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Anreizsetzung und Risikoteilung

Theoretische und Empirische Aspekte der Managemententlohnung

©2003 Diplomarbeit 238 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Diese Diplomarbeit thematisiert die Lösung der Corporate Governance Problematik durch erfolgsabhängige Entlohnungsverträge. Die Notwendigkeit der Corporate Governance entsteht aus der Trennung von Eigentum und Kontrolle. Der Begründer der modernen Nationalökonomie Adam Smith äußerte bereits 1776 in „The Wealth of Nations“ große Besorgnis gegenüber der sich damals ausbreitenden Form der Unternehmung, der Aktiengesellschaft:
„The directors of such companies […] being the manager rather of other people´s money than of their own [will not] watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own. […] Negligence and profusion, there-fore, must always prevail […] in the management […] of such companies.”
Adolf A. Berle und Gardiner C. Means erklärten im Jahre 1932 in „The Modern Corporation and Private Property“ die historisch gewachsene Trennung von Eigentum and Kontrolle als zukünftige Herausforderung der modernen Unternehmung. Zukünftig würden Menschen nicht mehr Handel betreiben, Menschen würden managen und koordinieren müssen. 200 Jahre verstrichen nach Adam Smith, bis die theoretische Modellierung desselben Grundgedankens Einzug in die Köpfe der Menschen und in Bibliotheken erhielt. Manager und Eigentümer haben unvereinbare Interessen, ersterer besitzt die Kontrolle über etwas, das letzterem gehört und geht mit dieser Verantwortung unachtsam um. Seit der Arbeit von Michael C. Jensen und William H. Meckling (1976) wird diese Konstellation als Agency-Problem bezeichnet.
Jensen/Meckling (1976) schufen ein Bild des Unternehmens als Nexus of contracts und begründeten hiermit das Verständnis einer Unternehmung als Konstrukt vieler miteinander in (Vertrags-)Beziehung stehender Parteien. In diesem Konstrukt kommt der Beziehung zwischen Eigentümern und Managern eine besondere Bedeutung zu. Die Entlohnung des Managements stellt das Bindeglied zwischen beiden Parteien dar. Erfolgsabhängige Entlohnungsverträge und die dadurch gesetzten Anreize ermöglichen die Angleichung der Interessen von Eigentümern und Managern des Unternehmens, da beide von einer positiven Unternehmensentwicklung profitieren.
An anderer Front entstand etwa zur gleichen Zeit eine Idee, welche die der Lösung des genannten Problems anstrebte, das Konzept des Shareholder Value. Dieses Konzept nähert sich dem Problem aus einer finanztheoretischen Perspektive und vertritt eine radikale […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9082
Della Pietra, Marino/Schaeffler, Stephan:: Anreizsetzung und Risikoteilung -
Theoretische und Empirische
Aspekte der Managemententlohnung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2006
Zugl.: Universität Augsburg, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

I
1 Einleitung ...1
2 Grundlegende Erkenntnisse der Managemententlohnung ...4
2.1 Vertragstheoretische Analyse...4
2.1.1 Kernproblematik der Managemententlohnung...4
2.1.1.1 Informationsasymmetrie ...4
2.1.1.2 Unsicherheit ...6
2.1.1.3 Interessendivergenz ...6
2.1.2 Hidden Characteristics vs. Hidden Action...7
2.1.3 Moral Hazard Modell ...10
2.1.3.1 Annahmen und zeitliche Struktur...10
2.1.3.2 Trade-off zwischen Anreiz und Risiko im einfachsten Modell ...14
2.1.3.3 Allgemeine Spezifikationen...22
2.1.3.4 Populäre Vereinfachungen...24
2.1.4 Implikationen für die Gestaltung effizienter Anreizverträge ...27
2.1.4.1 Verallgemeinerung der Annahmen und Notation ...28
2.1.4.2 Risikoneigung und Anreizintensität ...29
2.1.4.3 Nutzen zusätzlicher Information...32
2.1.4.4 Fix(Verträge) bei Multitasking...35
2.1.4.5 Lineare Entlohnungsverträge ...39
2.1.4.6 Relative Performance Evaluation ...43
2.1.4.7 Anreize durch Career Concerns ...46
2.2 Empirische Erkenntnisse der Managemententlohnung...51
2.2.1 Entlohnungsformen ­ Stand und Entwicklungen...51
2.2.1.1 Wichtige Entlohnungsformen ...51
2.2.1.2 Bedeutung der Entlohnungsformen und Trends ...53
2.2.1.3 Absolutes und relatives Niveau...54
2.2.2 Überprüfung grundlegender agenturtheoretischer Annahmen...56
2.2.2.1 Festlegung der Entlohnungsregel durch den Prinzipal...56
2.2.2.2 Risikoaversion des Agenten...58
2.2.2.3 Effektivität der Anreizsetzung ...61
2.2.3 Berücksichtigung theoretischer Kenntnisse ...72
2.2.3.1 Anreizverträge in der Praxis ...73
2.2.3.2 Lineare Verträge vs. Informativeness-Principle ...83
2.2.3.3 Multitasking und fehlgeleitete Anreize...86
2.2.3.4 Verzicht auf Relative Performance Evaluation ...87
2.2.3.5 Bedeutung von Career Concerns...90
3 Analyse von Aktienoptionen als Entlohnungsinstrument...94
3.1 Wichtige Aspekte von Aktienoptionen...94
3.1.1 Technisches zu Optionen ...94
3.1.1.1 Optionsarten...94
3.1.1.2 Gestaltungsparameter und Wert der Option ...96
3.1.1.3 Bewertung mit Black-Scholes-Formel...97
3.1.2 Praktische Handhabung... 100
3.1.2.1 Bilanzierung ... 100
3.1.2.2 Besteuerung... 103
3.1.2.3 Ausübung und Liquiditätseffekt... 105

II
3.1.3 Anreizwirkung ... 107
3.1.3.1 Intendierte Anreize ... 107
3.1.3.2 Nicht intendierte Anreize... 109
3.1.4 Popularität in der Praxis und empirische Evidenz... 111
3.1.4.1 Praktische Handhabung ... 112
3.1.4.2 Intendierte Anreize ... 115
3.1.4.3 Nicht-intendierte Anreize ... 119
3.2 Aktienoptionen und Anreize für Risiko ... 124
3.2.1 Problemstellung ... 125
3.2.2 Klassische Argumentation ... 127
3.2.3 Anreize für mehr Risiko im Modell von Ross (2003) ... 128
3.2.3.1 Notwendige Bedingung für geringere absolute Risikoaversion .. 129
3.2.3.2 Translation Effect, Magnification Effect und Convexity Effect ... 130
3.2.3.3 Veränderung der Risikoaversion durch zusätzliche Optionen... 131
3.2.4 Subjektive Bewertung und Festlegung des Basispreises ... 133
3.2.4.1 Certainty Equivalent Approach ... 133
3.2.4.2 Modell von Skovoroda/Main/Buck/Bruce (2003) ... 136
3.2.5 Risikoanreize für Aktienoptionen im Zeitverlauf... 144
3.2.6 Empirische Evidenz ... 146
3.2.7 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick... 154
3.3 Repricing von Aktienoptionen ... 156
3.3.1 Intuitive Argumente... 156
3.3.2 Handhabung... 158
3.3.2.1 Bilanzierung ... 158
3.3.2.2 Corporate Governance... 159
3.3.2.3 Steuern... 160
3.3.3 Theorie ... 160
3.3.3.1 Nachverhandlung bei Anreizverträgen... 160
3.3.3.2 Theoretische Effizienz von Repricing ... 167
3.3.4 Empirische Evidenz ... 180
3.3.4.1 Häufigkeit und Ausgestaltung... 181
3.3.4.2 Notwendigkeit der Anreizwiederherstellung ... 183
3.3.4.3 Firmenspezifische Leistungsdefizite vs. Brancheneinflüsse ... 186
3.3.4.4 Repricing als Agency-Problem? ... 188
3.3.4.5 Kosten und Nutzen ... 190
3.3.5 Schluss ... 192
4 Schluss ... 195
Literaturverzeichnis... 200

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zeitliche Struktur des Moral Hazard Modells...13
Abbildung 2: Optimaler Vertrag bei symmetrischer Information...16
Abbildung 3: Optimaler Vertrag aus Sicht des Agenten ...19
Abbildung 4: Optimaler Vertrag aus Sicht des Prinzipals...20
Abbildung 5: Spielstruktur des Moral Hazard Modells in extensiver Form ...22
Abbildung 6: First Order Approach ...26
Abbildung 7: Annäherung von µ an den optimalen Zustand...49
Abbildung 8: Absolute und relative Entwicklung der CEO-Entlohnung ...55
Abbildung 9: Bedeutung der Aktionärsstruktur für Fusionsbestrebungen ...59
Abbildung 10: Determinanten von Hedging ...65
Abbildung 11: Unternehmensbeteiligung und Erfolg ...69
Abbildung 12: Auszahlungsstruktur von Entlohnungsformen...84
Abbildung 13: Volatilität und Optionswert...97
Abbildung 14: Optionsbewertung im Binomialmodell ...98
Abbildung 15: Klassische Argumentation...127
Abbildung 16: Reward-Risk Trade-off...140
Abbildung 17: Prozentuale Änderung der geforderten Aktienkurserhöhung ...142
Abbildung 18: Zeitstruktur im Nachverhandlungsmodell von Hart/Moore (1988)...163
Abbildung 19: Spielstruktur nach Acharya/John/Sundaram (2000) ...170
Abbildung 20: Unabänderbarer Vertrag...172
Abbildung 21: Angeglichener Vertrag...172
Abbildung 22: Repricing-Vertrag...173
Abbildung 23: Unabänderbarer Vertrag vs. Repricing-Vertrag...177
Abbildung 24: Firmenspezifische Performance vs. Markt-/Branchenentwicklung ...187

IV
Abkürzungsverzeichnis
AMEX:
American Stock Exchange
APB:
Accounting Principal Board
BMI:
Body Mass Index
CAPM:
Capital Asset Pricing Model
CAPEX:
Capital Expenditure
CE:
Convexity Effect
CEO:
Chief Executive Officer
CFO:
Chief Financial Officer
FASB:
Financial Accounting Standard Board
F&E:
Forschung und Entwicklung
IRC:
Internal Revenue Code
ISO:
Incentive Stock Option
ME:
Magnification Effect
MLS:
Median Least Square
OLS:
Ordinary Least Square
OPEX:
Operational Expenditure
MLRP:
Monotone Likelihood Ratio Property
NQSO:
Non-Qualified Stock Option
NYSE:
New York Stock Exchange
RPE:
Relative Performance Evaluation
PPS:
Pay(-To)-Performance-Sensitivity
PVI:
Pay-Volatility-Intensity
ROA:
Return On Assets
RET:
Return On Equity
SEC:
Security Exchange Commission
SFAS:
Statement of Financial Accounting Standard
SIC:
Standard Industrial Classification
S&P:
Standard & Poors
TE:
Translation Effect
TSLS:
Two Stage Least Square
US-GAAP: US Generally Accepted Accounting Principles

1
1
Einleitung
Diese Diplomarbeit thematisiert die Lösung der Corporate Governance Problematik durch
erfolgsabhängige Entlohnungsverträge. Die Notwendigkeit der Corporate Governance ent-
steht aus der Trennung von Eigentum und Kontrolle. Der Begründer der modernen National-
ökonomie Adam Smith äußerte bereits 1776 in ,,The Wealth of Nations" große Besorgnis ge-
genüber der sich damals ausbreitenden Form der Unternehmung, der Aktiengesellschaft:
,,The directors of such companies [...] being the manager rather of other people´s money than
of their own [will not] watch over it with the same anxious vigilance with which the partners
in a private copartnery frequently watch over their own. [...] Negligence and profusion, there-
fore, must always prevail [...] in the management [...]of such companies." (Book 5, Ch.1,
Pt.3, Art.1)
Adolf A. Berle und Gardiner C. Means erklärten im Jahre 1932 in "The Modern Corporation
and Private Property" die historisch gewachsene Trennung von Eigentum and Kontrolle als
zukünftige Herausforderung der modernen Unternehmung. Zukünftig würden Menschen nicht
mehr Handel betreiben, Menschen würden managen und koordinieren müssen. 200 Jahre ver-
strichen nach Adam Smith, bis die theoretische Modellierung desselben Grundgedankens Ein-
zug in die Köpfe der Menschen und in Bibliotheken erhielt. Manager und Eigentümer haben
unvereinbare Interessen, ersterer besitzt die Kontrolle über etwas, das letzterem gehört und
geht mit dieser Verantwortung unachtsam um. Seit der Arbeit von Michael C. Jensen und
William H. Meckling (1976) wird diese Konstellation als Agency-Problem bezeichnet.
Jensen/Meckling (1976) schufen ein Bild des Unternehmens als Nexus of contracts und be-
gründeten hiermit das Verständnis einer Unternehmung als Konstrukt vieler miteinander in
(Vertrags-)Beziehung stehender Parteien. In diesem Konstrukt kommt der Beziehung zwi-
schen Eigentümern und Managern eine besondere Bedeutung zu. Die Entlohnung des Mana-
gements stellt das Bindeglied zwischen beiden Parteien dar. Erfolgsabhängige Entlohnungs-
verträge und die dadurch gesetzten Anreize ermöglichen die Angleichung der Interessen von
Eigentümern und Managern des Unternehmens, da beide von einer positiven Unternehmens-
entwicklung profitieren.
An anderer Front entstand etwa zur gleichen Zeit eine Idee, welche die der Lösung des ge-
nannten Problems anstrebte, das Konzept des Shareholder Value. Dieses Konzept nähert sich
dem Problem aus einer finanztheoretischen Perspektive und vertritt eine radikale Vorstellung
eines effizienten Kapitalmarkts, der das absolute Instrument der Kontrolle ist. Das Konzept
des Shareholder Value verschreibt das Unternehmen und all seine Aktivitäten einem einzigen

2
Zweck, der Schaffung von Wert für den Aktionär. Über die Ausrichtung des Unternehmens
auf den Shareholder Value erhält dieser marktliche Koordinationsmechanismus Einzug in das
Unternehmen. Jede einzelne Vertragsbeziehung wird auf eine gemeinsame Zielsetzung ausge-
richtet, die Steigerung des Unternehmenswerts. Letztlich bleibt ein Signal für die Leistung des
Managers: der Unternehmenswert.
Die Prinzipal-Agent Theorie steht für eine vertragliche Lösung von Auftraggeber-
Auftragnehmer Problematik im Allgemeinen und der Lösung der Eigentümer-Manager Prob-
lematik im Speziellen. Hierbei steht Anreizsetzung und Risikoteilung im Vordergrund. Durch
eine erfolgsabhängige Entlohnung wird dem Manager Risiko übertragen. Dies setzt den An-
reiz, höhere Anstrengungen zu vollbringen, um den Unternehmenswert zu steigern. Die Ver-
knüpfung zwischen dem vertragstheoretischen Ansatz und dem Shareholder Value Konzept
erfolgt über die Wahl des Signals für Leistung: dem Wert des Unternehmens. Die Manage-
mententlohnung koordiniert nun nicht mehr nur den Inputfaktor Managementarbeit, sie ist
Steuerungsinstrument für die gesamte Unternehmung.
In den letzten 25 Jahren wurde sehr viel Forschungsaufwand auf dem Gebiet der erfolgsab-
hängigen Managemententlohnung betrieben. Es existiert gegenwärtig eine gewaltige Fülle
von theoretischen Beiträgen, die sich der Gestaltung optimaler Anreizverträge widmet. Wir
werden zunächst die grundsätzliche Idee von Anreizsetzung und Risikoteilung ausführlich
erläutern und anschließend die wichtigsten Gestaltungsmerkmale optimaler Anreizverträge
diskutieren. Im nächsten Schritt wenden wir uns der Praxis der Managemententlohnung zu.
Häufig vernachlässigt, prüfen wir zunächst, ob die Annahmen des vertragstheoretischen An-
satzes für dieses Gebiet zutreffen. Hierauf beurteilen wir, inwiefern die Ausgestaltung von
Entlohnungsverträgen in der Managementpraxis den wesentlichen theoretischen Leitlinien
folgt. Hierbei fokussieren wir in unserer Betrachtung den wichtigsten Entscheidungsträger
eines Unternehmens, den Chief Executive Officer.
Der zweite Teil dieser Diplomarbeit befasst sich mit der Analyse eines Entlohnungsinstru-
ments. Das Entlohnungsinstrument Aktienoptionen hat in den letzten zwei Jahrzehnten enor-
me Bedeutung erlangt. Empirische Studien belegen, dass Aktienoptionen in großen amerika-
nischen Unternehmen für CEOs bereits die wichtigste Entlohnungskomponente darstellen.
Wir stellen Aktienoptionen zuerst allgemein als Derivat dar und gehen dann konkret auf die
betriebswirtschaftliche Behandlung von Aktienoptionen als Entlohnungsinstrument ein. Im
Kontext der übergeordneten Thematik dieser Arbeit diskutieren wir, inwieweit eine Anreiz-
setzung durch Optionen erfolgt, die zur Lösung der Corporate Governance Problematik bei-

3
trägt. Fundiert mit empirischen Erkenntnissen, begründen wir die enorme Verbreitung von
Aktienoptionen.
Optionen werden seit jeher aus verschiedenen theoretischen Perspektiven kontrovers disku-
tiert. Aus anreiztheoretischer Sicht stehen aktuell insbesondere zwei Aspekte im Mittelpunkt.
Zum einen steht eine klassische Anreizwirkung von Aktienoptionen in der Kritik. Bis heute
ist eine wesentliche Zielsetzung der Entlohnung mit Aktienoptionen, der Risikoaversion des
CEOs entgegenzuwirken. Es existiert eine Interessendivergenz bezüglich Risiko gegenüber
diversifizierten, risikoneutralen Anlegern. Die Literatur wurde lange Zeit von der Meinung
dominiert, dass Optionen diese Interessendivergenz durch eine vollständige Versicherung des
CEOs gegen Misserfolg beheben. Diese Auffassung wird jedoch von aktuelleren Beiträgen in
Frage gestellt. Eine umfassende Analyse wird diesen Punkt genauer beleuchten. Zum anderen
wird die Sinnhaftigkeit des Repricing von Aktienoptionen diskutiert. Allgemein bedeutet Re-
pricing, dass Optionen bei einer schlechten Entwicklung des Aktienkurses zum Vorteil des
Inhabers modifiziert werden. Aktionäre und institutionelle Anleger lehnen diese
Vorgehensweise mit der Begründung ab, dass CEOs nicht noch für eine schwache Leistung
belohnt werden dürfen. Jedoch steht Repricing in der Theorie für ein sinnvolles Mittel zur
Wiederherstellung von Anreizen. Auch Repricing werden wir einer umfassenden
Untersuchung unterziehen.
Diese Arbeit wird zeigen, dass der vertragstheoretische Ansatz der Managemententlohnung
wesentliche Erklärungskraft besitzt und sehr wohl in der Praxis Anwendung findet. Jedoch
treten auch Muster zutage, die offensichtlich im Widerspruch zum vertragstheoretischen Er-
klärungsansatz stehen. Diese Widersprüche treten besonders in Fällen auf, in denen andere,
maßgebliche Einflussfaktoren wie ineffiziente Entscheidungsstrukturen oder betriebswirt-
schaftliche Gesichtspunkte aufgrund ihrer Erklärungskraft vertragstheoretische Überlegungen
überlagern oder sogar dominieren. Dies gilt für Managemententlohnung im Allgemeinen und
für Aktienoptionen im Speziellen.

4
2
Grundlegende Erkenntnisse der Managemententlohnung
2.1
Vertragstheoretische Analyse
Die Agency-Theorie steht für eine Lösung von Problemen zwischen Eigentümern und Mana-
ger durch Arbeitsverträge, oder präziser, durch Anreizverträge. Anreizverträge werden in der
vorliegenden Diplomarbeit als solche Verträge verstanden, bei denen die Höhe der Entloh-
nung nicht input- sondern outputorientiert ist, d.h., nicht von Inputgrößen, wie geleisteten
Arbeitsstunden, sondern von einer Outputmessgröße, wie erwirtschafteter Gewinn abhängt.
Ein Anreizvertrag schließt aus, dass ein Manager ein festes Gehalt bekommt, da die Vergü-
tung in einem gewissen Umfang unsicher ist. In diesem Fall trägt auch der Manager einen
Teil des Risikos. Dies wird in der Literatur als (echte) Risikoteilung bezeichnet. Insbesondere
seit Beginn der 70er Jahre sind, gemessen an der Zahl der jährlichen Veröffentlichungen in
der Literatur, intensive Forschungsbemühungen von Ökonomen im Bereich der erfolgsabhän-
gigen Managemententlohnung zu beobachten.
In diesem Abschnitt werden wir die Kernproblematik der (erfolgsabhängigen) Management-
entlohnung erläutern und hierin zeigen, warum selbst horrende Fixgehälter keine optimale
Lösung der Problematik herbeiführen können. Um die besondere Herausforderung 'Manage-
mententlohnung' zu veranschaulichen, isolieren wir die drei Zutaten des Problems: Informati-
onsasymmetrie, Unsicherheit und Interessendivergenz zwischen Manager und Eigentümern
eines Unternehmens.
2.1.1
Kernproblematik der Managemententlohnung
2.1.1.1
Informationsasymmetrie
Blicken wir zunächst auf den Gegenstand des Arbeitsvertrags für Manager, seine Arbeitsleis-
tung. Die speziellen Aufgabenmerkmale der Managementarbeit führen dazu, dass der Wert
dieses Inputfaktors im Gegensatz zu anderen Produktionsfaktoren der Unternehmung nicht in
objektiv messbaren Dimensionen beurteilt werden kann
1
. Es ist nicht direkt beobachtbar, wie
gut oder schlecht ein CEO arbeitet und inwieweit er sich für die Interessen der Aktionäre,
1
Der Grund hierfür ist nicht darin zu suchen, dass der Inputfaktor von einem Mensch erbracht wird, sondern in
den speziellen Charakteristika seiner Tätigkeit. Schließlich kann die Leistung etwa eines Fließbandarbeiters
genau wie die Leistung einer Produktionsmaschine objektiv nach Quantität und Qualität beurteilt werden.
Eine solche Evaluationsmöglichkeit steht bei der Managementtätigkeit nicht zur Verfügung.

5
insbesondere der Erzielung eines möglichst hohen Unternehmensgewinns
2
, einsetzt. Zwar
könnte noch beobachtet werden wie viel Zeit der CEO an seinem Arbeitsplatz verbringt, diese
würde jedoch keinen Aufschluss über die Qualität der erbrachten Leistung geben. Einzuschät-
zen ist die Qualität der Managementarbeit nur sehr schwer. Sie unterliegt langen Feedback-
Zyklen, es können mehrere Jahre vergehen, bis sich der Nutzen mancher strategischer Ent-
scheidungen offenbart. Auch sind Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung unklar
und unstrukturiert. Es ist oft nicht möglich, genau zu bestimmen, welchen Einfluss ein CEO
auf eine Entwicklung genommen hat. Dies geht einher mit einer enormen Komplexität, also
der Vielfalt vernetzter Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, in deren Kontext ein CEO Ent-
scheidungen trifft. Aus dieser Messproblematik entsteht eine Informationsasymmetrie
3
zwi-
schen Manager und den Eigentümern des Unternehmens. Bedient man sich einer Systematik
aus der Informationsökonomie, so können Güter nach dem Grad der Informationsasymmetrie
in Suchgüter, Erfahrungsgüter und Vertrauensgüter differenziert werden. Die Qualität von
Suchgütern kann unter Aufwendung von Informationskosten bereits vor Vertragsabschluss
beurteilt werden. Die Qualität von Erfahrungsgütern ist erst nach Vertragsabschluss ersicht-
lich. Hingegen bleibt die Qualität von Vertrauensgütern während und nach Vertragserfüllung
verborgen. Hierbei kann ex post nicht beurteilt werden, ob ein anderes Produkt eventuell ei-
nen höheren Zielerreichungsgrad realisiert hätte. Managementarbeit zählt in dieser Klassifika-
tion zu den Vertrauensgütern. Sowohl der Einsatz, als auch die Leistung des Managers bleibt
während und nach der Vertragserfüllung nicht beobachtbar und nicht beweisbar
4
. Natürlich
weiß der Manager selbst, welche Anstrengungen er erbracht hat. Er verfügt über private In-
formation.
Eine Informationsasymmetrie besteht jedoch auch vor Vertragsschluss, nämlich bezüglich den
Eigenschaften des Managers, etwa Talent, Kompetenz, Erfahrung etc. Wird eine positive Kor-
relation zwischen diesen Eigenschaften und seiner Leistung unterstellt, ist diese (private) In-
formation von erheblicher Relevanz für die Eigentümer des Unternehmens. Sie kann jedoch
nicht direkt beobachtet werden, was wiederum zu Informationsasymmetrie zwischen den Par-
teien führt. An sich stellt dies jedoch kein gravierendes Problem dar.
2
Unternehmensgewinn steht nicht für eine buchhalterische Größe, sondern für den geschaffenen Wert für die
Eigentümer.
3
Der Begriff Informationsasymmetrie beschreibt eine Situation, in der zwei Parteien in einer (Vertrags-) Bezie-
hung stehen, wobei eine Partei über Informationen verfügt, die der anderen Partei nicht (ohne Aufwendung
von Kosten) zugänglich sind (vgl. Macho-Stadler/Pérez-Castrillio, 2001, S.6f). Solche Information wird als
private Information bezeichnet. Sind Informationen (ohne Kosten) für alle beteiligten Personen verfügbar,
so sprechen wir von öffentlichen Informationen. Sind alle relevanten Informationen öffentlich, so sprechen
wir von Informationssymmetrie.
4
Diese zwei Eigenschaften wären notwendig, um Einsatz oder Leistung des Managers vor einer dritten Partei,
etwa einem Gericht, im Streitfall nachzuweisen.

6
2.1.1.2
Unsicherheit
Das Controlling hat zahlreiche Methoden und Kennzahlen hervorgebracht, um die Leistung
eines Unternehmens und somit die Leistung des Managements zu beurteilen. Intensive Cont-
rollingaktivitäten könnten die Situation der Informationsasymmetrie, zu mindest ex post, lö-
sen
5
. Dies gelingt jedoch nicht, wenn Unsicherheit vorliegt. Der Gewinn eines Unternehmens
ist zweifelsohne nicht ausschließlich von der Leistung des CEOs abhängig, sondern auch von
Faktoren, die er nicht beeinflussen kann. Beispiele hierfür sind Konjunktur, Ölpreis, Euro-
und Dollarkurs, Nachfrageschwankungen, externe Schocks und viele andere. Letztlich führt
diese Unsicherheit dazu, dass die Leistung des CEOs nicht mit Gewissheit aus dem Gewinn
gefolgert werden kann. Schließlich kann sich der Manager opportunistisch verhalten und
schlechte Ergebnisse stets dem Eintreten missgünstiger, nicht beeinflussbarer Umstände zu-
schreiben, und nicht einer schlechten Managementleistung. Da der Arbeitseinsatz private In-
formation und somit nicht direkt beobachtbar und nachweisbar ist, könnte ihm kein Gericht
das Gegenteil beweisen
6
. Dennoch, der CEO könnte seinen geleisteten Arbeitseinsatz freiwil-
lig kommunizieren und eine faire Vergütung einfordern.
2.1.1.3
Interessendivergenz
Interessendivergenz zwischen Manager und Eigentümern der Unternehmung komplettieren
die Zutaten des Problems Managemententlohnung. Die Eigentümer als Investoren sind primär
an der Erzielung eines möglichst hohen Gewinns interessiert. Die Vergütung des Managers
stellt für sie reale Kosten dar, die den Gewinn mindern. Der Manager hingegen profitiert von
diesen Kosten und strebt nach einem möglichst hohen Einkommen. Da (hochwertige) Mana-
gementarbeit anstrengend ist, möchte der Manager sein Gehalt mit einem möglichst geringen
Einsatz erzielen.
7
Schließlich bringt ihm ein hoher Unternehmensgewinn keinen (monetären)
Vorteil, falls dieser eine feste Entlohnung erhält. Die hieraus resultierende Interessendiver-
genz ist leicht ersichtlich. Wiederum stellt Interessendivergenz allein jedoch kein schwerwie-
5
Beispielsweise könnte der Manager bei Vorliegen des Jahresabschlusses am Ende des Geschäftsjahrs rückwir-
kend proportional zum Ergebnis des Unternehmens bezahlt werden, falls dieses einen deterministischen
Rückschluss auf den geleisteten Arbeitseinsatz des Managers zulässt.
6
Nicht-Nachweisbarkeit schließt aus, dass der Vertrag explizit auf den Arbeitseinsatz geschrieben werden kann.
Liegt diese Eigenschaft nicht vor, könnten die Eigentümer den Manager auf Basis des geleisteten Ar-
beitseinsatzes entlohnen, oder alternativ einen bestimmten Arbeitseinsatz in einem Forcing Contract fest-
schreiben und diesen bei Gericht durchsetzen, falls der Manager seine Leistungspflicht verletzt.
7
Das hierin suggerierte Menschenbild mag pessimistisch erscheinen. Es spiegelt jedoch präzise das Menschen-
bild wieder, das in der Ökonomie allgemein, wie auch in der vorliegenden Arbeit, unterstellt wird. Der
Homo Oeconomicus intendiert Nutzenmaximierung bzw. Disnutzenminimierung. ,,Nehmen Sie die Men-
schen wie sie sind, andere gibt es nicht." (Konrad Adenauer, deutscher Bundeskanzler 1949-1963)

7
gendes Problem dar, solange nicht zugleich Unsicherheit und/oder Informationsasymmetrie
vorliegt, wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich wird.
Diese Überlegungen machen deutlich, dass Managemententlohnung nur eine Problematik im
ökonomischen Sinn darstellt, falls Informationsasymmetrie, Unsicherheit und Interessendi-
vergenz simultan vorliegen. Sobald eine Komponente fehlt, sind mehrere Ansätze denkbar,
die eine effiziente Allokation zwischen Arbeitsleistung und Entlohnung herstellen. Liegt hin-
gegen Informationsasymmetrie, Unsicherheit und Interessendivergenz vor, besteht nicht nur
ein Koordinationsproblem, sondern auch ein Anreizproblem.
Blicken wir zurück auf die Corporate Governance Problematik, die Managemententlohnung
mit Anreizverträgen zu lösen versucht. Eine Lösung kann nicht durch eine normale, fixe Ge-
haltsstruktur herbeigeführt werden. Die Lösung des Agency-Problems basiert auf der Idee, die
Interessendivergenz zwischen Manager und Eigentümern des Unternehmens zu reduzieren,
indem Entlohnungsverträge erfolgsabhängig gestaltet werden. Solche Verträge setzen Anreize
für Arbeitseinsatz, da der Erfolg des Unternehmens dem Manager wie den Eigentümern zu
Gute kommt.
Im nächsten Abschnitt werden wir Informationsasymmetrie vor und nach Vertragsschluss
genauer voneinander abgrenzen.
2.1.2
Hidden Characteristics vs. Hidden Action
Wie bereits im letzten Abschnitt angedeutet wurde, sind grundsätzlich zwei Arten der unglei-
chen Informationsverteilung im Bereich der Managemententlohnung relevant: ,,hidden ac-
tion" und ,,hidden characteristics" (Arrow, 1985, S.38). Wir erläutern diese zunächst in
Grundzügen und begründen anschließend den Fokus der vorliegenden Arbeit.
Die Abgrenzung der beiden Arten von Informationsasymmetrie erfolgt anhand des Zeitraums
in dem sie auftreten, vor oder nach Vertragsschluss. Hidden action beschreibt eine Situation,
bei der Informationen vor Vertragsschluss symmetrisch verteilt sind und sich die Informati-
onsasymmetrie auf die Verhaltensweise nach Vertragsschluss bezieht. Die Modellierung die-
ser Problematik erfolgt als so genanntes Prinzipal-Agent Problem. Bezogen auf den Fall der
Managemententlohnung delegieren die Eigentümer einer Unternehmung (Prinzipal) die ope-
rative Führung an einen CEO (Agent), der über spezielle Ressourcen verfügt. Der Prinzipal
besitzt dabei (vor Vertragsschluss) vollständige Informationen bezüglich dieser Ressourcen,
etwa der Managementkompetenz des Agenten. Die Informationsproblematik ergibt sich,
nachdem ein Arbeitsvertrag unterzeichnet wurde, da der Prinzipal den geleisteten Arbeitsein-

8
satz oder die durchgeführten Aktionen des Agenten nicht beobachten und/oder nachweisen,
oder zumindest nicht vollkommen kontrollieren kann. Die Informationsasymmetrie schließt
aus, dass der Arbeitsvertrag direkt auf den geleisteten Arbeitseinsatz oder auf die durchge-
führten Aktionen geschrieben werden kann. (vgl. Macho-Stadler/Pérez-Castrillo, 2001, S.9)
Diese Problematik, welche erstmals Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts in Zu-
sammenhang mit der Weltwirtschaftskrise thematisiert wurde, wird seither als Moral Hazard
Problem bezeichnet.
Im Gegensatz dazu beschreibt hidden characteristics eine Situation, in der Informationen
nach Vertragsschluss symmetrisch verteilt sind, und sich die Informationsasymmetrie auf die
Eigenschaften des Vertragspartners vor Vertragsschluss bezieht. Hierbei kann der Prinzipal
das Verhalten des Agenten während des Vertragsverhältnisses nachweisen, jedoch hängt eine
optimale Entscheidung von den Eigenschaften des Agenten (etwa seiner Managementkompe-
tenz) ab, die vor Vertragsschluss private Information bleiben. (vgl. Macho-Stadler/Pérez-
Castrillo, 2001, S.11) Auf Grund der hidden characteristics besteht ein Auswahlproblem un-
erwünschter Vertragspartner. Dies wird in der Literatur als Adverse Selektion bezeichnet. Im
konkreten Fall der Managemententlohnung ist die Problematik offensichtlich. Die Eigentümer
der Unternehmung möchten die operative Führung an einen Manager delegieren, der über die
hierfür notwendigen Kompetenzen verfügt.
Im Fokus der vorliegenden Arbeit liegt die Moral Hazard Problematik. Die Adverse Selekti-
on Problematik wird hingegen weitestgehend ausgeblendet. Der Grund hierfür ist, dass wir
die Relevanz der Letzteren für die Praxis, insbesondere im Bereich der CEO-Entlohnung, als
sehr gering einschätzen. Eine effektive Lösung der Adverse Selektion Problematik besteht in
der Beschaffung von Informationen bezüglich der Eigenschaften des potenziellen Vertrags-
partners. Diese müssen von Unternehmensseite nicht etwa durch Aufwendung von Kosten
beschafft werden, sondern werden von den Bewerbern für eine Stelle als Manager im ge-
wünschten Umfang zur Verfügung gestellt. Die Personalwissenschaft und ­praxis hat eine
Reihe von effektiven Recruiting-Instrumenten hervorgebracht, um geeignete Kandidaten für
eine Arbeitsstelle zu selektieren. Manager durchlaufen in der Regel eine langjährige Schul-
und Berufsausbildung. Detaillierte Informationen über Studienschwerpunkte, Studienleistun-
gen, Studiendauer, Auslandsaufenthalte, inner- und außeruniversitäres Engagement, durchge-
führte Projekte, praktische Erfahrungen, Arbeitszeugnisse und vieles mehr in Verbindung mit
bewährten Auswahlverfahren lassen eine hinreichend präzise Einschätzung der Kompetenzen

9
und Erfahrungen eines Bewerbers zu.
8
Ferner verringern transparente Bildungsstandards und
enge Zusammenarbeit von Unternehmen mit Hochschulen die Informationsproblematik. Fer-
ner stehen bei der Auswahl eines Topmanagers viele zusätzliche Informationen zur Verfü-
gung, da die Kandidaten über eine langjährige Berufserfahrung verfügen müssen, bevor sie
überhaupt in Betracht gezogen werden. Der Erfolg bei früheren Tätigkeiten gibt hinreichend
Aufschluss über die Kompetenz eines Managers. Das Auswahlverfahren basiert somit auf
einer Fülle von Informationen, welche es in der Summe ermöglichen die Adverse Selektion
Problematik zu lösen.
Demgegenüber scheint das Moral Hazard Problem von größerer Tragweite, wenn die intensi-
ven Forschungsbemühungen dieser Domäne während der letzten 30 Jahre berücksichtigt wer-
den. Die Analyse der vorliegenden Arbeit widmet sich deshalb gezielt dieser Problematik.
Das Ziel des nächsten Abschnitts ist es, eine Modellierungstechnik vorzustellen, um die Ver-
tragsbeziehung zwischen Eigentümern und Manager eines Unternehmens formal zu analysie-
ren. Wir erläutern zunächst das denkbar einfachste Prinzipal-Agent Modell und leiten daran
erste, fundamentale Erkenntnisse ab. Im Vordergrund steht der Vergleich von Informations-
symmetrie, bei der eine effiziente vertragliche Lösung erreicht werden kann (First Best Lö-
sung), und Informationsasymmetrie, bei der stets Effizienzverluste auftreten (Second Best
Lösung). Die Pareto optimale Lösung
9
bei ungleich verteilten Informationen zwischen den
Vertragspartnern wird skizziert und der Trade-off zwischen Anreiz und Risiko erläutert. An-
schließend werden wir auf ein allgemeines Modell eingehen und populäre Vereinfachungen in
der Literatur diskutieren. Ein weiterer ausführlicher Abschnitt fasst wichtige Beiträge und
deren Erkenntnisse der Prinzipal-Agent Theorie zusammen.
Anmerkungen zu unserer Argumentation: Es wurden die Zutaten des Problems Management-
entlohnung erläutert. Managemententlohnung stellt nur eine echte ökonomische Herausforde-
rung dar, falls Informationsasymmetrie, Unsicherheit und Interessensdivergenz simultan ge-
geben sind. Fehlt eine dieser Komponenten, so wäre eine Lösung der Problematik durch ei-
nen entsprechenden Mechanismus ohne Effizienzverluste möglich. Informationsasymmetrie
resultiert insbesondere aus der Messproblematik bei der Evaluation von Managementleistung
8
Auf Grund des hohen Sanktionspotenzials, schließen wir die Möglichkeit der Dokumentenfälschung oder der-
gleichen aus.
9
Das Pareto-Kriterium ist in der Ökonomie weit verbreitet um die Effizienz einer Allokation zu beurteilen. Eine
Allokation oder allgemein ein Zustand heißt Pareto effizient, wenn es durch eine Veränderung dieser Allo-
kation nicht möglich ist, ein Individuum besser zu stellen, ohne gleichzeitig ein anderes Individuum
schlechter stellen zu müssen. (vgl. z.B. Hanusch/Kuhn, 1998, S.89) Der Entdecker dieses Kriteriums war
der italienische Ökonom und Soziologe Vilfredo Pareto (1848-1923). Das Pareto-Kriterium wird in dieser
Arbeit durchgängig verwendet, um die Effizienz einer vertraglichen Lösung zu beurteilen.

10
und Managementkompetenz. Hierbei wurden die zwei relevanten Problemfelder erläutert:
Informationsasymmetrie vor und Informationsasymmetrie nach Vertragsschluss. Die Erstge-
nannte scheint in der Praxis von geringerer Tragweite. Sie kann durch Personalrecruiting,
insbesondere im Bereich von Topmanagern gelöst werden, da eine Fülle von (kostenlosen)
Informationen zur Verfügung steht, anhand derer sich die Qualität eines Kandidaten präzise
einschätzen lässt. Die vorliegende Arbeit fokussiert deswegen die Problematik der Informati-
onsasymmetrie nach Vertragsschluss.
2.1.3
Moral Hazard Modell
Es sei daran erinnert, dass ein Entlohnungsvertrag gesucht wird, der die Moral Hazard Prob-
lematik löst oder zumindest verringert und somit sicherstellt, dass die Interessen der Eigentü-
mer eines Unternehmens gewahrt werden. Ein solcher Entlohnungsvertrag dient als Steue-
rungsinstrument, quasi als Substitut der Überwachung. Eine Überwachung des Verhaltens ist
auf Grund der skizzierten Informationsproblematik nach Vertragsschluss nur sehr einge-
schränkt möglich. Aufgrund dessen ist Anreizsetzung durch einen erfolgsabhängigen Entloh-
nungsvertrag erforderlich.
Zunächst werden grundlegende Annahmen des Modells formuliert. Wir beziehen uns sowohl
bei den Annahmen, als auch bei der Formulierung des Modells im Wesentlichen auf die Dar-
stellung von Macho-Stadler/Pérez-Castrillo (2001, vgl. S.17ff).
10
2.1.3.1
Annahmen und zeitliche Struktur
Wir betrachten die bilaterale Beziehung zwischen einem Prinzipal (den Eigentümern bzw.
Aktionären) und einem Agent (dem CEO). Diese Beziehung wird durch einen Vertrag gere-
gelt.
Leistungsansprüche: Der Agent wird vom Prinzipal beauftragt, eine produktive Tätigkeit
durchzuführen und erhält als Gegenleistung eine monetäre Vergütung. Die gegenseitigen
Leistungsansprüche werden vor Aufnahme der Tätigkeit vertraglich geregelt. Die produktive
Tätigkeit wird erbracht, indem der Agent ein bestimmtes Ausmaß an Arbeitseinsatz (auch als
Aktion oder Anstrengung bezeichnet)
e leistet.
10
In dem theoretischen Abschnitt, der sich mit allgemeinen Aspekten der Managemententlohnung befasst, wer-
den wir eine Reihe von Modellen vorstellen. Wir haben deshalb zur besseren Nachvollziehbarkeit für den
Leser soweit wie möglich alle Notationen der verschiedenen Modelle an eine einheitliche Notation ange-
passt. Auf die Veränderung der Notation wird bei den einzelnen Modellen nicht speziell hingewiesen.

11
Verhandlungsmacht: Der Prinzipal verfügt über die gesamte Verhandlungsmacht, d.h., er be-
stimmt sämtliche inhaltlichen Bestandteile, die Vertragsgegenstand werden.
Auszahlungsströme: Aus der Tätigkeit des Agenten resultiert ein Ergebnis, wie etwa der Ge-
winn des Unternehmens
x
11
. Dieser steht dem Prinzipal zu. Der Gewinn hängt positiv von
dem geleisteten Arbeitseinsatz
e ab sowie von weiteren (zufälligen) Faktoren, die der Agent
nicht beeinflussen kann. Hierin kommt Outputunsicherheit zum Ausdruck. Diese Faktoren
werden als Realisierung einer Zufallsvariable modelliert und als Zustand der Welt bezeichnet.
Die Zustände der Welt sind etwa verschiedene (positive) Gewinnniveaus, deren Eintrittswahr-
scheinlichkeit durch den geleisteten Arbeitseinsatz beeinflusst wird. Es wird angenommen,
dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zustände der Welt beiden Vertragsparteien ex
ante, also bei Vertragsschluss bekannt ist. Der realisierte Gewinn sei ex post beobachtbar und
beweisbar. Somit ist es möglich, Vertragsinhalte auf den realisierten Gewinn zu beziehen.
Dies gilt jedoch nicht für den geleisteten Arbeitseinsatz. Dieser ist zu jedem Zeitpunkt der
Vertragsbeziehung nicht beobachtbar und nicht beweisbar. Hierin kommt Informationsasym-
metrie zum Ausdruck.
Der Agent erhält für seine Arbeit eine monetäre Entlohnung nach einer vorab bestimmten
Regelung. Die Höhe des Lohns kann (muss aber nicht) erfolgsabhängig sein, deshalb be-
zeichnen wir die Entlohnungsregel mit
)
(x
w
.
12
Vertragspartner: Beide Vertragsparteien streben nach Maximierung des Nutzens ihrer erwar-
teten Auszahlung, d.h., die Präferenzbildung erfolgt anhand der Erwartungsnutzentheorie von
von Neumann/Morgenstern (1944). Zumindest der Agent verhält sich opportunistisch, er
möchte sein Einkommen anhand eines möglichst geringen Arbeitseinsatzes erzielen. Das be-
deutet im Extrem, dass, falls der Arbeitseinsatz nicht beobachtet oder nachgewiesen werden
kann, er überhaupt nicht arbeitet, d.h., einen Arbeitseinsatz von Null erbringt. Die Entschei-
dungen der Vertragspartner werden ausschließlich von monetären Faktoren beeinflusst, eine
moralische Verpflichtung des Agenten gegenüber dem Prinzipal oder Ähnliches existiert
nicht. Da das Vertragsverhältnis bei Unsicherheit besteht, muss geklärt werden wie die Partei-
en auf Risiko reagieren. Die Einstellung zu Risiko wird anhand der Eigenschaften der von
Neumann-Morgenstern Nutzenfunktionen modelliert. Die Krümmung der Nutzenfunktionen
gibt Aufschluss über die Einstellung zu Risiko, da eine erwartete Auszahlung nicht mittels des
11
Es wird im Folgenden, wie in der Literatur üblich, angenommen, dass der Prinzipal nach einer Erzielung eines
möglichst hohen operativen Gewinns strebt. Alternativ könnten viele weitere Zielsetzungen, etwa Marktan-
teilsmaximierung oder ähnliches verwendet werden.
12
Die beiden Begriffe werden im Weiteren analog verwendet. Je nach dem ob anschaulich oder in Modellspra-
che argumentiert wird, finden sie entsprechend Verwendung.

12
Erwartungswerts, sondern mittels des erwarteten Nutzens der Auszahlung beurteilt wird.
Steigt etwa der marginale Nutzen regressiv in der unsicheren Auszahlung, so deutet dies auf
eine abneigende Einstellung zu Risiko hin, man spricht von Risikoaversion. Arrow/Pratt leg-
ten 1964 eine Formel zur Berechnung der Risikoaversion vor, das so genannte (absolute) Ar-
row-Pratt-Maß:
)
(
'
)
(
''
)
(
-
=
U
U
r
, wobei
)
(
U
mit
0
)
(
'
U
die zweimal differenzierbare
Nutzenfunktion, bzw. die Grenznutzenfunktion des Entscheidungsträgers repräsentiert. Ein
Entscheidungsträger mit
0
)
(
=
r
,
0
)
(
r
bzw.
0
)
(
r
wird als risikoneutral, risikoavers
bzw. risikofreudig bezeichnet, die Krümmung seiner Nutzenfunktion ist linear, konkav bzw.
konvex. Risikoneutralität bedeutet, dass ein Entscheidungsträger indifferent zwischen einer
sicheren und einer unsicheren Zahlung gleichen Erwartungswerts ist. Risikoaversion bedeutet,
dass er die sichere Zahlung bevorzugt. Risikofreude bedeutet, dass er die unsichere Zahlung
bevorzugt. Das Arrow-Pratt-Maß ist ein lokales Maß, d.h., es beurteilt die Risikoeinstellung
an einer bestimmten Stelle der Nutzenfunktion, die durch eine bestimmte Auszahlung erreicht
wird. (vgl. z.B. Bamberg/Coenenberg, 1994, S.79ff)
13
Demgegenüber sagt das relative Arrow-
Pratt-Maß
)
(
'
]
)
(
''
[
)
(
-
=
U
x
U
r
aus, wie sich die Risikoeinstellung eines Entscheidungsträ-
gers bei einer Veränderung der Höhe der unsicheren Auszahlung
x verändert.
Betrachten wir zuerst die Nutzenfunktion des Prinzipals. Er realisiert Nutzen aus dem Netto-
ertrag von Gewinn des Unternehmens und den Kosten für die Entlohnung des Agenten. Somit
lautet die Nutzenfunktion des Prinzipals
)]
(
[
x
w
x
G
-
.
Häufig wird angenommen, dass der
Prinzipal ein Portfolio von Vertragsbeziehungen hält (ein Aktionär hält ein Aktienportfolio),
mit dem er das Risiko dieser Vertragsbeziehung ausgleichen kann und deswegen risikoneutral
ist. Auch in der vorliegenden Arbeit wird der Prinzipal als risikoneutral angenommen, oder
formal
0
)
(
'
G
,
0
)
(
''
=
G
, falls nicht ausdrücklich auf Risikoaversion des Prinzipals
hingewiesen wird.
Die Nutzenfunktion des Agenten wird nicht durch den Gewinn des Unternehmens tangiert. Er
realisiert Nutzen aus seiner Vergütung. Ferner wird angenommen, dass der Agent eine ableh-
nende Haltung gegenüber Arbeit hat und für ihn deshalb Arbeitsleid in Abhängigkeit des ge-
leisteten Arbeitseinsatzes entsteht. Das Arbeitsleid kann monetär bewertet und somit als sub-
jektive Kosten in Abhängigkeit der Höhe des Arbeitseinsatzes
)
(e
V
behandelt werden. Übli-
cherweise steigen diese Kosten überproportional im Arbeitseinsatz, d.h.,
0
)
(
''
,
0
)
(
'
e
V
e
V
.
13
Sei
i
s
die sichere Zahlung mit gleichem (Erwartungs-) Wert wie die unsichere Zahlung i
x
, so werden Risi-
koaversion und Risikofreude anhand der so genannten Ungleichungen von Jensen formalisiert:
i
s
i
x
E
i
x
U
E
i
x
E
U
)
(
)]
(
[
)]
(
[
im Fall der Risikoaversion bzw.
i
s
i
x
E
i
x
U
E
i
x
E
U
)
(
)]
(
[
)]
(
[
im Fall der Risikofreude. (vgl. z.B. de Groot, 1970, S.97)

13
Unter der Annahme, dass der geleistete Arbeitseinsatz unabhängig von der Einstellung zu
Risiko ist, lautet die Nutzenfunktion des Agenten:
)
(
)]
(
[
)
,
(
e
V
x
w
U
e
w
U
-
=
. Es wird ange-
nommen, dass der Agent risikoavers ist. Dies wird dadurch begründet, dass der Agent Ein-
kommen aus seinem Humankapital generiert, welches natürlich nicht gestreut werden kann,
da der Agent nur ein Beschäftigungsverhältnis eingehen kann (vgl. z.B. Milgrom/Roberts,
1992, S.430). Dies impliziert
0
)
(
'
U
,
0
)
(
''
U
.
Beide Nutzenfunktionen sind den Vertragsparteien vor Vertragsschluss bekannt. Betrachtet
man diese, kommt die Interessendivergenz und die Idee eines Anreizvertrags zum Ausdruck:
Die Entlohnung geht positiv in die Nutzenfunktion des Agenten und negativ in die Nutzen-
funktion des Prinzipals ein. Sie ist das einzige Element und damit Bindeglied, das in beiden
Nutzenfunktionen vorkommt. Das Ziel des Prinzipals ist die Gestaltung eines (erfolgsabhän-
gigen) Entlohnungsvertrags, der die Interessen von Prinzipal und Agent angleicht. Es soll also
so genannte Anreizkompatibilität hergestellt werden.
Zeitliche Struktur: Die Aufgabe des Prinzipals ist die Gestaltung eines anreizkompatiblen
Entlohnungsvertrags. Der Agent wird den Vertrag nur eingehen, wenn der erwartete Nutzen
des Agenten zumindest seinen Opportunitätskosten entspricht, etwa dem Nutzen aus einem
alternativen Beschäftigungsverhältnis. Wir bezeichnen diesen als Reservationsnutzen
U . Der
Prinzipal gestaltet zunächst einen Vertrag und unterbreitet dem Agent ein nicht verhandelba-
res Take-it-or-leave-it Angebot. Nimmt der Agent dieses an, erbringt er einen unbeobachtba-
ren Arbeitseinsatz. Nachdem der Zustand der Welt eingetreten ist, ergibt sich ein Gewinn des
Unternehmens, auf dessen Basis Auszahlungen der Vertragsgegner realisiert werden.
Wir werden die Gestaltung des Pareto optimalen Vertrags im nächsten Abschnitt untersuchen.
Als Referenz unterstellen wir zunächst symmetrische Informationenen. Anschließend werden
Auswirkungen von Informationsasymmetrie beschrieben. Indessen visualisiert Abbildung 1
die zeitliche Struktur des Moral Hazard Problems im Fall der Managemententlohnung im
Überblick.
Abbildung 1: Zeitliche Struktur des Moral Hazard Modells
Zeit t
t=1
t=0
P gestaltet
Entlohnungs-
Vertrag
A nimmt an
(oder
lehnt ab)
A leistet
Arbeits-
Einsatz
Zustand
der Welt
tritt ein
Ergebnis
und
Auszahlung

14
2.1.3.2
Trade-off zwischen Anreiz und Risiko im einfachsten Modell
Wir möchten im nächsten Schritt das denkbar einfachste Moral Hazard Modell vorstellen.
Hierbei wurde das Grundmodell von Macho-Stadler/Pérez-Castrillo (2001, S.17ff) auf den
zwei-Arbeitseinsätze-zwei-Ergebnisse Fall angewandt. Dies hat zwei Vorteile. Erstens kann
das Modell mit Hilfe simpler Mathematik beschrieben werden. Zweitens können die Sachver-
halte grafisch dargestellt werden, dies erleichtert das generelle Verständnis für die Funkti-
onsweise von Anreizsetzung und Risikoteilung. Die daraus abgeleiteten fundamentalen Er-
gebnisse bleiben qualitativ erhalten, wenn weit kompliziertere Modelle formuliert werden.
Das Modell ist folgendermaßen spezifiziert: Es existieren nur zwei mögliche Gewinnniveaus,
der hohe Gewinn
H
x und der niedrige Gewinn
L
x . Der Agent wählt aus zwei Arbeitseinsät-
zen. Diese werden entsprechend mit
H
e und
L
e bezeichnet. Durch die Wahl des Arbeitsein-
satzes beeinflusst der Agent die Wahrscheinlichkeiten, mit denen ein bestimmter Gewinn rea-
lisiert wird. Falls er den hohen Arbeitseinsatz leistet, tritt
H
x mit der Wahrscheinlichkeit
H
p ,
und
L
x mit der Wahrscheinlichkeit
)
1
(
H
p
-
ein. Umgekehrt, falls er den geringen Ar-
beitseinsatz leistet, tritt
H
x mit
L
p , und
L
x mit
)
1
(
L
p
-
ein. Natürlich wird vorausgesetzt,
dass
0
L
H
p
p
14
und
)
(
)
(
L
H
e
V
e
V
. Die Entlohnung kann erfolgsabhängig sein. Tritt
etwa
H
x ein, so erhält der Agent
H
H
w
x
w
=
)
(
. Entsprechendes gilt für
L
w . Erhält der Agent
hingegen einen (nicht erfolgsabhängigen) Fixvertrag, wird dieser mit w bezeichnet.
Als Referenzfall betrachten wir den optimalen Kontrakt bei Informationssymmetrie. Hierbei
ist der Arbeitseinsatz des Agenten beobachtbar und beweisbar, der Vertrag kann folglich ex-
plizit auf den Arbeitseinsatz geschrieben werden. Es besteht ein Koordinationsproblem, aber
kein Anreizproblem, da der Prinzipal den optimalen Arbeitseinsatz vertraglich fixieren kann
und diesen gerichtlich durchsetzen könnte, falls der Agent seine Leistungspflicht verletzt.
Werden die Kosten für die Durchsetzung des Vertrags vernachlässigt, ergibt sich aus dem
optimalen Vertrag bei Informationssymmetrie das Nutzenmaximum aus dem Vertragsverhält-
nis. Wir bezeichnen diese Lösung als First Best.
14
Die Bedingung
2
,
1
,
0
=
i
i
p
i
ist notwendig um Unsicherheit zu gewährleisten. Falls diese nicht erfüllt
wäre, etwa
0
=
L
p
, könnte anhand des Ergebnisses ein deterministischer Rückschluss auf den unbeobacht-
baren Arbeitseinsatz gelingen. Dies wird jedoch erst bei Informationsasymmetrie relevant. Bei einer Mo-
dellierung mit mehr als zwei Arbeitseinsätzen bleibt diese Bedingung notwendig, sonst könnten zumindest
bestimmte Arbeitseinsätze ausgeschlossen werden.

15
2.1.3.2.1
First Best: Kontrakte bei Sicherheit
Bei Informationssymmetrie instruiert der Prinzipal den Agent den optimalen Arbeitseinsatz zu
erbringen. Nun, die Bestimmung des optimalen Arbeitseinsatzes ist bei nur zwei möglichen
Niveaus trivial. Der Prinzipal bevorzugt
H
e gegenüber
L
e , falls gilt
)
)(
1
(
)
(
)
)(
1
(
)
(
L
L
L
H
H
L
L
L
H
H
H
H
w
x
p
w
x
p
w
x
p
w
x
p
-
-
-
-
-
-
-
-
bzw.
L
H
L
H
L
H
w
w
x
x
p
p
-
-
-
)
)(
(
. Offensichtlich wünscht der Prinzipal
H
e , wenn der zusätzli-
che Gewinn durch den höheren Arbeitseinsatz die zusätzlichen Kosten für diesen gegenüber
L
e übersteigt. Intuitiv ist klar, dass bei einem Kontinuum von möglichen Arbeitseinsatzni-
veaus das Optimum genau dort liegt, wo sich marginaler Gewinn und marginale Kosten gera-
de aufheben. Diese Bedingung wird dann als Effizienzbedingung bezeichnet. Wir gehen im
Weiteren davon aus, dass die obige Bedingung erfüllt ist und der Prinzipal
H
e bevorzugt.
Blicken wir auf die optimale Entlohnungsregel. Das Maximierungsproblem des Prinzipals
unterliegt der Restriktion, dass der Vertrag so gestaltet sein muss, dass der Agent seinen Re-
servationsnutzen erhält. Die Restriktion gewährleistet, dass der Agent den Vertrag überhaupt
annimmt. Sie wird in der Literatur als Partizipationsbedingung (participation constraint) be-
zeichnet. Der risikoneutrale Prinzipal intendiert bekanntlich die Maximierung des erwarteten
(Netto-)Ertrags des Vertragsverhältnisses. Das Problem des Prinzipals lautet folglich:
)
)(
1
(
)
(
max
,
L
L
H
H
H
H
w
w
w
x
p
w
x
p
L
H
-
-
-
-
(Zielfunktion)
unter der Nebenbedingung:
U
e
V
w
U
p
w
U
p
H
L
H
H
H
-
-
+
)
(
)
(
)
1
(
)
(
(Partizipationsbedingung)
Offensichtlich kann die Lösung für den Prinzipal nicht optimal sein, wenn er den Agent über
seinem Reservationsnutzen vergütet. Somit ist die Nebenbedingung bindend und kann mit
=
geschrieben werden. Folglich kann das Kuhn-Tucker Problem mit dem Lagrange Ansatz
gelöst werden. Wir werden auf die algebraische Lösung des Problems an späterer Stelle zu-
rückkommen. An dieser Stelle betrachten wir hingegen eine grafische Lösung. Abbildung 2
zeigt den optimalen Vertrag zwischen dem risikoneutralen Prinzipal und dem risikoaversen
Agent bei Informationssymmetrie in einer Edgeworth Box
15
.
Die Edgeworth Box vereint die Zustands-Präferenz-Diagramme beider Akteure in einer Dar-
stellung, in der das Diagramm des Prinzipals zu dem des Agenten auf den Kopf gestellt wird.
Nun können anhand der Nutzenfunktionen Indifferenzkurven eingezeichnet werden. Dem
15
Benannt nach dem englischen Ökonom F. I. Edgeworth (1845-1926).

16
Prinzipal stiften alle {
)
(
H
H
w
x
-
,
)
(
L
L
w
x
-
}-Kombinationen (rote Linien in der Grafik) und
dem Agent stiften alle
}
,
{
L
H
w
w
-Kombinationen (blaue Linien in der Grafik) ein konstantes
Erwartungsnutzenniveau. Das Nutzenniveau steigt, wenn sich die jeweiligen Indifferenzkur-
ven zur Mitte des Diagramms hin verschieben. Nutzenmaximierung des Prinzipals bedeutet,
dass dieser seine Indifferenzkurve so weit verschiebt bis diese die gegebene Indifferenzkurve
des Agenten gerade noch tangiert. In diesem Punkt ist die allgemeine Bedingung für ein Pare-
to Optimum erfüllt, da keine höhere Indifferenzkurve des Prinzipals erreicht werden kann, bei
der die Indifferenzkurve des Agenten gerade noch berührt wird. In diesem Punkt haben die
Indifferenzkurven die gleiche Steigung. (vgl. z.B. Hanusch/Kuhn 1998, S.448) Die Steigung
der Indifferenzkurven kann als das Verhältnis der Grenznutzen
16
in beiden Zuständen der
Welt, sowohl für den Prinzipal als auch für den Agent interpretiert werden. Dieses Verhältnis
ist im Optimum gleich und nimmt einen bestimmten Wert an. Folglich ist auch das Verhältnis
von Grenznutzen des Prinzipals und Grenznutzen des Agenten für jeden möglichen Zustand
der Welt gleich und nimmt einen konstanten Wert an. Diese Bedingung für Pareto optimale
Risikoteilung wurde erstmals von Borch
17
(1962, S.428) formuliert.
Die Ecke A
0 zeigt die Perspektive des Agenten. An der Abszisse ist seine Entlohnung ange-
tragen falls
H
x eintritt und entsprechend an der Ordinate falls
L
x eintritt. Die 45°-Linie sym-
bolisiert seine Sicherheitslinie, d.h., solche Entlohnungsschemata, bei denen er kein Risiko
16
Dieses Verhältnis wird in der Ökonomie allgemein als Substitutionsrate bezeichnet.
17
Formal lautet die Bedingung für effiziente Risikoteilung:
.
)
(
'
/
)
(
'
const
U
G
=
für alle Zustände der Welt.
Falls eine Partei risikoavers ist, kann die Bedingung nur erfüllt sein, wenn die andere Partei das gesamte
Risiko übernimmt.
Abbildung 2: Optimaler Vertrag bei symmetrischer Information
45°
45°
0A
0P
H
U
w
H
w
L
U
G
U
G(H)
x
H
- w
H
x
L
- w
L
x
L
x
H
w
H
= w
L
= w
w
H
= w
L
= w
x
L
- w
x
H
- w

17
trägt, da er stets die gleiche Entlohnung erhält. Die (blauen) konvexen Indifferenzkurven zei-
gen verschiedene
}
,
{
L
H
w
w
Kombinationen, bei denen der Agent konstante Erwartungsnut-
zenniveaus erreicht. Der Nutzen ist umso größer, je weiter die Kurve vom Ursprung entfernt
ist. Die Krümmung spiegelt die Risikoaversion des Agenten wieder, schließlich sind jenseits
der Sicherheitslinie höhere (erfolgsabhängige) Löhne notwendig, um das gleiche Nutzenni-
veau zu erreichen. P
0 zeigt hingegen die Perspektive des Prinzipals. Auf der Abszisse ist
sein Nettogewinn
)
(
H
H
w
x
-
, auf der Ordinate sein Nettogewinn
)
(
L
L
w
x
-
angetragen. Die
Linearität seiner (roten) Indifferenzkurven zeigt seine neutrale Einstellung zu Risiko. Der
Nutzen des Prinzipals steigt, je weiter seine Indifferenzkurve von P
0 entfernt ist. Offensicht-
lich entsprechen sich die Steigungen der Indifferenzkurven im Tangentialpunkt H . Folglich
liegt hier das Pareto Optimum. Beim Kontrakt H erhält der Agent gerade seinen Reservati-
onsnutzen
U . Das Nutzenniveau des Prinzipals ist in der Grafik mit
)
(H
G
bezeichnet. H
liegt auf der Sicherheitslinie des Agenten, d.h., er erhält eine fixe Entlohnung unabhängig
davon, welcher Gewinn realisiert wird. Die Bedingung von Borch (1962) stützt dieses Ergeb-
nis. Das Verhältnis der Grenznutzen von Prinzipal und Agent sei konstant für jeden Zustand
der Welt. Falls der Prinzipal risikoneutral ist, ist auch sein Grenznutzen konstant (da
0
)
(
''
=
G
). Somit muss auch der Grenznutzen des Agenten konstant sein, was eine fixe Ent-
lohnung erfordert.
Dieses Ergebnis ist eingängig. Der Prinzipal realisiert keinen (positiven oder negativen) Nut-
zen aus Risiko. Risiko reduziert demgegenüber den Nutzen des Agenten. Folglich ist es cete-
ris paribus effizient, wenn der Prinzipal das gesamte Risiko trägt. Der Fixlohn ist nun leicht
zu bestimmen, da dieser dem Agent gerade den Reservationsnutzen stiftet. Durch Umformen
der Partizipationsbedingung ergibt sich:
*)]
(
[
1
e
V
U
U
w
+
=
-
.
Intuitiv ist klar, dass der Agent in der umgekehrten Situation das gesamte Risiko trägt und
dem Prinzipal eine konstante Zahlung überträgt, wenn der Agent risikoneutral und der Prinzi-
pal risikoavers ist. Ferner, falls beide Akteure risikoavers sind liegt die optimale Lösung zwi-
schen den Extremen. In diesem Fall ist echte Risikoteilung optimal, d.h., beide Parteien erhal-
ten erfolgsabhängige Auszahlungen. Hieraus wird deutlich, dass effiziente Risikoteilung bei
Informationssymmetrie unabhängig von der Risikoneigung der Akteure möglich ist.
Wir behalten diese Ergebnisse im Gedächtnis und kommen zur Informationsasymmetrie zu-
rück.

18
2.1.3.2.2
Second Best: Anreizkontrakte bei Unsicherheit
Im letzten Abschnitt haben wir die Bedingung für Pareto optimale Risikoteilung erläutert.
Jede Abweichung von dieser Optimalitätsbedingung ist bei symmetrischen Informationen
ineffizient. Werden nun asymmetrische Informationen bezüglich des Arbeitseinsatzes berück-
sichtigt, ist die Problemstellung ungleich interessanter. Die Darstellung folgt wiederum Ma-
cho-Stadler/Pérez-Castrillo (2001, S.57ff). Wie unterstellen im Folgenden wieder einen risi-
koneutralen Prinzipal und einen risikoaversen Agent. Nun ist der Arbeitseinsatz nicht beob-
achtbar und nicht nachweisbar und kann deshalb nicht im Vertrag festgeschrieben werden.
Falls der Agent einen fixen Vertrag erhält, wird er für
H
e entlohnt, jedoch stets
L
e leisten
und einen geringen Gewinn dem Eintreten missgünstiger Umstände zuschreiben, die er nicht
beeinflussen konnte. Der Prinzipal hat keine Möglichkeit das Gegenteil zu beweisen. Ein op-
timaler Vertrag bei asymmetrischen Informationen muss folglich gewährleisten, dass der A-
gent den hohen Arbeitseinsatz
H
e erbringt, falls dieser für den Prinzipal vorteilhaft ist. Falls
sich der Prinzipal mit
L
e besser stellt, ist das Problem trivial. Er bezahlt
*)]
(
[
1
e
V
U
U
w
+
=
-
.
Sei
H
e vom Prinzipal bevorzugt. Es muss eine weitere Nebenbedingung berücksichtigt wer-
den, die Anreizkompatibilität herstellt, d.h., sicherstellt, dass der Agent
H
e durch eigennut-
zenmaximierendes Verhalten leistet, wenn der Prinzipal daraus einen höheren erwarteten Ge-
winn erhält. Formal muss diese Anreizkompatibilitätsbedingung garantieren, dass der Erwar-
tungsnutzen des Agenten beim Arbeitseinsatz
H
e höher ist als bei
L
e :
)
(
)
(
)
1
(
)
(
)
(
)
(
)
1
(
)
(
L
L
L
H
L
H
L
H
H
H
e
V
w
U
p
w
U
p
e
V
w
U
p
w
U
p
-
-
+
-
-
+
)
(
)
(
)]
(
)
(
)[
(
L
H
L
H
L
H
e
V
e
V
w
U
w
U
p
p
-
+
-
Somit ergibt sich das Maximierungsproblem des Prinzipals bei asymmetrischer Information:
)
)(
1
(
)
(
max
,
L
L
H
H
H
H
w
w
w
x
p
w
x
p
L
H
-
-
-
-
(Zielfunktion)
unter den Nebenbedingungen:
U
e
V
w
U
p
w
U
p
H
L
H
H
H
-
-
+
)
(
)
(
)
1
(
)
(
(Partizipationsbedingung)
)
(
)
(
)]
(
)
(
)[
(
L
H
L
H
L
H
e
V
e
V
w
U
w
U
p
p
-
+
-
(Anreizkompatibilitätsbedingung)
Wie im Fall der Informationssymmetrie werden wir nun mit einer grafischen Analyse fortfah-
ren. Wir bezeichnen hierin mit
)
,
(
L
H
w
w
K
die Menge von Verträgen, bei denen die Anreiz-

19
kompatibilitätsbedingung bindend und somit mit
=
erfüllt ist. Abbildung 3 zeigt den opti-
malen Vertrag '
H
bei Informationsasymmetrie aus der Sicht des Agenten:
Die unterschiedlichen Steigungen der Indifferenzkurven ergeben sich aus den Wahrschein-
lichkeiten mit denen der hohe oder niedrige Gewinn in Abhängigkeit des geleisteten Ar-
beitseinsatzes eintritt. Aus der Anreizkompatibilitätsbedingung folgt, dass bei der Linie
)
,
(
L
H
w
w
K
gilt
18
:
)
(
)]
(
)
(
[
)
(
)
(
L
H
L
H
L
H
p
p
e
V
e
V
w
U
w
U
-
-
+
=
. Hieraus wird ersichtlich,
dass oberhalb von
)
,
(
L
H
w
w
K
der Arbeiteinsatz
L
e einen höheren Nutzen stiftet, da
L
w bei
konstantem
H
w erhöht wird. Umgekehrt stiftet
H
e unterhalb dieser Linie einen höheren Nut-
zen. Folglich ergeben sich die roten Indifferenzkurven bei hohem Arbeitseinsatz und die
blauen Indifferenzkurven bei niedrigem Arbeitseinsatz. L zeigt den Vertrag, den der Prinzi-
pal anbietet wenn er niedrigen Arbeitseinsatz des Agenten wünscht, hier versichert er den
Agent vollständig. H ist der Vertrag, den der Prinzipal bei symmetrischen Informationen
anbietet. Bei unbeobachtbarem Arbeitseinsatz wird der Agent jedoch stets den niedrigen Ar-
beitseinsatz bei Kontrakt H leisten, da ein höherer Nutzen für ihn entsteht (gestrichelte blaue
Indifferenzkurve). Dies folgt aus der Tatsache, dass der Punkt links von
)
,
(
L
H
w
w
K
liegt.
18
Diese sei zur Vereinfachung als linear angenommen.
Abbildung 3: Optimaler Vertrag aus Sicht des Agenten
45°
45°
0A
0P
K(w
H
,w
L
)
H`
L
H
U(e
L
)
w
H
w
L
RP
RP
U(e
H
)
U(e
L
)
U(e
H
)

20
Sicherlich ist der Prinzipal bei Kontrakten auf der 45°-Linie indifferent zwischen
H
e und
L
e ,
da
)
(
)
(
L
L
H
H
w
x
w
x
-
=
-
. Hingegen präferiert er links von dieser Linie
H
e (rote Indifferenz-
kurve) und rechts davon
L
e (blaue Indifferenzkurve), da
)
(
)
(
L
L
H
H
w
x
w
x
-
-
unterstellt
wurde. Die unterschiedlichen Steigungen der Indifferenzkurven ergeben sich wiederum aus
den unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten für den hohen und niedrigen Gewinn in Abhän-
gigkeit des geleisteten Arbeitseinsatzes. Der Punkt L repräsentiert wiederum einen Fixkon-
trakt bei asymmetrischer Information, bei dem der Agent bekanntlich
L
e leistet. H ist wieder
der Kontrakt, den der Prinzipal bei Informationssymmetrie anbietet, wenn er den Agent in-
struiert
H
e zu leisten. Dieser kann jedoch bei unbeobachtbarem Arbeitseinsatz nicht realisiert
werden (gestrichelte rote Indifferenzkurve), da der Agent wiederum
L
e leistet und der Prinzi-
pal in diesem Fall einen geringeren erwarteten Nettoertrag erhält (blaue untere Indifferenz-
kurve). Der Prinzipal wird im Optimum den Kontrakt
'
H
anbieten (rote untere Indifferenz-
kurve). In diesem Punkt sind Partizipationsbedingung und Anreizkompatibilitätsbedingung zu
den geringsten Kosten erfüllt: '
K
liegt auf oder rechts von
)
,
(
L
H
w
w
K
und auf oder über der
Indifferenzkurve mit
H
e und stiftet somit dem Agent U .
Aus diesen Grafiken können grundlegende Unterschiede zwischen den optimalen Kontrakten
bei symmetrischer und asymmetrischer Information identifiziert werden. Zunächst erhält der
Agent bei asymmetrischen Informationen keinen Fixvertrag, sondern einen erfolgsabhängigen
Vertrag, d.h., echte Risikoteilung ist optimal. Der Agent erhält einen Anreizvertrag. Aus den
Grafiken folgt ferner, dass der optimale Vertrag bei unbeobachtbarem Arbeitseinsatz nicht
Abbildung 4: Optimaler Vertrag aus Sicht des Prinzipals
45°
45°
0A
0P
K(w
H
,w
L
)
H`
L
H
G(e
H
,H`)
G(e
H
,H)
G(e
L
,L)
G(e
H
)
G(e
L
)
x
H
- w
H
x
L
- w
L

21
effizient ist, da sich die Indifferenzkurven schneiden und nicht tangieren. Der Prinzipal reali-
siert weniger Nutzen bei Informationsasymmetrie, die rote Indifferenzkurve durch
'
H
ist nä-
her an seinem Ursprung als die gestrichelte Indifferenzkurve durch H . Zudem kann der
Abbildung 4 entnommen werden, dass der Agent eine höhere Vergütung als bei einem Fixver-
trag erhält. Beim Vertrag H entspricht der Erwartungswert der Entlohnung (gestrichelte
schwarze Linie) dem Sicherheitsäquivalent
19
der Entlohnung, da es sich um einen Fixvertrag
handelt. Wir haben den Erwartungswert zu '
H
eingezeichnet und auf die Sicherheitslinie pro-
jiziert. Das Sicherheitsäquivalent für den Vertrag '
H
liegt über dem Sicherheitsäquivalent für
den Vertrag H . Die Interpretation ist einfach. Der Agent ist risikoavers, der Kontrakt
'
H
setzt den Agent jedoch Risiko aus, er fordert hierfür einen Aufschlag: die so genannte Risiko-
prämie
20
(RP in der Grafik).
Es handelt sich bei Kontrakt '
H
um die Second Best Lösung, d.h., die optimale Lösung bei
Informationsasymmetrie. Hierin ist Risikoteilung nicht effizient, denn dies würde den Fix-
lohnvertrag H erfordern. H setzt jedoch keinen Anreiz für den Agent den hohen Arbeitsein-
satz zu erbringen. Das fundamentale Ergebnis dieses Abschnitts lautet somit: Bei Informati-
onsasymmetrie handelt es sich stets um eine Kompromisslösung zwischen Anreizsetzung und
Risikoteilung. Die optimale Anreizsetzung wäre gegeben, wenn der Agent das gesamte Risiko
übernimmt und den Prinzipal vollständig versichert. Effiziente Risikoteilung erfordert hinge-
gen, dass der risikoaverse Agent vollständig versichert wird. Die Second Best Lösung liegt
zwischen diesen Extremen. Man spricht in der Literatur vom Trade-off zwischen Anreiz und
Risiko.
Nun, diese Formulierung ist irreführend, denn es existiert kein Trade-off zwischen Anreiz und
Risiko: Anreizsetzung ist Risikoteilung und Risikoteilung ist Anreizsetzung. Vielmehr exis-
tiert ein Trade-off zwischen optimaler Risikoteilung wie im First Best Fall und optimaler An-
reizsetzung, die es erfordern würde, dass der Agent das gesamte Risiko trägt. Dieser Punkt ist
keineswegs trivial!
Wir werden im nächsten Abschnitt ein allgemeines Moral Hazard Modell vorstellen, um uns
der Modellierung in der Literatur und der Komplexität des Problems in der Realität anzunä-
hern.
19
Das Sicherheitsäquivalent einer Zufallszahlung ist eine sichere Zahlung , bei der ein Entscheidungsträger
gerade indifferent zwischen der Zufallszahlung
z und der sicheren Zahlung ist. D.h., beide Auszahlungen
stiften ihm den gleichen Nutzen. Oder formal:
)])
(
[
(
1
)
(
z
U
E
U
z
-
=
(vgl. z.B. Bamberg/Coenenberg,
1994, S.75f)
20
Die Risikoprämie RP ist allgemein wie folgt definiert:
)
(
)
(
z
z
E
RP
-
=
(vgl. z.B. Bamberg/Coenenberg
1994, S.83f)

22
2.1.3.3
Allgemeine Spezifikationen
Die allgemeine Spezifikation des Modells bedeutet, dass die Restriktionen des oben vorge-
stellten Modells aufgehoben werden: Der Arbeitseinsatz kann nun
n Werte annehmen oder
eine stetige Variable sein. Dies gilt ebenso für den Gewinn und die Kosten des Agenten. Ent-
sprechend ist die Verteilung der Zustände der Welt entweder eine Verteilung mit
n mögli-
chen Realisierungen oder eine stetige Verteilung.
Blicken wir jetzt noch einmal auf die zeitli-
che Struktur des Moral Hazard Modells.
Das Problem des Prinzipals ist die Gestal-
tung eines Entlohnungsvertrags. Falls der
Agent diesen annimmt, fällt er die Ent-
scheidung über die Höhe des Arbeitseinsat-
zes. Offensichtlich hängt der Nettoertrag
des Vertrags von Entscheidungen zweier
Akteure ab, die sich der Interdependenz
ihrer Entscheidungen bewusst sind und auf
Grundlage dieser Voraussetzung entschei-
den. Somit liegt eine strategische Entschei-
dungssituation vor (vgl. z.B. Holler/Illing, 2003, S.1). Wir werden das Problem des Prinzipals
als dreistufiges Spiel betrachten, um die sequentielle Struktur der Entscheidungssituation zu
verdeutlichen (ebenda, vgl. S.13)
21
. Ein solcher Spielbaum kann durch so genannte Rück-
wärtsinduktion gelöst werden
22
. Abbildung 5 zeigt das Spiel in extensiver Form.
Fangen wir in der letzten Stufe an. Hier entscheidet der Agent, welchen Arbeitseinsatz er leis-
tet. Konkret wählt er genau den Arbeitseinsatz, der ihm den größten Erwartungsnutzen bringt.
Wie im letzten Abschnitt hinreichend erläutert wurde, gestaltet der Prinzipal den Vertrag der-
art, dass der für ihn optimale Arbeitseinsatz auch dem Agent den höchstmöglichen Erwar-
tungsnutzen stiftet. Formal lautet die Bedingung hierfür allgemein:
´
´)
(
]
´
))
(
(
[
)
(
))]
(
(
[
e
e
V
e
x
w
U
E
e
V
x
w
U
E
-
-
21
Gegenstand der Spieltheorie ist die formale Analyse von strategischen Entscheidungssituationen.
22
Eine Lösung durch Rückwärtsinduktion bedeutet, dass der Spielbaum von rechts nach links gelöst wird. D.h.,
es werden zuerst die zeitlich letzten Spielstufen (bzw. die ersten Knoten von rechts in der extensiven Dar-
stellung) optimiert und jeweils die Optimalitätsbedingung in die vorherige Spielstufe eingesetzt. Das Opti-
mum ergibt sich letztlich aus der Optimierung der ersten Stufe. Die hier zulässigen Lösungsmöglichkeiten
gewähren, dass die Bedingungen aller anderen Spielstufen erfüllt sind.
Abbildung 5: Spielstruktur des Moral Hazard Modells
in extensiver Form
P gestaltet
Entlohnungs-
Vertrag
A
nimmt
an
A
lehnt
ab
A leistet
Arbeits-
Einsatz
Zustand
der Welt
tritt ein
Ergebnis und
Auszahlung
1.
2.
3. Spielstufe

23
Der Erwartungswert wird hierbei über die Verteilung der Zustände der Welt gebildet. Aus
dieser Nebenbedingung kann letztlich gefolgert werden, welche Aktion der Agent in Abhän-
gigkeit einer Entlohnungsregel bei einer gegebenen Verteilung der Zustände der Welt wählt.
In der zweiten Stufe unterbreitet der Prinzipal dem Agent ein Take-it-or-leave-it Angebot.
Damit der Agent den Vertrag überhaupt annimmt, muss bekanntlich sein Erwartungsnutzen
zumindest den Opportunitätskosten entsprechen. Die Partizipationsbedingung lautet allge-
mein:
U
e
V
x
w
U
E
-
)
(
))]
(
(
[
Wird die Anreizkompatibilitätsbedingung in die Partizipationsbedingung eingesetzt, so erge-
ben sich Arbeitseinsätze, welche der Agent in Abhängigkeit der Entlohnungsregel bei einer
gegebenen Verteilung des Zustands der Welt wählt und zu einer Vergütung des Agenten (zu-
mindest) in der Höhe des Reservationsnutzens führen. Dies sind zulässige Arbeitseinsatz­
Entlohnungsregel-Kombinationen, welche Partizipations- und Anreizkompatibilitätsbedin-
gung erfüllen.
Betrachten wir die erste Stufe des Spiels. Hierin maximiert der Prinzipal den Nettoertrag aus
der Vertragsbeziehung, oder mit anderen Worten, wählt diejenige zulässige Kombination von
Entlohnungsregel und zugehörigem Arbeitseinsatz aus, der seinen Nutzen maximiert. Wir
schreiben für seine Zielfunktion allgemein
)
(
w
x
G
-
, um auch Situationen modellieren zu
können, in denen er keine neutrale Risikoeinstellung hat. Sein Erwartungsnutzen beträgt:
))]
(
(
[
x
w
x
G
E
-
Sein Optimierungsproblem kann in einer allgemeinen Spezifikation wie folgt zusammenge-
fasst werden:
))]
(
(
[
max
,
x
w
x
G
E
w
e
-
(Zielfunktion)
unter den Nebenbedingungen:
U
e
V
x
w
U
E
-
)
(
))]
(
(
[
(Partizipationsbedingung)
´
´)
(
]
´
))
(
(
[
)
(
))]
(
(
[
e
e
V
e
x
w
U
E
e
V
x
w
U
E
-
-
(Anreizkompatibilitätsbedingung)
Bevor wir einige wichtige Beiträge der Literatur diskutieren, möchten wir populäre Vereinfa-
chungen des allgemeinen Moral Hazard Modells erläutern und kurz auf Erweiterungen ein-
gehen.

24
2.1.3.4
Populäre Vereinfachungen
2.1.3.4.1
LEN-Modell
Das LEN-Modell von Spremann (1987) hat sich als Instrument der Analyse von Prinzipal-
Agent Problemen etabliert und wurde in wichtigen Beiträgen (vgl. z.B. Milgrom/Roberts,
1992, Kapitel 7, Prendergast, 1999) der Literatur verwendet. Das Akronym LEN steht für
drei Annahmen, die auch einzeln in anderen Modellen Verwendung finden. Diese sind erstens
Linearität der Ergebnis- und Entlohnungsfunktion, zweitens exponentielle Nutzenfunktionen
des Agenten und, falls nicht als risikoneutral angenommen, des Prinzipals sowie drittens,
Normalverteilung der Zufallskomponente des Gewinns mit Erwartungswert Null. Die erste
und dritte Annahme führen notwendigerweise zu einer Normalverteilung der Auszahlungen
für den Prinzipal und den Agent, Nettoertrag und Vergütung. (vgl. ebenda, S.17) Da die Nor-
malverteilungskurve unbeschränkt positive Wahrscheinlichkeitswerte annimmt, ist wiederum
kein deterministischer Rückschluss des Ergebnisses auf die Aktion des Agenten möglich. Je-
doch verschiebt sich das Maximum der Normalverteilungskurve, d.h., ihr Erwartungswert, in
einem Arbeitseinsatz/erwarteter Gewinn-Diagramm nach rechts wenn der Arbeitseinsatz des
Agenten zunimmt.
Formal seien e der Arbeitseinsatz,
+
=
e
e
x )
(
das Ergebnis mit Zufallsgröße
)
,
0
(
~
N
,
x
w
x
w
+
=
0
)
(
die lineare Entlohnungsfunktion mit
0
,
)]
(
)
(
.[
)
,
(
e
V
x
w
r
e
w
e
U
-
-
-
=
die Nut-
zenfunktion des Agenten mit konstanter absoluter Risikoaversion
0
r
,
2
)
(
e
e
V
=
das Ar-
beitsleid des Agenten und
)
(
)
(
x
w
x
x
G
-
=
die Nutzenfunktion des risikoneutralen Prinzipals.
So lautet die Zielfunktion des Maximierungsproblems:
0
,
)
1
(
)]
(
[
)]
(
[
max
w
e
x
w
x
E
x
G
E
w
e
-
-
=
-
=
Der Vorteil und sicherlich Grund für die Popularität des LEN-Modells liegt insbesondere in
der starken Vereinfachung der formalen Analyse durch die getroffenen Annahmen. Die An-
nahmen Normalverteilung der Zufallsgröße und exponentielle Nutzenfunktionen haben einen
speziellen Vorteil: Das Sicherheitsäquivalent der unsicheren Entlohnung lässt sich explizit
bestimmen, da die absolute Risikoeinstellung bei exponentiellen Nutzenfunktionen, und damit
auch die Risikoprämie konstant sind. (vgl. z.B. Bamberg/Coenenberg, 1994, S.83f) Somit
können Partizipations- und Anreizkompatibilitätsbedingung über das Sicherheitsäquivalent
gelöst werden. Das Sicherheitsäquivalent des Agenten lautet (vgl. ebenda, S.19)
23
:
23
Die Risikoprämie kann beispielsweise anhand einer Taylorapproximation ersten Grades bestimmt werden.

25
²
²
2
²
)]
(
)
(
(
2
)]
(
)
(
[
))
(
)
(
(
0
r
e
e
w
e
V
x
w
Var
r
e
V
x
w
E
e
V
x
w
-
-
+
=
-
-
-
=
-
Durch Maximierung des Sicherheitsäquivalents über den Arbeitseinsatz ist die Anreizkompa-
tibilitätsbedingung erfüllt und ergibt
2
*
=
e
. Wird diese Bedingung für den optimalen Ar-
beitseinsatz in das Sicherheitsäquivalent eingesetzt, lautet die (einzige) Nebenbedingung des
stark vereinfachten Optimierungsproblems mit Opportunitätskosten des Agenten U:
U
r
w
=
-
+
²)
2
1
)(
4
²
(
0
24
. Die Lösungen für
0
w ,
und *
e ergeben sich nun einfach
durch Einsetzen der Nebenbedingung in die Zielfunktion.
Trotz der einfachen Modellstruktur können anhand des LEN-Modells zentrale Ergebnisse
weit komplexerer Modelle gefolgert werden. Jedoch sollte nicht außer Acht gelassen werden,
dass das LEN-Modell die Komplexität der Prinzipal-Agent Problematik nicht einfängt. Bei-
spielweise ist die Annahme, dass eine lineare Entlohnungsfunktion zum Optimum führt sehr
problematisch und gilt nur unter rigiden Voraussetzungen (vgl. Abschnitt 2.1.4.5). Die An-
nahmen bezüglich der Verteilung der Zufallskomponente des Gewinns und der Nutzenfunkti-
onen der Akteure werden axiomisch gesetzt, und sind durch methodische Vereinfachungen
motiviert. Dies gilt insbesondere für die konstante Risikoeinstellung, da Vermögenseffekte
auf Entscheidungen in der Realität durchaus zutreffend erscheinen
25
. Dennoch, Aspekte zur
Rechtfertigung des LEN-Modells findet der interessierte Leser in Wagenhofer/Ewert (1993).
2.1.3.4.2
First Order Approach
In früheren Prinzipal-Agent Modellen mit stetigem Arbeitseinsatz wurde die Anreizkompati-
bilitätsbedingung als ein Maximierungsproblem des Agenten in der Form
)]
^
(
))
(
(
[
max
arg
^
e
V
x
w
U
E
e
e
-
modelliert, beispielsweise bei Holmström (1979, S.76). Das
Maximierungsproblem des Prinzipals ist bei dieser Modellierung schwierig zu lösen, da diese
Nebenbedingung selbst ein zweites Maximierungsproblem im Maximierungsproblem dar-
stellt. Zur Vereinfachung wurde das Maximierungsproblem des Agenten deshalb durch des-
sen Bedingung erster Ordnung ersetzt, wie etwa bei Holmström (1979) oder Shavell (1979).
Problematisch dabei ist jedoch, dass die Bedingung zweiter Ordnung nicht berücksichtigt
wird. Diese wäre aber notwendige Bedingung für ein Maximum. Mirrlees (1974) zeigt, dass
24
Die Nebenbedingung kann mit ,,=" statt mit ,,
" geschrieben werden, da der Entlohnungsvertrag für den
Prinzipal nicht optimal sein kann, falls der Agent über den Opportunitätskosten entlohnt wird.
25
Es wurde bereits bemerkt, dass das Arrow-Pratt-Maß ein lokales Maß zur Beurteilung der Risikoeinstellung
ist. Ein konstantes Arrow-Pratt-Maß bedeutet etwa, dass ein Entscheidungsträger den gleichen Preis für ei-
ne Lotterie, bei der er mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% 1.000 und mit einer Wahrscheinlichkeit von
50% nichts erhält, bezahlen würde, ungeachtet dessen ob er über 10.000 oder 100.000.000 verfügt.

26
diese Vorgehensweise, in der Literatur als First-Order Approach bezeichnet, mathematisch
unzureichend ist, wenn die Lösung im Optimum nicht eindeutig ist. Eindeutigkeit der Lösung
kann jedoch nur schwer vorausgesetzt werden. Der Grund hierfür ist, dass das Maximierungs-
problem des Agenten in der Regel weniger Lösungen besitzt, als die Bedingung erster Ord-
nung. Beispielsweise ist die Bedingung erster Ordnung auch in einem Minimum oder einem
Sattelpunkt erfüllt. (vgl. Grossman/Hart, 1983, S.7f, Macho-Stadler/Pérez-Castrillo, 2001,
S.47) Die Problematik des First-Order Approach wird in Abbildung 6 grafisch veranschau-
licht.
Es wird angenommen, dass der Agent bei glei-
chem Lohn einen geringeren Arbeitseinsatz
strikt präferiert. Die Kurve ABCDE zeigt alle
Punkte, die der Bedingung erster Ordnung der
Anreizkompatibilitätsbedingung genügen. Je-
doch nur die Segmente AB und DE sind globa-
le Maxima, z.B. ist der optimale Arbeitseinsatz
bei
w a
1
, nicht a
2
oder a
3
. Die Indifferenzkur-
ven des Prinzipals sind optimale Arbeitsein-
satz-Auszahlung Kombinationen, wobei C auf
einer höheren Kurve als B liegt. Jedoch müssen
tatsächlich optimale Kombinationen auf den
Segmenten AB und DE liegen. Beispielsweise
stellt B keine solche Kombination dar, da der Agent den Einsatz D wählt, obwohl in B die
Bedingung erster Ordnung erfüllt ist. Dies demonstriert die Problematik des First-Order Ap-
proach. (vgl. Grossman/Hart, 1983, S.8, Macho-Stadler/Pérez-Castrillo, 2001, S.63f)
Dennoch ist der First Order Approach unter Einschränkungen unproblematisch. Beispiels-
weise Grossman/Hart (1983), Rogerson (1985) und Jewitt (1988) zeigen Bedingungen, unter
denen der First-Order Approach gültig ist. Wir werden die Bedingungen für die Anwendbar-
keit des First-Order Approach an späterer Stelle nachliefern, nachdem ein Modell vorgestellt
wurde, das diesen verwendet.
Abschließend gehen wir kurz auf Erweiterungen des Standard Prinzipal-Agent Modells ein.
Im Interesse stehen hierbei nicht spezifische Anwendungen, von denen unzählige in der Lite-
ratur zu finden sind, sondern grundsätzliche Erweiterungen, von denen sich allgemeine Aus-
sagen bezüglich der Gestaltung von optimalen Anreizverträgen ableiten lassen. Solche Erwei-
Abbildung 6: First Order Approach
B
Arbeitseinsatz
- w*
A
E
C
D
a
1
a
3
a
2
- Auszahlung

27
terungen sind insbesondere Prinzipal-Agent Modelle mit mehreren Perioden (z.B. Holmström,
1999), mehreren produktiven Tätigkeiten des Agenten (Holmström/Milgrom, 1991) und meh-
reren Agenten (Holmström, 1982). Aufgrund ihrer Relevanz werden diese Beiträge u. a. im
nächsten Abschnitt genauer betrachtet.
Anmerkungen zu unserer Argumentation: Die grundlegenden Annahmen der Prinzipal-Agent
Theorie wurden erläutert. Diese sind: Risikoaversion des Agenten, vollständige Verhand-
lungsmacht des Prinzipals, Nichtbeweisbarkeit der Anstrengung des Agenten, und implizit,
Effektivität der Anreizsetzung. Anhand eines einfachen Modells wurde die Funktionsweise von
Anreizsetzung und Risikoteilung gezeigt. Bei Informationsasymmetrie ist stets eine Kompro-
misslösung zwischen optimaler Anreizsetzung und optimaler Risikoteilung notwendig, die
Second Best Lösung ist deshalb verglichen mit der First Best Situation strikt Pareto inferior.
Der Agent erhält im Optimum einen erfolgsabhängigen Entlohnungsvertrag. Das Optimie-
rungsproblem des Prinzipals zur Gestaltung des optimalen Entlohnungsvertrags bei Informa-
tionsasymmetrie wurde allgemein in einem spieltheoretischen Kontext erläutert. Anschließend
wurden populäre Vereinfachungen, der First Order Approach und das LEN-Modell vorge-
stellt. Der First Order Approach birgt mathematische Schwächen. Das LEN-Modell zeichnet
sich durch formale Vereinfachungen aus und hat sich deswegen als ein Instrument zur Analy-
se von Prinzipal-Agent Problemen etabliert.
2.1.4
Implikationen für die Gestaltung effizienter Anreizverträge
In diesem Abschnitt werden wichtige Beiträge der Prinzipal-Agent Literatur zusammenge-
fasst und Implikationen für die Gestaltung von Anreizverträgen in der Praxis abgeleitet. Hier-
bei handelt es sich um Aufsätze, die zum einen in wichtigen Überblicksaufsätzen (z.B. Mur-
phy, 1999 oder Prendergast, 1999) als theoretische Eckpfeiler der Managemententlohnung
interpretiert werden und zum anderen häufig als Grundlage empirischer Studien fungieren.
Wir beabsichtigen insbesondere einen Blick hinter die Kulissen, da die Ergebnisse dieser Bei-
träge zumeist kritiklos als Fakten übernommen werden.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir so weit wie möglich eine einheitliche Notation
anstreben. Wir verallgemeinern zunächst die Annahmen des letzten Abschnitts und gehen auf
die veränderte Notation ein.

28
2.1.4.1
Verallgemeinerung der Annahmen und Notation
Der Arbeitseinsatz
e kann nun jeden reellen positiven Wert annehmen und ist somit eine ste-
tige Variable aus dem
+
. Auch der monetäre Gewinn
x und die Wahrscheinlichkeit der
verschiedenen Gewinnniveaus sind nun stetig.
Unsicherheit wird modelliert, indem der Gewinn durch die Höhe des Arbeitseinsatzes
e und
durch die Realisierung einer Zufallsvariable
bestimmt wird, wir schreiben
)
,
(
e
x
x
=
. Wir
bezeichnen
als Zustand der Welt. Die übliche Modellierung der Wahrscheinlichkeitsvertei-
lung des Gewinns geht auf Mirrlees (1974) zurück. Hierbei wird
x als Zufallsvariable mit e
parametrisiert. Für eine gegebene Verteilung von
und der Beziehung
)
,
(
e
x
x
=
lässt sich
die Verteilung von
x dann als die bedingte Verteilungsfunktion
)
( e
x
F
, konditioniert auf
e ,
beschreiben. Der Agent kann folglich durch seinen Arbeitseinsatz nicht die Verteilung des
Zustands der Welt beeinflussen, aber durchaus die Höhe des Gewinns bei gegebener Vertei-
lung des Zustands der Welt.
Es wird weiterhin unterstellt, dass die bedingte Dichtefunktion
)
( e
x
f
und deren erste und
zweite Ableitung nach dem Arbeitseinsatz
ee
e
f
f ,
existieren. Natürlich muss wiederum stets
0
)
(
f
gelten, damit kein Arbeitseinsatz bei Realisierung eines bestimmten Gewinns ausge-
schlossen werden kann. Zudem muss die Entlohnungsregel
)
(x
w
auf das Intervall
]
,
[
x
d
c
+
beschränkt werden, um die Existenz einer Lösung zu garantieren (vgl. Holmström 1979, S.77
Fußnote 10). Diese Annahme ist ohnehin sinnvoll, da
)
(x
w
auf Grund der (nicht negativen)
Entlohnung des Agenten unterhalb und auf Grund der (endlichen) Auszahlung des Prinzipals
oberhalb begrenzt ist. Weiterhin wird angenommen, dass für jeden Arbeitseinsatz Gewinne
existieren, für die gilt:
0
e
x
. Dies impliziert für diesen Bereich
0
)
(
e
x
F
e
, d.h., die kumu-
lierte Wahrscheinlichkeit, dass
x unterhalb eines bestimmten Niveaus liegt sinkt, wenn der
Arbeitseinsatz erhöht wird. Mit anderen Worten resultiert für diesen relevanten Bereich in
jedem Zustand der Welt ein höherer Gewinn, wenn der Arbeitseinsatz erhöht wird. (vgl.
Holmström, 1979, S.75ff)
26
Weitere Annahmen, etwa Bezeichnung und Eigenschaften der
Nutzenfunktionen sowie der Kostenfunktion des Agenten etc., bleiben wie oben bestehen
(vgl. Abschnitt 2.1.3.1).
26
Dieser Aufsatz zählt zu den wichtigsten Beiträgen der Prinzipal-Agent Literatur. Er wird in jeder Publikation
zitiert, welche die Moral Hazard Problematik thematisiert. Dies ist nicht nur auf die fundamentalen Ergeb-
nisse, sondern insbesondere auf die Modellierung zurückzuführen. Diese findet in vielen späteren Beiträgen
Anwendung.

29
Bislang wurde noch nicht untersucht, unter welcher Bedingung ein bestimmtes Signal, etwa
der erzielte Gewinn, ein sinnvoller Indikator ist, um Aussagen bezüglich des geleisteten Ar-
beitseinsatzes des Agenten zu treffen. Wir möchten dies kurz für den allgemeinen Fall nach-
liefern: Gegeben seien die Arbeitseinsätze
e
e'
und die Ergebnisse
x
x
'
, dann folgt aus der
Bayes-Formel, dass
)
'
(
)
(
)
'
(
)
(
1
1
)
(
)
(
)'
(
)
'
(
)'
(
)
'
(
)
'
(
e
x
p
e
x
p
e
p
e
p
e
x
p
e
p
e
x
p
e
p
e
x
p
e
p
x
e
p
+
=
+
=
. Falls
0
)'
(
)
(
x
e
x
p
e
x
p
erfüllt ist,
so steigt der Nenner der obigen Bedingung in
x , oder äquivalent,
)'
( e
x
p
steigt in
x . D.h.,
die Wahrscheinlichkeit eines hohen Arbeitseinsatzes steigt im Gewinn. Der Gewinn ist somit
ein sinnvolles Signal für den Arbeitseinsatz, wenn
0
)
(
)'
(
x
e
x
p
e
x
p
erfüllt ist. In Worten: Je höher der Gewinn ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass
der Gewinn von einem hohen Arbeitseinsatz herrührt. Diese Bedingung wird in der Literatur
als Monotone Likelihood Ratio Property (MLRP) bezeichnet. (vgl. z. B. Metz, 2003, S.27)
Wir beginnen nun mit der Diskussion wichtiger Beiträge in der Literatur.
2.1.4.2
Risikoneigung und Anreizintensität
Dieser Abschnitt deutet den formalen Beweis von grundlegenden Erkenntnissen in einem
Modell mit stetigem Arbeitseinsatz, Gewinn und stetigen Kosten des Agenten an, die bislang
nur an einem sehr einfachen Modell und teils intuitiv gezeigt wurden. Shavell (1979) zeigt in
seiner Arbeit explizit die Pareto Optimalität von Anreizsetzung und Risikoteilung durch er-
folgsabhängige Entlohnung in Agency-Beziehungen mit risikoaversen Agenten
27
. Er unter-
stellt ein Standard Prinzipal-Agent Modell mit dem Programm (vgl. Shavell 1979, S.57f):
-
dx
e
x
f
x
w
x
G
e
w
)
(
)]
(
[
max
,
(Zielfunktion)
U
dx
e
x
f
e
x
w
U
]
(
]
),
(
[
(Partizipationsbedingung)
dx
e
x
f
e
x
w
U
e
]
(
]
),
(
[
max
arg
(Anreizkompatibilitätsbedingung)
27
Dieses Ergebnis gilt grundsätzlich, auch wenn der Prinzipal als risikoavers angenommen wird.

30
Zunächst zeigt der Autor (vgl. ebenda), dass der optimale Entlohnungsvertrag für einen risi-
koneutralen Agenten ein Franchising-Vertrag
28
ist. Der formale Beweis (vgl. ebenda, S.68)
basiert auf der folgenden Idee: Um die First Best Lösung als Referenz zu erhalten, wird die
Zielfunktion unter Berücksichtigung der Partizipationsbedingung maximiert. Da der Agent
risikoneutral ist, wird sein Erwartungsnutzen durch den Erwartungswert seiner Entlohnung,
und respektive U durch V ersetzt. Es kann nun gezeigt werden, dass die erwartete Auszahlung
einen bestimmten Maximalwert k* (falls der Prinzipal risikoavers ist, gemäß den Jensenschen
Ungleichungen einen maximalen Nutzen
*)
(k
G
) nicht übersteigen kann. k* sei hierbei das
Äquivalent zu dem Maximum an der Stelle e* einer von e abhängigen Funktion. Jetzt wird
wieder das obige Maximierungsproblem unter asymmetrischer Information betrachtet und das
Entlohnungsschema
*
)
(
*
k
x
x
w
-
=
verwendet. Offensichtlich ist die Anreizkompatibilitäts-
bedingung bei e* und die Partizipationsbedingung mit ,,=" erfüllt. Trifft dies nicht zu, etwa
V
e
x
w
E
]
^
),
(
*
[
, so könnte man ein
*
k
k
finden, so dass
V
e
k
x
E
=
-
]
^
,
[
, was der Defini-
tion von k* widersprechen würde. Da
)
(
* x
w
und e* das First Best Problem (Zielfunktion
und Partizipationsbedingung) lösen und auch der Partizipationsbedingung und der Anreiz-
kompatibilitätsbedingung genügen, lösen diese sicherlich auch das gesamte Maximierungs-
problem bei Informationsasymmetrie. Folglich ist der Franchising-vertrag bei einem risiko-
neutralen Agent optimal.
Shavell (1979, vgl. S.59ff) beweist ferner, dass dieses Ergebnis nicht bestehen bleibt, falls der
Agent risikoavers ist: In diesem Fall ist erstens der Pareto optimale Entlohnungsvertrag zu
einem gewissen Maß erfolgsabhängig, und zweitens trägt der Agent niemals das gesamte Ri-
siko. Der Vertrag zeichnet sich durch Anreizsetzung und echte Risikoteilung aus.
Die Beweisidee ist einfach: Zunächst wird der Prinzipal als risikoneutral angenommen. Das
Gehalt des Agenten sei fix, beispielsweise erhält er den Anteil
0
=
des Gewinns. Bei einer
marginalen Erhöhung von
resultiert kein Effekt erster Ordnung auf die Nutzenfunktion des
Agenten, da seine Entlohnung anfangs fix war. Eine marginale Übertragung von Risiko tan-
giert den erwarteten Nutzen des Agenten nicht, da die erste Ableitung seiner Nutzenfunktion
nach
an der Stelle
0
=
den Wert 0 annimmt. Angenommen die Anreizkompatibilitätsbe-
dingung bleibt bei einer marginalen Erhöhung von
erfüllt, d.h., die erste Ableitung des
Erwartungsnutzen des Agenten nach e nimmt weiterhin den Wert Null an
29
, und die Entloh-
28
Ein Franchising-Vertrag ist ein Vertrag, bei dem der Agent das gesamte Risiko übernimmt und den Prinzipal
vollständig versichert, d.h., der Prinzipal erhält eine fixe Zahlung. Praxisbeispiel: McDonald's.
29
Diese Annahme des Autors ist problematisch. Bei konstantem Lohn liefert der Agent den Arbeitseinsatz 0,
folglich ist diese Annahme nur zutreffend, wenn eine marginale Erhöhung von e keinen negativen Nutzen

31
nung wird entsprechend erhöht, dann gibt es einen positiven Effekt erster Ordnung auf den
Arbeitseinsatz. Gemäß dem Envelope-Theorem
30
hat dies keine Auswirkung auf den Erwar-
tungsnutzen des Agenten, jedoch auf die erwartete Auszahlung des Prinzipals, da sich per
Annahme der erwartete Gewinn in jedem Zustand der Welt erhöht. Das Ergebnis lautet somit:
Erfolgsabhängige Entlohnung ist Pareto optimal.
Die Beweisidee (vgl. Shavell, 1979, S.60) bezüglich der Risikoteilung ist sehr ähnlich. In der
Ausgangssituation trägt der Agent das gesamte Risiko, der Prinzipal erhält eine konstante
Zahlung. Mit obiger Argumentation hat eine marginale Übertragung von Risiko keine Aus-
wirkung auf die Nutzenfunktion des Prinzipals, da dieser anfangs überhaupt kein Risiko trägt.
Jedoch resultiert aus der Reduktion des Risikos für den risikoaversen Agenten eine (positive)
Veränderung seines Nutzens. Die Aussage folgt analog, Risikoteilung ist Pareto optimal.
Der Trade-off zwischen Anreiz und Risiko wird wiederum ersichtlich. In einer Situation mit
asymmetrischer Information und einer risikoaversen Partei, kann ein Vertrag, der eine feste
Zahlung für diese Partei vorsieht, aus einer Risikoteilungsperspektive niemals Pareto optimal
sein. Sicherlich basiert die Beweisführung von Shavell (1979) auf Annahmen, die zum Teil
zweifelhaft sind. Dennoch ist die Argumentation des Autors durchaus intuitiv nachvollzieh-
bar. Ferner sind die Ergebnisse konsistent mit ausführlicheren mathematischen Beweisen in
der Literatur. Anreizsetzung und Risikoteilung ist bei Informationsasymmetrie generell Pareto
optimal. Der optimale Umfang von Anreizsetzung und Risikoteilung variiert in der Risikoein-
stellung des Agenten: Je weniger risikoavers der Agent ist, desto mehr Risiko sollte dieser
übernehmen. Der Grund hierfür ist, dass mehr Anreizsetzung zu relativ geringen Kosten er-
reicht werden kann, da die geforderte Risikoprämie des Agenten (die Kosten der Risikotei-
lung für den Prinzipal) sinkt, je weniger risikoavers der Agent ist.
Wir werden diese fundamentalen Ergebnisse im Gedächtnis behalten und uns einem weiteren,
bedeutenden Beitrag der Prinzipal-Agent Literatur zuwenden.
für den Agenten stiftet (vgl. Shavell, 1979, S.60 Fußnote14) Es wäre jedoch denkbar, dass der Agent unter-
halb eines bestimmten Arbeitseinsatzniveaus Arbeitsfreude empfindet. Diese Annahme wurde beispiels-
weise auch bei Holmström/Milgrom (1991) unterstellt.
30
Das Envelope-Theorem besagt, dass bei einer Veränderung der exogenen Variablen einer Funktion im Opti-
mum nur die Auswirkungen der exogenen Variablen berücksichtigt werden müssen. Veränderungen der
exogenen Variablen auf die endogenen Variablen, so genannte indirekte Effekte, heben sich im Optimum
auf, und können deshalb unberücksichtigt bleiben. Eine ausführliche Erläuterung des Envelope Theorems
findet sich z.B. bei Hoy/Livernois/McKenna/Rees/Stengos (2001, Abschnitt 14.3)

32
2.1.4.3
Nutzen zusätzlicher Information
Der Beitrag von Holmström (1979) hat überragende Beutung in der Prinzipal-Agent Literatur.
Annähernd jede theoretische und empirische Veröffentlichung nach 1979 zitiert ,,Moral Ha-
zard and Observability" als neueren Ansatzpunkt dieser Forschungsdomäne. Seine Bedeutung
erlangt Holmström (1979) übrigens nur bedingt wegen seiner Ergebnisse, sondern vielmehr
auf Grund der expliziten Formulierung und der Modellierung des Standard Prinzipal-Agent
Problems.
Das grundlegende Ergebnis des Beitrags ist in der Literatur als Informativeness Principle be-
kannt und lautet: Jede verfügbare, auch imperfekte Information
31
, die einen Rückschluss auf
die Aktion des Agenten ermöglicht, kann dazu verwendet werden, um einen Anreizvertrag im
Sinne des Pareto Kriteriums zu verbessern.
Holmström (1979, S.76f) formuliert das Standard Prinzipal-Agent Modell der Form
dx
e
x
f
x
w
x
G
e
x
w
)
(
))
(
(
max
),
(
-
(Zielfunktion)
unter den Nebenbedingungen:
-
U
dx
e
x
f
e
V
x
w
U
)
(
)]
(
))
(
(
[
(Partizipationsbedingung)
)
(
'
)
(
)
(
(
e
V
dx
e
x
f
x
w
U
e
=
(Anreizkompatibilitätsbedingung).
Wie bei Shavell (1979) wird der First-Order Approach verwendet
32
. Im Gegensatz dazu un-
terstellt Holmström (1979) jedoch implizit, dass Nutzen und Kosten des Agenten separierbar
sind, d.h., dass das empfundene Arbeitsleid unabhängig von der Risikoneigung des Agenten
ist.
Als Lösung des Lagrange Problems mit den Multiplikatoren
und
µ
für Partizipations- und
Anreizkompatibilitätsbedingung ergibt sich die Bedingung für die optimale Entlohnungsregel
)
(x
w
:
31
Imperfekte Information in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Information unvollkommen ist, d.h., eine
bestimmte Fehlervarianz besitzt.
32
Wir lösen unser Versprechen ein und liefern die Voraussetzungen für die Gültigkeit des First-Order Approach
nach. Nun, die Voraussetzungen sind mathematisch sehr anspruchsvoll, deswegen möchten wir nur die Idee
wiedergeben. Rogerson (1985, S.1361ff) und Mirrlees (1976) zeigen, dass der First-Order Approach an-
wendbar ist, falls die bedingte Verteilung der Zustände der Welt die MLRC und CDFC Bedingungen erfül-
len (vgl. Felli, 2002, S15). Monotone Likelihood Ration Condition bedeutet, falls
)
(
)
^
(
^
x
e
F
x
e
F
x
x
,
und konkret in diesem Modell, dass
f
f
e
monoton in x steigt. Die Convex Disribution Function Conditi-
on besagt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns unterhalb eines bestimmten Niveaus mit zunehmen-
dem Arbeitseinsatz sinkt, die Abnahme jedoch rückläufig ist,
0
ee
F
. (vgl. Mancinelli/Miceli, 2001, S.2)
Die notwendigen Bedingungen für die Gültigkeit des First-Order Approach für den Fall, dass der Aktien-
kurs einer Unternehmung als Signal verwendet wird, sind bei Jewitt (1988) zu finden.

33
)
(
)
(
)]
(
['
)]
(
[
'
e
x
f
e
x
f
x
w
U
x
w
x
G
e
µ
+
=
-
33
Wir betrachten diese Bedingung genauer. Wir wissen, dass
positiv sein muss
34
. Ferner kann
)
(
)
(
f
f
e
nur konstant sein, wenn
0
)
(
=
e
f
, was der Annahme
0
)
(
e
F
widerspricht. (vgl.
Holmström, 1979, S.78) Nun zeigt der Autor formal, dass
0
µ
(vgl. ebenda, S.90). Dies ist
auch ohne Beweis einleuchtend, da die Anreizkompatibilitätsbedingung bei Bestehen des Mo-
ral Hazard Problems bindend sein muss. Somit ist die Bedingung für Pareto optimale Risiko-
teilung von Borch (1962) nicht erfüllt.
Zudem realisiert der Agent bei der Second Best Lösung stets eine höhere Entlohnung:
0
,
µ
. Die linke Seite der Optimalitätsbedingung steigt bei festem x in
)
(x
w
auf Grund der
Konkavität der Nutzenfunktion des risikoaversen Agenten. (vgl. Holmström, 1979, S.78;
Mirrlees, 1976, S.123) Diese Erkenntnisse waren uns bereits bekannt.
Wovon hängt nun das Ausmaß der Verzerrung zwischen First Best und Second Best Lösung
ab? Holmström (1979, vgl. S.79) argumentiert, dass der Vorteil des Anreizeffekts umso grö-
ßer ist, je größer
e
f
ist (falls
0
=
e
f
, könnte der Agent durch Erhöhung des Arbeitseinsatzes
die Wahrscheinlichkeit eines hohen Gewinns überhaupt nicht steigern). Dieser Anreizeffekt
ist umso teurer, im Sinne eines entgangenen Vorteils aus optimaler Risikoteilung, je größer
f
ist (falls
1
=
f
, könnte aus dem realisierten Gewinn direkt auf den geleisteten Arbeitseinsatz
geschlossen werden). Deshalb interpretiert der Autor
f
f
e
als ,,Benefit-Cost Ratio"
(Holmström, 1979, S.79). Diese Interpretation ist Ausgangspunkt für das Hauptergebnis des
Beitrags, dem Informativeness Principle (Holmström, 1979, vgl. S.81ff).
y
sei ein zusätzliches Signal, das beobachtbar und nachweisbar ist.
)
,
(
e
y
x
F
sei die gemein-
same bedingte Verteilungsfunktion, konditioniert auf die Aktion des Agenten. Die Berech-
nung der obigen Optimalitätsbedingung für die Entlohnungsregel
)
,
( y
x
w
unter Berücksichti-
gung der Modellerweiterung ergibt:
)
,
(
)
,
(
)]
(
['
)]
(
['
e
y
x
f
e
y
x
f
x
w
U
x
w
x
G
e
µ
+
=
-
33
Zur Erinnerung:
)
( e
x
f
repräsentiert die bedingte Dichtefunktion der Verteilung der Zustände der Welt,
)
( e
x
f
e
ihre erste Ableitung nach dem Arbeitseinsatz.
34
Dies folgt aus der Tatsache, dass die Partizipationsbedingung bindend ist und aus den Kuhn-Tucker Bedingun-
gen
i
L
i
i
=
0
)
/
(
.

34
Die Eigenschaften dieser Bedingung stimmen im Wesentlichen mit der obigen Optimalitäts-
bedingung überein. Jedoch kann
)
(
)
(
f
f
e
bei festem
x nun unterschiedliche Werte bei ei-
ner Variation von y annehmen. Folglich erhält der Agent bei der optimalen Entlohnungsregel
)
,
( y
x
w
in Abhängigkeit vom zusätzlichen Signal y eine unterschiedliche Vergütung bei
identischem Gewinn
x .
Falls sich nun bei einer bestimmten Ausprägung von y weniger über
e durch x aussagen
lässt, sollte die Abweichung vom First Best Kontrakt (Pareto optimale Risikoteilung) geringer
sein. Diese Aussage gilt auch umgekehrt. Eine extreme Ausprägung von y könnte zu
0
)
(
=
e
f
führen, so dass sich überhaupt nichts durch Beobachtung von
x über e aussagen
lässt. Eine solche Situation könnte etwa bei einem weltweiten Börsencrash auftreten. Der A-
gent sollte dann den Fixlohn aus der First Best Lösung erhalten. Intuitiv ist eingängig, dass
der Agent nur für Ergebnisse verantwortlich gemacht werden sollte, die er beeinflussen kann.
Für Ergebnisse, die hingegen außerhalb seines Einflusses stehen, sollte der risikoneutrale
Prinzipal das gesamte Risiko tragen. (vgl. Holmström, 1979, S.82)
Betrachten wir die Eigenschaften der zusätzlichen Information genauer. Sie ist zweifelsohne
von (monetärem) Wert, wenn eine Entlohnungsregel
)
,
( y
x
w
strikt Pareto dominant gegen-
über
)
(x
w
ist. Dagegen ist sie wertlos, wenn mit
)
,
( y
x
kein präziserer Rückschluss auf die
Aktion des Agenten erreicht werden kann als mit x allein. Oder im Modell argumentiert: Sie
ist wertlos, wenn man die bedingte gemeinsame Dichtefunktion von Realisierungen
)
,
( y
x
durch eine bedingte Dichtefunktion beschreiben kann, die allein von x abhängt, da in diesem
Fall die Entlohnungsregel
)
,
( y
x
w
bei bestimmtem x Wert nicht in Abhängigkeit von y vari-
iert
35
. Ein Signal, das hingegen von Wert ist, wird als ,,informative" (Holmström, 1979, S.84)
bezeichnet.
Holmström (ebenda, vgl. S.85f) beweist formal, dass die Entlohnungsregel
)
,
( y
x
w
die Ent-
lohnungsregel
)
(x
w
streng Pareto dominiert, falls y informativ ist. Wir verzichten auf diesen
mathematischen Beweis und bieten alternativ eine intuitive Argumentation an, aus der die
selbe Aussage folgt: Es hat uns und sicherlich auch den Leser viel Mühe gekostet, die formale
Analyse des Moral Hazard Modells zu verinnerlichen, um zum fundamentalen Ergebnis zu
gelangen, dass Risikoteilung bezüglich des Ergebnis x bei Informationsasymmetrie effizient,
weil Pareto optimal ist. Nehmen wir für einen Moment an, dass sich der Arbeitseinsatz des
35
In diesem Fall, gilt etwa:
)
(
)
(
)
(
)
,
(
)
(
)
,
(
)
,
(
)
,
(
e
x
h
e
x
h
e
x
h
y
x
g
e
x
h
y
x
g
e
y
x
f
e
y
x
f
e
e
e
=
=
).

35
Agenten nicht nur anhand von x, dem Gewinn, sondern anhand von zwei Signalen
1
y , etwa
Menge des Outputs, und
2
y , etwa Qualität des Outputs, einschätzen lässt. Es sei darauf hin-
gewiesen, dass
1
y und
2
y dann im Sinne Holmströms informativ sind. Man könnte nun die
Argumentation von Shavell (1979) sukzessiv für beide Signale anbringen und mit der Aussa-
ge des Informativeness Principle schließen: Risikoteilung bezüglich
1
y ist effizient; Risiko-
teilung bezüglich
2
y ist effizient. Wenn Risikoteilung bezüglich jedes einzelnen Signals effi-
zient ist, ist sicher auch eine Entlohnungsregel effizient, die Risikoteilung bezüglich beider
Signale simultan erreicht.
Die Aussage des Informativeness Principle lässt sich wie folgt zusammenfassen. Jedes infor-
mative, auch imperfekte Signal kann verwendet werden, um eine Entlohnungsregel im Sinne
des Pareto Kriterium zu verbessern. Oder mit anderen Worten: Das Einbeziehen eines zusätz-
lichen Signals in eine Entlohnungsregel hat den zusätzlichen Vorteil der zusätzlichen Risiko-
teilung bezüglich des zusätzlichen Signals. Dennoch soll nicht unerwähnt bleiben, dass
Holmström (1979) einen wichtigen Fakt vernachlässigt: die Kosten der Messung zusätzlicher
Information, und zumeist von größerer Relevanz, die zusätzlichen Transaktionskosten der
Vertragsgestaltung sowie der Vertragsdurchsetzung. Falls diese miteinbezogen werden, wird
das Informativeness Principle nicht pauschal Gültigkeit bewahren.
2.1.4.4
Fix(Verträge) bei Multitasking
Eine grundlegende Erweiterung des Standard Prinzipal-Agent Modells liefert der Beitrag
Holmström/Milgrom (1991). Die Autoren untersuchen die realitätsnahe Annahme, dass der
Agent nicht lediglich eine, sondern mehrere verschiedene produktive Tätigkeiten, so genannte
Tasks, auszuführen hat. Dabei kommt dem Entlohnungsvertrag neben Anreizsetzung und Ri-
sikoteilung eine weitere wichtige Funktion zu: die effiziente Allokation des Arbeitseinsatzes
zwischen den verschiedenen Tätigkeiten. (ebenda, vgl. S.24f) In diesem Abschnitt wird nun
erläutert, welche Implikationen für die Gestaltung von optimalen Anreizverträgen abgeleitet
werden können, wenn ein Multitask Prinzipal-Agent Modell betrachtet wird.
Die Standardannahmen werden wie folgt verändert (ebenda, vgl. S.29): Sei
)
...
(
1
n
e
e
e
=
der
Vektor von Arbeitseinsätzen bezüglich verschiedener Tätigkeiten, der die Kosten
)
(e
V
beim
risikoaversen Agenten verursacht und den erwarteten Ertrag
)
(e
B
generiert, der dem risiko-
neutralen Prinzipal zusteht. Wie üblich ist
)
(e
V
strikt konvex.
)
(e
B
ist strikt konkav (sinken-
de Grenzproduktivität). Der Arbeitseinsatz des Agenten generiert zudem einen Vektor von

36
Signalen
µ
+
=
)
(e
x
, wobei
µ
eine konkave Funktion und
normalverteilt mit dem Er-
wartungswertvektor Null und der Kovarianzmatrix
ist. Die Nutzenfunktion des Agenten
wird als exponentiell der Form
rw
e
w
U
-
-
=
)
(
mit Risikoaversion
r angenommen. Der Ent-
lohnungsvertrag sei linear und durch
x
w
x
w
T
+
=
0
)
(
charakterisiert. Der Vorteil einer ex-
ponentiellen Nutzenfunktion bezüglich der Bestimmung des Sicherheitsäquivalents wurde
bereits oben erläutert (vgl. Abschnitt 2.1.3.4.1). Im vorliegenden Fall gilt für das Sicherheits-
äquivalent des Agenten
:
µ
-
-
+
=
T
T
r
e
V
e
w
5
,
0
)
(
)
(
0
,
wobei der letzte Summand die Risikoprämie und
T
die Varianz der Entlohnung des
Agenten darstellt
36
. Die erwartete Auszahlung für den Prinzipal ist
)
(
)
(
0
e
w
e
B
T
µ
-
-
. So-
mit ist der gemeinsame Überschuss von Prinzipal und Agent, ausgedrückt als Sicherheits-
äquivalent,
-
-
T
r
e
V
e
B
5
,
0
)
(
)
(
. Interessanterweise ist dieser Ausdruck unabhängig von
0
w , so dass die Fixlohnkomponente lediglich der Aufteilung des Sicherheitsäquivalents zwi-
schen Prinzipal und Agent dient. Der optimale Anreizvertrag maximiert folglich das Pro-
gramm (vgl. ebenda, S.29f):
-
-
T
e
r
e
V
e
B
5
,
0
)
(
)
(
max
,
unter der Nebenbedingung:
)
'
(
)
'
(
max
arg
e
V
e
e
T
-
µ
Zur Vereinfachung wird zusätzlich angenommen, dass
e
e
=
)
(
µ
und
i
e
i
0
, so dass die
Nebenbedingung im obigen Maximierungsproblem zu
i
e
V
i
i
=
)
(
wird. Zunächst leiten die
Autoren hieraus die notwendige Bedingung zur Lösung des Programms für den Anreizkoeffi-
zientenvektors
ab (vgl. ebenda, S.32). Nun, der Anreizkoeffizient des Tasks i ,
i
, steigt
im Grenzertrag '
B
37
bezüglich einer Veränderung von
i
e und in der Anreizsensitivität des
Agenten
i
i
e
. Der Koeffizient sinkt hingegen in der Risikoaversion des Agenten
r und in
der Kovarianzmatrix
. Mit anderen Worten werden im Optimum stärkere Anreize gesetzt,
je mehr dem Prinzipal eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes
i
e bringt und je eher der Ar-
36
Das Sicherheitsäquivalent entspricht dem im LEN-Modell.
37
Da die verschiedenen Tasks Substitute, Komplemente oder von einander unabhängig sein können, berücksich-
tigt der Vektor
)
...
(
'
1
n
B
B
B
=
auch die Auswirkungen einer Veränderung von
i
e auf den marginalen Ge-
winn aus
i
e
-
.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832490829
ISBN (Paperback)
9783838690827
DOI
10.3239/9783832490829
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
1,3
Schlagworte
principal-agent vertragstheorie agenturtheorie aktienoptionen management compensation
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Titel: Anreizsetzung und Risikoteilung
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