Lade Inhalt...

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung

Eine Analyse der Einsatzpotentiale zur Verbesserung der Kundenorientierung mit Schwerpunkt A2B

©2002 Diplomarbeit 115 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die öffentliche Verwaltung steht bereits seit langer Zeit im Kreuzfeuer der Kritik. Es wird ihr ein Management-Defizit vorgeworfen, das sich in mangelnder Effizienz, Effektivität und Kundenorientierung niederschlägt. Durch eng gewordene finanzielle Spielräume, gewandelte Wertvorstellungen in der Gesellschaft und einen globalen Standortwettbewerb, zusätzlich verstärkt durch die Auswirkungen der neuen Informations- und Kommunikations-technologien, werden Verwaltungen jedoch zur Modernisierung gezwungen.
Weltweit stellen die Verwaltungsbehörden fest, dass sie ihr Dienstleistungsangebot verbessern müssen. Mit E-Government hat die E-Business-Revolution die öffentliche Verwaltung erreicht. Betriebswirtschaftliche Ansätze sollen Berücksichtigung finden und moderne Konzepte und Technologien aus dem E-Business übernommen werden. Die Umsetzung dieser Konzepte findet in Deutschland vor allem auf der kommunalen Ebene statt. Fraglich ist, ob die Goldgräberstimmung des E-Business-Hypes, die in der Privatwirtschaft längst verflogen ist, nun in der öffentlichen Verwaltung mit E-Government wiederholt werden kann und ob sich der öffentliche Sektor überhaupt für solche Konzepte eignet. Nähere Betrachtung verdient in diesem Zusammenhang die Monopolstellung der Kommunalverwaltung, die den Handlungsbedarf für mehr Kundenorientierung schmälern kann.
Die Frage, inwieweit das Handeln öffentlicher Träger kundenorientiert gestaltet und unternehmerische Initiativen unterstützt werden können, wird mehr und mehr zum Faktor erfolgreicher Standort- und Ansiedlungspolitik. In diesem Zusammenhang wird in der Kommunalverwaltung, wo die Innovationsbereitschaft am ausgeprägtesten und der Legitimationsdruck größer ist als auf Länder- und Bundesebene, dem Gedanken der Kundenorientierung zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet.
Angesichts wettbewerbsintensiveren Märkten und flüchtigeren Konsumenten haben Unternehmen schon vor längerer Zeit den Fokus auf die Pflege ihrer Kundenbeziehungen gelegt. Customer Relationship Management (CRM) ist ein strategischer und informationstechnischer Ansatz, der die Firmen dabei unterstützt ihre Beziehungen zu anspruchvollen und unbeständigen Kunden profitabel zu gestalten. Während in zunehmendem Maße Informationen über den Einsatz von CRM-Instrumenten in privatwirtschaftlichen Unternehmen veröffentlicht werden, ist bisher noch wenig darüber berichtet worden, welchen Stellenwert dieses Thema im öffentlichen Sektor hat. Darüber […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5993
Petry, Marc: CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung - Eine Analyse der
Einsatzpotentiale zur Verbesserung der Kundenorientierung mit Schwerpunkt A2B
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Saarbrücken, Universität, Diplomarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
II
I
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis ...II
II
Abbildungsverzeichnis ... IV
III
Tabellenverzeichnis... V
IV
Abkürzungsverzeichnis... VI
1
Einleitung ...1
2
Grundlagen ...3
2.1
Die öffentliche Verwaltung...3
2.1.1
Staat und Verwaltung...3
2.1.2
Die öffentliche Verwaltung im Wandel ...5
2.1.2.1
Die Herausforderungen der jüngsten Zeit ...5
2.1.2.2
NPM und NSM ...6
2.1.3
E-Government...9
2.1.3.1
Grundlagen des E-Government ...9
2.1.3.2
Status Quo des E-Government ...12
2.2
Das Konzept des Customer Relationship Management...16
2.2.1
Konsequente Kundenorientierung als neue Maxime im Marketing...16
2.2.2
Grundlagen Customer Relationship Management...17
2.2.3
Strategische Aspekte des CRM ...20
2.2.3.1
Kundensegmentstrategie ...20
2.2.3.2
Multikanalstrategie ...22
2.2.3.3
Servicestrategie...23
2.2.4
Taktische Aspekte des CRM...24
2.2.4.1
Kundenkenntnis ...25
2.2.4.2
Kundenselektion ...27
2.2.4.3
Kundenbindung...28
2.2.4.4
Kundengewinnung ...30
2.2.4.5
Prozesse des CRM ...30
3
Verbesserung der Kundenorientierung in der Verwaltung...33
3.1
Kundenorientierung in der öffentlichen Verwaltung...33
3.1.1
Status quo der Kundenorientierung...33
3.1.2
Notwendigkeit für den Wandel in der Ausgestaltung der Kundenbeziehung ..37
3.1.2.1
Die Kunden...37
3.1.2.2
Das Standortmarketing...38
3.1.2.3
Die Politik...40

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
III
3.1.2.4
Die Technik ...41
3.2
Status quo der CRM-Ansätze in der Wechselbeziehung A2B...43
3.2.1
Das virtuelle Rathaus ...43
3.2.2
One-Stop-Government ...46
3.2.3
Virtuelle Marktplätze ...48
3.3
CRM im Verhältnis A2B ...50
3.3.1
Abgrenzung der Einsatzpotenziale...50
3.3.2
Aspekte der Realisierung ...51
3.3.2.1
Strategische Aspekte...52
3.3.2.2
Organisatorische Aspekte ...53
3.3.2.3
Aspekte der Mitarbeiterführung ...54
3.3.2.4
Sonstige Aspekte...58
3.3.2.5
Kritische Erfolgfaktoren ...59
4
Gestaltungsmöglichkeiten für CRM im Verhältnis A2B ...62
4.1
Produkte der Kommunalverwaltung ...64
4.1.1
Information ...64
4.1.2
Rechtsgüterdienstleistung ...65
4.1.3
Nominalgüterdienstleistung ...66
4.1.4
Beratungsdienstleistung ...66
4.2
Vorgehensmodell...69
4.2.1
Bestimmung einer segmentspezifischen Basisstrategie...69
4.2.1.1
Segmentierung nach Beziehungsdauer...69
4.2.1.2
Segmentierung nach Unternehmensgröße ...71
4.2.1.3
Zusammenfassung ...72
4.2.2
Auswahl von Kontaktkanälen und Interaktionsformen ...73
4.2.3
Modellierung einer "Business-Situation"-orientierten Bearbeitung...79
4.2.4
Planung des Datenmanagements...82
4.2.5
Handlungsempfehlungen ...86
4.3
Ein Beispiel: das Baugenehmigungsverfahren ...90
5
Ausblick...94
V
Literaturverzeichnis ... VII
VI
Verzeichnis der Gesprächspartner ... XVII
VII Eidestattliche Erklärung...XVIII

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
IV
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Leistungen öffentlicher Institutionen ...4
Abbildung 2: Die Elemente des E-Government...10
Abbildung 3: Interaktionsgrade im E-Government...12
Abbildung 4: Weltweiter Vergleich der E-Government Service-Reife ...14
Abbildung 5: Komponenten einer CRM-Lösung...24
Abbildung 6: Nutzen langfristiger Kundenbeziehungen ...29
Abbildung 7: Abgrenzung der CRM-Prozesse ...31
Abbildung 8: Austauschwerte zwischen der Verwaltung und ihren Austauschpartnern ...33
Abbildung 9: CRM-Prozesse und Interaktionsgrade...63
Abbildung 10: Interaktionsformen und Verwaltungsleistungen...78
Abbildung 11: Aufbau von CRM in der Kommunalverwaltung ...85
Abbildung 12: Der Baugenehmigungsprozess...90

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
V
III Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Privater und öffentlicher Sektor...35
Tabelle 2: Leistungssystematisierung im Verhältnis A2B...68
Tabelle 3: Interaktionsstufen bei A2B...73

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
VI
IV Abkürzungsverzeichnis
A2A
Administration-to-Administration
A2B
Administration-to-Business
A2C
Administration-to-Consumer
B2A
Business-to-Administration
B2B
Business-to-Business
B2C
Business-to-Consumer
BfD
Bundesbeauftragter für den Datenschutz
CIC
Customer Interaction Center
CRM
Customer Relationship Management
E-Administration
Electronic Administration
E-Business
Electronic Business
E-Commerce
Electronic Commerce
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
E-Government
Electronic Government
E-Mail
Electronic Mail
E-Procurement
Electronic Procurement
ERP
Enterprise Resource Planning
HMD
Handbuch der maschinellen Datenverarbeitung
IT
Informationstechnologie
IuK
Informations- und Kommunikationstechnologie
IM
Information Management & Consulting
KGSt
Kommunale Gemeinschaftsstelle
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
NPM
New Public Management
NSM
Neues Steuerungsmodell
OLAP
Online Analytical Processing
PWC
PricewaterhouseCoopers
SMS
Short Message Service
WAP
Wireless Application Protocol
WWW
World Wide Web

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
1
1 Einleitung
Die öffentliche Verwaltung steht bereits seit langer Zeit im Kreuzfeuer der Kritik. Es wird ihr
ein Management-Defizit vorgeworfen, das sich in mangelnder Effizienz, Effektivität und
Kundenorientierung niederschlägt.
1
Durch eng gewordene finanzielle Spielräume, gewandelte
Wertvorstellungen in der Gesellschaft und einen globalen Standortwettbewerb, zusätzlich
verstärkt durch die Auswirkungen der neuen Informations- und Kommunikations-
technologien, werden Verwaltungen jedoch zur Modernisierung gezwungen.
Weltweit stellen die Verwaltungsbehörden fest, dass sie ihr Dienstleistungsangebot
verbessern müssen. Mit E-Government hat die E-Business-Revolution die öffentliche
Verwaltung erreicht. Betriebswirtschaftliche Ansätze sollen Berücksichtigung finden und
moderne Konzepte und Technologien aus dem E-Business übernommen werden. Die
Umsetzung dieser Konzepte findet in Deutschland vor allem auf der kommunalen Ebene
statt.
2
Fraglich ist, ob die Goldgräberstimmung des E-Business-Hypes, die in der
Privatwirtschaft längst verflogen ist, nun in der öffentlichen Verwaltung mit E-Government
wiederholt werden kann und ob sich der öffentliche Sektor überhaupt für solche Konzepte
eignet.
3
Nähere Betrachtung verdient in diesem Zusammenhang die Monopolstellung der
Kommunalverwaltung, die den Handlungsbedarf für mehr Kundenorientierung schmälern
kann.
Die Frage, inwieweit das Handeln öffentlicher Träger kundenorientiert gestaltet und
unternehmerische Initiativen unterstützt werden können, wird mehr und mehr zum Faktor
erfolgreicher Standort- und Ansiedlungspolitik. In diesem Zusammenhang wird in der
Kommunalverwaltung, wo die Innovationsbereitschaft am ausgeprägtesten und der
Legitimationsdruck größer ist als auf Länder- und Bundesebene, dem Gedanken der
Kundenorientierung zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet.
Angesichts
wettbewerbsintensiveren
Märkten
und
flüchtigeren
Konsumenten
haben
Unternehmen schon vor längerer Zeit den Fokus auf die Pflege ihrer Kundenbeziehungen
gelegt.
Customer
Relationship
Management
(CRM)
ist
ein
strategischer
und
informationstechnischer Ansatz, der die Firmen dabei unterstützt ihre Beziehungen zu
anspruchvollen und unbeständigen Kunden profitabel zu gestalten. Während in zunehmendem
1
Vgl. Bargehr, B.: Marketing in der öffentlichen Verwaltung ­ Ansatzpunkte und Entwicklungsperspektiven,
Diss., Innsbruck 1991.
2
Vgl. PWC Deutsche Revision (Hrsg.): Die Zukunft heisst E-Government ­ Deutschlands Städte auf dem Weg
zur virtuellen Verwaltung, <URL: http://www.wi-inf.uni-essen.de/~webocrac/download.htm>, online: 03.01.02.
3
Vgl. Gisler, M.: E-Government und das Ende des E-Business-Hype, in: «eGov Präsenz» ­ Bulletin des
Kompetenzzentrums eGovernment, 1(2001)2, S. 3-4, S. 3.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
2
Maße Informationen über den Einsatz von CRM-Instrumenten in privatwirtschaftlichen
Unternehmen veröffentlicht werden, ist bisher noch wenig darüber berichtet worden, welchen
Stellenwert dieses Thema im öffentlichen Sektor hat. Darüber hinaus müssen die Motive für
CRM (Kundenbindung und Ertragsteigerung), die in der Privatwirtschaft eine Rolle spielen,
in der öffentlichen Verwaltung jedoch nicht vorhanden sind, näher untersucht werden. So
muss der Frage nachgegangen werden, inwiefern CRM-Grundsätze, die in erster Linie für
privatwirtschaftliche Unternehmen entwickelt wurden, auf die Kommunalverwaltung
übertragbar sind. Da sich die Kommunen jedoch immer weniger als Verwalter hoheitlicher
Aufgaben verstehen und zunehmend als Dienstleiter ihrer Kunden begreifen, besteht für CRM
zumindest theoretisch ein gewaltiges Potenzial.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Einsatzpotenzialen von CRM in der
öffentlichen Verwaltung zur Verbesserung der Kundenorientierung. Der Schwerpunkt der
Analyse liegt dabei auf den Administration-to-Business (A2B) Wechselbeziehungen, im
vorliegenden Fall den speziellen Verhältnissen der Kommunalverwaltung mit Unternehmen.
Dazu werden in Kapitel 2 zunächst theoretische Grundlagen und aktuelle Trends der
Themengebiete Neues Steuerungsmodell, E-Government und CRM erläutert. In Kapitel 3
wird die Verbesserung der Kundenorientierung in der Verwaltung näher untersucht, indem
Status Quo des A2B Beziehungsverhältnisses und Handlungsnotwendigkeit beleuchtet
werden. Weiterhin werden existierende CRM-Ansätze analysiert und schließlich Aspekte der
Realisierung beschrieben. Die Ausführungen schließen in Kapitel 4 mit einer genauen
Betrachtung der Verwaltungsprodukte, eines Vorgehensmodells bei der Umsetzung des
CRM-Konzeptes und des Baugenehmigungsverfahrens als Beispiel.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
3
2 Grundlagen
2.1 Die öffentliche Verwaltung
2.1.1
Staat und Verwaltung
Die Bundesrepublik Deutschland ist gegliedert in die Rechtsträger Gesamtstaat und
Gliedstaaten. Unter dem Gesamtstaat versteht man die Bundesverwaltung und die dazu
gehörenden
Bundesbehörden.
Die
Landesverwaltungen
und
die
dazu
gehörenden
Landesbehörden bilden die Gliedstaaten. Gemeinden sind nicht Rechtsträger der Verwaltung.
Sie sind, ungeachtet des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung (GG 1995, Art. 28 Abs. 2/3,
Art. 93 Abs.1 Nr.4b), Teil der (mittelbaren) Landesverwaltung. Sie stehen unter der Aufsicht
des Staates und leiten ihre öffentlich-rechtlichen Befugnisse von der Staatsgewalt ab.
4
Unter öffentlicher Verwaltung versteht man Körperschaften des öffentlichen Rechts, die
weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ausüben. Kommunalverwaltungen (kurz:
Kommunen) wirken in Deutschland gemäß dem Prinzip der Dreistufigkeit auf der lokalen
Ebene der mittelbaren Verwaltung. Zu den Kommunen zählen neben allen örtlichen
Gemeinschaften auch Städte, nicht jedoch Landkreise.
5
Das Grundgesetz gibt vor, in welcher Weise Kompetenzen auf Länder- bzw. auf Bundesebene
verteilt werden. Länder sind für die Gesetzgebung von Landesgesetzen verantwortlich.
6
In der
Praxis hat die Bundesverwaltung die Mehrheit der gesetzgebenden Macht vereinnahmt. Die
Mehrheit der administrativen Funktionen ist dennoch bei den Ländern geblieben, die die
meisten Bundesgesetze, aber auch eigene Gesetze durchführen.
7
Die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung erstreckt sich auf die Vorbereitung und die
Ausführung
politischer
Entscheidungen.
Hatschek
definiert
sie
wie
folgt:
,,Alle
Staatstätigkeit, die weder Justiz noch Gesetzgebung ist, ist Verwaltung."
8
Nach Thieme
handelt es sich bei der Verwaltung um ,,jenen Bereich der Tätigkeit des Staates und anderer
4
Vgl. Mattern, K.-H.: Äußerer Aufbau der Verwaltung, in: Mattern, K.-H. (Hrsg.): Allgemeine
Verwaltungslehre, 4. Aufl., (Walhalla) Berlin et al. 1994, S. 75-101, S. 95.
5
Vgl. Küchler, S.: Der prozessorientierte Ansatz zur Verwaltungsmodernisierung des kommunalen Sektors in
Deutschland
am
Beispiel
einer
niedersächsischen
Stadtverwaltung,
<URL:
http://wi99.iwi.uni-
sb.de/de/DoktorandenSeminar_PDF/D_Kuechler.pdf>, online 30.12.01.
6
Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Ausführung der Bundesgesetze und die
Bundesverwaltung, <URL: http://www.bpb.de/online/html/body_gg_8.html>, online: 10.12.01.
7
Vgl. ICT in Public Administration (Hrsg.): One-Stop-Government in Germany, <URL:
http://infosoc2.informatik.uni-bremen.de/egovernment/cost/one-stop-government/main2.html>, online 30.12.01.
8
Jäckering, W.: Verwaltung und öffentliche Aufgaben, in: Mattern, K.-H. (Hrsg.): Allgemeine
Verwaltungslehre, 4. Aufl., (Walhalla) Berlin et al. 1994, S. 15-31, S. 16.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
4
Gemeinwesen, der mit dem planmäßigen, zweckgerichteten Vollzug bereits getroffener
politischer Entscheidungen in Einzelmaßnahmen betraut ist."
9
Der moderne Staat hat im Laufe der Jahre zahlreiche Verantwortungen übernommen,
beginnend mit dem Aufbau von notwendigen Infrastrukturen über gesundheitliche
Versorgung bis hin zur Verfolgung von gemeinschaftlichen Interessen wie z. B. dem
Umweltschutz oder der Förderung der Wirtschaft.
10
Die Aufbau- und Ablauforganisationen
der verschiedenen Staaten können hierbei aus historischen Gründen sehr unterschiedlich sein.
Der Aufgabenbereich öffentlicher Leistungen ist schwer abzugrenzen. Die Aufgaben werden
vage umschrieben durch das Erbringen von Leistungen, die in staatlich-öffentlichem Interesse
liegen. Im einzelnen muss politisch entschieden werden, was über den Mindestbedarf hinaus
geht.
11
Folgende Abbildung soll eine Übersicht der Verwaltungsleistungen geben:
Abbildung 1: Leistungen öffentlicher Institutionen
12
Die kommunale Selbstverwaltung legt fest, dass alle Angelegenheiten im Rahmen des
örtlichen Wirkungskreises eigenverantwortlich geregelt werden können. Somit ist die
9
Jäckering, W.: Verwaltung und öffentliche Aufgaben, in: Mattern, K.-H. (Hrsg.): Allgemeine
Verwaltungslehre, 4. Aufl., (Walhalla) Berlin et al. 1994, S. 15-31, S. 17.
10
Vgl. ICT in Public Administration (Hrsg.): One-Stop-Government in Europe ­ an overview, <URL:
http://infosoc2.informatik.uni-bremen.de/egovernment/cost/one-stop-government/main2.html>, online 30.12.01.
11
Vgl. Jäckering, W.: Verwaltung und öffentliche Aufgaben, in: Mattern, K.-H. (Hrsg.): Allgemeine
Verwaltungslehre, 4. Aufl., (Walhalla) Berlin et al. 1994, S. 15-31, S. 30.
12
Herwig, V.: E-Government ­ Distribution von Leistungen öffentlicher Institutionen über das Internet, Diss.,
Jena 2001, S. 41.
Öffentliche
Leistungen
Sozial-
leistungen
Subventionen
Nominal-
leistungen
Realleistungen
Rechte
Dienst-
leistungen
Sachleistungen
materielle
Leistungen
immaterielle
Leistungen
Informationen
Sachnutzungen
persönliche
Dienste
Nachrichten
ohne bindende
Wirkung
mit bindender
Wirkung

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
5
Kommune für diverse Bereiche wie Personalmanagement, Rechtsetzung, Steuerveranlagung,
Dienstleistungsangebot usw. eigenverantwortlich.
13
Nahezu 80% aller Gesetze, Rechtsverordnungen und sonstigen verbindlichen Richtsätze des
Bundes und der Länder werden vor Ort umgesetzt. Die Kommunalverwaltungen übernehmen
somit in erheblichem Maß die Aufgaben der Verwaltung im Auftrag des Staates.
14
Obwohl
die Verwaltung durch den hohen Publikumsverkehr durchaus Dienstleistungscharakter
besitzt, werden jedoch Kundenwünsche in vielen Bereichen ignoriert.
15
2.1.2
Die öffentliche Verwaltung im Wandel
2.1.2.1 Die Herausforderungen der jüngsten Zeit
Während in der Vergangenheit in der Kommunalverwaltung steigenden gesellschaftlichen
Leistungsansprüchen mit wachsenden Einnahmen aus öffentlichen Haushalten begegnet
werden konnte, müssen sie heute mit weniger Ressourcen, insbesondere durch die Kosten der
Wiedervereinigung,
mehr
Output
erbringen.
16
Langwierige
Vorgänge,
wenig
Ablauftransparenz,
fehlende
Basisdaten,
unklare
Zuständigkeiten,
aufwendige
Kommunikation,
hohe
und
immer
weiter
steigende
Personalkosten
sind
die
schwerwiegendsten
Herausforderungen.
17
Angesichts
dieser
sich
vermutlich
noch
verschärfenden Situation muss die öffentliche Verwaltung eine Leistungssteigerung ohne
Kostensteigerung vollbringen. Diesen Effizienzsteigerungen können nur durch tiefgreifende
Struktur- und Verhaltensänderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation und im
Verhältnis zu Bürgern, Unternehmen und internen Leistungsnehmern Rechnung getragen
werden. Der Wandel der öffentlichen Verwaltung ist keine deutsche Besonderheit, sondern
hat in anderen Ländern schon früher begonnen und ist insbesondere in angelsächsischen
Ländern weiter vorangeschritten.
18
In den vergangenen Jahren wurden jedoch in Deutschland
13
Vgl. Küchler, S.: Der prozessorientierte Ansatz zur Verwaltungsmodernisierung des kommunalen Sektors in
Deutschland
am
Beispiel
einer
niedersächsischen
Stadtverwaltung,
<URL:
http://wi99.iwi.uni-
sb.de/de/DoktorandenSeminar_PDF/D_Kuechler.pdf>, online 30.12.01.
14
Vgl. Mutius, A.: Gemeindeverwaltungen, in: Chmielewicz, K.; Eichhorn, P.: Handwörterbuch der
Öffentlichen Betriebswirtschaft, 11. Aufl., (Pöschel) Stuttgart 1989, S. 452-464, S. 454.
15
Vgl. Volz, J.: Kundenbefragung ­ Instrument zu mehr Kundenorientierung in der öffentlichen Verwaltung, in:
Büscher, H. C.; Hewel, B.; Volz, J. (Hrsg.): Öffentliche Verwaltung ­ modern und zukunftsfähig, 9. Aufl.,
(Fachhochschulverlag) Frankfurt/Main 2000, S. 83-91, S. 83.
16
Vgl. Jacob, J. W.: Verwaltung und Bürger, in: Mattern, K.-H. (Hrsg.): Allgemeine Verwaltungslehre, 4. Aufl.,
(Walhalla) Berlin et al. 1994, S. 62-74, S. 64.
17
Vgl. Scheer, A.-W.; Nüttgens, M.; Zimmermann, V.: Business Process Reengineering in der Verwaltung, in:
Scheer, A.-W.; Friederichs, J. (Hrsg.): Schriften zur Unternehmensführung, 57. Aufl., (Gabler) Wiesbaden 1996,
S. 11-29, S. 12.
18
Vgl.
Accenture
(Hrsg.):
Anspruch
und
Wirklichkeit:
eGovernment
in
Deutschland,
<URL:
http://www.accenture.de/co_de_4_0_publikationen/4_2_studien/pdf/ a-egov.pdf>, online: 02.01.02.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
6
offenbar falsche Maßnahmen ergriffen und die eigentlichen Probleme nur unzureichend oder
überhaupt nicht aufgegriffen. Mit Rationalisierung und der Durchführung wellenartiger
Sparkampagnen wurde nur punktuell auf Symptome eingegangen. Aus einem Bericht der
Kommunalen
Gemeinschaftsstelle
(KGSt)
geht
hervor:
,,Maßnahmen
der
Haushaltskonsolidierung sind letztlich Reparaturmaßnahmen. Es wäre besser von vornherein
auf die Ursachen Einfluss zu nehmen."
19
Die heutige Situation lässt kein Zögern mehr zu, hat
aber den Vorteil, dass mittlerweile im Bereich der öffentlichen Verwaltung der Wille zur
konsequenten Verbesserung vorhanden ist und von interessanten Entwicklungen und
Erfahrungen im europäischen und internationalen Ausland profitiert werden kann.
Letztendlich ist die Schwerfälligkeit und Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung darauf
zurückzuführen, dass verschiedene Ebenen des öffentlichen Sektors immer wieder
Effektivitäts- und Effizienzprobleme nicht selbst lösen, sondern an übergeordnete oder andere
Stellen durchreichen.
20
2.1.2.2 NPM und NSM
Aufgrund der veränderten Umweltbedingungen wie Dienstleistungs- und Informations-
gesellschaft, eng gewordenen finanziellen Spielräumen, einer dynamischer und komplexer
gewordenen Gesellschaft und einer globalen, mobiler gewordenen Wirtschaft, steht die
öffentliche Verwaltung unter Zugzwang, ihren Auftrag und ihre Struktur weiterzuentwickeln.
Bürger und Unternehmen, die Leistungsempfänger der öffentlichen Verwaltung, sind
anspruchsvoller geworden. Sie haben höhere Erwartungen gegenüber der Qualität, aber auch
der Verfügbarkeit der Dienstleistungen der Behörden und sie sind mündiger geworden. Sie
lehnen die unpersönliche Bedienung und die unbefriedigende Fachkompetenz der
Verwaltungsmitarbeiter ab. Das Unverständnis über die langsame und leistungsschwache
Bearbeitung von Verwaltungsprozessen wird weiterhin durch die mangelnde Transparenz der
bürokratischen Organisationsstrukturen verstärkt. Oft kennt oder beherrscht die Verwaltung
die internen Prozesse selbst nicht.
In den letzten Jahren hat sich ebenfalls der Wettbewerb zwischen den Kommunen verschärft
und ist globaler geworden. Städte konkurrieren nun auf dem internationalen Parkett in den
19
KGSt (Hrsg.): Das neue Steuerungsmodell, <URL: http://www.kgst.de/gutachten/b0593/b0593_3.html>,
online: 12.12.01.
20
Vgl. Reinermann, H.: Zum Was und Wie der Neuen Steuerungsmodelle, in: Scheer, A.-W.; Friederichs, J.
(Hrsg.): Schriften zur Unternehmensführung, 57. Aufl., (Gabler) Wiesbaden 1996, S. 31-39, S. 32.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
7
Bereichen der Einwohner-, Gewerbe- und Industrieanlagenansiedlung und nicht zuletzt bei
sogenannten "weichen Faktoren" der Standortattraktivität (z. B. kulturelles Angebot).
21
Um diesen Missständen Abhilfe zu leisten, wurde das Konzept des New Public Management
(NPM) auf internationaler Ebene entwickelt. NPM ist kurzgefasst eine ,,Führung durch
Verträge (Kontraktmanagement)"
22
. Das neue Wirtschaften beinhaltet eine Kommunikation
und ein Handeln, die sowohl ziel- als auch ergebnisgesteuert sind. Dies schlägt sich im
Personalmanagement, Informationsmanagement und in der Interaktion mit der Außenwelt
nieder. Damit wird ein neues Bewusstsein für Leistung und Kosten geschaffen.
Zu dem verlangt das NPM eine verstärkte Adressatenorientierung, d. h. den Handelnden
werden die Wünsche und Bedürfnisse der Abnehmer bewusst. Die Außenorientierung und das
Interesse an den Austauschbeziehungen mit der Umwelt sind neu. NPM bedeutet auch eine
Konzentration auf Kernkompetenzen. Tätigkeiten, für die es nachweisbar keine Gründe gibt,
sie durch die öffentliche Hand auszuführen, sollten auch im Sinne der Deregulierung des
überzogenen Regelwerkes an private Unternehmen übertragen werden. Einhergehend mit den
bisher genannten Veränderungspunkten ist das Entdecken des Humankapitals und die damit
verbundenen Mitarbeiterführung. Arbeit soll nun ganzheitlich organisiert werden. Das ziel-
und ergebnisorientierte Handeln überträgt dem Einzelnen mehr Verantwortung und
konfrontiert die Verwaltungsmitarbeiter somit mit Chancen und Risiken. Schließlich soll
durch das NPM die straffe Hierarchie einer vernetzten, fraktalen Organisation weichen. Das
prozessorientierte Denken setzt die Prinzipien der fraktalen Organisation: Selbststeuerung,
Selbstorganisation, Selbstverantwortung und Selbstähnlichkeit voraus.
23
Das deutsche Pendant zum New Public Management ist das neue Steuerungsmodell (NSM).
Es stellt eine wichtige Etappe in der Reform der öffentlichen Verwaltung in Deutschland dar.
Das neue Steuerungsmodell wurde Anfang der 90er Jahre von der kommunalen
Gemeinschaftsstelle
(KGSt)
entwickelt.
Angelehnt
an
Erfahrungen
und
Konzepte
niederländischer Kommunen hat es die Verwaltungsmodernisierung als Ziel, indem es die
ganzheitliche Betrachtung des Verwaltungsapparates und die effektive Kombination aus
21
Vgl. Tausch, C.: Unternehmen Stadt Passau, in: Büscher, H. C.; Hewel, B.; Volz, J. (Hrsg.): Öffentliche
Verwaltung ­ modern und zukunftsfähig, 9. Aufl., (Fachhochschulverlag) Frankfurt/Main 2000, S. 32-40, S. 32.
22
Reinermann, H.: Zum Was und Wie der Neuen Steuerungsmodelle, in: Scheer, A.-W.; Friederichs, J. (Hrsg.):
Schriften zur Unternehmensführung, 57. Aufl., (Gabler) Wiesbaden 1996, S. 31-39, S. 32.
23
Vgl. Reinermann, H.: Zum Was und Wie der Neuen Steuerungsmodelle, in: Scheer, A.-W.; Friederichs, J.
(Hrsg.): Schriften zur Unternehmensführung, 57. Aufl., (Gabler) Wiesbaden 1996, S. 31-39, S. 32-36.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
8
verschiedenen verwaltungstechnischen Elementen voraussetzt.
24
Folgende Ziele werden
verfolgt:
25
· Kontraktmanagement: Dient der Herausbildung einer klaren Verantwortungs-
abgrenzung zwischen Politik und Verwaltung
· Dezentrale Führungs- und Organisationsstruktur: Erlaubt dezentrale Ressourcen-
verantwortung, die Schaffung von Leistungs- und Kostentransparenz, zentrales
Controlling, die Überprüfung der Fertigungstiefe kommunaler Leistungserstellung und
die Herausbildung einer produktorientierten Spartenorganisation
· Outputsteuerung: Wird durch einen Haushaltsplan und ein neues Berichtswesen
ermöglicht
· Personalentwicklung: Aus- und Fortbildung, leistungsorientierte Entgeltsysteme und
Veränderung der Verwaltungskultur hin zu einer lernenden Verwaltung
· Kundenorientierung: Ermöglicht durch Produktorientierung und Qualitäts-
management
· Wettbewerbselemente: Führt zur Aktivierung der Struktur
Das neue Steuerungsmodell hat in seiner zehnjährigen Anwendungsphase positive Ergebnisse
hervorgebracht. Wie aus einem Bericht der KGSt hervorgeht, sind 50% der Kommunen heute
Dienstleister im Interesse der Bürger und ,,43 Prozent [der Kunden] erlebten bei ihrem
Behördenbesuch eine unkomplizierte und rasche Erledigung ihrer Anliegen."
26
Das
Ziel,
die
Kommunalverwaltung
zum
öffentlichen
Dienstleistungsunternehmen
umzuwandeln, ist erreichbar. Das zeigen die Erfahrungen vergleichbarer westlicher
Industriestaaten, die den gleichen Zwängen schon vor etwa zehn Jahren ausgesetzt waren.
27
Der
schrittweise Aufbau
einer unternehmensähnlichen, dezentralen
Führungs- und
Organisationsstruktur
soll
durch
Wettbewerb
aktiviert
werden.
Die
mit
dem
Umwandlungsprozess einhergehenden Verhaltensänderungen sollen letztlich eine andere
"Verwaltungskultur" erzeugen.
28
24
Vgl. Grimmer, K.: Politische Rahmenbedingungen für die Verwaltungsmodernisierung mit IT, in: Gora, W.;
Bauer, H. (Hrsg.): Virtuelle Organisationen im Zeitalter von E-Business und E-Government, (Springer) Berlin et
al. 2001, S. 333-348, S. 333-334.
25
Vgl. Bugomil, J.; Kissler, L.: Vom Untertan zum Kunden? ­ Möglichkeiten und Grenzen von
Kundenorientierung in der Kommunalverwaltung, 2.Aufl., (Sigma) Berlin 1998, S. 73-74.
26
Hilbertz, H.-J.: Zehn Jahre Neues Steuerungsmodell <URL:
http://www.kgst.de/gutachten/info/i4609_01.html>, online 23.11.01.
27
Vgl. Accenture (Hrsg.): Rhetoric vs Reality ­ Closing the Gap, <URL:
http://www.accenture.com/xd/xd.asp?it=enWeb&xd=Industries%5CGovernment%5Cgove_study.xml>, online:
03.01.02.
28
Vgl. KGSt (Hrsg.): Das neue Steuerungsmodell, <URL: http://www.kgst.de/gutachten/b0593/b0593_3.html>,
online: 12.12.01.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
9
Hier ist es entscheidend, dass in Zukunft das Augenmerk mehr auf den Output
(Leistungsorientierung) als auf die Haushaltsmittel (Inputorientierung) gerichtet wird. Man
verspricht sich ein ,,Zurückdrängen der stark zufallsabhängigen Einzelfallentscheidungen und
inputorientierten Programmsteuerung, [eine] Optimierung der Leistungserstellungsprozesse,
eine Erhöhung der Eigenverantwortlichkeit der VerwaltungsmitarbeiterInnen und damit auch
eine Verbesserung der Mitarbeitermotivation"
29
.
Entscheidend bei dem durchaus vernünftigen und gleichzeitig überfälligen Ansatz des neuen
Steuerungsmodells ist das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente der Reform. Da die
einzelnen Segmente eng miteinander verknüpft sind, ist das Maß, mit dem der
Wirkungszusammenhang berücksichtigt wird, ein wichtiger Erfolgsfaktor.
2.1.3
E-Government
2.1.3.1 Grundlagen des E-Government
,,Electronic Government ist eine Organisationsform des Staates, welche die Interaktionen und
Wechselbeziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern, privaten Unternehmungen,
Kunden und öffentlichen Institutionen durch den Einsatz von moderner Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) integriert."
30
E-Government wird gelegentlich als E-Business des Staates bezeichnet. Diese Aussage ist
allerdings bei näherem Vergleich der von öffentlicher Hand und privatwirtschaftlichen
Unternehmen verfolgten unterschiedlichen Strategien nicht zutreffend. Es handelt sich bei
E-Government nicht, wie vielfach vermutet, um einen Teilbereich des E-Business.
E-Government ist vielmehr ein gleichberechtigtes Konzept neben dem E-Business, welches
das NPM unterstützt und seine Wurzeln in der Verwaltungsinformatik hat.
31
Darüber hinaus
sind private Unternehmen und öffentliche Verwaltungen nicht mit den gleichen konstitutiven
Elementen konfrontiert. Ein Unternehmen hat Kapitalgeber, die einen Zins verlangen,
Produkte, deren Portfolio es bestimmen kann, Kunden, die freie Wahl zwischen den auf dem
Markt befindlichen Produkten haben und den Marktpreis zahlen, Ressourcen wie Geld,
Personal, Organisation und Informationssysteme und agiert schließlich in einem Markt, in
29
Pinkwart, A.: Erfolgsfaktoren der Verwaltungsreform, in: Büscher, H. C.; Hewel, B.; Volz, J. (Hrsg.):
Öffentliche Verwaltung ­ modern und zukunftsfähig, 9. Aufl., (Fachhochschulverlag) Frankfurt/Main 2000, S.
8-20, S. 9.
30
Schedler, K.: eGovernment und neue Servicequalität der Verwaltung, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 33-51, S. 35.
31
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 14.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
10
dem Konkurrenz herrscht. Die öffentliche Verwaltung dagegen verfügt vor allem über
Ressourcen und muss ihre Produkte und Kunden erst noch definieren.
32
Dennoch werden die
Grenzen zwischen E-Government und E-Business wegen zahlreichen Verflechtungen durch
Mischformen, aber auch vergleichbaren technologischen Grundstrukturen und angewandten
IT-Konzepten zunehmend unscharf.
Während es sich bei dem E-Government ­ auch partizipatives E-Government genannt ­ um
die Anwendung von IT in der Verwaltung handelt, konzentriert sich E-Governance, oder
regulatives E-Government, auf die Schaffung von Rahmenbedingungen zur Förderung der
Informationsgesellschaft, z. B. gesetzliche Neuerungen.
33
Im Rahmen der Neukonzeption von
staatlichen Strukturen bedürfen die Organisation (Projektorganisation, Auswirkungen auf
Aufbau- und Ablauforganisation) und die Rechtsfragen (E-Government kann noch weniger
als E-Business isoliert von juristischen Fragen behandelt werden) einer besonderen
Untersuchung.
34
Das Erfassen, Gliedern und Optimieren unternehmerischer Abläufe mit Hilfe technologischer
Unterstützung kennzeichnen das E-Government. Die daraus resultierende Ähnlichkeit mit
E-Business wird in folgender Abbildung verdeutlicht:
Abbildung 2: Die Elemente des E-Government
35
,,E-Government beinhaltet die Integration der internen Verwaltungsprozesse mit den
vorangehenden oder nachgelagerten Austausch- und Kommunikationsprozessen mit externen
32
Vgl. Bugomil, J.; Kissler, L.: Vom Untertan zum Kunden? ­ Möglichkeiten und Grenzen von
Kundenorientierung in der Kommunalverwaltung, 2.Aufl., (Sigma) Berlin 1998, S. 16.
33
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 16.
34
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 14-18.
35
Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.): eGovernment
­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 16.
eGovernment
Amtstelle
Kunden
Lieferant
eProcurement
eOrganization
eAssistance
eAdministration
eDemocracy
Citizen Relationship Management
Supply Chain Management

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
11
Prozessteilnehmern. Dabei sorgen die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
für eine einheitliche technologische Grundlage bei der Produktion öffentlicher Güter, für
deren Austausch mit Anspruchsgruppen und Lieferanten sowie für die Integration aller
Systemelemente auf Prozessebene."
36
Aichholzer und Schmutzer teilen die Anwendungsgebiete des E-Government in drei
Kategorien auf:
37
· E-Assistance: Verwaltungsseitige, informationstechnische Hilfe bei der Unterstützung
der alltäglichen Lebensgestaltung
· E-Administration:
Informationstechnische
Unterstützung
des
amtlichen
Geschäftsverkehrs
· E-Democracy: Konzept der elektronischen Unterstützung von demokratischen
Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen
Schedler benennt die drei Kategorien anders (Electronic Public Services, Electronic
Production Networks und Electronic Democracy and Participation), grenzt sie aber ähnlich
ab.
38
Weiterhin kann der Interaktionsgrad zwischen der Verwaltung und seinen Kunden in drei
Kategorien eingeteilt werden:
39
· Informationsstufe: Beinhaltet nur den statischen Abruf von Informationen
· Kommunikationsstufe: Dreht sich um den Austausch von Informationen
· Transaktionsstufe: Umfasst die Auslösung von Prozessen für das Abwickeln von
Verwaltungsabläufen
Die Einteilung des Interaktionsgrades zwischen Verwaltung und ihren Kunden geschieht laut
Gisler in drei Stufen: Information, Kommunikation und Transaktion.
40
Kunkel sieht ebenfalls
drei Komplexitätsebenen die sich jedoch von den eben genannten unterscheiden: Information,
Transaktion und Prozessintegration.
41
Der Ansatz von Kunkel birgt die Gefahr, dass der wie
ein Vorgehensmodell wirkende Ansatz die Integration bei Information und Transaktion
36
Schaffroth, M.: Welches Informationsmanagement braucht eGovernment ?, in: «eGov Präsenz» ­ Bulletin des
Kompetenzzentrums eGovernment, 1(2001)2, S. 13-17, S. 13
37
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 23.
38
Vgl. Schedler, K.: eGovernment und neue Servicequalität der Verwaltung, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 33-51, S. 37.
39
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 24.
40
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 24.
41
Vgl. Kunkel, R.: Bürgernähe und Verwaltungseffizienz ­ Praxiserprobte Lösungen für die Öffentliche Hand,
in: Picot, A.; Quadt, H.-P. (Hrsg.): Verwaltung ans Netz!, (Springer) Berlin et al. 2001, S. 135-151, S. 138.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
12
auslässt. Daher wird im weiteren Verlauf die Gliederung von Gisler verwendet und die
Integration auf allen Stufen angestrebt.
Abbildung 3: Interaktionsgrade im E-Government
42
Technologie spielt bei E-Government eine wichtige Rolle. Man kann sie in die Komponente
Informationstechnologie (Erstellung von Produkten und Dienstleistungen, Manipulation und
Speicherung von Daten) und die Komponente Kommunikationstechnologie (elektronische
Übermittlung dieser Produkte, Dienstleistungen und Daten) unterteilen.
43
Integrierte
Lösungen im E-Government sind selbstverständlich wünschenswert, aber auch nicht
integrierte Lösungen können die Bezeichnung E-Government verdienen, denn das
entscheidende Kriterium ist der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie.
Veränderungen, die bereits mit dem New Public Management eingeleitet worden sind,
werden jetzt informationstechnisch in die Tat umgesetzt. E-Government kann als
Potenzialelement des NPM angesehen werden, indem es neue Möglichkeiten zur
Entscheidungsfindung und Leistungserstellung bietet und die Abgabe von Leistungen
vereinfacht und optimiert.
44
Allerdings liegt es an den Verantwortlichen in Politik und
Verwaltung, strategische Entscheidungen zugunsten des E-Government zu fällen.
2.1.3.2 Status Quo des E-Government
Die Diskrepanz zwischen dem Anspruch auf Einführung moderner Konzepte und
Technologien und deren tatsächliche Realisierung ist kein typisches Problem der Verwaltung.
Viel typischer ist jedoch die besondere Schwierigkeit Dinge schnell zu verändern. Anders als
42
In Anlehnung an: Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D.
(Hrsg.): eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13­30, S.
25.
43
Vgl. Gisler, M.: Einführung in die Begriffswelt des eGovernment, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 13-30, S. 23.
44
Vgl. Schedler, K.: eGovernment und neue Servicequalität der Verwaltung, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 33-51, S. 42.
Information
Kommunikation
Transaktion
Maß der
Komplexität und
Sicherheitsanforderung
Niedrig
Hoch

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
13
private Unternehmungen, die Netzwerkstrukturen bevorzugen, ist der Staat ein besonders
schwerfälliger, hierarchisch gegliederter Apparat mit komplexem sozialem, wirtschaftlichem,
regulierendem und umweltpolitischem Auftrag. Die Struktur der öffentlichen Verwaltung
einem neuen Modell der Leistungserbringung und Kundenorientierung zu unterziehen, ist
folglich nur mit umfangreicher Überzeugungsarbeit und nicht zu unterschätzenden
Widerständen zu vollbringen.
Es gibt aber auch externe Faktoren, die eine zügige Realisierung von E-Government-
Vorhaben ausbremsen. Schedler sieht drei wesentliche Gründe für den mangelnden Anreiz bei
Verwaltungen, E-Government-Projekte in Angriff zu nehmen. Durch die Monopolstellung der
Kommunen gibt es wenig Gefahr durch Konkurrenzangebote etwa aus dem Internet aus dem
Markt gedrängt zu werden. Weiterhin gibt es so gut wie keine Aussicht auf Belohnung für
bessere Angebote oder besseren Service. Durch das Problem der digitalen Spaltung
schließlich werden bestimmte Teile der Bevölkerung nicht von den E-Government-
Leistungen
erreicht. Dies macht eine Parallelführung traditioneller und moderner
Kontaktkanäle notwendig.
45
Bei
digitaler
Spaltung
handelt
es
sich
um
die
Ausgrenzung
bestimmter
Bevölkerungsgruppen bei der Nutzung von digitalen Medien. Diese Ausgrenzung ist auf
verschiedene und meist komplexe Ursachen wie Alter, Ausbildungsstand, Wohnort usw.
zurückzuführen. In Deutschland werden im Jahr 2003 beispielsweise 21 Millionen Menschen
von der Nutzung des Internets ausgeschlossen.
46
Dennoch gibt es zahlreiche Entwicklungen die zeigen, dass E-Government in der Praxis,
zumindest was das Vorhaben anbelangt, starken Zuspruch erhält. Österreich will
beispielsweise mit dem Portal www.help.gv.at die ,,modernste Verwaltung Europas"
werden.
47
Neuseeland zeigt sich besonders optimistisch in Bezug auf die Umsetzung: ,,2004
wird das Internet das beherrschende Medium sein um den einfachen Zugang zu
administrativen Informationen, Dienstleistungen und Prozessen zu ermöglichen [...].
Neuseeland wird weltweit führend im E-Government sein."
48
45
Vgl. Schedler, K.: eGovernment und neue Servicequalität der Verwaltung, in: Gisler, M.; Spahni, D. (Hrsg.):
eGovernment ­ Eine Standortbestimmung, 2. Aufl., (Verlag Paul Haupt) Bern et al. 2001, S. 33-51, S. 48.
46
Vgl. Booz Allen & Hamilton (Hrsg): Digitale Spaltung in Deutschland, <URL:
www.initiatived21.de/news/disp.pdf>, online: 20.12.01.
47
Vgl.
Wiener
Zeitung
Online
(Hrsg.):
Das
Leitbild
der
Bediensteten
des
Bundes,
<URL:
http://verwaltungheute.wienerzeitung.at/leitbild.htm?Geleitwort1>, online: 20.12.01.
48
Ministry of State Services (Hrsg.): Government.nz@your.service, <URL: http://www.e-government.govt.nz> ,
online: 23.11.01.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
14
Abbildung 4: Weltweiter Vergleich der E-Government Service-Reife
49
Im weltweiten Vergleich sind laut einer Studie von Accenture die drei Länder mit der
ausgeprägtesten Service-Reife, d. h. die Kombination von Service-Angebot und Service-
Qualität, die Länder Kanada, dicht gefolgt von Singapur und den USA. Europäische Länder
wie Deutschland (Platz 15) und Frankreich (Platz 11) befinden sich im Mittelfeld. Besser
behauptet sich das Vereinigte Königreich (Platz 8). Skandinavische Länder wie Norwegen
(Platz 4) oder Finnland (Platz 6) sind europaweit führend.
Wie die Studie weiterhin zeigt, sind Zuwächse in Service-Reife von 2000 auf 2001 höchst
unterschiedlich. Interessanterweise scheinen nicht zwangsläufig die Länder mit der größten
Finanzkraft oder den besseren sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Bedingungen die
besten Resultate zu erzielen. Viel wichtiger für das erfolgreiche Managen von E-Government
sind Führungsstärke und politischer Wille, strenge Ergebnisorientierung und klare
Verantwortlichkeiten.
50
Auf europäischer Ebene zeigen zahlreiche Ergebnisse dass Verwaltungen die Wichtigkeit von
E-Government erkannt und IT-Projekte in Gang gesetzt haben. Obwohl jedoch gewaltige
Summen in Portale und Web-Seiten investiert wurden, fehlt es an klaren Investitionsstrategien
und Abgrenzungen der Budgetverantwortung zwischen den einzelnen Verwaltungsebenen.
49
Accenture (Hrsg.): Anspruch und Wirklichkeit ­ eGovernment in Deutschland, <URL:
http://www.accenture.de/co_index2.html?co_de_4_0_publikationen/4_2_studien/index_content.cfm>, online:
03.01.02.
50
Vgl. Accenture (Hrsg.): Rhetoric vs Reality ­ Closing the Gap, <URL:
http://www.accenture.com/xd/xd.asp?it=enWeb&xd=Industries%5CGovernment%5Cgove_study.xml>, online:
03.01.02.
K
anada
Spitzenreiter
Aufsteiger
Hoffnungsträger
Nachzügler
100%
60%
40%
20%
0%
80%
S
e
rv
ice-R
e
if
e
S
ingapur
US
A
N
o
rw
egen
A
u
s
tra
lie
n
F
innl
and
N
iederl
ande
UK
N
eus
eel
and
H
ong
K
ong
F
rank
rei
c
h
S
pani
en
Ir
land
P
o
rt
ugal
D
eut
s
c
h
land
B
e
lg
ie
n
J
apan
B
ra
s
ilie
n
S
üdaf
ri
k
a
Ita
lie
n
M
e
xi
ko
M
a
la
ysi
a
Reife der Länder

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
15
Nicht zuletzt die, für die Verwaltung typische, Reformabneigung ist ein Grund für die
ineffektive Umsetzung eines europäischen E-Government.
51
In Deutschland hat mittlerweile ein Drittel der deutschen Kommunen einen eigenen
Webauftritt. Nach Schätzungen des deutschen Städte- und Gemeindebundes sollen 2005 über
5000 Städte und Kommunen online sein. Während fast alle Städte und Gemeinden mit mehr
als 10.000 Einwohnern im Internet vertreten sind, tun sich Gemeinden mit weniger als 1.000
Einwohnern noch schwer und können nur selten per Mausklick besucht werden.
52
Im internationalen und europäischen Vergleich befindet sich die Bundesrepublik jedoch nur
im Mittelfeld. Gründe dafür liegen in der fehlenden zentralen Steuerungsinstanz, die zu weit
weniger ausgereiften Online-Angeboten auf Bundesebene führt als es auf Staatsebene in
anderen Ländern der Fall ist. Eine überregionale Initiative fehlt und die Behörden, abgesehen
von Post- und Bildungssektor, begnügen sich weitgehend damit Informationen online zu
schalten. Ausnahmen sind Städte wie Bremen, Dortmund, Essen, Nürnberg, die zeigen, dass
,,finanzielle, juristische und strukturelle Hürden durchaus überwunden werden können."
53
In
Deutschland ist das Service-Angebot (Zahl der verfügbaren Dienstleistungen und die
jeweilige Reife) bei Bürgern ausgeprägter als bei Unternehmen. Die Untersuchung hat
gezeigt, dass die hauptsächlichen Probleme fehlende finanzielle Mittel, gesetzliche Hürden,
technische und strukturelle Defizite und politische Hindernisse sind.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im internationalen Vergleich in deutschen
Städten die Funktionalität, Ausgereiftheit und Qualität des Service niedrig sind. Hier gibt es
Nachholbedarf verglichen mit anderen Ländern und mit dem technisch Machbaren. Gerade
und insbesondere im Sinne einer gesteigerten Kundenorientierung sind Verbesserungs-
potenziale weitgehend vorhanden.
51
Vgl. Maio di, A.: European e-Government ­ Rushing to Crash? <URL:
http://www.gartner.com/1_researchanalysis/focus/gov111601.html>, online: 02.01.02.
52
Vgl. Deutscher Städte und Gemeindebund (Hrsg.): Kommunale Auftritte im Internet, <URL:
http://www.dstgb.de/index_inhalt/homepage/index.html>, online: 02.01.02.
53
Accenture
(Hrsg.):
Anspruch
und
Wirklichkeit
­
eGovernment
in
Deutschland,
<URL:
http://www.accenture.de/co_index2.html?co_de_4_0_publikationen/4_2_studien/index_content.cfm>,
online:
03.01.02.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
16
2.2 Das Konzept des Customer Relationship Management
2.2.1
Konsequente Kundenorientierung als neue Maxime im Marketing
Das 20. Jahrhundert und insbesondere die zwei letzten Jahrzehnte haben mit ihren
informationstechnischen Neuerungen, dem Niedergang von traditionellen Industriezweigen
und nicht zuletzt durch zahlreiche Fusionen und Akquisitionen das wirtschaftliche Gefüge
tiefgreifend verändert. Die Wandlung von Verkäufer- zu Käufermärkten, zunehmender Zeit-
und Servicewettbewerb, Überkapazitäten, Dynamisierung und Globalisierung der Märkte und
sich schnell verändernde Kundenbedürfnisse machen eine noch stärkere Ausrichtung der
Unternehmen an ihren Kunden erforderlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Phase der
internen Orientierung gegen Ende der 80er Jahre hat sich eine Phase der externen
Orientierung ­ hin zum Kunden ­ angeschlossen.
54
Der klassische Marketingansatz mit den auf kurzfristige Erfolge abzielenden Marketing- und
Vertriebsfunktionen wird zunehmend in Frage gestellt. Oft fehlte das Gesamtkonzept, das alle
Unternehmensbereiche
in
den
Entscheidungsprozess
integriert
und
die
konkrete
Herausarbeitung des Kundennutzens in einer langfristigen Beziehung vorgibt. Das über die
Massenmedien forcierte Werben führte zu einem Informationsüberfluss und generell
beschäftigte man sich in der unternehmerischen Praxis in der Beziehung B2C nur
unzureichend mit dem Kunden als Individuum. Produkt- und Technikausrichtung hatten
Vorrang vor den Interessen des Kunden.
55
Diese Probleme sind zwar nicht neu, haben aber u.a. durch den Wettbewerbsdruck und
aufgrund von Produkten, die sich kaum noch voneinander unterscheiden, eine nicht mehr
abzustreitende Auswirkung auf den Unternehmenserfolg.
56
Um effektiv gegen schwindende
Margen und fallende Marktanteile anzukämpfen, sehen Unternehmer in der wiederentdeckten
Kundenorientierung den
erfolgsversprechenden
Ausweg. Kundenorientierung ist die
,,Ausrichtung aller marktrelevanten Maßnahmen eines Unternehmens an den Bedürfnissen
und Problemen der Kunden."
57
Die Rede ist von ,,der Kunden-Orientierung, die die Produkt-
54
Vgl. Homburg C., Bruhn M.: Kundenbindungsmanagement ­ Eine Einführung in die theoretischen und
praktischen Problemstellungen, in: Bruhn M., Homburg C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 3.
Aufl., (Gabler) Wiesbaden 2000, S. 3-38, S. 5.
55
Vgl. Rapp, R.: Customer Relationship Management ­ Das neue Konzept zur Revolutionierung der
Kundenbeziehungen, (Campus Verlag) Frankfurt/Main 2000, S. 23-25.
56
Vgl. Schwede, S.: Vision und Wirklichkeit von CRM, in: IM ­ Die Fachzeitschrift für Information
Management & Consulting, 15(2000)1, S. 7-11, S. 7-8.
57
Gabler (Hrsg.): Wirtschafts-Lexikon, 14. Aufl., (Gabler) Wiesbaden 1997, S. 2336.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
17
Orientierung endgültig ablöst."
58
Hierfür muss das Unternehmen die ,,zufriedenstellenden
Kundenwünsche sorgfältig festlegen [...] und zwar aus der Sicht des Kunden, und nicht aus
der eigenen Sicht."
59
Wichtiger als der systematische Einsatz von Ressourcen wie Kapital und
Arbeit ist die Information über die Kunden und die Fähigkeit diese so einzusetzen, dass sich
daraus langfristige Wettbewerbsvorteile ergeben.
60
Die wiederentdeckte Kundenorientierung
wird
zusätzlich
durch
technologische
Entwicklungen
wie
Internet,
innovative
Datenanalyseverfahren
usw.
gefördert
und
eine
differenzierte
Kundenbearbeitung
informationstechnisch ermöglicht.
Neben der Kundenorientierung sind im Sinne des Kundenbeziehungsmanagements folgende
Bestandteile zu berücksichtigen:
61
· Wirtschaftlichkeitsorientierung: Differenzierte Bearbeitung des Kunden in
Abhängigkeit von der Kundenwertigkeit
· Systematisierung: Unternehmensübergreifende und langfristige Orientierung der
Kundenbearbeitung über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg
· Individualisierung: Ausrichtung des Unternehmens gezielt auf einzelne Kunden bzw.
Kundensegmente
· IT-Anwendung: Kontinuierliche, systematische und gezielte Aufnahme sowie
zentrale Verarbeitung von Markt- und Kundeninformationen)
Die konsequente Kundenorientierung als neue Maxime im Marketing soll durch das Konzept
des Customer Relationship Management instrumentalisiert werden. Ziel ist es, durch
Kundenzufriedenheit und erhöhte Kundenbindung, das Unternehmensergebnis positiv zu
beeinflusst werden.
2.2.2
Grundlagen Customer Relationship Management
Eine einheitliche Definition von CRM liegt bis heute nicht vor. Es besteht Unklarheit darüber,
ob es sich dabei um eine Unternehmensstrategie, eine Unternehmensphilosophie, um eine
58
Lettau, H.-G.: Gelebte Kunden-Orientierung, in: Marketing Journal, o. Jg. (1998)2, S. 94-95, S. 94.
59
Kotler, P.: Marketing-Management ­ Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, (Poeschel) Stuttgart 1992,
S. 26.
60
Vgl. Rapp, R.: Customer Relationship Management ­ Das neue Konzept zur Revolutionierung der
Kundenbeziehungen, (Campus Verlag) Frankfurt/Main 2000, S. 19.
61
Vgl. Homburg, C.; Sieben, F. G.: Customer Relationship Management (CRM) ­ Strategische Ausrichtung statt
IT-getriebenem Aktivismus, in: Bruhn M., Homburg C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 3.
Aufl., (Gabler) Wiesbaden 2000, S. 473-501, S. 476.

CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung im Beziehungsverhältnis A2B
18
Softwarelösung oder doch nur um einen neuen Begriff der Wirtschaftsinformatik für
Kundenorientierung handelt.
62
Shaw definiert CRM wie folgt:
63
"Customer Relationship Management bezeichnet ein interaktives Vorgehen mit dem Ziel, das
optimale Gleichgewicht zwischen unternehmensseitigen Investitionen und der Befriedigung
von Kundenbedürfnissen zu erreichen, um so den Gewinn zu maximieren. Die wesentlichen
Aufgaben von Kundenbeziehungsmanagement sind:
· Messung der Aufwendungen für alle Aktivitäten einschließlich der Marketing-,
Verkaufs-, und Service-Kosten und der Erträge in Form von Kundeneinnahmen,
Kundengewinn und Kundenwert
· Gewinnung und laufende Aktualisierung von Wissen über Kunden (Bedürfnisse,
Motivation und Verhalten), Produkte und Umfeld (Märkte, Konkurrenten,...)
· laufende Anwendung dieses Wissens in allen Unternehmensprozessen insbesondere
im Marketing, Verkauf und Service mit dem Ziel die Performance durch Lerneffekte
zu verbessern
· Integration der Aktivitäten in Marketing, Verkauf und Service zur Erreichung
gemeinsamer Ziele
· Einsatz von geeigneten Informationssystemen zur Unterstützung aller genannten
Aufgaben von CRM, insbesondere der Wissensgewinnung und der Wissensnutzung
sowie der Integration und der Messung der Effektivität von Customer Relationship
Management
· laufende Anpassung der CRM-Aktivitäten an sich ändernde Kundenbedürfnisse"
Homburg veröffentlichte eine kürzere Fassung des CRM: ,,[CRM umfasst] die Planung,
Durchführung, Kontrolle sowie Anpassung aller Unternehmensaktivitäten, die zu einer
Erhöhung der Profitabilität der Kundenbeziehung und damit zu einer Optimierung des
Kundenportfolios beitragen."
64
Auch wenn CRM oft als IT-Lösung eingestuft wird, so war es in den Anfängen ein reines
Marketing- und Vertriebskonzept, das erst später durch entsprechende Software, DV-
62
Vgl. Schwede, S.: Vision und Wirklichkeit von CRM, in: IM ­ Die Fachzeitschrift für Information
Management & Consulting, 15(2000)1, S. 7-11, S. 7.
63
Shaw, R.: Defining customer relationship marketing and management, <URL:
http://www.eccs.uk.com/resources/define.asp>, online: 14.12.01.
64
Homburg, C.; Sieben, F. G.: Customer Relationship Management (CRM) ­ Strategische Ausrichtung statt IT-
getriebenem Aktivismus, in: Bruhn M., Homburg C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 3. Aufl.,
(Gabler) Wiesbaden 2000, S. 473-501, S. 475.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832459932
ISBN (Paperback)
9783838659930
DOI
10.3239/9783832459932
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
government customer relationship management baugenehmigungsverfahren
Zurück

Titel: CRM-Systeme in der öffentlichen Verwaltung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
115 Seiten
Cookie-Einstellungen