche
Zeitung , 10./11. Mai 2003.
45
Ott (10./11. Mai 2003). Ungewohnt deshalb, weil die Medienpolitik der vergangenen Jahrzehnte ten-
denziell durch eine ,,Lagerbildung" geprägt war, in der die SPD weitgehend öffentlich-rechtliche Stand-
punkte vertrat, die CDU/CSU sich stärker den Interessen der privaten Anbieter widmete. Durch den Vor-
stoß eines SPD-Ministerpräsidenten wurde dieses Schema zunächst durchbrochen, vgl. Hanfeld, Michael
(12.06.2003): Es reicht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.2003, S. 1.
46
Vgl. Hanfeld (12.06.2003), S. 1.
47
Siehe auch Abschnitt 5.2.5 dieser Arbeit.

-14-
aber gleichzeitig erforderlich, dass alle Sparpotenziale angesichts der gesamtwirtschaft-
lich schwierigen Situation ausgeschöpft werden (Formalziel)
48
:
49
,,Seit Jahren schon fährt das ZDF einen harten Kurs zur Reduzierung von Personal- und Sach-
kosten und verordnete sich selbst strikte Auflagen zur Effizienzsteigerung, um die Programm-
qualität halten zu können."
Durch den Bezug auf das Sachziel ,,Erfüllung des Programmauftrags" unter der Maßga-
be des Formalziels, der Nutzung möglicher Rationalisierungspotenziale, wird einerseits
der Zielkonflikt im öffentlich-rechtlichen Zielsystem deutlich und zugleich ein wesent-
liches Element der medienpolitischen Realität illustriert.
2.1.3.3 Ziel-Mittel-Ebenen
Ansätze zur Operationalisierung der Ziele öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten als
Voraussetzung für eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ergeben sich auf Ebene der
Sach- und Formalzieldefinitionen durch eine Differenzierung nach Ziel-Mittel-Ebenen
unterschiedlicher Tragweite und unterschiedlichem Abstraktionsgrades. Durch die pa-
rallele Betrachtung der Sach- und Formalzieldimensionen wird eine Identifikation hin-
sichtlich der Struktur der Zielbeziehungen ermöglicht.
50
Das Schema kann vertikal nach
Input- und Outputebenen und zugleich nach nachfrage- und angebotsorientierten
Merkmalen unterschieden werden.
51
Auf jeder Ebene ist es hiermit möglich, Kriterien
für die Sachzielerreichung darzustellen, die im Sinne von Eintreten einer Folge oder
Wirkung als Effektivität interpretiert werden können. Die Effizienz wird auch hier syn-
onym zu Wirtschaftlichkeit begriffen
52
und spiegelt den Formalzielerreichungsgrad wi-
der.
53
Aus dem hohen Abstraktionsgrad der Ziele auf den höheren Ebenen wie z.B. der
Förderung der Demokratie, der Meinungsbildung, sozialstaatlicher Ziele oder der För-
derung des Bildungstandes der Bevölkerung durch spezielle Programmangebote erge-
ben sich Probleme bei der Operationalisierung von Effizienzkriterien (in der folgenden
Abbildung sind das die Ebenen eins und zwei). Anders auf den unteren Ebenen: Hier
z.B. das Ziel Leistungsabgabe: Ihr Äquivalent in dem unten stehenden Ziel-Mittel-
Schema, die quantitative Programmleistung auf der sechsten Ebene, lässt sich hinsicht-
lich ihrer Effektivität anhand der Programmleistungsstatistik in produzierten Minuten
48
Vgl. Huber, Joachim (12.06.2003): "Unseriös" - ZDF-Chef Schächter zur Debatte über die Rundfunk-
gebühren, in: Der Tagesspiegel, 12.06.2003.
49
Markus Schächter in einem Interview mit Joachim Huber, vgl. Huber (12.06.2003).
50
Vgl. Kayser, Horst J. (1993): Controlling für Rundfunkanstalten, in: Peter Eichhorn/ Peter Friedrich
(Hrsg.), Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, Bd. 141, Diss., Mannheim,
Univ., 1992, Baden-Baden 1993, S. 177.
51
Vgl. Sieben/ Schwertzel (1997), S. 28.
52
Siehe auch Abschnitt 2.1.3.4 dieser Arbeit.
53
Vgl. Schwertzel (1997), S. 31. Für die Begriffe Effizienz und Effektivität gibt es in der rundfunk-
spezifischen Literatur z.T. divergierende Definitionen. So wird z.B. von Gläser Wirtschaftlichkeit als die
generalisierte Form von Effektivität und Effizienz verstanden, die er durch die Division aller Inputebenen
durch alle Outputebenen als eine Form übergreifendes Wirtschaftlichkeitsmaß versteht, vgl. Sieben/
Schwertzel (1997), S. 30, Fn. 85.

-15-
pro Kategorie abbilden. Ihre Effizienz kann durch die Kennziffer Kosten pro Minute je
Kategorie dargestellt werden.
54
Auf eine detaillierte Darstellung der Effizienz und Effektivitätsmessung über Kriterien-
bildung und Kennzahlen wird an dieser Stelle verzichtet, da zunächst festzustellen war,
was unter Effizienz und Effektivität im Generellen und vor dem Hintergrund der Leis-
tungserbringung öffentlich-rechtlicher Rundfunkunternehmen im Speziellen verstanden
werden kann. Dieser Gedanke wird wieder in Abschnitt 6.3 dieser Arbeit aufgegriffen,
in dem Modell zur Programmbewertung vorgestellt wird, mit dessen Hilfe Tendenzaus-
sagen über die Wirkung prozessorientierter Strukturen durch die Einführung eines CM
formuliert werden könnten.
54
Vgl. Schwertzel (1997), S. 31-33.
Abb. 3: Beispiele für Ziel-Mittel-Ebenen im Rundfunk, in Anlehnung an Schwertzel (1997), S. 32, 33
und Sieben/ Schwertzel (1997), S. 28.
Nachfragestruktur
Angebotsstruktur
2
Gesellschaftliche
Leitbilder
3
Akzeptanz
4
Rezeption (Reichweite)
5
Erreichbarkeit (techn.)
6
Programmangebot
(Sendezeit)
7
Interne Outputs
(Produktion)
8
Personal- und
Sachkapazitäten
1
Nationale Ziele
9
Ausgaben
(monetäre Inputs)
Input
-E
be
ne
O
ut
put
-E
be
ne
Sachzielebene
(Effektivität)
Form alzielebene
(Effizienz)
Öffentlich-
rechtliche RA
Technische
Versorgung
Versorgungsgrad
Programm-
leistung
Programmminuten pro
Kategorie
Kosten pro Empfänger
Kosten pro Minute je
Kategorie
Param eter zur O perationalisierung
...
...
...
...
...
...

-16-
2.1.3.4 Mehrdimensionalität des öffentlich-rechtlichen Zielsystems
Es ist zu o.g. Ausführungen anzumerken, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkunter-
nehmen einer Mehrfachzielsetzung unterliegen
55
, somit also Zielsysteme mit komplexen
Problemfeldern aufweisen.
56
Es ist festzustellen, dass sich die Struktur des gesamten
Zielsystems nicht nur auf die Erfüllung jener Anforderungen beziehen kann, die aus den
klassischen Programmzielen erwachsen, sondern das reale Beziehungsgeflecht berück-
sichtigen muss, in das Rundfunkanstalten eingebunden sind. Daraus ergibt sich die
Notwendigkeit, dass Rundfunkanstalten Zielsysteme ­ ,,explizit oder implizit"
57
­ hin-
sichtlich aller relevanten Elemente der Umwelt ausbilden müssen. Damit der Bezug zur
Umwelt hergestellt werden kann, sind Umwelt-Kategorien
58
zu schaffen und nach be-
stimmten Kriterien zu ordnen.
59
Stauss stellt (bereits 1989) dazu fest,
60
,,...dass das Überleben einer Unternehmung bzw. Organisation letztendlich davon abhängig ist,
inwieweit es ihr gelingt, die Unterstützung ihrer externen Koalitionsmitglieder zu erhalten...Die
Unternehmung hat also verschiedene Transaktionsprozesse zu Personen und Institutionen in
ihren Umwelten durchzuführen, um laufend mit den erforderlichen Ressourcen und der Unter-
stützung durch die Umwelt beliefert zu werden".
2.1.3.5 Weitere Handlungsfelder öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten
In einem Gesamtzielsystem stellt der Programmauftrag als konstituierendes Element des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur einen Teilaspekt (- wenn auch den bestimmenden
-) dar. Kayser konstatiert, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hinsichtlich
unterschiedlicher Umweltanforderungen
61
an ihr(e) Zielsystem(e) unterschiedliche Ziele
und Strategien hervorbringen; so z.B. gegenüber politischen Entscheidungsträgern, da
politische Entscheidungen sowie Staatsverträge und Gesetze maßgeblich zukünftige
Entwicklungslinien der Rundfunkanstalten determinieren. Ein weiteres Gestaltungsfeld
ist die Rundfunkrechtsprechung.
62
Für das strategische Management besteht hier die
55
Vgl. Susallek (1998), S. 17.
56
Vgl. Susallek (1998), S. 18.
57
Kayser (1993), S. 184.
58
Siehe auch Abschnitt 5.3.1 dieser Arbeit.
59
Vgl. Fünfgeld, Hermann ( 1989): Warum Marketing für öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmen?,
in: Ulrich Saxer (Hrsg.), Unternehmenskultur und Marketing von Rundfunk-Unternehmen, Stuttgart/
Berlin/ Köln 1989, S. 37-48, S. 28.
60
Stauss 1987 zitiert nach Fünfgeld ( 1989), S. 89.
61
Siehe auch Kapitel 5 dieser Arbeit.
62
So kam es z.B. seit Anfang der 90er Jahre in der Medienpolitik immer wieder zu Diskussionen, in de-
nen versucht wurde, den durch die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zum Grundversorgungsauftrag
sowie durch die Bestimmungen in den einzelnen Rundfunkgesetzen und ­staatsverträgen gesetzten Betä-
tigungsrahmen (im Programmauftrag) der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die Formulie-
rung eines konkreten Funktionsauftrags zu ersetzen bzw. zu beschneiden, vgl. ARD (Hrsg.) (2002b):
ARD-Jahrbuch 2002, 34. Jg., Frankfurt am Main 2002, S. 155, so beispielsweise seitens der Anhänger
einer liberaleren Medienordnung (CDU/CSU und F.D.P.) die beabsichtigten, den ,,Sonderstatus" der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten derart zu beschränken, dass im Kern über öffentlich-rechtliche
Angebote nur noch eine Kompensationsfunktion für die Defizite des Marktes wahrgenommen würde, vgl.

-17-
Aufgabe in der intendierten Einflussnahme auf die förmliche, politische und rechtliche
Regulation des Handlungsfeldes, indem versucht wird, ,,die Regulateure"
63
zu einer für
die Organisation günstigen Strukturierung desselben zu veranlassen. Ortmann/Zimmer
übersetzen dieses Vorgehen mit dem Begriff der ,,rekursiven Regulation".
64
Die Bedeu-
tung dieses Bereichs dokumentiert anschaulich der große Raum, den rundfunkpolitische
Geschehnisse in den Jahrbüchern, z.B. der ARD, einnehmen.
65
Das bislang tiefgrei-
fendste Ergebnis staatlicher Medienregulierung wird - infolge einer stärker unter öko-
nomischen Gesichtspunkten betriebenen Medienpolitik - in der Einführung des ,,dualen
Systems" gesehen.
66
Begleitet wurde die Entwicklung in den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten durch eine zunehmende Betonung kommunikationspolitischer Ziel-
setzungen, so z.B. über die aktive Entwicklung und Umsetzung imagefördernder Strate-
gien ­ ,,Bei ARD und ZDF sitzen Sie in der ersten Reihe" ­ mit dem vornehmlichen
Ziel, eine dauerhafte Akzeptanz für die Gebührenfinanzierung zu gewährleisten.
67
So
betont die ARD 2002 in einer schriftlichen Mittelung an die Landesparlamente die über-
ragende Bedeutung der Programmakzeptanz als Basis für eine breite gesellschaftliche
Gebührenakzeptanz, so dass die wesentliche existenzsichernde Maßnahme in einer
fortwährenden qualitativen und quantitativen Verstärkung des Programms gesehen
wird. Es wird weiter erklärt, dass ,,...nach wie vor..." ein breiter Konsens über die Ge-
bührenfinanzierung bestünde, jedoch seit Anfang der 1990er Jahre ein tendenzieller
Rückgang freiwilliger Anmeldungen zu verzeichnen sei, die den verstärkten Einsatz
moderner Marketinginstrumente (Direct-Mail-Aktionen, Gebührentage im Programm
und Gebührenspots) erforderlich machen.
68
Andere Zielsetzungen der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten, die über eine enge Auslegung des Programmauftrags
hinausreichen, werden durch Tätigkeiten verfolgt, die neben den klassischen Aufgaben
Spallek, Cornelia (2001): Perspektiven des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Informationsgesell-
schaft - Eine Analyse ausgewählter Strategiepapiere, in: Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunköko-
nomie an der Universität zu Köln, Heft 142, Köln 2001, S. 58 ­ 60. Ein vorläufiges Ende fand diese De-
batte mit der Verabschiedung der vierten Novelle des Rundfunkstaatsvertrages im Juni 1999, vgl. Spallek
(2001), S. 54, 55. Das Engagement der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Online-Bereich gab
erneut Veranlassung für ein Wiederaufleben dieser Diskussion, vgl. ARD (Hrsg.) (2002b), S. 155.
63
Ortmann, Günther/ Zimmer, Marco (2001): Strategisches Management, Recht und Politik, in: Günther
Ortmann/ Jörg Sydow (Hrsg.), Strategie und Strukturation. Strategisches Management von Unternehmen,
Netzwerken und Konzernen, Wiesbaden 2001, S. 301 - 349, S. 312.
64
Vgl. Ortmann/ Zimmer (2001), S. 310 - 312.
65
Vgl. ARD (Hrsg.) (2002b), 152 ­ 162.
66
Vgl. Meier, Werner A./ Jarren, Ottfried (2001): Ökonomisierung und Kommerzialisierung von Medien
und Mediensystem - Einleitende Bemerkungen zu einer notwendigen Debatte, in: Medien & Kommunika-
tionswissenschaft, Heft 2 / 2001, S. 145 - 158, S. 155, 156. Meier/Jarren bewerten die Dualisierung der
Rundfunkordnung als bewussten Versuch der Medienpolitik, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu
marginalisieren und zugleich eine neue Wirtschaftsbranche zu schaffen, die zudem aufgrund der Lizen-
zierungspolitik ,,...wettbewerbsfeindlich war und ist...", vgl. a. a. O.
67
Vgl. Kayser (1993), S. 186. Trotz der durch verfassungsrechtliche Entscheide hinreichend begründeten
Funktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Verbindung mit der (verfassungsrechtlichen) Be-
stands- und Entwicklungsgarantie, wird es zukünftig wichtig sein, dass die Öffentlich-Rechtlichen es
schaffen, dem Publikum die Unverzichtbarkeit ihrer spezifischen Programmangebote zu vermitteln, um
auch weiterhin einen breiten Konsens hinsichtlich ihrer Existenz zu erzielen, vgl. Spallek (2001), S. 105.
68
Vgl. ARD (Hrsg.) (2002a), S. 12, 13.

-18-
im Bereich der originären Kulturproduktion des Rundfunks
69
etwa die Filmförderung
oder das Mäzenatentum umfassen. Weitere bedeutende Betätigungsfelder liegen in dem
Bereich der Wissenschaft und Technik. So engagieren sie sich z.B. über verschiedene
Gemeinschaftseinrichtungen wie dem Institut für Rundfunktechnik (IRT) im Bereich
der Forschung und Entwicklung, auf dem Gebiet der Fernseh- und Hörfunktechnik oder
in der Aus- und Fortbildung mit der Schule für Rundfunktechnik (SRT).
70
Zudem wer-
den von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wesentliche Beiträge im Bereich
der Medienforschung erbracht.
71
Zusätzliche exogene Anforderungen, die im Rahmen
der Strukturpolitik an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gestellt werden
(bzw. vor allem in der Vergangenheit wurden), sind aufgrund ihrer nicht unwesentli-
chen Bedeutung für Investitions- und Standortentscheidungen ebenfalls im Zielsystem
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu berücksichtigen.
72
2.1.3.6 Zwischenfazit
An dieser Stelle konnten nur einige relevante Erweiterungen des idealtypischen Zielsys-
tems
73
öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten Erwähnung finden, die jedoch schon
einen ersten Eindruck von der Komplexität der Wechselbeziehungen einer Rundfunkan-
stalt zu ihren internen und externen Umwelten ermöglichen. In Kapitel 5 wird deshalb
auf die Implikationen der zunehmend komplexeren und dynamisierten Umwelt für die
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten detailliert eingegangen. Sie ist die Folie vor
der die Entscheidungen der im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Verantwortlichen im
Fall der Einführung eines CM betrachtet werden kann.
Für die Überprüfung der Ergebnisse strategisch und operativ relevanter Veränderungen
­ wie in dem konkreten Fallbeispiel des CM in Rundfunkunternehmen ­ auf die Effi-
69
So sind durch das Medium Rundfunk eigene mediale Ausdrucksformen entwickelt worden, die mit der
Schaffung bis dato unbekannter kultureller Arbeitsmöglichkeiten verbunden waren. Als traditions-
reichstes Beispiel kann das Hörspiel genannt werden, wodurch eine neue Gattung der Literatur und der
Unterhaltung geschaffen wurde. Für das Fernsehen kann z.B. die Entwicklung des Fernsehspiels als
,,...Vermittlungsform von Aufklärung, von Kritik und der wirklichkeitsnahen Darstellung gesellschaftli-
cher Verhältnisse mit dem Ziel politischer Bewusstseinsbildung..." genannt werden, das sich im Laufe der
Jahre zu einer weiteren ,,...eigenständigen Kunstform...", dem Fernsehfilm, entwickelte. Eine andere typi-
sche Darstellungsform ist der journalistische Dokumentarfilm für den das Fernsehen nicht nur den nahezu
einzigen Abspielort darstellt, sondern auch als einzige Institution seine kontinuierliche Produktion sichert.
Langenbucher sieht darin eine überzeugende kulturpolitische Legitimation des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks, die lange Zeit nur unzureichend genutzt wurde, vgl. Langenbucher, Wolfgang R. (1999):
Rundfunk und Gesellschaft, in: Dietrich Schwarzkopf (Hrsg.), Rundfunkpolitik in Deutschland - Wettbe-
werb und Öffentlichkeit, München 1999, S. 149 - 315, S. 188 ­ 199. Kayser nennt hier insbesondere
,,...künstlerische Features, Hör- und Fernsehspiele, fernseh-spezifische Theaterinszenierungen und die
Musikproduktion der Klangkörper der Rundfunkanstalten...", vgl. Kayser (1993), S. 186, Fn. 51.
70
Vgl. zu den ARD-weiten Einrichtungen zur Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben ARD (Hrsg.)
(2002b), S. 244, 245.
71
So wird z.B. seit 1970 von den ARD-Werbegesellschaften die Fachzeitschrift ,,Media Perspektiven"
herausgegeben, die sich mit medienwissenschaftlichen und -politischen Themen befasst und die vorwie-
gend die von der ARD/ZDF-Medienkommission in Auftrag gegebenen Studien publiziert, vgl. ARD
Sales & Services (2003): ..., http://www.ard-werbung.de/mp/ueberuns/ 2003..
72
Vgl. Kayser (1993), S. 187.
73
Siehe auch Abb. 2, ,,Das klassische Zielsystem öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten" im Anhang 2.

-19-
zienz und Effektivität der Leistungserbringung scheint es angebracht, sich auf diejeni-
gen Zielbestandteile zu konzentrieren, die einerseits zu einer hohen Ressourcenbean-
spruchung führen und die andererseits in einer engen mittelbaren oder unmittelbaren
Verbindung mit der Erfüllung des Programmauftrags und den Programmzielen stehen
74
.
Hierbei bietet sich der Rückgriff auf die (Teil-) Ziel-Systeme und Kriterien an, die im
Sinne des Controllinggedankens, die Grundlage für eine zielgerichtete Informationsver-
sorgung darstellen. Controlling kann in diesem Zusammenhang als Führungsinstrument
verstanden werden, das über die Koordination von Führung und Ausführung unter
Rückgriff auf aussagekräftige Informationen (s. o. Operationalisierung über Ziel-Mittel-
Ebenen in Abschnitt 2.1.3.3) eine effizienteren und effektiveren Ablauf des betriebli-
chen Geschehens und dessen Ausrichtung auf den Wertschöpfungszweck unterstützen
soll.
75
Ein spezieller Controlling-Ansatz, der die Erfüllung der Programmziele auf der
Sendungsebene fokussiert, wird in Abschnitt 6.3.3 beschrieben. In ihm spiegelt sich das
Zielsystem der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in seiner konzentrierten Form
wider, wenn darunter ein dreiteiliges System verstanden wird, das die Erfüllung des
Programmauftrags unter Beachtung wirtschaftlicher Kriterien und Gesichtspunkten der
Publikumsakzeptanz beinhaltet.
76
Im Programmcontrolling oder auch Sendungserfolgs-
controlling wird dieses Zielverhältnis durch den Dreiklang Qualität, Kosten und Akzep-
tanz abgebildet.
2.2 Content Management
2.2.1 Content: Essence und Metadaten
Um den Austausch von Programmmaterial zu erleichtern, sind von der European
Broadcasting Union (EBU) und der Society of Motion Picture and Television Engineers
(SMPTE) Vorschläge für die Vereinheitlichung digitaler Austauschformate (,,Exchange
of Program Material as Bit Streams") im Fernsehbereich unterbreitet worden. In diesem
Rahmen sind folgende Definitionen für den eigentlichen Gegenstand des Austauschs ­
den Content ­ entstanden, der sich aus einer Kombination von Essence
77
und Metada-
ten
78
zusammensetzt:
79
74
Vgl. Kayser (1993), S. 187.
75
Vgl. Frey, Beatrix/ Geisler, Rainer (1999): Funktionen und Instrumente des Controlling, in: Beate
Schneider/ Sylvia Knobloch (Hrsg.), Controlling-Praxis in Medienunternehmen, Neuwied/ Kriftel 1999,
S. 21-44, S. 23.
76
Vgl. Ehlers (1996), S. 80.
77
European Broadcasting Union (EBU)/ Society of Motion Picture and Television Engineers (SMTPE)
(1997): 1st Report of EBU / SMPTE Task Force for Harmonized Standards for the Exchange of Televi-
sion Program Material as Bit Streams, Online im Internet: URL: http://www.smpte.org/engine-
ering_committees/pdf/tfhs_out.pdf, 1997, S. 17.
78
European Broadcasting Union (EBU)/ Society of Motion Picture and Television Engineers (SMTPE)
(1997), S. 17.
79
Vgl. Thomas, Peter (2000): Arbeitsabläufe unter integriertem Content Management, in: Rundfunktech-
nische Mitteilungen, Heft 1 / 2000, S. 23 - 29, S. 23.

-20-
Essence
,,Program material itself is referred to as Essence. Essence includes all data that represents
pictures, sound and text; types of Essence include Video, Audio, Graphics, Still Images, Text,
and other sensor data as needed by each application. Essence may be encoded or compressed
in whatever way is appropriate and is typically structured in packets, blocks, frames or other
groups, which are collectively called Essence Components."
Metadaten
,,Other information is referred to as Metadata. Metadata is broadly defined as `data about data'.
The number of distinct varieties of Metadata is potentially limitless."
Demnach ist unter Essence der eigentliche Inhalt in Form von Ton- oder Bildmaterial
und textlichen Inhalten zu verstehen. Bei den Metadaten handelt es sich um die die Es-
sence beschreibenden Informationen wie den Titel, die Dauer, Mitwirkende, die Schnitt-
liste, Rechte, Pressetexte etc.. Eine Erweiterung erfährt dieses Begriffspaar durch die
zusätzliche Unterscheidung von Content und Asset für den Fall, dass für den Content
eine geklärte urheberrechtliche Situation vorliegt. Somit wird den Rechten, die letztlich
Metadaten darstellen, eine hervorgehobene Stellung eingeräumt. Diese begriffliche Dif-
ferenzierung setzt sich in der Unterscheidung zwischen Content-/ und Asset-
Management (-System) fort, indem Erstes die Essence und die Metadaten, Zweites zu-
sätzlich noch eine Rechteverwaltung beinhaltet.
80
2.2.2 Abgrenzung zum Media Asset Management
Wie bereits angedeutet, sind die Begriffe Content Management und Asset Management
eng miteinander verbunden. Ihr wesentlicher Unterschied besteht darin, dass den Meta-
daten, die zur Klärung der Rechtesituation eines bestimmten Contents beitragen, eine
besondere Rolle zukommt. Diese Begriffsauffassung vom Media Asset Management ist
jedoch nicht durchgängig anzutreffen, so dass bisweilen - v.a. ältere - Definitionen zu
finden sind, die Media Asset Management bereits auf Archivsysteme in Kombination
mit computergestützten Verwaltungssystemen beziehen, also auf Systeme, die im we-
sentlichen der Speicherung, Katalogisierung und dem Wiederauffinden (,,...store, cata-
log and retrieve media assets...") von Medieninhalten dienen.
81
In diesen Fällen wird
Asset mit einem vorhandenen Archivbestand gleichgesetzt, ohne explizit Informationen
über die einzelnen Nutzungsrechte mit einzufordern. Denkbar wäre so eine Gleichset-
zung nur für den Fall, dass der archivierte Content in einem urheberechtlichen Sinne mit
dem Programmvermögen (Asset) deckungsgleich wäre ­ eine für die Medienpraxis sehr
unrealistische Situation. Aus einer betriebswirtschaftlichen Warte handelt es sich beim
Asset um Programmressourcen, die sich unabhängig vom Trägermaterial über ihre Nut-
zungsrechte definieren.
82
Kreikle bringt diesen Sachverhalt auf die Formel ,,Content +
80
Vgl. Thomas (2000), S. 23.
81
Vgl. dazu Sokusky, Anna Mae/ Wang, Robin (Dalet Digital Media Systems) (05. 2003): Media Asset
Management for Broadcast News: Integrated Workflow Management, Online im Internet: URL:
http://www.broadcastpapers.com/asset/DaletMAM01.htm, Abfrage: 05. 2003, S. 1 - 7, S. 1.
82
Vgl. Geisler, Rainer M. (2001): Controlling deutscher TV-Sender - Fernsehwirtschaftliche Grundlagen
- Stand der Praxis - Weiterentwicklung , in: Wolfgang Becker/ Weber Jürgen (Hrsg.), Unternehmens-
führung und Controlling, Bd. Diss., Bamberg, Univ., 2001, Wiesbaden 2001, S. 92.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832492205
ISBN (Paperback)
9783838692203
DOI
10.3239/9783832492205
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen; Gelsenkirchen – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2006 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
medienmanagement strategische planung digitalisierung prozessorganisation systemintegration
Zurück

Titel: Zur Effizienz und Effektivität der Leistungserbringung in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Ergebnis eines prozessorientierten Content Management
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
book preview page numper 41
248 Seiten
Cookie-Einstellungen