Lade Inhalt...

Deutsches Außensteuergesetz und EU-Recht aus deutscher Bankensicht

©2005 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit, die zu einer Reform der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung beitragen möchte, wird die Verträglichkeit der §§ 7 bis 14 AStG sowie des § 20 Abs. 2 AStG mit dem Europarecht untersucht. Damit wird ein, vielleicht sogar der zentrale Komplex des deutschen Außensteuergesetzes erörtert, dem aus Sicht international tätiger deutscher Banken erhebliche Bedeutung zukommt. Rechtsprechung und Literatur wurden bis zum Stand 31.05.2005 berücksichtigt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


III
4.3.6. Konsequenzen für die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung ... 48
5. Praktische Folgen der Unvereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit Eu-
roparecht ... 53
5.1. Nicht-Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung ... 53
5.2. Geltendmachung des gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsanspruchs ... 54
6. Modernisierung der Hinzurechnungsbesteuerung aus deutscher Bankensicht ... 56
6.1. Identifizierung von Handlungsbedarf ... 56
6.2. Konzept einer europarechtstauglichen Hinzurechnungsbesteuerung ... 59
7. Zusammenfassung ... 63
II. Literaturverzeichnis
... VIII
III. Rechtsquellenverzeichnis ... XVI
IV. Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen ... XVIII
V. Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen ... XIX
VI. Verzeichnis der anhängigen Verfahren ... XIX

IV
I. Abkürzungsverzeichnis
a.A.
anderer Ansicht
ABl.EG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
AEAStG Anwendungserlaß
zum
Außensteuergesetz (BMF-Schreiben v.
14.5.2004)
AG Aktiengesellschaft
Anm. Anmerkung(en)
AO Abgabenordnung
Art.
Artikel
AStG Außensteuergesetz
AStG-E Entwurf
eines
gemeinschaftskonformen Außensteuergesetzes
1
Aufl.
Auflage
Az. Aktenzeichen
BB
Betriebs-Berater (Zeitschrift)
Bd. Band
BDI Bundesverbands
der Deutschen Industrie
BFH
Bundesfinanzhof
BGBl. I
Bundesgesetzblatt, Teil I
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BStBl. I bis III Bundessteuerblatt, Teile I bis III
BT-Drucks. Drucksachen
des Deutschen Bundestags
Buchst. Buchstabe
bzw.
beziehungsweise
CFE Confédération
Fiscale Européenne
CFC
Controlled Foreign Company - auch Companies, Corporation(s)
d.h.
das heißt
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBA Doppelbesteuerungsabkommen
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DStRE Deutsches
Steuerrecht
Entscheidungen (Zeitschrift)
DStZ
Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)
EG
2
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (in der
durch den Amsterdamer Vertrag geänderten Fassung)
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften
einschl. einschließlich
Erg.-Lfg. Ergänzungslieferung
ET European
Taxation (Zeitschrift)
ETR
effective tax rate (Konzernsteuerquote)
EStG
Einkommensteuergesetz
EU Europäische
Union, European Union
EuGH Europäischer
Gerichtshof
EuGHE
Entscheidungssammlung des Gerichtshofes und des Gerichts erster
1
Schönfeld 2005, S. 639-643.
2
Zitierweise in Anlehnung an die vom EuGH seit 1.5.1999 verwendete; vgl. EuZW 2000, S. 14f. u.
URL: http://europa.eu.int/cj/de/content/juris/noteinfo.htm (30.5.2005).

V
Instanz der Europäischen Gemeinschaften
EURLUmsG Gesetz
zur
Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht
und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungs-
gesetz v.9. 12.2004 BGBl 2004 I S. 3310, BGBl 2004 I S. 3843)
EuZW Europäische
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
f. , ff.
folgende, fortfolgende
FAZ Frankfurter
Allgemeine Zeitung
FDI
Foreign Direct Investment
FG Finanzgericht
Fn. Fußnote
FR Finanzrundschau (Zeitschrift)
F/W/B
Flick, Hans; Wassermeyer, Franz; Baumhoff, Hubertus, Außensteu-
errecht Kommentar, Loseblatt, Redaktionsschluss: Oktober 2004
ggfs. gegebenenfalls
ggü. gegenüber
gem.
gemäß
GewSt Gewerbesteuer
GewStG Gewerbesteuergesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zeitschrift)
GuV Gewinn-
und
Verlustrechnung
HGB Handelsgesetzbuch
HVB HypoVereinsbank
AG
h.M. herrschende Meinung
Hrsg., hrsg.
Herausgeber, herausgegeben
IAS International
Accounting
Standard(s)
ibid.
ibidem (am angegebenen Ort)
i.d.F.
in der Fassung
IFD Initiative
Finanzstandort
Deutschland
IFSC
International Financial Services Centre (in Dublin/Irland)
insb. insbesondere
InvmG Investmentmodernisierungsgesetz v. 15.12.2003, BGBl 2003 I,
S. 2676
InvStG
Investmentsteuergesetz v. 15.12. 2003, BGBl Teil I 2003, S. 2724
i.S. im
Sinne
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
i.V.m.
in Verbindung mit
IWF Internationaler Währungsfonds
Jg. Jahrgang
Kap. Kapitel
KWG Kreditwesengesetz
Korb II-
Gesetz
Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung
zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz
(Korb II) v. 22.12.2003
KOM
Offizielle Dokumente der Europäischen Kommission
KSt Körperschaftsteuer

VI
KStG Körperschaftsteuergesetz
KStR Körperschaftsteuerrichtlinien
LB
Länderbericht (in der Zeitschrift IStR)
lit. litera
m.E. meines
Erachtens
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
n.F. neue
Fassung
nachf. nachfolgend
Nr.
Nummer
NWB Neue
Wirtschafts
Briefe (Zeitschrift)
OECD Organisation
for
Economic
Co-operation and Development
OFD Oberfinanzdirektion
RIW Recht
der
internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)
Rs. Rechtssache
Rspr. Rechtsprechung
Rz. Randzahl
S.
Seite
Schr. Schreiben
S/K/K
Strunk, Günther; Kaminski, Bert; Köhler, Stefan, Außensteuerge-
setz/Doppelbesteuerungsabkommen Kommentar, Loseblatt, Stand:
1. Erg.-Lfg., Bonn/Berlin 2005
Slg. Sammlung
sog.
sogenannte (r, s)
StÄndG Steueränderungsgesetz vom 25.2.1992 (BGBl. I 1992, S. 297)
StSenkG
Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unterneh-
mensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom 23.10.2000 (BGBl.
2000 I, S. 1433)
StuW
Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
StVergAbG Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.5.2003 (BGBl. I 2003, S.
660)
SWI
Steuer & Wirtschaft International (Zeitschrift)
Tz.
Textziffer
u. und
u.a. und
andere/unter
anderem/unter anderen
UntStFG
Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unter-
nehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) v. 20.12.2001 (BGBl. I,
S. 3858)
URL
Uniform Resource Locator
Urt.
Urteil
US-GAAP United
States
Generally Accepted Accounting Principles
v.
von/vom/vor
Verf. Verfasser
vgl.
vergleiche

VII
Vol. Volume
vs. versus
W/S/G
Wöhrle, Winfried; Schelle, Diether; Gross, Ekkehard (Hrsg,), Aus-
sensteuergesetz (AStG) Kommentar, Loseblatt, Stand Januar 2005
z.B.
zum Beispiel
Ziff. Ziffer(n)
zit. zitiert

1
,,Dieses AStG ist als eine perfekte lex im-
perfecta selbst von qualifizierten Steuer-
fachleuten nur in besonderen steuerlichen
Sternstunden erfaßbar."
Hollatz/Moebus, in: DB 13/1978, S. 605
1. Einleitung
1.1. Problemabgrenzung
Das 1972 verabschiedete und, wie im vorangestellten Zitat verdeutlicht, komplizierte
deutsche Außensteuergesetz zielt als steuerliche Abwehrgesetzgebung darauf ab, dass in
Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige keine Steuerbemessungsgrundlagen in nied-
rig besteuernde Staaten verlagern. Obwohl sich seit der Einbindung der deutschen
Rechtsordnung in die Verträge über die Europäische Union und die Europäische Ge-
meinschaft die Frage nach der Europarechtskonformität des Außensteuergesetzes stellt,
setzen sich die steuerlich handelnden Akteure erst seit kurzem mit den Auswirkungen
der Grundfreiheiten auf die deutsche Unternehmensbesteuerung auseinander. Der Grund
liegt darin, dass die deutsche Unternehmensbesteuerung durch die EuGH-
Rechtsprechung zu den direkten Steuern teilweise fragwürdig geworden ist.
1
In der vorliegenden Arbeit wird nur die Verträglichkeit der §§ 7 bis 14 AStG sowie des
§ 20 Abs. 2 AStG mit dem Europarecht untersucht. Der weiter gefasste Titel dieser Ar-
beit erfährt somit eine Einschränkung auf die in diesen Paragraphen geregelte Hinzu-
rechnungsbesteuerung. Damit wird ein, vielleicht sogar der zentrale Komplex des deut-
schen Außensteuergesetzes
2
erörtert, dem aus Sicht international tätiger deutscher Ban-
ken erhebliche Bedeutung zukommt.
Alle anderen Regelungen des Außensteuergesetzes werden von der Betrachtung ausge-
klammert, insbesondere der Körperschaften betreffende § 1 AStG, der grenzüberschrei-
tenden Gewinnverlagerungen im Wege der Verrechnungspreisbestimmung unter Nut-
zung des internationalen Steuergefälles entgegenwirken soll.
3
Eine eingehende Erörte-
rung dieses eigenen Themenkomplexes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Die
im Schrifttum erörterten verfassungs- und völkerrechtlichen Bedenken zur deutschen
1
Vgl. Rödder, in: DStR 39/2004, S. 1629-1634.
2
Vgl. Telkamp, in: StuW 2/1972, S. 108, der die Hinzurechnungsbesteuerung als ,,Kernstück" des AStG
bezeichnet.
3
Da über die Hälfte des Welthandels zwischen Unternehmen abgewickelt wird, besteht ein sehr großes
Gewinnverlagerungspotential. Siehe dazu die Ausführungen v. Frotscher 2001, S. 267-269. Zu Fragen
der Europarechtskonformität des § 1 AStG siehe z.B. Thiel, in: DB 49/2004, S. 2607 und Wassermeyer,
in: GmbHR 10/2004, S. 616.

2
Hinzurechnungsbesteuerung werden in dieser Arbeit ebenfalls nicht berücksichtigt,
4
weil
in den Mittelpunkt der folgenden Ausführungen die vom Vertrag zur Gründung der Eu-
ropäischen Gemeinschaft garantierten Grundfreiheiten des Rechts der freien Niederlas-
sung, des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs gestellt werden.
Der Diskussion der Auswirkungen der in der EuGH-Rechtsprechung zu den direkten
Steuern entwickelten Rechtsgrundsätze wird im Schrifttum ein unvergleichlich höheres
Gewicht beigemessen als den verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Bedenken.
Letztere werden zwar seit der Streichung der den Schutz der Doppelbesteuerungsab-
kommen garantierenden §§ 10 Abs. 5 bis 7 AStG durch das 2003 verabschiedete Steuer-
vergünstigungsabbaugesetz verstärkt diskutiert
5
, haben aber bislang kaum an praktischer
Relevanz gewonnen
6
und sollen auch deshalb in dieser Arbeit nicht untersucht werden.
Da die §§ 2 bis 6 AStG
7
und § 15 AStG
8
natürliche Personen bzw. Familienstiftungen
betreffen, werden sie in der vorliegenden Untersuchung ausgeklammert. Rechtsprechung
und Literatur wurden bis zum Stand 31.05.2005 berücksichtigt.
1.2. Gang der Untersuchung
Eingangs wird auf die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit der deutschen Banken
eingegangen. Auch die international tätigen Geldinstitute nutzen im Zuge des globali-
sierten Wettbewerbs zunehmend das internationale Steuergefälle, wodurch Fragen der
Hinzurechnungsbesteuerung für sie ­ insbesondere auch nach mehrfacher gesetzlicher
4
Siehe dazu den Überblick v. Wassermeyer in F/W/B, AStG, Vor §§ 7-14, Rz. 71-77; Köhler in: S/K/K,
AStG, Vorbemerkungen zu §§ 7 bis 14 AStG, Rz. 74. Köhler sieht die Hinzurechnungsbesteuerung
grundsätzlich als verfassungskonform an.
5
Siehe dazu die Dissertation von Bille 2004, S. 179-260; Wassermeyer in F/W/B, AStG, Vor §§ 7-14, VII.
Verhältnis zu DBA, Rz. 101-105; Köhler in: S/K/K, AStG, Vorbemerkungen zu §§ 7 bis 14 AStG, Rz.
66-73.
6
So Köhler in: S/K/K, AStG, Vorbemerkungen zu §§ 7 bis 14 AStG, Rz. 74.
7
Aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland, das nach dem
EuGH-Urteil v. 11.3.2004 zur französischen Wegzugbesteuerung (Rs. Lasteyrie du Saillant) fortgesetzt
wurde, hat die Bundesregierung mittlerweile einen Gesetzesentwurf zur EU-rechts-konformen Änderung
des § 6 AStG eingebracht. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes führt die EU-Kommission das Vertrags-
verletzungsverfahren nicht fort (BT-Drucks. 15/5078); siehe NWB v. 09.05.2005, S. 1534 f. Im BMF-
Schreiben v. 8.6.2005, IV B 5 - S 1348 - 35/05, wird die EG-rechtskonforme Anwendung des § 6 AStG
für die Finanzverwaltung bindend gemacht. Zum viel diskutierten EuGH-Urteil siehe Körner in: IStR
12/2004, 424 ff.
8
Vgl. Kellersmann/Schnitger, in: IStR 8/2005, die ausführlich die europarechtliche Bedenken hinsichtlich
der Besteuerung ausländischer Familienstiftungen zusammengetragen haben. Damit stehen alle Normen
des AStG in Verdacht, europarechtswidrig zu sein; vgl. den Abschnitt AStG in der Checkliste von Kess-
ler/Spengel in: DB 43/2004, Beilage 6/2004, S. 7.

3
Verschärfung des Außensteuergesetzes
9
­ eine verstärkt praktische Bedeutung gewon-
nen haben. Die Nutzung des internationalen Steuergefälles wird am Indikator der Kon-
zernsteuerquote veranschaulicht. Anschließend wird das Spannungsverhältnis zwischen
Steuerwettbewerb und Steuerharmonisierung erörtert, in dem sich die Mitgliedstaaten
der Europäischen Union untereinander und im Verhältnis zu EU-Drittstaaten befinden.
Die darauf folgende Thematisierung von Maßnahmen gegen einen schädlichen Steuer-
wettbewerb leitet über zu der im deutschen Außensteuergesetz normierten Hinzurech-
nungsbesteuerung.
Im dritten Kapitel schließt sich die Darstellung der wesentlichen Elemente der §§ 7-14
AStG und § 20 Abs. 2 AStG an. Neben der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung
und dem Aktivitätskatalog des § 8 Absatz 1 AStG wird dabei die seit 1993 geltende ver-
schärfte Hinzurechnungsbesteuerung für Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter
sowie die durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz mit Wirkung ab 2003 erfolgte
Aufhebung der §§ 10 Abs. 5 bis 7 AStG und Verschärfung des § 20 Abs. 2 AStG erör-
tert.
Im vierten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, werden die für die Untersuchung der Eu-
ropatauglichkeit der Hinzurechnungsbesteuerung wichtigsten Grundfreiheiten des Euro-
parechts behandelt. Es wird dabei auf die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten
Steuern eingegangen, aus denen sich die Unvereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteue-
rung mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben könnte. Da diese Problematik dann an Ge-
wicht gewinnt, wenn der EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen zur Frage der
Vereinbarkeit der britischen CFC-Gesetzgebung mit dem Europäischen Recht entschie-
den hat, werden die Rechtssache ,,Cadbury Schweppes" eingehend dargestellt und die
denkbaren Konsequenzen dieses Verfahrens für die §§ 7 ff. AStG und § 20 Abs. 2 AStG
betrachtet.
Im fünften Kapitel wird auf die Rechtsfolgen der möglichen Unvereinbarkeit der deut-
schen Hinzurechnungsbesteuerung mit dem Gemeinschaftsrecht eingegangen. Es wird
die Unanwendbarkeit der betreffenden Regelungen im Außensteuergesetz sowie die
Geltendmachung des gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsanspruchs thematisiert. Im
Schlusskapitel werden schließlich die Möglichkeiten einer Modernisierung und europa-
rechtskonformen Reform der Hinzurechnungsbesteuerung aus Sicht der deutschen Ban-
ken dargestellt.
Am Ende der Arbeit findet sich eine thesenartige Schlussbetrachtung.
9
Zuletzt insbesondere durch die Streichung des DBA-Schutzes in § 10 Abs. 5 AStG durch das StVergAbG
v. 16.5.2003 und die Verschärfung des § 14 Abs. 1 AStG durch das Korb II-Gesetz v. 22.12.2003. Vgl.
den kurzen Überblick in: W/S/G, AStG, Aktuelles, S. 18/1 bis 18/14.

4
2. Internationalisierung und Steuergefälle
2.1. Globalisierung des deutschen Bankensektors und Investitionen in Niedrigsteu-
erländern
Einem Forschungsbericht der Deutschen Bundesbank zufolge hat sich in der zweiten
Hälfte der neunziger Jahre die Globalisierung deutscher Banken stark beschleunigt.
10
Eine große Zahl deutscher Kreditinstitute tätigt grenzüberschreitende Direktinvestitionen
und bietet Dienstleistungen im Ausland an. Die wachsenden Auslandsaktivitäten der
deutschen Kreditinstitute haben die Integration der internationalen Finanzmärkte geför-
dert und die Globalisierung des Bankensystems vorangetrieben.
11
Empirische Untersuchungen zeigen, dass deutsche Banken sowohl grenzüberschreitende
Dienstleistungen wie Kreditgewährung an ausländische Kunden und das Anbieten von
Beratungsleistungen im Ausland als auch ausländische Direktinvestitionen wie die Er-
richtung von Niederlassungen oder der Erwerb ausländischer Beteiligungen zwischen
1989 und Ende 2004 mehr als versechsfacht haben.
12
Mit 2,3 Billionen EUR hatten die
deutschen Kreditinstitute Ende 2004 die höchsten Auslandsforderungen weltweit.
13
Die
grenzüberschreitenden Zins- und Provisionszahlungen sind im Jahr 2004 gegenüber dem
Ende der achtziger Jahre nach Schätzungen der Deutschen Bundesbank auf das 2½-
fache angestiegen.
14
Die deutschen Banken hielten über 100 Mrd. EUR Beteiligungska-
pital bei Niederlassungen im Ausland.
15
Die Investitionen erfolgen nicht nur in Kreditin-
stitute sondern auch in großem Umfang in Kapitalanlagegesellschaften sowie im Bereich
der mit dem Kredit- und Versicherungsgewerbe verbundenen Tätigkeiten, bei Beteili-
gungsgesellschaften, dem Grundstückswesen und in Instituten für Finanzierungsleasing.
Die folgende Abbildung zeigt die Regionalstruktur der 14 wichtigsten Bestimmungslän-
der der ausländischen Direktinvestitionen (FDI) und grenzüberschreitenden Dienstleis-
tungen (Zinseinnahmen, Provisionen) deutscher Banken im Jahr 2000. Daraus geht her-
vor, dass die 3 bedeutendsten Länder für Auslandsaktivitäten deutscher Banken die
10
Siehe Buch/Lipponer 2004, die eine erste umfassende Beurteilung auf Grundlage bankspezifischer Ein-
zeldaten liefern. Für das Jahr 2000 z.B. wurden Berichte von 1150 ausländischen Töchtern in über 60
Ländern berücksichtigt, 350 Berichte über ausländische Direktinvestitionen und 13500 Berichte über
grenzüberschreitende Leistungen an 185 Ländern.
11
vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Januar 2005, S. 41.
12
Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Januar 2005, Direktinvestitionen und grenzüberschreitende
Dienstleistungen deutscher Banken, S. 29 ff., hier S. 30.
13
ibid., S. 31.
14
Im Jahr 2001 betrugen sie schon einmal fast das Dreieinhalbfache von 1989; Deutsche Bundesbank,
Monatsbericht Januar 2005, S. 31.
15
ibid.

5
USA, Luxemburg und Großbritannien sind, wobei letzteres Land in Bezug auf Zins- und
Provisionseinnahmen vor den USA liegt.
Abbildung: Regionalstruktur der 14 wichtigsten Bestimmungsländer ausländischer Direktinvestitionen
(FDI) und grenzüberschreitender Dienstleistungen deutscher Banken (Jahr 2000)
Quelle: Buch/Lipponer 2004, S. 14
Als Niedrigsteuerländer, d.h. Länder mit einem Ertragsteuersatz von unter 25% gem.
geltendem § 8 Abs. 3 AStG, zählen von den 14 wichtigsten Bestimmungsländern der
Auslandsaktivitäten deutscher Banken Cayman Islands (0%), Hongkong (17,5%), Irland
(12,5%), Polen (19%), Singapur (22%) und teilweise die Schweiz (zwischen 14 % und
30%).
16
Irland und Polen sind Mitglieder der EU. Irland steht mit seinen IFSC-Rege-
lungen
17
im Mittelpunkt des Interesses internationaler Kapitalanlage- und Finanzie-
rungsgesellschaften und war auch Auslöser für die Verschärfung der Hinzurechnungsbe-
steuerung durch das StÄndG im Jahr 1992.
18
Polen gehört zu den Ländern, die ihren
Ertragsteuersatz in den letzten Jahren deutlich reduziert haben und zusammen mit den
anderen neuen EU-Mitgliedsländern ein Wettrennen um niedrige Steuersätze innerhalb
der EU entfacht haben.
19
Folge dieses Wettrennens ist der am 04.05.2005 vom Bundes-
kabinett verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Rah-
16
Die Ertragsteuersätze sind Ernst & Young, Worldwide Corporate Tax Guide 2004 entnommen und be-
ziehen sich auf das Jahr 2004.
17
International Financial Service Centre. Sec. 39B Abs. 2 Irish Finance Act. Irland führte 1987 eine Vor-
zugsbesteuerung für internationale Finanzdienstleistungsgesellschaften ein, die sich im ehemaligen Ha-
fengebiet Dublins (Customs House Docks Area - CHDA) ansiedelten und im Schrifttum seither als Dub-
lin-Dock-Gesellschaften bezeichnet werden. Bedingung ist u.a., dass die Gesellschaft zur Entwicklung
der CHDA beiträgt. Siehe Wassermeyer, in: F/W/B, AStG, § 7, Rz. 3.8 bis 3.12.
18
Vgl. Gundel, IStR 2/1993, S. 50 und Scherer 1995, S. 196-199 m.w.N.
19
Vgl. FAZ, Niedrige Steuersätze sollen Investoren anlocken, 25.1.2005, S. 12; Handelsblatt, EU-Neumit-
glieder erzwingen Steuersenkungen, 7.4.2005, S. 6; BMF Monatsbericht 9/2004, S. 35.

6
menbedingungen, mit dem der in § 23 Abs. 1 KStG festgelegte Körperschaftsteuersatz
von gegenwärtig 25% auf 19% gesenkt werden soll.
20
Entsprechend sieht der im Ent-
wurf geänderte § 8 Abs. 3 AStG eine Niedrigbesteuerung erst bei einer tatsächlichen
Ertragsteuerbelastung der Einkünfte der ausländischen Gesellschaft von weniger als
19 % vor.
21
Da die deutschen Banken im Jahr 2004 lediglich 6% ihrer Forderungen und Verbindlich-
keiten gegenüber Betriebsstätten und Tochtergesellschaften in Offshore-Bankenzentren
hatten
22
, wäre es auf Basis dieser Zahl typisierend, von Steuerflucht zu sprechen. Viel-
mehr geht es den international tätigen Kreditinstituten darum, im globalen und regiona-
len Wettbewerb innerhalb der spezifischen Gruppe ihrer Wettbewerber optimale Dienst-
leistungen und Produkte für Kunden anzubieten und gleichzeitig die eigene Attraktivität
auf den Kapitalmärkten zu steigern sowie die eigene Wettbewerbsposition zu sichern
oder auszubauen.
2.2. Bedeutung und Management der Konzernsteuerquote
Die zuvor dargestellte Problematik der mit dem globalisierten Wettbewerb zusammen-
hängenden Auslandsinvestitionen deutscher Banken in Niedrigsteuerländern kann für
berichtspflichtige, börsennotierte Unternehmen an der Konzernsteuerquote verdeutlicht
werden. Da die ausgewiesene Konzernsteuerquote (,,effective tax rate") einen Einfluss
auf die Marktkapitalisierung und somit auf den Unternehmenswert hat, erlangt sie zu-
nehmend im Wettbewerb um Kapital an Bedeutung.
23
Sie wird dargestellt als der Quoti-
ent aus der ausgewiesenen Ertragsteuerbelastung und dem Jahresergebnis vor Steuern.
24
20
Siehe Merker, NWB 20/2005, S. 1629.
21
Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen
Standortbedingungen, Art. 4, Änderung des Außensteuergesetzes. In ihrer Begründung geht die Bundes-
regierung davon aus, dass sich bei diesem Tarif ,,eine Gewinnverschiebung in ein anderes EU-Land viel-
fach steuerlich nicht mehr lohnt." Siehe S. 8 des Gesetzesentwurfs. Das Gesetz sollte am 1.1.2006 in
Kraft treten. Allerdings ist aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen zum 16. Deutschen Bundestag nicht
mehr damit zu rechnen, dass der Gesetzentwurf einvernehmlich von Bundestag und Bundesrat beschlos-
sen wird; siehe FAZ Nr. 144 v. 24.6.2005, S. 11, Entlastung der Unternehmen gescheitert.
22
Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Januar 2005, S. 30. Es existiert keine einheitliche Definition
eines Banken- oder Finanz-Offshore-Zentrums. Im Schrifttum werden folgende Besonderheiten genannt:
(1) übermäßiges Gewicht des Finanzsektor einer Jurisdiktion gegenüber der heimischen Wirtschaft; (2)
überwiegende Zahl der Transaktionen wird für Kunden anderer Jurisdiktionen ausgeführt; (3) geringe
oder keine Besteuerung; (4) schwache Finanzaufsicht und (5) die Gewährleistung von Anonymität, vgl.
Darbar/Johnston/Zephirin 2003, S. 32. Die Konkurrenz der zahlreichen Finanz-Offshore-Zentren unter-
einander um internationale Gelder führte zu einer Ausdifferenzierung der angebotenen Finanzaktivitäten;
siehe dazu die Übersicht in Darbar/Johnston/Zephirin, Finance & Development, Sept. 2003, S. 33.
23
Vgl. Kröner/Benzel 2004, S. 702; Kuhn/Röthlisberger/Niggli, Der Schweizer Treuhänder 8/2003, S. 636.
24
Vgl. Kröner/Benzel 2004, S. 703; zur Ermittlung im Konzernabschluss siehe auch Herzig/Dempfle, DB
1/2002, S. 2 ff. Der Steueraufwand im Konzern setzt sich vor allem aus den laufenden und latenten Steu-
ern zusammen. Letztere sind gewichtiger als die laufenden Steuern; vgl. Kröner/Benzel 2004, S. 707ff.
Im Bereich der latenten Steuern stimmen IAS und US-GAAP weitgehend überein; vgl. Herzig/Dempfle,
DB 1/2002, S. 2 f.

7
Ein Einflussfaktor auf die Konzernsteuerquote ist ,,der gewichtete durchschnittliche Er-
tragsteuersatz der verschiedenen Konzerneinheiten in unterschiedlichen Jurisdiktionen
im internationalen Konzern."
25
Dieser Treiber der Konzernsteuerquote hängt davon ab,
wie die Konzernerträge auf Hoch- bzw. Niedrigsteuerländer verteilt sind.
26
Ist die im
Ausland entstehende Ertragsteuer insgesamt geringer als der inländische Steuersatz, liegt
die Konzernsteuerquote insoweit unter dem inländischen Steuersatz.
Die folgende Übersicht zeigt die Auswirkung von Steuersatzdifferenzen auf ausländi-
sche Ergebnisse in den Jahren 2003 und 2004 bei den größten deutschen Privatbanken:
in Mio EUR
Deutsche Bank AG
HVB Group
Dresdner Bank AG
Commerzbank AG
Rechnungslegungsmethode US-GAAP
IAS
IAS
IAS
Jahr
2004 2003 2004 2003 2004 2003 2004 2003
Ertragsteuersatz in Deutsch-
land
39,2 40,5
26,4 (a)
28,0 (a)
39,9
39,9 39,9
39,9
Erwarteter Steueraufwand
1.579
1.116
-601
-470
-24
-819
330
-790
Ausgewiesener Steuerauf-
wand
1.557 1.542
211
296
-162
-895 353 249
Unterschiedsbetrag
-22 426
812
766
-138
-76
23
1.039
davon u.a. (d):
Steuersatzdifferenzen auf
ausländische Ergebnisse
-126
-298
-85
32
36 (b)
-78 (b)
-41
-28
Steuerbefreite Einnahmen
-330
-637
-172
-343
-123
224
-347 (c)
741 (c)
Nicht abziehbare Aufwen-
dungen
312 647
71
604
1
-6
(a) ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuer, welche die HVB Group unter dem Punkt ,,Steuereffekte aus unterschiedlichen Rechts-
normen" in der Überleitungsrechnung von der rechnerischen zur tatsächlichen Ertragsteuerbelastung ausweist.
(b) Die unterschiedlichen ausländischen Steuersätze werden in der Überleitungsrechnung der Dresdner Bank als sonstige steuerliche Zu-
und Abrechnungen erfaßt.
(c) zusammengefasst, da nicht getrennt ausgewiesen.
(d) Es wurden nicht alle Größen aus der Analyse des Unterschiedsbetrags in den jeweiligen Geschäftsberichten in der Übersicht berück-
sichtigt.
Quelle: Geschäftsberichte 2003 und 2004, eigene Zusammenstellung.
Mit zwei Ausnahmen ­ Dresdner Bank AG im Jahr 2004 und HVB Group im Jahr 2003
­ trugen die unterschiedlichen Steuersätze im Ausland dazu bei, die rechnerische Ertrag-
steuerbelastung zu verringern. Im Geschäftsjahr 2004 lag z.B. bei der Commerzbank AG
die Bandbreite der ausländischen Ertragsteuersätze zwischen 0% und 46%
27
. Zwar redu-
zieren einerseits die ausländischen Steuersatzunterschiede den erwarteten Steueraufwand
im Konzern. Andererseits muss jedoch bemerkt werden, dass diese Differenzen im Ver-
hältnis zu anderen Einflussfaktoren auf die Konzernsteuerquote, wie steuerbefreite Ein-
25
Kröner/Benzel, S. 706. Die Autoren identifizieren insgesamt neun Treiber der Konzernsteuerquote.
26
ibid., S. 707
27
Siehe Erläuterung Nr. 40 im Geschäftsbericht 2004 der Commerzbank AG.

8
nahmen und nicht abziehbare Betriebsausgaben, in der Regel geringer sind und nicht den
wichtigsten Treiber der Konzernsteuerquote darstellen.
28
Mit der Abschaffung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren durch die in
2001 eingeleitete Unternehmenssteuerreform in Deutschland
29
sind ausländische Be-
teiligungserträge nach § 8 b Abs. 1 KStG von der inländischen Besteuerung ausge-
nommen; lediglich 5% der Beteiligungserträge unterliegen als nicht abzugsfähige Be-
triebsausgaben gemäß § 8 b Abs. 5 KStG der Besteuerung. Zusammen mit der Absen-
kung des Körperschaftsteuersatzes auf 25% hat sich "für deutsche Investoren das größte
Hindernis zur Nutzung des internationalen Steuergefälles beseitigt."
30
Wie wichtig die
steuerbefreiten Beteiligungserträge für die Reduzierung der Konzernsteuerquote sind,
geht auch aus der vorherigen Tabelle hervor.
31
Wie die folgende Tabelle zeigt, lag trotz der beträchtlichen Auswirkung der Unterneh-
menssteuerreform auf die Konzernsteuerquote z.B. im Geschäftsjahr 2004 die tatsächli-
che Ertragsteuerbelastung der größten deutschen Bank deutlich über derjenigen einiger
ihrer wichtigsten Mitbewerber:
Sitzland der Konzern-
muttergesellschaft
Währung
Ergebnis
vor Steuern
Steuer-
aufwand
ETR
UBS Schweiz
in Mio CHF
10.674
2.135
20,00%
ING Group Niederlande
in Mio EUR
8.009
1.769
22,09%
Credit Suisse Schweiz
in Mio CHF
5.628
1.441
25,60%
HSBC Holdings Großbritannien
in Mio USD
17.605
4.507
25,60%
Citigroup USA
in Mio USD
24.182
6.909
28,57%
BNP Paribas Frankreich
in Mio EUR
6.905
2.237
32,40%
Deutsche Bank AG
Deutschland
in Mio EUR
4.029
1.557
38,64%
Quelle: Geschäftsberichte 2004, eigene Zusammenstellung.
Die im Schrifttum vertretene Auffassung, dass modernes Steuermanagement insbeson-
dere die Chancen nutzt, die der internationale Steuerwettbewerb der Staaten bietet,
32
muss dahingehend relativiert werden, dass die Konzernsteuerabteilung auch beeinfluss-
bare Größen wie die Minimierung der Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben, die
Nutzung von Steueranrechnungsbeträgen sowie die Sicherung aktiver latenter Steuer-
28
Siehe Köhler/Benzel 2004, S. 706-707, Rz. 8 für eine Auflistung der Einflussfaktoren auf den Verlauf
der Konzernsteuerquote.
29
StSenkG v. 23.10.2000, fortgeführt durch das UntStFG v. 20.11.2001 und durch das StVErgAbG v.
16.05.2003
30
Herzig/Dempfle, DB 1/2002, S. 5. Vgl. auch Spengel 2004, S. 24.
31
Angemerkt sei, dass eine Zusatzbelastung durch Gewerbesteuer bei Dividendenzahlungen aus Nicht-EU-
Ländern eintreten kann (§ 8 Nr. 5 i.V.m. § 9 Nr. 7 GewStG).
32
Vgl. Herzig/Dempfle, DB 1/2002, S. 5.

9
guthaben (Verlustvorträge) zur Reduzierung der Konzernsteuerquote beachten muss.
33
2.3. Steuerwettbewerb versus Steuerharmonisierung
Infolge zahlreicher Null- und Niedrigsteuerländer weltweit
34
kommt es im Rahmen der
zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft zu einem verstärkten Steuerwettbe-
werb der Staaten. Insbesondere Finanzaktivitäten können leicht von einem Standort an
einen anderen verlagert werden.
35
In Europa stellt sich wegen der Vielzahl der nationa-
len Steuersysteme der Mitgliedstaaten die Frage, ob diese stärker vereinheitlicht werden
sollen oder ob im Binnenmarkt das Primat des Steuerwettbewerbs gelten soll.
36
Steuerwettbewerb könnte im Sinne von Hayek analog zum Preiswettbewerb als Entde-
ckungsverfahren begriffen werden, welches das Verhältnis von Steuerbelastung und
öffentlichem Leistungsangebot verbessert und die Staatstätigkeit auf ein effizientes Maß
begrenzt.
37
Für Steuerharmonisierung spricht andererseits die Vermeidung eines wech-
selseitigen Unterbietungswettlaufs bei der Besteuerung mobiler Faktoren.
38
Das von der
EU-Kommission verfolgte Projekt einer Vereinheitlichung der körperschaftsteuerlichen
Bemessungsgrundlage als Voraussetzung für eine europaweite Konzernbesteuerung
kann zur Planungssicherheit, Vermeidung von Doppelbesteuerungen und Reduzierung
von Verwaltungsaufwand für in der EU ansässige Unternehmen führen.
39
Aus Sicht des
globalen Steuerwettbewerbs der Staaten kann aber eine europäische Lösung der Steuer-
harmonisierung nicht verhindern, dass international tätige Konzerne hoch mobile Fi-
nanz- und andere Dienstleistungstätigkeiten in niedrig- und nichtbesteuernde Drittländer
verlagern. Entweder beschließen die EU-Mitgliedstaaten dann gemeinsame Abwehr-
maßnahmen gegen solche Verlagerungen oder die EU lässt sich auf einen Steuerwettbe-
werb mit Drittstaaten ein.
40
33
Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die Konzernsteuerabteilung mit ihrer Arbeit keineswegs alle
Treiber der Konzernsteuerquote beeinflussen kann; vgl. Kröner/Benzel 2004, S. 703, Rz. 2.
34
Vgl. die Übersicht in Anlage 1 des BMF-Schreiben v. 14.05.2004, die 30 Gebiete mit niedrigen Steuers-
ätzen und Steuervergünstigungen im europäischen und 85 Gebiete im außereuropäischen Raum auflistet
(auf Basis des Jahres 2003).
35
Vgl. z.B. die als ,,Umzug des Kapitals" bezeichnete Verlagerung eines Teils des Finanzkapitals aus den
USA in das irische IFRS aufgrund veränderter steuerlicher Bedingungen; siehe Scherer, S. 196 f. u. S.
243
36
Zur Diskussion vgl. Hey, StuW 3/2004, S. 203-206.
37
Vgl. Geurts/Quitzau 2003, S. 9 ff.
38
Vgl. European Parliament, Tax competition in the European Union, 1998, S. V.
39
Vgl. Europäische Kommission 2001, Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse, KOM 582 v.
23.10.2001 und dies. 2003, Ein Binnenmarkt ohne unternehmenssteuerliche Hindernisse. Ergebnisse, Ini-
tiativen, Herausforderungen, KOM 726 v. 24.11.2003. In dieser Mitteilung wird die Anpassung der Un-
ternehmensbesteuerung in der EU als Notwendigkeit betrachtet, um ,,echte Binnenmarktverhältnisse" zu
schaffen; vgl. Geurts/Quitzau 2003, S. 14.
40
Vgl. Hey, StuW 3/2004, S. 205.

10
2.4. Maßnahmen gegen schädlichen Steuerwettbewerb
Wenn Staaten in der Konkurrenz um Investitionen Mittel einsetzen, die nicht mehr als
fair bezeichnet werden können, kommt es zu schädlichem Steuerwettbewerb.
41
Dieser
kann definiert werden ,,als das Ergebnis staatlicher Vermeidung oder Hinterziehung,
wodurch die Fiskalinteressen anderer geschädigt werden."
42
Mit Vermeidung ist ein
Vorgehen gemeint, das die Umgehung von Vereinbarungen und Verträgen bezweckt;
43
Hinterziehung bedeutet die aktive Unterstützung beim Verbergen ausländischen Ein-
kommens und Vermögens, wodurch das Besteuerungsinteresse von Drittstaaten verletzt
wird.
44
Angesichts dieser Situation haben internationale Organisationen wie die OECD und die
EU Regeln
45
zur Verhinderung des schädlichen Steuerwettbewerbs aufgestellt. Der
OECD-Bericht über schädlichen Steuerwettbewerb
46
beschreibt Indikatoren für wettbe-
werbsschädliche Steuerpraktiken der Steuerparadiese (,,tax havens"
47
) sowie der schäd-
lichen steuerrechtlichen Vorzugsregelungen (,,harmful preferential tax regimes"
48
) in
OECD- und Nicht-OECD-Mitgliedstaaten. Zwar gehören zu den im Bericht enthalten
Empfehlungen für die Regierungen der OECD-Mitgliedstaaten auch Maßnahmen der
Hinzurechnungsbesteuerung (,,CFC or equivalent rules"),
49
insofern diese geeignet sind,
die im Bericht definierten schädlichen Steuerpraktiken zu beschränken. Es wird aber
sehr wohl darauf hingewiesen, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung auch Sachverhalte
treffen kann, die im Bericht nicht als steuerschädlich bestimmt wurden.
50
Der von der EU 1997 verabschiedete Verhaltenskodex
51
soll unfairen Wettbewerb bei
der Unternehmensbesteuerung zwischen EU-Mitgliedsstaaten beseitigen. Es handelt sich
um eine politische Übereinkunft, welche die Mitgliedstaaten nur politisch, aber nicht
rechtlich verpflichtet. In einem Katalog werden potentiell schädliche Maßnahmen der
41
Vgl. Frotscher 2001, S. 10.
42
Rosembuj, Intertax 10/1999, S. 318.
43
ibid., S. 316.
44
ibid., S. 318.
45
Diese Regeln sind nicht verbindlich im Sinne eines völkerrechtlichen Vertrages. Rosembuj 1999, S. 319
bezeichnet sie daher als ,,latentes Recht"; Wartenburger, IStR 4/2001, S. 400 zieht den Begriff ,,soft law"
vor.
46
Vgl. OECD, Harmful Tax Competition. An Emerging Global Issue, 1998 (nachf. zit. als OECD-Bericht).
47
Vgl. Kapitel 2, Abschnitt 2 b) des OECD-Berichts, S. 22 ff.
48
Vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3 a) des OECD-Berichts, S. 26 ff.
49
Vgl. OECD-Bericht 1998, S. 40-42.
50
In diesem Fall erkennt die OECD das Recht der Mitgliedstaaten an, solche Regelungen zu verwenden;
vgl. OECD-Bericht 1998, S. 41, Abschnitt 98.
51
Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom
1.12.1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, ABl.EG 6.1.1998 C2/01, An-
hang 1, S. 2 ff.

11
Mitgliedstaaten aufgezählt. Der Verhaltenskodex betrifft steuerliche Regelungen
52
, ,,die
den Standort für wirtschaftliche Aktivitäten in der Gemeinschaft spürbar beeinflussen
oder beeinflussen können."
53
Entscheidend zur Beurteilung schädlicher Steuerpraktiken
ist dem Verhaltenskodex zufolge allein, ob eine Gewinnverlagerung durch eine präferen-
tielle Besteuerung
54
veranlasst wurde oder ob sie jeglicher wirtschaftlicher Substanz
55
entbehrt und als Missbrauch der Grundfreiheiten einzuordnen ist. Eine Vorzugsbesteue-
rung liegt vor, wenn die Effektivbesteuerung in einem Staat niedriger als die in diesem
Staat übliche ist. Ein schädliches Besteuerungsniveau kann sich dabei ,,aus dem Steu-
ertarif, der Steuerbemessungsgrundlage oder aus anderen vergleichbaren Faktoren erge-
ben."
56
Vergleichsmaßstab ist ausdrücklich nicht das möglicherweise niedrigere Steu-
erniveau eines anderen Mitgliedstaates, denn der Verhaltenskodex bezieht sich nur auf
Vorzugsregelungen, die ein Mitgliedstaat in seinem eigenen System gewährt. Der EU-
Verhaltenskodex empfiehlt nicht direkt Maßnahmen der CFC-Gesetzgebung, sondern
sieht die grundlegende Bedeutung von Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung in den
Steuergesetzen der EU-Mitgliedsländer bei der Steuervermeidung und Steuerhinterzie-
hung.
57
Die im OECD-Bericht empfohlenen Maßnahmen und der EU-Verhaltenskodex sind an
die Staaten adressiert, während sich die im AStG verankerte Hinzurechnungsbesteue-
rung an die Steuerpflichtigen richtet. Im folgenden Kapitel erfolgt nun die Erörterung
des aktuellen Grundkonzepts dieser Hinzurechnungsbesteuerung, wobei insbesondere
auf die Problemkreise aus Sicht der deutschen Banken eingegangen wird.
52
Dazu zählen lt. Erläuterung in Abschnitt A des EU-Verhaltenskodex Rechts- und Verwaltungsvorschrif-
ten sowie Verwaltungspraktiken.
53
EU-Verhaltenskodex, Abschnitt A.
54
Vgl. Abschnitt B des EU-Verhaltenskodex.
55
Vgl. EU-Verhaltenskodex, Abschnitt B Ziffer 3.
56
EU-Verhaltenskodex, Abschnitt B.
57
Vgl. EU-Verhaltenskodex, Abschnitt L.

12
3. Die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung aus Sicht der Banken
Das Außensteuergesetz
58
hat seit seiner Einführung im Jahr 1972 im Wesentlichen das
Ziel, die Steuerflucht aus Deutschland zu erschweren.
59
Der deutsche Gesetzgeber folgte
damit der 1962 in den Vereinigten Staaten in Kraft getretenen Subpart-F-Ge-
setzgebung
60
und führte weltweit als zweiter Staat die Hinzurechnungsbesteuerung ein.
Das AStG wurde verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Wahrung der steuerlichen
Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wett-
bewerbslage bei Auslandsinvestitionen. Es soll ungerechtfertigte Steuervorteile aus der
Ausnutzung des internationalen Steuergefälles durch passive Geschäftstätigkeit deutsch-
beherrschter Basisgesellschaften
61
im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und
der Wettbewerbsneutralität verhindern.
62
In einem BMF-Bericht aus 2001 heißt es, ,,dass
die Verpflichtung zur Zahlung deutscher Steuer nicht durch eine unakzeptable Art der
Gestaltung internationaler Geschäftsbeziehungen unterlaufen werden kann."
63
Zentral
für das AStG ist die in den §§ 7 ­14 AStG normierte Hinzurechnungsbesteuerung, mit
welcher der Gesetzgeber ,,ein kompliziertes und oftmals auch verworrenes System der
Korrektur"
64
von Gewinnverlagerungen ins Ausland kodifiziert. Aufgrund geschickter
Nutzung von Lücken des AStG durch die Wirtschaft hat der Gesetzgeber die Hinzurech-
nungsbesteuerung mehrmals verschärft und insgesamt durch wiederholte Umstellung
des Systems der Hinzurechnung die Rechtsanwendung erschwert.
65
58
Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (AStG) v. 8.9.1972 (BGBl 1972 I S. 1713). Zur
Stellung des AStG im deutschen Steuerrecht siehe W/S/G, Einleitung, Abs. IV, S. 16 f.
59
Zur Vorgeschichte des AStG siehe Becker, DSTR 12/ 1972, S. 359f.; Telkamp, StuW 2/1972, S. 97 f.;
Schönfeld 2005, S. 90 f. m.w.N.; Wassermeyer, in: F/W/B, AStG, Vor §§ 7-14, Rz. 31.
60
Der durch den ,,Revenue Act of 1962" in den Internal Revenue Code eingefügte Subpart F - Controlled
Foreign Corporations, Sections 951 bis 964. Siehe Große 2003; Wassermeyer, in. F/W/B, AStG, Vor §§
7-14, Rz. 35. Siehe auch die in 2000 veröffentlichte umfassende Studie des im US-Finanzministerium
angesiedelten Office of Tax Policy zur Subpart-F-Gesetzgebung, deren Auswirkungen und Änderungs-
überlegungen.
61
Zu Begriff u. Funktion der Basisgesellschaft vgl. Mersch 1986, S. 3-8; Morgenthaler, IStR 10/2000, S.
290 f.; Schaumburg 1998, S. 423 ff.
62
Vgl. BT-Drucks. VI/2883 v. 2.12.1971. Am 28.09.2004 bekräftigte die Parlamentarische Staatssekretärin
beim BMF, Barbara Hendricks, in ihrer Rede beim BDI-Steuerkongreß zum Thema ,,Unternehmensbe-
steuerung in Deutschland und Europa ­ Fiskalinteresse oder Wettbewerbsfähigkeit?" die Notwendigkeit
der Hinzurechnungsbesteuerung: ,,Eine weitgehende Aufgabe der Hinzurechnungsbesteuerung würde
auch die Integrität unseres Steuersystems in Gefahr bringen."
63
Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts v. 18.4.2001, S. 73.
64
Haun/Reiser, GmbHR 13/2004, S. 841.
65
In dieser Arbeit wird nicht auf die einzelnen Systemwechsel eingegangen, da die aktuelle Fassung des
AStG behandelt wird. Wechsel erfolgten durch das Steuersenkungsgesetz v. 14.7.2000 aufgrund der
Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Körperschaftsteuersystem und einer Besteuerung des Hinzu-
rechnungsbetrags mit einem festen Satz von 38%, durch das UntStFG v. 20.12.2001 wegen der Einbe-
ziehung des Hinzurechnungsbetrags in die Einkünfte aus Kapitalvermögen und der rückwirkenden Auf-
hebung der Besteuerung mit einem festen Satz. Das StVergAbG v. 16.5.2003 bewirkte nochmals eine
Verschärfung der schon restriktiven Hinzurechnungsbesteuerung durch den Ausschluss der DBA-
Befreiung auf den Hinzurechnungsbetrag. Das Korb II-Gesetz v. 22.12.2003 sowie das InvmG v.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (PDF)
9783956363986
ISBN (Paperback)
9783956367427
Dateigröße
603 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Köln – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2016 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
Hinzurechnungsbesteuerung Außensteuergesetz EU-Recht Banken Reform
Zurück

Titel: Deutsches Außensteuergesetz und EU-Recht aus deutscher Bankensicht
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
82 Seiten
Cookie-Einstellungen