Controlling als Grundlage zum Erfolg von CRM im Internet
Dargestellt am Beispiel von virtuellen Marktplätzen
Zusammenfassung
Die Bedeutung des Controllings für den Geschäftserfolg hat in den letzten Jahren mit dem Aufkommen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) stark zugenommen. Das Internet hat sich zu einem globalen Marktplatz gewandelt, auf dem Unternehmen versuchen ihre Organisation auf den Kunden auszurichten, was unter dem Begriff Customer Relationship Management (CRM) zusammengefasst werden kann. Die strategische Zielsetzung dieser Kundenorientierung liegt in der Erhöhung des Shareholder Values, welcher durch eine erhöhte Kundenbindung erreicht werden soll. All diese Maßnahmen sind mit hohen personellen, strukturellen und finanziellen Aufwendungen verbunden und nach dem anfänglichen Enthusiasmus und dem Kunden-binden-um-jeden-Preis sind nun Möglichkeiten zur Erfolgkontrolle der Kundenbindungsmaßnahmen gefragt. Nur durch die Kontrolle der Maßnahmen auf ihren Erfolg, lässt sich letztlich deren Investition rechtfertigen. Und, was entscheidender ist, nur durch Kontrolle lässt sich deren Einsatz kontinuierlich verbessern und zu maximaler Effizienz führen.
Das sich viele Unternehmen intensiv der Pflege von bestehenden Kunden widmen, ist offensichtlich. In einem nächsten Schritt wird deshalb die Erfolgskontrolle folgen müssen, um die sich bislang noch wenige kümmern. Der Grund, weshalb sich noch die meisten primär um die Initiierung von Kundenbindungsmaßnahmen kümmern, und dabei die Kontrolle vernachlässigen, liegt u.a. an der Schwierigkeit, Kundenbindung zu messen und zu quantifizieren. Was aber nicht gemessen werden kann, kann letztlich nicht gesteuert werden.
Ziel der Arbeit ist es darzustellen, in wie weit das Controlling dem Anspruch gerecht werden kann, die Ziele des Customer Relationship Managements im Internet auf deren Erfolg hin zu messen und zu kontrollieren. Um Kundenbindungsmaßnahmen auf ihren Erfolg hin zu kontrollieren, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, was sich überhaupt hinter dem Konstrukt verbirgt. Ohne das Verständnis der Wirkungsweise und der Bindungsursachen im Zusammenhang mit CRM kann nicht erfolgreich zur Kontrolle angesetzt werden. Diese Aufdeckung der Zusammenhänge ist folglich ein erstes Zwischenziel dieser Diplomarbeit.
Vor dem Hintergrund der Funktionsweise des Konstruktes Kundenbindung soll in der Folge ein den Umständen der Dynamik der Zeit und des Konstrukts gerecht werdendes Kontroll-Instrumentarium ermittelt werden. Ein Kontroll-Instrumentarium, bestehend aus ausgewählten […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau und Methodik der Arbeit
1.4 Abgrenzungen
2. Grundlagen
2.1 Kundenbindung
2.1.1 Bedeutung der Kundenbindung
2.1.2 Die wirtschaftliche Bedeutung der Kundenbindung
2.1.3 Strukturelle Auswirkungen der Kundenbindung
2.1.4 Effektivität und Effizienz – die Bedeutung der Kundenbindung für den Abnehmer
2.1.5 Grundverständnis der Kundenbindung
2.1.5.1 Internes Marketing als elementare Voraussetzung der Kundenorientierung
2.1.5.2 Kundenorientierung als Unternehmensphilosophie
2.1.5.3 Kundenzufriedenheit – wie der Kunde die Leistung bewertet
2.1.5.4 Kundenloyalität – wie der Kunde gegenüber der Leistung des Unternehmens eingestellt ist
2.1.5.5 Kundenbindung – wie der Kunde sich in Zukunft gegenüber dem Unternehmen verhält
2.2 Der CRM-Kreislauf
2.2.1 Analytische Kundenbindungsinstrumente
2.2.1.1 Data Warehouses
2.2.1.2 Data Mining
2.2.1.3 Segmentierung
2.2.2 Operative Kundenbindungsinstrumente
2.2.2.1 Direktmarketing
2.2.2.2 Direktmarketinginstrumente
2.2.2.2.1 Direct Mail & Fax
2.2.2.2.2 Call Center
2.2.2.2.3 Vertrieb
2.2.2.3 Beschwerdemanagement
2.3 Das Internet als innovative Plattform der Kundenbindung
2.3.1 Das Internet
2.3.1.1 Eine Definition und Entwicklungstrends
2.3.1.2 Neue Entwicklungstrend und Rahmenbedingungen
2.3.2 Erfolgsstrategien im Internet
2.3.2.1 Direktmarketing im Internet
2.3.2.2 One-to-One-Marketing
2.4 Der E-CRM-Kreislauf
2.4.1 Mehr Input für analytische Kundenbindungsinstrumente durch die Erfassung kundenindividueller Daten
2.4.2 Integration der operativen Online- und Offline-Kundenbindungs-instrumente
2.4.3 Die 7 C’s - Erfolgsfaktoren der Kundenbindung im Internet
2.4.3.1 Customer Care - Integrierter Kundenservice
2.4.3.2 Content & Connectivity - Hochwertiger Inhalt
2.4.3.3 Communication - Kommunikation per E – mail
2.4.3.4 Customization & Convenience - Kundenindividuelles Angebot
2.4.3.5 Community - Online-Gemeinschaft
2.5 Fazit
3. Möglichkeiten der Erfolgskontrolle
3.1 Grundlagen und Begriffe
3.1.1 Definition des Erfolgs
3.1.2 Definition der Kontrolle
3.1.3 Grundlagen des Marketing-Controlling
3.1.4 Ziel des Controllings der CRM - Maßnahmen
3.2 Vorgehen
3.3 Analyse des bisherigen Kundenverhaltens
3.3.1 Kaufverhalten
3.3.1.1 Requency-, Frequency-, Monetary-Ratio
3.3.1.2 Share of Wallet
3.3.1.3 Kunden-Deckungsbeitrag
3.3.2 Weiterempfehlungsverhalten
3.3.3 Informationsverhalten
3.3.4 Wanderungsverhalten
3.3.4.1 Kundenbestand
3.3.4.2 Kundenbestandesänderungen
3.3.4.3 Kundenverweildauer
3.3.4.4 Konversion
3.4 Analyse der Kundenbindungsdeterminanten
3.4.1 Kundenzufriedenheit
3.4.1.1 Objektive Verfahren
3.4.1.2 Subjektive Verfahren
3.4.1.3 Verbindung zum Kundenzufriedenheitsindex
3.4.2 Vertrauen und Commitment
3.4.3 Kommunikation
3.4.4 Prozesse
3.4.5 Service
3.4.6 Benutzerfreundlichkeit
3.4.7 Erreichbarkeit
3.5 Analyse des zukünftigen Kundenverhaltens
3.5.1 Wiederkaufpotenzial
3.5.2 Cross-Buying-Potential
3.5.3 Referenzpotenzial
3.5.4 Informationspotenzial
3.5.5 Kooperationspotenzial
3.6 Der Kundenwert als Steuerungsgröße
3.6.1 Grundlagen des Kundenwerts
3.6.2 Quantitative Bestimmungsgrößen des Customer Lifetime Value
3.6.3 Qualitative Bestimmungsgrößen des Customer Lifetime Value
3.6.4 Berechnung des Customer Lifetime Value
3.7 Balanced Scorecard als Steuerungssystem
3.7.1 Grundlagen der Balanced Scorecard
3.7.2 Die Kundenbindung und die Balanced Scorecard
4. Virtuelle Marktplätze
4.1 Electronic Commerce
4.1.1 Ausprägungen des Electronic Commerce
4.1.2 Phasen der Markttransaktion
4.2 Elektronische Märkte
4.2.1 Eigenschaften elektronischer Märkte
4.2.2 Arten elektronischer Märkte
4.2.2.1 Einkaufsplattform
4.2.2.2 Marktplätze
4.2.2.3 Fachportale
4.3 Virtuelle Marktplätze
4.3.1 Definition
4.3.2 Marktteilnehmer
4.3.3 Ausprägungen
4.3.3.1 Hauptausrichtungen
4.3.3.2 Transaktionsmodelle
4.3.3.2.1 Schwarze Bretter
4.3.3.2.2 Kataloge
4.3.3.2.3 Börsen
4.3.3.2.4 Auktionen
4.4 eCRM auf virtuellen Marktplätzen
4.4.1 Besonderheiten
4.4.2 Aufbau eines eCRM-Konzepts
4.4.3 Erfolgsfaktoren
4.4.3.1 Zugangsakt
4.4.3.2 Nutzungsakt
4.4.3.3 Bindungsakt
4.5 Erfolgskontrolle
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Customer Relationship Life Cycle
Abb.2: Die wirtschaftliche Bedeutung steigender Kundenbindung
Abb.3: Barrieren der Markt- und Kundenorientierung
Abb.4: Beiträge der Wertschöpfungsstufen zur Kundenzufriedenheit
Abb.5: Das Loyalitätsdiagramm
Abb.6: Determinanten der Kundenbindung
Abb.7: Der CRM- Kreislauf
Abb.8: Die integrierte Datenbank
Abb.9: Das Value – Spectrum - Modell
Abb.10: Dialogmarketing
Abb.11: Entwicklungstrend der Internetnutzung
Abb.12: Unterschiede zwischen Push- und Pull- Medium
Abb.13: Geändertes Kundenumfeld führt zu neuen Ansprüchen
Abb.14: Der E- CRM- Kreislauf
Abb.15: Erfolgversprechende Eigenschaften einer Website
Abb.16: Marketing-Controlling
Abb.17: Bisheriges bindungsrelevantes Kundenverhalten
Abb.18: Erfolgskontrolle der Determinante der Kundenbindung
Abb.19: Beziehungslebenszyklus
Abb.20: Die Perspektiven der Balanced Scorecard
Abb.21: Akteure und Rollen im Internet-Handel
Abb.22: Phasenmodell der Markttransaktionen
Abb.23: Internet – Intranet - Extranet
Abb.24: Arten elektronischer Märkte
Abb.25: Strategisches Marktdreieck virtueller Marktplätze
Abb.26: Realisierungsformen virtueller Marktplätze
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Standard-Definitionen von Kern-Messgrössen der Log File-Analyse
Tabelle 2: Beispiel eines Kundenzufriedenheitsindex
Tabelle 3: Beispiel einer CLV-Berechnung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
"If you can't measure it, you can't manage it!"
T. Co peland
Dieses Zitat fasst die Problemstellung der vorliegenden Arbeit prägnant zusammen. Die Bedeutung des Controllings für den Geschäftserfolg hat in den letzten Jahren mit dem Aufkommen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) stark zugenommen. Das Internet hat sich zu einem globalen Marktplatz gewandelt, auf dem Unternehmen versuchen ihre Organisation auf den Kunden auszurichten, was unter dem Begriff Customer Relationship Management (CRM) zusammengefasst werden kann. Die strategische Zielsetzung dieser Kundenorientierung liegt in der Erhöhung des Shareholder Values, welcher durch eine erhöhte Kundenbindung erreicht werden soll. All diese Maßnahmen sind mit hohen personellen, strukturellen und finanziellen Aufwendungen verbunden und nach dem anfänglichen Enthusiasmus und dem "Kunden-binden-um-jeden-Preis" sind nun Möglichkeiten zur Erfolgkontrolle der Kundenbindungsmaßnahmen gefragt. Nur durch die Kontrolle der Maßnahmen auf ihren Erfolg, lässt sich letztlich deren Investition rechtfertigen. Und, was entscheidender ist, nur durch Kontrolle lässt sich deren Einsatz kontinuierlich verbessern und zu maximaler Effizienz führen.
Das sich viele Unternehmen intensiv der Pflege von bestehenden Kunden widmen, ist offensichtlich.[1] In einem nächsten Schritt wird deshalb die Erfolgskontrolle folgen müssen, um die sich bislang noch wenige kümmern. Der Grund, weshalb sich noch die meisten primär um die Initiierung von Kundenbindungsmaßnahmen kümmern, und dabei die Kontrolle vernachlässigen, liegt u.a. an der Schwierigkeit, Kundenbindung zu messen und zu quantifizieren. Was aber nicht gemessen werden kann, kann letztlich nicht gesteuert werden.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Ziel der Arbeit ist es darzustellen, in wie weit das Controlling dem Anspruch gerecht werden kann, die Ziele des Customer Relationship Managements im Internet auf deren Erfolg hin zu messen und zu kontrollieren. Um Kundenbindungsmaßnahmen auf ihren Erfolg hin zu kontrollieren, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, was sich überhaupt hinter dem Konstrukt verbirgt. Ohne das Verständnis der Wirkungsweise und der Bindungsursachen im Zusammenhang mit CRM kann nicht erfolgreich zur Kontrolle angesetzt werden. Diese Aufdeckung der Zusammenhänge ist folglich ein erstes Zwischenziel dieser Diplomarbeit.
Vor dem Hintergrund der Funktionsweise des Konstruktes "Kundenbindung" soll in der Folge ein den Umständen der Dynamik der Zeit und des Konstrukts gerecht werdendes Kontroll-Instrumentarium ermittelt werden. Ein Kontroll-Instrumentarium, bestehend aus ausgewählten Kennzahlen und Methoden, welches sich den durch die neuen Medien veränderten Aspekten der Kundenbindung annimmt und dort ansetzt, wo es für eine wirksame Kundenbindung vonnöten ist. Interessant erscheint dabei die Klärung der Frage, inwieweit die durch die IKT zur Verfügung gestellten neuen Möglichkeiten zur Kunden-Verhaltensanalyse, die Erfolgskontrolle erleichtert.
Die These lautet folglich, dass die neuen Geschäftsmedien einen Einfluss haben auf die Wirkungsweise und die Determinanten des CRM und sich daraus auch Implikationen auf das Controlling ergeben. Dargestellt am Beispiel virtueller Marktplätze, soll dies untermauert werden.
1.3 Aufbau und Methodik der Arbeit
Diese Arbeit soll in einer ersten Phase aufzeigen, wie sich die klassischen Erfolgsdeterminanten des Customer Relationship Managements zusammensetzen und wie sich durch die neuen Geschäftsmedien und verändertes Konsumverhalten eine Veränderung der Determinanten an sich und in Ihrer Struktur untereinander vollzieht. In einem zweiten Schritt sollen die Anforderungen an ein Controlling der Kundenbindung, als Ziel des CRM, definiert werden mit besonderem Augenmerk auf die im ersten Teil dargelegten Veränderungen in den Determinanten. Als Ziel der Arbeit kann somit der Nachweis der Notwendigkeit einer Anpassung des klassischen Kundenbindungs-Controllings aufgrund der Veränderungen im Kundenbindungsumfeld genannt werden. Der Aufbau eines Kennzahlensystems, welches den Anforderungen der Kundenbindung in neuen Medien gerecht wird, soll im Zusammenhang mit virtuellen Marktplätzen im letzten Teil untersucht werden.
1.4 Abgrenzungen
Es ist festzustellen, dass es einen großen Nachholbedarf in Bezug auf diese Problematik gibt. In der Literatur ist nur sehr wenig Informationsmaterial vorhanden und deshalb kann es nur ein Versuch einer Klassifizierung sein. Aufgrund der anhaltenden rasanten Entwicklung der New Economy können die Ausführungen nur als eine „Momentaufnahme“ verstanden werden. Vielfältige Einflüsse werden auch in Zukunft für eine schnelle Weiterentwicklung sorgen.
2. Grundlagen
Das Konzept des Customer Relationship Managements (CRM) ist ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das den Kunden und seine individuellen Bedürfnisse konsequent in den Mittelpunkt der Betrachtungen stellt und damit die Ziele des beziehungsorientierten Marketings unterstützt. Durch die kundenbezogene Leistungserstellung mittels integrierter Kommunikations-, Distributions-, Angebots und Produktpolitik wird nur produziert, was der Kunde auch wirklich wünscht. Fokussiert wird dabei auf Kunden, bei denen Wiederkäufe zu erwarten sind.[2]
Customer Relationship Management (CRM) ist umgeben von einer Menge an verwandten und ähnlichtönenden Begriffen und es existiert keine allgemeingültige Definition des Terms. In seiner Ausgestaltung kann es gleichgesetzt werden mit den Begriffen Kundenbeziehungsmanagement, Beziehungs-, One-to-one- oder Zielkundenmarketing. Piller definiert CRM kurz als: „...die ganzheitliche Bearbeitung der Beziehung eines Unternehmens zu seinen Kunden.“[3]
Eine andere, sehr allgemein gehaltene Definition stammt von Kunz:
„Kundenbeziehungsmanagement ist die Summe aller unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen, die den Aufbau und die Erhaltung von längerandauernden Beziehungen zwischen Unternehmen und seinen Kunden abzielen.“[4]
Das Ziel des CRM ist es, "die erfolgsversprechendsten Kunden zu identifizieren und mit den (...) jeweils geeignetsten Maßnahmen der Kommunikations-, Produkt-, Preis- und Distributionspolitik eine profitable und dauerhafte Beziehung zu diesen Kunden aufzubauen".[5] Nicht die Ausweitung der Geschäftstätigkeit auf möglichst viele Kunden wird angestrebt, sondern die Erhöhung der Geschäftstätigkeit und des Profits mit bestehenden Kunden und die Optimierung der Kundenbeziehung unter ökonomischen Gesichtspunkten, d.h. auch Reduktion der Kosten in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Service.
Die Gewinnung hochwertiger Neukunden soll nicht völlig in den Hintergrund geraten, aber primär durch Weiterempfehlungen von gut gepflegten Stammkunden geschehen. Die Grundidee des CRM lässt sich anhand des Customer Relationship Life Cycle (CRLC) verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1[6]
Jede der vier Phasen erfordert bestimmte Aktivitäten des Unternehmens. Um den Kunden zur Evaluation des Produkts zu motivieren, muss sein Interesse geweckt werden. Nach Bereitstellung des Angebots, Kauf und Leistungserstellung tritt der Kunde in die Nutzungsphase ein. Die hier gewonnenen Erfahrungen des Kunden in Form von Produktnutzen und Kundendienst-Nutzen beeinflussen die Kundenbindung in besonderer Weise. Mit Hilfe des CRM wird der Kunde über den gesamten CRLC begleitet und schließlich im Moment der anstehenden Neuentscheidung wieder an den Anfang des Zyklus geführt.[7]
In den nachfolgenden Ausführungen wird gezeigt, dass sich einerseits die Wichtigkeit der Kundenbeziehung allgemein, und der Kundenbindung im Speziellen, für das Management gesteigert hat, und andererseits sich die Determinanten der Kundenbindung durch den Einsatz von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie durch neues Konsumverhalten verändern. Die Kundenbindung nach Art der Gebundenheit weicht zunehmend und macht Anstrengungen des Anbieters nötig, welche durch hohe Leistung und umfassenden Kundenservice eine Beziehung der "Verbundenheit" auslöst.
2.1 Kundenbindung
2.1.1 Bedeutung der Kundenbindung
Kundenbindungsmaßnahmen sollen die Effizienz (Wirtschaftlichkeit) und die Effektivität (Erreichung von gesetzten Zielen) der Marketingaktivitäten erhöhen, indem die Kommunikation und das Produktangebot präzise auf den jeweiligen Kunden bzw. Interessenten abgestimmt werden. Die finanziellen Ressourcen müssen derart eingesetzt werden, dass damit ein Maximum an Kundenzufriedenheit, durch die Kundenzufriedenheit Loyalität und durch Loyalität ein Maximum an Absatz von Produkten erreicht werden können.
2.1.2 Die wirtschaftliche Bedeutung der Kundenbindung
Es ist einleuchtend, dass der Gewinn je Kunde mit der Dauer der Kundenbeziehung steigt. Dies ergibt sich aber nicht nur aus dem Basisgewinn, der über einen längeren Zeitraum generiert werden kann, sondern auch eine Reihe anderer Faktoren haben Einfluss darauf, dass ein Kunde mit fortschreitender Dauer der Kundenbeziehung immer rentabler wird. Dies soll die folgende Abbildung 2 verdeutlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2[8]
Die Kosten für die Kundenakquisition sind auf vielen Märkten höher als der Grundgewinn der Kundenbeziehung des ersten Jahres.
Das Gut bzw. die Dienstleistung hat Herstellungskosten und einen Preis. Die Differenz dazwischen ist der Grundgewinn, der mit verlängerter Kundenbeziehung häufiger auftritt. In den meisten Branchen steigert sich mit der Zeit sowohl die Anzahl der Käufe (Wiederkaufsrate) als auch der durchschnittliche Umsatz je Vorgang.
Das gegenseitige Kennenlernen von Ansprüchen und Wünschen steigert die Effizienz im Miteinander von Kunde und Unternehmen. Begeisterte Kunden werden nicht nur zu treuen Kunden, sondern sogar selbst zu „Verkäufern“, die positive Erfahrungen anderen mitteilen. Je länger eine Kundenbeziehung dauert, desto höher ist der effektive Preis, den ein Kunde bereit zu zahlen ist.[9]
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass etablierte Kunden i.d.R. mehr kaufen, leichter einzuschätzen sind und geringere Kosten verursachen als neue Kunden. Des weiteren sind bestehende Kunden weniger preisbewusst und stellen eine Quelle kostenloser Mund-zu-Mund-Propaganda dar. Gewinnsteigerungen können sowohl durch steigende Umsätzen und sinkende Kosten als auch durch höhere Preise realisiert werden.
2.1.3 Strukturelle Auswirkungen der Kundenbindung
Je länger eine Kundenbeziehung dauert, desto mehr entwickelt sie sich in Richtung einer Partnerschaft. Loyale Kunden zeichnen sich nicht nur durch eine hohe Zufriedenheit aus, sondern auch durch eigene Aktivitäten gegenüber dem Unternehmen. Durch die Inanspruchnahme des vom Unternehmen angebotenen Beschwerdemanagements bemüht sich der Kunde direkt um eine permanente Leistungssteigerung des Unternehmens. Da er bisher mit dem Unternehmen zufrieden war, hat er eigenes Interesse an der Fortführung der Geschäftsbeziehung. Insbesondere durch dieses Beschwerdemanagement gewinnt das Unternehmen laufend wertvolle Informationen. Diese Informationen müssen systematisch ausgewertet werden, um wiederkehrende Fehlertypen zu erkennen, Ursachen zu analysieren und entsprechende Verbesserungen zu entwickeln.
2.1.4 Effektivität und Effizienz – die Bedeutung der Kundenbindung für den Abnehmer
Neben den Möglichkeiten der Steigerung von Effizienz und Effektivität für das Unternehmen können sich durch Kundenbindungsmaßnahmen auch Effektivitäts- und Effizienzvorteile für den Kunden ergeben. Wenn durch die zunehmende Dauer der Geschäftsbeziehung immer mehr Informationen über die Qualität der vom Anbieter gelieferten Leistungen und dadurch auf seiten des Kunden das Risiko von Fehlentscheidungen abgebaut und das Vertrauen dadurch aufgebaut werden kann, haben langfristige Beziehungen auch effektivitätssteigernde Wirkungen für den Kunden.[10] Effizienzvorteile ergeben sich für ihn dadurch, dass er innerhalb von langfristigen Geschäftsbeziehungen nicht bei jeder Kaufentscheidung in gleichem Maße Informationen über alle möglichen Produktalternativen einholen muss und sich dadurch Zeit- und Kostenvorteile verschafft.
2.1.5 Grundverständnis der Kundenbindung
Professor Dr. Anton Meyer beschreibt eine Kausalkette, die für den langfristigen Erfolg einer Unternehmung verantwortlich ist.
Kundenorientierung Þ Kundenzufriedenheit Þ Kundenbindung Þ langfristiger Gewinn[11]
2.1.5.1 Internes Marketing als elementare Voraussetzung der Kundenorientierung
Um Kundenorientierung erfolgreich in einem Unternehmen umsetzen zu können, bedarf es eines personalorientierten internen Marketing. Hier wird die entscheidende Bedeutung der Beziehung zu den Mitarbeitern für den Aufbau langfristiger Beziehungen zu den Kunden deutlich. Die Idee des Internen Marketing entstammt dem traditionellen Marketingkonzept. Das über Jahre generierte Wissen über die Bearbeitung externer Märkte kann mit einigen Modifizierungen auf die internen Märkte, d.h. die Organisationsmitglieder, übertragen werden.[12]
Zielt das externe Marketing darauf ab, durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse[13] die Unternehmensziele zu verwirklichen, soll das interne Marketing sicherstellen, dass jeder Mitarbeiter im Sinn der von der Organisation vorgegebenen Mission und Strategie ein exzellentes Maß an Service sowohl leistet als auch erhält.[14] Damit hängt der Erfolg des externen Marketing von der Qualität eines entwickelten internen Marketing ab.[15]
Bruhn fasst diese Gedanken zusammen und definiert internes Marketing als systematische Optimierung unternehmensinterner Prozesse mit Instrumenten des Marketing- und Personalmanagements, um durch eine konsequente und gleichzeitige Kunden- und Mitarbeiterorientierung das Marketing als interne Denkhaltung durchzusetzen, damit die marktgerichteten Unternehmensziele effizient erreicht werden.[16]
Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter gilt als Maßstab für den Erfolg des Internen Marketing. Durch Information, Schaffung von Akzeptanz, Vermittlung von Fähigkeiten, Erzeugung eines kundenorientierten Umfeldes, Erweiterung des Handlungsspielraums etc. sollen langfristige Beziehungen zu den Mitarbeitern entwickelt werden. Das Anwerben und Halten hochmotivierter Mitarbeiter sowie deren kundenorientierte Qualifikation wird somit zur Voraussetzung der erfolgreichen Implementierung von Kundenbindungsmaßnahmen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Mitarbeiterorientierung Arbeitszufriedenheit unter den Mitarbeitern gewährleisten soll, denn diese steht in einem engen Zusammenhang mit der Kundenorientierung und damit der Kundenzufriedenheit. Zufriedene motivierte Mitarbeiter zeigen mehr Engagement und Flexibilität, stehen hinter den Unternehmenszielen und setzen sich für diese ein.[17] Diese Beziehung soll in der folgenden Abbildung 3 mit der schon kurz vorgestellten Kausalkette von A. Meyer zusammen geführt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 3 [18]
Was unter der durch das Interne Marketing angestrebten Kundenorientierung zu verstehen ist, wird nun beschrieben.
2.1.5.2 Kundenorientierung als Unternehmensphilosophie
Kundenorientierung wird von Schütze definiert als „Prädisposition und Fähigkeit von Unternehmen, auf Kunden individuell einzugehen, durch Erfahrungen mit Kunden zu lernen und Kundenzufriedenheit nachhaltig und vorausschauend gewährleisten zu können“.[19] Kundenorientierung bzw. Kundennähe[20] als eine Unternehmensphilosophie zielt somit darauf ab, Kunden zu gewinnen und diese an die Einkaufsstätte bzw. Marke zu binden. Kundenorientierung ist deshalb weniger eine genau vorgegebene Strategie, die in einzelnen Schritten abgearbeitet wird, sondern eine Denkhaltung, die sich in Verhalten und Leistung gegenüber den Kunden ausdrückt. Der Kunde muss in sämtlichen Unternehmensbereichen stärker in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken.[21] Die Umsetzung dieser Mentalität Kundenorientierung setzt nicht zuerst bei den Menschen an, sondern muss zunächst vom System, d.h. den Unternehmensstrukturen verinnerlicht werden.[22] Die Unternehmensphilosophie Kundenorientierung hat Kundenzufriedenheit zum Ziel. Denn nur „zufriedene Kunden kommen und kaufen wieder.“[23]
2.1.5.3 Kundenzufriedenheit – wie der Kunde die Leistung bewertet
So gebräuchlich der Begriff Kundenzufriedenheit im Alltag ist, so schwer tun sich die Wissenschaftler, dieses hypothetische Konstrukt konkret zu definieren und zu messen. Trotz einer Vielzahl häufig empirisch gestützter Beiträge im Bereich der Zufriedenheitsforschung ist es bis heute nicht gelungen, Einigkeit zu erzielen.[24]
Das sehr komplexe Erscheinungsbild der Kundenzufriedenheit, welches durch markt-, leistungs-, kosten- und vor allem personalpolitische Aspekte geprägt ist[25], wird generell als das Ergebnis eines komplexen psychologischen Vergleichsprozesses verstanden.[26] Die meisten Forscher folgen dem Diskkonfirmations-Paradigma, welches Kundenzufriedenheit als Resultat eines subjektiven Vergleichs zwischen Erwartungen und wahrgenommenen Leistungen darstellt,[27] oder anderen Erklärungsansätzen, die von Differenzmodellen ausgehen.[28]
Ein unzufriedener Kunde hingegen teilt seine Enttäuschung im Gegensatz zu einem zufriedenen Kunden nicht nur drei weiteren Menschen mit, sondern elf.[29] Trägt dieser Kunden seine Beschwerde beim Unternehmen vor, besteht hier noch die Möglichkeit, dessen Abwanderung zur Konkurrenz zu vermeiden. Ansonsten ist diese unausweichlich. Das Unternehmen verliert den Kunden meist für immer.
Die Bausteine der Kundenzufriedenheit liegen in den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette. Es existiert keine Stufe in dieser Kette, die keinen Beitrag zur Kundenzufriedenheit leisten könnte. Andernfalls wäre sie überflüssig und könnte ersatzlos gestrichen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4[30]
Diese Darstellung verdeutlicht noch einmal die Wichtigkeit der Kundenorientierung. Je besser alle Unternehmensbereiche „mit den Augen des Kunden sehen“, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt entsteht, welches die Kunden zufrieden stellt. Den entscheidenden Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat aber nicht die Produktqualität oder der Preis, sondern die Beziehung des Kunden zum Mitarbeiter des Herstellers. Das Mitarbeiterverhalten bestimmt das Entstehen von Kundenbindung.[31]
2.1.5.4 Kundenloyalität – wie der Kunde gegenüber der Leistung des Unternehmens eingestellt ist
Kundenloyalität stellt eine besondere Form der Kundenbindung dar[32] und wird als die Treue des Kunden gegenüber dem Anbieter verstanden. Das Verhalten der Loyalität beschreibt die innere Beteiligung an den Konsumentenentscheidungen, welche auch zu einer intensiveren Hinwendung zum (kompetenten) Geschäftspartner führen kann. Dies kann sich dann zu einer „Anhängerschaft“ entwickeln, bei der selbst kurzfristige Nachteile in Kauf genommen werden, um die Bindung aufrecht zu erhalten.[33] In diesem Zusammenhang wird oft der Begriff Commitment erwähnt, der das Gefühl der inneren Verpflichtung des Kunden gegenüber dem Anbieter beschreibt.[34]
Galt in den 70er Jahren laut PIMS Studie noch der Marktanteil als Hauptprädiktor für die Profitabilität eines Unternehmens, widerlegten Sasser und Reichheld diese Annahme und identifizierten die Kundenloyalität als Hauptursache für hohe Gewinne und schnelles Wachstum.[35] Nicht das Anlagevermögen eines Unternehmens, sondern das Potential an zufriedenen Kunden ist somit für den Unternehmenserfolg entscheidend. Erfahrungswerte aus der Unternehmenspraxis zeigen, dass zur Pflege loyaler Kunden ein fünf bis achtfach niedrigeres Marketingbudget erforderlich ist als zur Neukundengewinnung.
Angestrebt wird deshalb die Absicherung und Steigerung der Loyalität der bisherigen Kunden durch eine Erhöhung der Zufriedenheit der Kunden. Allerdings kann Kundenzufriedenheit zwar als notwendige, aber nicht als hinreichende Bedingung für Kundenloyalität angesehen werden. Wohlgesonnene Kunden sind nicht zwangsläufig loyal.
Der Aufbau von Loyalität beginnt mit der Kundenorientierung und dem Kennen und Verstehen der Kundenbedürfnisse im Unternehmen. Die traditionellen produktorientierten Strategien müssen durch neue Kundenbindungsstrategien ergänzt werden. Speziell in der Dienstleistungsindustrie, wo primär kein physisches Produkt angeboten wird, ist der Service entscheidend für den Aufbau eines loyalen Kundenstamms. Aber auch produzierende Unternehmen müssen die Bedeutung der Kundenbeziehung und -interaktion als Differenzierungsstrategie erkennen, um sich langfristig von Wettbewerbern abzuheben. Die folgende Grafik soll veranschaulichen, wie produktorientierte und kundenorientierte Strategien Loyalität beeinflussen.[36]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5[37]
Aus dieser Abbildung wird ersichtlich, dass nur eine Kombination aus kunden- und produktorientierten Strategien Loyalität bei den Kunden entstehen lässt. Da sich aber Kundenorientierung auf die Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kunden konzentriert, wird sie zur Voraussetzung der Produktorientierung. Gute Produkte sind Produkte, die den Erwartungen der Kunden entsprechen.
2.1.5.5 Kundenbindung – wie der Kunde sich in Zukunft gegenüber dem Unternehmen verhält
Kundenbindung strebt nach Meyer und Oevermann einerseits das bisherige Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten und anderseits die zukünftigen Wiederkauf-, Zusatzkauf- (Cross-Selling) und Weiterempfehlungsabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen an. Die Bindung kann aus psychologischen (freiwilligen), rechtlichen, ökonomischen oder technologischen Ursachen resultieren.[38]
Häufig wird aber auch zwischen zwei anderen Kundenbindungsarten unterschieden: der Verbundenheit und der Gebundenheit. Die Gebundenheit, die die rechtlichen, ökonomischen oder technologischen Kundenbindungsarten beinhaltet, behindert die Konsumenten durch den Aufbau von Wechselbarrieren, von anderen Anbietern zu kaufen. Die Verbundenheit hingegen charakterisiert einen Zustand, in dem der Kunde so zufrieden mit dem Anbieter ist, dass er (freiwillig) nicht zu einem anderen Anbieter wechseln möchte.[39] Diese Art der Kundenbindung basiert auf der Loyalität zum Anbieter, die durch die Zufriedenheit mit dessen Angebot entstanden ist und kann auch als psychologische Kundenbindung bezeichnet werden.[40] Diese positive Korrelation zwischen Kundenzufriedenheit und –bindung ist mehrfach nachgewiesen worden.[41]
Die Qualität der Kundenbindung kann somit von den in Abbildung 6 dargestellten Faktoren abhängen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6[42]
Wie nun dieses Grundverständnis der Kundenbindung von Unternehmen angewendet werden kann, um in den Genuss von Effizienz- und Effektivitätssteigerungen zu kommen, wird im folgenden Kapitel mit Hilfe des CRM-Kreislaufes näher erläutert.
2.2 Der CRM-Kreislauf
Ein Unternehmen hat drei Möglichkeiten, sich von seinen Wettbewerbern langfristig abzuheben. Entweder es verfolgt die Strategie der Kostenführerschaft und produziert zu niedrigeren Kosten als die Konkurrenz. Oder es strebt einen Wettbewerbsvorteil durch Differenzierung, d.h. das Anbieten einer einzigartigen schwer zu imitierenden Leistung, an. Die dritte Strategie besteht darin, dass nur eine bestimmte Käufergruppe, ein bestimmtes Gebiet oder ein Produkt- bzw. Marktsegment bedient wird. In diesem Fall handelt es sich um eine Nischenstrategie.[43]
Eine erfolgversprechende Differenzierungsstrategie der heutigen Zeit setzt an der immer dringender werdenden Fokussierung auf die Kundenbindung an. Ein Unternehmen hebt sich dadurch von den Wettbewerbern ab, dass es durch eine kundenorientierte Sichtweise seinen Abnehmern genau das anbietet, was sie zu schätzen wissen.
Dieses Vorhaben kann nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Unternehmensbereiche mit einbezieht, umgesetzt werden. Die zahlreichen hoch angepriesenen Kundenbindungsstrategien wie Call Automation, Campaign Management oder Database Marketing sind einzelne Maßnahmen, die nur im Zusammenspiel mit allen anderen Kundenbindungsinstrumenten Erfolg versprechen. Hier soll der Kundenbindungskreislauf vorgestellt werden, der diesen Aspekt aufgreift und in einem ersten Schritt analytische und operative Instrumente verbindet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7[44]
Die differenzierte, möglichst auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Gestaltung des Marketingmix erfordert nicht nur die entsprechenden Informationen über den einzelnen Kunden, sondern auch die Fähigkeit, aus diesen Informationen Wissen, Erkenntnisse und Maßnahmen abzuleiten. Genau das sind die Aufgabengebiete der analytischen Kundenbindungsinstrumente, die somit die Grundlage für den gezielten Einsatz strategischer CRM-Maßnahmen (operative Kundenbindungsinstrumente) liefern. Die Daten für die analytischen Kundenbindungsinstrumente stammen wiederum aus den operativen Systemen.[45]
Man kann also ein Kundenbindungssystem als geschlossenen Regelkreis, der auch unter dem Namen „closing the loop“ bekannt ist, aus Datensammlung, Datenanalyse und –aufbereitung und Zurückspielen an die operative Ebene bezeichnen.[46]
Auch dieses Kundenbindungssystem ist noch stark vereinfacht und geht auf die Bedeutung zahlreicher anderer Unternehmensbereiche bzw. –teilbereiche (wie bspw. Finanzierung und Produktentwicklung) nicht explizit ein. Trotzdem stellt dieses Modell einen ersten Schritt zum ganzheitlichen und bereichsübergreifenden Verständnis dar. Im weiteren sollen nun zuerst die analytischen und im Anschluss daran die operativen Kundenbindungsinstrumente und deren wichtigsten Bestandteile vorgestellt werden.
2.2.1 Analytische Kundenbindungsinstrumente
Zu den analytischen Komponenten gehört das Data Warehouse, mit dem Unternehmen alle Kundenprozesse einheitlich abbilden und strukturieren können. Ebenfalls auf der analytischen Seite angesiedelt sind Data Mining-Verfahren, die ein besseres Verständnis des Kunden und damit auch Prognosen über sein zukünftiges Kaufverhalten ermöglichen. Außerdem soll in diesem Zusammenhang auch auf die Segmentierung, ohne die Datamining nicht den gewünschten Erfolg hätte, eingegangen werden.
2.2.1.1 Data Warehouses
Unter Data Warehouses (Datenbanken) werden riesige Datensammlungen, die Kundeninformationen enthalten, verstanden. Sie bilden das Fundament eines jeden Kundenbindungssystems. Die Kundendatenbanken sammeln und speichern Informationen aus verschiedenen operationalen und externen Quellen, konsolidieren diese und ordnen alle relevanten Daten, so dass sie in einheitlicher Form vorliegen. Mit Hilfe dieser Informationen wollen sich Unternehmen ein genaues und umfassendes Bild von ihren Kunden und deren Vorstellungen (Kundensicht) machen.[47] Eine gut funktionierende und gepflegte Datenbank ist auch unverzichtbar für den Einsatz von Direktmarketingmaßnahmen zur Kundenbindung, auf welche später noch eingegangen wird.
Das Datenspektrum und die Datenqualität haben entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der Kundenbindungsmaßnahmen. Link und Hildebrand unterscheiden bspw. vier Datentypen, die in einer kundenorientierten Datenbank[48] nicht fehlen dürfen:
- Grunddaten, zu denen vor allem langfristig gleichbleibende und weitgehend produktunabhängige Kundendaten gehören.
- Potentialdaten, die produktgruppen- und zeitpunktbezogene Anhaltspunkte für das kundenindividuelle Nachfragevolumen liefern.
- Aktionsdaten informieren über kundenbezogene Maßnahmen hinsichtlich ihrer Art, Intensität, Häufigkeit und ihres Zeitpunktes.
- Reaktionsdaten geben Aufschluss über Verhaltensweisen der Kunden bzgl. der Wirksamkeit der Maßnahmen des eigenen, aber auch der konkurrierenden Unternehmen.[49] Zu den Reaktionsdaten gehören zum Beispiel Informationen über die Dauer der Kundenbeziehung, Umsatzzahlen, Stand auf der Loyalitätsleiter oder die Klassifizierung bezüglich der Kundenattraktivität und –zugänglichkeit.[50]
Wenn das Bild eines Kunden noch unvollständig ist, kann man die Daten durch extern zur Verfügung stehende Quellen mit Informationen – bspw. mit unabhängigen Marktanalysen - anreichern. Zur Generierung dieser Informationen muss sich eine Unternehmenskultur entwickeln, die kontinuierlich spezifische Kundeninformationen zusammenträgt, um die Kundendatenbank zu erweitern. Jeder Kontakt muss als Möglichkeit angesehen werden, zusätzliche Informationen zu bekommen.[51] Elektronische Datenerfassungsmasken können die Datenerfassung und -übermittlung erheblich erleichtern. Des weiteren müssen die Informationen zentral im Unternehmen gelagert und jedem zugänglich sein, um ihren vollen Nutzen zu entfalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8[52]
Da der Aufbau einer umfassenden gepflegten Kundendatenbank eine gewisse Vorlaufzeit benötigt, stellt gerade dieses Potential einen Wettbewerbsvorteil dar, der von anderen Unternehmen nicht schnell und leicht kopiert werden kann.[53]
2.2.1.2 Data Mining
Data Mining bereitet die Kundendaten derart auf und analysiert diese, um dadurch die Marketingaktionen gezielt auf das Potential und die Kundenbedürfnisse des Einzelnen abstimmen zu können. Durch Data Mining - quasi einer Art internen kundenfokussierten Marktforschung - wird das Marketing also berechenbar und ausrichtbar.[54]
Prognosemodelle sind Instrumente des Data Mining, die zur Vorhersage individuellen Kundenverhaltens eingesetzt werden. Diese auch als Scoringmodelle bezeichneten Prognoseinstrumente verwenden das in der Datenbank dokumentierte historische Kundenverhalten, um daraus das zukünftige Verhalten des Einzelnen vorhersagen zu können. Scoringsysteme werden mit unterschiedlichsten Zielsetzungen entwickelt. Die zwei am häufigsten angewandten Modelle sollen hier kurz vorgestellt werden:
1 ) Kaufwahrscheinlichkeitsscoring wird zur Prognose des Kaufverhaltens eingesetzt. Es nutzt historisches Kundenverhalten, um daraus Schlüsse über die zu erwartende Reaktion auf Angebote ziehen zu können. Mit Hilfe dieser Kundenscoringmodelle lassen sich Konsumenten nach ihrer Kaufwahrscheinlichkeit bewerten. Diese kundenindividuelle Bewertung wird dann bei der Disposition von Direktmarketingaktionen herangezogen. Aktionen können so an jene Kunden adressiert werden, die sich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit für das Angebot interessieren. Diese durch Kaufwahrscheinlichkeitsscoring unterstützte Allokation von Marketingaktionen hat zum einen den Vorteil, dass Direktwerbeaktionen ausschließlich an vielversprechende Kunden adressiert werden können. Streuverluste und die damit verbundenen Kosten werden vermieden und die Werbeeffizienz dementsprechend gesteigert. Zum anderen bekommen Kunden nur Angebote, wenn sich aus ihren in der Marketing-Datenbank vorhandenen Informationen eine Affinität für das Produkt schließen lässt. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass die Aktion beim Kunden auf ein gewisses Interesse stößt. Der Konsument wertet somit die Angebote und Kommunikation des Anbieters als relevant und widmet sich dementsprechend interessiert den Aktionen.
2 ) Als Folge eines vermehrt auf Retention, d.h. Wiedergewinnung fokussierten Marketings entstanden gerade in jüngster Zeit Scoringmodelle zur Prognose der individuellen Abwanderungswahrscheinlichkeit. Grundlegende Idee dieser Modelle ist es, die Absicht einer Kündigung frühzeitig erkennen zu können, so dass noch vor der eigentlichen Abwanderung des Kunden gezielte Marketingaktionen zur Bindung des gefährdeten Kunden eingeleitet werden können. Die Wahrscheinlichkeit einer Abwanderung setzt sich im Rahmen dieser Modelle meist aus einer Kombination von gezeigter Treue, Dauer der Geschäftsbeziehungen und dem aktuellen Abweichungsgrad vom bisher gezeigten Kaufverhalten zusammen.
Die zur Prognose eingesetzten Techniken sind vielseitig. Es werden unter anderem statistische Verfahren wie die lineare Regression, logische Regression oder Clusterverfahren (die zu den Verfahren der Segmentierung gehören) eingesetzt. Darüber hinaus kommen auch Methoden der künstlichen Intelligenz wie Neuronale Netze, Expertensysteme oder Fuzzy Logik zum Einsatz.
Obwohl Data Mining oft im Zusammenhang mit Segmentierung erwähnt wird, sollen diese Begriffe hier getrennt voneinander vorgestellt werden. Segmentierung nutzt die Informationen der Datenbank nicht, um zukünftiges Kundenverhalten vorherzusagen, sondern zuerst, um in sich homogene Kundengruppen zu erkennen. Diese beiden Methoden gehen quasi Hand in Hand. Aufgrund der Bedeutung der Segmentierung soll diese als ein weiterer, im Kundenbindungskreislauf aber nicht separat dargestellter Bestandteil der analytischen Kundenbindungsinstrumente vorgestellt werden.
2.2.1.3 Segmentierung
Es ist allgemein bekannt, dass in vielen Branchen 80% der Umsätze von 20% der Kunden generiert werden. Man spricht hier auch von der RFM-Regel, in der die Teilaspekte: Recency (Letzter Kauf), Frequency (Kaufhäufigkeit) und Monetary Ratio (Umsatz) aggregiert werden.[55] Wenn man diese 20% identifizieren kann, ist es möglich, für diese hoch profitable Kundengruppe gezielt Kundenbindungsstrategien zu entwickeln. Ziel der Segmentierung ist es also, besonders profitable Kunden zu identifizieren und mit Hilfe bestimmter Charakteristika zu beschreiben. Diese Kundengruppen nennt man Segmente. Segmente müssen messbar, für Kommunikationsmaßnahmen zugänglich und in sich homogen sein.[56]
Segmentierungskriterien können zum Beispiel demographische Daten, welche zwar leicht zu analysieren, aber schwer in bestimmte Handlungen umzusetzen sind, oder Kaufverhaltensinformationen, die wiederum schwer zu analysieren sind, sein.[57] Segmentierung, die nur auf Demographie basiert, ist deshalb nicht sehr aktionsfähig. Weil ein guter Prädiktor des zukünftigen Kaufverhaltens das vergangene Verhalten ist, sind vor allem Reaktionsdaten von entscheidender Bedeutung
Oftmals ist eine eindimensionale Betrachtung, d.h. Bewertung der Kunden mit nur einem Kriterium für ein differenziertes, am Bedarf orientiertes Marketing nicht ausreichend. Vielmehr sind Modelle gefragt, die unterschiedliche Dimensionen und Attribute eines Kunden zur Segmentierung und somit als Grundlage für die Intensität und Gestaltung des differenzierten Marketing-Mix heranziehen können. In den vergangenen Jahren sind aus dieser Notwendigkeit heraus eine Vielzahl im Prinzip ähnlicher Portfoliomodelle entstanden, von denen an dieser Stelle exemplarisch das Value-Spectrum-Modell von Ogilvy & Mather Direct dargestellt wird. Dieses Segmentierungsmodell vereint die Attribute Kundenwert und Loyalität in einem Portfolio.[58] Der Kundenwert lässt sich bspw. durch den Customer Lifetime Value ausdrücken. Die Loyalität wird zum Beispiel mit dem Umsatzanteil, der Preissensibilität oder der Wechselhaftigkeit des Kunden dargestellt. Der Einfluss verschiedener Attribute auf Loyalität und Kundenwert wird ermittelt, gewichtet und anschließend in das Portfolio übertragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9
[...]
[1] Die Ausgaben für sog. Customer Relationship Managment (CRM)-Applikationen werden von 23 Mrd. USD im Jahre 2000 auf über 76 Mrd. USD im Jahr 2005 ansteigen. vgl. Gartner, Inc.
[2] vgl. Piller, o.J., S. 4
[3] vgl. ebenda, S. 6
[4] vgl. Kunz, 1996, S. 14
[5] vgl. Link/ Hildebrand, 1997, S. 33
[6] vgl. Plattner, 1999, S. 3
[7] vgl. Plattner, 1999, S. 2
[8] vgl. Hesse, 1997, S. 25
[9] vgl. Goerdt, S. 24f.
[10] vgl. Backhaus, 1998, S. 23
[11] vgl. Pieterson, 1999, S. 90
[12] vgl. Gummesson, 1999, S. 128
[13] vgl. Diller, 2000, S. 648
[14] vgl. Payne/ Rapp, 1999, S. 13
[15] vgl. Hesse, 1997, S. 29
[16] vgl. ebenda, S. 30
[17] vgl. Brinkmann, 1998, S. 91
[18] vgl. Kricsfalussy, 1996, S. 247
[19] vgl. Schütze, 1992, S. 1
[20] vgl. Homburg, 1998, S. 7
[21] vgl. Barth/ Stoffl, 1997, S. 5
[22] vgl. Plinke, 1996, S. 48
[23] vgl. Simon/ Homburg, 1997, S. 19
[24] vgl. Kaas/ Runow, 1994, S. 451ff
[25] vgl. Barth/ Stoffl, 1997, S. 17
[26] vgl. Homburg/ Rudolph, 1995, S. 31
[27] vgl. Gross-Engelmann, 1999, S. 17ff.
[28] vgl. Meffert/ Bruhn, 1981, S .599
[29] vgl. Horovitz, 1987, S. 42
[30] vgl. Simon/ Homburg, S. 21
[31] vgl. Schmengler, 1999, S. 561
[32] vgl. Brinkmann, S. 59
[33] vgl. Herrmann/ Huber, 1997, S. 5
[34] vgl. Press, 1997, S. 81
[35] vgl. Heskett/ Sasser/ Schlesinger, 1997, S. 10
[36] vgl. Heskett/ Sasser/ Schlesinger, 1997, S. 5
[37] vgl. Conway/ Fitzpatrick, 1999, S. 5
[38] vgl. Kaapke/ Hudetz, 1999, S. 113
[39] vgl. Bliemel/ Fassott, 2000, S. 12
[40] vgl. Töpfer/ Wieder, 1999, S. 235
[41] vgl. Tomczak/ Dittrich, 1997, S. 14
[42] vgl. ebenda, S. 13
[43] vgl. Christopher/ Payne/ Ballantyne, 1991, S. 52
[44] vgl. Zipser, A., 2000, S. 43
[45] vgl. ebenda, S. 46
[46] vgl. Martin, 2000 , S.10
[47] vgl. Thearling, 1998, S. 2
[48] vgl. Link/Hildebrand, 1994, S. 108f.
[49] vgl. Link/ Hildebrand, 1994, S. 5f.
[50] vgl. Castenow, 1993, S. 80
[51] Vgl. Meltzer, 1998, S. 3.
[52] vgl. Jackson,/ Wang, 1994, S. 29
[53] vgl. Link, 1999, S. 197
[54] vgl. Rapp/ Guth., 1999, S. 246
[55] vgl. Geller, 1997, S. 78
[56] vgl. Sharma/ Lambert, 1999, S. 215
[57] vgl. ebenda, S. 216
[58] vgl. Schwarz, 2000, S. 205f.