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You Gotta Say Yes To Another Excess

Eine Anwendung von Randall Collins' Theorie der Interaktionsrituale auf die Technoszene

©2010 Diplomarbeit 140 Seiten

Zusammenfassung

Emotionen nehmen möglicherweise eine entscheidungsrelevante Position in soziologischer Handlungstheorie ein. Da wir versuchen soziologische Konzepte möglichst präzise und empirisch zu betrachten erkennen wir, dass viele der wichtigsten soziologischen Konzepte zu einem beträchtlichen Teil auf emotionalen Prozessen basieren.
Die auf die Bedeutung von Emotionen und affektiver Phänomene ausgearbeitete „Theorie der Interaktionsrituale“ von Randall Collins‘ gilt in diesem Zusammenhang als eine der bedeutendsten Arbeiten zeitgenössischer Soziologie im Kontext allgemeiner Handlungstheorien (vgl. Gerhards 1988; Flam 2002; Schützeichel 2006). Der Kern der Argumentation in seinem Magnum Opus „Interaction Ritual Chains“ (2004) lautet, dass die mittels erfolgreicher Interaktionsrituale erzeugten Emotionen stets rein sozial vermittelt sind und sich durch wiederholte Rituale die Bindung an kulturelle Werte und Formen sozialer Solidarität manifestiert (Collins 2004: 229 / Rössel 2006: 13). Ziel seiner Theorie ist es der überwiegend auf Makrophänomene ausgerichteten Konflikttheorie somit eine realitätsnahe mikrotheoretische Grundlage anzubieten, mit welcher sich Vergesellschaftungsprozesse erklären lassen (Rössel 2006: 223).
Diese Diplomarbeit soll daher einen Versuch unternehmen die zentralen Hypothesen der Theorie auszuarbeiten und in einen musikzentrierten Szenekontext zu überführen, in dem sie auch getestet werden. Meine Studie richtet sich thematisch an Angehörige der Technoszene. Die Technoszene ist ein loses, adoleszentes Milieu, deren Mitglieder regelmäßig Clubs und Diskotheken aufsuchen in denen ein spezifisches musikalisches Programm dargeboten wird. Clubs und Diskotheken als Gastronomiebetriebe, in denen regelmäßig Tanzveranstaltungen stattfinden, wurden im wissenschaftlichen Kontext lange vernachlässigt und gelangten erst in jüngeren Jahren zu sozialwissenschaftlicher Bedeutung, insbesondere durch die empirischen Arbeiten von Gunnar Otte.
Diese Diplomarbeit ist in einen Theorie- und Praxisteil untergegliedert. Der Theorieteil umfasst drei Kapitel, der Praxisteil umfasst zwei Kapitel. Die Diskussion der Befunde sowie die kritische Auseinandersetzung mit der Studie finden sich im sechsten Kapitel. Ein Resümee und Ausblick schließen diese Diplomarbeit ab.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Abstract/Zusammenfassung
III
Abstract/Zusammenfassung
Sociology has to include a sociology of the social world, that is a sociology of the
construction of world views, which themselves contribute to the construction of
the world.
Pierre Bourdieu (1990): In Other Words: Essays towards a reflexive Sociology. Polity, London
Emotionen nehmen möglicherweise eine entscheidungsrelevante Position in soziologi-
scher Handlungstheorie ein. Da wir versuchen soziologische Konzepte möglichst präzi-
se und empirisch zu betrachten erkennen wir, dass viele der wichtigsten soziologischen
Konzepte zu einem beträchtlichen Teil auf emotionalen Prozessen basieren.
Die auf die Bedeutung von Emotionen und affektiver Phänomene ausgearbeitete ,,Theo-
rie der Interaktionsrituale" von Randall Collins` gilt in diesem Zusammenhang als eine
der bedeutendsten Arbeiten zeitgenössischer Soziologie im Kontext allgemeiner Hand-
lungstheorien (vgl. Gerhards 1988; Flam 2002; Schützeichel 2006). Die theoretische
Prämisse seines Gesamtentwurfs zu sozialer Interaktion lautet, dass Interaktionsrituale
in Situationen körperlicher Kopräsenz entstehen und über reglementierte Handlungen
gemeinsame Symbole aus der Mikro Ebene hervorbringen, welche in Folgeritualen
(,,Interaktionsritualketten") etabliert und geehrt werden. Durch die Partizipation an ei-
nem Interaktionsritual manifestiert sich im Individuum ,,Emotionale Energie", welche
bei erfolgreichen Interaktionsritualen die Entstehung von Solidarität zwischen den Teil-
nehmern am Interaktionsritual bewirkt. Mit der Institutionalisierung von Interaktionsri-
tualen auf der Meso Ebene werde somit letztendlich gesellschaftliche Integration produ-
ziert. Jedoch kann gesellschaftliche Solidarität nur so lange aufrechterhalten werden,
wie Rituale kultiviert werden und deren Wirkungen im Gedächtnis und den Emotionen
der Menschen präsent sind. Damit zeichnet sich Collins als ein Verfechter einer Hand-
lungstheorie auf der Basis von Emotionen aus. Ziel seiner Theorie ist es der überwie-
gend auf Makrophänomene ausgerichteten Konflikttheorie somit eine realitätsnahe mik-
rotheoretische Grundlage anzubieten, mit welcher sich Vergesellschaftungsprozesse
erklären lassen (Rössel 2006: 223).
Der Kern der Argumentation in seinem Magnum Opus ,,Interaction Ritual Chains"
(2004) lautet, dass die mittels erfolgreicher Interaktionsrituale erzeugten Emotionen
stets rein sozial vermittelt sind und sich durch wiederholte Rituale die Bindung an kul-

Abstract/Zusammenfassung
IV
turelle Werte und Formen sozialer Solidarität manifestiert (Collins 2004: 229 / Rössel
2006: 13). Um seiner Perspektive empirischen Gehalt beizumessen diskutiert Collins
verschiedene Aspekte des sozialen Lebens (sexueller Interkurs, Tabakkonsum oder Got-
tesdienst) durch die Theorie der Interaktionsrituale. Allerdings dürfte es fraglich sein,
ob Collins anhand dieser, aus seiner Perspektive, besonders geeigneten Beispiele den
eigenen Ambitionen gerecht werden kann, die Vorsehen dass es Soziologen mit der
Theorie der Interaktionsrituale ermöglicht werde die individuellen Denkprozesse und
das soziale Handeln in einer jeden sozialen Situation hinreichend erklären zu können
(Erickson 2007: 211 / Collins 2004: 45). Eine wichtige Anforderung an die Theorie der
Interaktionsrituale ist es daher, ihren Hypothesen empirischen Gehalt beizumessen.
Diese Diplomarbeit soll daher einen Versuch unternehmen die zentralen Hypothesen der
Theorie auszuarbeiten und in einen musikzentrierten Szenekontext zu überführen, in
dem sie auch getestet werden. Meine Studie richtet sich thematisch an Angehörige der
Technoszene. Die Technoszene ist ein loses, adoleszentes Milieu, deren Mitglieder re-
gelmäßig Clubs und Diskotheken aufsuchen in denen ein spezifisches musikalisches
Programm dargeboten wird. Clubs und Diskotheken als Gastronomiebetriebe, in denen
regelmäßig Tanzveranstaltungen stattfinden, wurden im wissenschaftlichen Kontext
lange vernachlässigt und gelangten erst in jüngeren Jahren zu sozialwissenschaftlicher
Bedeutung, insbesondere durch die empirischen Arbeiten von Gunnar Otte. Im Sinne
Otte's sehe ich in Clubs und Diskotheken ,,etablierte Organisationsmodelle moderner
Erlebniswelten" (Otte 2009: 9), welche für sozialwissenschaftliche Fragen durchaus
geeignet sind. Ein weiterer Grund innerhalb dieses Szenekontexts zu arbeiten liefert die
Qualität der im Rahmen der Literaturrecherche vorliegenden szenebezogenen Fallstu-
dien, welche auf eine vorgelagerte Theorienbildung und empirische Daten weitgehend
verzichten (Anz / Walder 1999; Klein 1999; Hitzler / Pfadenhauer 2001).
Diese Diplomarbeit ist in einen Theorie- und Praxisteil untergegliedert. Der Theorieteil
umfasst drei Kapitel. Im ersten Kapitel werden die grundlegenden Arbeiten von Emile
Durkheim und Erving Goffman zu Interaktionsritualen vorgestellt, welche die soziolo-
gischen Grundlagen für Collins und somit für die Entwicklung seiner Theorie der Inter-
aktionsritualketten darstellen. Im zweiten Kapitel folgt die Ausarbeitung seiner Theorie
und eine Vorlage der allgemeinen Hypothesen, welche im weiteren Verlauf der Arbeit
in einen Szenekontext übersetzt werden. Das dritte Kapitel widmet sich der Technosze-
ne und ihrer Spezifika. In Kapitel 3.1. folgt zunächst ein Versuch den Begriff der ,,Sze-
ne" einzuordnen, die den strukturellen Rahmen für Vergemeinschaftungsrituale in die-

Abstract/Zusammenfassung
V
sem Milieu darstellt. Kapitel 3.2. und 3.3. legen eine kultursoziologische Betrachtungs-
weise der Technoszene und ihrer zentralen Institution des Clubs vor, die so knapp wie
nötig ausfällt damit verschiedene Spezifika und Arbeitsbegriffe dieses Untersuchungs-
feldes auf den Praxisteil vorgreifend hinreichend besprochen werden. Kapitel 3.4
schließt mit einer angewandten deskriptiven Verknüpfung der zentralen Hypothesen
Collins` mit den Spezifika der Technokultur ab.
Der Praxisteil umfasst zwei Kapitel. Im vierten Kapitel folgt die Operationalisierung der
Hypothesen in ein Modell mit sechs verschiedenen Konstrukten, die im Zentrum der in
Kapitel 5 folgenden statistischen Auswertung stehen. Die Konstrukte werden in den
jeweiligen Unterpunkten in 4.1. theoretisch hergeleitet und erläutert. Kapitel 4.2. bein-
haltet die Bildung und Formulierung der angewandten Hypothesen. In Kapitel Fünf
werden die Hypothesen nacheinander getestet und die Ergebnisse analysiert.
Die Diskussion der Befunde sowie die kritische Auseinandersetzung mit der Studie fin-
den sich im sechsten Kapitel. Ein Resümee und Ausblick schließen diese Diplomarbeit
ab.

Inhaltsverzeichnis
VI
Inhaltsverzeichnis
Danksagung ... II
Abstract/Zusammenfassung ... III
Inhaltsverzeichnis ... VI
Tabellenverzeichnis ... VIII
Abbildungsverzeichnis ... IX
1
Theoretische Grundlagen ... 10
1.1
Emile Durkheim: Rituale als abgrenzende Handlungsweisen ... 11
1.2
Erving Goffman: Rituale als strukturierende Einheiten interpersonaler
Kommunikation ... 15
2
Theorie der Interaktionsritualketten ... 20
2.1
Zu Collins' Verständnis des Emotionsbegriffs ... 20
2.2
Theorie der Interaktionsritualketten ... 21
2.3
Bedingungen für das Zustandekommen eines Interaktionsrituals ... 23
2.4
Folgen eines Interaktionsrituals ... 25
2.5
Einflussfaktoren kollektiver Efferveszenz ... 27
2.6
Beispiel für Interaktionsrituale: Ausbilder vs. Rekruten ... 31
2.7
Allgemeine Hypothesen zur Theorie der Interaktionsritualketten ... 34
2.7.1
Hypothesen zu Gruppengröße ... 34
2.7.2
Hypothesen zu subjektiven Erwartungen ... 35
2.7.3
Hypothesen zu Macht- und Statusungleichheit ... 35
2.8
Kritische Anmerkungen ... 36
2.9
Stand der Forschung ... 41
3
Die Technoszene als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analyse ... 43
3.1
Zu Begriff und Verständnis von ,,Szene" ... 43
3.2
Zur Entstehung der ,,Technoszene" ... 47
3.3
Der Club als zentrale Institution der Technoszene ... 49
3.4
Zur Adaption der Theorie der Interaktionsritualketten auf
Tanzveranstaltungen der Technoszene ... 53
4
Operationalisierung und Hypothesenbildung ... 60
4.1
Operationalisierung ... 61
4.1.1
Szenekapital ... 64
4.1.2
Szenepartizipation ... 65
4.1.3
Grad der Teilhabe an kollektiver Efferveszenz ... 66
4.1.4
Rituelle Wirkungen ... 68
4.1.5
Symbolische Präferenzen ... 69
4.1.6
Soziodemographische Daten (Kontrollvariablen) ... 70

Tabellenverzeichnis
VII
4.2
Hypothesenbildung ... 70
4.2.1. Hypothesenblock 1 ... 70
4.2.2. Hypothese 2 ... 71
4.2.3. Hypothesenblock 3 ... 71
4.2.4. Hypothesenblock 4 ... 72
4.2.5. Hypothesenblock 5 ... 73
4.2.6. Zusammenfassung der Hypothesen ... 75
5
Ergebnisse ... 77
5.1
Forschungsdesign und Datenlage ... 77
5.2
Hypothesenblock 1 ... 78
5.2.1
Gruppensolidarität ... 81
5.2.1.1.
Prüfung auf das Vorhandensein eines nicht-linearen Effekts ... 83
5.2.1.2.
Regressionsdiagnostik ... 84
5.2.2
Moralische Verhaltensstandards ... 85
5.2.3
Emotionale Energie ... 87
5.2.4
Heilige Objekte ... 88
5.3
Hypothese 2 ... 89
5.4
Hypothesenblock 3 ... 90
5.4
Hypothesenblock 4 ... 92
5.5
Hypothesenblock 5 ... 94
6
Diskussion ... 96
6.1
Bewertung und Interpretation der Befunde ... 96
6.2
Begrenzungen der Studie ... 99
6.2.1
Stichprobe ... 100
6.2.2
Reliabilität und Validität der unterstellten Szeneeinstellungen100
6.2.3
Validität retrospektiver Daten ... 101
6.2.4
Begrenzungen einer Online Studie ... 101
6.3
Resumee ... 102
6.4
Ausblick ... 103
Literaturverzeichnis ... 105
Anhang ... 111
A
Fragebogen ... 111
B
Stata Code ... 129

Tabellenverzeichnis
VIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Darstellung der Variable "Qualitative Verweildauer" ... 67
Tabelle 2: Zusammenfassende Übersicht der Hypothesen ... 75
Tabelle 3: Darstellung fehlender Werte für sechs Variablen ... 79
Tabelle 4: Darstellung der Variable "Emotionale Energie" ... 81
Tabelle 5: Ergebnisse der Regression für Hypothese 1a ... 82
Tabelle 6: Ergebnisse der Regression für Hypothese 1b ... 86
Tabelle 7: Ergebnisse der Regression für Hypothese 1c ... 88
Tabelle 8: Ergebnisse der Regression für Hypothese 1d ... 89
Tabelle 9: Ergebnisse der Regression für Hypothese 2 ... 90
Tabelle 10: Ergebnisse der Regression für Hypothese 3 ... 91
Tabelle 11: Ergebnisse der Regression für Hypothese 4 ... 93
Tabelle 12: Ergebnisse der Regression für Hypothese 5 ... 95
Tabelle 13: Zusammenfassende Übersicht der Ergebnisse ... 99
Tabelle 14: Darstellung von Realiabilitätskoeffizienten ... 101

Abbildungsverzeichnis
IX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Interaktionsritualketten ... 22
Abbildung 2: Modell eines Interaktionsrituals ... 24
Abbildung 3: Einflussfaktoren kollektiver Efferveszenz ... 28
Abbildung 4: Kombinierte Darstellung von Interaktionsritual und Einflussfaktoren ... 32
Abbildung 5: Identitätskonstruktion durch Distinktionspraktiken in Jugendszenen nach
Otte ... 46
Abbildung 6: Modell der inneren Struktur einer Szene nach Otte ... 47
Abbildung 7: Grundriss des Cocoonclubs ... 51
Abbildung 8: Geländeüberblick bei Nacht während der Nature One ... 52
Abbildung 9: Sven Väth während der Arbeit ... 55
Abbildung 10: Angewandtes Modell eines Interaktionsrituals ... 57
Abbildung 11: Pfaddiagramm der Studie ... 63
Abbildung 12: Histogramm des Index für Gruppensolidarität ... 80
Abbildung 13: Nicht-linearer Alterseffekt im Modell für Gruppensolidarität ... 84
Abbildung 14: Residual-versus-fitted-Plot des Index für Gruppensolidarität ... 84
Hinweis: Auf diesen Absatz folgt ein Abschnittswechsel, der nicht gelöscht werden
sollte. Er ermöglicht den Wechsel von römischen zu arabischen Seitenzahlen. Mehr
zum Abschnittswechsel weiter unten.

1 Theoretische
Grundlagen
10
1 Theoretische
Grundlagen
Theoretische Grundlage dieser Diplomarbeit bildet die Theorie der Interaktionsritualket-
ten, welche 2004 von Randall Collins in einem Buch gleichnamigen Titels vorgelegt
wurde. Dieses Werk komprimiert knapp 30 Jahre soziologischer Forschung Collins` und
entwickelt einen alternativen Ansatz radikaler Mikrosoziologie, welcher den Begriff der
Emotion in den Mittelpunkt stellt und für sich beansprucht eine mikrotheoretische
Grundlage für die überwiegend makrotheoretisch ausgerichtete konfliktsoziologische
Analyse von Institutionen in politischen und wirtschaftlichen Sphären darzustellen.
Collins grundlegende Annahme lautet, dass rituelle Dynamiken klassenbezogener Inter-
aktionen die Grundlagen für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Klassenkulturen
und Stratifikation darstellen. Die These wird von ihm erstmals in seinem frühen Werk
,,Conflict Sociology" (1975) formuliert. Während die Theorie der Interaktionsritualket-
ten als Mechanismus, durch den sich Klassenkulturen entwickeln, in ,,Conflict Sociolo-
gy" nicht erörtert wird, stellt sie das zentrale Anliegen in seinem Artikel ,,Micro-
foundations of Macro-sociology" (1981) dar. In diesem Artikel konkretisiert Collins
erstmals sein Verständnis über Interaktionsritualketten: Menschen befinden sich dem-
nach kontinuierlich auf der Suche nach emotionaler Energie und bewerten soziale Situa-
tionen stets in dem Maße als attraktiv oder unattraktiv, in wie weit ein im Rahmen einer
sozialen Situation stattfindendes Interaktionsritual vielversprechend für die Erlangung
von kulturellem Kapital und langfristiger emotionaler Energie erscheint.
1
Dabei sind
Interaktionsritualen flüchtige Emotionen verschiedenster Art vorgelagert, die im Laufe
der Interaktion durch kommunikativen Austausch der Teilnehmer am Ritual intensiviert
werden und letztendlich im Austausch kulturellen Kapitals und in langanhaltender emo-
tionaler Energie resultieren.
Interaktionsrituale entstehen in sämtlichen Sphären des gesellschaftlichen Lebens. Auf
der sakralen Ebene besuchen gläubige Menschen die Kirche, um durch Ablegen der
Buße Emotionale Energie in Form eines Gefühls gesellschaftlicher Reintegration zu
erfahren. Auf der profanen Ebene besuchen Menschen Austragungsorte wie Stadien,
Arenen, oder Diskotheken um an kulturellen Veranstaltungen körperlich teilzunehmen
1
Da keine deutsche Übersetzung von Interaction Ritual Chains vorliegt verwendet diese Diplom-
arbeit eigene Übersetzungen. Collins bezeichnet Menschen als ,,emotional energy-seekers"
(2004: 373).

1 Theoretische
Grundlagen
11
und mental befriedigende Momente zu erfahren. Collins sieht in den Handlungsmustern
der Menschen eine intrinsische Motivation, sich in soziale Begegnungen zu begeben
und im Kontext der jeweiligen Interaktionen rituelles Handeln auszuführen, damit sie
kulturelles Kapital teilen und akkumulieren können und durch besonders erfolgreiche
Interaktionen an Emotionale Energie gelangen.
Dieses Kapitel soll sich der Theorie Collins anhand der Reflektion themenbezogener
Arbeiten seiner geistigen Väter annähern, da die Arbeiten von Durkheim und Goffman
den unmittelbaren Bezugspunkt zur Arbeit Collins darstellen: Bei Durkheim ist es die
Betonung affektiver Bindungen, die jeder Form von Vergesellschaftung unterliegt, an-
ders als es bei der funktionalistischen Soziologie der Fall ist, die Solidarität im Sinne
von sozialen Normen und kulturellen Werten interpretiert. Durkheim zeigt in der Reli-
gionsstudie wie das Ritual als Mechanismus fungiert, ,,über den soziale Solidarität in
Form von Emotionen und symbolischen Objektivationen erzeugt und reproduziert
wird." (Rössel 2006: 4). Der Erkenntnisgewinn bei Goffman liegt für Collins in der Er-
kenntnis, dass Rituale nicht nur bezüglich sakraler Objekte, sondern auch im profanen
Alltagsleben durchgeführt werden und somit allgegenwärtig sind. Collins lässt die zent-
ralen Konzepte beider Autoren in die Entwicklung seiner eigenen Theorie mit einflie-
ßen. Dabei geht es ihm nicht darum die jeweiligen Leitgedanken dieser soziologischen
Klassiker zu erklären, sondern an erster Stelle steht bei ihm die Vermittlung neuer und
origineller soziologischer Perspektiven und Konzepte. Daher sollen in den folgenden
Abschnitten die für die Theorie Collins zentralen Thesen von Durkheim und Goffman
zusammengefasst werden.
1.1 Emile Durkheim: Rituale als abgrenzende Handlungsweisen
Emile Durkheim (1858 ­ 1917) gilt als einer der Gründungsväter der Soziologie, der die
Gesellschaft unter dem Eindruck tiefgreifender wirtschaftlicher, politischer und sozialer
Umbrüche Eingangs des 20. Jahrhunderts als eine Gesellschaft im Wandel begriff, in
dem der moralische Verfall religiöser Werte zu fortschreitender Anomie geführt hat.
Durkheim vertrat die Meinung, dass Religion als gesellschaftliches Moralsystem in ei-
ner Gesellschaft der Moderne nicht einfach verschwinden kann, da ihre Funktion weiter
erfüllt und es eine kollektive moralische Autorität für das Individuum geben muss. Da-
her verfasste er eine Studie zum Wesen der Religion (1912) um die Frage zu klären,
welchen funktionalen Beitrag Religion zur Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ord-

1 Theoretische
Grundlagen
12
nung leistet, wie sie kollektives Handeln ermöglicht und Solidarität erzeugt, wenn die
sozialen Einheiten räumlich isoliert sind. Seiner Meinung nach reicht es nicht aus Ideen
und Überzeugungen in ihrer eigenen Sinnstruktur zu erklären, sondern es gehe darum zu
zeigen, wie die elementaren Bausteine von ,,Religion" in Form religiöser Haltungen in
Folge von sozialen Praktiken entstehen. Durkheim geht davon aus, dass religiöse Phä-
nomene auf natürliche Weise in zwei Kategorien aufgeteilt werden können: in Glau-
bensüberzeugungen (Vorstellungen) und Riten (bestimmte Handlungsweisen), die als
ein gemeinsames System Religion bilden, und aus der eine Kraft ausgeht, die Durkheim
als ,,Gefühl einer erhöhten Energie" beschreibt (Durkheim 1984: 289).
Diese, seiner Meinung nach, ,,einfachste Form von Religion" (ebd.) glaubte er im von
australischen und nordamerikanischen Urvölkern kultivierten Totemismus zu erken-
nen.
2
Er vermutete, dass das Totem (symbolisiert durch ein Tier oder eine Pflanze) der
Ausdruck des Heiligen und damit der ursprüngliche Mittelpunkt religiöser Tätigkeit
war, da es das Emblem einer Sippe, d.h. einer sozialen Gruppe darstellt. Durch die ritu-
elle Verehrung des Totems werde aus den einzelnen Individuen eine moralische Ge-
meinschaft und die gemeinsame Verehrung führe dazu, dass sich die Mitglieder einer
Sippe einander zugehörig fühlen und zwischen ihnen ,,moralische Solidarität" entsteht.
Religion ist somit unvermeidlich, genauso wie Gesellschaft unvermeidlich ist, wenn
Menschen als eine Gruppe zusammen leben: ,,die Totems [...] ein Symbol des Clans
[...] sind der Gott des Clans und das Totemprinzip kann somit nichts anderes sein als
der Clan selbst" (Durkheim 1912: 284). Religion leiste so durch Bindung an Normen
und Werte soziale Integration, in deren Folge bestimmte Handlungen als fraglos richtig
erscheinen, zudem ermögliche sie in Form eines ,,kognitiven moralischen Kompasses"
den Umgang mit Ungewissheit (Pettenkofer 2006: 259 / Durkheim 1981: 576).
Zum Prozess der Ritualbildung und ihrer Funktion bei Durkheim
Durkheim's Ziel bei der Ausarbeitung seiner Studie war es zu zeigen, welche sozialen
Bestandteile in einer gemeinsamen Situation zusammen wirken und zum Gelingen oder
Scheitern eines religiösen Rituals beitragen. Nachfolgend sollen daher zunächst die Vo-
2
Durkheim spricht in diesem Kontext von ,,primitiven" Religionen, was zu dieser Zeit eine
gebräuchliche Bewertung war und nicht abwertend gemeint ist.
3
Der Begriff ,,emotionale Mitnahme" wird im weiteren Verlauf der Diplomarbeit häufiger ver-
gebräuchliche Bewertung war und nicht abwertend gemeint ist.

1 Theoretische
Grundlagen
13
raussetzungen und anschließend der Prozess der Ritualbildung schematisch dargestellt
werden.
Die Entstehung von Riten erfordert die körperliche Präsenz der Teilnehmer. Weiter
nehmen Symbole (z.B. Gesichtsbemalung oder Kleidungsstücke) eine zentrale Rolle
ein, welche die Mitgliedschaft zu einer Gruppe repräsentieren und aus vorherigen For-
men kooperativer Zusammenarbeit als Ausdruck für die Zugehörigkeit zu einer be-
stimmten Gruppe entstehen. Sind die Teilnehmer versammelt entsteht durch gemeinsa-
me, rhythmisch synchronisierte Artikulation ein Prozess der Verstärkung geteilter Er-
fahrungen, die letztlich in kollektive Efferveszenz kulminiert, eine Art ,,kollektiven
Bewusstseinszustand" (Collins 2006: 35), den Pettenkofer (260) als ,,reinen Erregungs-
zustand, dessen Entstehung durch eine positivistisch beschreibbare Interaktionsstruktur
sowie durch eine mit quantitativen Kategorien erfassbare Intensität der Interaktion er-
klärbar ist [...]" charakterisiert.
Der Prozess der Ritualbildung unterliegt bei Durkheim somit naturalistischen Kriterien,
da er die Entstehung und Intensität der zugrunde liegenden Emotionen anhand physi-
scher und soziobiologischer Kategorien erklärt. Dabei spricht er von einer Art ,,Elektri-
zität", die sich bei den anwesenden Individuen entlädt und diese in einen Zustand au-
ßerordentlicher Erregung versetzt (Durkheim 1981: 297). Dieser Prozess kann durch
synchrone physische Koordination in Form von rhythmischen Bewegungsabläufen ent-
stehen, welche für die Teilnehmer als ,,nachträgliche Erinnerungsstützen" Signalcharak-
ter haben:
,,Genau die Gleichartigkeit dieser Bewegungen gibt der Gruppe ihr Selbstgefühl
und ruft es folglich hervor. Ist einmal diese Gleichartigkeit hergestellt und haben
diese Bewegungen sich stereotypisiert, dann dienen sie zur Symbolisierung der
entsprechenden Vorstellungen. Aber sie symbolisieren nur, weil sie dazu beige-
tragen haben, sie zu bilden." (Durkheim 1981: 316).
Durkheim erwartet also, dass aus der Synchronizität der gemeinsamen physischen Ko-
ordination Kognitionen entstehen, die sich auf die eigene Identität beziehen, wobei er
betont, dass ein solches Selbst ,,[...] erst durch die sich in der Situation einstellende
Koordination Gewissheit erlangt. Diese Gemeinsamkeitswahrnehmung macht den kog-
nitiven Gehalt derjenigen Emotion aus, die Durkheim ,,kollektive Efferveszenz" nennt."
(ebd.). Die Funktion religiöser Überzeugungen in Form ritualer Effekte liege darin, dass
die australischen Ureinwohner eine strikte Unterscheidung zwischen der profanen All-
tagssphäre und der spirituellen, sakralen Sphäre vornehmen können. Einerseits können

1 Theoretische
Grundlagen
14
durch die Abgrenzung zwischen dem Profanen und Sakralen Werte und Normen über-
haupt erst religiösen Status erlangen und zu gemeinsamen Kulten führen (Knoblauch
1999: 62). Andererseits ermöglichen Rituale, dass Objekte mit symbolischer Signifi-
kanz aufgeladen werden, oder dass etablierte Objekte mit neuen Respektgefühlen revita-
lisiert werden.
Allerdings bleibt es unklar, wie eine rein physische Erregung Solidarität unter den an-
wesenden Personen erzeugen kann, da Individuen während der Ritualsituation gleich-
förmig handeln und die Variation in der Praxis der Ausübung nicht erfasst wird. Petten-
kofers Meinung nach liegt der Schlüssel im ,,Moment des Verstehens" (Hervorhebung
im Original), welcher in einer solchen Erfahrung immer schon enthalten sei und mit
denen ein subkognitiv verstehender, sinnstiftender Prozess einhergeht. Weiter vermag
Durkheim nicht zu erklären, warum jede solche Gemeinsamkeitswahrnehmung derart
starke Wahrnehmungen hervorrufen soll (Pettenkofer 2006: 259f.). Miebach fügt hinzu,
dass das Beispiel nur beschränkte Anwendung finden kann, da sich der Rollenbegriff
auf vorgegebene Strukturen beschränkt:
,,Der Rollenbegriff (bezieht sich nur, SR) auf die eingegrenzte Klasse des nor-
menregulierten sozialen Handelns, das mit institutionell verankerten Rechten
und Pflichten verbunden ist und durch Sanktionen für den einzelnen Verbind-
lichkeit erlangt." (Miebach 2003: 101)
Collins zufolge liegt die Leistung in der Arbeit Durkheim's darin begründet, dass er
einen Mechanismus für situationsbezogene Interaktion entwickeln konnte, der auch heu-
te noch zweckdienlich ist. So befasst sich Durkheim letztendlich mit zentralen gesell-
schaftstheoretischen Fragen und erarbeitet Implikationen, die sich durch die Frage was
eine Gesellschaft zusammenhält in alle Richtungen der zeitgenössischen Mikrosoziolo-
gie erstreckt.
Collins schlussfolgert daraus (2004: 41ff.), dass Gesellschaft als ein Muster stratifizier-
ter und sich entgegenstehender Gruppen nur dann zusammen gehalten werden kann,
solange Interaktionsrituale wirksam durchgeführt werden und ihre Effekte im Individu-
um während dieser Zeit mental verfügbar sind, in den Emotionen nachwirken und letzt-
endlich soziales Handeln beeinflussen und Solidarität aufrecht erhalten. Dies geschieht
dadurch, dass Ereignisse, welche einen hohen Grad gemeinsamer Aufmerksamkeit mit
einem hohen Grad an emotionaler ,,Mitnahme" durch körperliche Synchronisation und

1 Theoretische
Grundlagen
15
gegenseitige Anregung kombinieren, in einem Gefühl der Zugehörigkeit resultieren,
welches an kognitive Symbole gebunden ist.
3
Gefühle dieser Art wirken sich auf das
Niveau der emotionalen Energie des einzelnen Teilnehmers aus, in dem sie Emotionen
von moralisch gerechtfertigtem Vertrauen, Begeisterung und Enthusiasmus für Hand-
lungen vermitteln. Intensive Momente von Interaktionsritualen vermitteln besondere
Ereignisse, an die wir uns langfristig erinnern und die das Bedürfnis wecken Momente
ähnlicher Natur erneut zu erleben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Studie Durkheims neben der Arbeit
Max Webers für die Begründung der Religionssoziologie zentral war. Die Arbeit Col-
lins baut auf dem methodischen Konzept der kollektiven Efferveszenz auf, zudem lässt
sich dieses Erklärungsmodell auch auf dem Gebiet der Protestforschung anwenden, da
es zeigt wie sich ,,Emotionen in lose strukturierten sozialen Gebilden ordnend wirken
können" (Pettenkofer 2006: 259).
1.2 Erving Goffman: Rituale als strukturierende Einheiten
interpersonaler Kommunikation
Bedingt durch zunehmende Säkularisierung und Individualisierung Mitte des 20. Jahr-
hunderts beschäftigte sich der US-amerikanische Soziologe Erving Goffman (1922­
1982) mit verschiedenen anthropologischen und sozialpsychologischen Grundmecha-
nismen sozialen Verhaltens und erweiterte den Geltungsbereich von religiös fundierten
gesellschaftlichen Ritualen bis hin auf die kleinen, symbolisch codierten Alltagsrituale,
welche in interpersonellen Umgangsformen den gemeinsamen Konsens zum Ausdruck
bringen (Kellermann 2008: 41).
Die zentrale These seines einflussreichen Buchs ,,The Presentation of Self in Everyday
Life" (1959) lautet, dass Menschen in face-to-face Situationen stets kontextbezogenes
Verhalten an den Tag legen: Wenn eine Person in Kontakt mit anderen Menschen
kommt, versucht sie durch ein hochgradig selektives Maß an Selbstpräsentation, Auftre-
ten und manierlichem Verhalten den Eindruck zu beeinflussen, den ein Interaktions-
partner von ihr gewinnen könnte. Gleichzeitig versucht sie mittels Interaktion Informa-
3
Der Begriff ,,emotionale Mitnahme" wird im weiteren Verlauf der Diplomarbeit häufiger ver-
wendet werden. Hierbei handelt es sich um eine eigene Übersetzung des Begriffs ,,emotional
Entrainment".

1 Theoretische
Grundlagen
16
tionen über den Interaktionspartner zu gewinnen.
4
Goffman sah eine Analogie zwischen
den verschiedenen Arten von Handlungen, die Menschen in ihrem täglichen Leben zei-
gen und der künstlerischen Darbietung von Schauspielern während einer Aufführung im
Theater: Wie bei einer Theatervorstellung gäbe es in der sozialen Interaktion eine ,,Vor-
derbühne", auf der sich ,,Akteure" (Einzelpersonen) dem Publikum (dem/den Interakti-
onspartner/n) präsentieren. Auf der Vorderbühne werden das Selbstverständnis des ei-
genen Menschenbilds und die Eindrücke vermittelt, welche die Interaktionspartner
wünschenswerterweise erhalten sollen. Es gäbe aber auch eine ,,Hinterbühne", die von
Goffman als Privatraum konzeptioniert wird, in den sich der Einzelne zurückziehen und
und von seiner gesellschaftlichen Rollenidentität loslassen kann.
Zum Prozess der Ritualbildung und ihrer Funktion bei Goffman
Goffman knüpft an die Arbeit Durkheims an, indem er den Ritualbegriff in den Mittel-
punkt seiner Arbeit stellt. Allerdings bezieht er sich auf rein zwischenmenschliche In-
teraktionen und arbeitet sein Ritualverständnis in Bezug auf die Regelhaftigkeit solcher
Interaktionen aus. Er wendet Durkheims Theorie der Mikrosituationen darin an, indem
er sich mit der Frage beschäftigt, wie rituelle Solidarität im Moment der Begegnung in
kleinen und kurzlebigen Gruppen im Alltagsleben entstehen kann (Collins 1990a: 130),
allerdings interessiert es ihn im Gegensatz zu Durkheim nicht, wie sich die Gesellschaft
als Ganzes durch vorgegebene soziale oder kulturelle Strukturen integriert ­ Goffman
geht es rein um die Erforschung der Mechanismen, welche soziale Realität im Rahmen
von Handlungsprozessen produzieren. Folglich ermöglicht seine Perspektive, dass
Wechselbeziehungen zwischen Anpassung und individueller Variation vorgegebener
Regeln genauer beschrieben werden können als es bei Durkheim der Fall war (Miebach
2003: 101).
Goffman zufolge konstruieren flüchtige Emotionen, die in Interaktionsritualen des täg-
lichen Umgangs miteinander entstehen, Rituale, aus denen sich Muster sozialer Ord-
nung bilden (Goffman 1982; 2006). In seinem Verständnis stellen Rituale einen Mecha-
nismus für gemeinsam fokussierte Emotionen und Aufmerksamkeit dar, welche eine
vorübergehende geteilte Realität bewirken und dadurch Solidarität und Symbole der
4
Goffmann nennt das taktierende Verhalten in sozialen Interaktionssituationen ,,Impression Ma-
nagement".

1 Theoretische
Grundlagen
17
Gruppenzugehörigkeit generieren (Collins 2004: 7). Sie besetzen sowohl bei der Ent-
wicklung des individuellen Charakters als auch bei der Stratifikation von Gruppen eine
Schlüsselrolle ­ durch sie produziert sich die Gesellschaftsordnung während flüchtiger
Situationen auf der Mikroebene in lokalen und stratifizierten Gruppen, da durch Rituale
wechselnde und diskontinuierliche Einheiten moralischer Solidarität hervorgebracht
werden. Diese Einheiten helfen uns dabei über Stratifikationsprozesse eine Verbindung
zur Makro-Struktur herzustellen, gleichzeitig verbindet sie nach unten hin zu den Mik-
ro-Details menschlicher Erfahrungen und Handlungen, da Emotionen als Zutaten der
Rituale fungieren (Collins 1990a: ebd.).
Insofern baut Goffman seinen Ritualbegriff auf Struktur, Niveau und Nebenbedingun-
gen der Mikro-Interaktionen und auf das Zusammenspiel zwischen seiner subjektiven
und objektiven Komponenten auf:
,,Wenn wir uns Rituale so ähnlich wie Geschichten vorstellen, die einmal mehr,
einmal weniger ausführlich erzählt werden und einmal stärker, einmal schwä-
cher aus den alltäglichen Routinen herausragen können, dann lassen sich diese
komplexen Vorführungen durchaus mit Ritualen der unmittelbaren Begegnung
kontrastieren, mit jenen kurzen, mechanischen Ausdruckshandlungen, die im
Alltagsleben so häufig und sozusagen im Vorbeigehen stattfinden." (Goffman
1994: 82).
Diese "natürlichen Rituale" verhalten sich zu den von Durkheim analysierten formalen
Ritualen äquivalent, welche Heilige Objekte konstituieren und moralische Grenzen zie-
hen. Allerdings erweitert Goffman seine Anwendung dahin gehend, dass sich Rituale in
den verschiedensten kommunikativen Formen manifestieren, sowohl im profanen all-
täglichen Miteinander als auch in den sakralen Sphären der Religion (Collins 2004: 8).
Nachfolgend sollen die zentralen Elemente der Goffman'schen Interaktionsritualtheorie
zusammengefasst dargestellt werden, da sie grundlegend für die Arbeit Collins ist (Col-
lins 2004: 23-25).
(1) Analog wie bei Durkheim findet ein Ritual in einer Bedingung situativer Koprä-
senz statt.
(2) Die physische Kopräsenz wird zu einer fokussierten Interaktion wenn sie zum
gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit wird und in ihrer Intensität und Ver-
bindlichkeit variiert. Durch die fokussierte Interaktion wird die Identität der In-
teraktionsteilnehmer in dem Sinne stabilisiert, dass die Interaktionspartner aus
diesen Informationen ein Bild der gesamten Identität entwerfen und daran wäh-

1 Theoretische
Grundlagen
18
rend des gesamten Handlungsverlaufs festhalten (Miebach 2003: 117). In die-
sem Verlauf entwickeln die beteiligten Individuen Erwartungen und Vorstellun-
gen und stimmen sie aufeinander ab (Goffman 1962: 23) Am bedeutendsten da-
bei ist, dass jedes individuelle Selbst in der Situation aufgeführt oder konstruiert
wird; was geschieht ist die Konstruktion des Selbst unter sozialen Einschrän-
kungen.
(3) Es gibt einen Druck soziale Solidarität aufrecht zu erhalten, da Rituale einen
emotional mitreißen: Rituale wenden Druck an sich in Richtung der Überein-
stimmung konform zu verhalten und zeigen damit an, ob eine Person Mitglieder
einer Gruppe (bzw. der Gesellschaft) ist oder nicht.
(4) Rituale ehren das sozial Geschätzte, was Durkheim Heilige Objekte nennt. Gof-
fman zeigt jedoch, dass diese Objekte flüchtig und situationsbedingt sind und in
modernen Gesellschaften an erster Stelle immer das individuelle Selbst steht
(Goffman 1956/1967: 232).
5
(5) Wenn die rituellen Bestandteile verletzt werden spüren die anwesenden Perso-
nen moralisches Unbehagen, welches in einem Kontinuum von humorvoller und
milder Empörung bis zu scharfer Empörung reichen kann. In extremen Fällen
kann es dazu führen dass sich normwidrig verhaltende Individuen als Geistes-
krank bezeichnet werden. (Goffman 1982: 460f.)
Minutiös beschreibt Goffman anhand verschiedener alltäglicher Handlungen wie Ritua-
le in sozialen Kontexten ausgeführt werden und wie sie mit Situationen kontrastieren, in
denen sie verletzt werden. Soziale Situationen dieser Art sind Begrüßungen, Kompli-
mente, Entschuldigungen, Verabschiedungen und viele weitere stereotypisierte verbale
Austäusche, welche die Routinen des Höflichen und Freundlichen ausmachen. Ober-
flächlich betrachtet sind diese Interaktionen bedeutungslos, jedoch können die Beteilig-
ten durch kulturelle Erfahrung und situatives Wissen ihre Bedeutung einschätzen. Flos-
keln wie ,,Gute Nacht", ,,Hallo" und ,,Auf Wiedersehen" scheinen an sich keinen expli-
ziten Inhalt auszudrücken, Goffman versteht sie jedoch als ,,rituelle Idiome", die der
Sprache zwar ähneln, jedoch ,,offenbar keine Grammatik (besitzen, SR), aufgrund derer
durch die Permutation einer relativ kleinen Zahl von Elementen eine unendliche Anzahl
5
Beide Definitionen von Durkheim und Goffman nehmen an, dass die sakralen Objekte bereits
konstituiert wurden, allerdings nicht wann und nicht wie.

1 Theoretische
Grundlagen
19
verschiedener Sätze erzeugt werden könnte." (Goffman 1974, 301). Knoblauch sieht in
ihnen ,,Beziehungszeichen", die
,,weder Mitteilungen noch bloß Körperausdruck, sondern Mittel, durch die eine
Position oder eine Verbindung in einer Situation angezeigt werden. Sie setzen
sich aus Verhaltenselementen zusammen, die eine Person mit anderen in ihrer
ökologischen Umgebung verbindet." (Knoblauch 1994: 22)
Wenn man einen genauen Blick darauf wirft wie rituelle Idiome eingesetzt werden las-
sen sich die Folgen erahnen, die daraus resultieren dass sie nicht so verwendet werden
wie es der Erwartungshaltung des Interaktionspartners entspricht. In unpersönlichen
Situationen, wie zum Beispiel an der Kasse im Supermarkt, ist es möglich sie auszulas-
sen ohne dabei soziale Konsequenzen befürchten zu müssen. Besteht jedoch eine per-
sönliche, freundschaftliche Beziehung zwischen den Interaktionspartnern kann sich der
Gegenüber durchaus brüskiert fühlen, wenn rituelle Idiome nicht so verwendet werden
wie es der sozialen Norm entspricht. Unterlässt man es beispielsweise Personen zu grü-
ßen, welche einem bekannt sind oder beschließt man den Abschied von ihnen nicht
durch zeremonielles Winken vermittelt dies eine implizite Wahrnehmung, dass einem
die Beziehung nichts bedeute (Collins 2004: 17).

2
Theorie der Interaktionsritualketten
20
2 Theorie der Interaktionsritualketten
In den folgenden Abschnitten soll zunächst Collins Verständnis von Emotion dargelegt
werden, damit das Verständnis des konzeptionellen Hintergrunds seines Begriffs der
,,emotionalen Energie" erleichtert wird. Anschließend werden Bedingungen und Wir-
kungen von Interaktionsritualen sowie verschiedene spezifische Einflussfaktoren be-
schrieben. Die rituellen Bedingungen bilden den Explanans meiner Hypothesen, die
rituellen Wirkungen sind das Explanandum.
2.1 Zu Collins' Verständnis des Emotionsbegriffs
Collins baut seinen Ansatz von Interaktionsritualketten darauf auf, dass Rituale und
soziale Begegnungen mit transienten Emotionen verschiedenster Art beginnen, die im
Laufe der Begegnung intensiviert werden und schließlich in kollektiver Efferveszenz
zwischen den Teilnehmern an der Interaktionen münden (Collins 2004: 105). Der Be-
griff der Emotion wird in Collins Theorie jedoch variabel eingesetzt, daher erscheint es
mir wichtig, auf den Kern seiner Theorie vorgreifend, Collins Begriffsverständnis von
Emotion herauszuarbeiten.
Im populären Verständnis der Menschen resultieren spontane und dramatische Erfah-
rungen in mehr oder wenigen impulsiven Ausbrüchen, welche allgemeinhin als Emotio-
nen etikettiert werden (ebd.). Die Theorie Goffmans lege jedoch dar, dass es auch Emo-
tionen gibt, die sich nicht kurzfristig manifestieren, sondern die langanhaltend und
durch das individuelle menschliche Verhalten sichtbar werden. Dabei handelt es sich
um persistente Gefühle, die in unterschwelligen Gefühlen getragen werden und den so-
zialen Alltag durchdringen. Beispiele für solche langanhaltenden Gefühle sind bei-
spielsweise Solidarität, Enthusiasmus aber auch Depressionen, Entfremdung und
Scham.
Diese verschiedenen psychosozialen Muster übersetzt Collins in das Kontinuum der
,,emotionalen Energie", welches er in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ver-
steht. In quantitativer Hinsicht definiert er Emotionale Energie als ein Kontinuum, wel-
ches durch die Pole ,,hoch" und ,,niedrig" begrenzt wird (Collins 2004: 107) und die im
qualitativen Verständnis der Theorie von Symbolen über Situationen hinweg transpor-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
21
tiert werden, die durch Interaktionsrituale emotional aufgeladen werden. Emotionale
Energie ist somit zentraler Bestandteil für die Etablierung von Symbolen, worauf sich
Menschen beim Sprechen und Denken beziehen. Emotionale Energie hat demnach eine
spezifische soziale Orientierung: Hohe Emotionale Energie drückt sich in Vertrauen,
Begeisterung sowie positiven Gefühlen aus. Auf der anderen Seite drückt sich niedrige
Emotionale Energie in Depression, Antriebslosigkeit und niedrigem Selbstwertgefühl
aus (2004: 108). Sie entwickelt sich aus intersubjektiver Mitnahme kommunikativer
Gesten und emotionaler Rhythmen. Aus der individuellen Perspektive sind die Symbole
im menschlichen Ich eng miteinander verbunden. Von daher ist eine augenblickliche
emotionale Erfahrung in Form des Ausdrucks von Freude sozusagen der Übertrag einer
lang anhaltenden Stimmung positiver emotionaler Energie. Auf ähnliche Weise ist
Traurigkeit oder Depression die motivierende Kraft hinter einer langanhaltenden nega-
tiven Stimmung, durch die das Aktivitätsniveau reduziert wird und die physische Apa-
thie und Entfremdung mit sich bringt, welche sich insbesondere in der sozialen Interak-
tion durch passives und unentschlossenes Handeln manifestiert.
Mit diesem Verständnis von Emotion im Sinne Collins werden im folgenden Abschnitt
die zentralen Bedingungen für das Basismodell ritueller Interaktion vorgestellt.
2.2 Theorie der Interaktionsritualketten
Aufbauend auf Durkheims Religionssoziologie, Goffmans Soziologie der Face-to-Face
Interaktionen und weiteren zeitgenössischen Studien zur Emotionstheorie von Jack Katz
(1999) und Thomas Scheff (1990 / 1991) argumentiert Collins, dass die sozialen Me-
chanismen, welche ,,Gesellschaft" produzieren, nichts anderes als Interaktionsritualket-
ten sind. Menschen durchlaufen in praktisch jeder sozialen Begegnung Interaktionsritu-
ale, sei es beim morgendlichen Kauf eines Brotes beim Bäcker, beim Gespräch mit dem
Vorgesetzten auf der Arbeit oder zu fortgeschrittener Uhrzeit mit einer fremden Person
auf einer Party. Gleichzeitig stellen auch politische Debatten, religiöse Zeremonien oder
gemeinsam erlebte Freizeitveranstaltungen Interaktionsritualsituationen dar. Abbildung
1 zeigt eine schematische Darstellung von Interaktionsritualketten: Die Personen brin-
gen jeweils Symbole und Emotionale Energie (EE) in ein Interaktionsritual (IR) mit ein.
Nach Abschluss des Interaktionsrituals verändert sich ihr Grundstock an emotionaler
Energie und Symbolen, auf den sie dann in weiteren Interaktionsritualen mit ggf. ande-
ren Personen zurück greifen. In Interaktionsritualen bezieht sich menschliches Handeln

2
Theorie der Interaktionsritualketten
22
aufeinander und vermittelt durch die Rhythmik von Sprache, Blickkontakt und Gestik
Gewissenhaftigkeit. Aneinandergereihte Interaktionsritualketten produzieren kleine
Einheiten von Solidarität (Collins 2004: 15, 235), welche aggregiert die Gesellschaft
zusammenhalten. Das Individuum bezieht aus Interaktionsritualen Identität und Zweck
seines Da-seins. Anhand der spezifischen Ausgestaltung von Interaktionsritualen und
des Niveaus der daraus resultierenden emotionalen Energie lassen sich emotionale Be-
findlichkeiten wie Euphorie und Depression, aber auch soziale Konflikte erklären.
Wichtig jeweils ist die Ausprägung ritueller Bedingungen und der verschiedenen rituel-
len Einflussfaktoren, auf die im Verlaufe dieses Kapitel näher eingegangen werden soll.
Abbildung 1: Interaktionsritualketten (Quelle: Collins 2004)
Interaktionsrituale werden durch vier elementare Bedingungen erzeugt, die allesamt
notwendig für die Entstehung eines Interaktionsrituals sind. Sind diese Bedingungen
erfüllt entsteht aus geteilter Aufmerksamkeit hinsichtlich des Fokus der Interaktion kol-
lektive Efferveszenz, gewissermaßen eine gemeinsame ,,Mitnahme" auf emotionaler
Basis, welche sich durch neurologische Feedbackschleifen in Abhängigkeit der emotio-
nalen Intensität der Interaktion verstärken kann. Interaktionsrituale entzünden sich aus
flüchtigen Emotionen, beispielsweise eine Geste. In Folge erfolgreicher Interaktionsri-
tuale teilen die Interaktionsteilnehmer kulturelles Kapital und entwickeln langanhalten-
de Emotionsmuster, die Collins als ,,Emotionale Energie" bezeichnet und die sich in
vier verschiedene Aspekte ritueller Folgen differenzieren (Collins 2004: 48ff.). Emotio-
nale Energie kann je nach Art und Intensität des Interaktionsrituals ein kurz- oder lang-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
23
fristiger Output eines Interaktionsrituals sein. Dabei kann kulturelles Kapital auf der
einen Seite einer bestimmten sozialen oder kulturellen Sphäre allgemein sein, anderer-
seits kann sie für eine bestimmte Gruppe von Personen oder einer einzigartigen sozialen
Begegnung spezifisch sein (Rössel 2006: 228).
Die Akkumulation kulturellen Kapitals und emotionaler Energie ist das individuelle
Ziel einer sozialen Interaktion und wird als jene Gesprächsthemen definiert, durch die
Personen sich suchen, um sich anschließend in einer sozio-kulturellen Matrix zwi-
schenmenschlicher Beziehungen zu verbinden (ebd.). Demgemäß besteht das Leben aus
einer Reihe interaktiver Wechselwirkungen, von denen einige mehr rituelle Solidarität
erzeugen als andere. Rituale mit hoher Solidarität geben den Menschen einen Speicher
an Kognitionen mit, den sie mit sich tragen und den sie für ihr Denken und zur Kom-
munikation mit anderen verwenden. Auf diese Weise entsteht Gesellschaft in den Köp-
fen der Menschen.
2.3 Bedingungen für das Zustandekommen eines Interaktionsrituals
Das Basismodell ritueller Interaktion (Abbildung 2) besteht aus den fortfolgend genann-
ten Elementen (Collins 2004: 48).
(1) Körperliche Kopräsenz: Eine versammelte Gruppe mit mindestens zwei Perso-
nen. Die physische Präsenz von Menschen am gleichen Ort ist eine Vorausset-
zung für die nachfolgenden emotionalen und kognitiven Prozesse. Die Anzahl
versammelter Menschen determiniert die Intensität ritueller Ergebnisse. Eine
über Technologie vermittelte Präsenz von Menschen führt zu geringerer Intensi-
tät ritueller Interaktion (2004: 53-64).
(2) Grenze zu Außenstehenden: Die Gruppe ist in dem Sinne in sich geschlossen,
dass die Teilnehmer an der Interaktion ein Gespür dafür haben wer am Ritual
teilnimmt und wer nicht bzw. wer für die Teilnahme überhaupt legitimiert ist.
Die Grenze kann daher symbolisch oder durch räumliche Abgrenzung vermittelt
sein.
(3) Gemeinsamer Fokus der Aufmerksamkeit: Der gemeinsame Fokus der Interakti-
on richtet sich auf das gleiche Objekt oder Aktivität, und man ist sich über die
gegenseitige Aufmerksamkeit des jeweils anderen bewusst. Kollektive Regula-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
24
rien, wie beispielsweise Gottesdienst sind nur aus dem Grund wichtig, um die
gemeinsame Aufmerksamkeit zu fokussieren, genauso wie die Architektur von
kulturellen Bauwerken, wie Tanzlokalitäten oder Sportstätten, der Aufmerksam-
keit eines übergeordneten Fokus zweckdienlich ist. Jegliche alltäglichen Um-
stände welche die Aufmerksamkeit in eine gemeinsame Richtung lenken haben
den Effekt in einer rituellen Situation zu kulminieren.
(4) Geteilte Stimmung: Mitglieder teilen eine gemeinsame Stimmung während sie
sich auf den Fokus der Aufmerksamkeit beziehen. Dabei ist es unwesentlich
welche Emotion von vornherein gegenwärtig ist (2004: 107). Collins merkt an,
dass sich der gemeinsame Fokus und die geteilte Stimmung während des Ver-
laufs des Interaktionsrituals durch Feedback Schleifen gegenseitig verstärken.
Diese Schleifen werden dadurch ausgelöst, dass sich Individuen stärker auf die
gemeinsame Aktivität fokussieren und sich ihr Bewusstsein hinsichtlich der
Stimmung des Gegenübers verstärkt, so dass die geteilte Stimmung intensiver
wahrgenommen wird (2004: 48).
Abbildung 2: Interaktionsritualketten (Quelle: Collins 2004)
Diese vier Bedingungen sind für die Etablierung eines Interaktionsrituals allesamt not-
wendig, können in der Ausprägung ihrer Intensität jedoch variieren. Sind die skizzierten
Bedingungen jedoch nur schwach ausgeprägt kann ein Ritual auch misslingen.

2
Theorie der Interaktionsritualketten
25
Sofern die Erfordernisse erfüllt sind postuliert das Modell die Auslösung einer "emotio-
nalen Suche" zwischen den anwesenden Personen, die ihre Aufmerksamkeit auf die
gleiche Sache richten, sich dabei über den gegenseitigen Fokus im Klaren sind und in
den Emotionen des jeweils anderen ,,gefangen" werden. Als ein Resultat wird die emo-
tionale Stimmung zwischen den Interaktionsteilnehmern stärker; konkurrierende Gefüh-
le werden durch das dominante Gefühl in der Gruppensituation verdrängt. Wenn der
Fokus der Interaktion zunehmend aufeinander eingestimmt wird, antizipieren die Teil-
nehmer den jeweiligen Rhythmus, verfangen darin und geraten in Stimmung. So fühlen
sich Teilnehmer im Laufe einer Beerdigung zunehmend trauriger, oder als Teil eines
interessierten Publikums während einer Comedy-Show lustiger, während der Organisa-
tion einer Party geselliger ­ der Rhythmus der Interaktion entwickelt sich stets situati-
onsspezifisch. Collins nennt diesen Zustand ,,kollektive Efferveszenz", er ist den rituel-
len Einflussfaktoren nachgelagert und den rituellen Folgen vorgelagert (2004: 108).
Das Ergebnis des erfolgreichen Aufbaus emotionaler Koordination im Rahmen eines
Interaktionsrituals ist die Erzeugung eines Gefühls der Zusammengehörigkeit. Die tran-
sienten Emotionen, welche Bestandteile des Rituals sind, sind vergänglich, das Ergebnis
sind jedoch langfristige Emotionen von Gefühlen der Bindung an die Gruppe, die sich
zu dieser Zeit versammelt hat. So sind die kurzfristigen Emotionen während eines Be-
gräbnisrituals Traurigkeit, aber die Intention der "rituellen Arbeit" während der Beerdi-
gung ist es Gruppensolidarität wiederherzustellen bzw. zu produzieren. Die kurzfristi-
gen emotionalen Bestandteile einer Party können Freundlichkeit und Humor sein, das
langfristige Ergebnis ist ein Gefühl der Statusgruppenzugehörigkeit (2004: 48 / 108).
2.4 Folgen eines Interaktionsrituals
Während kulturelles Kapital als Funken eine soziale Interaktion entzünden kann macht
Collins geltend, dass die wesentlichen und impliziten Inhalte einer jeden sozialen Inter-
aktion der Austausch von emotionaler Energie unter den Teilnehmern ist. Der Aus-
tausch von emotionaler Energie ist der entscheidende Baustein sozialer Bindungen und
Gruppensolidarität.
Sind die genannten Bedingungen erfüllt kann daraus ein erfolgreiches Interaktionsritual
entstehen, welches Elemente hervorbringt, die Collins ,,rituelle Wirkungen" nennt (sie-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
26
he hierzu erneut Abbildung 2).
6
Dabei werden die wichtigsten Objekte oder Ideen, die
im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit während eines Rituals stehen, mit neuen emotiona-
len Andeutungen besetzt. Handelt es sich um die Wiederholung eines bereits bestehen-
den Interaktionsrituals werden die emotionalen Andeutungen neu aufgefrischt. Die Er-
gebnisse eines Interaktionsrituals bezeichnet Collins folgendermaßen (2004: 48): Grup-
pensolidarität, Emotionale Energie, Heilige Objekte und Moralische Verhaltensstan-
dards. Diese Elemente sollen nachfolgend näher erläutert werden.
(1) Die während des Interaktionsrituals thematisierten Ideen oder Dinge werden zu
gemeinsamen Symbolen, denen eine tiefere, Durkheim`sche Ebene beiwohnt,
auf welcher Symbole Gefühle der Solidarität zu der Gruppe aktivieren, die sie
mit ritueller Bedeutung aufgeladen hat. Diese Gefühle moralischer Solidarität
können spezifische Handlungen wie Altruismus oder Liebe hervorrufen, es gibt
aber auch eine negative Seite, auf der sich eine Person dann befindet, wenn sie
sich gegenüber der Gruppe entfremdet fühlt. Wie bereits von Durkheim betont
kann Gruppensolidarität dazu führen, dass Individuen ein Verlangen verspüren
die Gruppe zu ehren und zu verteidigen. Dieses Solidaritätsgefühl richtet sich
auf Symbole, Heilige Objekte (wie bspw. ein totemisches Symbol, eine heilige
Schrift, eine Flagge oder einen Ehering). Man zeigt der Gruppe gegenüber Res-
pekt in dem man an Ritualen teilnimmt, welche diese symbolischen Objekte
verehren; umgekehrt ist die Missachtung der Respektbekundung ein Hinweis für
Nichtmitgliedschaft in der Gruppe. Mitglieder der Ritual-Gruppe stehen dabei
unter Druck sich konform zu verhalten und weiterhin die heiligen Symbole der
Gruppe zu respektieren. Wenn sie dies nicht tun empfinden die loyalen Mitglie-
der der Gruppe Empörung, der sich in Zorn gegenüber den sich abweichend ver-
haltenden Individuen entladen kann.
(2) Die Gruppensolidarität entsteht auf einer emotionalen Ebene, die Collins indivi-
duelle Emotionale Energie bezeichnet. Emotionale Energie erstreckt sich über
ein zweidimensionales Kontinuum mit positiven und negativen Polen. Hohe Ni-
veaus emotionaler Energie erzeugen positiv affektuierte Gefühle, während am
unteren Ende der Skala das Gegenteil der Fall ist. Das Ausmaß an emotionaler
Energie ist jedoch nicht nur etwas, das einige Individuen er- und andere entmu-
tigt, sondern es beeinflusst auch die in Folge eines Interaktionsrituals gezeigten
6
Die von mir bezeichneten ,,rituelle Wirkungen" werden im Original ,,Ritual Outcomes" genannt.

2
Theorie der Interaktionsritualketten
27
Einstellungen und Handlungen (2004: 109): Personen, die vor emotionaler
Energie strotzen, betrachten ihr Handeln als rechtschaffend. Personen mit einem
niedrigen Niveau an emotionaler Energie fehlt hingegen das Gefühl ein mora-
lisch guter Mensch zu sein, da ihnen die Gefühle fehlen welche aus erfolgrei-
chen Interaktionsritualen mitgenommen werden.
(3) Mit sakralen Objekten verdeutlicht Collins, dass die während eines gemeinsa-
men Interaktionsrituals entwickelten kollektiven Symbole affektiv besetzt sind.
Die Gruppe verbindet die Symbole mit positiven Interaktionsritualen und hat
daher ein prinzipielles Interesse diese zu bewahren, zu ehren und vor Verletzun-
gen zu schützen.
(4) Eine Verletzung der Gruppensolidarität führt zu negativen Reaktionen seitens
der Gruppenmitglieder, da ihre rituell erzeugten Emotionen an dieses Symbol
gebunden sind, sie also eine Art gemeinsames Moralgefühl entwickeln. Collins
bezeichnet dies als Moralische Verhaltensstandards: Es beinhaltet Gefühle, was
richtig und falsch, moralisch und unmoralisch in Bezug auf den Fokus der Inter-
aktion ist. Aus der Gruppenperspektive betrachtet hat es auch eine kontrollieren-
de Qualität, da das Befolgen moralischer Verhaltensstandards Gruppenmitglied-
schaft signalisiert.
2.5 Einflussfaktoren kollektiver Efferveszenz
Bisher wurde dargelegt, welche Bedingungen für die Etablierung eines Interaktionsritu-
als erfüllt sein müssen und welche Ressourcen sie produzieren. Zu klären ist nun wie
sich die Ressourcen bei verschiedenen Personen unterschiedlich verteilen, da Interakti-
onssituationen typischerweise zwischen Individuen auftreten, die innerhalb sozialstruk-
tureller Arrangements unterschiedlich positioniert sind (2004: 5). Collins nennt hierzu
vier situative Faktoren (111-18), welche unmittelbaren Einfluss auf die rituelle Intensi-
tät einer Interaktionssituation nehmen und somit für den Erfolg oder Misserfolg eines
Interaktionsrituals mitentscheidend sind, da sie den Grad emotionaler Ansteckung be-
einflussen, der die Intensität der Haftung der Teilnehmer an den Symbolen der Grup-
penmitgliedschaft bestimmt. Rituelle Intensität fungiert hierbei als Multiplikator der
einzelnen Faktoren und entscheidet darüber, ob der Grad der rituellen Teilhabe je nach
Konstellation der verschiedenen Variablen gering, moderat oder hoch ausfällt. Grund-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
28
sätzlich gilt hierbei, dass umso mehr Emotionen kurz- und langfristig erzeugt werden, je
stärker das Niveau der rituellen Teilhabe ausfällt. Abbildung 3 soll den Einfluss dieser
Variablen schematisch darstellen. Die Mikro Ebene bezieht sich auf generische Interak-
tionsritualsituationen, während die Einflussfaktoren auf der Meso Ebene dann eintreten,
wenn sich Interaktionsrituale über die Zeit wiederholen und zu Interaktionsritualketten
aneinanderreihen.
Abbildung 3: Interaktionsritualketten (Quelle: Collins 2004)
Einflussfaktoren auf der Mikro Ebene: Machtdimension und Teilnahmesituation
Jede Interaktionssituation produziert Effekte auf der Mikro Ebene hinsichtlich der Posi-
tionierung eines Individuums auf den Dimensionen der Mitgliedschaft und Macht, wel-
che miteinander kombiniert den Status einer Person in einer Interaktionssituation de-
terminieren.
Die Positionierung des Individuums auf der Machtdimension stellt den ersten Faktor
dar. Collins strukturiert die Machtposition zweidimensional zwischen den Polen ,,Wei-
sungsgeber" und ,,Weisungsnehmer" (2004: 112-121). Diese Begriffe leitet er aus der
Überlegung ab, dass es in Interaktionsritualsituationen immer eine Person geben muss,
welche maßgeblichen Einfluss auf Verlauf und Richtung eines Interaktionsrituals
nimmt. Diese Personen sind die Weisungsgeber. Weisungsgeber erhalten durch den
Vollzug von Interaktionsritualen ihren Grundbestand an emotionaler Energie aufrecht

2
Theorie der Interaktionsritualketten
29
oder vermögen ihn durch dominantes Verhalten zu erhöhen. Die hohe Identifikation mit
den heiligen Objekten bedingt das loyale Verhalten der Weisungsgeber gegenüber der
Gruppe. Darum sind sie sind auch stets darum bemüht, die Ideale und Traditionen der
Gruppe aufrecht zu erhalten und gegen Individuen zu verteidigen, welche sich abwei-
chend verhalten. Am anderen Ende der Skala befinden sich Weisungsnehmer, die nur
deshalb an Interaktionsritualen teilnehmen, weil sie es müssen ­ sei es aus Zwang, oder
um ihre Privilegien weiter aufrecht erhalten zu können. Weisungsnehmer empfinden
gegenüber den Symbolen der Gruppe Entfremdung und mißachten diese hinter vorge-
haltener Hand. Aus ihrer Perspektive sind diese Gruppensymbole negativ affektiert.
Weisungsnehmer werden, sobald ihre negative Emotionale Energie einen Grenzwert
überschritten hat und es die Nebenbedingungen zulassen, damit beginnen gegen die
Gruppe und die Weisungsgeber zu rebellieren.
Die Position auf der Machtdimension impliziert Effekte auf den Grad an kollektiver
Efferveszenz, allerdings werden diese Effekte von Collins nicht weiter spezifiziert. Er
macht allerdings deutlich, dass die Effekte auf der Machtdimension in Interaktionssitua-
tionen, die nicht durch Weisungsgabe und Weisungsnahme gekennzeichnet sind, gleich
Null sind. Der Einfluss des Individuums auf die rituelle Intensität ist somit umso höher,
je stärker ihm die Rolle eines Weisungsgebers zugeschrieben wird. In der Mitte dieser
Pole befinden sich Individuen, die Anweisungen der Weisungsgeber an Weisungsneh-
mer überbringen (,,Bürokraten").
In Bezug auf Durkheims Verständnis von Interaktionsritualen, die durch eine gleich-
förmige Lenkung der Emotionen der Teilnehmer ausgezeichnet ist, gestaltet sich die
individuelle Erzeugung emotionaler Energie in Situationen, die von einer ungleichen
Positionierung der Teilnehmer auf der Machtdimension gekennzeichnet sind, bei Col-
lins asymmetrisch aus, da die Verhaltensoptionen der Weisungsnehmer eingeschränkt
sind. So können sich Weisungsnehmer Anweisungen widersetzen, versuchen derartige
Interaktionsrituale zukünftig zu vermeiden oder versuchen ihre emotionalen Reaktionen
innerlich zu verarbeiten um damit Konfliktsituationen zu vermeiden. Diese Optionen
sind allerdings stets mit Kosten an emotionaler Energie verbunden. Diese Restriktion
führt dazu, dass das Niveau der rituellen Effekte in einem Interaktionsritual umso einge-
schränkter ist, je stärker eine Interaktionssituation durch Zwang gekennzeichnet ist ­ je
egalitärer die Position der Teilnehmer auf der Machtdimension angeordnet ist, umso
stärkere rituelle Effekte können erzeugt werden.

2
Theorie der Interaktionsritualketten
30
Der zweite Faktor auf der Mikro Ebene bezieht sich auf die räumliche Position des In-
dividuums während eines Interaktionsrituals. Collins geht davon aus, dass Individuen,
welche sich im Zentrum der Gruppe und damit besonders nah an am Mittelpunkt rituel-
ler Interaktion befinden, den höchsten Grad ritueller Intensität erleben. Personen im
Zentrum der Interaktion empfinden die stärksten Auswirkungen von Gruppenmitglied-
schaft, emotionaler Energie und moralischer Solidarität. Der Grad ritueller Intensität
nehme ab, je weiter sich die Individuen vom Zentrum entfernen, da die rituelle Intensi-
tät in der Peripherie am geringsten ist. Personen am äußersten Rand der Peripherie ver-
spüren demnach die geringsten Niveaus emotionaler Energie und moralischer Solidari-
tät, weiter ist ihre Schätzung der Gruppensymbolen als niedrig einzustufen.
Die weiteren Effekte entstehen mit der Zeit wenn sich Interaktionssituationen wiederho-
len und aneinanderreihen, so dass Interaktionsritualketten entstehen.
Den ersten Faktor nennt Collins ,,Soziale Dichte". Dieser Faktor beschäftigt sich mit der
Frage inwieweit der Grad konformen Verhaltens in Interaktionsritualsituationen von der
Nähe zu anderen Gruppenmitgliedern beeinflusst wird. Soziale Dichte sei dann beson-
ders hoch, wenn sich Personen ständig in Gesellschaft mit anderen Gruppenmitgliedern
befinden, da diese hohen sozialen Druck auf das Individuum ausüben sich gemäß der
etablierten Konventionen zu verhalten. Je häufiger sich Individuen in Gesellschaft wei-
terer Gruppenmitglieder bei der Ausübung sich wiederholender Interaktionsritualketten
befinden, umso höher der soziale Druck, der auf das Individuum ausgeübt wird. Der
soziale Druck falle jedoch, je mehr Privatsphäre einem Individuum zugesprochen wird.
Der Druck konformes Verhalten zu zeigen ist für Personen an diesem Ende der Skala
besonders gering, da auf sie keine soziale Kontrolle durch andere Personen ausgeübt
werden kann.
Den zweiten Faktor der Meso Ebene nennt Collins ,,Soziale Diversität", der zwischen
den Dimensionen Lokalismus und Kosmopolitismus eingegrenzt wird. Dieser Faktor
bezieht sich auf die Zusammensetzung der Teilnehmerstruktur in Interaktionsritualket-
ten und bildet die Frage ab, ob es sich dabei stets um die gleichen Personen handelt,
welche in bestimmten Interaktionsritualketten zusammenkommen. Geringe soziale
Diversität sei dann gegeben, wenn sich die Gruppe stets durch dieselben Personen zu-
sammensetzt. Daraus entsteht hohe lokale Solidarität, die eine starke Bindung an die in
der Gruppe etablierten Symbole erzeugt. Die Intensität konformen Verhaltens steige mit
dem Grad lokaler Solidarität und die Grenze zwischen Mitgliedern und Nicht-

2
Theorie der Interaktionsritualketten
31
Mitgliedern verstärke sich. Verhalten sich Gruppenmitglieder bei lokaler Zusammenset-
zung abweichend so führe dies zu sozialen Sanktionen durch die anderen Gruppenmit-
glieder.
Gruppen mit einer losen, sich wechselnden Struktur der Zusammensetzung verortet Col-
lins am anderen Ende der Skala. Hierbei handelt es sich um lose Netzwerke, in denen
individuelles Denken frei von Konventionen vorzufinden ist und die Einstellungen zu
den Gruppensymbolen tendenziell schwächer und differenzierter als in lokalen Gruppen
ausgeprägt sind. Der Grad konformen Verhaltens ist hier besonders schwach. Kommt es
in solchen Netzwerken zu Missachtung von Gruppensymbolen und moralischer Verhal-
tensstandards so fallen die Sanktionen der anderen Gruppenmitglieder verhältnismäßig
milde aus.
2.6 Beispiel für Interaktionsrituale: Ausbilder vs. Rekruten
Zur Verdeutlichung des allgemeinen Modells und seiner Faktoren möchte ich ein Bei-
spiel für die strukturelle Ausgestaltung eines sich wiederholenden Interaktionsrituals
geben, welches sich in seiner wesentlichen Struktur häufig gleicht: Die Interaktion zwi-
schen einem Kompanieführer und den Rekruten während einer militärischen Ausbil-
dung. Das Beispiel ist in Abbildung 3 zusammenfassend visualisiert, wobei versucht
wird sämtliche Faktoren und Wirkungszusammenhänge in einer Grafik kombiniert dar-
zustellen. Berücksichtigt werden die rituellen Bedingungen, die verschiedenen Einfluss-
faktoren auf die Intensität sowie die Folgen des Interaktionsrituals.
Um die Interaktionssituation herzustellen müssen zunächst die rituellen Bedingungen
erfüllt sein. Die Teilnehmer am Interaktionsritual sind ein Ausbilder sowie die Rekru-
ten, die sich für das Ritual einer Gruppenübung zusammen finden. Die körperliche
Kopräsenz ist durch die physische Präsenz der Teilnehmer erfüllt. Gleiches gilt für die
Grenze zu Außenstehenden, da der symbolische Rahmen des Zwecks der Zusammen-
kunft (,,die Einberufung") die Teilnehmer am Ritual nominiert und somit klar eingrenzt.
Die Teilnehmer am Interaktionsritual unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Machtpo-
sition diametral: Der Kompanieführer nimmt eine hohe Position ein, er agiert als Wei-
sungsgeber und dominiert folglich das Interaktionsritual. Das Tragen militärischer Klei-
dung und die Ansprache der Kompanie entsprechen den etablierten Standards der Grup-
pe. Der individuelle Rang des Individuums ist durch Abzeichen symbolisiert. Die legi-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783961160761
ISBN (Paperback)
9783961165766
Dateigröße
3.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Mannheim – Fakultät für Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2017 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
Randall Collins Techno Diskotheken Nachtclubs Interaktion Mikrosoziologie Emile Durkheim Hartmut Esser Pierre Bourdieu House Musik DJs Szene Emotionen Kulturkapital Kollektiv Handlung Rituale Solidarität Verhalten
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Titel: You Gotta Say Yes To Another Excess
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