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Handlungsfeld Mitarbeitermotivation im Kontext der Verwaltungsreform

Führung als zentraler Motivationsfaktor

©2015 Bachelorarbeit 59 Seiten

Zusammenfassung

Die öffentlichen Verwaltungen stehen unter Reformdruck. Aufgrund einer zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sehen sie sich gewandelten Anforderungen gegenüber, für die sich vorhandene Strukturen und Prozesse nur noch bedingt eignen. In der Forderung nach mehr Effizienz, Flexibilität und Bürgernähe hat sich eine internationale Reformbewegung hervorgetan. Mit dem einheitlichen Ziel einer neuen, ergebnisorientierten Verwaltungsführung bieten verschiedene Konzepte eine Vielzahl von Steuerungsinstrumenten, die den öffentlichen Dienst gleichzeitig wettbewerbsfähiger und leistungsfähiger machen sollen.
Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Personal ein. Als die wichtigste Ressource des Verwaltungshandelns kann mit ihm auch der Erfolg einer Veränderung stehen oder fallen. Insbesondere für einen nachhaltigen Perspektivenwechsel gelten Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterschaft als essentielle Voraussetzungen. Diese unter den teilweise sehr konventionellen Bedingungen zu aktivieren, stellt Führungskräfte vor eine schwierige Aufgabe. Nicht umsonst spricht die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) von diversen im öffentlichen Dienst existierenden „Steuerungslücken“, welche sich u. a. im fehlenden Zwang zur Verbesserung von Arbeitsleistung sowie einer sinkenden Attraktivität des öffentlichen Dienstes für engagierte Mitarbeiter ergründen. Hinzu kommen emotionale Widerstände und Bedürfnisse, die eine vollumfängliche Veränderungsakzeptanz behindern. Auf dem Weg zu einer Verwaltung, die sich von bürokratischen Merkmalen loslösen soll, wandeln sich nämlich auch Werte und Einstellungen der in ihr arbeitenden Menschen. Ein gestiegenes Anspruchsdenken und der finanzielle Engpass öffentlicher Verwaltungen fordern neue Methoden, die Motivation langfristig herbeiführen. In diesem Zusammenhang gewinnt das Verhalten der Führungskraft eine entscheidende Bedeutung.

Im Rahmen dieser Bachelorthesis wird infolge einer Betrachtung der traditionellen Verwaltungskultur mit ihren spezifischen Merkmalen auf das Erfordernis einer modernen Verwaltungsführung eingegangen. Als Schwerpunkt der Thematik werden die Rollen von Führungspersonal und Mitarbeiter als Hauptakteure im Veränderungsprozess herausgestellt und sowohl grundsätzliche Motivationsprobleme im öffentlichen Dienst als auch solche in Bezug auf die Verwaltungsreform angesprochen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



Abkürzungsverzeichnis
a.
A.
anderer
Auffassung
Abs.
Absatz
Art.
Artikel
bej.
bejahend
BIP
Bruttoinlandsprodukt
d.
h.
das
heißt
Ders.
Derselbe
DGB
Deutscher
Gewerkschaftsbund
Dies.
Dieselbe/n
Ebd.
Ebenda
et
al.
et
alii
GG
Grundgesetz
GOE
Gesellschaft
für
Organisationsentwicklung
Hg.
Herausgeber
KGSt
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungs-
vereinfachung
KSM
Kommunales
Steuerungsmodell
MbO
Management
by
Objectives
MIK
Ministerium für Inneres und Kommunales NRW
NPM
New
Public
Management
NSM
Neues
Steuerungsmodell
OE
Organisationsentwicklung
sog.
sogenannt
u.
a.
unter
anderem
v.
a.
vor
allem
vgl.
vergleiche
WoV
Wirkungsorientierte
Verwaltungsführung
z.
B.
zum
Beispiel
1

1. Einleitung
1.1 Ausgangssituation
Die öffentlichen Verwaltungen stehen unter Reformdruck. Aufgrund einer
zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sehen
sie sich gewandelten Anforderungen gegenüber, für die sich vorhandene
Strukturen und Prozesse nur noch bedingt eignen. In der Forderung nach
mehr Effizienz, Flexibilität und Bürgernähe hat sich eine internationale
Reformbewegung hervorgetan. Mit dem einheitlichen Ziel einer neuen,
ergebnisorientierten Verwaltungsführung bieten verschiedene Konzepte
eine Vielzahl von Steuerungsinstrumenten, die den öffentlichen Dienst
gleichzeitig wettbewerbsfähiger und leistungsfähiger machen sollen. Eine
zentrale Rolle nimmt dabei das Personal ein. Als die wichtigste Ressource
des Verwaltungshandelns kann mit ihm auch der Erfolg einer Veränderung
stehen oder fallen. Insbesondere für einen nachhaltigen Perspektivenwech-
sel gelten Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterschaft als
essentielle Voraussetzungen. Diese unter den teilweise sehr konventionel-
len Bedingungen zu aktivieren, stellt Führungskräfte vor eine schwierige
Aufgabe. Nicht umsonst spricht die Kommunale Gemeinschaftsstelle für
Verwaltungsvereinfachung (KGSt)
1
von diversen im öffentlichen Dienst
existierenden ,,Steuerungslücken", welche sich u. a. im fehlenden Zwang
zur Verbesserung von Arbeitsleistung sowie einer sinkenden Attraktivität
des öffentlichen Dienstes für engagierte Mitarbeiter ergründen. Hinzu
kommen emotionale Widerstände und Bedürfnisse, die eine vollumfängli-
che Veränderungsakzeptanz behindern. Auf dem Weg zu einer Verwal-
tung, die sich von bürokratischen Merkmalen loslösen soll, wandeln sich
nämlich auch Werte und Einstellungen der in ihr arbeitenden Menschen.
Ein gestiegenes Anspruchsdenken und der finanzielle Engpass öffentlicher
Verwaltungen fordern neue Methoden, die Motivation langfristig herbei-
1
Vgl. Jann: Neues Steuerungsmodell, in: Blanke et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform, 2005, 74 [75].
(künftig zitiert: Jann, 2005)
2

führen. In diesem Zusammenhang gewinnt das Verhalten der Führungs-
kraft eine entscheidende Bedeutung.
1.2 Aufbau der Arbeit
Im Rahmen dieser Bachelorthesis wird infolge einer Betrachtung der tradi-
tionellen Verwaltungskultur mit ihren spezifischen Merkmalen auf das
Erfordernis einer modernen Verwaltungsführung eingegangen. In diesem
Zusammenhang erfolgt dann ein Einblick in die dafür grundlegenden Re-
formkonzepte und wichtiger Steuerungsinstrumente. Als Schwerpunkt der
Thematik werden die Rollen von Führungspersonal und Mitarbeiter als
Hauptakteure im Veränderungsprozess herausgestellt und sowohl grund-
sätzliche Motivationsprobleme im öffentlichen Dienst als auch solche in
Bezug auf die Verwaltungsreform angesprochen. Dahingehend werden die
verschiedenen, den Modernisierungskonzepten zugrunde liegenden Men-
schenbilder als Ausgangspunkt für Führungsverhalten als intrinsischer
Motivationsfaktor beleuchtet. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit
allgemeinen Motivations- und Führungstheorien findet mit Rücksicht auf
eine sinnvolle Eingrenzung der Thematik nicht statt. Zum Abschluss er-
folgt eine Vorstellung der Kernaussagen einer Führungskräftebefragung
bei der Stadtverwaltung Duisburg.
Soweit nachfolgend von ,,Mitarbeitern" oder ,,Beschäftigten" die Rede ist,
sind sämtliche Bedienstete in der öffentlichen Verwaltung gemeint. Sofern
demgegenüber auf das ,,Management" oder die ,,Führungskräfte" abge-
stellt wird, soll die jeweilige Hierarchieebene zum Ausdruck kommen.
Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der besseren Lesbarkeit
lediglich in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt
dies das jeweils andere Geschlecht mit ein.
3

2. Charakteristika des öffentlichen Sektors
2.1 Bürokratie im 20. Jahrhundert und das Reformerfordernis
Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Max Weber untersuchte Bürokra-
tiemodell
2
charakterisiert eine Organisationsform mit überwiegend juris-
tisch geprägter Sichtweise der Aufgabenerfüllung.
3
Relevanz hatte diese
vor allem im Bereich der staatlichen Eingriffs- bzw. Ordnungsverwaltung,
also einer solchen, bei der es auf Rechtmäßigkeit und Kontrollierbarkeit
ankommt.
2.1.1 Motivationseinforderung per Gesetz
Wie damals können in öffentlichen Verwaltungen auch heute noch büro-
kratische Merkmale wie Amtshierarchie, Kompetenzordnung oder Regel-
gebundenheit der Amtsführung in unterschiedlichen Ausprägungen festge-
stellt werden. Insbesondere die von Weber entwickelten Idealtypen der
Herrschaft
4
definieren Führungsansätze, die im demokratischen Rechts-
staat aufgrund der Regelgebundenheit und der Ausübung hoheitlicher Tä-
tigkeiten noch immer ihre Berechtigung besitzen. So wird schon von Ge-
setzes wegen an politische und personelle Vertreter der Verwaltung appel-
liert, an der Tradition des Berufsbeamtentums festzuhalten. Dieses fordert
nach den hergebrachten Grundsätzen im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG Lo-
yalität und Motivation bei den Bediensteten ein.
5
Das Leistungskonzept
der klassischen Verwaltung kennzeichnet sich durch ein ,,Dienst- und
Treueverhältnis" und unterscheidet sich dahingehend von dem der Privat-
wirtschaft, als dass sich Beamte ihren Dienstpflichten mit stetig hoher
Leistungsmotivation hingeben. Als Gegenleistung erhalten sie von ihrem
Dienstherrn dafür ,,Sicherheit" in Form einer lebenslangen Anstellung und
2
Vgl. Schedler/Proeller: New Public Management, 2011, 19. (künftig zitiert: Schedler/Proeller, 2011)
3
Vgl. Langner: Bedeutung der ressourcenorientierten Arbeitswirtschaft für die Personalführung in öffentlichen
Verwaltungen, in: Gourmelon/Mroß (Hg.): Führung im öffentlichen Sektor, 2010, 114. (künftig zitiert: Langner,
2010)
4
Weber/Winckelmann (Hg.): Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, 1976, 122.
5
Vgl. Lorig: Modernisierung des öffentlichen Dienstes. Politik und Verwaltungsmanagement in der bundes-
deutschen Parteiendemokratie, 2001, 39. (künftig zitiert: Lorig, 2001)
4

einer entsprechenden Alimentation.
6
Weil die jedem Beamten obliegende
Dienstleistungspflicht bereits ein Maximum an Motivation impliziert,
braucht die bürokratisch orientierte Verwaltung die Motivationsfrage gar
nicht weiter stellen.
7
Motivation wird mit Leistung des Diensteides ebenso
als selbstverständlich angesehen wie bedingungsloser Gehorsam und fügt
sich in das Prinzip der Regelgebundenheit öffentlicher Institutionen.
Diese ,,starren", aber ebenso verwaltungstypischen Strukturmerkmale ge-
währleisten unter konstanten Bedingungen, die verwaltungsinterner und -
externer Art sein können, eine effiziente Aufgabenerfüllung. Gleichwohl
ist eine Anpassung an die veränderten Anforderungen, der sich die Ver-
waltung nunmehr gegenüber steht, nicht möglich. Ein solches Leitbild
verlangsamt oder behindert sogar eher noch den Wandel einer Institution
einschließlich ihrer Mitarbeiter und Leistungsreserven können nicht opti-
mal ausgeschöpft werden.
8
Teilbereiche des Personalwesens und der Auf-
bauorganisation wurden daher bereits ansatzweise reformiert, im Kern sind
Behördenstruktur und Defizite der klassischen Verwaltungsführung jedoch
verblieben.
9
2.1.2 Effizienz & Effektivität im Zentrum des Verwaltungshandelns
Dass eine Orientierung am Marktgeschehen unter Beachtung betriebswirt-
schaftlicher Aspekte lange Zeit gänzlich außer Acht gelassen wurde, ist
nicht auf die vermeintlich existierende Pedanterie zurückzuführen; es wur-
de gar bezweckt und man hat sich lediglich innerhalb der Grenzen dieses
Organisationsmodells bewegt. Die bürokratisch organisierte Verwaltung
versteht sich nämlich vielmehr als eine rechtsumsetzende. Im Ergebnis
zählt allein die fehlerfreie Anwendung der Normen. Die Frage nach Effek-
6
Vgl. Busse: Motivieren ohne Geld. Mit knappem Budget Motivation und Leistungsbereitschaft fördern, in:
Gourmelon (Hg.): Personalmanagement im öffentlichen Sektor, 2012, 13. (künftig zitiert: Busse, 2012)
7
Vgl. Klages: Motivierung von Mitarbeitern durch Anreize?, in: Lüder (Hg.): Staat und Verwaltung. Fünfzig
Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1997, 455 f. (künftig zitiert: Klages, 1997)
8
Vgl. Thom/Ritz: Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor, 2008, 7.
(künftig zitiert: Thom/Ritz, 2008)
9
Vgl. Bogumil: Verwaltungsreform, in: Voigt/Walkenhaus (Hg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform,
2006, 368 ff. (künftig zitiert: Bogumil, 2006)
5

tivität oder Effizienz des Handelns wird erst gar nicht gestellt, jedoch si-
chert diese sehr konventionelle Vorgehensweise den Status des politisch-
administrativen Verwaltungsapparats.
10
Und doch hat die öffentliche Verwaltung genauso wie private Unterneh-
men zunehmend unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu haushalten und
ihre Ressourcen zu verantworten.
11
Die seit mehreren Jahren herrschende
kommunale Haushaltskrise mit einhergehendem Personalabbau als belieb-
tes Konsolidierungsinstrument jedoch zeigt, dass dies in den vergangenen
Jahrzehnten nur unzureichend geschehen ist oder möglicherweise in be-
stimmten Bereichen gar keine Berücksichtigung fand. Es erscheint hier
schon fast widersprüchlich, dass auf den Mitarbeiter als die wichtigste
Ressource eines jeden Unternehmens
12
verzichtet werden soll, um weiter
handlungsfähig zu bleiben und insbesondere um die Verwaltungseffizienz
zu erhöhen.
Die Umsetzung großer Sozialreformen und die veränderten Rahmenbedin-
gungen des kommunalen Handelns bringen zum einen eine hohe Arbeits-
belastung mit sich
13
; entscheidend ist hier z. B. die allgemeine wirtschaft-
liche und demografische Entwicklung sowie eine Verlagerung von Aufga-
ben auf die kommunale Ebene. Zum anderen hat der moderne Bürger als
,,Verwaltungskunde", also als Nachfrager und Verbraucher von Verwal-
tungsdienstleistungen, eine im Vergleich zu früher deutlich selbstbewuss-
tere Rolle eingenommen. Die Gesellschaft an sich hat sich mehr individua-
lisiert, stellt daher höhere Anforderungen an das Handeln der Verwaltung
und betrachtet dies zudem aus einem eher kritischen Blickwinkel.
14
Dem-
gegenüber sind Wirksamkeit bestimmter öffentlicher Dienstleistungen und
10
Vgl. Lorig, 2001, 119 f.
11
Vgl. Langner, 2010, 114.
12
Vgl. Klages: Verwaltungsmodernisierung. ,,Harte" und ,,weiche" Aspekte, 1999, 22. (künftig zitiert: Klages,
1999)
13
Vgl. Pitschas: Verwaltungsführung und Personalentwicklung. Führungskräfte der öffentlichen Verwaltung
,,entwickeln": Coaching für wirkliche Verwaltungsmodernisierung, in: VM 2006, 172. (künftig zitiert: Pitschas,
2006)
14
Vgl. Damkowski/Precht: Public Management in Deutschland. Neuere Entwicklungen und eine Zwischenbi-
lanz, in: dies. (Hg.): Moderne Verwaltung in Deutschland. Public Management in der Praxis, 1998, 15 [23 f.].
(künftig zitiert: Damkowski/Precht, 1998)
6

letztendlich auch der Erfolg des Verwaltungshandelns von der Mitwirkung
eben dieser abhängig.
15
Zwangsläufig führte der Wunsch nach mehr Wirtschaftlichkeit und Effizi-
enz dazu, dass nicht nur Veränderungen in den Außenbeziehungen der
Kommunalverwaltungen herbeigeführt werden mussten. Auch die inneren
Strukturen und Werte bedurften einer enormen Anpassung.
16
Durch die
Tendenz zum ,,Lean-Management" in privaten Unternehmen, wurde
ebenso für die ,,Verwaltung von heute" ein Umdenken gegenüber der we-
sentlich stärker bürokratisierten Verwaltung des vergangenen Jahrhunderts
gefordert.
17
Es stand insofern fest, dass ein Perspektivenwechsel von der
klassischen Verwaltungsführung zu einem modernen Verwaltungsma-
nagement zu erfolgen hatte, um einen nachhaltigen Organisationswandel
herbeiführen zu können.
18
2.2 Internationale und nationale Impulse zur Verwaltungsreform
,,Nicht die Einführung moderner Management- und Steuerungsmethoden
ist zu rechtfertigen, sondern deren Ablehnung." (Jann, 1995)
19
Mit Beginn der 80er Jahre gab es zunächst auf internationaler Ebene eine
Modernisierungsbewegung, die eine grundlegende Neustrukturierung des
öffentlichen Sektors der westlichen Industriestaaten intendierte.
20
Das
einstige Bürokratiemodell wurde dahingehend in Frage gestellt, als dass es
den neuen gesellschaftspolitischen Anforderungen an eine Verwaltung
nicht mehr Genüge tun und die tatsächlichen sozialen Gegebenheiten nicht
mehr hinreichend reflektieren würde.
21
Eine solche Reformationswelle, die
15
Vgl. Bogumil, 2006, 368 ff.
16
Vgl. Schmitz: Betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente in Kommunen. Das ,,Neue Steuerungsmodell",
in: Frese/Zeppenfeld (Hg.): Kommunen und Unternehmen im 20. Jahrhundert. Wechselwirkungen zwischen
öffentlicher und privater Wirtschaft, 2000, 231 [232]. (künftig zitiert: Schmitz, 2000)
17
Vgl. Walde: Von der Organisationsentwicklung zum Change Management, 2014, 12. (künftig zitiert: Walde,
2014)
18
Vgl. Thom/Ritz, 2008, 9 f.
19
Jann, zitiert nach: Vaanholt: Human Resource Management in der öffentlichen Verwaltung, 1997, 25.
20
Vgl. König: Drei Welten der Verwaltungsmodernisierung, in: Lüder (Hg.): Staat und Verwaltung. Fünfzig
Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1997, 399 [416].
21
Vgl. Lorig, 2001, 120.
7

auch als New Public Management (NPM) bezeichnet wird, vereint Public-
Choice-Theorien (v. a. den Property-Rights- und Principal-Agent-Ansatz)
und Managementkonzepte aus der Privatwirtschaft und hat eine Neube-
stimmung des staatlichen Innen- und Außenverhältnisses zum Ziel.
22
Aus
betriebswirtschaftlicher Sicht handelt es sich dabei um eine reformorien-
tierte Führungslehre für den öffentlichen Sektor
23
, bei der eine Trennung
von strategischer und operativer Kompetenzen existiert. Dabei ist der poli-
tischen Ebene die Zielsetzung und der Verwaltung die operative Ausfüh-
rung zuzuordnen
24
(,,NPM bedeutet damit letztlich eine Verwesentlichung
von Politik und Verwaltung auf ihre ihnen eigentlich in einem modernen
Staat zugesprochenen Funktionen: Politik als Zielvorgabe und Führung,
Verwaltung als Leistungserbringer und Zielausführer der politischen Vor-
gaben")
25
.
Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung gab es zwischen den verschie-
denen, länderspezifischen NPM-Konzepten marginale Unterschiede. Die
wesentlichen Kernziele wie Steigerung von Motivation, Effizienz und Ef-
fektivität waren jedoch die gleichen und bezogen sich auf alle Verwal-
tungsebenen; also Bund, Länder und Gemeinden. Es wurden folglich jene
Punkte eingefordert, die eine bürokratisch organisierte Verwaltung nicht
zu erfüllen vermochte.
Mehr als 10 Jahre später fand ein solches Modernisierungskonzept auch
Einzug in deutsche Verwaltungen, was zum Teil dem im internationalen
Vergleich bis dahin fehlenden Problem- und Handlungsdruck aufgrund
einer wirtschafts- und haushaltspolitischen Krisenentwicklung
26
geschul-
det war. Das 1993 von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwal-
tungsvereinfachung (KGSt) vorgelegte sog. ,,Neue Steuerungsmodell"
22
Vgl. Bogumil: Modernisierung des Staates durch Public Management - Stand der aktuellen Diskussion, in:
Grande/Prätorius (Hg.): Modernisierung des Staates?, 1997, 21 ff. (künftig zitiert: Bogumil, 1997)
23
Vgl. Thom/Ritz, 2008, 9 f.
24
Vgl. Kersting: Die Zukunft der lokalen Demokratie. Modernisierungs- und Reformmodelle, 2004, 91 f. (künf-
tig zitiert: Kersting, 2004)
25
Buschor/Grünenfelder: Politikentmachtung durch Verwaltungsentwicklung oder zeitgemäße Kompetenzstruk-
turen für Politik und Verwaltung?, in: Klimecki/Müller (Hg.): Verwaltung im Aufbruch - Modernisierung als
Lernprozess, 1999, 131 [138 f.].
26
Vgl. Damkowski/Precht, 1998, 16 f.
8

(NSM)
27
greift dabei zentrale Elemente der internationalen NPM-
Bewegung auf und orientiert sich in besonderem Maße am ,,Konzernmo-
dell" der niederländischen Stadt Tilburg.
28
Diese ursprünglich für den
kommunalen Bereich konzipierte Strategie zur Modernisierung von Orga-
nisations- und Managementstrukturen (sog. ,,Binnenmodernisierung der
Kommunalverwaltungen"
29
) ist inzwischen auch in ähnlicher Form auf
Ebene der Landes- und Bundesverwaltung implementiert worden und hat
in weiteren Bereichen des öffentlichen Sektors zumindest ein Adaptionsin-
teresse geweckt.
30
Zu den wesentlichen Kernelementen dieses Models ge-
hören u. a. eine klare Verantwortungsabgrenzung zwischen politischer
Vertretung und Verwaltung, Führung durch Leistungsabsprache (sog.
,,Kontraktmanagement" bzw. ,,Management by Objectives"), eine dezent-
rale Gesamtverantwortung in den Organisationseinheiten
31
sowie eine
zentrale (Output-)Steuerung.
Aus der stetigen Weiterentwicklung des NSM geht 20 Jahre nach dessen
Vorstellung das ,,Kommunale Steuerungsmodell"
32
hervor, welches den
Grundgedanken einer modernen Kommune aus heutiger Sicht um wichtige
Aspekte ergänzt und einen besonderen Fokus auf die Stärkung der
Führungskompetenz kommunaler Manager und ein innovatives Personal-
management legt.
33
So heißt es im Tätigkeitsbericht der KGSt: ,,Das
Kommunale Steuerungsmodell erfordert eine werteorientierte Führung.
Gemeint ist eine Führung, die geprägt ist von einem ethischen, wert-
schöpfenden und gemeinwohlorientierten Verhalten. Führung im KSM ist
ergebnisorientiert, schafft Freiraume für Selbstorganisation und unter-
stützt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei, sich fachlich und persönlich
27
KGSt Köln: Das Neue Steuerungsmodell. Bericht Nr. 5/1993, 7 ff. (künftig zitiert: KGSt, 1993)
28
Vgl. Bauer/Grether: Öffentliche Verwaltungen im Zeitalter des Customer Relationship Management, in: VM
2004, 60 [62].
29
Vgl. Bogumil: 20 Jahre Neues Steuerungsmodell - Eine Bilanz, in: Wiechmann/Bogumil (Hg.): Arbeitsbezie-
hungen und Demokratie im Wandel. Festschrift für Leo Kißler, 2014, 41 [42 f.]. (künftig zitiert: Bogumil, 2014)
30
Lorig, 2001, 132 f.
31
Vgl. Bolz: Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung, in: Blanke et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungs-
reform, 2005, 101 [107].
32
KGSt Köln: Das Kommunale Steuerungsmodell (KSM). Bericht Nr. 5/2013.
33
Vgl. Schneider: Vom Neuen Steuerungsmodell zum Kommunalen Steuerungsmodell, in: NST-N 3-4/2014, 23
[24].
9

weiterzuentwickeln."
34
Richtigerweise wurde hier erkannt, dass ,,die Be-
reitschaft, persönliche Verantwortung zu übernehmen oder über die Gren-
zen von Organisationseinheiten hinweg im Sinne übergreifender Ziele zu
kooperieren"
35
nicht mehr der klassischen bürokratischen Verwaltungs-
kultur entspricht.
3. Akteure der Verwaltungsreform
Die gewandelten Anforderungen setzen neue Qualitätsmaßstäbe, die bisher
verwaltungsuntypisch waren und ihren eigentlichen Ursprung in der Pri-
vatwirtschaft finden. Hinzu kommt die steigende Leistungserwartung an
das staatliche und kommunale Handeln durch die Öffentlichkeit. Aufgrund
dessen wird vermehrt durch Studium und Einstellungspolitik versucht, das
dominierende Juristen-Monopol in den öffentlichen Verwaltungen zu bre-
chen und die ,,Top"- und ,,Middle"-Managementebenen betriebswirt-
schaftlich oder verwaltungswissenschaftlich ausgebildeten Verwaltungs-
managern zugänglich zu machen.
36
Diese haben wiederum die Aufgabe,
durch die Einführung von betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten
verfügbare Produktivitätsreserven zu mobilisieren.
37
Funktionieren kann dies jedoch nur dann, wenn die Bereitschaft zur Leis-
tungserbringung und ein grundlegendes Interesse an Veränderungen bei
allen am Reformprozess Beteiligten vorhanden sind.
Denn was nützt es, wenn die überaus engagierte Führungskraft mit beson-
derem Elan und Ehrgeiz versucht, Veränderungen zu erzwingen und an
einen nachhaltigen Erfolg glaubt, der Konvergenzpunkt und nötige Leis-
tungsreserven aber an einer ganz anderen Stelle liegen?
34
KGSt Köln: KGSt-Tätigkeitsbericht 2011 bis 2014 und KGSt-Strategie 2014 bis 2017, 2014, 12. (künftig
zitiert: KGSt, 2014)
35
Ebd.
36
Vgl. Damkowski/Precht, 1998, 23.
37
Vgl. Klages, 1999, 21 f.
10

3.1 Das Personal als ,,wichtigste" Ressource
Der Erfolg eines Strukturwandels in öffentlichen Verwaltungen hängt
demnach vom Verhältnis verschiedener Akteure zueinander ab.
38
Selbst-
verständlich spielen auch der politische Einfluss durch klare Zielvorgaben
und die Belange des Bürgers eine Rolle, gleichwohl sind dies nur Rah-
menbedingungen, welche für den entscheidenden Schritt zur Veränderung
alleine nicht ausreichen. Die verschiedenen Bausteine des NSM sind nur
gemeinsam umsetzbar und in Abhängigkeit von einander zu betrachten
39
;
feststeht allerdings, dass die öffentliche Verwaltung durch ihr Personal
handelt, welches - neben der Rechtsordnung, einem Organisationsgerüst
und dem Finanzhaushalt - ,,die wesentliche Ressource der öffentlichen
Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden"
40
darstellt.
3.2 Change Management in öffentlichen Verwaltungen
Die verschiedenen NPM-Konzeptionen zeigen, dass erhebliche Anstren-
gungen notwendig sind, um die zahlreichen, vorgesehenen Veränderungen
erfolgreich und nachhaltig wirksam werden zu lassen.
41
Dabei stellen die
am Veränderungsprozess beteiligten Akteure zunehmend Komplikationen
fest, die sich aus der Umsetzung der theoretischen Vorgaben in die Praxis
ergeben. Wegen der anfangs beschriebenen Bürokratieentwicklung und
der bislang kaum wettbewerbsbedrängten Position (vgl. 2.1 Bürokratie im
20. Jahrhundert und das Reformerfordernis) leiden die öffentlichen Ver-
waltungen nämlich unter einem ,,Flexibilitäts- bzw. Wandlungsdefizit"
42
,
was bedeutet, dass vorhandene Strategien und Ressourcen für den Moder-
nisierungsprozess nur bedingt tauglich sind. Es erscheint weitaus einfacher
den Ist-Zustand einer Verwaltung einschließlich ihrer bestehenden Prozes-
se und Strukturen zu analysieren und zu erkennen, dass Anpassungen not-
38
Vgl. Schmitz, 2000, 232.
39
Vgl. Bogumil, 2014, 41 [44].
40
Siedentopf: Führungskräfte in der Verwaltungsmodernisierung, in: DÖV 1998, 838.
41
Vgl. Fuchs: Das Management von Veränderung in der öffentlichen Verwaltung und ihrem Umfeld - Anregun-
gen aus der Praxis, in: Gattermeyer/Al-Ani (Hg.): Change Management und Unternehmenserfolg, 2001, 159
[161].
42
Vgl. Thom/Ritz, 2008, 51.
11

wendig sind als den tatsächlichen Reformschritt zu leisten um die Lücke
zum Soll-Zustand wirksam zu schließen.
43
Aufgrund dieser starken Fokus-
sierung auf vorher definierte Ziele, wie etwa der Einführung neuer Steue-
rungsmechanismen, welche innerhalb eines bestimmten Zeitraumes umge-
setzt werden sollen, wird dieser Entwicklungs- und Veränderungsprozess
auch häufig als ,,Change Management" bzw. ,,Veränderungsmanage-
ment" bezeichnet.
44
Trotz der teilweise synonymen Verwendung zur ,,Organisationsentwick-
lung", sind beide Begriffe nicht gleichzusetzen.
45
Der ursprüngliche An-
satz der Organisationsentwicklung (OE) ist historisch betrachtet dem
Change Management vorausgegangen und beruht im Wesentlichen auf
sozialwissenschaftlichen Aspekten. Die 1980 in Deutschland gegründete
Gesellschaft für Organisationsentwicklung (GOE) charakterisiert die OE
in ihrem Leitbild als ,,[...] einen längerfristig angelegten, organisations-
umfassenden Entwicklungs- und Veränderungsprozess von Organisationen
und der in ihr tätigen Menschen [, der auf dem] Lernen aller Betroffenen
[beruht] durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrungen. Sein Ziel
besteht in einer gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der
Organisation und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität)."
46
Primär
geht es hier also um die in einer Organisation arbeitenden Personen, deren
Verhalten maßgeblich zur Veränderungen der Organisation beiträgt. Thom
und Ritz führen dahingehend aus, dass sich zunächst ,,[...] Einstellungen,
Werte und Verhaltensweisen der Mitglieder eines sozio-technischen Sys-
tems [ändern müssen, ...] bevor das System selbst den Wandel vollziehen
kann"
47
.
43
Vgl. Schridde: Verwaltungskultur, Change Management und lernende Organisation, in: Blanke et al. (Hg.):
Handbuch zur Verwaltungsreform, 2005, 216.
44
Vgl. Doppler/Lauterburg: Change Management: Den Unternehmenswandel gestalten, 2014, 94. (künftig
zitiert: Doppler/Lauterburg, 2014)
45
Vgl. Niermeyer/Postall: Mitarbeitermotivation in Veränderungsprozessen. Psychologische Faktoren des
Change Managements, 2013, 36 f. (künftig zitiert: Niermeyer/Postall, 2013)
46
Gesellschaft für Organisationsentwicklung: Leitbild und Grundsätze der Gesellschaft für Organisationsent-
wicklung, 1980, o. S., zitiert nach: Doppler/Lauterburg, 2014, 89.
47
Vgl. Thom/Ritz, 2008, 92.
12

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783956366529
ISBN (Paperback)
9783956369964
Dateigröße
756 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen; Duisburg
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Note
1,3
Schlagworte
Mitarbeiter Motivation öffentliche Verwaltung Führungskräfte Change Management NPM New Public Management Neues Steuerungsmodell Verwaltungskultur Menschenbilder Leistungsanreize LOB Max Weber Bürokratie Neue Institutionenökonomie Public Choice Principal Agent Aktivierende Führung Transformationale FÜhrung Führung Transaktionale Transformationale Zielvereinbarung Kontraktmanagement Bass Personalentwicklung Konzept öffentlicher Dienst Haushalt
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