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Kompetenzorientiertes Marketing

©2003 Diplomarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Marketing- und Managementlehre haben sich einerseits konvergent entwickelt, andererseits aber auch voneinander losgelöste Entwicklungsschritte vollzogen. Die konvergente Entwicklung führte zu einem marktorientierten Managementverständnis unter Einschluss des Strategischen Marketing. Die Managementlehre beeinflusste ihrerseits die Marketinglehre vor allem durch Inhalte (Marketingstrategien). In der Perspektive des Aufbaus nachhaltig verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteile bildeten sich im Laufe der 80er und 90er Jahre die Market-Based View und die Resource-Based View als die zwei herausragendsten Ansätze heraus. Die Market-Based View bereicherte das Marketing durch die Branchenanalyse und das Konzept der Wettbewerbsstrategien von Porter und gilt zudem als plausibles, geschlossenes Konzept für strategische Marketingentscheidungen. Im Gegensatz dazu wurde die Resource-Based View bisher kaum in die Marketinglehre miteinbezogen, obwohl sie in der Managementlehre eine sehr bedeutende Stellung einnimmt. Die Resource-Based View unterscheidet sich von der Market-Based View insofern, dass der Bedarf an Ressourcen nicht mehr von der Positionierung im Markt abgeleitet wird, sondern dass primär Ressourcen ausgewählt und miteinander kombiniert werden, welche eine möglichst günstige Marktpositionierung ermöglichen. Aus diesen einzigartigen und im Vergleich zur Konkurrenz überlegenen Ressourcenbündeln (Kompetenzen) können in der Folge Wettbewerbsvorteile resultieren, sofern diese Bündel knapp vorhanden sind und nur begrenzt von den Wettbewerbern imitiert oder substituiert werden können (Kernkompetenzen). Ressourcen, Kompetenzen und Kernkompetenzen generieren aber nur dann Wettbewerbsvorteile, wenn sie zu marktgerechten Produkten und Dienstleistungen führen. Deshalb übernimmt das Marketing eine wichtige Rolle im Rahmen des ressourcen- beziehungsweise kompetenzorientierten Managements.
Die Marktorientierung bildet den Ausgangspunkt im Marketing. Dabei geht es um die Festlegung des Ausmaßes der Erfüllung von Kundenanforderungen im Wettbewerb. Der Erfolg einer Unternehmung hängt also letztlich davon ab, wie gut es ihr gelingt, in der Wahrnehmung und Beurteilung der Kunden besser zu sein als die Konkurrenten. In diesem Fall spricht man von einem komparativen Konkurrenzvorteil. Dieser muss für die Kunden wichtig, wahrnehmbar und gegenüber den Wettbewerbern verteidigbar sein. Eine einseitige Ausrichtung des Marketing auf eine Markt- […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7621
Ruh, Romeo: Kompetenzorientiertes Marketing
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Zürich, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhaltsverzeichnis
I
Abbildungsverzeichnis
III
Abkürzungsverzeichnis
IV
Executive Summary
1
1 Einleitung
4
11
Problemstellung
4
12
Zielsetzung
8
13
Vorgehensweise
9
2
Die Entwicklung von Management und Marketing
10
21
Entwicklung
der
Managementlehre
11
211
Die
Market-Based
View
16
212
Die
Resource-Based
View
17
213
Dynamische
Kompetenzen
21
22
Entwicklung
der
Marketinglehre
22
221
Das
Marketing-Konzept
23
222
Vertiefung und Ausweitung des Marketing
24
223
Strategisches
Marketing
25
224
Relationship
Marketing
26
225
Marketing im Zeitalter der New Economy
28
3
Die Resource-Based View und Marketing
31
31
Rolle des Marketing im Rahmen der Resource-Based View
31
311
Identifikation
von
strategischen
Ressourcen
35
312
Umsetzung von strategischen Ressourcen in Wettbewerbsvorteile
40
313
Aufbau und Weiterentwicklung von strategischen Ressourcen
41
32
Beiträge der Resource-Based View für das Marketing
43
321
Strategische
Analyse
43
322
Strategische
Positionierung
44
323
Internationale
Marketingstrategien
44
4 Kompetenzorientiertes
Marketing
46
41
Modell zur Erklärung des Kompetenzorientierten Marketing
47
411
Umweltfaktoren
49

Seite
412
Unternehmensfaktoren
50
413
Strategiewahl
59
414
Strategieumsetzung
durch
Kernprozesse
60
415
Wettbewerbsposition
und
Kundenwertgenerierung
79
416
Unternehmenserfolg
83
417
Weitere
Zusammenhänge
im
Modell
88
5 Schlussbetrachtung
90
Literaturverzeichnis
99
Anhang 109

III
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1: Entwicklungsphasen der Management- und Marketinglehre
10
Abb. 2: Strukturierung der Strategietheorie-Ansätze
15
Abb. 3: Zusammenhang des ressourcenorientierten Ansatzes
18
Abb. 4: Transaktions- versus Beziehungsmarketing
27
Abb. 5: Die drei Phasen des neuen Marketingverständnisses
30
Abb. 6: Marketing im Rahmen der Resource-Based View
33
Abb. 7: Beispiel eines Kompetenz-Portfolios
38
Abb. 8: Modell zur Erklärung des Kompetenzorientierten Marketing
48
Abb. 9: Übersicht über Relational und Intellectual Market-Based Assets
52
Abb. 10: Hierarchisches Modell der Marketing Capabilities
55
Abb. 11: Hypothesen-Modell: Ressourcen, Prozess-Performances und finanzielle
Performance
64

IV
Abkürzungsverzeichnis
CRM
Customer
Relationship
Management
EBIT
Earnings Before Interests and Taxes
F&E
Forschung
und
Entwicklung
IBM
International
Business
Machines
IT
Information
Technology
JIT
Just-in-Time
MAIS
Marketing-Informationssystem
MBV
Market-Based
View
NEC
Nippon
Electronic
Company
NPD
New
Product
Development
RBV
Resource-Based
View
SCM
Supply
Chain
Management
SCP
Structure-Conduct-Performance
SGE
Strategische
Geschäftseinheit
SWOT
Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threats

1
Executive Summary
Die Marketing- und Managementlehre haben sich einerseits konvergent entwickelt,
andererseits aber auch voneinander losgelöste Entwicklungsschritte vollzogen. Die
konvergente Entwicklung führte zu einem marktorientierten Managementverständnis unter
Einschluss des Strategischen Marketing. Die Managementlehre beeinflusste ihrerseits die
Marketinglehre vor allem durch Inhalte (Marketingstrategien). In der Perspektive des Aufbaus
nachhaltig verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteile bildeten sich im Laufe der 80er und
90er Jahre die Market-Based View und die Resource-Based View als die zwei
herausragendsten Ansätze heraus. Die Market-Based View bereicherte das Marketing durch
die Branchenanalyse und das Konzept der Wettbewerbsstrategien von Porter und gilt zudem
als plausibles, geschlossenes Konzept für strategische Marketingentscheidungen. Im
Gegensatz dazu wurde die Resource-Based View bisher kaum in die Marketinglehre
miteinbezogen, obwohl sie in der Managementlehre eine sehr bedeutende Stellung einnimmt.
Die Resource-Based View unterscheidet sich von der Market-Based View insofern, dass der
Bedarf an Ressourcen nicht mehr von der Positionierung im Markt abgeleitet wird, sondern
dass primär Ressourcen ausgewählt und miteinander kombiniert werden, welche eine
möglichst günstige Marktpositionierung ermöglichen. Aus diesen einzigartigen und im
Vergleich zur Konkurrenz überlegenen Ressourcenbündeln (Kompetenzen) können in der
Folge Wettbewerbsvorteile resultieren, sofern diese Bündel knapp vorhanden sind und nur
begrenzt von den Wettbewerbern imitiert oder substituiert werden können
(Kernkompetenzen). Ressourcen, Kompetenzen und Kernkompetenzen generieren aber nur
dann Wettbewerbsvorteile, wenn sie zu marktgerechten Produkten und Dienstleistungen
führen. Deshalb übernimmt das Marketing eine wichtige Rolle im Rahmen des ressourcen-
beziehungsweise kompetenzorientierten Managements.
Die Marktorientierung bildet den Ausgangspunkt im Marketing. Dabei geht es um die
Festlegung des Ausmaßes der Erfüllung von Kundenanforderungen im Wettbewerb. Der
Erfolg einer Unternehmung hängt also letztlich davon ab, wie gut es ihr gelingt, in der
Wahrnehmung und Beurteilung der Kunden besser zu sein als die Konkurrenten. In diesem
Fall spricht man von einem komparativen Konkurrenzvorteil. Dieser muss für die Kunden
wichtig, wahrnehmbar und gegenüber den Wettbewerbern verteidigbar sein. Eine einseitige
Ausrichtung des Marketing auf eine Markt- respektive Kundenorientierung ist jedoch nicht
mehr zeitgemäß. Daher muss das Marketing um eine Beziehungs-, Ressourcen-, und
Prozessorientierung ergänzt werden. Die Beziehungsorientierung kommt im Relationship-

2
Ansatz zum Ausdruck, welcher mittlerweile breite Anwendung in der Management- und
Marketinglehre gefunden hat. Die Ressourcenorientierung konnte sich im Marketing bisher
nicht etablieren, obwohl sich die traditionell nach außen orientierte Perspektive des Marketing
und die nach innen orientierte Perspektive der Resource-Based View ergänzen würden. Die
Resource-Based View wurde auch immer wieder aufgrund ihres dominant nach innen
gerichteten Fokus und wegen des fehlenden Marktbezugs kritisiert, denn Ressourcen und
Kompetenzen generieren erst dann Wettbewerbsvorteile, wenn sie in inner- und
zwischenbetrieblichen Wertschöpfungsprozessen so miteinander kombiniert werden, dass
daraus kundengerechte Leistungen resultieren. In diesem Zusammenhang übernimmt das
Marketing die Rolle eines Transformators, welcher eine Verbindung zwischen den
Ressourcen einer Unternehmung und den Kundenbedürfnissen, denen sie sich gegenübersieht,
schafft. Mit anderen Worten geht es einerseits um die Akquisition und Entwicklung neuer
Ressourcen, andererseits um die kundenorientierte Bündelung und Integration von
Ressourcen. Im Rahmen der Resource-Based View übernimmt das Marketing eine
Querschnittsfunktion, welche nicht an den Grenzen des Absatzbereichs halt machen darf.
Das traditionelle Marketing-Konzept mit seiner ausgeprägten Außenorientierung wird im
Rahmen der Resource-Based View deshalb um eine Innenorientierung ergänzt. Im Weiteren
wurde das Marketing-Konzept unter anderem deswegen kritisiert, weil es durch seine
charakteristisch reaktive Ausrichtung innovatives Verhalten verhindert und die kreativen
Fähigkeiten von Unternehmungen ignoriert. Das Marketing muss deshalb eine proaktive
Sichtweise einnehmen. Dies bedeutet, dass eine Unternehmung nicht nur auf Kundenwünsche
reagiert, sondern dass sie auch latente, noch unbefriedigte Kundenbedürfnisse mit innovativen
Produktideen erfüllt. Mit anderen Worten verspricht nur eine Kombination von außen- und
innengerichteten Fähigkeiten auf längere Sicht Erfolg. Aus dieser modifizierten
Marketingsicht steht die Überzeugung im Vordergrund, dass die langfristige Ausrichtung auf
Ressourcen und (Kern-)Kompetenzen eine zu starke Abhängigkeit der Unternehmung
gegenüber seiner Umwelt verhindern kann und dass Marktchancen kurzfristig genutzt werden
können.
In diesem Sinne ist das Marketing als eine prozessuale und funktionsübergreifende Tätigkeit
und Denkhaltung zu bezeichnen. Dabei durchdringt es die inner- und zwischenbetrieblichen
Wertschöpfungsprozesse sowie sämtliche Unternehmensebenen durch die Marketingkultur,
Marketingstrategie und Marketingtaktik. Das neue Marketingverständnis konzentriert sich auf
die Identifikation, Beschaffung, Umwandlung, Weiterentwicklung und Protektion von
einzigartigen Ressourcen und Kompetenzen, damit die Generierung von marktgerechten

3
Wertangeboten gewährleistet ist. Die sogenannte Resource-Based View of Marketing
untersucht daher die Wirkung der Marketingaktivitäten innerhalb der Kernprozesse New
Product Development (NPD), Supply Chain Management (SCM) und Customer Relationship
Management (CRM). Die zentrale Frage lautet deshalb: Welche Rolle spielt das Marketing
bei der Entwicklung von komparativen Ressourcenvorteilen und bei der Gestaltung der drei
Kernprozesse? Dieses umfassende und modifizierte Marketingverständnis wird in der Arbeit
als Kompetenzorientiertes Marketing bezeichnet.
Im Kompetenzorientierten Marketing kommt der Versuch zum Ausdruck, eine erweitertes
und umfassenderes Marketingverständnis zu schaffen. Das bisherige Marketingverständnis
mit seiner Markt-, Wettbewerbs- und Umweltorientierung wird um eine Beziehungs-,
Ressourcen- und Prozessorientierung ergänzt. Das Kompetenzorientierte Marketing stellt
einen weiteren Entwicklungsschritt in Richtung eines sich neu abzeichnenden
Marketingparadigmas dar, welches sich aus verschiedenen Marketingströmungen der
vergangenen Jahrzehnte zusammensetzt und langsam Gestalt annimmt. Dieses Paradigma
fokussiert auf Kunden, Ressourcen, (Kern-)Kompetenzen, Prozesse, Beziehungen, Netzwerke
etc. und kann als notwendige Weiterentwicklung des Marketing in einem sich ständig und
tiefgreifend verändernden hyperkompetitiven Umfeld betrachtet werden. Es dient zudem der
Ablösung des alten, transaktionsorientierten, funktionalen und reaktiven
Marketingverständnisses. Das Marketing-Management der Zukunft konzentriert sich auf
Wertschöpfungsprozesse zur Generierung von Customer Value und nicht zuletzt auf
Shareholder Value. Dabei beschäftigt es sich mit der Identifikation und Beschaffung von
strategisch wichtigen Ressourcen, der Umsetzung von Ressourcen in Wettbewerbsvorteile
sowie dem Aufbau und der Weiterentwicklung von (Kern-)Kompetenzen. Sein
Wirkungsbereich durchdringt sämtliche Unternehmensebenen und Phasen der
Wertschöpfungsprozesse.
Aus dem Kompetenzorientierten Marketing lassen sich auch Implikationen für die Praxis
ableiten, und zwar in dem Sinne, dass sich Marketing-Manager von alten Vorstellungen lösen
müssen, um die funktionsübergreifende Rolle des Marketing innerhalb der Kernprozesse zu
verstehen. Die Notwendigkeit des Wechsels zu einem neuen (mentalen) Marketingverständnis
zeichnet sich anhand dieses Rollenverständnisses immer deutlicher ab. Aufgrund dieser
Überlegungen erscheint es wichtig, das neue Marketingverständnis zukünftig durch weitere
Forschungsanstrengungen zu komplettieren, damit es den Weg in Richtung eines neuen
Marketingparadigmas schrittweise ebnen kann.

4
1 Einleitung
Die evolutionäre Entwicklung der Marketinglehre hat während den vergangenen Jahrzehnten
dazu beigetragen, dass sich das Marketing von einem funktionsorientierten Verständnis zu
einer umfassenden und funktionsübergreifenden markt-, wettbewerbs- und umweltorientierten
Denkhaltung (Business Philosophy) gewandelt hat. Dies hat auch gleichzeitig zu einer
Annäherung zwischen Marketing- und Managementkonzepten geführt. Das Marketing
beeinflusste die Entwicklung der Managementlehre durch das Marketing-Konzept, die
Segmentierung, Zielmarktauswahl und Positionierung, die Definition der strategischen
Geschäftseinheiten (SGE) und den Produktlebenszyklus. Auf der anderen Seite prägte die
Managementlehre die möglichen Inhalte der Marketinglehre (Marketingpolitiken),
beispielsweise durch die Evaluierung und Selektion von Produkt-Markt-Kombinationen und
deren organisatorische Verankerung in der Unternehmung.
1
Die inhaltlichen Aspekte des
Managements beziehungsweise der Unternehmensführung entwickelten sich über mehrere
Phasen in Form einer Theorie der Unternehmenspolitik (Theory of Strategy). Diese
beschäftigt sich vordergründig damit, wie eine Unternehmung ihre Wettbewerbsposition
durch die Gestaltung der Strategie
2
gegenüber den Wettbewerbern nachhaltig verteidigen und
dadurch Erfolg erzielen kann. In der Perspektive des Aufbaus nachhaltiger
Wettbewerbsvorteile entwickelten sich ab den 80er Jahren zwei herausragende Ansätze, und
zwar die Market-Based View und die Resource-Based View.
3
Während die Market-Based
View das Marketing vor allem durch die Branchenanalyse und das Konzept der
Wettbewerbsstrategien bereichert hat, wurde der Resource-Based View innerhalb der
Marketinglehre bis vor kurzem noch bemerkenswert wenig Aufmerksamkeit geschenkt,
obwohl im Gegensatz dazu die Resource-Based View in der Managementlehre sehr breite
Anwendung findet.
4
11 Problemstellung
Die Dynamik der 50er und 60er Jahre war vor allem durch ein kontinuierliches Wachstum
geprägt, während sich seit den 70er Jahren und verstärkt seit den 80er Jahren Dynamikmuster
abzuzeichnen begannen, welche einen vermehrt diskontinuierlichen Charakter aufwiesen.
1
vgl. Wehrli 2002, o.S.
2
Der Begriff Strategie bezeichnet die langfristige Vorgehensweise zur Erreichung der Unternehmensziele.
3
vgl. Rühli 1996b, S. 79-80
4
vgl. Srivastava/Fahey/Christensen 2001, S. 778

5
Diese Entwicklung kann beispielweise durch eine gesteigerte Wettbewerbsintensität, das
Verfließen von Branchengrenzen, raschen technologischen Fortschritt, zunehmende
Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft, die Beseitigung von bestehenden
Wettbewerbshemmnissen, neue Organisationsformen (Kooperationen, Netzwerke) und eine
allgemeine Beschleunigung des Lebensrhythmus charakterisiert werden.
5
Diese umwälzenden
Veränderungen der Umwelt und der Märkte werden im sogenannten Konzept des
Hyperwettbewerbs behandelt. Der Hyperwettbewerb wird als eine neue Stufe in der
Dynamisierung von Märkten angesehen. Erarbeitete Wettbewerbsvorteile sind kaum mehr
nachhaltig verteidigbar, sondern sie werden von den Konkurrenten angegriffen und in der
Folge zerstört.
6
Unternehmungen müssen sich also darauf einstellen, dass der einzig
dauerhafte Wettbewerbsvorteil aus der Fähigkeit resultiert, kontinuierlich und unablässig neue
Vorteile gegenüber den Wettbewerbern aufzubauen.
7
Ausgangspunkt der Resource-Based View ist ebenfalls die Dynamisierung des Wettbewerbs
und eine immer stärkere Beschleunigung der Marktlebenszyklen. Sie unterscheidet sich von
der Market-Based View insofern, als dass der Bedarf an Ressourcen nicht mehr von der
Positionierung im Markt abgeleitet wird, sondern das primär Ressourcen ausgewählt und so
miteinander kombiniert werden, dass die Unternehmung eine möglichst günstige
Marktpositionierung erreichen kann. Durch die Einzigartigkeit solcher Ressourcenbündel
(Kompetenzen), können nachhaltig verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile entstehen,
sofern diese nicht durch die Konkurrenten nachgeahmt werden können (Kernkompetenzen).
Die sogenannten Kernkompetenzen führen aber nur dann zu Wettbewerbsvorteilen, wenn die
daraus resultierenden Produkte vom Kunden wertgeschätzt werden und im Vergleich zur
Konkurrenz zu differenzierenden Leistungen führen.
8
Unternehmungen, die echte
Kernkompetenzen besitzen, sind in der Lage, daraus eine Reihe von Produkten herzustellen
und zugleich verschiedene Märkte zu bedienen. Solche Unternehmen reagieren nicht nur auf
Kundenwünsche, sondern sie haben die außerordentliche Fähigkeit, neue Märkte zu gestalten
und Produkte zu kreieren, von welchen die Kunden noch gar keine Vorstellung haben.
9
Ihr
Vorgehen hat proaktiven Charakter, und dies befähigt sie zudem, sich sehr rasch auf die sich
verändernden Kundenwünsche einzustellen.
Die Resource-Based View beziehungsweise der ressourcenorientierte Ansatz wurde aber auch
immer wieder kritisiert. Es wurde argumentiert, dass er die Existenz von strategischen
5
vgl. Koruna 1998, S. 83
6
vgl. Schreyögg 1999, S. 392-393
7
vgl. D'Aveni/Gunther 1994, S. 31
8
vgl. Rühli 1995, S. 94-95
9
vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 80

6
Ressourcen schlicht voraussetze, er aber in keiner Weise erklären könne, wie es zu einem
solchen Wertschöpfungsprozess gekommen sei. Deshalb sei der ressourcenorientierte Ansatz
bloß eine strategische Theorie der Wertaneignung, aber nicht der Wertschaffung.
10
An dieser Stelle setzt das Marketing ein. Marketing hat einen dynamischen und prozessualen
Charakter, welcher beispielsweise in der folgenden Definition zum Ausdruck kommt:
,,Marketing ist der Planungs- und Durchführungsprozess der Konzipierung, Preisfindung,
Förderung und Verbreitung von Ideen, Waren und Dienstleistungen, um Austauschprozesse
zur Zufriedenstellung individueller und organisationeller Ziele herbeizuführen"
11
. Der Erfolg
einer Unternehmung hängt also nicht nur vom Besitz von strategischen Ressourcen ab,
sondern der Transformation von Ressourcenvorsprüngen in Wettbewerbsvorteile kommt eine
ebenso große Bedeutung zu. Marketingfähigkeiten haben in diesem Sinne ergänzenden
Charakter, wenn es darum geht, strategisch bedeutsame Ressourcen in Wettbewerbsvorteile
aus der Sicht des Kunden zu verwandeln. Damit diese Wettbewerbsvorteile auch dauerhaft
aufrechterhalten werden können, benötigt eine Unternehmung neben innengerichteten
Ressourcen und Kompetenzen auch eine Außenorientierung, welche es ihr ermöglicht, sich an
den marktlichen Erfordernissen auszurichten, diese zu antizipieren und dauerhafte
Beziehungen aufzubauen.
12
Nur auf dieser Grundlage können Ressourcen aufgebaut werden,
welche den veränderten marktlichen Anforderungen entsprechen oder eine proaktive
Veränderung von Märkten ermöglichen. Dem Marketing kommt dabei die Kernaufgabe zu,
eine Verbindung zwischen den Ressourcen und Kompetenzen einer Unternehmung sowie den
Marktbedürfnissen, mit denen sie sich konfrontiert sieht, zu schaffen.
13
Mit anderen Worten
spielt das Marketing eine kritische Rolle beim Aufbau von Ressourcen, bei der Ausschöpfung
und Weiterentwicklung von (Kern-)Kompetenzen (organisationales Lernen)
14
und bei der
Kreation von marktgerechten Wertangeboten. Die sogenannte Resource-Based View of
Marketing betrachtet daher die Wirkung der Marketingaktivitäten innerhalb der
Wertschöpfungsprozesse und insbesondere der Kernprozesse New Product Development
(NPD), Supply Chain Management (SCM) und Customer Relationship Management
(CRM).
15
Aufgrund dieser Betrachtungen und angesichts der zunehmenden Dynamik und Komplexität
der Markt- und Umweltbedingungen wird zunehmend die Forderung laut, Marketing mit
10
vgl. Schreyögg 1999, S. 402-403
11
Kotler/Bliemel 2001, S. 25
12
vgl. Jenner 1999, S. 245, zit. nach: Day 1994, S. 40
13
vgl. Freiling 2000, S. 163
14
vgl. Lei/Hitt/Bettis 1996, S. 550
15
vgl. Srivastava/Bhargava/Ramaswami 2003, S. 31-32

7
seiner charakteristischen Outside-in-Perspektive (Marktorientierung) um eine auf
Kernkompetenzen ausgerichtete Inside-out-Perspektive (Ressourcenorientierung) zu ergänzen
sowie das transaktionsdominierte Verständnis des Marketing durch ein Relationship
Marketing abzulösen.
16
Aus dieser modifizierten Marketingsicht steht dabei die Überzeugung
im Vordergrund, dass die langfristige Ausrichtung auf Kernkompetenzen einerseits eine zu
starke Abhängigkeit der Unternehmung gegenüber seiner Umwelt verhindern kann und dass
andererseits Marktchancen kurzfristig genutzt werden können.
17
In diesem Zusammenhang
kann Marketing als eine funktionsübergreifende Tätigkeit und Denkhaltung angesehen
werden. Dabei durchdringt es die intra- und interorganisationalen Wertschöpfungsprozesse
der Unternehmung und deren Geschäftspartner sowie sämtliche Ebenen der
Unternehmenshierarchie durch eine Marketingkultur, Marketingstrategie und
Marketingtaktik.
18
Dieses umfassende und modifizierte Marketingverständnis wird in der
Arbeit als Kompetenzorientiertes Marketing bezeichnet: ,,It is in a "front-of-the-pipe" position
in competence building and leveraging concerning the integration of assets from markets,
especially with regard to information. There is a "middle-of-the-pipe" situation concerning
participation in the process of competence deployment and strategic decision making as well.
Moreover, marketing is in an "end-of-the-pipe" position because of the important role to
apply competence-based competitive advantages to markets and to convert supplier
advantages into customer advantages."
19
Der größte Teil der Marketingliteratur richtet seine Aufmerksamkeit auf eine externe
Orientierung, das heißt er richtet seinen Fokus auf das marktliche Umfeld, die
Kundenbedürfnisse und das Verhalten der Konkurrenten. Einer internen Orientierung an den
eigenen Ressourcen, Kompetenzen und Kernkompetenzen sowie dem Versuch, diese zu
identifizieren und durch Wertschöpfungsprozesse in marktgerechte Leistungen zu
transformieren, wurden bis jetzt nur wenig Beachtung geschenkt.
20
Erste Beiträge, welche die
Resource-Based View und Marketing zusammenführten, kamen von den Autoren Webster
21
,
Day
22
und Hunt
23
. Weitere Beiträge stammen von Srivastava, Shervani und Fahey
24
. Diese
wissenschaftlichen Artikel verfolgen die Absicht, einerseits die Ressourcen von
marktorientierten Unternehmen genauer zu betrachten und andererseits die Rolle des
16
vgl. Meffert 1999, S. 410
17
vgl. Jüttner 1994, S. 77
18
vgl. Hooley et al. 1999, S. 261-262
19
Freiling 2000, S. 173-174
20
vgl. Hooley et al. 2001a, S. 505
21
vgl. Webster 1992, S. 1-17
22
vgl. Day 1994, S. 37-52
23
vgl. Hunt/Morgan 1995, S. 1-15
24
vgl. Srivastava/Shervani/Fahey 1999, S. 168-179

8
Marketing bei der Umwandlung von Ressourcen in Wettbewerbsvorteile zu untersuchen.
Neuere Beiträge von Hooley et al.
25
, Srivastava, Fahey und Christensen
26
sowie von
Srivastava, Bhargava und Ramaswami
27
arbeiten mit Frameworks
28
, um die Zusammenhänge
zwischen Ressourcen, Wertschöpfungsprozessen und Kundenwertgenerierung zu erklären.
Die erwähnten Autoren weisen darauf hin, dass zur Untersuchung der Verbindung zwischen
der Resource-Based View und dem Marketing zukünftig noch weitere, vertiefte Analysen
benötigt werden.
29
Die aktuellen Forschungsbemühungen können aus diesem Grunde als noch
,,relativ wenig ausgeprägt" bezeichnet werden. Daher präsentiert sich die Quellenlage als
noch nicht sehr umfangreich, wobei die relevantesten Artikel von einem kleinen Kreis von
Wirtschaftswissenschaftlern stammen. Diese Artikel sind in amerikanischen und europäischen
Business Journals zu finden. Ein wichtiger Beitrag neuesten Datums, in Form eines
sogenannten Working Papers, stammt vom Lehrstuhl Marketing der Universität Iowa. Bücher
aus dem Bereich Marketing und Management dienten als weitere, unterstützende Quellen. Die
Herausforderungen der vorliegenden Arbeit bestehen insbesondere darin, die Kernprinzipien
des ressourcenorientierten Ansatzes klar herauszustellen, dessen Beziehung zum Marketing
zu erläutern und folglich ein Kompetenzorientiertes Marketingverständnis zu entwickeln.
Zudem gilt es darauf hinzuweisen, dass trotz umfangreicher Literaturrecherchen
vergleichsweise wenig relevante Artikel zum Thema Resource-Based View of Marketing
gefunden werden konnten. Dies kann dazu führen, dass im Kapitel 4 punktuell vermehrt
Quellen zitiert werden, welche von einem kleinen Kreis von Autoren stammen.
Nichtsdestotrotz wird die Arbeit durch zahlreiche unterstützende Quellen ergänzt, wodurch
gewährleistet ist, dass qualitativ angemessene Literatur in gebührendem Umfang in die Arbeit
miteinfließt.
12 Zielsetzung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, durch das Zusammenführen des
ressourcenorientierten Ansatzes und des Marketing ein umfassendes, modifiziertes
Marketingverständnis zu entwickeln, das sogenannte Kompetenzorientierte Marketing. Die
Resource-Based View mit ihrer internen Perspektive und das Marketing mit seiner externen
25
vgl. Hooley et al. 2001a, S. 503-520
26
vgl. Srivastava/Fahey/Christensen 2001, S. 777-802
27
vgl. Srivastava/Bhargava/Ramaswami 2003, S. 1-52
28
Ein Framework (Bezugsrahmen) bezeichnet die theoriegestützte Konzeptionalisierung einer Problemstellung.
29
vgl. Barney 2001, S. 629

9
Perspektive komplettieren sich gegenseitig. Der Aufbau und die Ausschöpfung von
Ressourcen und (Kern-)Kompetenzen werden durch den ressourcenorientierten Ansatz nicht
erklärt, sondern diese werden nur als Voraussetzung für Wettbewerbsvorteile angesehen. Das
Marketing hingegen hat Prozesscharakter und versucht, im Sinne eines Transformators, die
Ressourcen und Kompetenzen in marktgerechte Wertangebote zu verwandeln, woraus
Wettbewerbsvorteile resultieren können. Durch die aus den Wertangeboten resultierenden
Erlöse können intern oder extern wiederum neue Ressourcen beschafft werden. Durch das
Zusammenführen der beiden Perspektiven wird die Rolle des Marketing während den inner-
und zwischenbetrieblichen Wertschöpfungsprozessen vertiefter untersucht. Weiter werden mit
Hilfe dieses modifizierten Marketingverständnisses aktuelle Forschungsergebnisse aus dem
Bereich des sogenannten Resource-Based beziehungsweise Competence-Based Marketing
diskutiert.
13 Vorgehensweise
Nach der Einleitung behandelt das Kapitel 2 die Entwicklung der Management- und
Marketinglehre, wobei darauf hingewiesen wird, dass beide Lehren im Verlaufe ihrer
Evolution sich gegenseitig angenähert und bereichert haben. Insbesondere werden die
Entwicklungsverläufe beider Disziplinen separat behandelt. Im Managementteil wird der
ressourcenorientierte Ansatz eingehender untersucht. Im Kapitel 3 werden das Marketing und
die Resource-Based View erstmals zusammengeführt, wodurch ein Kompetenzorientiertes
Marketingverständnis entwickelt werden soll, welches im nachfolgenden Kapitel 4 vertieft
behandelt wird. Einerseits wird die Rolle des Marketing im Rahmen des
ressourcenorientierten Ansatzes betrachtet. Andererseits werden Beiträge der Resource-Based
View für spezielle Marketingbereiche erläutert. Das Kapitel 4 bildet den wichtigsten Teil
dieser Arbeit. Anhand eines Modells wird das Kompetenzorientierte Marketing schrittweise
erklärt, wobei der Phase der Strategieumsetzung besondere Aufmerksamkeit zukommt. Im
abschließenden Kapitel 5 werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und kritisch
hinterfragt. Im Weiteren wird noch auf notwendige und ergänzende Untersuchungen
hingewiesen.

10
2 Die Entwicklung von Management und Marketing
Das betriebswirtschaftlichen Denken hat sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts in verschiedenen
Phasen weiterentwickelt. Viele Wandlungen sind auf die fortschreitenden wissenschaftlichen
Erkenntnisse zurückzuführen, während andere durch konkrete Anwendungen in der
betrieblichen Praxis induziert wurden. Aber auch die sich immer rascher verändernden
Umwelt- und Marktbedingungen haben dazu beigetragen, dass betriebswirtschaftliche
Disziplinen, wie zum Beispiel das Marketing und das Management, stetigen Veränderungen
unterworfen sind. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte haben diese beiden Disziplinen eine
Entwicklung durchgemacht, bei welcher immer mehr Überschneidungen festgestellt werden
konnten.
30
Das Marketing wandelte sich von der Funktion des reinen Absatzhandelns hin zu
einer funktionsübergreifenden, marktorientierten Denkhaltung. Das Management hat sich
seinerseits dazu bekennen müssen, dass Führung nicht einfach der Führung willen zu erfolgen
hat, sondern dass es darum geht, eine marktorientierte Organisation zu gestalten.
Die Abbildung 1 veranschaulicht die konvergente Entwicklung der Marketing- und
Managementlehre sowie deren weitere Entwicklungsphasen bis zum heutigen Zeitpunkt. In
den nachfolgenden Kapiteln 21 und 22 wird detailliert darauf eingegangen.
Abb. 1: Entwicklungsphasen der Management- und Marketinglehre (in Anlehnung an Rühli/Wehrli 1986, S. 14)
30
vgl. Rühli/Wehrli 1986, S. 10

11
21 Entwicklung der Managementlehre
Management wird zum einen als Institution und zum anderen als Komplex von Aufgaben
verstanden, die zur Steuerung eines Systems (z. B. Unternehmung) erfüllt werden müssen.
Erstes meint die Gruppe von Personen, die in Organisationen mit Anweisungsbefugnis betraut
sind. Zweites bezieht sich auf diejenigen Handlungen, die der Steuerung des
Leistungsprozesses dienen, wie Planen, Organisieren, Personal einsetzen, Durchführen und
Kontrollieren. Die Managementfunktionen durchdringen dabei alle originären betrieblichen
Funktionen, wie beispielsweise die Beschaffung, die Produktion und das Marketing, wodurch
diese auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet werden sollen. Anders ausgedrückt ist
Management ein Komplex von Steuerungsaufgaben, die bei der Erstellung und Sicherung der
Leistung in arbeitsteiligen Systemen erbracht werden müssen.
31
Management wird im
deutschsprachigen Raum meist mit Führung übersetzt. Diese beiden Begriffe können jedoch
wie folgt unterschieden werden: Ein Management liegt vor, wenn die Führung professionell
erfolgt. Nach dieser Definition ist es möglich, dass es in einem Unternehmen wohl eine
Führung, nicht aber ein Management gibt.
32
In dieser Arbeit werden die Begriffe Management
und Führung jedoch synonym verwendet.
Die ab zirka 1900 bis heute erschienenen zahlreichen Beiträge zur Managementlehre können
in drei Hauptentwicklungen unterteilt werden, und zwar in eine führungstechnische,
anthropozentrische und inhaltliche.
33
Die führungstechnische Denkrichtung stellt die strukturellen und prozessualen Aspekte in den
Vordergrund. Beim strukturellen Aspekt geht es hauptsächlich um Diskussion der Corporate
Governance. In einer engen Interpretation versteht man darunter die Leitungsorganisation
einer Unternehmung (Gesellschaftsorgane, Geschäftsleitung). In einem erweiterten
Verständnis werden darunter sämtliche Regelungen der Zuständigkeits-, Macht-, Anspruchs-
und Kontrollverhältnisse auf der obersten Unternehmensebene verstanden. Dabei werden
auch die Rollen und Stellungen der Eigentümer und deren Eigentumsrechte (Property
Rights)
34
sowie weitere wichtige Stakeholder in die Betrachtung miteinbezogen.
35
Beim
prozessualen Aspekt geht es um Entwicklungs- und multipersonale Problemlösungsprozesse,
welche mögliche Erklärungsmuster für den unternehmerischen Erfolg liefern sollen.
31
vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 5-11
32
vgl. Kirsch 1997, S. 149
33
vgl. Rühli 1996b, S. 70-71
34
vgl. Picot/Dietl/Franck 2002, S. 55
35
vgl. Rühli/Sachs 1998, S. 16

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Wesentlich für eine nachhaltig verteidigungsfähige Wettbewerbsposition erscheint die
dynamische Dimension der Prozesstheorie, wobei vor allem die Auswirkungen folgender
Prozesse untersucht werden:
die Transformations- und Evolutionsprozesse von Unternehmensstrategien im Zeitablauf
und vor dem Hintergrund von Markt- und Umweltveränderungen,
der Prozess der Entwicklung, Anpassung und Umsetzung einer Unternehmensstrategie,
der Steuerungsprozess auf Geschäftsleitungsebene sowie
die problembezogenen Prozesse (Issues) etwa von Kooperationen, Fusionen oder der
Globalisierung.
Neben den führungstechnischen Ansätzen der Managementlehre lassen sich auch
anthropozentrische beziehungsweise menschenbezogene erkennen. Diese werden in der
sogenannten Behavioral Theory behandelt, wobei diese stark von der soziologischen und
psychologischen Forschung beeinflusst wird. Der strategische Erfolg einer Unternehmung soll
aus dem Zusammenwirken von verschiedenen menschlichen Fähigkeiten (Intelligenz,
Belastbarkeit etc.) resultieren. Auch die Interaktionen zwischen den Menschen in einer
Unternehmung werden untersucht (Rollentheorie). Dabei stellt sich beispielsweise die Frage,
ob in gewissen Situationen eine charismatische Leaderfigur oder eine eher sachbezogene
Managerfigur gebraucht würde. Weiter wird das Phänomen der Unternehmenskultur
untersucht, welche durch gemeinsame Werte, Normen und Wissensbestände das Verhalten
der Menschen beeinflussen soll. Als weitere mögliche Erfolgsfaktoren innerhalb des
behavioristischen Ansatzes können das organisationale Lernen und die Humanressourcen
genannt werden. Sämtliche erwähnten Faktoren sollen wesentlich zum strategischen Erfolg
einer Unternehmung im Wettbewerb beitragen.
36
Die dritte Hauptentwicklung der Managementlehre befasst sich mit den inhaltlichen Aspekten
der Unternehmensführung. In einer ersten Phase vor 1960 ging es darum, die funktionalen
Tätigkeiten einer Unternehmung ganzheitlich zu koordinieren und zu integrieren. Durch die
Gestaltung eines ,,bewussten" strategischen Management sollte im Vergleich zur Konkurrenz,
ein nachhaltiger Erfolg erzielt werden. In den 60er Jahren stand die Idee des sogenannten
Market-Fit als Erfolgsfaktor im Mittelpunkt der Diskussion. Dabei ging es um die Frage,
welche Produkt-Markt-Kombination den jeweiligen marktlichen Gegebenheiten am besten
entsprechen würde. Damit wurde erstmals auch die Außenwelt in die unternehmerische
36
vgl. Sachs 1995, S. 248

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Sichtweise miteinbezogen. Mitte der 60er Jahre entstand das SWOT-Konzept
37
, welchem im
Gegensatz zum Market-Fit-Konzept ein erweiterter Strategiebegriff zugrunde liegt. Das
Konzept bildet den Ausgangspunkt (Situationsanalyse) des strategischen Planungsprozesses
für die Geschäftseinheiten einer Unternehmung. Dieser setzt sich aus einer Situationsanalyse,
Zielen, Strategien, operativen Maßnahmen und Kontrollen zusammen und ist ein fester
Bestandteil des Strategischen Managements.
38
Eine sehr wichtige Erkenntnis ergab sich in den 70er Jahren durch die Entdeckung der Lern-
und Erfahrungskurveneffekte.
39
Das Lern- beziehungsweise Erfahrungskurvenmodell besagt
Folgendes: ,,Mit jeder Verdoppelung der kumulierten Ausbringungsmenge (x) sinken die auf
den Wertschöpfungsanteil bezogenen und inflationsbereinigten Stückkosten (k) eines
Produkts potenziell um einen konstanten Prozentsatz von 20-30 %."
40
Mit anderen Worten
bedeutet dies, dass hohe Marktanteile im Vergleich zu tieferen Marktanteilen zu Mengen- und
in der Folge zu Kosten- und Lernvorteilen führen können. In diesem Zusammenhang werden
auch immer wieder die bekannten Economies of Scale respektive die
Betriebsgrößenersparnisse erwähnt. ,,Betriebsgrößenersparnisse liegen vor, wenn die
Stückkosten eines Produkts (oder einer Operation oder Funktion, die in die Herstellung des
Produkts eingeht) bei steigender absoluter Menge pro Zeiteinheit sinken."
41
Auf dieser
Grundlage entstand auch das Portfolio-Konzept, welches ein ausgewogenes Portfolio an
Produktlinien und strategischen Geschäftsfeldern als erfolgsversprechend ansieht.
Ertragsstarke Geschäftsfelder sollen die aufstrebenden Geschäftsfelder finanzieren, um
langfristig eine starke Wettbewerbsposition der Gesamtunternehmung zu gewährleisten.
42
Dabei geht man von der Annahme aus, dass das Marktrisiko für Geschäftsfelder mit
zunehmendem Marktanteil und Marktwachstum sinkt.
43
Im Verlaufe der 80er und 90er Jahre entwickelten sich zwei beziehungsweise drei
dominierende Ansätze. Als erster Ansatz bildete sich die sogenannte Market-Based View of
Strategy, welche insbesondere durch Porter vertreten wurde. Sie besagt, dass der strategische
Erfolg einer Unternehmung auf der einen Seite durch die Branchenstruktur und auf der
anderen Seite durch das strategische Verhalten determiniert sei. Als Gegenstück dazu entstand
die Resource-Based View of Strategy, welche den strategischen Erfolg auf ein einzigartiges
Set von Ressourcen im Vergleich zur Konkurrenz zurückführt. Das organisationale Lernen
37
SWOT ist die englische Abkürzung für Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats.
38
vgl. Jüttner 1994, S. 24
39
vgl. Rühli 1996c, S. 393
40
Wolfrum 1994, S. 207
41
Porter 1999, S. 37-38
42
vgl. Rühli 1996b, S. 80
43
vgl. Wehrli 2002, o.S.

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spielt dabei eine wichtige Rolle. Es wird als die Fähigkeit bezeichnet, die Ressourcen und
(Kern-)Kompetenzen weiterzuentwickeln, damit diese auch in einem sich rasch verändernden
Umfeld nachhaltig verteidigungsfähige Wettbewerbvorteile generieren können.
44
Der dritte
Ansatz wird als Society-Based View of Strategy bezeichnet. In ihm kommt zum Ausdruck,
dass die Unternehmung nicht nur ins Wirtschaftssystem, sondern gleichzeitig auch ins
Gesellschafts- und Ökosystem eingebunden ist. Eine Unternehmung sollte neben der
Schaffung von Shareholder Value auch auf die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse
eingehen sowie Rücksicht auf die natürlichen Grundlagen der Umwelt nehmen. Werden diese
Absichten verfolgt, so werden die Handlungen einer Unternehmung durch wirtschaftliche,
gesellschaftliche und ökologische Anspruchsgruppen eher akzeptiert, was langfristig zu mehr
Erfolg im Wettbewerb führen soll.
45
Die Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Strukturierung der heutigen Strategietheorie,
wobei die zuvor beschriebenen strukturellen und prozessualen, menschenbezogenen sowie
inhaltlichen Aspekte gegenübergestellt werden. Sämtliche Aspekte beschäftigen sich mit der
Frage, weshalb Unternehmungen unter ähnlichen Markt- und Umweltbedingungen
unterschiedlich erfolgreich sind.
44
vgl. Rühli 1996b, S. 81
45
vgl. Sachs 1995, S. 249-250

15
Abb. 2: Strukturierung der Strategietheorie-Ansätze (Sachs 1995, S. 247)
Im Zuge der Resource-Based View und der Prozessforschung stellt man sich vermehrt die
Frage nach dem Ort und der Bezugseinheit des strategischen Vorgehens. Die
Strategietheorieforschung hat über lange Zeit die einzelne Unternehmung in den Mittelpunkt
des Interessens gestellt. Die erst seit den 90er Jahren geführte Diskussion über strategische
Kooperationen und Netzwerke verschiebt das Problem des Strategiezentrums auf eine
überbetriebliche Ebene. Dadurch entstehen neue, kollektive Strategien. Diese beschäftigen
sich mit Fragen von Differenzierungs- und Kostenvorteilen, welche durch eine
Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen erreicht werden können. Weiter werden in
Kooperationen und Netzwerken durch organisationale Lernprozesse innerhalb spezieller
Konfigurationen von Beziehungen Ressourcen und Kompetenzen aufgebaut, welche im Sinne
des ressourcenorientierten Ansatzes nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren können. Der
bisherige Fokus des Strategischen Managements wird durch die Netzwerkdebatte relativiert.

16
Daher wird die Entwicklung eines Strategischen Netzwerkmanagements sowie einer Theorie
der Netzwerkstrategien gefordert.
46
211 Die Market-Based View
Die Market-Based View knüpft an den Strategiebegriff der Harvard-Schule an, wonach
Strategie als ein ,,pattern of purposes and policies defining the company and its business"
47
bezeichnet werden kann. Für Porter ist die Strategie ein Instrument dafür, ,,ein Unternehmen
in Bezug zu seinem Umfeld zu setzen. (...) Für ein Unternehmen innerhalb der Branche liegt
der Zweck einer Wettbewerbsstrategie darin, eine Position zu finden, in der es sich am besten
gegen Wettbewerbskräfte schützen oder sie zu seinen Gunsten beeinflussen kann."
48
Die Idee
von der Strategie, als eine von der Unternehmung beabsichtigte Position, leitet sich aus dem
sogenannten SCP-Paradigma im Rahmen der industrieökonomischen Forschung ab. Es
postuliert einen Zusammenhang zwischen der Struktur der Branche (Industry Structure), den
gewählten Grundstrategien der einzelnen Geschäftseinheiten (Conduct) und dem daraus
resultierenden Erfolg für die Unternehmung (Performance).
49
Die Performance
beziehungsweise die Profite sollen das Resultat der Marktmacht des Unternehmens
(Monopolrenten)
50
sein, welche aus dem Aufbau von Markteintritts- und Mobilitätsbarrieren
resultieren. Je geringer dabei die Wettbewerbsintensität innerhalb einer Branche ist, desto
einfacher ist die Abschöpfung von Monopolrenten. Daher sollte eine Unternehmung das Ziel
verfolgen, in Branchen mit niedriger Wettbewerbsintensität zu wirtschaften respektive diese
durch eigenes Zutun zu vermindern. Die Wettbewerbsintensität wird dabei durch fünf
Wettbewerbskräfte bestimmt:
die Bedrohung durch neue Konkurrenten,
das Ausmaß der Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern,
die Bedrohung durch Substitutionsprodukte,
die Verhandlungsmacht der Abnehmer sowie
die Verhandlungsmacht der Lieferanten.
46
vgl. Schreyögg 1999, S. 403-404
47
Andews 1987, S. 21, zit. in: Koruna 1998, S. 12
48
Porter 1999, S. 33-34
49
vgl. Rühli 1996b, S. 80-81
50
Monopolrenten resultieren beispielsweise aus Grössenvorteilen, Produktdifferenzierungen, Technologien, etc.

17
Diese fünf Faktoren bestimmen maßgeblich den nachhaltigen Erfolg einer Unternehmung.
Weiter wird der unternehmerische Erfolg durch die verfolgte generische Wettbewerbsstrategie
beeinflusst. Es stehen die Kostenführerschaft, die Differenzierung und die Konzentration auf
Schwerpunkte zur Verfügung. Innerhalb der Konzentrationsstrategie kann entweder die
Kostenführerschaft oder die Differenzierung angestrebt werden.
51
Das Konzept der
Wettbewerbsstrategien geht von einer prinzipiellen Unvereinbarkeit der Kostenführerschafts-
und Differenzierungsstrategie aus. Dies wird damit begründet, dass unterschiedliche
Strategietypen in der Regel einander widersprechende Aktivitäten erfordern (Trade-offs).
52
Porter hat sein ursprüngliches Konzept der Wettbewerbsstrategien noch um die Konzepte der
Corporate Strategy und der Competitiveness of Nations erweitert, um nachhaltig
verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile zu erklären. Corporate Strategy beschreibt
verschiedene Strategietypen
53
mit dem Fokus auf die Gesamtunternehmung, während
Competitiveness of Nations verschiedene länderspezifische Faktoren
54
in die Betrachtung
miteinbezieht.
55
212 Die Resource-Based View
Das Aufkommen des ressourcenorientierten Ansatzes leitete einen Paradigmawechsel in der
Strategietheorie ein. Er lässt sich als Gegenkonzept zu den marktorientierten Ansätzen der
70er und 80er Jahre verstehen.
56
,,Grundlegend unterscheidet sich der Ressourcenansatz von
der marktorientierten Sicht dadurch, dass nicht mehr der Bedarf an Ressourcen von der
Positionierung im Markt abgeleitet wird, sondern dass primär Ressourcenpotenziale aufgebaut
werden, die nachher eine günstige Positionierung im Markt erlauben. Der Denkprozess wird
also umgekehrt!"
57
Die Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang zwischen der Selektion von
Ressourcen, dem Aufbau von Kompetenzen, der Entwicklung von Kernkompetenzen und
dem strategischen Erfolg.
51
vgl. Koruna 1998, S. 13-14
52
vgl. Porter 1996, S. 69
53
Portfoliomanagement, Sanierung/Restrukturierung, Know-how-Transfer, Aufgabenzentralisierung
54
Ressourcenangebot, Nachfrage, verwandte und unterstützende Branchen, Branchenstruktur und Rivalitäten
55
vgl. Porter 1991, S. 99-115
56
vgl. Jüttner 1994, S. 30
57
Rühli 1995, S. 94

18
Abb. 3: Zusammenhang des ressourcenorientierten Ansatzes (in Anlehnung an Rühli 1995, S. 95)
Die Selektion der Ressourcen wird entscheidend von der absorptiven Kapazität der beteiligten
Organisationsmitglieder mitbestimmt. Darunter versteht man die Fähigkeit, den Wert von
neuen Informationen zu erkennen, zu bewerten und zu assimilieren. Diese Fähigkeit wird von
den Organisationsmitgliedern durch firmenspezifische Lernprozesse in speziellen
Konfigurationen von Beziehungen aufgebaut. Bestehende Informationsasymmetrien auf
Ressourcenmärkten resultieren im Endeffekt aus den unterschiedlichen absorptiven
Kapazitäten der verschiedenen Marktteilnehmer. Das bereits vorhandene, spezifische
Hintergrundwissen einer Unternehmung entscheidet daher maßgeblich über das relevante
Wissen, welches neu erworben werden muss.
58
Mit Hilfe dieses Wissens beschafft sich die
Unternehmung die benötigten Ressourcen auf den Faktormärkten (Arbeitsmärkte,
Finanzmärkte etc.). Die Ressourcen werden in der Folge akkumuliert und in die
unternehmerischen Wertschöpfungsprozesse integriert. Daraus entstehen einzigartige
Ressourcenbündel (Kompetenzen), welche in diversen Formen zum Ausdruck kommen.
,,Competence is the ability of an organization to sustain coordinated deployment of resources
58
vgl. Koruna 1998, S. 30-31

19
in ways that promise to help that organization to achieve its goals."
59
Unterschieden wird
dabei in erster Linie zwischen materiellen und immateriellen Aktiven (Assets).
60
Unter
materiellen Aktiven versteht man allgemein Anlagevermögen (Maschinen, Immobilien,
Grundstücke etc.). Im Gegensatz dazu sind immaterielle Aktiven wie zum Beispiel Marken,
Kundenbeziehungen, technologische Fähigkeiten, Patente, Lizenzen, Datenbanken, Prozesse
etc. nicht physisch erfassbar.
61
Sie sind in jeder Unternehmung in einer kaum überschaubaren
Anzahl vorhanden.
Mögliche Wettbewerbsvorteile, welche aus den Aktiven respektive Kompetenzen einer
Unternehmung resultieren, können jedoch von der Konkurrenz nachgeahmt werden, wodurch
die Vorteile ,,wegerodiert" werden. Eine Kompetenz kann nur dann als Kernkompetenz (Core
Competence)
62
bezeichnet werden, wenn diese folgende Kriterien erfüllt:
sie darf nur in wenigen Unternehmen vorhanden sein (Knappheit),
sie muss einen Kundennutzen generieren können (Kundenwertschätzung),
sie darf von der Konkurrenz nicht nachgeahmt werden können (Nicht-Imitierbarkeit),
sie darf nicht durch andere Fähigkeiten der Konkurrenz ersetzt werden können (Nicht-
Substituierbarkeit),
sie muss räumlich immobil sein (Nicht-Transferierbarkeit) und
sie muss innerhalb einer speziellen Konfiguration von Beziehungen (Abteilung,
Unternehmen, Netzwerk etc.) einen einzigartigen Nutzen stiften können (organisatorische
Spezifität).
Aus der Erfüllung dieser Kriterien resultiert eine nachhaltige Verteidigungsfähigkeit der
Kernkompetenzen gegenüber den Wettbewerbern. Weiter kann die Verteidigungsfähigkeit
auch auf anderen Faktoren beruhen. Beispielsweise können die Kernkompetenzen derart
komplex aufgebaut sein oder auf verborgenem beziehungsweise nicht-artikulierbarem Wissen
basieren, wodurch die Konkurrenten nicht in der Lage sind, diese zu verstehen.
63
Kernkompetenzen haben weiter die Eigenschaft, dass sie in verschiedenen Produkten und
Märkten zur Anwendung gelangen können. In diesem Zusammenhang spricht man vor allem
von technologischen Kernkompetenzen. Insbesondere japanische Unternehmen wie zum
Beispiel Honda, Canon oder Sony verfügen über solche einzigartigen Fähigkeiten. Canon hat
59
Sanchez/Heene 1997, S. 9, zit. in: Durand/Bertrand 2000, S. 101
60
vgl. Rühli 1995, S. 94
61
vgl. Hooley 2001, S. 508
62
vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 80
63
vgl. Rühli 1995, S. 99

20
Kernkompetenzen in den Bereichen Feinmechanik, Feinoptik und Mikroelektronik. Diese
lassen sich wiederum zu Kernprodukten kombinieren (Schlüsselbauteile für Kopierer,
Digitalkameras etc.). Weiter bieten solche Kernprodukte eine breite Grundlage für
verschiedenste Produkte in diversen Geschäftsfeldern (Laserdrucker, Fotokopierer etc.).
64
Hinter dieser kompetenzorientierten Betrachtungsweise steht die Überzeugung, dass eine zu
starke Orientierung an Märkten und Kundenbedürfnissen keine stabile Basis für nachhaltigen
Erfolg darstellt, da sich die Bedürfnisse rasch verändern können. Durch eine Orientierung an
Ressourcen und Kompetenzen soll die Abhängigkeit der Unternehmung von der Dynamik des
wirtschaftlichen Umfeldes verringert werden. Das Konzept der Kernkompetenzen betont
damit die Synergien zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern und Produkten. Nicht mehr die
einzelnen Geschäftseinheiten stehen im Zentrum des Interesses, sondern ein Portfolio von
Kernkompetenzen, Kernprodukten und Geschäftseinheiten.
65
Diese Perspektive wird von
Prahalad und Hamel wie folgt veranschaulicht: ,,The diversified corporation is a large tree.
The trunk and major limbs are core products, the smaller branches are business units; the
leaves, flowers, and fruits are end products. The root system that provides nourishment,
sustenance, and stability is the core competence. You can miss the strength of a tree if you
look only at its leaves."
66
Die Resource-Based View hat den Fokus des Strategischen Managements erweitert. Bei der
Gestaltung von Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien muss neben einer Markt- und
Brachenanalyse auch eine umfassende Beurteilung der Ressourcen und (Kern-)Kompetenzen
vorgenommen werden. Beispielsweise sind Diversifikations- oder Kooperationsstrategien
auch immer unter dem Aspekt der Nutzung und Entwicklung der bestehenden und
zukünftigen Kernkompetenzen festzulegen. Weiter sollte bei der Organisation von
Unternehmungen darauf geachtet werden, dass die Kernkompetenzen durch eine
geschäftsfeldübergreifende Instanz aufgebaut, gepflegt und koordiniert werden, damit die
synergetischen Wirkungen möglichst optimal zur Entfaltung kommen können
(Kompetenzzentren). Insbesondere im Zuge des Hyperwettbewerbs hat ein
kompetenzorientiertes Management die Aufgabe, die Kernkompetenzen marktbezogen zu
gestalten und kontinuierlich weiterzuentwickeln, damit die daraus resultierenden Endprodukte
auch vom Markt akzeptiert werden. Andernfalls können auch Kernkompetenzen ,,veralten"
48
,
was zu sogenannten Core Rigidities (Kernstarrheiten) führt.
49
64
vgl. Rühli 1998, S. 39
65
vgl. Osterloh 1994, S. 50
66
Prahalad/Hamel 1990, S. 82
48
vgl. Helfat/Peteraf 2003, S. 997-1010
49
vgl. Rühli 1998, S. 39

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832476212
ISBN (Paperback)
9783838676210
DOI
10.3239/9783832476212
Dateigröße
985 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Zürich – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Januar)
Schlagworte
kernkompetenzen kernprozesse marketingtheorie marketingressourcen
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