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Entscheidungstatbestände und Entscheidungsalternativen eines Internationalen Branding

©1999 Studienarbeit 67 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Bedeutung des internationalen Branding will heutzutage niemand mehr bestreiten. Schließlich ist das geographische Wachstum fest in der Logik der Marke verankert, dient es doch ihrem Wachstum und dem Erhalt ihrer Wettbewerbsvorteile.
Mehr Schwierigkeiten bereitet jedoch die Frage nach der Ausgestaltung der internationalen Markenpolitik:
- Welche Strategie des geographischen Wachstums sollte gewählt werden?
- Sollte man sich für eine globale oder für eine multilokale Markenpolitik entscheiden?
- Inwieweit ist eine Standardisierung im internationalen Branding möglich, und wo muß man sich an länderspezifische Gegebenheiten anpassen?
- Welche Faktoren sind es, die das internationale Standardisierungspotential einer Marke beeinflussen?
- Und welche Bedeutung haben diese Erkenntnisse für die Ausgestaltung des Marketing-mix im internationalen Branding?
Alle diese Fragen müssen im Rahmen eines internationalen Branding geklärt werden.
In der Vergangenheit wurde ein echter Mythos um globale Marken wie Coca-Cola, Levi’s oder Marlboro geschaffen, und viele Markenartikelhersteller haben ihr internationales Branding in Anlehnung an diese Referenzbeispiele zu blauäugig angegangen. So wurde der im Heimatmarkt bewährte Marketingansatz standardisiert und blindlings auf andere Märkte übertragen. Das Ergebnis waren oftmals ausbleibende Umsätze, marginale Marktanteile und geringe Margen. Andere Unternehmen reagierten mit übertriebenen lokalen Anpassungen, doch auch hier war der Erfolg mangelhaft.
Ein generell gültiges Erfolgsrezept gibt es im internationalen Branding bis heute noch nicht. Vielmehr liegt der Schlüssel zum Erfolg beim internationalen Branding in einem sorgfältigen Abwägen von vielfältigen, strategischen und operativen Faktoren.
Welches im einzelnen die Entscheidungstatbestände und Entscheidungsalternativen eines internationalen Branding sind, welche Einflußfaktoren hier eine Rolle spielen und wie ein Unternehmen seine internationale Markenpolitik am besten angehen kann, all dies sind die Fragestellungen, die uns im Rahmen dieser Arbeit beschäftigen sollen.
Gang der Untersuchung:
Die Arbeit gliedert sich in 5 Kapitel.
Nach der Einleitung werden wir im zweiten Kapitel auf Begriffe und Grundlagen des internationalen Branding eingehen.
Kapitel 3 dient der Darstellung der zentralen Entscheidungstatbestände bei internationalen Markenstrategien.
Dabei geht es zunächst um Entscheidungen auf der Basis der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. INTERNATIONALES BRANDING: BEGRIFFE UND GRUNDLAGEN

3. ZENTRALE ENTSCHEIDUNGSTATBESTÄNDE BEI INTERNATIONALEN MARKENSTRATEGIEN
3.1 Entscheidungen auf der Basis der geographischen Orientierung
3.1.1 Weltmarken
3.1.2 Lokale Marken
3.1.3 Regionale Marken
3.1.4 Vor- und Nachteile einer globalen bzw. multilokalen
Markenpolitik
3.1.5 Strategien des geographischen Wachstums
3.1.5.1 Die Wasserfallstrategie
3.1.5.2 Die Sprinklerstrategie
3.1.5.3 Die Strategie des externen Wachstums durch
Aufkauf von lokalen Marken
3.2 Horizontale Markenstrategien im internationalen Branding
3.2.1 Die Einzelmarkenstrategie
3.2.2 Die Mehrmarkenstrategie
3.2.3 Die Markenfamilienstrategie
3.2.4 Die Dachmarkenstrategie
3.2.5 Wachstumsorientierte Markenstrategien

4. STANDARDISIERUNG IM INTERNATIONALEN BRANDING - ANFORDERUNGEN UND POTENTIALE
4.1 Die Grenzen der Standardisierbarkeit der Produkt- und Markenpolitik
4.2 Begünstigende und hemmende Faktoren für eine Standardisierung der internationalen Markenpolitik
4.2.1 Produkt- und marktbezogene Faktoren
4.2.1.1 Die Abhängigkeit des Standardisierungspotentials
von der Produktart
4.2.1.2 Faktoren, die die Internationalisierung der Marken-
politik begünstigen
4.2.1.3 Faktoren, die die Internationalisierung der Marken-
politik hemmen
4.2.2 Organisationsbezogene Faktoren
4.3 Die Standardisierungspotentiale in der Produkt- und Markenpolitik
4.3.1 Die Vereinheitlichung des Produktkerns
4.3.2 Die Standardisierung markenpolitischer Instrumente
4.3.2.1 Markenname und Markenzeichen
4.3.2.2 Produktdesign und Verpackungsgestaltung
4.3.2.3 Positionierung der Marke
4.4 Methodik der Internationalisierung der Markenpolitik
4.4.1 Dynamisches Markenmanagement
4.4.1.1 Die progressive Verschmelzung
4.4.1.2 Der informationsgestützte Übergang
4.4.1.3 Die Methode des glatten Bruchs
4.4.2 Der Entscheidungsprozeß der Internationalisierung des Marketingmix

6. SCHLUSSWORT UND ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE

1. EINLEITUNG

Die Bedeutung des internationalen Branding will heutzutage niemand mehr bestreiten. Schließlich ist das geographische Wachstum fest in der Logik der Marke verankert, dient es doch ihrem Wachstum und dem Erhalt ihrer Wettbewerbsvorteile.

Mehr Schwierigkeiten bereitet jedoch die Frage nach der Ausgestaltung der internationalen Markenpolitik:

- Welche Strategie des geographischen Wachstums sollte gewählt werden?
- Sollte man sich für eine globale oder für eine multilokale Markenpolitik entscheiden?
- Inwieweit ist eine Standardisierung im internationalen Branding möglich, und wo muß man sich an länderspezifische Gegebenheiten anpassen?
- Welche Faktoren sind es, die das internationale Standardisierungspotential einer Marke beeinflussen?
- Und welche Bedeutung haben diese Erkenntnisse für die Ausgestaltung des Marketing-mix im internationalen Branding?

Alle diese Fragen müssen im Rahmen eines internationalen Branding geklärt werden.

In der Vergangenheit wurde ein echter Mythos um globale Marken wie Coca-Cola, Levi’s oder Marlboro geschaffen, und viele Markenartikelhersteller haben ihr internationales Branding in Anlehnung an diese Referenzbeispiele zu blauäugig angegangen. So wurde der im Heimatmarkt bewährte Marketingansatz standardisiert und blindlings auf andere Märkte übertragen. Das Ergebnis waren oftmals ausbleibende Umsätze, marginale Marktanteile und geringe Margen. Andere Unternehmen reagierten mit übertriebenen lokalen Anpassungen, doch auch hier war der Erfolg mangelhaft.

Ein generell gültiges Erfolgsrezept gibt es im internationalen Branding bis heute noch nicht. Vielmehr liegt der Schlüssel zum Erfolg beim internationalen Branding in einem sorgfältigen Abwägen von vielfältigen, strategischen und operativen Faktoren.

Welches im einzelnen die Entscheidungstatbestände und Entscheidungsalternativen eines internationalen Branding sind, welche Einflußfaktoren hier eine Rolle spielen und wie ein Unternehmen seine internationale Markenpolitik am besten angehen kann, all dies sind die Fragestellungen, die uns im Rahmen dieser Arbeit beschäftigen sollen.

Die Arbeit gliedert sich in 5 Kapitel.

Nach der Einleitung werden wir im zweiten Kapitel auf Begriffe und Grundlagen des internationalen Branding eingehen.

Kapitel 3 dient der Darstellung der zentralen Entscheidungstatbestände bei internationalen Markenstrategien.

Dabei geht es zunächst um Entscheidungen auf der Basis der geographischen Orientierung bzw. die Frage, für welche geographischen Märkte die Markenpolitik geplant werden soll. Neben der Darstellung der beiden strategischen Alternativen, globale versus multilokale Markenpolitik, mit ihren Vor- und Nachteilen soll hier auch auf den Aspekt des geographischen Wachstums eingegangen werden.

Im zweiten Teil des Kapitels beschäftigen wir uns mit dem Spektrum der horizontalen Markenstrategien, d.h. mit der Frage, wieviele Produktkategorien unter einer Marke geführt werden sollen. Auch hier soll auf Vor- und Nachteile der einzelnen Strategien sowie auf Wachstumsaspekte eingegangen werden.

In Kapitel 4 wird ein zentrales Problem des internationalen Branding erörtert: die Frage „Standardisierung oder Differenzierung“, welche in direktem Zusammenhang mit den oben betrachteten Markenstrategien gesehen werden muß. Hier sollen zunächst produkt-, markt-, und organisationsbezogene Einflußfaktoren im Vordergrund stehen. Anschließend sollen dann die Standardisierungspotentiale in der Markenpolitik im einzelnen diskutiert werden, und es soll aufgezeigt werden, welche Ansatzpunkte und Strategien den Unternehmen für die Gestaltung ihrer internationalen Markenpolitik zur Verfügung stehen.

Kapitel 5 faßt die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie kurz zusammen.

2. INTERNATIONALES BRANDING: BEGRIFFE UND GRUNDLAGEN

Für den Begriff „Branding“, welcher im Deutschen wohl am ehesten mit „Markenstrategie“ zu übersetzen ist, findet man in der Literatur eine Vielzahl von Definitionen.

Exemplarisch sei hier die Definition aus Waarts’ Internationalem Marketing-Lexikon herausgegriffen, welche den Begriff „Markenstrategie“ beschreibt als „die seitens eines Warenzeicheninhabers (Herstellers oder Händlers) durchgeführte Strategie in bezug auf die Art und Anzahl der Marken bzw. Markennamen, unter denen eine Unternehmung ihre Produkte vermarkten möchte “, wobei die Unternehmung versucht, „sich vom Wettbewerb zu unterscheiden und die Verbraucher durch die Vermarktung eines Produktes oder mehrerer Produkte unter einer für den Verbraucher wiedererkennbaren Marke an die eigenen Produkte zu binden “.[1]

Worin besteht aber genau der Sinn bzw. der Nutzen der Marke für das Unternehmen und für den Verbraucher ?

Die Klärung dieser grundlegenden Fragestellung erscheint uns notwendig, um die Entscheidungstatbestände im Rahmen eines internationalen Branding verstehen zu können.

Für den Verbraucher erfüllt die Marke eine Reihe von Standardfunktionen, welche dem Produkt Attraktivität verleihen und gegebenenfalls einen Preiszuschlag rechtfertigen.

Kapferer unterscheidet acht Grundfunktionen der Marke für den Verbraucher (siehe Abbildung 1):

Abbildung 1: Die Funktionen der Marke für den Verbraucher nach Kapferer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage,

Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.29

Die Wichtigkeit der verschiedenen Funktionen der Marke variiert je nach Produktklasse. So ist die Garantiefunktion dort besonders wichtig, wo das produktbezogene Risiko vom Verbraucher als hoch eingeschätzt wird, zum Beispiel im Fall eines Arzneimittels, während die Funktion „Personalisierung“ gerade für den Kosmetikbereich eine große Rolle spielt.

Obgleich die Funktionen der Marke sehr vielseitig sind, haben sie dennoch eine Sache gemeinsam: sie erzeugen für das betreffende Produkt einen Mehrwert; und dieser Mehrwert ist es auch, der aus ihnen ein Kapital für das Unternehmen macht.

Eine starke Marke, die den Verbraucher zufriedenstellt, die ein gutes Image genießt, die einen reellen Mehrwert darstellt und die sich bei den Konsumenten eines hohen Treuegrades erfreut, ist für das Herstellerunternehmen aus mehreren Gründen sehr rentabel.[2]

- Sie rechtfertigt einen Preiszuschlag und erzeugt dadurch gute Gewinnspannen für das Unternehmen.
- Sie steigert die Attraktivität des Produkts sowie die Kundenzufriedenstellung und -treue. Als Referenz in ihrer Produktkategorie wirkt sie als Barriere gegenüber dem Eintritt von Konkurrenten und stärkt dadurch ihre Dominanzposition.
- Sie ermöglicht eine lohnende Gewinnpanne aufgrund der Größe und der Führungsposition auf dem Markt. Durch ihre Attraktivität, Bekanntheit, Einzigartigkeit und ihr positives Image gewinnt sie neue Käufer und ermöglicht eine hohe Gewinnspanne durch die Massenfabrikation und die damit verbundenen geringeren Stückkosten.

Diese drei Vorteile der Marke für das Unternehmen, welche Kapferer auch als „Hebel der Profitabilität der Marke“ bezeichnet, können auch in anderen Produktkategorien und auf anderen Märkten weiter dekliniert und ausgenutzt werden.

Und hier liegt auch die Bedeutung eines internationalen Branding. Ziel eines internationalen Branding ist es, einen weltweiten Image-Transfer zu erreichen und damit auch über Ländergrenzen hinweg das Kapital der Marke voll auszuschöpfen.

Die Bedeutung internationaler Marken wird deutlich an Firmenkäufen ersichtlich, bei denen die erzielten Verkaufspreise mit den bilanzierten Vermögenswerten nichts mehr zu tun haben. Derartige Diskrepanzen zwischen Bilanzwerten und Verkaufspreisen sind letzten Endes ein Zeichen dafür, daß offenbar dem Marken-Goodwill besonderer Wert beigemessen wird. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist der Aufkauf von Rowntree-Macintosh durch den Nestlé-Konzern, bei welchem ein Preis erzielt wurde, der dreimal über dem Börsenwert lag und 26 mal höher war als die von diesem Unternehmen erzielten Erträge.[3]

Wenn man den Inhalt des internationalen Branding analog zur nationalen Markenpolitik beschreiben kann als „die Planung, Realisation und Kontrolle sämtlicher zielgerichteter Marketing-Maßnahmen, welche auf markierte und international distribuierte Produkte (und Dienstleistungen) gerichtet sind[4], so sind die markenpolitischen Entscheidungen in der internationalen Markenpolitik doch von erheblich weitreichender strategischer Bedeutung für die betroffenen Unternehmen.

In einer engen Sichtweise geht es beim internationalen Branding um „markentechnische Entscheidungstatbestände und damit um die länderübergreifende Gestaltung von Markennamen und Markenzeichen“[5].

Wie die Entscheidungstatbestände und die Entscheidungsalternativen im internationalen Branding im einzelnen aussehen, soll in den folgenden Kapiteln näher erläutert werden.

3. ZENTRALE ENTSCHEIDUNGSTATBESTÄNDE BEI INTERNATIONALEN MARKENSTRATEGIEN

Internationale Markenstrategien haben zwei zentrale Entscheidungstatbestände zum Inhalt. Erstens muß festgelegt werden, für welche geographischen Märkte die Markenpolitik geplant werden soll. Zweitens steht die Frage nach der „horizontalen“ Markenstrategie, also nach der Entscheidung, wieviele Produkte unter einer Marke geführt werden sollen, im Vordergrund.

3.1 Entscheidungen auf der Basis der geographischen Orientierung

In Abhängigkeit vom Ausmaß der Anpassung an nationale Gegebenheiten werden in der Literatur zwei (bei manchen Autoren auch drei) prinzipielle Grundformen der internationalen Markenpolitik differenziert:[6]

- Weltmarken,
- lokale Marken,
- (regionale Marken).

3.1.1 Weltmarken

Ausgehend von einer geozentrischen Orientierung des Managements basieren Weltmarken (engl. global brands) auf einem länderübergreifend einheitlichen Markenauftritt. Hierbei wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Wettbewerbssituation eines Unternehmens in einem Land deutlich auch von seiner Wettbewerbssituation in anderen Ländern beeinflußt wird. Eine Weltmarkenpolitik wird beispielweise praktiziert bei den Marken Coca-Cola, Marlboro oder Pampers. Eine Weltmarke ist in ihrer idealen Ausprägung ein weltweit einheitliches Produkt bezüglich Qualität, Markierung und Verpackung im Rahmen eines integrierten, einheitlichen Preis-, Werbe- und Distributionskonzeptes.[7] [8]

Weltmarken sind in der Regel durch folgende Merkmale gekennzeichnet:[9]

- geographisch ausgeglichene Verkaufszahlen,
- ein einfach auszusprechender Markenname,
- eine einheitliche Positionierung über den Markenkern,
- weltweit ähnliche Nachfragersegmente,
- eine starke Heimatmarktposition als Hintergrund.

Alle diese Anforderungen sind nicht immer einzuhalten. Die ausländische Rechtsprechung, die oft einheimische Unternehmen bevorzugt, sowie andere länderspezifische Eigenschaften führen dazu, daß Anpassungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Dadurch gibt es Produkte, die nur in wenigen Ländern unter den gleichen Marken vertrieben werden.

Eine vorrangige Frage ist in diesem Zusammenhang, inwieweit ein Produkt, das unter einem einheitlichen Markennamen angeboten wird, in den einzelnen Ländern in unterschiedlicher Qualität angeboten werden darf. Erforderliche Änderungen, zum Beispiel geschmacklicher Art, können der Identifikationsfunktion der Marke widersprechen, wenn ein Reisender im Ausland "seine" Marke erwirbt. Das internationale Unternehmen muß auch hier zwischen den Vorstellungen der "internationalen" Zielgruppe und den Bedürfnissen der länderspezifischen Zielgruppen abwägen.

Beispielsweise gehen bei Coca-Cola regelmäßig Konsumentennachfragen ein, warum in den Getränken Fanta oder Coca-Cola in einigen Ländern Europas (Deutschland, Italien, Großbritannien, Spanien) - lebensmittelrechtlich bedingte - Unterschiede hinsichtlich Geschmack und Farbe bestehen.

Die Entscheidung für eine Weltmarkenpolitik - und damit die Betrachtung der Ländermärkte in einer erweiterten Wettbewerbsperspektive - hat notwendigerweise auch Konsequenzen für die Organisation der Marketingstruktur der betroffenen Unternehmen.

In Unternehmen, welche sich für eine Weltmarkenpolitik entschieden haben, werden die Marketingziele nicht mehr von den einzelnen Ländergesellschaften festgelegt. Während traditionell (bzw. im Sinne einer multilokalen Markenstrategie - siehe Punkt 3.1.2 -) die Ländergesellschaften ihre Marketingaktivitäten auf der Basis ihrer eigenen Ressourcen und ihrer spezifischen Marktgegebenheiten festlegen, muß bei einer Weltmarkenpolitik für derartige Entscheidungen das gesamte globale Wettbewerbsfeld betrachtet werden. Damit bekommt auch die Rolle der Ländergesellschaften in der Marketingorganisation eine neue Dimension. Die Ländergesellschaften sind nach wie vor für den operativen Teil des Marketinggeschäfts zuständig und sind dabei mehr oder weniger gebunden an zentral vorgegebene Richtlinien (Einzelheiten zu den Anpassungs- bzw. Standardisierungspotentialen in Kapitel 4). Im Rahmen des strategischen Marketings werden die Entscheidungen zwar zentral getroffen, doch auch hier ergeben sich neue Aufgabenfelder für die Ländergesellschaften.

- Bei Produktneueinführungen bekommen manche Ländergesellschaften die Aufgabe, einen Marketingmix zu entwickeln und ihn in "Natur" zu testen, wobei das betreffende Land als Testmarkt fungiert. Zu beachten ist hierbei jedoch, daß die Bewertung eines solchen Markttests nicht in einer lokalen Optik erfolgen darf, sondern daß es hier um den globalen Marketingmix geht, der also auf weitere Länder übertragen werden soll. In diesem Sinne muß zum Beispiel der Faktor "Konkurrenz" auch in Bezug auf die globalen Konkurrenzaktivitäten bewertet werden.
- Einige Ländergesellschaften erhalten weiterhin die Mission, für bestimmte Marken ein besonderes Know-how zu entwickeln, um dann die Rolle eines Vorreiters bzw. Koordinateurs für die anderen zu übernehmen. Man spricht hier von einer Lead-Country-Struktur.[10]

3.1.2 Lokale Marken

Gegenüber einer Weltmarkenpolitik steht die Politik der lokalen Marken, eine Politik bei welcher multinationale Unternehmen ihre Marketingstrategie an die Zusammenhänge und spezifischen Gegebenheiten der einzelnen lokalen Märkte anpassen. Im Rahmen einer multilokalen Markenstrategie wird der Marketingmix gezielt auf die jeweiligen landesspezifischen Verhältnisse abgestimmt, und so haben die Marken von einem Land zum anderen verschiedene Positionierungen, verschiedene Preisniveaus und verschiedene Werbekampagnen. Auf den Entscheidungsspielraum für die einzelnen Aspekte des Marketingmix soll in Kapitel 4 noch genauer eingegangen werden.

Ein Beispiel für eine solche multilokale Markenstrategie ist die Firma Nestlé. Exemplarisch sei hier deren Marketingansatz für den Produktbereich der Fertigsuppen angeführt, welcher zwischen den verschiedenen Ländermärkten sehr stark variiert:[11]

- In Deutschland läuft das Produkt unter dem Namen "Die 5-Minuten-Terrine" und ist positioniert als ein nahrhaftes und praktisches Lebensmittel für Männer und Frauen zwischen 30 und 40 Jahren.
- In Frankreich läuft das Produkt unter dem Namen "Bolino" und ist positioniert als schneller Snack für junge Singles.
- In der Schweiz läuft das Produkt unter dem Namen "Quick Lunch" und ist positioniert als schnelle Zwischenmahlzeit, insbesondere für Kinder, die das Produkt mit der Zustimmung der Mutter zu sich nehmen.

3.1.3 Regionale Marken

Neben Weltmarken und lokalen Marken unterscheiden manche Autoren, zum Beispiel Berndt, Altobelli und Sander, auch regionale Marken. Bei regionalen Marken wird eine Marke nur in einer Teilmenge der vom Unternehmen insgesamt bearbeiteten Länder in identischer Weise angeboten. Konkret wird eine Marke in unveränderter Weise für eine begrenzte Anzahl von Ländern für ein bestimmtes Produkt verwendet, während das Produkt in anderen Ländern mit einem anderen Markennamen bzw. -zeichen verwendet wird. Ein solches Regionalmarken-Konzept ist nicht unbedingt geplant, sondern kann sich auch zwangsläufig daraus ergeben, daß die Rechte für einen bestimmten Markennamen bzw. für eine Marke in einem Land bereits bei einem anderen Unternehmen liegen.[12]

3.1.4 Vor- und Nachteile einer globalen bzw. multilokalen Markenpolitik

Es ist unmöglich, generell zu sagen, welche Strategie zwischen einer globalen und einer multilokalen Markenpolitik die bessere ist. Für beide Strategien gibt es Erfolgsbeispiele, aber genauso auch Beispiele von Niederlagen von namhaften Unternehmen. Während die Befürworter einer multilokalen Markenstrategie sagen, daß die Essenz des Marketing schlicht und einfach darin bestehe, sich so gut wie möglich an den Markt anzupassen, behaupten die Anhänger einer globalen Markenpolitik, daß die ökonomischen Vorteile einer starken Globalisierung des Marketing überhaupt gar keine andere Alternative lassen.

Im folgenden sollen nun die Argumente für und gegen eine Globalisierung der Markenpolitik im einzelnen erläutert werden.

Argumente für eine Globalisierung der Markenpolitik

Eine ganze Reihe von Argumenten spricht dafür, daß die Globalisierung der Markenpolitik eine Quelle der Profitabilität für das Unternehmen ist.

Zunächst ist da das Argument der Kosteneinsparungen, insbesondere in Bezug auf die Werbung und die Markierung, welche sich realisieren lassen, indem man den Marketingmehraufwand in den einzelnen Ländern vermeidet bzw. reduziert. Zum Beispiel lassen sich im Werbebereich Kosten einsparen, indem das Unternehmen weltweit nur einen einzigen Werbefilm einsetzt, anstatt für jeden Ländermarkt individuell einen Spot realisieren zu lassen. Angesichts der erheblichen Kosten, welche den Unternehmen heutzutage für die Realisierung eines Werbespots entstehen (eine halbe bis eineinhalb Millionen DM), lassen sich hier beträchtliche Kosteneinsparungen machen. So rühmt sich die Agentur McCann-Erickson der Tatsache, daß sie der Firma Coca Cola in den letzten zwanzig Jahren durch die Realisierung globaler Spots Kosteneinsparungen von 90 Millionen Dollar ermöglicht hat.

Im Rahmen einer globalen Markenpolitik bringt die simultane Einführung von neuen Produkten auf allen Ländermarkten den Vorteil mit sich, daß man Probleme der zeitlich abgestuften Einführung von Neuprodukten vermeiden kann. Diese birgt nämlich die Gefahr, daß die Konkurrenz neue Produktideen im Vorfeld aufgreift und einem zuvorkommt.

Eine globale Markenpolitik ist förderlich für die Gewinnung neuer kreativer Ideen: indem man ein Problem gleich einer Vielzahl von Ländern zur Bearbeitung vorlegt, erhöht man für ein Unternehmen die Chancen, starke und weltweit ausschöpfbare Ideen zu finden. So wurde beispielsweise das inzwischen sehr internationale Shampoo "Timotei" der Firma Lever in Finnland entwickelt als Produktidee, die eine Antwort bieten sollte auf das immer stärkere Verbraucherbedürfnis nach "Natürlichkeit".

Ein weiterer Vorteil einer globalen Markenpolitik ergibt sich im Verhältnis der Markenartikelunternehmen mit dem Handel. Ein globaler Markenauftritt macht die Unternehmen weniger empfindlich gegenüber einem lokalen Widerstand und verleiht den Markenartiklern mehr Gewicht gegenüber dem Handel, ein Argument welches angesichts der immer stärker werdenden Konzentration des Handels und auch der Internationalisierung des Handels immer mehr an Gewicht gewinnt.

Neben den angeführten, standardisierungsbedingten Kostenvorteilen muß aber auch insbesondere auf die Imagevorteile hingewiesen werden, die eine globale Marke besitzt. So kann eine globale Marke wesentlich leichter als eine regionale oder lokale Marke Werte von Historie und Kontinuität vermitteln oder gar zu einer weltweiten Referenz werden (Bsp. Coca-Cola).

Nicht zuletzt kann eine globale Marke auch vorteilhaft für die Personalpolitik der Unternehmen sein, da sie eine Signalwirkung für die Mitarbeiterakquisition hat und die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen fördert.

Alle von uns erwähnten Vorteile einer globalen Markenpolitik müssen jedoch immer in Bezug auf länder- bzw. produktspezifische Einflußgrößen unterschieden werden. Beispielsweise kommt der Markentradition beim Automobilkauf in Deutschland eine hohe Relevanz zu, während sie in Großbritannien einen geringen Stellenwert einnimmt.[13] [14]

Argumente gegen eine Globalisierung der Markenpolitik

Den zahlreichen Vorteilen, die Weltmarken für das Unternehmen bieten, stehen allerdings auch Nachteile in der internationalen Präsenz von Marken gegenüber.

Ein zentraler Nachteil betrifft teure und prestigeträchtige Produkte, wie den Uhrenbereich (Rolex, Cartier), hochwertige Bekleidung (Boss, Lacoste) und Parfums. Je intensiver Marken international vertreten sind, um so größer ist die Gefahr, durch Markenpiraterie Umsatz- und Gewinneinbußen zu erleiden. In diesem Zusammenhang ist man bestrebt, internationalen Druck auf Markenpiraten auszuüben. Darüber hinaus werden kopierende Unternehmen oftmals in Kooperationen mit dem Markenhersteller eingebunden.[15]

Weitere Nachteile für eine globale Markenpolitik ergeben sich aus den Eigenheiten der einzelnen Märkte, unterschiedlichem Verbraucherempfinden, verschiedenen Konkurrenzverhältnissen sowie den dort unterschiedlichen Entwicklungen der Lebenszyklen der Marken. So gibt es eine Reihe von Beispielen, bei denen eine vorschnelle, unvorsichtige globale Markenpolitik zu Niederlagen geführt hat.

Ein Beispiel für den Hindernisfaktor "Konkurrenz" ist der Launch von Procter und Gambles "Head and Shoulders"-Antischuppen-Shampoo in Frankreich im Jahre 1984, bei welchem derselbe Marketingmix und dieselbe Positionierung wie in Großbritannien und Holland übernommen wurde. Procter und Gamble hatte dabei die Eigenheiten des französischen Marktes vernachlässigt, in welchem Antischuppen-Shampoos entweder in Apotheken für ihre medizinische Wirksamkeit oder aber im Einzelhandel als Varianten der Gewohnheitsmarken verkauft wurden. Zwischen diesen zwei Markentypen gab es kaum Platz für eine Marke, deren Positionierung auf der "Wirksamkeit" aufbaute und welche im Einzelhandel zu einem Preis angeboten wurde, der weit über dem der sonst üblichen Marken lag. So kam es, daß der französische Marktanteil des "Head-and-Shoulders"-Antischuppen-Shampoos 1989 immer noch bei einem Prozent stagnierte.[16]

Wie wir gesehen haben, hat eine globale Markenpolitik sowohl Vor- als auch Nachteile. Daß eine globale Markenpolitik sehr wohl erfolgreich sein kann, bestätigen aber allein die Beispiele von Marlboro, Coca-Cola, Mars und Ford.

In welchen Fällen eine globale Markenpolitik erfolgversprechend ist und in welchen Fällen eine multilokale Markenpolitik passender ist, muß schließlich im Einzelfall entschieden werden. Welche Faktoren hierfür ausschlaggebend sind, soll in Kapitel 4 noch genauer diskutiert werden.

Zum Abschluß dieses Kapitels über die geographisch orientierten markenpolitischen Entscheidungen soll nun aber noch auf einige Wachstumsaspekte eingegangen werden.

3.1.5 Strategien des geographischen Wachstums

Für das geographische Wachstum seiner Marken kann ein Unternehmen im wesentlichen auf drei Strategien zurückgreifen:[17]

- die Wasserfallstrategie,
- die Sprinklerstrategie,
- die Strategie des externen Wachstums durch Aufkauf von lokalen Marken.

3.1.5.1 Die Wasserfallstrategie

Das Prinzip der Wasserfallstrategie besteht darin, die Erfolgsfaktoren einer lokalen Strategie auf den internationalen Kontext zu übertragen, und zwar in einer sukzessiven, schrittweisen Vorgehensweise, und sich so Land für Land oder Zone für Zone voranzutasten (siehe auch Abbildung 2).

Dabei werden geringfügige länderspezifische Anpassungen dort vorgenommen, wo es notwendig erscheint, aber im Großen und Ganzen herrscht eine starke Homogenität in der internationalen Markenpolitik. Im klassischen Sinne ist die Wasserfallstrategie an eine zentralistische Unternehmensstruktur gekoppelt, wobei das Mutterland die Markenpolitik koordiniert und häufig auch als Testmarkt für Line-Extensions dient. Abweichungen von diesem zentralistischen Muster sind jedoch in der Praxis immer häufiger zu beobachten.

Da die internationale Expansion anhand der Wasserfallstrategie normalerweise eine recht langwierige Prozedur ist, ist es wichtig, daß die betreffenden Unternehmen juristische Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, daß lokale Konkurrenten im Vorfeld das Konzept der Marke aufgreifen und kopieren können.

Als typisches Beispiel für eine Wasserfall-Markenpolitik kann man die Marke "Coca-Cola" anführen, welche für ihre internationale Expansion immerhin 20 Jahre benötigt hat, oder auch die Marke "Orangina", welche es sich zur Strategie gemacht hat, pro Jahr einen neuen Auslandsmarkt zu erschließen.[18]

[...]


[1] Waarts E., Internationales Marketing-Lexikon, Sauerländer, Köln, Wien 1998, S. 208

[2] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.30-32

[3] vgl. Backhaus K., Büschken J., Voeth M., Internationales Marketing, 2. Auflage, Schäffer-Pöschel, Stuttgart 1998, S. 271

[4] Berndt R., Altobelli C.F., Sander M., Internationale Marketing-Politik, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara, Singapur, Tokyo, 1997

[5] vgl. a.a.O.

[6] vgl. Meffert H., Bolz J., Internationales Marketing -Management 3. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, 1998, S. 176

[7] vgl. Meffert H., Bolz J., Internationales Marketing-Management, 3. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, 1998 S. 176

[8] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.411

[9] vgl. Bolz J., Wettbewerbsorientierte Standarisierung der internationalen Marktbearbeitung - Eine empirische

Analyse in europäischen Schlüsselmärkten, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, S. 50

[10] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.411-412

[11] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.412

[12] vgl. Berndt R., Altobelli C.F., Sander M. Internationale Marketing- Politik, Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara, Singapur, Tokyo: 1997, S. 134

[13] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.412-413

[14] vgl. Meffert H., Bolz J., Internationales Marketing-Management, 3. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, 1998, S. 187

[15] vgl. Meffert H., Bolz J., a.a.O., S. 188

[16] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les Editions d’Organisation, Paris 1996, S.413-414

[17] vgl. a.a.O., S. 442-447

[18] vgl. Kapferer J.-N., Les Marques, capital de l’entreprise; les chemins de la reconquête, 2. Auflage, Les
Editions d’Organisation, Paris 1996, S.444

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832464615
ISBN (Paperback)
9783838664613
DOI
10.3239/9783832464615
Dateigröße
624 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bremen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
marke markenstrategie markenpolitik markenmanagement internationalisierung
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