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Neupositionierung der mittelständischen Personalpolitik in Zeiten des Wandels

Eine empirische Analyse von personalpolitischen Herausforderungen mit Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden

©2016 Masterarbeit 136 Seiten

Zusammenfassung

Die Arbeitswelt befindet sich in einer Ära sektoraler, als auch struktureller Umbrüche. Veränderungen der Arbeitswelt haben auch zwangsläufig Auswirkungen auf die betriebliche Personalarbeit. Denn die treibenden Kräfte der Markt-, Technologie-, Organisations- und Wertedynamik wirken gemeinsam mit der Globalisierung und Ökologie nicht nur auf die Ausgestaltung der Personalpolitik ein, sondern beeinflusst diese auch. Die dadurch entstehenden dynamischen Spannungsfelder, stellt Unternehmen vor große Herausforderungen.
Durch die Globalisierung wird sich der internationale Wettbewerb um Fachkräfte zunehmend zuspitzen. Der zügig voranschreitende technologische Wandel bewirkt mitunter sektorale und berufliche Strukturveränderungen. Der Wandel zur wissens– und informationsbasierten Wirtschaft hat wiederum Auswirkungen auf die verstärkte Nachfrage an qualifizierten und gut ausgebildeten Fachkräften.
Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist, zunächst die Stärken und Schwächen mittelständischer Personalpolitik zu identifizieren und Herausforderungen der externen Unternehmensumwelt zu analysieren. Damit sollen fundierte Handlungsfelder mit dem Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden für die Umsetzung in mittelständischen Unternehmen identifiziert werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einsatz von Personalmarketingstrategien zur erfolgreichen
Rekrutierung von potenziellen Auszubildenden... 46
Begriffsklärung sowie Ziele und Aufgaben des
Personalmarketings ... 46
Begriffsklärung sowie Ziele und Aufgaben des
Ausbildungsmarketings ... 48
Kern Charakteristiken des deutschen Mittelstands und ihre
Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Personalpolitik ... 51
Fakten zur Volkswirtschaftlichen Bedeutung und zum
Beschäftigungsbeitrag mittelständischer Unternehmen ... 53
Geringer Institutionalisierungsgrad in mittelständischen
Unternehmen. ... 57
Qualitative Kern Charakteristiken und ihre Auswirkungen auf
die Ausgestaltung der Personalpolitik ... 58
Stärken und Schwächen Profil der mittelständischen
Personalpolitik ... 64
4
Empirische Analyse von personalpolitischen Herausforderungen mit
dem Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden ... 66
Bedeutung der strategischen Planung für eine wettbewerbsfähige
Personalpolitik ... 66
Einflussfaktoren der betrieblichen Ausbildungsentscheidung ... 67
Externe und interne Trends der Personalbeschaffung aus dem
Blickwinkel mittelständischer Unternehmen ... 69
Betrachtung der Kosten-Nutzen-Relation der betrieblichen
Ausbildung ... 73
Auswirkungen und Herausforderungen der zentralen Megatrends
mit Blick auf die Rekrutierung Auszubildender ... 82
Auszubildende als knappe Ressource auf dem Arbeitsmarkt . 82
Veränderungen der personalwirtschaftlichen Strukturen und
Prozesse durch neue Informations- und
Kommunikationstechnologien ... 87
Wissen als erfolgskritische Ressource in Zeiten der
Globalisierung und einer wissensbasierten Gesellschaft ... 90
Wertewandel der Gesellschaft verändert die Erwerbs- und
Bildungsphasen der deutschen Bevölkerung ... 94
Engpass- und Ursachenanalyse auf dem Ausbildungsmarkt... 102
Aktuelle Entwicklungen des Ausbildungsmarktes ... 102
Engpassanalyse für regional-, berufs- und
wirtschaftsspezifische Bereiche ... 103
Ursachen für gegenwärtige Rekrutierungsprobleme von
Auszubildenden sowie Ableitung von Handlungsfeldern ... 112
3

5
Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse und Ausblick ...117
Literaturverzeichnis ...120
4

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Personalarbeit ... 9
Abbildung 2: Aufbau der vorliegenden Arbeit ... 13
Abbildung 3: Das Drei-Kreis-Modell von Familienunternehmen ... 25
Abbildung 4: Die drei Säulen der F-PEC Skala ... 26
Abbildung 5: Die klassischen Prozessschritte der Personalpolitik ... 38
Abbildung 6: Selektionsprozess ... 42
Abbildung 7: Inhalte der Personalentwicklung ... 44
Abbildung 8: Personalfreisetzung ... 46
Abbildung 9: Ausbildungsmarketingmaßnahmen und ­aktionen ... 49
Abbildung 10: Variablen der Rahmenbedingung des Personalmarketings ... 50
Abbildung 11: KMU Anteile in Deutschland nach der KMU Definition des IfM
Bonn ... 55
Abbildung 12: Beschäftigungsanteile und Umsatz nach
Unternehmensgrößenklassen ... 55
Abbildung 13: Beschäftigungsbeitrag von KMU im Vergleich mit
Großunternehmen ... 56
Abbildung 14: Spannungsfeld mittelständischer Unternehmen ... 59
Abbildung 15: Einflussfaktoren auf die betriebliche Ausbildungsentscheidung
und deren Gestaltungsmöglichkeiten ... 69
Abbildung 16: Die Bedeutung externer und nicht beeinflussbarer Trends für die
Personalbeschaffung ... 71
Abbildung 17: In welchen Personengruppen haben Unternehmen aktuellen
Personalbedarf ... 72
Abbildung 18: Maßnahmen gegen Stellenbesetzungsprobleme ... 73
Abbildung 19: Jugendarbeitslosigkeitsquote in Europa ... 74
Abbildung 20: Bruttokosten der betrieblichen Berufsausbildung ... 76
Abbildung 21: Kosten der betrieblichen Ausbildung aus Unternehmenssicht für
das Ausbildungsjahr 2012/2013 ... 76
Abbildung 22: Verteilung der Bruttokosten für das Ausbildungsjahr 2012/2013
pro Auszubildendem und Jahr nach Kostenarten ... 77
Abbildung 23: Durchschnittliche Übernahmequote je Betrieb (2011 bis 2013, in
% aller erfolgreichen Auszubildenden ... 79
Abbildung 24: Gründe für die betriebliche Ausbildung aus Unternehmenssicht
(Angaben in %). ... 81
Abbildung 25: Nutzen der Berufsausbildung ... 82
Abbildung 26: Demografische Grundgleichung ... 83
Abbildung 27: Durschnittliche Lebensläufe von Männern und Frauen (1960,
2000) ... 95
5

Abbildung 28: Einflussfaktoren auf die Rekrutierung Auszubildender und
Auswirkungen auf die Gestaltung der Personalpolitik ... 101
Abbildung 29: Durchschnittlicher Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen am
Gesamtangebot an Ausbildungsstellen in Ausbildungsbetrieben nach
Betriebsgrößenklassen zwischen 2012 und 2014 (in %) ... 105
Abbildung 30: Top 10 der aktuellen Engpassberufe bei Personen mit
abgeschlossener Berufsausbildung. ... 107
Abbildung 31: Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen nach Berufsfeldern
zwischen 2011 und 2014 (in Prozent) ... 108
Abbildung 32: Durchschnittlicher Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen am
Gesamtangebot an Ausbildungsstellen in Ausbildungsbetrieben nach
Wirtschaftsbereichen in den Jahren 2013 und 2014 (in %) ... 110
Abbildung 33: Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze nach Bundesland im
Ausbildungsjahr 2014 ... 112
6

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mittelstandsdefinition des Handelsgesetzbuchs ... 29
Tabelle 2: KMU-Definition des IfM Bonn. ... 29
Tabelle 3: KMU-Definition der Europäischen Kommission ... 31
Tabelle 4: Arbeitsdefinition für den Mittelstandsbegriff ... 36
Tabelle 5: Personalsuchmethoden. ... 40
Tabelle 6: Erfolgspotenziale und Herausforderungen mittelständischer
Unternehmen... 63
Tabelle 7: Stärken und Schwächen der mittelständischen Personalpolitik auf
Lösungsansätze. ... 65
Tabelle 8: Bruttokosten, Erträge und Nettokosten pro Auszubildendem und Jahr
für das Ausbildungsjahr 2012/2013 ... 78
Tabelle 9: Indikatoren der Bevölkerungsentwicklung Deutschlands ... 84
Tabelle 10: Durchschnittlicher Anteil Beschäftigter mit abgeschlossener
Berufsausbildung an allen Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen
(2006-2011/ in %) ... 92
Tabelle 11: Die vier Berufstypen Jugendlicher im Alter von 15 bis 25 Jahren .. 98
Tabelle 12: Werte Jugendlicher im Alter von 15 bis 25 Jahre und
Konsequenzen für die Rekrutierung aus Auszubildender ... 99
Tabelle 13: Problemarten auf dem Ausbildungsmarkt. ... 102
Tabelle 14: Berufsgattungen im dualen System mit der höchsten Bewerber-
Stellen-Relation Bewerber-Stellen-Relation in Ausbildungsberufen mit
mindestens 100 Ausbildungsstellen ... 109
Tabelle 15: Ursachen für Passungsprobleme aus Unternehmenssicht und
Lösungsansätze ... 116
7

Abkürzungsverzeichnis
BIBB
Bundesministerium für Berufsbildung
BMAS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
BWP
Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis
BMZ
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
CHRIS
Centre of Human Resources Information Systems
CEO
Chief Executive Officer
DIHK
Deutsche Industrie und Handelskammer
DGFP
Deutsche Gesellschaft für Personalführung
ISCED
International Standard Classification of Education
ENWHP
European Network for Workplace Health Promotion
E-HRM
Electronic Human Resource Management
EFI
Expertenkommission Forschung und Innovation
F-PEC
Family influence - Power, Experience und Culture
GE-Capital General Electric Capital
HRM
Human Resource Management
IfM
Institut für Mittelstandsforschung
IAB
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Ifaa
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologien
KMU
kleine und mittlere Unternehmen
KOFA
Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung
SME
Small and medium sized enterprises
8

1
Einführung
Die Arbeitswelt befindet sich in einer Ära sektoraler, als auch struktureller Um-
brüche.
1
Veränderungen der Arbeitswelt haben auch zwangsläufig Auswirkun-
gen auf die betriebliche Personalarbeit. Denn die treibenden Kräfte der Markt-,
Technologie-, Organisations- und Wertedynamik wirken gemeinsam mit der Glo-
balisierung und Ökologie nicht nur auf die Ausgestaltung der Personalpolitik ein,
sondern beeinflusst diese auch. Die dadurch entstehenden dynamischen Span-
nungsfelder, stellt Unternehmen vor große Herausforderungen (siehe dazu
Abbildung 1).
2
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Personalarbeit (Quelle: Scholz, C. (2014), S. 8)
Durch die Globalisierung wird sich der internationale Wettbewerb um Fach-
kräfte
3
zunehmend zuspitzen.
4
Der zügig voranschreitende technologische
Wandel bewirkt mitunter sektorale und berufliche Strukturveränderungen.
5
Der
Wandel zur Wissens­ und informationsbasierten Wirtschaft hat wiederum Aus-
wirkungen auf die verstärkte Nachfrage an qualifizierten und gut ausgebildeten
Fachkräften.
6
1
Vgl. Hekman, B./Prager, J.U./Wieland, C. (2010), S. 11; sowie Kaiser, S./Pfeiffer, J. (2009), S.
16; sowie Stock-Homburg, S. (2013), S. 31.
2
Vgl. Scholz, C. (2014), S. 8; sowie Kaiser, S./Pfeiffer, J. (2009), S. 16; sowie Stock-Homburg,
S. (2013), S. 31.
3
Vgl. Jasper, G./Horn, J. (2009), S. 6.
4
Vgl. Jasper, G./Horn, J. (2009), S. 6.
5
Vgl. Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (2013), S. 94; Kaiser, S./Pfeiffer, J. (2009), S. 16 f.
6
Vgl. Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (2013), S. 94; sowie Scholz, C. (2014), S. 3ff.
9

Unter diesen Gesichtspunkten hat die Bedeutung der Human Ressource
7
von
Organisationen stark zugenommen.
8
Die Mitarbeiter bilden eine fundamentale
Basis für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen.
9
Häufig wird die Personalstruktur eines Unternehmens als eine strategische
Zielgröße betrachtet, die zum maßgeblichen Erfolg des Unternehmens beiträgt
und dadurch langfristig gesehen ihre Existenz sicherstellt.
10
Schließlich sind es
die Menschen in den Organisationen, die durch die Einbringung ihres Wissens
und Kompetenzen sowie durch Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen über
die Innovationsfähigkeit der einzelnen Unternehmen entscheiden.
11
Zurecht erkennen Ritz und Sinelli (2011), dass ,,Fabrikhallen [...] nicht länger den
Reichtum von Organisationen aus [machen, d. Verf.], sondern das Wissen, die
Kreativität und die Lernfähigkeit der Mitarbeitenden."
12
Das Angebot an qualifi-
zierten und gut ausgebildeten Fachkräften wird jedoch durch den demografi-
schen Wandel kontinuierlich schrumpfen.
13
Problemstellung und Ausgangssituation
Der Ausbildungsmarkt in Deutschland befindet sich ebenfalls im Wandel und
erste Veränderungen sind bereits zu spüren. In einer Online Umfrage der deut-
schen Industrie und Handelskammer (DIHK) beklagen die befragten Unterneh-
men, dass sich die Besetzung von offenen Ausbildungsstellen noch nie als so
schwierig herausgestellt habe als im Ausbildungsjahr 2014.
7
Im strategischen Human Ressource Management werden die Mitarbeiter eines Unternehmens
als immaterielle strategische Ressource betrachtet, die durch Entwicklung, Beschäftigung und
Organisation nachhaltig zur Unternehmensleistung beitragen und gemeinsam mit anderen
strategischen Ressourcen des Unternehmens den Unternehmenswert bestimmen. Vgl.
Schwarz, D. (2010), S. 18; siehe auch Christophori, B. (2016), S. 58.
8
Vgl. Weinrich, K. (2015), S. 20.
9
Vgl. Olesch, G. (2016), S. 13.
10
Vgl. Schwarz, D. (2010), S. 18.
11
Vgl. Gröneweg, C. et al. (2015), S. 201; Brand, A. et al. (2015a), S. 47; Gutachten der Exper-
tenkommission Forschung und Innovation (EFI) (2016), S. 40, von http://www.e-fi.de/gutach-
ten.html abgerufen.
12
Vgl. Ritz, A./Sinelli, P. (2011), S. 4.
13
Vgl. Kaiser, S./Pfeiffer, J. (2009), S. 16 ff.
10

Insgesamt blieben 32 Prozent der befragten Unternehmen erfolglos bei der Rek-
rutierung Auszubildender und konnten nicht alle angebotenen Ausbildungs-
plätze besetzen.
14
Obwohl der Mittelstand insgesamt
15
mit 83 Prozent den größ-
ten Anteil an Ausbildungsplätzen zur Verfügung stellt,
16
haben sie die größten
Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen.
17
Dies stellt mittelständi-
sche Unternehmen vor der Herausforderung ihre Personalpolitik,
18
insbeson-
dere im Hinblick auf die Fachkräfte- und Nachwuchssicherung zu überdenken
und Handlungsstrategien zu entwickeln.
19
Doch gerade mittelständische Unter-
nehmen müssen durch ihre spezifischen Rahmenbedingungen große Hürden
überwinden, bevor ihnen der Weg zu einer strategisch ausgerichteten Personal-
politik
20
gelingen kann.
21
Vor diesem Hintergrund drängen sich insbesondere folgende Fragen auf: worin
liegen die Ursachen für die Stellenbesetzungsprobleme in mittelständischen Un-
ternehmen, wie entwickelt sich zukünftig das Arbeitskräfteangebot und die Ar-
beitskräftenachfrage und inwiefern wirken sich in Deutschland die voranschrei-
tenden demografischen Veränderungen auf das Fachkräfteangebot und die
Fachkräftenachfrage aus.
14
Vgl. DIHK Online Unternehmensbefragung (2015), S. 5 und S. 16.
15
Hier werden laut IfM Bonn alle Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern und weniger als
50 Mio. Euro Jahresumsatz berücksichtigt. http://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-defini-
tion-des-ifm-bonn/.
16
Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) (Hrsg.) (2014), S. 2, abgerufen von
http://www.bmwi.de/DE/Service/suche.html (Stand von Dezember 2014).
17
Vgl. BIBB Datenreport (2016), S. 221.
18
Unter dem Begriff der Personalpolitik werden einerseits Grundsatzentscheidungen im Perso-
nalwesen (policies) verstanden, andererseits wird dadurch der politische Entwicklungsprozess
ausgedrückt (politics), der sich mit der Durchsetzung oft unterschiedlicher Interessen der so-
zialen Akteure beschäftigt. Aufgrund der inhaltlichen Beschreibung als Plan, entspricht der
Begriff Personalpolitik, im Sinne des strategischen Human Ressource Managements, die Per-
sonalstrategie eines Unternehmens. Vgl. Schwarz, D. (2010), S. 18; sowie Jochims, T. (2010),
S. 3ff.
19
Vgl. Buttenberg, K. (2013), S. 7 & S. 10; Jasper, G./Horn, J. (2009), S. 6; sowie Alfes, Kerstin
(2009), S. 1.
20
Der Begriff Personalpolitik entspricht den spezifischen Charakteristiken mittelständischer Un-
ternehmen, deshalb sollte vor allem bei diesen Unternehmenstypen auf die Verwendung des
Begriffs Personalpolitik anstelle des Personalmanagements zurückgegriffen werden. Im wei-
teren Verlauf der vorliegenden Arbeit, wird dies auch noch zu zeigen sein. Vgl. Jochims, T.
(2010), S. 4.
21
Vgl. Nerdinger, F.W./Müller, C./Klinger, C. (2015), S. 11.
11

Da diesbezüglich auf keine bisherigen Erfahrungen zurückgegriffen werden
kann, müssen entsprechende Handlungsfelder aufgedeckt und neue Strategien
entwickelt werden.
22
Zielsetzung und Fragestellung
Obwohl Politiker und Wissenschaftler die Bedeutung von mittelständischen
Unternehmen anerkennen ist zum jetzigen Stand der Forschung festzustellen,
dass bisher wenige Personalkonzepte existieren, die auf die speziellen Rah-
menbedingungen und Charakteristiken des Mittelstands zugeschnitten sind.
23
Deshalb ist die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, zunächst die Stärken und
Schwächen mittelständischer Personalpolitik zu identifizieren und Herausforde-
rungen der externen Unternehmensumwelt zu analysieren. Damit sollen fundierte
Handlungsfelder mit dem Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden für
die Umsetzung in mittelständischen Unternehmen identifiziert werden.
Den vorherigen dargelegten Ausführungen entsprechend, ergeben sich für die
vorliegende Arbeit zunächst folgende zentrale Fragestellungen:
1. Wer oder was ist der deutsche Mittelstand? Was macht den deutschen
Mittelstand einzigartig und worin liegt seine Andersartigkeit begründet?
Was unterscheidet mittelständische Unternehmen von anderen Unter-
nehmenstypen?
2. Wie kann der Beschäftigungsbeitrag mittelständischer Unternehmen
erfasst und bewertet werden? Welche Chancen bietet die betriebliche
Berufsausbildung zur Fachkräfte- und Nachwuchssicherung für
mittelständische Unternehmen?
3. Welche besonderen Rahmenbedingungen kennzeichnet mittelständi-
sche Personalpolitik, welche Auswirkungen haben die fundamentalen
Megatrends auf die Rekrutierung von Auszubildenden und wie können
die zukünftigen Herausforderungen in diesen Unternehmen bewältigt
werden?
22
Kay, R./Richter, M. (2010), S. 24.
23
Vgl. Meyer, J. A. (2012), S. 4 ff.; Richter, M. (2009), S. 10 ff.
12

4. In welchen Berufsfeldern, Wirtschaftszweigen und Regionen sind bereits
Fachkräfte- und Auszubildendenengpässe zu spüren? Welche Gründe
und Lösungsstrategien können für die wachsenden Versorgungsprob-
leme von Lehrstellennachfrager und die steigenden Besetzungsprob-
leme von Ausbildungsstellenangeboten gefunden werden?
Kapitelaufbau und Vorgehensweise der Arbeit
Abbildung 2 stellt den Aufbau der Arbeit grafisch dar. Ergänzend dazu folgt eine
ausführliche Erläuterung über den Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit.
Abbildung 2: Aufbau der vorliegenden Arbeit (Quelle: eigene Darstellung)
Insgesamt gliedert sich die Arbeit in 5 Kapitel. Nach diesem ersten rahmenge-
benden und einleitenden Abschnitt, folgt Kapitel 2 mit der Suche nach dem We-
sen des deutschen Mittelstandes und die damit verbundene Definitionsprob-
lematik. Hier sollen Fragen, wie was macht den deutschen Mittelstand einzigar-
tig und worin liegt seine Andersartigkeit begründet auf den Grund gegangen wer-
den. In der Literatur werden die Begriffe klein und mittlere Unternehmen (KMU),
mittelständische Unternehmen und Familienunternehmen häufig gleichgesetzt
und synonym verwendet. Der Autor hält dies jedoch für problematisch und un-
angemessen. Die Gründe für die Kritik an der synonymen Verwendung, der
verschiedenen Begrifflichkeiten, werden in diesem Kapitel offengelegt. Da eine
13

klare Abgrenzung des Mittelstandsbegriffs nach wie vor eine große Herausfor-
derung darstellt, soll zunächst der Versuch unternommen werden, die verschie-
denen Begriffe in diesem Kapitel voneinander abzugrenzen. Dies ist insofern
wichtig, da die besonderen Charakteristika mittelständischer Unternehmen her-
ausgearbeitet werden müssen, damit die weiterführende Analyse der Arbeit an
die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen ausgerichtet ist und nicht umge-
kehrt. Dazu sollen u.a. die verschiedenen Definitionsansätze vorgestellt und
diskutiert werden. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Detaillierung der Be-
sonderheiten mittelständischer Unternehmen, im Vergleich zu anderen Unter-
nehmenstypen. Da keine allgemein gültige Definition des Mittelstandsbegriffs
existiert, soll abschließend eine zweckmäßige und zielgerichtete Arbeitsdefini-
tion für die vorliegende Arbeit abgeleitet werden.
Nachdem die Grundlagen der vorliegenden Arbeit geschaffen wurden, beschäf-
tigen sich Kapitel 3 und 4 mit dem Kernstück der vorliegenden Arbeit.
In Kapitel 3 werden zunächst die Grundlagen der personalwirtschaftlichen
Kernprozesse sowie die Aufgaben und Ziele des Personal- und Ausbildungs-
marketings vorgestellt. Die inhaltliche Ausgestaltung der personalwirtschaftli-
chen Teilprozesse, kann zwar je nach Unternehmensgröße und ­typ, von Art
und Umfang variieren, jedoch unterscheiden sie sich nicht hinsichtlich ihrer Be-
standteile. Das Personalmarketing wird als Querschnittfunktion des Personal-
managements verstanden. Vor dem Hintergrund eines verschärften Wettbe-
werbs, um geeignete Bewerber, bildet das Personalmarketing einerseits eine
essenzielle Grundlage zur Sicherstellung des Fachkräftebedarfs der Unterneh-
men, andererseits trägt es zu einer geringen Personalfluktuation u.a. aufgrund
einer starken Mitarbeiterbindung bei.
Danach soll der Forschungsfrage nachgegangen werden, welche besonderen
Rahmenbedingungen, die mittelständische Personalpolitik im Vergleich zu nicht
mittelständischen Unternehmen kennzeichnet. Um sich der Antwort anzunä-
hern, ist es zunächst erforderlich, spezifische Organisationsmerkmale aufzu-
decken, die auf tendenzielle Unterschiede hinsichtlich der Ausgestaltung der mit-
telständischen Personalpolitik, im Vergleich zu nicht mittelständischen Unter-
nehmen hinweisen. Anschließend analysiert der Autor die internen Stärken und
Schwächen der mittelständischen Personalpolitik auf Basis der abgeleiteten
14

organisationsspezifischen Merkmale mittelständischer Unternehmen. In diesem
Kontext betrachtet der Autor zunächst die quantitativen Kern Charakteristiken
mittelständischer Unternehmen. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der Analyse
der Beschäftigungsstruktur und des Beschäftigungsbeitrags, kleiner und
mittlerer Unternehmen einschließlich deren Ausbildungssituation im Vergleich
zu Großunternehmen. Damit die quantitativen Kern Charakteristiken mittelstän-
discher Unternehmen untersucht werden können, muss der Autor hierbei hilfs-
weise auf den quantitativ definierten KMU Begriff zurückgreifen.
Anschließend betrachtet der Autor qualitative Merkmale, die im Hinblick auf die
Ausgestaltung der Personalpolitik einer starken Bedeutung beizumessen sind.
Die Auswirkungen und Bedeutung dieser Unterschiede werden im Anschluss
mit Blick auf entsprechende Potenziale und Herausforderungen diskutiert.
Im Kapitel 4 untersucht der Autor zunächst die Kosten-Nutzen-Relation der be-
trieblichen Ausbildung sowie die Chancen und Risiken der betrieblichen Aus-
bildung für mittelständische Unternehmen. Daran schließt eine Betrachtung ver-
schiedener Studien- bzw. Befragungsergebnisse aus der Sicht mittelständischer
Unternehmen an, beispielsweise wie sie hinsichtlich ihren personalpolitischen
Handlungsfeldern, insbesondere mit Blick auf die Rekrutierung von Auszubil-
denden aufgestellt sind und worin sie die Ursachen für Rekrutierungsprobleme
von Lehrstelleninteressierten sehen.
Da Unternehmensinterne und Unternehmensrelevante externe Rahmenbedin-
gungen ebenfalls die Personalpolitik mittelständischer Unternehmen beeinflus-
sen, stellt dies die Personalbeschaffung vor neuen Herausforderungen, die es im
Kampf um die besten Bewerber zu bewältigen gilt. Da die Umweltfaktoren nur
in einem geringen Maße beeinflussbar sind, ist es äußerst wichtig, die externen
Einfußfaktoren hinsichtlich ihren Auswirkungen und Konsequenzen für die mit-
telständische Personalpolitik, insbesondere der Rekrutierung von Lehrstellen-
bewerbern zu analysieren.
24
Deshalb soll hier eine Trendanalyse durchgeführt
werden. Hier soll vor allem der Frage nachgegangen werden, welche Me-
gatrends auf die mittelständische Personalpolitik bzw. Rekrutierungspolitik ein-
24
Vgl. DGFP e. V. (2006), S. 37.
15

wirken und welche Risiken dadurch für mittelständische Unternehmen hinsicht-
lich der Rekrutierung von Lehrstelleninteressierten zukünftig entstehen werden.
Ziel ist es dadurch, frühzeitig- bedrohliche oder auch erfolgsversprechende
Chancen der mittelständischen Rekrutierungspolitik zu identifizieren.
25
Am Ende führt der Autor, mittels verschiedener Studien eine Engpass- und Ur-
sachenanalyse durch. Dadurch sollen mögliche Erklärungen für Passungs- und
Versorgungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt gefunden werden. In die-
sem Kontext sollen auch Ursachen für Stellenbesetzungsprobleme in mittel-
ständischen Ausbildungsbetrieben erörtert werden sowie Ursachen für Versor-
gungsprobleme Lehrstelleninteressierter. Auf Basis der Analyseergebnisse folgt
eine Einschätzung bezüglich der zukünftigen Herausforderungen und Hand-
lungsfelder mittelständischer Personalpolitik. Dadurch sollen Passungsprob-
leme im Rekrutierungsprozess und berufliche Unzufriedenheit von Auszubilden-
den reduziert werden.
Kapitel 5 stellt die zentralen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit vor. Abgerun-
det wird das ganze durch die Formulierung weiterführender Forschungsfragen,
die dabei anregen sollen über die Neuausrichtung der mittelständischen Perso-
nalpolitik, insbesondere hinsichtlich der Rekrutierung von Auszubildenden (und
den damit verbundenen Chancen und Risiken) nachzudenken.
25
Vgl. Ungericht, B. (2012), S.104.
16

2
Der Mittelstandsbegriff und die problematische
Verwechslung unterschiedlicher Begrifflichkeiten
Annäherungsversuche des Mittelstandsbegriffs
In Deutschland bildet der Mittelstand im Vergleich zu anderen Europäischen
Ländern eine besondere Unternehmerlandschaft ab. So wundert es kaum,
dass im Zentrum zahlreicher Studien häufig die Frage nach der volkswirtschaft-
lichen Bedeutung deutscher Mittelständler steht.
26
Im internationalen Raum
existiert kein vergleichbares Phänomen. Dies erklärt, wieso der Begriff ,,Mittel-
stand" bisher in keiner anderen Sprache übersetzt worden ist und stattdessen
häufig auf dem Begriff ,,German Mittelstand"
27
zurückgegriffen wird.
28
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage was unter dem deutschen Mittel-
standsbegriff zu verstehen ist? Wieso hat er solch eine starke faszinierende Aus-
strahlungskraft - weit über Deutschland hinaus, auf Wirtschaft, Forscher und Ge-
sellschaft?
Betrachtet man ,,Mittelstand", als Wort für sich, so assoziiert man auf den ersten
Blick damit einen qualitativen Begriff.
29
Da ,,Mitte" oder ,,Mittel" ein Oben und Un-
ten voraussetzt oder horizontal gesehen, links oder rechts.
30
Daran wird deutlich,
dass die ,,Mitte" sich nicht ohne Bezugnahme auf einen Kontrast, erklären
lässt.
31
Doch was befindet sich jenseits der Mitte? Wie lässt sich der Mittelstand
jenseits der Mitte erklären und abbilden?
26
Vgl. Wolf, J./ Paul.H./ Zipse, T. (2009), S. 13f; sowie Berlemann, M./Jahn, V. (2014), S. 22
27
Im anglo-amerikanischen Sprachraum sind eher die Begriffe ,,small and medium sized enter-
prises" (SME) oder ,,small and medium sized business" gebräuchlich, die dazu verwendet werden
Unternehmen quantitativ, i.d.R. nach Größenkriterien voneinander Abzugrenzen.
In Deutschland
hat sich in diesem Kontext der KMU Begriff (kleine und mittlere Unternehmen) herausgebildet.
Siehe dazu auch Welter, Friederike et al. (2015), S. 1; sowie Kay, R./Richter, M. (2010), S. 11.
28
Vgl. Welter, F. et al. (2015), S. 1; sowie Kay, R./Richter, M. (2010), S. 11.
29
Vgl. Gantzel, K.J. (1962), S. 1.
30
Links oder rechts sind in diesem Kontext nicht politisch zu verstehen, sondern lediglich als
Position der Horizontale. Siehe dazu auch Gantzel, K.J. (1962), S. 1.
31
Aus diesen Grund zweifeln Kritiker die Wissenschaftlichkeit dieses Begriffs an, vgl. Gantzel,
K.J. (1962), S. 1.
17

Der Ausdruck Mittelstand wird unter soziologischen Aspekten im gebräuchli-
chen Sinne als eine gesellschaftliche Schicht, zwischen zwei Schichten be-
zeichnet.
32
In der Betriebswirtschaftslehre beschreibt der Mittelstandsbegriff ei-
nen Teilbereich der gesamten Unternehmerlandschaft, der sich durch spezifi-
sche Charakteristika und Definitionsmerkmale von der Gesamtheit aller exis-
tierenden Unternehmen abhebt.
33
In der Mittelstandsforschung können sowohl
quantitative als auch qualitative Kriterien herangezogen werden, um die Be-
griffe Mittelstand und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu beschreiben.
34
Quantitative Merkmale, klassifizieren Unternehmen anhand von Größenkrite-
rien, wie Jahresumsatz, Beschäftigtenanzahl und/oder Bilanzsumme.
35
Quanti-
tative Definition, die Unternehmen anhand von Größenkriterien kategorisieren,
sagen jedoch nichts über den mittelständischen Charakter aus. Ebenso tragen
sie nicht, zur Klärung der ursprünglichen Bedeutung des Mittelstandsbegriffs
bei. Stattdessen haben diese Definitionen zur Herausbildung des Begriffs KMU
beigetragen. Auch wenn viele kleine und mittlere Unternehmen der Kategorie
Mittelstand und/oder Familienunternehmen zuzuordnen sind, darf er nicht mit
diesen Begrifflichkeiten gleichgesetzt werden.
36
Quantitative Definitionen sind jedoch unerlässlich, wenn es darum geht auf-
schlussreiche Informationen über die volkswirtschaftliche Bedeutung be-
stimmter Unternehmenstypen zu erhalten.
37
Außerdem bilden sie eine wichtige
Grundlage für Entscheidungsträger der Wirtschaftspolitik (z. B. für Mittel-
standsförderungsprogramme der Europäischen Kommission).
38
Jedoch vertreten einige Wissenschaftler der Mittelstandsforschung die Ansicht,
dass die Unternehmensgröße kein ausschlaggebendes Kriterium sein darf, um
Förderungsmittel oder Subventionen zu erhalten.
32
Vgl. Gantzel, K.J. (1962), S. 1.
33
Vgl. Reinemann, H. (2011), S. 2.
34
Vgl. Berlemann, M./Jahn, V. (2014), S. 23; sowie Reinemann, H. (2011), S. 2.
35
Vgl. Becker, W./Ulrich, P. (2011), S. 19.
36
Vgl. Hausch, K.T. (2004), S. 14.
37
Vgl. Hausmann, T./Zdrowomyslaw, N. (2013), S. 25; sowie Statistisches Bundesamt (2014), S.
40.
38
Vgl. Europäische Kommission (2006), S. 5ff.
18

Stattdessen sollte die Andersartigkeit von Unternehmen als entscheidendes
Kriterium herangezogen werden.
39
Doch was bedeutet das genau? Was bedeu-
tet in diesem Fall Andersartigkeit? Wenn davon ausgegangen wird, dass der Mit-
telstandbegriff über den Begriff KMU hinausgeht - von daher, mittelständische
Unternehmen keinen Größenklassen unterliegen, dann müssen qualitative
Merkmale herausgearbeitet werden, die dazu beitragen, die Unterschiede von
nicht mittelständischen Unternehmern deutlich und messbar hervorzuheben.
40
Diesbezüglich hat der quantitative Ansatz entscheidende Vorteile. Die Grö-
ßenindikatoren, Umsatz, Beschäftigtenzahl und Bilanzsumme sind statistisch
verfügbar und verarbeitbar. Dies erweist sich insbesondere in der Forschung
als vorteilhaft, da die Ergebnisse dadurch vergleichbar, abgrenzbar und nach-
vollziehbar sind.
41
Die qualitative Dimension beschreibt hingegen ausschließlich ökonomische,
psychologische und gesellschaftliche Aspekte, die den mittelständischen
Charakter prägen.
42
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte wird einerseits unter
dem Mittelstand die Unternehmenspersönlichkeit, die einen erheblichen Ein-
fluss auf die Unternehmens- und Führungskultur hat und darüber hinaus inter-
disziplinäre Verantwortungsfunktionen wahrnimmt verstanden. Andererseits wer-
den darunter die unabhängigen, kleinen und mittleren Unternehmen
zusammengefasst, die durch solch eine Unternehmerpersönlichkeit geprägt und
geführt werden.
43
Da die statistische Erhebung der Eigner- und Führungsstruktur sehr aufwendig
und schwer erfassbar ist, berücksichtigen Forscher und Politiker in der Praxis
häufig auch quantitative Abgrenzungskriterien.
44
39
Vgl. Hamer, E. (2013), S. 31.
40
Siehe dazu auch Gantzel, K.J. (1962), S. 134.
41
Vgl. Reinemann, H. (2011), S. 3.
42
Vgl. Kay, R./Richter, M. (2010), S. 11; sowie Reinemann, H. (2011), S. 2.
43
Vgl. Hausch, K.T. (2004), S. 12f.
44
Dies liegt u.a. daran, dass die Mehrheit der mittelständischen Unternehmen von der Publizi-
tätspflicht befreit ist, weil sie die Größengrenzen des § 267 HGB nicht überschreiten. Zudem
kommunizieren Privateigentümer ungern interne Unternehmensinformationen nach außen.
19

Grundsätzlich können drei verschiedene Ansätze unterschieden werden. Eine
Definition nach rein quantitativen oder qualitativen Abgrenzungsmerkmalen, so-
wie eine Definition die sowohl quantitative als auch qualitative Abgrenzungskri-
terien berücksichtigt.
45
Eine Definition die beide Abgrenzungskriterien kombi-
niert hat den Vorteil, dass Kriterien die den mittelständischen Charakter prägen
miteinbezogen werden und gleichzeitig eine statistische Einheit gebildet wer-
den kann.
46
Im Folgenden werden die in der Forschung und Praxis am häufigsten
angewandten Definitionsansätze für den Mittelstands- und KMU Begriff vorge-
stellt und diskutiert.
Die qualitative Mittelstandsdefinition des IfM Bonn
Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) definiert den Mittel-
standsbegriff über das Merkmal Einheit von Eigentum und Leitung.
47
Damit
bei empirischen bzw. statistischen Forschungsarbeiten, mittelständische Un-
ternehmen aus der Gesamtheit aller Unternehmen identifiziert werden können,
hat das IfM Bonn die qualitative Mittelstandsdefinition operationalisiert. Dem-
nach zeichnen sich mittelständische Unternehmen dadurch aus, dass sie Fami-
lien- oder Eigentümergeführt sind. Dabei muss die Geschäftsführung mindes-
tens 50 Prozent der Unternehmensanteile besitzen.
48
Nach der Auffassung des
IfM Bonn zählen auch Unternehmen zum Mittelstand, wenn sie die quantitativen
Grenzwerte der KMU-Definition (mehr als 500 Beschäftigte und mehr als 50 Mio.
EUR Jahresumsatz) überschreiten, sofern sie die zuvor genannten Kriterien er-
füllen.
49
Das IfM Bonn unterscheidet die Begriffe Mittelstand, Familienunterneh-
men, Eigentümerunternehmen und familiengeführte Unternehmen nicht und ver-
wendet die Begriffe synonym zueinander.
50
45
Vgl. Arentz, O./Münstermann, L. (2013), S. 3; sowie Becker, W./Ulrich, P. (2011), S. 19ff.
46
Vgl. Hausch, K.T. (2004), S. 12f.
47
Vgl. IfM Bonn: www.ifm-bonn.org (Zugriff: 03.05.2016).
48
Vgl. IfM Bonn: www.ifm-bonn.org (Zugriff: 03.05.2016).
49
Vgl. IfM Bonn: www.ifm-bonn.org (Zugriff: 03.05.2016).
50
Vgl. IfM Bonn: www.ifm-bonn.org, Absatz 6 (Zugriff: 05.05.2016). In der Literatur herrscht keine
Einigkeit darüber, ob die Begriffe synonym zu verstehen sind oder nicht, u. a folgen auch
Arentz, O./Münstermann, L. (2013), S. 3, der Auffassung die Begriffe Mittelstand und Fami-
lienunternehmen gleichzusetzen.
20

Hingegen finden sich sowohl in der Forschung als auch in der Praxis kontro-
verse Meinungen, die sich kritisch gegen eine synonyme Verwendung der Be-
grifflichkeiten aussprechen.
51
Ebenso unterscheidet der Autor, trotz teilweise inhaltlicher Überschneidung,
die verschiedenen Begriffe Mittelstand, KMU und Familienunternehmen. Inwie-
fern sich die beiden Begriffe Mittelstand und Familienunternehmen voneinander
unterscheiden wird im Kapitel 2.3.3 herausgearbeitet, ohne dabei den Anspruch
an Vollständigkeit zu erheben.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in der Forschungsliteratur und Praxis,
als zentrales Merkmal mittelständischer Unternehmen, die besondere Konzent-
ration der Eignerschaft- und Führungsstruktur in einer Hand identifiziert wer-
den kann. Dabei ist festzustellen, dass die statistische Erhebung der Eigen-
tums- und Leitungsfunktion für die empirische Forschung eine Herausforderung
darstellt. Eine Definition sollte jedoch auch in der empirischen Forschung an-
wendbar sein. Voraussetzung dafür ist eine eindeutige und nachvollziehbare
Definition sowie eindeutige Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands. Das
bedeutet wiederum, dass die Merkmale identifizierbar bzw. statistisch verfügbar
sind. Damit sie vergleichbar und für andere Wissenschaftler nachzuvollziehen
sind.
Familienunternehmen
sind
von
mittelständischen
Unternehmen zu unterscheiden
Nachdem ein erster Blick in die Forschungsliteratur gewagt wurde, werden
gleich erste Schwierigkeiten ersichtlich. Obwohl eine variantenreiche Menge
an Definitionen für Familienunternehmen gefunden werden können, bleibt die
Suche nach einer allgemein anerkannten Definition auch hier unerfüllt.
52
Da in
der vorliegenden Arbeit, in dem vorgegebenen Rahmen, nicht das Thema der
51
Vgl. siehe dazu beispielsweise Hausmann, T./Zdrowomyslaw, N. (2013), S. 26; die sich deutlich
gegen eine synonyme Verwendung der beiden Begrifflichkeiten aussprechen. Ebenso sieht
das die Stiftung Familienunternehmen (2014), S. 13; sowie Hausch, K.T. (2004), S. 28ff, und
Fischer, D. (2012), S. 40ff.
52
Vgl. Halder, A. (2016), S. 26; sowie Stietencron, P. (2013), S. 18.
21

verschiedenen Definitionsansätze von Familienunternehmen in der Vollstän-
digkeit und Vielzahl bearbeitet werden kann, sei an dieser Stelle vorab auf wei-
terführende Literatur verwiesen.
53
Der Schwerpunkt in diesem Abschnitt, liegt auf der Ergründung des Kernmerk-
mals von Familienunternehmen und die dadurch begründete Unterscheidung
von anderen Organisationsformen. Die in der Literatur und Medien wohl am häu-
figsten inhaltliche Begriffsverwechslung von Familienunternehmen, ist die
Gleichsetzung mit dem deutschen Begriff des Mittelstands.
54
Gründe für die Verwechslung der Begrifflichkeiten können wie bereits festgestellt
darin liegen, dass keine allgemein anerkannte Definition der beiden Begrifflich-
keiten existiert und dass ein Großteil der klein und mittleren Unternehmen, fami-
liengeführte Unternehmen sind.
55
Dadurch liegt es also nahe, die beiden Unter-
nehmenstypen miteinander gleichzusetzen. Jedoch greift diese Auffassung zu
kurz, da Familienunternehmen keinen Größengrenzen unterliegen.
56
Deshalb
sollten trotz inhaltlicher Überschneidungen der beiden Begrifflichkeiten, die
Begriffe Familienunternehmen und Mittelstand, unabhängig voneinander ver-
wendet werden, um nicht zuletzt Missverständnisse zu vermeiden.
57
Eine Annäherung an den Begriff Familienunternehmen, kann zunächst über fol-
gende Fragestellungen geschehen: Was ist ein Familienunternehmen? Wie
kann der Begriff ,,Familie" definiert werden? Und worin unterscheiden sich Fami-
lienunternehmen von nicht Familienunternehmen?
Wirtschaft und Gesellschaft haben i.d.R. eine klare Vorstellung darüber was sich
hinter dem Begriff Familienunternehmen verbirgt. Die Mehrheit wird damit, die
in Deutschland bekanntesten Unternehmen assoziieren, wie Aldi, Bertelsmann,
Bosch oder Henkel.
53
In der vorliegenden Arbeit werden die verschiedenen Definitionsansätze von Familienunter-
nehmen, nicht weiter diskutiert, da dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zulässt.
Stattdessen sei an dieser Stelle auf weiterführende Literatur verwiesen u.a. Klein, S.B. et al.
(2010); Berthold, F. (2010); Gersick. K.E. (1997).
54
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 14.
55
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 14f; siehe dazu auch Kapitel 2.2.
56
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 14ff.
57
Vgl. Hausmann, T./Zdrowomyslaw, N. (2013), S. 26.
22

Doch die Unternehmerlandschaft von Familienunternehmen ist vielfältiger und
heterogener, als es zunächst erscheinen mag.
58
Dabei unterscheiden sich Fami-
lienunternehmen nicht nur im Vergleich zu anderen Unternehmenstypen vonei-
nander, sondern auch innerhalb ihrer Gruppe.
59
Dennoch haben sie ein Kern
Charakteristikum gemeinsam: Sie alle sind mit ihrer Familie verbunden. Genau
das macht diesen Unternehmenstyp zu etwas Einzigartigem.
60
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage wie der Begriff ,,Familie" definiert
werden kann. Da der Begriff ,,Familie" auch im alltäglichen Sprachgebrauch ver-
wendet wird, erweist sich zunächst, eine trennscharfe Abgrenzung des Begriffs
als überaus schwierig.
61
In der Literatur existiert auch keine einheitliche Defini-
tion des Familienbegriffs. So kann beispielsweise darunter die Kernfamilie (Mut-
ter, Vater, Kind(er)) oder auch die erweiterte Familie (Kernfamilie einschließlich
Verwandtschaft) verstanden werden.
62
Eins ist jedoch eindeutig: die Familie ist
emotional und durch eine gemeinsame Geschichte stark miteinander verbun-
den.
63
So hat auch die Familienunternehmensforschung, den Einfluss der Fa-
milie auf das Unternehmen als besonderes Merkmal der Familienunternehmen
anerkannt und thematisiert diese Besonderheit dementsprechend häufig.
64
Gründe für die faszinierende Wirkung von Familienunternehmen und das zu-
nehmende Forschungsinteresse an dieser Unternehmensform liegen darin,
dass sich Familienunternehmen durch die Verflechtung von Familie (,,family"),
Unternehmen (,,managers & employees") und Eigentum (,,owners") in ihrer Or-
ganisationsstruktur, Zieldefinitionen und Verhalten stark von nicht Familienunter-
nehmen unterscheiden. Dies belegen auch zahlreiche Studien.
65
58
Vgl. Klein, S.B. (2010), S. 9.
59
Vgl. May, P./Koeberle-Schmid, A. (2011), S. 656f.
60
Vgl. Gersick, K.E. et al. (1997), S. 1.
61
Vgl. Klein, S.B. (2010), S. 12.
62
Vgl. Kraus, S. et al. (2011), S. 589. Ergänzend dazu siehe Klein, S.B. (2010), S. 10ff., hier
findet eine detaillierte Diskussion des Familienbegriffs statt.
63
Vgl. Halder, A. (2016), S. 27.; sowie Gersick, K.E. et al. (1997), S. 1ff.
64
Vgl. Kraus, S. et al. (2011), S. 588f; sowie Stietencron, P. (2013), S. 18.
65
Vgl. Kraus, S. et al. (2011), S. 590; sowie Berthold, F. (2010), S. 22.
23

Verstärkt wird das ganze durch den dynastischen Willen der Familie, der sich
durch den prägenden Einfluss auf das Unternehmen, darin erkenntlich macht,
das Unternehmen mindestens über eine weitere Generation aufrechtzuerhal-
ten.
66
Daraus entsteht insgesamt zwischen unternehmerischer und familiärer Ver-
antwortung, ein besonderes Spannungsfeld das zusätzliches Konfliktpotenzial
mitbringt.
67
Dies sei im folgendem, durch die beispielhaften Ausführungen
Gersick et al. (1997) skizziert:
,,The job of a CEO is different when the vice president in the next office is also a
younger sister. The role of partner is different when the other partner is a spouse
or a child. The role of a sales representive is different when you cover the same
territory that your parent did twenty-five years earlier, and your grandparent
twenty-five years before that
[...]."
68
An den Ausführungen von Gersick et al. wird deutlich, dass es einen deutlichen
Unterschied macht, ob ein Familienmitglied gleichzeitig auch Gesellschafter des
Unternehmens ist oder nicht und ob, um es zu komplizieren, noch dritte Eigen-
tümer Einfluss auf das Unternehmen ausüben.
69
Ebenso macht es einen Unter-
schied, ob das Unternehmen schon seit mehreren Generationen fortgeführt
wird oder nicht.
70
Die besonderen Spannungsfelder können durch das von Tagiuri und Davis
(1982) entwickelte Drei-Kreis-Modell dargestellt werden.
71
Abbildung 3 zeigt das
Drei-Kreis-Modell und visualisiert die verschiedenen Schnittstellen zwischen den
verschiedenen Einflussnuancen eines Familienunternehmens. Insgesamt kön-
nen innerhalb und zwischen den Systemen sieben Rollenbilder herauskristalli-
siert werden. Dabei können die Rollenbilder von Personen, die sich innerhalb
oder um das Familienunternehmen befinden eingenommen werden.
72
66
Vgl. May, P./Koeberle-Schmid, A. (2011), S. 656.
67
Vgl. Halder, A. (2016), S. 34.
68
Vgl. Gersick, K.E. et al. (1997), S. 4.
69
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 22.
70
Vgl. Vgl. Gersick, K.E. et al. (1997), S. 4.
71
Vgl. Gersick, K.E. (1997), S. 5.
72
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 22; Die Rollenbilder werden in der vorliegenden Arbeit nicht weiter
spezifiziert, deshalb sei an dieser Stelle auf weiterführende Literatur verwiesen, u.a. Gersick,
K.E. et al. (1997), S. 4ff.; sowie Halder, A. (2016), S. 34ff.
24

Abbildung 3: Das Drei-Kreis-Modell von Familienunternehmen (Quelle: Berthold, F. (2010), S.
22).
73
So unterschiedlich die verschiedenen Definitionsansätze auch erscheinen,
haben sie eines gemeinsam: eine oder mehrere Familien üben Einfluss auf das
Unternehmen aus.
74
Doch wie kann der Einfluss von Familie auf das Unterneh-
men gemessen werden?
Einen Ansatz, um den Einfluss der Familie auf das Unternehmen zu messen, ist
die validierte F-PEC Skala, die von Astrachan et al.
75
entwickelt wurde.
76
Durch
den Einsatz dieser Skala, soll der Grad der Familieneinbindung bzw. das Aus-
maß der Einflussnahme durch die Familie auf das Unternehmen erfasst werden.
77
Die Skala misst drei Ausprägungskriterien von Familieneinfluss: Macht
(Power), Erfahrung (Experience) und Kultur (Culture).
78
Dabei steht die Bezeich-
nung der F-PEC Skala für ,,Family influence durch Power, Experience und Cul-
ture".
79
73
Siehe dazu auch Gersick, K.E. (1997), S. 6.
74
Vgl. May, P./Koeberle-Schmid, A. (2011), S. 656.
75
Vgl. Astrachan et al. (2002), S. 46; sowie Klein, S.B./Astrachan, J.H./Symrnios, K.X. (2005), S.
321-340.
76
Vgl. Sietencron, P. (2013), S. 25; sowie Halder, A. (2016), S. 32.
77
Vgl. Halder, A. (2016), S. 31.
78
Vgl. Klein, S.B. et al. (2010), S. 14ff; sowie Kraus, S. et al. (2011), S. 591; und Halder, A. (2016),
S. 31.
79
Vgl. Klein, S.B. et al. (2010), S. 14.
25

Der Gesamtaufbau der F-PEC Skala wird inklusive der einzelnen Sub-Skalen:
Macht, Erfahrung und Kultur durch Abbildung 4 dargestellt. Außerdem gibt Abbil-
dung 4 einen inhaltlichen Überblick über die drei Sub-Skalen.
80
Insgesamt stellt die F-PEC Skala ein valides, jedoch auch in der Anwendung
umfangreiches Messinstrument dar, um Familienunternehmen von nicht Fami-
lienunternehmen abzugrenzen.
81
Abbildung 4: Die drei Säulen der F-PEC Skala (Quelle: Halder, A. (2016), S. 31).
82
Abschließend kann festgehalten werden: es gibt keine allgemein gültige Antwort
auf die Frage, was ein Unternehmen zu einem Familienunternehmen macht und
worin sie sich von nicht Familienunternehmen unterscheiden. Jedoch sollten alle
Forscher ihre Definitionskriterien explizit offenlegen, damit eine Diskussion
untereinander möglich ist und dadurch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu
anderen Studien deutlich hervorgehoben werden.
83
80
Für weitere Informationen zu den Inhalten der drei Säulen (Macht, Erfahrung, Kultur), sei an
dieser Stelle u.a. auf Halder, A. (2016), S. 31 verwiesen.
81
Vgl. Halder, A. (2016), S. 32.
82
Astrachan et al. (2002) zit. n. Halder, A. (2016), S. 31.
83
Vgl. Kraus, S. et al. (2011), S. 591; sowie Klein, S.B./Astrachan, J.H./Smyrnios, K.X. (2005), S.
322ff.
26

Quantitative Definitionsansätze: Abgrenzung zwischen
kleinen, mittleren und großen Unternehmen
Bei den Erläuterungen der quantitativen Definitionen weicht der Autor von der
Verwendung des Mittelstandsbegriffs ab und zieht hilfsweise den KMU Begriff
heran. Jedoch bedeutet dies weder dass der Autor die beiden Begriffe KMU und
Mittelstand gleichsetzt noch, dass er die Begriffe in der Arbeit synonym verwen-
det.
Der KMU
84
Begriff wird vornehmlich dazu verwendet klein, mittlere und große Un-
ternehmen voneinander abzugrenzen und stellt deshalb lediglich eine Größen-
kategorisierung dar.
85
Im Umkehrschluss lässt darauf schließen, dass zu der
Kategorie KMU, sowohl Mittelständler und Familienunternehmen, also auch
unselbstständige und konzerngebundene Unternehmen gehören können, wobei
letztere Unternehmenstyp eher selten vertreten ist.
86
Damit die volkswirtschaftliche Bedeutung der qualitativ definierten mittelstän-
dischen Unternehmen sowie qualitativ definierten Familienunternehmen, bewer-
tet werden können, werden Hilfskriterien benötigt. In diesem Fall wird häufig auf
die quantitative KMU Definition zurückgegriffen.
87
Da sich die vorliegende Arbeit
auch mit dem Beschäftigungsbeitrag mittelständischer Unternehmen befasst,
müssen die verschiedenen KMU Definitionen berücksichtigt und diskutiert wer-
den.
Das Handelsgesetzbuch als Grundlage von quantitativen
Definitionen
Das Handelsgesetzbuch bildet mit dem § 267 HGB die Grundlage quantitativer
Definitionen. Der mehrdimensionale Definitionsansatz, kategorisiert Unter-
nehmen anhand festgelegter Größenklassen zum Zweck der Rechnungslegung
und zur Prüfung der Publizitätspflicht. Dabei zieht der Paragraf die Bilanzsumme,
84
Im englischen: SME: small and medium sized enterprises.
85
Vgl. Fischer, D. (2012), S. 39.
86
Vgl. Berthold, F. (2010), S. 14ff; sowie Fischer, D. (2011), S. 40.
87
Vgl. Fischer, D. (2012), S. 40.
27

den Jahresumsatz und die Beschäftigtenzahl als Größenindikator heran, um
Unternehmen den entsprechenden Größenklassen zuzuordnen.
88
Damit ein Unternehmen von der Publizitäts- und Rechnungslegungspflicht
befreit ist, müssen Unternehmen den entsprechenden Größenkategorien zuzu-
ordnen sein. Dazu müssen zwei von den drei genannten Kriterien in den jeweili-
gen Größenkategorien erfüllt sein.
89
Sobald ein Unternehmen die Grenzwerte
überschreitet, wird das Unternehmen automatisch als Großunternehmen klassi-
fiziert. Gleichzeitig ist das Großunternehmen dazu verpflichtet seinen Jahresab-
schluss im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
90
Tabelle 1 konkre-
tisiert den Inhalt des § 267 HGB.
Hingegen wird börsenorientiertes Unternehmen (nach den Voraussetzungen
des § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB i. v. m. § 264d HGB)
91
grundsätzlich als Großun-
ternehmen identifiziert.
92
Jedoch sind Becker und Ulrich (2011) der Ansicht, dass
auch börsenorientierte Unternehmen einen mittelständischen Charakter auf-
weisen können. Vorausgesetzt die Unternehmensanteile sind mehrheitlich im
Besitz des Familieneigentümers.
93
Insofern ist die Sichtweise des Handelsgesetzbuches für die qualitative Abgren-
zung des Mittelstandsbegriffs nicht überzeugend. Da sie nicht den Zweck der
vorliegenden Arbeit dient.
88
Vgl. § 267 Abs 1, Nr. 1-3 und Abs. 2, Nr. 1-3 HGB (in Kraft getreten am 23.07.2015), abrufbar
unter: https://dejure.org/gesetze/HGB/267.html (Zugriff: 03.05.2016). Siehe dazu auch Burk-
hard, R. (2013), S. 41 und Becker, W./Ulrich, P. (2011), S. 20.
89
Vgl. § 267 Abs. 1-3 HGB (in Kraft getreten am 23.07.2015), abrufbar unter: https://de-
jure.org/gesetze/HGB/267.html (Zugriff: 03.05.16).
90
Vgl. § 267 HGB; sowie Hausmann, /Zdrowomyslaw, N. (2013), S. 28.
91
Siehe § 264d HGB (hier ist die Legaldefinition des Terminus ,,Kapitalmarktorientierte Kapital-
gesellschaft" nachzulesen), verfügbar unter: https://dejure.org/gesetze/HGB/264d.html (Zu-
griff: 03.05.2016)
92
Vgl. § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB i. v. m. § 264d HGB (in Kraft getreten am 23.07.2015), abrufbar
unter: https://dejure.org/gesetze/HGB/267.html (Zugriff: 03.05.16).
93
Vgl. Becker, W./Ulrich, P. (2011), S. 20; sowie IfM-Bonn: http://www.ifm-bonn.org/definitio-
nen/mittelstandsdefinition-des-ifm-bonn/ (Zugriff: 03.05.2016).
28

Mittelstandsdefinition des deutschen Handelsgesetzbuchs (§ 267 HGB)
Unternehmens-
kategorie
Beschäftigten-
anzahl
Finanzielle Größen
Jahresumsatz
in Mio. EUR
Bilanzsumme
In Mio. EUR
große
Kapitalgesellschaft
94
< 250
40
20
mittlere
Kapitalgesellschaft
< 250
40
20
kleine
Kapitalgesellschaft
< 50
12
6
Tabelle 1:
Mittelstandsdefinition des Handelsgesetzbuchs (Quelle: eigene Darstellung)
Die KMU-Definition des IfM Bonn
Aufgrund nationaler Besonderheiten hat sich in Deutschland neben der KMU-
Definition der Europäischen Kommission, eine eigene Definition etabliert. Die
KMU-Definition des IfM Bonn findet innerhalb Deutschlands eine weit verbrei-
tete Anerkennung und Anwendung.
95
Anders ist es im internationalen Raum,
dort wird die deutsche KMU-Definition nicht angewandt und ist dort eher von
geringer Bedeutung.
96
Die Tabelle 2 veranschaulicht den Inhalt der KMU-Defi-
nition des IfM Bonn. Nachfolgend wird dieser näher erläutert.
KMU Definition des IfM Bonn
Unternehmens-
kategorie
Beschäftigten-
anzahl
Jahresumsatz
in Mio. EUR
mittel
< 500
50
klein
< 50
10
kleinst
< 10
2
Tabelle 2:
KMU-Definition des IfM Bonn (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung des IfM-Bonn:
http://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn/).
Das IfM Bonn wählt in ihrem quantitativen Definitionsansatz, die beiden Kenn-
zahlen Jahresumsatz und Beschäftigtenanzahl, um die klein und mittleren Un-
94
Große Kapitalgesellschaften überschreiten die Grenzwerte von mindestens zwei der genann-
ten wirtschaftlichen Kennzahlen oder sind börsenorientiert.
95
Vgl. Berlemann, M./Jahn, V. (2014), S. 23; sowie Berghoff, H. (2006), S. 270f. (u. a. weißt
Berghoff darauf hin, dass die Grenzwerte der Kennzahlen Beschäftigungszahl und Jahresum-
satz von Land zu Land verschieden sein können. Die Abweichungen machen einen internati-
onalen Vergleich der statistischen Daten fast unmöglich; sowie Staffel, M. (2015), S. 18.
96
Vgl. Reinemann, H. (2011), S. 3.
29

ternehmen von den Großunternehmen abzugrenzen. Nach dieser Definition ge-
hören alle Unternehmen, die weniger als 500 Angestellte beschäftigen und we-
niger als 50 Millionen Jahresumsatz generieren zu der Kategorie KMU.
Im Detail werden in der Definition innerhalb der allgemeinen KMU Kategorie,
nochmals drei Unterkategorien, nach verschiedenen Größenklassen gebildet.
Demnach sind alle Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und
einen Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro erzielen, der Kategorie Kleinstunter-
nehmen zuzuordnen. Hingegen zählen Unternehmen mit einem Jahresumsatz
bis 10 Millionen Euro und einer Beschäftigtenzahl unter 50 zu den Kleinunter-
nehmen. Die mittleren Unternehmen bilden alle Unternehmen die weniger als
50 Millionen Euro im Jahr umsetzten und zwischen 50 und 500 Mitarbeiter be-
schäftigen.
97
Durch die Unterkategorisierung kommen auch die Kleinst- und
Kleinunternehmen zur Geltung. Da sich die KMU Definition des IfM Bonn, im Ge-
gensatz zur Definition der Europäischen Kommission, auf zwei Kennzahlen be-
schränkt, wird die Komplexität erheblich reduziert. Die Vereinfachung wirkt sich
auch vorteilhaft auf die Forschungspraxis aus.
98
Die KMU-Definition der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission hat erstmals 1996, eine gemeinsame KMU-De-
finition als Empfehlung zur Anwendung in der Europäische Union aufgestellt.
99
Auf Grund von neusten Erkenntnissen (insbesondere aktuellen wirtschaftlichen
Entwicklungen), wurde die Definition am 6. Mai 2003 angepasst (und ist seit dem
1. Januar 2005 in Kraft getreten).
100
Auch wenn die KMU Definition lediglich eine
allgemeine Empfehlung für die Europäische Union darstellt und die Anwendung
auf freiwilliger Basis geschieht, wird sie innerhalb der Europäischen Union
von der Mehrheit angewandt.
Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die Definition der Europäischen Kommission
die Grundlage für die Genehmigung von nationalen Fördermitteln bildet. Die
97
Siehe dazu Ausführungen des IfM-Bonn (Stand vom 01.01.2016): http://www.ifm-bonn.org/de-
finitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn/ (Zugriff: 05.05.2016).
98
Vgl. Becker, W./Ulrich, P. (2011), S. 19f.
99
Vgl. Europäische Kommission, (2006), S. 6.
100
Vgl. Europäische Kommission (2006), S. 8.
30
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Titel: Neupositionierung der mittelständischen Personalpolitik in Zeiten des Wandels
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