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Vergleichende Werbung

Auswirkungen auf Unternehmen und Verbraucher

©2003 Diplomarbeit 149 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der deutschen Rechtsprechung war vergleichende Werbung lange Zeit grundsätzlich unzulässig. Am 23. Oktober 1997 trat nach langem zwischenstaatlichem Ringen die EU-Richtlinie 97/55/EG in Kraft. Damit wurde ein großer Schritt zur Harmonisierung des Werberechts innerhalb der EU zurückgelegt. Die Umsetzungsfrist wurde durch die Richtlinie auf 30 Monate, folglich bis April 2000 festgelegt. Aber der BGH hat bereits vor der Umsetzung durch den Gesetzgeber die Initiative ergriffen und bezog sich in den Urteilen „Testpreisangebot“ und „Preisvergleichsliste“ im Februar und April 1998 auf die neue Regelung. Somit verabschiedete sich der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach vergleichende Werbung als wettbewerbs- und sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG galt.
Fach- und Publikumszeitschriften kündigten diese Revolution im Werberecht euphorisch mit „Ringfrei für den Werbekampf“ oder „Jetzt wird die Werbung richtig spannend“ an. Diese Euphorie ist mittlerweile zurückgegangen. Einerseits wegen der undeutlichen Rechtslage und andererseits wegen der teilweise noch unklaren Wirkung des Instruments auf den Verbraucher.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Grundlagen vergleichender Werbung. Ziel ist es dem Leser den Begriff „vergleichende Werbung“ näher zu bringen und die Rechtsprechung des RG und des BGH vor dem Erlass der Richtlinie zu erörtern um einen vorher - nachher Vergleich zu ermöglichen. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt dieses Kapitels ist, die Erscheinungsformen vergleichender Werbung anhand von aktuellen Beispielen zu behandeln.
Auf die EU-Richtlinie 97/55/EG wird im Detail in Kapitel 3 eingegangen. Neben der Auflistung und Erklärung der einzelnen Paragrafen wird auch der Weg der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht dargestellt und mit Beispielen und Urteilen untermauert.
Welchen Einfluss die Richtlinie auf die Aktivitäten werbetreibender Unternehmen hat, wird in Kapitel 4 aufgeführt. Über die Werbewirkung im Allgemeinen bis hin zur Werbewirkung insbesondere vergleichender Werbung wird in Kapitel 5 geschrieben.
Aktuelle Werbekampagnen, die sich des Instrumentes der vergleichenden Werbung bedienen, werden in Kapitel 6 vorgestellt, diskutiert und z.T. von den Werbe- bzw. Kampagnenverantwortlichen erklärt.
Abschließend wird über die Chancen und Risiken des Einsatzes von vergleichender Werbung gesprochen und ein Ausblick in die Zukunft […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8040
Saponjic, Danijela: Vergleichende Werbung - Auswirkungen auf Unternehmen und
Verbraucher
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Fachhochschule München, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

3
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
1
2.
Grundlagen
vergleichender
Werbung
3
2.1
Definition
3
2.2 Rechtsprechungen bis zum Erlass der Richtlinie 97/55/EG
4
2.2.1
Rechtsprechung
des
Reichsgerichts
4
2.2.2
Rechtsprechung
des
Bundesgerichtshofs 7
2.3 Erscheinungsformen vergleichender Werbung
10
2.3.1 Mit Bezugnahme auf den Mitbewerber
11
2.3.1.1
Indirekte
Vergleiche 11
2.3.1.2
Direkte
Vergleiche
15
2.3.2 Keine Bezugnahme auf den Mitbewerber
18
3.
Die
EU
Richtlinie
97/55/EG
19
3.1
Erörterungen
zur
Richtlinie
19
3.1.1 Ziele und Argumente der Richtlinie
19
3.1.2 Kriterien für die Zulässigkeit vergleichender Werbung 21
3.2 Umsetzungen der Richtlinie in Deutschland
26
3.2.1
Richtungweisende
Urteile des Bundesgerichthofs
26
3.2.2 Das Gesetz zur vergleichenden Werbung
28
4. Einfluss der Richtlinie auf die Aktivitäten der Werbetreibenden
30
4.1 Erwartungen nach dem Erlass der EU-Richtlinie 1998
30
4.2 Nutzung vergleichender Werbung durch Werbetreibende
34
4.3 Einsatz vergleichender Werbung in den Medien
37

4
5. Wirkung Werbung auf den Verbraucher
41
5.1 Werbewirkung und Werbeerfolg
41
5.2
Kommunikationspsychologische
Kriterien der Werbewirkung 45
5.2.1 Kategorien der Werbewirkungskriterien
45
5.2.2
Einzelne
Werbewirkungskriterien
48
5.3 Bedeutungen des Involvements für die Werbewirkung
50
5.4 Wirkung vergleichender Werbung auf die Verbraucher
52
5.4.1
Wirkungsunterschiede zwischen vergleichender und
nicht
vergleichender
Werbung
52
5.4.2
Effizienz
vergleichender
Werbung
55
5.5
Zusammenfassende
Betrachtung
59
6. Aktuelle Kampagnen die vergleichende Werbung einsetzen
61
6.1 Burger King greift McDonald´s an
61
6.2 Toyota will sich mit Hilfe der Marktführer profilieren
66
6.3 VOX wirbt mit E.ON Anzeigenmotiv
69
6.4 Postbank macht auf das ,,Kleingedruckte" aufmerksam
71
6.5
Kare
übt
Kritik
an
IKEA 74
7.
Schlussbetrachtung
78
7.1 Newcomer haben die besseren Chancen
78
7.2 Vorteile vergleichender
Werbung
80
8. Fazit
81
Literaturverzeichnis
82
Anhang I: Weitere vergleichende
Werbeanzeigen
91
Anhang II: Richtlinie und Gesetz zur vergleichenden Werbung
96

5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ausnahmetatbestände für die Zulässigkeit vergleichender
Werbung gemäß der Rechtsprechung des BGH
9
Abbildung 2: Formen vergleichender
Werbung
10
Abbildung 3: Anzeige der
deutschen
BA
12
Abbildung 4: Vergleichende Werbung von Sixt
13
Abbildung 5: Direkte und kritisierende vergleichende Werbung
von TV-Movie
16
Abbildung 6: Vergleich über mehrere Produktkategorien am Bsp. SMART 22
Abbildung 7: Vergleichende Werbung von MobilCom
24
Abbildung 8: Entwürfe und Regelungen auf dem Weg zur EU-Richtlinie 29
Abbildung 9: ,,Zwei Drittel hoffen auf mehr vergleichende Werbung"
31
Abbildung 10: ,,Ohne Reglementierung währe Werbung besser"
33
Abbildung 11: Nutzung vergleichender
Werbung
34
Abbildung 12: Gründe für den schwachen Einsatz
vergleichender Werbung
35
Abbildung 13: Einsatz vergleichender Werbung seitens der Agenturen
36
Abbildung 14: Werbeträger in
Deutschland
38
Abbildung 15: Von den Agenturen verwendete
Werbeträger
39
Abbildung 16: Erfolgsgrößen für
die
Werbung
42
Abbildung
17:
S-O-R-Modell
43
Abbildung 18: Verbindung zwischen Werbeträgerkontakt, Werbewirkung
und
Werbeerfolg 44

6
Abbildung 19: Werbewirkungskategorien, -kriterien und
die
Zusammenhänge
47
Abbildung 20: Auswirkungen des Involvement auf das Käuferverhalten 51
Abbildung 21: Klassifizierung nach der
Vergleichsintensität
56
Abbildung 22: Wirkungsunterschiede zwischen direkten und
indirekten Werbevergleichen
58
Abbildung 23: Vergleichende Werbeanzeige von Burger King
62
Abbildung 24: Vergleichende Werbeanzeige von McDonald`s
64
Abbildung 25: ,,Verbesserte" Werbeanzeige von Burger King
65
Abbildung 26: Vergleichende Werbeanzeige von Toyota (Teil I)
67
Abbildung 27: Vergleichende Werbeanzeige von Toyota (Teil II)
68
Abbildung 28: Anzeige von VOX
69
Abbildung 29: Vergleichende Werbeanzeige der Postbank
71
Abbildung 30: Slogan der HypoVereinsbank wie er in allen Anzeigen
unabhängig vom Motiv
verwendet
wird
72
Abbildung 31: Gorbatschow Anzeige aus den 80-ern
74
Abbildung 32: ,,Wohnst du schon oder schraubst du noch?" Anzeige
75
Abbildung 33: Ausschnitt aus der Anzeige ,,Wohnst du schon oder
schraubst du noch?" von KARE
76
Abbildung 34: Gegenüberstellung der Logos zum Vergleich
77

7
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
Az.
Aktenzeichen
AZ
Abendzeitung
(München)
BA
(deutsche)
British
Airways
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
Bsp.
Beispiel
bzw.
beziehungsweise
d.h.
das heißt
EG
Europäische
Gemeinschaft
EU
Europäische
Union
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
f./ff.
folgende / fortfolgende
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
GfK
Gesellschaft für Konsumforschung (Nürnberg)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GRUR
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
GWA
Gesamtverband Werbeagenturen
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
KNSK/BBDO
Werbeagentur aus der BBDO-Gruppe

8
lit.
Buchstabe (Bezeichnung in der EU-Richtlinie)
lt. Laut
Nr.
Nummer
P & G
Procter & Gamble
PoS
Point of Sale
OLG
Oberlandesgericht
o.V.
ohne
Verfasser
RG
Reichsgericht
S. Seite
S-O-R Modell
Stimulus-Organismus-Response-Modell
SZ
Süddeutsche
Zeitung
u.a.
unter
anderem
US
United
Staates
USA
United Staates of America
u.U.
unter
Umständen
UWG
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
vgl.
Vergleiche
W & V
Werben & Verkaufen
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches
Studium
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
ZAW
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft

9
1.
Einleitung
In der deutschen Rechtsprechung war vergleichende Werbung lange Zeit
grundsätzlich unzulässig. Am 23. Oktober 1997 trat nach langem
zwischenstaatlichem Ringen die EU-Richtlinie 97/55/EG in Kraft. Damit
wurde ein großer Schritt zur Harmonisierung des Werberechts innerhalb der
EU zurückgelegt. Die Umsetzungsfrist wurde durch die Richtlinie auf 30
Monate, folglich bis April 2000 festgelegt. Aber der BGH hat bereits vor der
Umsetzung durch den Gesetzgeber die Initiative ergriffen und bezog sich in
den Urteilen ,,Testpreisangebot"
1
und ,,Preisvergleichsliste"
2
im Februar und
April 1998 auf die neue Regelung. Somit verabschiedete sich der BGH von
seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach vergleichende Werbung als
wettbewerbs- und sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG galt.
Fach- und Publikumszeitschriften kündigten diese Revolution im Werberecht
euphorisch mit ,,Ringfrei für den Werbekampf" oder ,,Jetzt wird die Werbung
richtig spannend" an. Diese Euphorie ist mittlerweile zurückgegangen.
Einerseits wegen der undeutlichen Rechtslage und andererseits wegen der
teilweise noch unklaren Wirkung des Instruments auf den Verbraucher.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Grundlagen vergleichender Werbung. Ziel
ist es dem Leser den Begriff ,,vergleichende Werbung" näher zu bringen und
die Rechtsprechung des RG und des BGH vor dem Erlass der Richtlinie zu
erörtern um einen vorher - nachher Vergleich zu ermöglichen. Ein weiterer
sehr wichtiger Punkt dieses Kapitels ist, die Erscheinungsformen
vergleichender Werbung anhand von aktuellen Beispielen zu behandeln.
Auf die EU-Richtlinie 97/55/EG wird im Detail in Kapitel 3 eingegangen.
Neben der Auflistung und Erklärung der einzelnen Paragrafen wird auch der
1
,,Testpreisangebot", Az. I ZR 211/95; BGH 1998a
2
,,Preisvergleichsliste II", Az. I ZR 2/96; BGH 1998b

10
Weg der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht dargestellt und mit
Beispielen und Urteilen untermauert.
Welchen Einfluss die Richtlinie auf die Aktivitäten werbetreibender
Unternehmen hat, wird in Kapitel 4 aufgeführt.
Über die Werbewirkung im Allgemeinen bis hin zur Werbewirkung
insbesondere vergleichender Werbung wird in Kapitel 5 geschrieben.
Aktuelle Werbekampagnen, die sich des Instrumentes der vergleichenden
Werbung bedienen, werden in Kapitel 6 vorgestellt, diskutiert und z.T. von
den Werbe- bzw. Kampagnenverantwortlichen erklärt.
Abschließend wird über die Chancen und Risiken des Einsatzes von
vergleichender Werbung gesprochen und ein Ausblick in die Zukunft
gegeben.

11
2.
Grundlagen vergleichender Werbung
2.1. Definition
Eine allgemein gültige Definition für den Begriff ,,vergleichende
Werbung" hat sich bislang in der Literatur noch nicht durchgesetzt.
Darin sind sich zahlreiche Autoren einig.
3
Nach Wilkie/Farris liegt
vergleichende Werbung vor, ,,wenn Anbieter sein Produkt oder seine
Dienstleistung direkt oder indirekt mit einem oder mehreren
Mitbewerbern oder deren Produkten oder Dienstleistungen in
Beziehung setzt. Dabei erfolgt der Vergleich anhand bestimmter
Merkmale oder einer allgemeinen Beurteilung."
4
Nieschlag, Dichtl und Hörschgen definieren vergleichende Werbung als
,,eine auf die Leistungen der Mitbewerber explizit Bezug nehmende
Werbung. Vergleichende Werbung, die einem Mitbewerber oder seine
Leistung erkennbar macht, also eine identifizierende vergleichende
Werbung, ist nach der Neuregelung des § 2 UWG grundsätzlich
zulässig und nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die in § 2 Nr. 1-6
UWG aufgeführt sind, unlauter und verboten."
5
Der Gesetzgeber in Deutschland hat die Legaldefinition der EU-
Richtlinie
6
seinem Entwurf des Gesetzes zugrunde gelegt.
Vergleichende Werbung wird im § 2 Abs. 1 UWG wie folgt definiert:
,,Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder
mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber
angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht."
7
3
Vgl. Rennhak C., 2001, S. 216, Mayer/Siebeck 1997, S. 420
4
Vgl. Wilkie, Farris, 1975, S. 7
5
Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 2002, S. 1079
6
Vgl. Kap. 3.1.2

12
2.2. Rechtsprechungen bis zum Erlass der Richtlinie
97/55/EG
2.2.1. Rechtsprechung des Reichsgerichts
Vergleichende Werbung in Deutschland war bis Anfang der 20er Jahre
grundsätzlich zulässig. Gegen die guten Sitten wurde nicht durch die
Verwendung einer vergleichenden Werbeaussage verstoßen, sondern
nur bei erheblicher Irreführung, Rufausbeutung durch Nachahmung und
bei Herabsetzung der Konkurrenten.
Das Reichsgericht beschäftigte sich erstmals am 21.10.1904
8
mit
kritischen Aussagen über einen Wettbewerber. Der Werbende
behauptete über den Konkurrenten, dass die deutsche Hausfrau bei
diesem nicht gut und solide bedient werde. Diese abfällige öffentliche
Kritik zur Anwerbung wurde nach Klage untersagt. Erst im Jahr 1908
nahm das RG in einer ausführlich begründeten Entscheidung zur
vergleichenden Werbung stellung. Die beklagte Firma, die naturreinen
Traubensaft vertrieb, hatte in einer Zeitschrift mit folgender Aussage
geworben: ,,Vollwertiger, edler Traubensaft ist kein alkoholfreies
Ersatzgetränk, wie z.B. billiges, aber gehaltarmes Backobstwasser
(Pomril, ... usw.)". Da dem RG die objektive Richtigkeit ausreichte,
wurde die Klage abgewiesen. In der Entscheidung formulierte das RG
noch einmal deutlich: ,,... jedermann hat das Recht, das Publikum auf
die Vorteile und Nachteile des Bezugs von Waren in wahrheitsgemäßer
Weise hinzuweisen."
9
Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine
begriffliche Festlegung vergleichender Werbung. Es bestand weder
eine spezielle Regelung noch ein Gesetz gegen unlauteren
7
Vgl. Anhang 1, ,,Entwurf eines Gesetzes zur vergleichenden Werbung und zur Änderung
wettbewerbsrechtlicher Vorschriften"
8
Vgl. Meyer J., 1991, S. 69 und RG Urteil: UW IV 23 ­ ,,Deutsche Hausfrau"
9
Vgl. ebenda

13
Wettbewerb. Alleiniger Prüfungsmaßstab waren hier die §§ 823, 826
BGB
10
. Das Gericht blieb auch bei weiteren Urteilen der gesetzten Linie
treu und hat auch später entscheiden, dass es für die Frage der
Sittenwidrigkeit nicht auf die Vornehmlichkeit ankommen würde, da
diese im Wettbewerb weder verlangt noch erwartet wird. Damit war
vergleichende Werbung im Sinne von Leistungsvergleichen,
persönlichen Vergleichen sowie einer Anlehnung an den Wettbewerber
grundsätzlich zulässig. An dieser Einschätzung änderte sich auch nach
der Einführung der Generalklausel des § 1 UWG
11
vom 07.06.1909
zunächst nichts. Mit dem § 1 der Generalklausel wurde ein bis heute
gültiger Maßstab für alle Arten unlauteren Wettbewerbs geschaffen, der
auch für die vergleichende Werbung zur Anwendung kam. Diese
Fassung erwies sich als sehr tolerant gg. vergleichender Werbung, was
auch durch den Wirtschaftsliberalismus jener Zeit geprägt wurde, der
sich dadurch kennzeichnete, dass die größtmögliche Entfaltung des
Gewinnstrebens des Einzelnen im Mittelpunkt steht.
12
Die Wende des RG vom Grundsatz der Zulässigkeit zu dem der
Unzulässigkeit vergleichender Werbung wurde in Jahr 1931 mit der
,,Hellegold-Entscheidung" endgültig eingeleitet. Das Reichsgericht
stellte fest, dass der Vergleich der eigenen Ware mit der des
Konkurrenten unter Herabsetzung der fremden Leistung grundsätzlich
sittenwidrig ist.
13
Es begründete das Verbotsprinzip als Individualschutz
des Mitbewerbers. Allerdings konnte das Verbot angesichts der
Weltwirtschaftskrise als Mittel, welches zur ,,Einschärfung des
Wettbewerbs um jeden Preis" verstanden werden konnte.
14
Daraus
resultierte das ,,Hellegold-Motiv", welches bei Entscheidungen immer
10
§ 823 BGB Schadensersatzpflicht; § 826 BGB Sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung
11
§ 1 UWG - Verbot sittenwidrigen Wettbewerbsverhaltens.
Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen
vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und
Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
12
Vgl. Killian 1995, S. 111
13
Vgl. Hartlage 1997, S, 18; Killian 1996, S. 119
14
Vgl. Rudlowski 1993, S. 92

14
wieder zitiert wurde: ,,Die Mitbewerber, auch wenn ihre gewerbliche
Leistungsfähigkeit tatsächlich geringer sein sollte, brauchen sich nicht
gefallen zu lassen, in den fremden Anpreisungen als Mittel zur
Erhöhung der eigenen Leistungsfähigkeit des Anpreisenden verwenden
zu werden".
15
Dennoch wurden Ausnahmen von dem allgemeinen
Gebot festgelegt, da sich die fast ausnahmslose Unzulässigkeit
vergleichender Werbung als zu eng erwiesen hat und weil ein
überwiegendes Interesse des Werbenden an der vergleichenden
Werbung anerkannt wurde.
16
Es bildeten sich vier
Ausnahmetatbestände heraus: System-, Fortschritts-, Auskunfts- und
Abwehrvergleiche.
17
15
RG vom 06.10.1931, GRUR 1931, S. 1299; Die berühmt gewordene Entscheidung
verdankt ihren Namen dem Umstand, dass die Klägerin ihr Produkt (Backmalzextrakt)
unter dem Namen ,,Hellegold" vertrieb.
16
Vgl. Killian 1996, S. 157
17
Vgl. Kapitel 2.2.2 Rechtsprechung des BGH, Abbildung 1

15
2.2.2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Die Grundlage für die Betrachtung der Rechtslage vergleichender
Werbung bildet, der § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb (UWG) in dem es heißt: ,,Vergleichende Werbung ist im
Grundsatz wettbewerbs- und sittenwidrig." Weitere Ausgangspunkte
für den BGH sind neben dem § 1 UWG auch der § 3 UWG
18
, sowie die
Meinungs-, Wettbewerbs- und Werbefreiheit, die in den Artikeln 1, 2
und 5 des Grundgesetzes geregelt sind.
Der BGH behielt die vom RG vorgegebene Linie zunächst bei. Er ging
von der Unzulässigkeit vergleichender Werbung aus und übernahm die
Ausnahmetatbestände, die das RG festgelegt hatte, und fügte noch den
Aufklärungsvergleich hinzu.
19
Aufgrund der in Abbildung 1 aufgeführten Voraussetzungen für die
Ausnahmetatbestände zeigt sich, dass kritisierende, bezugnehmende
Werbung zulässig war, je stärker sie reaktiv und indirekt war.
Der BGH ging vom unmündigen Verbraucherbild aus, d.h., dem
Verbraucher wurde fast keine Kritikfähigkeit zugetraut, obwohl das
Bewusstsein, dass Werbung durchaus einseitig und subjektiv sein kann
vorhanden war.
20
In der Entscheidung ,,Betonzusatzmittel"
21
lockerte die Rechtsprechung
des BGH bezüglich vergleichender Werbung erstmals auf. Der BGH
erklärte in der Urteilsbegründung eine vergleichende Werbeaussage für
18
§ 3 UWG - Verbot irreführender Werbung
Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche
Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den Ursprung, die Herstellungsart
oder die Preisbemessung einzelner Waren oder gewerblicher Leistungen oder des
gesamten Angebots, über Preislisten, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle
von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlass oder den Zweck des
Verkaufs oder über die Menge der Vorräte irreführende Angaben macht, kann auf
Unterlassung der Angaben in Anspruch genommen werden.
19
Vgl. Abbildung 1
20
Vgl. Killian 1995, S. 157
21
BGH vom 14.07.1961

16
zulässig, da für den Vergleich ein hinreichender Anlass bestand. Denn
die Angaben in der Werbeaussage halten sich nach Art und Maß in den
Grenzen des Erforderlichen und der wahrheitsgemäßen sachlichen
Erörterung.
22
Diese Erklärung des BGH führte einerseits zu einer
Ausweitung der Ausnahmeregelung und andererseits durch den strikten
Anspruch, ausschließlich wahrheitsgemäße Aussagen in der Werbung
zuzulassen zu einer Einengung.
23
Ökonomische Aspekte (Markttransparenz und Informationskosten)
wurden erstmals in der Entscheidung ,,40% können Sie sparen"
berücksichtigt.
24
Der BGH stellte in diesem Urteil fest, dass ein
Vergleich mit Preisempfehlungen die Markttransparenz verbessern
kann, da der Durchschnittsverbraucher für einen Einzelpreisvergleich
erheblich mehr Zeit benötigen würde.
In der Folgezeit kam es zu weiteren Urteilen des BGH zur
vergleichenden Werbung in denen für, aber auch gegen deren Einsatz
entschieden wurde. Trotz dieser relativen Offenheit des BGH
gegenüber vergleichender Werbung kam sie in der Praxis kaum zum
Einsatz. Es handelte sich bei den definierten Grenzen zum großen Teil
um auslegungsbedürftige Kriterien, deswegen war die Rechtssicherheit
bei den Werbetreibenden nicht gegeben.
Im Mai 1991 legte die Kommission der Europäischen Gemeinschaft
einen Richtlinienentwurf vor, in dem vergleichende Werbung als bedingt
zulässig vorgesehen war. Deutschland war noch 1995 gegen die
Einführung der Richtlinie.
22
Vgl. Hartlage 1997, S. 57
23
Vgl. Krüger 1996, S. 39f. Das RG erkannte Vergleiche an, bei denen nach ,,subjektiver
Überzeugung" des Werbenden eine wahre Aussage vorlag. Der BGH ließ dies nicht zu.
24
BGH-Urteil vom 23.02.1968; In diesem Fall handelte es sich um einen Preisvergleich
eines Handelbetriebs mit unverbindlichen Preisempfehlungen eines Markenartikel-
herstellers.

17
Abbildung 1: Ausnahmetatbestände für die Zulässigkeit vergleichender
Werbung gemäß der Rechtsprechung des BGH;
Quelle: Rudlowski 1993, S.61
Ausnahmetatbestand
vom Verbot der
kritisierend
vergleichenden
Werbung
Hinreichend
begründeter Anlass
als notwendige
Voraussetzung der
Zulässigkeit
Unbedingte
Erforderlichkeit und
Sachbezogenheit als
hinreichende
Voraussetzung der
Zulässigkeit
Abwehrvergleich
· Abwehr eines rechts-
widrigen Angriffs
· Abwehr einer ernst-
haften Gefährdung
der Käufer
· Keine Möglichkeit
der Abwehr durch
Anrufung eines Gerichts
· Angemessene Fristigkeit
der Abwehr
Auskunftsvergleich
· Konkrete Anfrage
eines Kunden
· Auskunft des Werbe-
treibenden in streng
sachlicher und rational
nachprüfbarer Form, die
sich im Rahmen der
Fragestellung hält
Technischer
Fortschrittsvergleich
· Existenz einer
technischen Weiter-
entwicklung, die den
Nachfragern noch
nicht bekannt ist
· Wettbewerbs-
rechtliche Erforderlichkeit
· Keine andere Möglichkeit
der Erreichung der
angestrebten Ziele
Aufklärungsvergleich
· Schutzwürdiges
Bedürfnis der
Allgemeinheit nach
sachgemäßer
Aufklärung
· Vollständiger, wahrer,
nicht irreführender
Vergleich
· Sachbezogene Werbung
System- und
Warenartenvergleich
· Existenz unter-
schiedlicher
technischer und
wirtschaftlicher
Verfahren
· Wettbewerbsrechtliche
Erforderlichkeit
· Keine andere Möglichkeit
der Darstellung
· Keine Namensnennung
des Konkurrenten

18
2.3. Erscheinungsformen vergleichender Werbung
Bezugnahme auf
den Mitbewerber
Keine Bezugnahme
auf den Mitbewerber
(vergl. Werbung i.w.S.)
·
Eigenpreisvergleich
· Eigenproduktvergleich
· vertikaler Preisvergleich
· kritisierend
Differenzierung
Vom Konkurrenz-
Produkt
· anlehnend
Hervorhebung der
Gemeinsamkeiten
mit dem
Konkurrenzprodukt
Direkter Vergleich
(vergl. Werbung i.e.S.)
Formen vergleichender Werbung
Pauschal
Bezug auf alle
Konkurrenten.
Rückschluss
auf einzelnen
Mitbewerber.nicht
Möglich.
Individuell
Aufgrund
der Markt-
verhältnisse
ist der
Mitbewerber
erkennbar.
Vergleichende
Warentestergebnisse
· Stiftung Warentest
· Öko-Test
Indirekter Vergleich
Leistungsbezogener
Vergleich
Persönliche
vergleichende Werbung
Bezugnahme auf
den Mitbewerber
Keine Bezugnahme
auf den Mitbewerber
(vergl. Werbung i.w.S.)
·
Eigenpreisvergleich
· Eigenproduktvergleich
· vertikaler Preisvergleich
· kritisierend
Differenzierung
Vom Konkurrenz-
Produkt
· anlehnend
Hervorhebung der
Gemeinsamkeiten
mit dem
Konkurrenzprodukt
Direkter Vergleich
(vergl. Werbung i.e.S.)
Formen vergleichender Werbung
Pauschal
Bezug auf alle
Konkurrenten.
Rückschluss
auf einzelnen
Mitbewerber.nicht
Möglich.
Individuell
Aufgrund
der Markt-
verhältnisse
ist der
Mitbewerber
erkennbar.
Vergleichende
Warentestergebnisse
· Stiftung Warentest
· Öko-Test
Indirekter Vergleich
Leistungsbezogener
Vergleich
Persönliche
vergleichende Werbung
Abbildung 2: Formen vergleichender Werbung
Quelle: in Anlehnung an Rudlowski ,,Vergleichende Werbung" S. 21

19
2.3.1. Bezugnahme auf den Mitbewerber
2.3.1.1. Indirekte Vergleiche
Charakteristisch für sämtliche Methoden dieses Typs ist, dass durch
den Vergleich kein direkter Bezug auf einen konkreten Mitbewerber
oder ein Konkurrenzprodukt hergestellt wird. Gleichwohl lässt der
indirekte Vergleich den Bezug auf eine unbestimmte Gruppe oder
sämtliche in Frage kommenden Konkurrenten erkennen. Hierdurch
kann beim Empfänger der Botschaft der Eindruck eines
Werbevergleichs erzielt werden. Dabei kann der Vergleich pauschal
oder individuell gestaltet sein.
Die pauschale Vergleichsart kann beispielsweise in der Form der
Alleinstellungswerbung erfolgen. Darunter wird eine Werbeaussage
verstanden, bei der der Werbende gegenüber der pauschal
angesprochenen Konkurrenz für sich oder sein Produkt eine
überragende Spitzenstellung beansprucht und damit indirekt einen
(ab-) wertenden Vergleich anstellt. Hierfür kommt der Superlativ sehr oft
zur Anwendung.
25
Sie bezieht sich auf alle Konkurrenten und erlaubt
keinen Rückschluss auf einen einzelnen Mitbewerber. Als Bsp. Kann
hier die Anzeige der deutschen BA, welche die günstigsten Flugtarife
anbietet aufgeführt werden.
25
Z.B. ,,preiswertester Discounter", ,,größtes Versandhaus", ,,höchste Waschkraft" usw.

20
Abbildung 3: Anzeige der deutschen BA
Quelle: SZ vom 22./23. März 2003
Die individuelle Vergleichsart nennt oder weist auf einen oder
mehrere spezielle Mitbewerber hin, ohne sie explizit zu nennen.
Aufgrund der Marktverhältnisse und der Gestaltung der Anzeige sind
sie aber erkennbar.

21
Die in Abbildung 4 gezeigte Anzeige von Sixt ist ein Beispiel für diese
individuelle Vergleichsart. Sie war der Startschuss für den Einsatz
vergleichender Werbung in der Autovermieterbranche. Sixt zeigte vier
nebeneinander stehende Mietwagen gleichen Typs. Unter den
Fahrzeugen befinden sich vier Kästen mit dem Mietpreis, die sich
farblich entsprechend der Logofarbe des Autovermieters unterscheiden:
gelb für Herz, grün für Europcar, rot für Avis und orange für Sixt. Mit der
Aussage ,,Erstaunlich, wie die Farbe eines Autovermieters den
Mietpreis beeinflusst" grenzte sich Sixt preislich von seinen
Konkurrenten ab.
26
Abbildung 4: Vergleichende Werbung von Sixt
Quelle: Focus vom 03.08.1998
Abzugrenzen ist jedoch die Werbung mit vergleichenden Warentest-
ergebnissen. Diese Werbeform ist seit 1996 in Deutschland zulässig
und stellt einen pauschalen und indirekten Vergleich dar. Dabei werden
Testergebnisse eines unabhängigen Instituts, beispielsweise Stiftung
26
Vgl. o.V., 23.07.98, S. 4: ,,Sixt lässt die Farben sprechen", Horizont 30/98

22
Warentest, dargestellt. Die zwei befragten Institute
27
lassen sich von
den Herstellern und Händlern nicht beeinflussen. Vorschläge der zu
testenden Produkte und Dienstleistungen werden durch Leser- und
Mitarbeiterbefragungen ermittelt und von internen Gremien ausgewählt.
Die Produkte werden im Handel eingekauft, um tatsächlich die Produkte
zu prüfen, die auch dem Verbraucher angeboten werden. Wenn Firmen
mit Testergebnissen werben, müssen sie bestimmte Kriterien beachten,
z.B. es muss genau die Quelle genannt werden, wo das Ergebnis
abgedruckt ist, es muss die Zahl der insgesamt getesteten Produkte,
sowie die Zahl der als ,,Sehr gut" oder ,,Gut" getesteten Produkte
benannt werden.
28
Das Institut hat das Recht, Werbemaßnahmen abzumahnen, die
inhaltlich den Warentest nicht richtig wiedergeben. Allerdings besteht
nicht die Möglichkeit, die Werbemaßnahme zu unterbinden.
29
Bei keiner dieser beiden Institutionen können Tests von Herstellern,
Firmen, Institutionen etc. in Auftrag gegeben werden.
30
27
Stiftung Warentest und Öko-Test
28
Aussage von Öko-Test vom 15. April 2003
29
Diese Möglichkeit besteht nur, wenn der Schriftzug ,,test" nachgeahmt wurde.
30
Aussage von Öko-Test und Stiftung Warentest vom 15. April 2003

23
2.3.1.2. Direkte Vergleiche
Von direkt vergleichender Werbung spricht man, wenn der Bezug auf
einen oder mehrere Mitbewerber bzw. derer Produkte explizit oder für
die angesprochenen Verkehrskreise anderweitig eindeutig erkennbar
ist. Dabei wird weiter in die Formen der kritisierenden, anlehnenden und
persönlich vergleichenden Werbung unterschieden.
Das besondere Merkmal der kritisierend vergleichenden Werbung
ist, dass die eigene Leistung einer vergleichbaren Leistung von einem
oder mehreren i.d.R. namentlich genannten Mitbewerbern
gegenübergestellt wird, wobei im Ergebnis die eigene Leistung Vorzüge
gegenüber dem Konkurrenzprodukt aufweist. Der kritisierende
Vergleich nimmt entweder die Form des einseitigen oder zweiseitigen
Vergleichs an. Ein einseitiger Vergleich stellt die Vorzüge des
beworbenen Produkts in den Vordergrund und grenzt dieses gegen die
schlechteren Konkurrenzprodukte ab. Als Beispiel kann hier die
Anzeige von TV-Movie aus der Absatzwirtschaft aufgeführt werden. Die
Zeitschrift führte einen direkten Werbevergleich durch und nannte den
Konkurrenten namentlich. Sie forderte den Leser auf die Anzeigen bei
der TV-Movie zu schalten, da diese Zeitschrift sie bezüglich der Auflage
sowie der Reichweite gegenüber der Konkurrenz, der TV-Spielfilm
überlegen sind.
31
31
In der Medienbranche war vergleichende Werbung lt. ZAW bereits vor der EU-Richtlinie
ein anerkanntes Werbeinstrument. Die Darstellung von medienrelevanten Daten (Auflage,
Reichweite, etc.) wird als Beitrag zu Erhöhung der Markttransparenz akzeptiert, denn die
für die Werbung genutzten Daten werden durch unabhängige Institute ermittelt.

24
Abbildung 5: Direkte und kritisierende vergleichende Werbung
von TV-Movie
Quelle: Absatzwirtschaft 11/2002
Ein zweiseitiger Vergleich führt Vor- und Nachteile des beworbenen
Produktes im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten auf. Diese Art des
kritisierenden Vergleichs kann jedoch vernachlässigt werden, da es
nicht vorkommt, dass ein Unternehmen die Nachteile seines Produktes
in der Werbung aufführt.

25
Anlehnend vergleichende Werbung macht sich den Ruf oder die
Leistung eines Mitbewerbers zunutze. Der Werbetreibende versucht,
ohne dafür etwas zu leisten, sich am Erfolg der Konkurrenz anzulehnen
(z.B. so gut wie ..., ,,Produkt A ist genauso gut wie Produkt B,,). Dabei
stellt der Vergleich eine positive Bezugnahme auf das konkurrierende
Produkt mit dem Ziel dar, das eigene Produkt mit dem
Konkurrenzprodukt gleichzustellen. Aus diesem Grund wird in diesen
Fällen auch von Gleichstellungswerbung gesprochen.
32
Die persönlich vergleichende Werbung nimmt in herabsetzender
Form Bezug auf die persönlichen Eigenschaften oder sonstigen
Verhältnissen eines Mitbewerbers.
33
Beispiele für solche persönlichen Bezugnahmen sind:
a. Hinweise auf Vorstrafen, familiäre Konflikte etc.
b. Hinweise auf Konfession, Rasse, Staatsangehörigkeit,
Parteizugehörigkeit etc.,
c. Hinweise auf wirtschaftliche Verhältnisse
Da sich im Wettbewerb die bessere Leistung durchsetzten soll, wird der
persönliche Vergleich als wettbewerbsfremd angesehen.
32
Wird z.B. oft von Newcomern angewandt, die sich an das positive Image eines
Marktführers anlehnen möchte. Vgl. hiezu Bsp. ,,Toyota will sich mithilfe der Marktführer
profilieren" in Kap. 6.
33
Vgl. Hempelmann 1997, S. 85

26
2.3.2. Keine Bezugnahme auf den Mitbewerber
Weitere Formen möglicher Werbevergleiche lassen sich dadurch
beschreiben, dass mit ihnen weder direkt noch indirekt versucht wird,
Bezug auf einen Konkurrenten oder dessen Leistung zu nehmen. Als
Vergleichsobjekte werden beispielsweise die eigenen Preise oder
Produkte gewählt. Eigenvergleiche enthalten i.d.R. einen Bezug auf
ein eigenes Produkt welches verbessert wurde.
34
Weiterhin stellt der
Vergleich mit Altpreisen als besonderes Leistungsmerkmal speziell in
der Sonderangebotspolitik des Handels eine weit verbreitete
Vergleichsmethode dar.
35
Eine, speziell im Einzelhandel, häufig gewählte Form sind vertikale
Preisvergleiche mit unverbindlichen Preisempfehlungen, dabei wird
für einen explizit genannten Markenartikel neben dem eigenen Preis
zum Vergleich die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers
genannt. Voraussetzung dabei ist, dass der vom Hersteller empfohlene
Preis von einer Mehrzahl der anbietenden Händler tatsächlich gefordert
wird. Der in der Werbung genannte Hersteller bzw. das Produkt wird in
diesem Zusammenhang nicht als Mitbewerber auf horizontaler Ebene
angesehen, sodass der Vergleich nicht als kritisierend vergleichende
Werbung angesehen werden kann.
34
Z.B. ,,Die neuen Pampers ­ hält länger trocken als die alte" - Eigenproduktvergleiche
35
Z.B. ,,früher ... jetzt nur noch ... " - Eigenpreisvergleich

27
3.
Die EU-Richtlinie 97/55/EG
3.1. Erörterungen zur Richtlinie
3.1.1. Ziele und Argumente der Richtlinie
Die Richtlinie kann als weiterer Schritt zur Vollendung des
Binnenmarktes gesehen werden. Die EU-Kommission hat folgende
Hauptzielsetzungen mit der Richtlinie verbunden:
36
· Harmonisierung der divergierenden gesetzlichen Regelungen der
Mitgliedsstaaten zu vergleichender Werbung innerhalb der EU,
· Verbesserung der Verbraucherinformation und
· Förderung des Wettbewerbs.
Die EU-Kommission sah auf dem Gebiet der vergleichenden Werbung
wegen der sehr unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen
Mitgliedsstaaten ein dringendes Harmonisierungsbedürfnis.
37
Mit der Vollendung des europäischen Binnenmarktes werden die
Verbraucher mit einem immer vielfältigeren Warenangebot konfrontiert.
Um die Transparenz für den Verbraucher zu erhöhen ,,sollten die
wesentlichen Vorschriften für Form und Inhalt der Werbung einheitlich
sein und die Bedingungen für vergleichende Werbung in den
Mitgliedsstaaten harmonisiert werden. Unter diesen Umständen wird
dies dazu beitragen, die Vorteile der verschiedenen vergleichbaren
Erzeugnisse objektiv herauszustellen".
38
36
Vgl. Begründung zur Richtlinie
37
Vgl. Punkt 1 der Begründung zur Richtlinie
38
Vgl. Punkt 2 der Begründung zur Richtlinie

28
Abweichende gesetzliche Regelungen für vergleichende Werbung
könnten z.B. auch dazu führen, dass ein Unternehmen, welches
vergleichende Werbung betreibt, in einigen Mitgliedsstaaten mit einer
Klage wegen unlauteren Wettbewerbs rechnen muss, obwohl es diese
Art der Werbung auf seinem Heimatmarkt rechtmäßig nutzen kann.
Andererseits könnte sich ein Hersteller auf seinem Heimatmarkt einer
vergleichenden Werbekampagne aus einem Staat ausgesetzt sehen, in
welchem vergleichende Werbung zulässig ist ohne sich adäquat zur
Wehr setzten zu können. Es kann somit durch die unterschiedlichen
Regelungen der Mitgliedsstaaten zu Wettbewerbsverzerrungen
kommen.
39
Aus den Begründungspunkten geht eindeutig hervor, dass die EU-
Kommission von positiven, die Markttransparenz erhöhenden Effekten
vergleichender Werbung für den Verbraucher ausgeht. In Punkt 5 der
Begründung wird nochmals gesagt, dass vergleichende Werbung
,,wenn sie wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische
Eigenschaften vergleicht und nicht irreführend ist, ein zulässiges Mittel
zur Unterrichtung der Verbraucher über ihre Vorteile darstellt."
39
Vgl. Punkt 3 der Begründung zur Richtlinie

29
3.1.2. Kriterien für die Zulässigkeit vergleichender
Werbung
Die EU-Richtlinie definiert in Art. 2 vergleichende Werbung als ,,jede
Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von
einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen
erkennbar macht".
40
Dabei werden für die vergleichende Werbung in
Art. 3a Abs. 1, a-h Richtlinie Kriterien genannt, bei deren Vorliegen
vergleichende Werbung zulässig ist.
· Vergleichende Werbung ist ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung
der Verbraucher über ihre Vorteile, sofern sie nicht irreführend ist
und wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische
Eigenschaften vergleicht.
41
Es ist verboten den Werberezipienten
durch die Werbung bewusst in die Irre zu führen, sodass er sich
über das Produkt eine andere oder falsche Meinung bildet, als er es
getan hätte, wenn der Werbende die Wahrheit gesagt hätte. Werden
z.B. zwei Krankenversicherungen miteinander verglichen, währe der
Vergleich irreführend, wenn der verglichene Leistungsumfang nicht
identisch ist.
42
· Vergleiche von Waren und Dienstleistungen sind nur zulässig, wenn
sie dem gleichen Bedarf dienen oder dieselbe Zweckbestimmung
haben.
43
Auf diese Weise soll der Vergleich von Äpfeln mit Birnen
verhindert werden.
Wenn im Rahmen der Automobilwerbung das eine Fahrzug mit dem
Werbeslogan ,,Freude am Fahren" vorgestellt wird, der Werbende
hingegen für sein Fahrzeug mit der Aussage wirbt ,,Freude am
Einsteigen, Starten, Schalten, Beschleunigen, Überholen, Fahren,
40
Vgl. EU-Richtlinie 91/55/EG Art. 2a
41
Vgl. Art. 3a Abs. 1 lit. a der Richtlinie 97/55/EG
42
Vgl. Berlit, W. ,,Vergleichende Werbung" 2002, S. 69
43
Vgl. Art. 3a Abs. 1 lit. b der Richtlinie 97/55/EG

30
Tanken, Wenden, Parken ...", dann werden jeweils Eigenschaften
miteinander verglichen.
Abbildung 6: Vergleich über mehrere Produktkategorien,
Bsp.: SMART
Quelle: ,,Der Spiegel" Nr. 31/2001
· 1998 behauptete die Fast-Food-Kette Burger King, Vergleichstests
hätten ergeben, dass die eigenen Pommes Frites besser
Schmecken als die von McDonalds.
44
Diese Kampagne ist vom OLG
München im Jahr 1999 auf Antrag von McDonalds verboten werden,
da der Vergleich keine objektive Eigenschaft zum Gegenstand hat
und ,,Geschmack" nicht als vergleichbare und nachprüfbare
Eigenschaft anerkannt wird. Allgemein gilt, dass die verwendeten
Eigenschaften sachlich und jederzeit nachprüfbar sein müssen.
Pauschale auf Werturteilen beruhende, suggestive Vergleiche sind
somit verboten. Jede Behauptung muss sich auf nachprüfbare,
44
Vgl. diese Anzeige in Kap. 6.1

31
objektive Tatsachen, wie z.B. auf unabhängige Testergebnisse oder
Preise stützen.
45
· Der Werbevergleich darf nicht zu einer Verwechslung zwischen dem
Werbenden und einem Mitbewerber führen.
46
Des Weiteren ist es
untersagt, vergleichend zu werben, wenn man bewusst versucht,
eine Verwechslungsgefahr zwischen dem umworbenen eigenen
Produkt und dem Konkurrenzprodukt herbeizuführen. Dies ist der
Fall einer in von MobilCom geschalteter Anzeige, in der sich das
Unternehmen in den Farben der Deutschen Telekom an die
Verbraucher mit der Aussage richtete, ,,Kein Sehfehler! Die günstige
Vorwahl für Telekom-Kunden 01019" sowie einen abtrennbaren
Kupon, mit dem Text ,,Ja, ich beauftrage die Deutsche Telekom,
meinen Anschluss auf MobilCom 01019 einzustellen", durch
welchen die Verbraucher aufgefordert wurden, ihren Anschluss von
der Deutschen Telekom auf den von MobilCom umzustellen. Viele
Verbraucher füllten den Kupon aus, in dem Glauben ein Angebot
der Telekom anzunehmen. Die Verwechslung wurde erst deutlich,
als Verbraucher den Service kündigen wollten und dafür bei der
Telekom vorsprachen.
47
45
Vgl. Art. 3a Abs. 1 lit. c der Richtlinie 97/55/EG
46
Vgl. Art. 3a Abs. 1 lit. d der Richtlinie 97/55/EG
47
Vgl. Varlam, 2000, S. 107, Expertengespräch mit der Telekom

32
Abbildung 7: Vergleichende Werbung von MobilCom
Quelle: Focus vom 19.10.1998
· Einer der wichtigsten Punkte neben dem Verbot der Irreführung ist
auch das Verbot der Herabsetzung des Konkurrenten, was
besonders die Benutzer von kritisierender vergleichender Werbung
zu beachten haben. Eine Herabsetzung liegt immer dann vor, wenn
nicht nur die eigene Ware oder Dienstleistung als besonders positiv
herausgestellt wird, sondern wenn zugleich Produkte oder

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2003
ISBN (eBook)
9783832480400
ISBN (Paperback)
9783838680408
DOI
10.3239/9783832480400
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften München – 08 Vermessung und Geoinformation
Erscheinungsdatum
2004 (Juni)
Note
1,9
Schlagworte
richtlinie werbewirkung werbekampagnen konsumgütermarketing marktforschung
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