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Erfolgsfaktoren der Markentransferstrategie

©2002 Diplomarbeit 128 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Kosten für Neuprodukteinführungen und die Anzahl der fehlgeschlagenen Neuprodukteinführungen sind in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Die Steigerung der Kosten, insbesondere der Werbekosten, ist dabei auf die Informationsüberflutung der Konsumenten und die steigende Anzahl der Marken, die um die Aufmerksamkeit der Kunden kämpfen, zurückzuführen. Außerdem führen auch gestiegene Listungskosten beim Handel zur Steigerung der Kosten für eine Neuprodukteinführung. Entsprechend den Kostensteigerungen sind auch die Flop-Raten sehr hoch. Sie schwanken je nach Markt zwischen 33% und 90%. Zudem ist das Bewusstsein gewachsen, die Marke als eine Investition zu betrachten und dementsprechend möglichst gewinnbringend einzusetzen. Dies zeigt sich insbesondere auch an der gestiegenen Vergabe von Warenzeichenlizenzen durch bekannte Markenartikelhersteller.
Das veränderte Bewusstsein und der Kosten- bzw. Erfolgsdruck hat die Markentransferstrategie, bei der ein neues Produkt unter einem bereits bekannten Markennamen eingeführt wird, als strategische Alternative zur Markeninnovationsstrategie, bei der ein neues Produkt unter einem neuen Namen eingeführt wird, in vielen Branchen in den Vordergrund gerückt. Dementsprechend hat z.B. der Anteil neuer Marken an den neu eingeführten Lebensmittelprodukten im Handel in Deutschland von 22% 1989 auf 4% 1994 abgenommen.
Die Markentransferstrategie erscheint dabei sowohl in den Augen der Praktiker als auch in den Augen der Theoretiker besonders reizvoll, weil davon ausgegangen wird, dass sie vor allem den Kosten- und Zeitaufwand für die Neuprodukteinführung und auch das Flop-Risiko reduziert und somit die Markteintrittsbarrieren nachhaltig senken kann. Dass diese Einschätzung auch von den Praktikern getragen wird, zeigt eine Befragung unter Entscheidern der deutschen Brauereiwirtschaft, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Marketingkosten für eine Neuprodukteinführung mit Hilfe einer Markentransferstrategie auf durchschnittlich nur ca. 67-70 Mio. DM, hingegen unter Verwendung einer Markeninnovationsstrategie auf durchschnittlich ca. 177 Mio. DM geschätzt werden.
Eine hohe Zahl an Misserfolgen unter den Neuprodukteinführungen auf Basis der Markentransferstrategie zeigt allerdings, dass die Markentransferstrategie nicht unter allen Bedingungen zum Erfolg führt. So zeigt z.B. eine Nielsen-Studie, bei der 115 Neuprodukteinführungen in fünf britischen und US-amerikanischen Märkten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Der Begriff der Marke
2.2 Der Begriff des Images
2.2.1 Die Darstellung der Imagestruktur mit Hilfe des semantischen Netzwerkmodells
2.3 Der Begriff des Markentransfers
2.3.1 Veränderung der Muttermarke
2.3.2 Verschiedenartigkeit von Stamm- und Transferprodukt
2.4 Der Begriff des Imagetransfers
2.4.1 Die Bedeutung des Imagetransfers im Rahmen des Markentransfers
2.4.2 Abgrenzung der Begriffe Imagetransfer und Markentransfer
2.4.3 Der Informationsverarbeitungsprozess
2.4.3.1 Informationsaufnahme
2.4.3.2 Wahrnehmung und Beurteilung
2.4.3.3 Lernen und Gedächtnis
2.4.3.4 Produktwahl und Kaufentscheidung

3 Erfolgsfaktoren der Markentransferstrategie
3.1 Die Begriffe Erfolg, Erfolgsfaktor und Transferpotential
3.2 Chancen und Risiken der Markentransferstrategie
3.2.1 Chancen der Markentransferstrategie
3.2.2 Risiken der Markentransferstrategie
3.2.3 Zusammenfassung
3.3 Die Erfolgsfaktoren im Einzelnen
3.3.1 Haupteffekte
3.3.1.1 Wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen Muttermarke und Transferprodukt (Fit)
3.3.1.2 Wahrgenommene Qualität der Muttermarke
3.3.1.3 Anzahl vorangegangener Markentransfers
3.3.1.4 Richtung und Reihenfolge vorangegangener Markentransfers
3.3.1.5 Varianz der Qualitätseinschätzung innerhalb der Muttermarke
3.3.1.6 Wahrgenommene Breite der Muttermarke
3.3.1.7 Wahrgenommene Qualitätsunterschiede in der Transferproduktkategorie
3.3.1.8 Kenntnisstand der Konsumenten
3.3.1.9 Wahrgenommene Schwierigkeit der Herstellung
3.3.1.10 Relevanz der transferierten Assoziationen
3.3.1.11 Imagestrukturtyp der Muttermarke
3.3.1.12 Zeitpunkt der Markteinführung des Transferprodukts im Lebenszyklus der Transferproduktkategorie
3.3.1.13 Art der Produktbeurteilung
3.3.1.14 Bekanntheit der Muttermarke
3.3.2 Interaktionseffekte
3.3.2.1 Interaktion zwischen der wahrgenommenen Qualität der Muttermarke und der wahrgenommenen Ähnlichkeit zwischen Muttermarke und Transferprodukt
3.3.2.2 Interaktion zwischen der wahrgenommenen Qualität der Muttermarke und dem Erfolg vorangegangener Markentransfers
3.3.2.3 Interaktion zwischen der wahrgenommenen Breite der Muttermarke und der wahrgenommenen Ähnlichkeit zwischen Muttermarke und Transferprodukt
3.3.2.4 Interaktion zwischen der wahrgenommenen Breite der Muttermarke und der wahrgenommenen Qualität der Muttermarke
3.3.2.5 Interaktion zwischen der wahrgenommenen Anzahl vorangegangener Markentransfers und der Qualitätsvarianz innerhalb der Muttermarke
3.3.2.6 Interaktion zwischen der Relevanz der transferierten Assoziationen und der wahrgenommenen Ähnlichkeit zwischen Muttermarke und Transferprodukt
3.3.2.7 Interaktion zwischen dem Kenntnisstand der Konsumenten und der wahrgenommenen Ähnlichkeit zwischen der Muttermarke und dem Transferprodukt
3.3.3 Zusammenfassung
3.4 Die relative Bedeutung der Erfolgsfaktoren
3.5 Kritik an der Forschung zu den Erfolgsfaktoren der Markentransferstrategie

4 Operationalisierung der Markentransferentscheidung
4.1 Das Modell von Schweiger
4.2 Das Modell von Esch, Fuchs, Bräutigam und Redler
4.3 Das Modell von Sattler

5 Praxisbeispiel: Markentransfers der Marke Nivea

6 Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Ausschnitt aus einem semantischen Netzwerk

Abb. 2: Einteilung des Informationsverarbeitungsprozesses in vier Teilprozesse nach Kroeber-Riel

Abb. 3: Das Dreispeicher-Modell

Abb. 4: Ähnlichkeit der Teilnetzwerke von Stamm- und Transferprodukt

Abb. 5: Unterscheidung von Typen des Kaufverhaltens nach dem Ausmaß der kognitiven Kontrolle

Abb. 6: Beziehung zwischen Involvement und Kaufverhalten

Abb. 7: Übersicht über Chancen und Risiken der Markentransferstrategie

Abb. 8: Darstellung des Fits mit Hilfe des semantischen Netzwerkmodells

Abb. 9: Beispiel für eine geordnete und eine ungeordnete Reihenfolge von Transferprodukten der Marke Adidas

Abb. 10: Darstellung der Reihenfolge und der Richtung von Markentransfers mit Hilfe des Vektorenmodells

Abb. 11: Gedächtnisstrukturen produktgeprägter und nutzengeprägter Images am Beispiel NIVEA

Abb. 12: Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren und ihres angenommenen Einflusses auf den Markentransfererfolg

Abb. 13: Relative Bedeutung der relevanten Erfolgsfaktoren auf den Markentransfererfolg

Abb. 14: Das Imagetransfermodell von Schweiger

Abb. 15: Beziehungen zwischen konzeptionellen Überlegungen und deren Umsetzungen

Abb. 16: Tempel der Markenerweiterung

Abb. 17: Produkt-Markenschema-Matrix zur Erfassung des Transferpotentials einer Marke

Abb. 18: Analyseschritte der Technologie zur Beurteilung der Erfolgschancen von Markentransfers von Sattler

Abb. 19: Markenausweitung der Marke Nivea

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Die Kosten für Neuprodukteinführungen und die Anzahl der fehlgeschlagenen Neuprodukteinführungen sind in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Die Steigerung der Kosten, insbesondere der Werbekosten, ist dabei auf die Informationsüberflutung der Konsumenten und die steigende Anzahl der Marken, die um die Aufmerksamkeit der Kunden kämpfen, zurückzuführen. Außerdem führen auch gestiegene Listungskosten beim Handel zur Steigerung der Kosten für eine Neuprodukteinführung (vgl. Esch/ Fuchs/ Bräutigam/ Redler, 2001, S. 759). Entsprechend den Kostensteigerungen sind auch die Flop-Raten sehr hoch. Sie schwanken je nach Markt zwischen 33% und 90% (vgl. Reiter, 1991, S. 210). Zudem ist das Bewusstsein gewachsen, die Marke als eine Investition zu betrachten und dementsprechend möglichst gewinnbringend einzusetzen (vgl. in diesem Sinn auch Smith/ Park, 1992, S. 296; Tauber, 1988, S. 26f). Dies zeigt sich insbesondere auch an der gestiegenen Vergabe von Warenzeichenlizenzen durch bekannte Markenartikelhersteller (vgl. Binder, 1997, S. 179f).

Das veränderte Bewusstsein und der Kosten- bzw. Erfolgsdruck hat die Markentransferstrategie, bei der ein neues Produkt unter einem bereits bekannten Markennamen eingeführt wird, als strategische Alternative zur Markeninnovationsstrategie, bei der ein neues Produkt unter einem neuen Namen eingeführt wird, in vielen Branchen in den Vordergrund gerückt. Dementsprechend hat z.B. der Anteil neuer Marken an den neu eingeführten Lebensmittelprodukten im Handel in Deutschland von 22% 1989 auf 4% 1994 abgenommen (vgl. Esch/ Fuchs/ Bräutigam/ Redler, 2001, S. 759f).

Die Markentransferstrategie erscheint dabei sowohl in den Augen der Praktiker als auch in den Augen der Theoretiker besonders reizvoll, weil davon ausgegangen wird, dass sie vor allem den Kosten- und Zeitaufwand für die Neuprodukteinführung und auch das Flop-Risiko reduziert und somit die Markteintrittsbarrieren nachhaltig senken kann (vgl. Aaker, 1990, S. 47; Aaker/ Keller, 1990, S. 27; Esch/ Fuchs/ Bräutigam/ Redler, 2001, S. 765; Hätty, 1989, S. 290; Lippegauss, 1984, S. 437; Mayer/ Mayer, 1987, S. 28; Mayerhofer, 1995, S. 108; Sattler, 1998, S. 476; Tauber, 1981, S. 38). Dass diese Einschätzung auch von den Praktikern getragen wird, zeigt eine Befragung unter Entscheidern der deutschen Brauereiwirtschaft, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Marketingkosten für eine Neuprodukteinführung mit Hilfe einer Markentransferstrategie auf durchschnittlich nur ca. 67-70 Mio. DM, hingegen unter Verwendung einer Markeninnovationsstrategie auf durchschnittlich ca. 177 Mio. DM geschätzt werden (vgl. Sattler, 1997a, S. 86).

Eine hohe Zahl an Misserfolgen unter den Neuprodukteinführungen auf Basis der Markentransferstrategie zeigt allerdings, dass die Markentransferstrategie nicht unter allen Bedingungen zum Erfolg führt. So zeigt z.B. eine Nielsen-Studie, bei der 115 Neuprodukteinführungen in fünf britischen und US-amerikanischen Märkten untersucht wurden, dass der Marktanteil nach zwei Jahren bei den Produkten, die mit Hilfe einer Markentransferstrategie eingeführt wurden, wesentlich geringer war als bei den Produkten, die mit Hilfe einer Markeninnovationsstrategie eingeführt wurden (vgl. Sharp, 1993, S. 12). Zu ähnlich ernüchternden Ergebnissen bezüglich der Markentransferstrategie kommt auch eine Untersuchung von Sullivan, bei der die Überlebensrate von 95 verschiedenen Marken aus dem Konsumgüterbereich nach sechs Jahren untersucht wurde. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Überlebensrate zwischen den neuen Produkten, die mit Hilfe einer Markentransferstrategie eingeführt wurden, und denen, die mit Hilfe einer Markeninnovationsstrategie eingeführt wurden (vgl. Sullivan, 1992, S. 798f).

Obwohl der Markentransferstrategie also ein erhebliches Erfolgspotential unterstellt wird und diese Erwartungen auch in der Praxis von einigen herausragenden Beispielen bestätigt werden (z.B. Markentransfers unter der Marke Nivea), weist die Praxis gleichzeitig aber auch eine Vielzahl von Fehlschlägen und Enttäuschungen auf. Es stellt sich also die Frage, welche Faktoren für den Erfolg einer Markentransferstrategie verantwortlich sind.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die folgende Arbeit geht also der Frage nach, welche Faktoren für den Erfolg einer Markentransferstrategie verantwortlich sind.

Hierzu sollen zunächst im Anschluss an dieses Kapitel einige Grundlagen, die für die Erschließung des Themas erforderlich sind, dargestellt werden. Vereinfacht ausgedrückt wird beim Markentransfer die Marke von einem Produkt auf ein anderes übertragen, um dadurch das Image der Marke durch einen Imagetransfer auf das neue Produkt zu übertragen. Entsprechend dieser stark vereinfachten Darstellung werden die grundlegenden Begriffe Marke, Image, Markentransfer und Imagetransfer erläutert. Dem Imagetransfer, als dem zentralen Prozess im Rahmen eines Markentransfers, wird dabei besondere Beachtung geschenkt. Vor allem weil die Erklärung der hinter dem Imagetransfer stehenden Prozesse für das Verständnis der Wirkungsweise vieler Erfolgsfaktoren besonders wichtig ist. Der Ablauf des Imagetransfers wird deshalb anhand des Informationsverarbeitungsprozesses eingehend erläutert.

Im dritten Kapitel werden dann zunächst die Chancen dargestellt, die sich bieten, wenn die Erfolgsfaktoren sorgfältig beachtet werden, und die Risiken aufgezeigt, die drohen, wenn die Erfolgsfaktoren nicht sorgfältig berücksichtigt werden. Dann werden die Erfolgsfaktoren ausführlich dargestellt. Die Darstellung ist dabei in Haupteffekte und Interaktionseffekte unterteilt. Insgesamt werden 21 verschiedene Erfolgsfaktoren, 14 Haupteffekte und 7 Interaktionseffekte, beschrieben. Im Anschluss daran wird eine Forschungsarbeit vorgestellt, die sich mit der relativen Bedeutung dieser Vielzahl von Erfolgsfaktoren beschäftigt. Das Kapitel wird dann abgeschlossen mit der Darstellung einiger Kritikpunkte an der Forschung zu den Erfolgsfaktoren der Markentransferstrategie.

Im vierten Kapitel werden drei Modelle vorgestellt, die die Betrachtung der Erfolgsfaktoren systematisieren und eine Einschätzung der Erfolgschancen von Markentransfers ermöglichen.

Das fünfte Kapitel beschreibt das erfolgreiche Beispiel der Markentransferstrategie der Marke Nivea und die hierbei beachteten Erfolgsfaktoren.

Im sechsten und letzten Kapitel wird die Arbeit noch mal abschließend zusammengefasst, und es werden Schlussfolgerungen gezogen.

Die Arbeit beschränkt sich auf die Betrachtung von Markentransfers bei Markenartikeln aus dem Konsumgüterbereich; der Investitionsgüterbereich und Dienstleistungen sowie Markentransfers bei Markenware werden nicht betrachtet (zur Unterscheidung von Markenartikeln und Markenware siehe Kapitel 2.1).

Auch die Besonderheiten des Markentransfers über die Unternehmensgrenzen hinweg, also die Vergabe von Warenzeichenlizenzen, werden trotz ihrer stetig wachsenden Bedeutung nicht explizit dargestellt.

2 Grundlagen

2.1 Der Begriff der Marke

Grundsätzlich steht jedes Unternehmen vor der Entscheidung, seine Produkte zu kennzeichnen bzw. zu markieren oder nicht. Bei nicht gekennzeichneten Produkten spricht man von anonymer Ware, während man bei gekennzeichneten Produkten von markierter Ware spricht (vgl. Hätty, 1989, S. 5f). Die Kennzeichnungselemente, die zur Markierung eines Produkts verwendet werden, werden als Marke bezeichnet. Dabei wird zwischen dem Begriff der Marke i.e.S., der sich nur auf den Namen des Produktes bezieht, und dem Begriff der Marke i.w.S., der sich auf alle festen Kennzeichnungselemente eines Produkts bezieht, unterschieden. Zu den Kennzeichnungselementen gehören neben dem Namen z.B. das Logo (z.B. Mercedes-Stern), die Verpackungsfarbe (z.B. Nivea-Blau) oder die Verpackungsform (z.B. geschwungene Form der Coca-Cola-Flasche). Die Kennzeichnung bzw. die Marke ist Vorraussetzung für die Identifizierung und Differenzierung des eigenen Angebots im Markt (vgl. Haedrich /Berger, 1982, S. 12f).

Die Marke ist aber mehr als nur eine Zusammenstellung bestimmter Kennzeichnungselemente in einer spezifischen Ausprägung. Es gilt zwischen dem formalen Aspekt und dem inhaltlichen Aspekt der Marke zu unterscheiden. Der formale Aspekt ist bereits dargestellt worden und bezieht sich auf die Ausprägung der Kennzeichnungselemente. Der inhaltliche Aspekt bezieht sich vor allem auf die Wirkung, die eine kommunizierte Marke beim Konsument auslöst (vgl. Hätty, 1989, S. 9ff). Dazu gehört u.a. auch die Aktivierung eines Markenimages.

Marken kommen in der Praxis in den verschiedensten Ausprägungen vor. Grundsätzlich lassen sich Marken nach ihrem Einsatzgebiet, nach dem Markenbesitz, nach der Art der Marke sowie nach der Intensität ihrer Nutzung charakterisieren. Nach ihrem Einsatzgebiet unterscheidet man in lokale, regionale, überregionale, nationale und internationale Marken und nach dem Markenbesitz in Hersteller- und Handelsmarken (vgl. Haedrich/ Tomczak, 1996a, S. 37ff). Bezüglich der Art der Marke wird in Produktmarken, Programmmarken und Dachmarken unterschieden (vgl. Haedrich/ Tomczak, 1996b, S. 27).

Der Begriff Markenartikel weist auf die Intensität der Nutzung der Marke hin. Man unterscheidet hier in Markenartikel und Markenware, wobei der Markenartikel die höchste Intensitätsstufe der Markenutzung darstellt und der Begriff Markenware zusammenfassend für alle übrigen markierten Waren steht (vgl. Haedrich /Berger, 1982, S. 13 und 15ff). Um die höchste Intensitätsstufe der Markennutzung greifbarer zu machen, gilt ein Markenartikel nach Haedrich /Berger als solcher, wenn er folgende Anforderungen erfüllt:

„ - Standardisierte Erzeugnisse für differenzierten Massenbedarf
­ Garantie für gleichbleibende bzw. jeweils dem neuesten technischen Stand angepasste Qualität
­ Durchgängige Verwendung der Marke auf der Verpackung des Produktes und in sämtlichen Kommunikationsmaßnahmen
­ Weitgehende Erhältlichkeit im festgelegten Distributionssystem (was unterschiedliche Endverbraucherpreise in verschiedenartigen Absatzkanälen nicht ausschließt)
­ Weitgehende Konstanz in der Preispolitik des Anbieters
­ Durchsetzung am Markt durch systematische Kommunikationsmaßnahmen“

(Haedrich/ Tomczak, 1996a, S. 43f).

Unter dem Begriff der Markenpolitik i.e.S. können sämtliche Maßnahmen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Markierung von Produkten verstanden werden. Der häufiger verwendete Begriff der Markenpolitik i.w.S. bezieht sich auf den Aufbau und die Pflege von Markenartikeln sowie den Vertrieb von Markenartikeln. Markenpolitik ist demnach als umfassendes und integriertes Marketingkonzept für Markenartikel zu verstehen. Ihren Ausdruck findet eine solche Markenpolitik in Markenstrategien (vgl. Bruhn, 1994, S. 17f). Ein grundsätzliches Ziel solcher Markenstrategien ist in aller Regel die Stärkung der Marke und damit die Steigerung des Markenwertes. Die Markenstärke resultiert aus der Ausprägung verschiedener Eigenschaften einer Marke und schlägt sich im Markenwert nieder (vgl. Köhler, 1994, S. 2080; Haedrich, 2001, S. 58). Die relevanten Eigenschaften sind die Markentreue, die Bekanntheit, die angenommene Qualität und weitere Markenassoziationen sowie andere Markenvorzüge wie z.B. geschützte Warenzeichen oder Absatzwege (vgl. Aaker, 1992, S. 31). Die angenommene Qualität und die weiteren Markenassoziationen sind Bestandteile des Markenimages, d.h. das Markenimage hat also wesentlichen Einfluss auf die Markenstärke und den Markenwert (vgl. auch Aaker, 1992, S. 35f). Starke Marken, also Marken mit einer relativ hohen Ausprägung der genannten Eigenschaften, besitzen einen hohen Markenwert. Der hohe Markenwert äußert sich dabei in möglichen Preisaufschlägen, höheren Umsätzen und höheren Aktienpreisen (vgl. Aaker, 1992, S. 37ff).

2.2 Der Begriff des Images

Im neo-behavioristischen S-O-R Modell zur Erklärung menschlicher Verhaltensweisen stellt das Image neben personalen, sozialen und situationalen Variablen eine bedeutende intervenierende Variable dar (vgl. Mayer/ Mayer, 1987, S. 12f). Bei Kroeber-Riel wird das Image (Kroeber-Riel verwendet den Begriff der Einstellung) neben Emotionen und Motivationen als Grundlage aktivierender Prozesse beschrieben, die das menschliche Verhalten antreiben (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 49). Aaker bezeichnet das Markenimage als „... Ausgangspunkt für Kaufentscheidungen und Markentreue ...“ (Aaker, 1992, S. 136). Und auch bei Mazanec stellt das Image neben der Einstellung, dem wahrgenommenen Risiko und der kognitiven Dissonanz eines der zentralen Konstrukte dar, die das Kaufverhalten bestimmen (vgl. Mazanec, 1978, S. 47). Dem Image wird also ein wesentlicher Einfluss auf das Kaufverhalten der Konsumenten unterstellt.

In der Literatur wird neben dem Begriff des Images auch häufig der Begriff der Einstellung verwendet, wobei Uneinigkeit darüber herrscht, ob es sich um Synonyme oder aber nur um sehr ähnliche Phänomene handelt (vgl. Hätty, 1989, S. 70). Im Folgenden soll der Einfachheit halber nur der Begriff des Images verwendet werden.

Der Begriff des Image s bezeichnet „… die gesamthafte Vorstellung, die sich im Markt über ein Produkt, über eine Produktgruppe oder ein Unternehmen herausbildet.” (Haedrich, 2001, S. 62). Das Image besteht dabei aus einer Gruppe von Assoziationen, die mit einem Produkt, einer Produktkategorie (statt des Begriffs Produktgruppe wird in dieser Arbeit der Begriff Produktkategorie verwendet) oder einem Unternehmen verbunden werden (vgl. Aaker, 1992, S. 135). Die gesamthafte Vorstellung ist im Falle des Produktimages auf die subjektive Bewertung bestimmter Produkteigenschaften zurückzuführen. Diese Eigenschaften können sowohl sachhaltige Produkteigenschaften, sogenannte Denotationen sein, wie z.B. der geringe Verbrauch eines Autos, als auch nicht-sachhaltige Produkteigenschaften, sogenannte Konnotationen, wie z.B. der erotische Duft eines Parfums (vgl. Meffert/ Heinemann, 1990, S. 5; Hätty, 1989, S. 82). Forschungen haben gezeigt, dass sich Images bei Individuen nach ähnlichen Prozessen bilden, so dass sich auch die Images, die sich bei verschiedenen Individuen herausbilden, meistens sehr stark ähneln. Wichtig ist außerdem, dass sich Images langsam aufbauen und sehr stabil aber dadurch auch schwer zu verändern sind (vgl. Haedrich, 2001, S. 62). Wenn im Folgenden vom Image gesprochen wird, dann ist das Markenimage gemeint, also die gesamthafte Vorstellung, die sich im Markt über eine Marke bildet bzw. alle Assoziationen, die mit einer Marke verbunden werden, die sogenannten Markenassoziationen. Dieses Markenimage wird in der Regel von den Produkten geprägt, die unter der jeweiligen Marke vertrieben werden. Daneben können aber auch das Unternehmen, die Produktkategorie, das Herkunftsland (sog. Country-of-Origin-Effekt), die Kunden, die Anwendung, der relative Preis, die Konkurrenten, berühmte Personen, ein bestimmter Lebensstil oder bestimmte Verbrauchervorteile das Markenimage prägen (vgl. Aaker, 1992, S. 140). So wird z.B. das Markenimage von BMW vor allem von den Autos und Motorrädern geprägt, die BMW herstellt. Aber auch Aspekte wie die Umweltverschmutzung, die von der Produktkategorie Autos ausgeht, die bayrische Herkunft, die häufig unterstellte aggressive Fahrweise der Kunden auf Autobahnen, die Geschichte als Flugmotorenhersteller, der Konkurrenzkampf mit Mercedes-Benz oder der Premiumpreis prägen zusätzlich das Markenimage.

Die Entstehung und die Entwicklung des Markenimages in den Köpfen der Konsumenten kann von Unternehmensseite zwar nicht unmittelbar gesteuert, aber zumindest durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen nachhaltig beeinflusst werden. Das dabei vom Unternehmen angestrebte Soll-Image wird auch als Markenidentität bezeichnet. „Die Markenidentität besteht aus einer Gruppe von Markenassoziationen, die das jeweilige Unternehmen aufzubauen und zu pflegen anstrebt.“ (Aaker/ Joachimsthaler, 2000, S. 43, übersetzt durch den Verfasser). Für eine Marke wie z.B. BMW könnte die Markenidentität aus den angestrebten Assoziationen kultiviert, sportlich, innovativ und hochwertig und das tatsächliche Image aus den Assoziationen sportlich, innovativ, aggressiv und teuer bestehen.

2.2.1 Die Darstellung der Imagestruktur mit Hilfe des semantischen Netzwerkmodells

Die Struktur eines Images als die gesamthafte Vorstellung über eine Marke bzw. als subjektiv bewertetes Wissen über eine Marke lässt sich mit Hilfe des semantischen Netzwerkmodells darstellen (vgl. Hätty, 1989, S. 194). Eine solche Darstellung ist sinnvoll, da sie zum einen eine genauere Vorstellung vom Wesen des Images vermittelt und zum anderen für die Erläuterung des Imagetransfers besonders aufschlussreich ist (siehe Kapitel 2.4.3.3).

Die elementaren Bausteine eines solchen Netzwerks sind Knoten und Kanten. Die Knoten repräsentieren das Wissen über eine Marke und ihre Eigenschaften. Die Kanten zwischen den Knoten stellen Assoziationen dar. Die Stärke der Assoziation, d.h. die Einfachheit mit der von einem Knoten auf einen anderen geschlossen werden kann, wird durch die Strichstärke der Kanten ausgedrückt. Das als semantisches Netzwerk im Langzeitspeicher abgespeicherte Wissen ist aber nicht dauerhaft präsent, sondern wird entweder motivational, also durch ein bestimmtes Bedürfnis, oder sensorisch, also durch die Wahrnehmung bestimmter Produkte oder der Marke, aktiviert. Nach Abb. 1 würde der jeweilige Konsument, wenn er die Marke Mercedes wahrnimmt, diese am stärksten mit der „Produktkategorie Auto“ und dann mit „guter Verarbeitung“, dem „Produkt E-Klasse“, „konservativ” usw. assoziieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Ausschnitt aus einem semantischen Netzwerk

Quelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel, 1992, S. 225

Von dem ursprünglich aktivierten Knoten aus setzt sich die Aktivierung weiterer Knoten über die jeweils verbindenden Kanten fort, wobei die Aktivierungsstärke allerdings mit zunehmender Ausbreitung im Netzwerk abnimmt (vgl. Hätty 1989, S. 194ff; Kroeber-Riel, 1992, S. 224ff). Ein semantisches Teilnetzwerk, das ein Markenimage darstellt, wird auch als sogenanntes Markenschema bezeichnet.

2.3 Der Begriff des Markentransfers

Für ein Unternehmen, dass ein neues Produkt einführen will, stellt sich zunächst die bereits erwähnte Frage, ob dieses Produkt markiert werden soll oder nicht. Hat sich das Unternehmen dafür entschieden, das Produkt zu markieren, stehen ihm zwei grundsätzliche Markierungsalternativen zur Verfügung:

­ Das Neuprodukt kann mit einer neuen, bisher noch nicht verwendeten Marke markiert werden; in diesem Fall spricht man von einer Markeninnovation bzw. Markeninnovationsstrategie
­ Das Neuprodukt kann aber auch mit einer bereits für andere Produkte verwendeten Marke gekennzeichnet werden; in diesem Fall spricht man von einem Markentransfer bzw. Markentransferstrategie

(vgl. Hätty, 1989, S. 22f).

Bei der Entscheidung zwischen Markentransferstrategie und Markeninnovationsstrategie und den daran anschließenden Entscheidungen bezüglich der Umsetzung der jeweiligen Strategiealternative handelt es sich um Entscheidungen der Markenpolitik i.w.S.

Die Begriffe Markentransfer und Markentransferstrategie sollen im Folgenden synonym verwendet werden.

Um den Begriff des Markentransfers genauer zu fassen, soll im Folgenden die Definition von Hätty herangezogen werden. Demnach versteht man unter einem Markentransfer „... die zielgerichtete markierungspolitische Strategie, das für bestimmte Produkte eingeführte Markenzeichen und die Ausstattung (Anm. d. Verf.: Markenzeichen und Ausstattung entsprechen der Marke im weiter oben definierten weiteren Sinne) auf andere, von diesen verschiedene Produkte zu übertragen und zwar in der Weise, dass der Verbraucher alle mit der Marke gekennzeichneten Produkte als eine zusammengehörende Einheit wahrnimmt. Der Markentransfer führt damit zu einer Ausweitung des Leistungsprogramms der Marke. Die Übertragung erfolgt zur eigenständigen, gewinnorientierten Vermarktung der Transferprodukte, ...“ (Hätty, 1989, S. 49). Neben der Übertragung des formalen Aspekts der Marke ist dabei aber immer auch die Übertragung des positiven Bedeutungsgehalts der Marke, also des inhaltlichen Aspekts der Marke, beabsichtigt (vgl. Hätty, 1989, S. 23f). Die Definition Hättys soll also insofern erweitert werden, als dass mit dem Markentransfer auch immer ein Imagetransfer beabsichtigt wird. Es gilt dies hier herauszustellen, da der Imagetransfer m.E. den zentralen Prozess des Markentransfers darstellt und hinreichende Bedingung für dessen Erfolg ist. Auf den Imagetransfer wird nachfolgend im Kapitel 2.4 eingegangen.

Die Marke, die es zu übertragen gilt, wird als Muttermarke bezeichnet. Das Produkt, für das die Marke ursprünglich verwendet wurde oder das die Muttermarke grundlegend geprägt hat, wird als das Stammprodukt und das Produkt, auf das die bereits eingeführte Marke übertragen werden soll, wird als Transferprodukt bezeichnet.

Bei der Definition des Markentransfers nach Hätty gilt es zwei Punkte genauer zu betrachten: Zum einen inwiefern die Muttermarke verändert werden darf und zum anderen wie verschiedenartig die Produkte sein müssen, um von einem Markentransfer sprechen zu können.

2.3.1 Veränderung der Muttermarke

Bezüglich der Veränderung der Muttermarke gilt zunächst festzuhalten, dass die beiden bereits vorgestellten grundsätzlichen Alternativen der Markierung von Neuprodukten, die Markeninnovation und der Markentransfer, meist nicht in ihrer idealtypischen, reinen Form auftreten. Statt die Muttermarke unverändert zu übertragen oder eine völlig neue Marke zu schaffen, wird meist der Name nur teilweise übertragen oder mit Zusätzen versehen. So hat z.B. die Firma Nestlé bei Neueinführungen häufig nur den Namensteil ‚Nes...’ übertragen (z.B. Nescafé, Nesquick). Es bestehen also nicht nur zwei idealtypische Markierungsalternativen, sondern ein Kontinuum, auf dem die beiden idealtypischen Markierungsalternativen Markeninnovation und Markentransfer nur die Endpunkte darstellen. Um die Frage zu klären, ob man bei solchen Zwischenformen noch von einem Markentransfer sprechen kann oder nicht, soll nochmals auf Hätty verwiesen werden. Nach Hätty wird zur Beantwortung dieser Frage nur der Markenname, also die Marke i.e.S., herangezogen. Die Veränderung weiterer Kennzeichnungselemente wird hier nicht betrachtet, da sie nur eingeschränkt übertragbar sind. Diese Sichtweise ist aber m.E. nicht ganz unproblematisch, da weitere Kennzeichnungselemente neben dem Markennamen auch eine sehr wichtige Rolle bei der Identifizierung des Angebots durch den Konsumenten spielen. Es gilt also zu bedenken, dass ein gleicher oder ähnlicher Markenname nicht ausreicht, um den Eindruck von Zusammengehörigkeit zwischen Stamm- und Transferprodukt bei den Konsumenten zu erwecken. Hättys Hinweis, dass hierzu auch die gleichartige Gestaltung weiterer Kennzeichnungselemente neben dem Markennamen und die Herausstellung des Zusammenhangs durch entsprechende Kommunikationsmaßnahmen erforderlich ist (vgl. Hätty, 1989, S. 27f), sei deshalb hier nochmal hervorgehoben.

Bevor auf die möglichen Veränderungen des Markennamens bei einem Markentransfer eingegangen wird, sollen noch kurz die Möglichkeiten der Benennung eines Produktes dargestellt werden. Der im Rahmen eines Markentransfers zu übertragende Markenname kann sich aus dem Herstellernamen und dem Produktnamen zusammensetzen. Es ergeben sich drei Möglichkeiten der Namensgebung für ein Produkt:

(1) Identität von Hersteller- und Produktname

In diesem Fall ist der Herstellername zugleich auch Produktname. Diese Art der Benennung ist häufig bei Einproduktunternehmen vorzufinden. Entsteht durch Markentransfer ein Mehrproduktunternehmen, führt diese Art der Benennung zu einer Gleichmarkierung verschiedener Produkte, die dann einer Individualisierung und Identifizierung der Produkte entgegensteht. Ein Beispiel für diese Art der Benennung ist z.B. der Smart des Automobilherstellers Smart oder Becks-Bier der Becks-Brauerei.

(2) Desintegration von Hersteller- und Produktname

In diesem Fall leitet sich der Markenname aus dem Produktnamen ab, während der Herstellername im Hintergrund gehalten wird. Der Herstellername wird dabei meist nur kleingedruckt auf der Rückseite der Verpackung ausgewiesen. Beispiele für eine solche Art der Benennung sind z.B. Duplo von Ferrero oder Bonaqua von Coca-Cola.

(3) Integration von Hersteller und Produktname

In diesem Fall bilden der Herstellername und der Produktname gleichrangig den Markennamen. Der Herstellername wird hierbei auch als Dachmarke bezeichnet, da er mehrere einzelne Marken, sogenannte Untermarken, zusammenfassen und eine Verbindung zwischen ihnen herstellen kann. Gegenstand eines Markentransfers können hierbei die Dachmarke, eine Untermarke oder auch beide zusammen sein. Beispiele für diese Form der Namensgebung finden sich bei vielen Automobilherstellern (z.B. Volkswagen Passat), aber auch in vielen anderen Bereichen (z.B. Pizza Ristorante von Dr. Oetker).

Nachdem dargestellt wurde, wie sich der gegebenenfalls im Rahmen eines Markentransfers zu übertragende Markenname zusammensetzen kann, soll nun geklärt werden, welche Möglichkeiten bei der Namensgebung für ein Transferprodukt bestehen und inwiefern sich der Transferproduktname vom Stammproduktnamen unterscheiden darf, um noch von einem Markentransfer sprechen zu können.

(1) Der Transferproduktname entspricht genau dem Stammproduktnamen

Dieser Fall entspricht dem idealtypischen Markentransfer, es handelt sich also eindeutig um einen Markentransfer. Wichtig ist hierbei allerdings, dass ein identischer Markenname noch nicht ausreicht, um den mit einem Markentransfer angestrebten Zusammenhang zwischen den Produkten in den Augen des Konsumenten herzustellen. Dies verdeutlichen Namensgleichheiten, wie z.B. zwischen Triumph Motorrädern, Triumph Pralinen und Triumph Miederwaren, die eher als Zufall erachtet werden. Um also den Eindruck einer Beziehung zwischen Stammprodukt und Transferprodukt zu erwecken, bedarf es selbst bei identischen Namen der Unterstützung durch gleichartige Gestaltung weiterer Kennzeichnungselemente und durch Herausstellung des Zusammenhangs durch entsprechende Kommunikationsmaßnahmen. Dies gilt natürlich umso mehr noch für die folgenden Fälle. Als Beispiel für diesen idealtypischen Fall des Markentransfers sei die Übertragung der Marke BMW von Flugmotoren auf Autos angeführt.

(2) Der Transferproduktname entspricht dem Stammproduktnamen, erhält jedoch eine produktspezifische Zusatzbezeichnung

Auch hierbei handelt es sich um einen Markentransfer. Die Zusatzbezeichnung dient dabei der Produktidentifikation, indem ein Hinweis auf die Produktkategorie, dem das Produkt angehört, oder auf den Nutzen des Produkts gegeben wird. Als Beispiel seien hier einige der Transferprodukte der Marke Nivea genannt, wie z.B. Nivea body, Nivea hair care und Nivea bath care.

(3) Der Transferproduktname besteht aus einer eigenständigen Untermarke und dem Stammproduktnamen als Programmmarke oder Dachmarke

Bei dieser Form der Namensgebung wird beabsichtigt dem Transferprodukt durch die Untermarke eine gewisse Eigenständigkeit zu geben, gleichzeitig aber auch von dem Goodwill, das der Programmmarke oder Dachmarke entgegengebracht wird, zu profitieren. Im Verlauf des Produktlebenszyklus’ kann die Programmmarke bzw. Dachmarke dann immer weiter in den Hintergrund gedrängt und gleichzeitig die Untermarke immer weiter hervorgehoben werden, bis die Untermarke dann völlig eigenständig positioniert ist. Obwohl Hätty hier nur von einem bedingten Markentransfer spricht, da das Transferprodukt langfristig betrachtet doch unter der eigenständigen Untermarke geführt wird, handelt es sich m. E. auch hier eindeutig um einen Markentransfer, da die Marke, unter der das Transferprodukt geführt wird, in der entscheidenden Einführungsphase wesentlich durch die Programmmarke bzw. Dachmarke geprägt wird.

(4) Der Transferproduktname ist eigenständig, erhält allerdings einen Hinweis auf das Stammprodukt

Wie im vorangegangenen Fall wird auch bei dieser Form der Namensgebung beabsichtigt dem Transferprodukt eine gewisse Eigenständigkeit zu geben, gleichzeitig aber auch von dem Goodwill, das dem Stammprodukt entgegengebracht wird, zu profitieren. Ob hier von einem Markentransfer gesprochen werden kann oder nicht, hängt davon ab, inwiefern das verbindende Element bei der Namensgebung gegenüber der Produkteigenständigkeit in den Hintergrund tritt und der Konsument infolgedessen zwar einen gewissen Zusammenhang realisiert, jedoch statt einer, zwei voneinander unabhängige Marken wahrnimmt. Nimmt der Konsument zwei unabhängige Marken wahr, ist die gemäß obiger Definition erforderliche Wahrnehmung von Stamm- und Transferprodukt als eine zusammengehörende Einheit nicht gegeben, d.h. es würde in diesem Fall kein Markentransfer vorliegen. Nach Hätty liegt bei dieser Form der Namensgebung in aller Regel kein Markentransfer vor. Als Beispiel sei die Marke Perwoll angeführt, die von der Marke Persil abgeleitet wurde.

(5) Der Transferproduktname ist völlig eigenständig

Bei dieser Form der Namensgebung steht die Eigenständigkeit der Marken im Vordergrund, das heißt, dass hier gemäß obiger Definition kein Markentransfer vorliegt. Dies gilt auch, wenn durch den gemeinsamen Herstellernamen, gleiche Ausstattungsmerkmale oder entsprechende Kommunikationsmaßnahmen eine gewisse Verbindung hergestellt wird. Als Beispiel kann hier die Marke Dockers des Bekleidungsherstellers Levi’s gelten.

Die Darstellung der möglichen Formen der Namensgebung für das Transferprodukt hat gezeigt, dass es letztendlich darauf ankommt, ob der Konsument Stamm- und Transferprodukt als eine zusammengehörende Einheit wahrnimmt. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist, kann von den Vorteilen des Markentransfers profitiert werden (vgl. Hätty, 1989, S. 24ff).

2.3.2 Verschiedenartigkeit von Stamm- und Transferprodukt

In der oben dargestellten Definition ist die Rede von der Übertragung der Marke eines bereits eingeführten Produkts auf ein von diesem verschiedenes Produkt. Die folgenden Ausführungen sollen nun klären, was unter dieser Verschiedenartigkeit von Stamm- und Transferprodukt verstanden werden soll. Welche erheblichen Unterschiede sich bei der Verschiedenartigkeit zweier Produkte mit gleichem Markennamen in der Praxis ergeben können, sollen zwei Beispiele verdeutlichen: Zum einen bietet die Coca Cola Company unter der bekannten Marke Fanta nicht nur Orangenlimonade an, sondern seit einiger Zeit auch andere Geschmacksrichtungen wie Mango oder Melone und zum anderen werden unter der Marke Marlboro des Nahrungs- und Genussmittelherstellers Philip Morris seit einigen Jahren nicht nur die bekannten Zigaretten angeboten, sondern auch Reisen. Es stellt sich also die Frage, ob z.B. eine neuer Geschmack oder eine neue Verpackungsgröße ausreichen, um von einem Markentransfer zu sprechen oder ob hierzu der Vorstoß in eine für die Marke völlig neue Produktkategorie erforderlich ist.

Um diese Frage zu klären, sollen zunächst die verschiedenen produktpolitischen Maßnahmen, die der Einführung eines neuen Produkts unter einem bereits eingeführten Markennamen zugrunde liegen können, vorgestellt werden, um dann festzustellen, bei welchen Maßnahmen es sich um einen Markentransfer handelt und bei welchen nicht (vgl. Hätty, 1989, S. 32f).

Bezüglich der zugrunde liegenden produktpolitischen Maßnahme kann zunächst grundsätzlich zwischen einer Produktmodifikation und einer Produktinnovation unterschieden werden. Bei der Produktmodifikation wird ein bestehendes Produkt lediglich hinsichtlich einer oder mehrer Eigenschaften modifiziert, ohne aber die charakteristischen Produkteigenschaften bzw. die Grundfunktion des Produkts zu verändern. Produktmodifikationen können, je nachdem ob eine Ausweitung des Produktprogramms mit ihnen verbunden ist, weitergehend in Produktvariationen und Produktdifferenzierungen unterschieden werden. Bei der Produktvariation wird das Produktprogramm nicht erweitert. Es wird ein auf dem Markt befindliches Produkt eliminiert und durch ein lediglich in Bezug auf ästhetische, physikalische funktionale und/ oder symbolische Eigenschaften verändertes Produkt ersetzt. Bei der Produktdifferenzierung erfolgt hingegen eine Erweiterung des Produktprogramms, indem zusätzlich zu dem auf dem Markt befindlichen Produkt oder Produkten ein zusätzliches, durch Variation einzelner Produktelemente geringfügig verändertes Produkt eingeführt wird. Das eingangs erwähnte Beispiel einer neuen Geschmacksrichtung unter der Marke Fanta stellt eine solche Produktdifferenzierung dar. Im Gegensatz zur Produktmodifikation wird bei der Produktinnovation ein aus Sicht des Konsumenten von den bisher auf dem Markt befindlichen Produkten grundlegend verschiedenes Produkt eingeführt (vgl. Hätty, 1989, S. 33ff; Meffert, 1998, S. 423ff).

Um überhaupt von einem Markentransfer sprechen zu können, muss eine Produktmodifikation oder Produktinnovation natürlich unter einer bestehenden Marke durchgeführt werden. Dabei ist anzumerken, dass sich die Innovation hier auf die jeweilige Marke bezieht, das heißt, dass es sich auch um eine Produktinnovation handelt, wenn ein anderer Hersteller das jeweilige Produkt bereits anbietet oder auch wenn der gleiche Hersteller ein solches Produkt bereits unter einer anderen Marke anbietet. Das neue Produkt muss sich also grundlegend von den bisher unter der jeweiligen Marke auf den Markt befindlichen Produkten unterscheiden, um hier als Produktinnovation zu gelten. In der Literatur herrscht weitgehend Einigkeit, dass man nur von einem Markentransfer bzw. einer brand extension spricht, wenn es sich beim Transferprodukt um eine Produktinnovation handelt. Handelt es sich hingegen beim Transferprodukt um eine Produktdifferenzierung, spricht man von einer Produktlinienerweiterung bzw. einer line extension. Mit anderen Worten wird bei einer Produktlinienerweiterung eine vorhandene Marke in einer bereits von dieser Marke besetzten Produktkategorie eingesetzt und bei einem Markentransfer eine vorhandene Marke in einer von dieser Marke noch nicht besetzten Produktkategorie eingesetzt (vgl. Aaker, 1992, S. 245, Esch /Fuchs, 1999, S. 671f; Hätty, 1989, S. 35; Kardes/ Allen, 1991, S. 392). Eine Produktkategorie wird hierbei in Anlehnung an die Definition der Produktart von Meining definiert, als eine Gruppe von Produkten mit ähnlichen funktionellen Produktkonzepten, die übereinstimmende Funktions- und Leistungseigenschaften sowie im Wesentlichen gleiche Nutzungsmöglichkeiten bieten. Produktkategorien in diesem Sinne sind z.B. Fahrräder, Motorräder, Pkw oder Kleintransporter (vgl. Meining, 1995, S. 1394f).

Es sei hier noch kritisch angemerkt, dass die Abgrenzung der drei produktpolitischen Maßnahmen aufgrund der Interpretationsspielräume bei den Abgrenzungskriterien nicht ganz eindeutig ist, so dass die Einordnung mancher Markentransfers bzw. Produktlinienerweiterungen nicht zweifelsfrei erfolgen kann.

2.4 Der Begriff des Imagetransfers

Der Begriff des Imagetransfers bezeichnet hier die im Rahmen des Markentransfers durch die Übertragung des Markennamens beabsichtigte Übertragung des Markenimages vom Stammprodukt auf das Transferprodukt (vgl. Schweiger, 1982, S. 321; Mayer/ Mayer, 1987, S. 26; Meffert/ Heinemann, 1990, S. 6). Bezogen auf die einleitende Darstellung des Markenbegriffs handelt es sich also um die Übertragung eines Teils des inhaltlichen Aspekts der Marke. Da es sich entsprechend der weiter oben dargestellten Definition des Markentransfers beim Stamm- und Transferprodukt um Produkte aus unterschiedlichen Produktkategorien handelt, können in der Regel nur Imagebestandteile und nicht das gesamte Image übertragen werden. Dies sei anhand von Beispielen verdeutlicht: Bei der Übertragung des Images der Marke Marlboro von Zigaretten auf Reisen können Imagebestandteile, die sich auf den Geschmack beziehen nicht übertragen werden, da Reisen keinen Geschmack besitzen. Bei der Übertragung der Marke BMW von Autos auf Kleidung können Imagebestandteile, die sich auf den Verbrauch oder die Schnelligkeit beziehen nicht übertragen werden, da Kleidung keinen Treibstoff verbraucht und sich nicht aus eigener Kraft bewegen kann. Es sei an dieser Stelle auch noch darauf hingewiesen, dass obwohl in dieser Arbeit immer von der Übertragung des Markenimages des Stammprodukts gesprochen wird, es sich auch um die Übertragung eines Markenimages handeln kann, das von mehreren Stammprodukten geprägt wird.

2.4.1 Die Bedeutung des Imagetransfers im Rahmen des Markentransfers

Der Imagetransfer stellt den zentralen Prozess im Rahmen des Markentransfers dar. Die Bedeutung des Imagetransfers resultiert dabei zum einen aus dem Einfluss des Images auf das Kaufverhalten (siehe Kapitel 2.2 und 2.4.3.4) und zum anderen aus dem Umstand, dass die Realisierung der meisten Chancen, die die Markentransferstrategie bietet (siehe Kapitel 3.2.1), von einem erfolgreichen Transfer des Images abhängt. So ist z.B. die Reduzierung der Kosten und des Zeitaufwandes für den Aufbau eines positiven Images in der Einführungsphase auf die Übertragung des Images zurückzuführen. Und auch die Steigerung der Akzeptanz des Transferprodukts durch Partizipation am Vertrauen, dass der Muttermarke entgegengebracht wird, ist auf die Übertragung des Images zurückzuführen, da sich das Vertrauen im Image niederschlägt. Auch die Tatsache, dass viele Autoren statt des Begriffs des Markentransfers den Begriff des Imagetransfers verwenden (vgl. Lippegauss, 1984, S. 436-440; Mayer/ Mayer, 1987; Mayerhofer, 1995; Meffert/ Heinemann, 1990, S. 5-10; Reiter, 1991, S. 210-222; Schweiger/ Schrattenecker, 1992, S. 152), macht dessen Bedeutung deutlich.

2.4.2 Abgrenzung der Begriffe Imagetransfer und Markentransfer

Der Begriff Imagetransfer wird in der Literatur häufig synonym mit dem Begriff Markentransfer verwendet. Mitunter wird der Begriff des Imagetransfers auch explizit als zweckmäßiger erachtet (vgl. Reiter, 1991, S. 212, Mayerhofer, 1995, S. 122). Meines Erachtens ist der Begriff des Imagetransfers im Vergleich zum Begriff des Markentransfers einerseits enger andererseits aber auch weiter gefasst als der Begriff des Markentransfers.

Enger gefasst ist der Begriff des Imagetransfers insofern, als dass er sich gemäß der weiter oben angeführten Definition der Marke nur auf die Übertragung des inhaltlichen Aspekts bezieht, nicht jedoch auf die Übertragung des formalen Aspekts der Marke. Der Begriff Markentransfer hingegen bezieht sich sowohl auf die Übertragung des inhaltlichen als auch auf die Übertragung des formalen Aspekts der Marke. Beim Markentransfer wird mit der Übertragung des formalen Aspekts der Marke die Übertragung des inhaltlichen Aspekts beabsichtigt. Man könnte auch vereinfacht sagen, dass das Markenzeichen übertragen wird, um die Wirkung, die die Muttermarke auf die Konsumenten des Stammprodukts ausübt, auch bei den Konsumenten des Transferprodukts erzielen zu können.

Der Begriff des Imagetransfers ist aber andererseits auch weiter gefasst, da er sich nicht nur auf die Übertragung eines Markenimages von einem Produkt auf ein anderes wie beim Markentransfer, sondern auch auf die Übertragung des Images eines Landes, eines Sportlers, einer Sportart oder eines Künstlers auf ein Produkt, eine Produktkategorie oder ein Unternehmen beziehen kann (vgl. Mayer/ Mayer, 1987, S. 109ff; Mayerhofer, 1995, S. 140ff). Der Imagetransfer, der im Rahmen des Markentransfers beabsichtigt wird, stellt also nur eine Spielart des Imagetransfers dar.

Zur weiteren Abgrenzung der beiden Begriffe sei auch noch darauf verwiesen, dass es sich beim Imagetransfer im Gegensatz zum Markentransfer, nicht um eine absatzpolitische Maßnahme eines Unternehmens handeln kann, da er sich in den Köpfen der Konsumenten abspielt (vgl. zur Auffassung des Imagetransfers als Unternehmensaktivität Meffert/ Heinemann, 1990, S. 6; Reiter, 1991, S. 212). Der Imagetransfer stellt also vielmehr eine Reaktion der Konsumenten dar, die mit einem Markentransfer bezweckt wird, als eine Unternehmensaktivität (vgl. Hätty, 1989, S. 39; Glogger, 1999, S. 69). Im Gegensatz zum Markenimage kann aber die Markenidentität vom Unternehmen aktiv von einem Stamm- auf ein Transferprodukt übertragen werden. Für eine Marke wie z.B. BMW könnte die Markenidentität aus den angestrebten Assoziationen kultiviert, sportlich, innovativ und hochwertig und das tatsächliche Image aus den Assoziationen sportlich, innovativ, aggressiv und teuer bestehen. Die Markenidentität könnte das Unternehmen nun auf andere Produkte wie z.B. Bekleidung übertragen, ob sich aber das Markenimage überträgt oder es bei den Bekleidungsprodukten gelingt, die Markenidentität zum Markenimage werden zu lassen, hängt von der Informationsverarbeitung in den Köpfen der Konsumenten ab, die zwar von den Unternehmen stark beeinflusst, jedoch nicht unmittelbar gesteuert werden kann.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Imagetransfer in Form einer Übertragung eines Markenimages von einem Stammprodukt auf ein Transferprodukt den zentralen, im Rahmen des Markentransfers beabsichtigten, Prozess in den Köpfen der Konsumenten darstellt.

2.4.3 Der Informationsverarbeitungsprozess

Um die psychologischen Grundlagen des Imagetransfers zu erläutern, soll im Folgenden der Informationsverarbeitungsprozess dargestellt werden. Die Darstellung orientiert sich an der Einteilung des Informationsverarbeitungsprozesses in vier Teilprozesse nach Kroeber-Riel (siehe Abb. 2). Auf die ausführliche Darstellung aktivierender Prozesse, die nach Kroeber-Riel neben den hier erwähnten Teilprozessen die Informationsverarbeitung bestimmen, wird hier verzichtet. Sie werden nur erwähnt, insofern sie für die Erläuterung der psychologischen Grundlagen des Markentransfers relevant sind (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 45 und 237ff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Einteilung des Informationsverarbeitungsprozesses in vier Teilprozesse nach Kroeber-Riel

Quelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel, 1992, S. 237ff

Die Darstellung der einzelnen Teilprozesse beginnt jeweils mit einer kurzen, allgemeinen Erläuterung des jeweiligen Teilprozesses, die dann auf den Imagetransfer übertragen wird. Außerdem wird noch auf die jeweiligen Besonderheiten im Zusammenhang mit der Markentransferstrategie hingewiesen und abschließend ein Beispiel dargestellt, das die jeweiligen Ausführungen veranschaulichen soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abgrenzung der einzelnen Teilprozesse voneinander der Vereinfachung dient, jedoch nicht der Realität gerecht wird, da es sich um fließende Übergänge zwischen den Prozessen handelt.

2.4.3.1 Informationsaufnahme

Der Begriff Information bezieht sich zunächst auf alle, von den menschlichen Sinnesorganen wahrnehmbaren Reize. Notwendige Bedingung für die Aufnahme von Informationen ist der Kontakt zur Informationsquelle. Die von den Sinnesorganen aufgenommenen Reize werden im Ultrakurzzeitspeicher, dem ersten Speicher des Drei-Speicher-Modells, gespeichert (siehe Abb. 3). Die im Ultrakurzzeitspeicher gespeicherten Sinneseindrücke werden dann selektiv in den Kurzzeitspeicher übernommen. Die Auswahl der Reize, die übernommen werden, hängt dabei von ihrem Aktivierungspotential ab. Im weiteren Verlauf des Informationsverarbeitungsprozesses sind dann auch nur solche Reize relevant, die in den Kurzzeitspeicher gelangt sind, da nur sie entschlüsselt und dann als Informationen kognitiv verarbeitet werden. Letztendlich umfasst die Informationsaufnahme also die Vorgänge, die zur Aufnahme von Reizen in den Kurzzeitspeicher führen (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 220 und 237f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Das Dreispeicher-Modell

Quelle: Töpfer/ Mann, 1995, S. 35 zitiert nach Haedrich, 2001, S. 7

Der Imagetransfer, als der zentrale Prozess des Markentransfers, resultiert auch aus der Verarbeitung von Informationen und beginnt dementsprechend auch mit der Informationsaufnahme. Notwendige Bedingung für den Transfer des Images ist dabei zum einen der Kontakt mit dem Transferprodukt. Das Produkt muss hierbei aber nicht real dargeboten werden, sondern kann auch nur kommunikativ, z.B. durch Fernsehwerbung, dargestellt werden. Zum anderen muss der Konsument den Reiz „Transferprodukt” in Verbindung mit dem Reiz „Muttermarke” aufnehmen und in den Kurzzeitspeicher übernehmen.

Besonderheiten bei der Informationsaufnahme im Zusammenhang mit der Markentransferstrategie ergeben sich meines Erachtens zum einen in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit des Kontakts zu einer auf das Neuprodukt bezogenen Informationsquelle und zum anderen in Bezug auf die Möglichkeiten zur Steigerung des Aktivierungspotentials. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Kontakts zu einer auf das Neuprodukt bezogenen Informationsquelle bietet die Markentransferstrategie insofern Vorteile, als dass das Transferprodukt von den bestehenden, markenbezogenen Kontaktpunkten profitieren kann, wie z.B. den Kontakten zu Konsumenten, die einen Verkaufskatalog der jeweiligen Marke abonniert haben oder den Kontakten zu Konsumenten, die regelmäßig Geschäfte der jeweiligen Marke besuchen. Bezüglich der Möglichkeiten zur Steigerung des Aktivierungspotentials ergeben sich bei der Verwendung einer Markentransferstrategie sowohl Vor- als auch Nachteile. Vorteile ergeben sich im Bereich der kognitiven und emotionalen Aktivierung. Im Bereich der kognitiven Aktivierung kann das Aktivierungspotential des Transferprodukts durch die überraschende oder widersprüchliche Verbindung mit einer bestehenden Marke (z.B. fiktive Verkaufsanzeige von McDonald’s für Laufschuhe oder von Marlboro für Nikotinpflaster) und im Bereich der emotionalen Aktivierung durch die Übertragung einer emotional aufgeladenen Marke gesteigert werden. Andererseits ergeben sich Nachteile, da durch die Festlegung auf eine bestehende Marke auf Möglichkeiten der Steigerung des Aktivierungspotentials im Bereich der physischen Aktivierung im Vergleich zur Neugestaltung einer Marke verzichtet werden muss. Diese Einschränkung resultiert aus der Festlegung auf eine Marke mit all ihren bestehenden Kennzeichnungselementen. Bei einer Markeninnovationsstrategie eröffnen sich hingegen wesentlich größere Freiheiten, da die Marke neu entwickelt wird.

Das nachfolgende fiktive Beispiel soll den Prozess der Informationsaufnahme und im Folgenden auch die weiteren Teilprozesse verdeutlichen: Ein Konsument, der regelmäßig Geschäfte einer bestimmten Marke besucht, sieht bei einem seiner Besuche in ein Schaufenster und entdeckt Kleidung, auf die ein von einem Kreis umrandeter dreizackiger Stern aufgestickt ist. Das gemeinsame Auftreten dieser beiden Reize überrascht den Konsumenten (kognitive Reizwirkung), da er sonst den von einem Kreis umrandeten dreizackigen Stern nur in Verbindung mit Autos kennt. Aufgrund dieser Überraschung ist das Aktivierungspotential ausreichend hoch, um die beiden visuellen Reize vom Ultrakurzzeitspeicher in den Kurzzeitspeicher gelangen zu lassen, wo sie dann im nachfolgenden Teilprozess kognitiv weiterverarbeitet werden.

2.4.3.2 Wahrnehmung und Beurteilung

Die Wahrnehmung beginnt zunächst mit der Entschlüsselung, der in den Kurzzeitspeicher aufgenommenen Reize. Durch die Entschlüsselung erhalten die Reize einen Sinn und werden somit zu Informationen. Diese Informationen werden dann interpretiert. Zur Interpretation zählt dabei auch die Beurteilung des Wahrnehmungsobjektes. Sowohl bei der Entschlüsselung der Reize als auch bei der Interpretation der Informationen wird dabei auf Wissen und Erfahrungen zurückgegriffen, die im Langzeitspeicher gespeichert sind (siehe Abb. 3). Das gespeicherte Wissen und die Erfahrungen werden auch als interne Informationen bezeichnet, während die mit Hilfe der Sinnesorgane aufgenommenen und im Kurzeitspeicher entschlüsselten Reize auch als externe Informationen bezeichnet werden. Wichtig für das Verständnis der Wahrnehmung ist noch, dass es sich um einen subjektiven, aktiven und selektiven Prozess handelt. Subjektiv insofern, als dass jedes Individuum seine eigene subjektive Welt wahrnimmt, die auch von der subjektiven Welt anderer Individuen abweichen kann. Zudem stellt die Wahrnehmung einen aktiven Vorgang dar, durch den sich die einzelnen Individuen ihre eigene subjektive Welt selbst konstruieren. Außerdem ist der Wahrnehmungsprozess auch ein selektiver Prozess, da er aus der unüberschaubaren Menge der von den menschlichen Sinnesorganen aufgenommenen Reize nur einen kleinen Teil auswählt und weiterverarbeitet (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 266f).

Wie bereits erwähnt, umfasst die Interpretation der wahrgenommenen Informationen auch die Beurteilung des Wahrnehmungsobjektes und damit auch die Produktbeurteilung. Die Produktbeurteilung bezieht sich auf die Wahrnehmung real dargebotener oder nur kommunikativ dargestellter Produkte. Das Ergebnis der Produktbeurteilung ist die subjektiv wahrgenommene Qualität des Produkts. Dabei ist die Produktbeurteilung vom Image des Produkts abzugrenzen: Die Produktbeurteilung stellt einen aktuellen, durch externe Reizdarbietung ausgelösten Prozess im Kurzzeitspeicher dar, während es sich beim Image um das verfestigte und im Langzeitspeicher gespeicherte Ergebnis vorangegangener Wahrnehmungsprozesse handelt. Das Image geht aber insofern als bedeutsame Determinante in die Produktbeurteilung mit ein, als dass es als im Langzeitspeicher gespeicherte und auf das Produkt bezogene interne Information neben den aus der aktuellen Reizaufnahme abgeleiteten externen Informationen in die Produktbeurteilung mit einfließt (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 276).

Um den in Kapitel 2.4.3.1 mit der Aufnahme der entsprechenden Reize in den Kurzzeitspeicher begonnen Imagetransfer weiterzuführen, ist es also erforderlich, dass der Konsument die vom Transferprodukt und von der Marke ausgehenden Reize richtig entschlüsselt. Notwendige Bedingungen für den weiteren Verlauf des Imagetransfers sind dann zum einen das Vorhandensein eines Markenimages im Langzeitspeicher und zum anderen die Aktivierung des Markenimages als Determinante der Produktbeurteilung. Das heißt, es muss ein semantisches Teilnetzwerk im Langzeitspeicher gespeichert sein, dass das Markenimage repräsentiert und dieses muss aktiviert werden und die Produktbeurteilung beeinflussen. Die Aktivierung erfolgt hierbei sensorisch durch die Wahrnehmung der zu übertragenden Marke. Je stärker der Einfluss des Markenimages auf die Produktbeurteilung des Transferprodukts ist, desto höher ist auch die Erfolgswahrscheinlichkeit des Markentransfers. Der Einfluss des Markenimages geht dabei bis hin zur Attributdominanz (siehe unten) mit der Marke als Schlüsselinformation. Der Imagetransferprozess ist allerdings mit einer einmaligen Einflussnahme des Markenimages auf die Produktbeurteilung noch nicht abgeschlossen, da der Bezug zwischen Transferprodukt und zu übertragender Marke noch nicht gelernt bzw. noch nicht im Langzeitspeicher aufgenommen ist.

Die zentrale markentransferspezifische Besonderheit im Wahrnehmungsprozess besteht in der Existenz eines die Wahrnehmung des Transferprodukts beeinflussenden Markenimages schon zu Beginn der Einführungsphase, während dies bei einer Markeninnovationsstrategie erst im Verlauf der Einführungsphase aufgebaut werden muss. Ausgehend von einem positiven Markenimage erlaubt dies eine positivere Beurteilung während der Einführungsphase als bei einer Markeninnovationsstrategie. Dabei ist allerdings zu beachten, dass ein solches Markenimage seine positive Wirkung auf die Beurteilung des Transferproduktes nur entfalten kann, wenn sich die von der Marke ausgelösten Assoziationen nicht mit den vom Produkt ausgelösten widersprechen (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 295). Zudem kann die Bedeutung des Images für die Produktbeurteilung in Relation zur Bedeutung der aktuell aufgenommenen Informationen über das jeweilige Produkt und seine Eigenschaften u.a. in Abhängigkeit von der Art des zu beurteilenden Produkts schwanken. So spielt das Image z.B. bei Produkten, die kaum Informationen über ihre Eigenschaften bieten (z.B. Zigaretten), eine wesentlich größere Rolle bei der Produktbeurteilung als bei Produkten über die eine Fülle von Informationen bezüglich der Produkteigenschaften erhältlich sind (z.B. Kühlschränke) (vgl. Hätty, 1989, S. 131). Im Extremfall, wenn die Marke als einzige Produkteigenschaft wahrgenommen wird und von ihr auf das Markenimage geschlossen wird, und das Markenimage dann die Beurteilung des Produkts bestimmt, spricht man von sogenannter Attributdominanz. Eine Attributdominanz liegt vor, wenn das Individuum von einer Produkteigenschaft auf die gesamte Produktqualität schließt. Solche Produkteigenschaften, die mehrere andere Informationen substituieren und eine Attributdominanz auslösen können, werden als Schlüsselinformationen bezeichnet. Schlüsselinformation können neben der Marke, die hier von besonderer Relevanz ist, auch z.B. der Preis oder Testurteile sein (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 281). Die Attributdominanz stellt ein Denkmuster dar, nach dem wahrgenommene Informationen verarbeitet werden. Sie entlastet das Individuum, kann aber auch zu Realitätsverzerrungen führen. Solche Denkmuster werden auch als Produktbeurteilungsmechanismen oder Beurteilungsprogramme bezeichnet. Neben der Attributdominanz ist dabei auch noch der Halo-Effekt zu nennen. Der Halo-Effekt verdeutlicht die Vorteilhaftigkeit eines positiven Markenimages im Allgemeinen und die Bedeutung der Übernahme eines positiven Markenimages im Rahmen des Markentransfers im Besonderen. Dem Halo-Effekt zufolge vermag das Markenimage weniger gut beurteilte Produkteigenschaften des Transferprodukts aufzuwerten, ohne dass diese bessere Bewertung der Realität entsprechen muss (vgl. Hätty, 1989, S. 136). Auch hier liegt die Vorteilhaftigkeit vor allem in der Einführungsphase. Während bei einer Markentransferstrategie weniger gut beurteilte Produkteigenschaften durch das bestehende positive Markenimage kaschiert werden können, kommen solche Produkteigenschaften bei einer Markeninnovationsstrategie, bei der das Neuprodukt nicht auf ein bestehendes positives Markenimage zurückgreifen kann, voll zur Geltung und erschweren die erfolgreiche Neuprodukteinführung.

Das bereits im vorangegangen Abschnitt angeführte Beispiel soll hier fortgeführt werden, um den weiteren Verlauf des Informationsverarbeitungsprozesses zu veranschaulichen: Die beiden in den Kurzzeitspeicher gelangten visuellen Reize werden mit Hilfe des im Langzeitspeicher vorhanden Wissens als Pullover der Marke Mercedes-Benz entschlüsselt. Bei der Beurteilung des Pullovers wird dann wieder im Langzeitspeicher gespeichertes Wissen bemüht. Das Wissen im Kopf des Konsumenten kann dabei als semantisches Netzwerk dargestellt werden, wobei das Markenimage von Mercedes-Benz einen Teil dieses Wissens bzw. ein Teilnetzwerk des semantischen Netzwerkes des Konsumenten darstellt (siehe Abb. 1). In unserem Beispiel soll nun die Marke Mercedes-Benz als Schlüsselinformation dienen, die eine Attributdominanz auslöst. Die Wahrnehmung der Marke Mercedes-Benz aktiviert nun gemäß Abb. 1 ausgehend von dem Knoten mit dem Inhalt „Marke Mercedes-Benz“ das Teilnetzwerk, dass das Wissen zur Marke Mercedes-Benz umfasst. Dieses subjektive Wissen bzw. das Markenimage dominiert nun also die Produktbeurteilung. In Anlehnung an Abb. 1 könnte die Beurteilung also lauten: gute Verarbeitung und konservative Anmutung. Der Pullover wurde zwar auch als ausgeblichen wahrgenommen, diese Eigenschaft wird allerdings dem Halo-Effekt entsprechend von dem positiven Image der Marke Mercedes-Benz überlagert und wirkt sich deshalb nicht negativ auf die Beurteilung des Pullovers aus.

2.4.3.3 Lernen und Gedächtnis

Unter Lernen versteht man ganz allgemein die Veränderung der Wahrscheinlichkeit, dass auf einen Reiz eine bestimmte Reaktion folgt (vgl. Hätty, 1989, S. 99). Zum Thema Lernen hat die Forschung eine Vielzahl von Theorien hervorgebracht, wobei in dem hier betrachteten Zusammenhang vor allem die Stimulus-Response-Theorie (S-R-Theorie) und die kognitive Lerntheorie besonders aufschlussreich sind. Die S-R-Theorie zieht ihre Schlüsse dabei aus dem real beobachtbaren Verhalten, während sich die kognitive Lerntheorie auf Veränderungen der Wissensstruktur bezieht (vgl. Kroeber-Riel, 1992, S. 338 und 342).

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832456900
ISBN (Paperback)
9783838656908
DOI
10.3239/9783832456900
Dateigröße
783 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Wirtschaftswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
1,3
Schlagworte
marke markendehnung brand extension markenerweiterung imagetransfer
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Titel: Erfolgsfaktoren der Markentransferstrategie
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