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Ökonomische Macht und genossenschaftliche Gegenmacht

Polnische Genossenschaften in der Provinz Posen vor dem Ersten Weltkrieg

©2014 Bachelorarbeit 40 Seiten

Zusammenfassung

Die Analyse von Ökonomischer Macht wird zunächst von der engen Perspektive der reinen, klassischen Volkswirtschaftslehre auf das Wirken wirtschaftlicher Macht durch Institutionen hindurch erweitert. Dieser institutionsökonomische Ansatz erlaubt es, den Wandel der Institutionen im engen Zusammenspiel mit politischer und wirtschaftlicher Macht über einen großen geschichtlichen Zeitraum zu verfolgen (nach einem Modell von Daron Acemoglu). Dennoch können auch wirtschaftlich und politisch zunächst machtlose Bevölkerungsgruppen in einer Gesellschaft durch Eigenorganisation Einfluss auf diesen institutionellen Wandel nehmen. Gerade Genossenschaften eignen sich aufgrund ihrer Rechtsstruktur besonders gut als institutionelle Vehikel der Gegenmacht.
Anhand der Polnischen Genossenschaften in der Provinz Posen vor dem Ersten Weltkrieg weist diese Bachelorarbeit empirisch nach, wie die benachteiligte Bevölkerungsgruppe der Polen auf preußischem Staatsgebiet mittels Eigenorganisation in Genossenschaften innerhalb relativ kurzer Zeit eine Gegenmacht etablieren und erfolgreich ihre Interessen durchsetzen können, um letztlich sogar einen enormen politischen institutionellen Wandel einzuleiten: die Wiederherstellung des polnischen Staates.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


iii
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis ... iii
II. Abbildungsverzeichnis ... iv
III. Abkürzungsverzeichnis
... iv
1.
Einführung: Macht in den Wirtschaftswissenschaften ... 1
2. D.
Acemolu: Macht der Institutionen und institutionalisierte Macht ... 2
2.1.
These: Institutionen als fundamentale Ursache wirtschaftlicher Entwicklung ... 2
2.2.
Empirische historische Belege: Korea und der Kolonialismus ... 2
2.3. Grundgegensatz:
Inklusive
vs. extraktive Institutionen ... 3
2.4.
Argument: Macht als Triebkraft endogenen institutionellen Wandels ... 4
2.5.
Zusammenfassung: Persistenz von Machtverhältnissen und möglicher Wandel ... 7
3.
Grundlagen des Wandels durch de facto politische Macht ... 9
3.1.
E. Ostrom: Theorie kollektiven Handelns ... 10
3.2.
J. K. Galbraith: Dialektik der Macht und Countervailing Power ... 12
4.
Die moderne Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft als Vehikel der Gegenmacht ... 13
4.1. Definition ... 13
4.2. Merkmale
... 14
4.2.1. Offene
Mitgliedschaft ... 14
4.2.2. Förderauftrag ... 14
4.2.2.1. Ökonomischer Förderauftrag ... 15
4.2.2.2. Sozialer
und
kultureller Förderauftrag ... 16
4.2.3. Gesellschaft
gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes ... 17
4.3.
Zusammenfassung: Gegenmacht durch Prosperität im sozialen Verbund ... 18
5.
Polnische Genossenschaften in Posen vor dem ersten Weltkrieg ... 19
5.1.
Vorgeschichte: Politische und wirtschaftliche Lähmung bis zur Teilung ... 19
5.2. Strategiewechsel:
Von
Nationalaufständen zur Organischen Arbeit ... 23
5.3. Vorher:
Ökonomische
Rückständigkeit und politische Benachteiligung ... 25
5.3.1. Ethnisch-konfessionelle
und sozio-ökonomische Spaltung ... 25
5.3.2. Ökonomische
Rückständigkeit ... 26
5.3.3.
Agrarkreditbedarf und Innere Kolonisation zur Intensivierung der Landwirtschaft ... 26
5.4. Drei
Entwicklungsphasen
polnischer Kreditgenossenschaften ... 27
5.4.1.
Von 1860 bis 1871: Supranationale Anfangsphase ... 27

5.4.2.
Von 1871 bis 1890: Ethnische Abgrenzung und Nationalismus ... 28
5.4.3.
Von 1890 bis 1918: Massenmobilisation und nationaler Konflikt ... 30
5.4.4.
Gründe für den besonderen Erfolg polnischer Vorschusskassen ... 31
5.5.
Nachher: Transformation, Wohlstand, Massenmobilisation ... 32
6. Conclusio ... 34
IV. Literaturverzeichnis ... 36
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.4.1: Ökonomische Institutionen bestimmen Effizienz und Verteilung. ... 5
Abbildung 2.4.2: Politische Macht bestimmt die ökonomischen Institutionen. ... 5
Abbildung 2.4.3: Politische Institutionen bestimmen die de jure politische Macht. ... 6
Abbildung 2.4.4: Die Ressourcenverteilung bestimmt die de facto Macht. ... 6
Abbildung 2.4.5: Politische Macht bestimmt die politischen Institutionen. ... 7
Abbildung 2.5.1: Schematische Darstellung des Gesamtmodells ... 7
Abbildung 4.2.1: Schematische Darstellung der Genossenschaft ... 14
III. Abkürzungsverzeichnis
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
engl. englisch
GenG
Genossenschaftsgesetz
lat.
lateinisch
pol.
polnisch

1
1. Einführung: Macht in den Wirtschaftswissenschaften
In den Wirtschaftswissenschaften nimmt die Analyse von Macht in der Regel einen ziemlich klar
abgegrenzten und nicht allzu umfassenden Raum ein. Macht äußert sich ökonomisch als Markt-
macht, generiert zusätzliche ökonomische Renten und stellt lediglich die Ausnahme von der in
den Modellen generell vorherrschenden Annahme der vollständigen Konkurrenz dar. Helmut
Arndt (1911-1997) stellt dagegen fest, dass ökonomische Macht weit mehr Aktionsparameter zur
Gewinnmaximierung zur Verfügung hat, als allein die Manipulation von Mengen und Preisen,
denen allerdings mit Cournotschem Monopolmodell, neoklassischer Marktformenlehre und
Gleichgewichtssystemen einer stationären Wirtschaft allein nicht beizukommen und gerecht zu
werden ist(Arndt, 1971, p. 99).
1
Stattdessen sei die ökonomische Macht in der Lage, die wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen oder ,,ökonomischen Daten", (von Datum, lat. Gegeben), zu
ihren Gunsten zu verändern, also zu Variablen zu machen und umgekehrt Variablen zu Daten.
2
Um dies zu berücksichtigen, müsse man daher von einer stationären Analyse gegebener konstan-
ter Präferenzen, Technik und Institutionen hin zu dynamischen Modellen einer sich entwickelnden
Wirtschaft mit änderbaren Rahmenbedingungen übergehen (Arndt, 1971, p. 99). Der türkisch-
amerikanische MIT-Professor Daron Acemolu (1967) hat mit Hilfe der Institutionenökonomie und
politischen Ökonomie solch ein umfassendes dynamisches Modell der Interdependenz von Macht,
Institutionen und langfristiger ökonomischer Entwicklung entwickelt und schafft es so, die Bedeu-
tung von Macht in der Wirtschaft zunehmend in den mainstream der Volkswirtschaftslehre einzu-
bringen, insbesondere in Verbindung mit der Wirtschaftsgeschichte und der Wachstumstheorie
(vgl. Acemolu and Robinson, 2012). Anhand dieses Modells wird beispielhaft eineMachtver-
schiebung durch Eigenorganisation durch die polnische genossenschaftliche Nationalbewegung in
der Provinz Posen vor dem Ersten Weltkrieg analysiert. Dazu wird das Modell um eine Theorie
1
Helmut Arndt war v
on 1957 bis 1978 Professor an der Freien Universität zu Berlin und Direktor der Institute für
Volkswirtschaftslehre und Konzentrationsforschung.
2
Modelltheoretisch sind die Daten die Prämissen der Modelle (Arndt, 1971, p. 99).

kollektiven Handelns von Elinor Ostrom (1933 ­ 2012) und das Konzept der Gegenmacht bzw. der
Dialektik der Macht von John Kenneth Galbraith (1908 ­ 2006) ergänzt, sowie die rechtlich-
strukturellen Besonderheiten erläutert, die gerade Genossenschaften zum idealen institutionellen
Vehikel einer solchen Gegenmacht durch Eigenorganisation machen.
2. D. Acemolu: Macht der Institutionen und institutionalisierte
Macht
Da er in ökonomischen Institutionen die fundamentale Ursache für die unterschiedliche ökonomi-
sche Entwicklung von Volkswirtschaften erkennt, hat Acemolu ein Analysesystem zur Erfor-
schung institutionellen Wandels entwickelt, auf das diese Arbeit zurückgreift.
2.1. These: Institutionen als fundamentale Ursache wirtschaftlicher
Entwicklung
Demnach seien die heutigen Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen in den Ländern der Welt
zunächst auf deren unterschiedliche Wachstumsraten in den letzten 200 Jahren zurückzuführen,
was in der Wachstumstheorie jedoch lediglich vordergründig durch unterschiedliche Faktoraus-
stattungen an physischem Kapital, Humankapital und Technologie erklärt wird (Acemolu et al.,
2005, p. 388). Der tiefere Grund für deren ursprüngliche unterschiedliche Herausbildung und
somit die fundamentale Ursache unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung seien jedoch die
ökonomischen Institutionen, die die ökonomischen Anreize der Menschen setzen (Acemolu et
al., 2005, p. 358).
2.2. Empirische historische Belege: Korea und der Kolonialismus
Zwei quasi natürliche Experimente zieht Acemolu als empirische Belege aus der Geschichte
heran:
Das 1948 unter den Amerikanern abgespaltene Südkorea hatte ceteris paribus die selben klimati-
schen, geografischen, kulturellen, ja sogar wirtschaftlichen Anfangsbedingungen wie ihre nördli-

che Schwester, jedoch seitdem fundamental andere ökonomische Institutionen, resultierend in
krass divergierenden Pro-Kopf-Einkommen heutzutage (Acemolu et al., 2005, p. 406). Die euro-
päische Kolonisierung errichtete weltweit sehr unterschiedliche Institutionen in ihren eroberten
Gebieten. Dichtbesiedelte und vormals prosperierende, somit leicht und profitabel zu dominie-
rende südamerikanische Länder, in denen europäische Kolonisten extraktive Institutionen zur
Ausbeutung und Aneignung ökonomischer Renten installieren konnten, fielen in der Produktivität
gegenüber den dünnbesiedelten nordamerikanischen Ländern immer weiter zurück, in denen sich
europäische Siedler aufgrund leichterer Besiedlungsmöglichkeiten (geringere Siedlersterblichkeit)
selber in großer Zahl niederließen und inklusive Institutionen installierten (Acemolu et al., 2005,
pp. 407­417, 2002; Acemolu et al., 2001). Melissa Dell weist zusätzlich anhand einer geographi-
schen Regressions-Diskontinuitäts-Analyse nach, dass innerhalb des Einzugsgebietes der Peruani-
schen Mita, einer Minenzwangsarbeit zwischen 1573 und 1812, die wirtschaftliche Entwicklung
der des restlichen Landes hinterherhinkt (Dell, 2010).
2.3. Grundgegensatz: Inklusive vs. extraktive Institutionen
,,Gute", dem Wachstum förderliche ökonomische Institutionen beschreibt Acemolu als solche,
die die Sicherheit von Eigentumsrechten und einen relativ gleichen Zugang zu ökonomischen
Ressourcen für einen Großteil der Gesellschaft garantieren.
3
Gute ökonomische Institutionen
werden eher entstehen, wenn politische Institutionen die politische Macht der Hauptakteure
unter Kontrolle behalten und ein Machtgleichgewicht in der Gesellschaft etablieren, und wenn die
politische Macht eher in den Händen vieler Menschen liegt, als wenn sie konzentriert ist. Außer-
dem werden gute ökonomische Institutionen eher entstehen und bestehen, wenn Machteliten
nur begrenzt Renten vom Rest der Gesellschaft extrahieren können, da diese sonst einen zu
großen Anreiz darstellten (Acemolu et al., 2005, p. 295).
4
Gute, d.h. die Gesamtprosperität und
3
,,...we think of good economic institutions as those that provide security of property rights and relatively
equal access to economic resources to a broad cross-section of society."(Acemolu et al., 2005, p. 395)
4
Eine verblüffend ähnliche Gegenüberstellung von Herrschaft und Genossenschaft stammt vom deutschen
Rechtshistoriker Otto von Gierke (1841-1921) und umfasst die zwei idealtypischen möglichen Formen
menschlicher Interaktion: Der eine Pol ist die Herrschaft, laut von Gierke der vertikale soziale, hierarchische
Stufenbau von Herren und Abhängigen in ungleicher Machtverteilung; das andere Extrem ist die Genossen-

die wirtschaftliche Entwicklung maximierende Institutionen sind demnach stets inklusiver Natur,
während extraktive (d.h. ausbeuterische) Systeme die wirtschaftliche Gesamtentwicklung brem-
sen bzw. verhindern.
5
Damit widerspricht er der gängigen neoliberalen Annahme, dass sozial
ausgleichende Institutionen grundsätzlich der wirtschaftlichen Entwicklung schadeten.
2.4. Argument: Macht als Triebkraft endogenen institutionellen
Wandels
Um die Entstehung von wirtschaftlichen Institutionen zu beschreiben, greift Acemolu auf die
Definition von Institutionen durch Douglass North zurück ­ ,,Institutions are the rules of the game
in a society or, more formally, are the humanly devised constraints that shape human interac-
tion"(North, 1990, p. 3). Sie setzen die Grenzen und formen die Anreize jeglichen menschlichen
Austausches, sei er politisch, gesellschaftlich oder wirtschaftlich. Das Besondere an ihnen ist
demnach, dass sie endogen sind, d.h. von einer Gesellschaft gestaltet und gewählt werden kön-
nen und nicht wie geographische, kulturelle und stochastische Einflussfaktoren exogen vorgege-
ben sind.
6
Daraus ergibt sich die Frage, warum sich in manchen Gesellschaften dennoch ,,schlech-
te", d.h. gesamtwirtschaftlich ineffiziente ökonomische Institutionen durchsetzen und beharren
können, obwohl sich durch gesellschaftliche Einigung eine gesamtwirtschaftliche Pareto-
Verbesserung erzielen ließe (Acemolu et al., 2005, p. 389). Um diese Frage zu beantworten
entwirft Acemolu ein dynamisches Modell dessen, wie Macht, Ressourcenverteilung und das
Selbstbindungsproblem den endogenen Wandel von Institutionen beeinflussen bzw. eben auch
verhindern.
schaft ­ hier begegnen sich Menschen in ihren ganzen Lebensverhältnissen, d.h. rechtlich, wirtschaftlich,
gesellschaftlich, als Gleiche. Franz Oppenheimer hat diese Unterteilung später in seiner Analyse des Staates
als organisierte Form der Herrschaft aufgegriffen und den beiden Extremen jeweils eine Methode der
Güteraneignung zugeordnet: das politische Mittel, also die unentgeltlichen Aneignung fremder Arbeit (als
Rente ohne eigene Gegenleistung), und das ökonomische Mittel durch eigene Arbeit und wertäquivalenten
Tausch gegen fremde Arbeit.
5
Für eine genauere Untersuchung, wie extraktive Institutionen Verzerrungen und Ineffizienzen auslösen
siehe (Acemolu, 2006; Acemolu, 2008; Acemolu and Wolitzky, 2009).
6
Geographie, Kultur und ,,Glück" sind für Acemolu weitere fundamentale Erklärungsansätze für unter-
schiedliches Wirtschaftswachstum, werden aber eben aufgrund ihrer Exogenität nicht eingehender behan-
delt (Acemolu, 2009, p. 145).

a. Der Grund liegt darin, dass ökonomische Institutionen eben nicht nur die wirtschaftliche
Gesamtleistung beeinflussen (Effizienz), sondern immer auch automatisch die Verteilung
dieser Gesamtleistung auf ihre Mitglieder festlegen (Acemolu et al., 2005, p. 390), ohne
dass eine Trennung zwischen rein positiv-deskriptiven Effizienzabwägungen und ,,norma-
tiven" Verteilungsfragen möglich oder auch nur sinnvoll wäre.
ökonomische Institutionen
ökonomische Gesamtleistung
Ressourcenverteilung
Abbildung 2.4.1: Ökonomische Institutionen bestimmen Effizienz und Verteilung.
b. Somit werden bei der Festlegungvon ökonomischen Institutitonen ob ihrer intrinsischen
Verteilungsauswirkung stets starke Interessenkonflikte zwischen Gruppen und Individuen
der Gesellschaft vorherrschen. Auch wenn Effizienzabwägungen in geringem Maße in die
Wahl der Institutionen hineinspielen mögen, wird de facto diejenige Partei die
ökonomischen Institutionen bestimmen, die über die meiste politische Macht ver-
fügt(Acemolu et al., 2005, p. 390).
politische Macht ökonomische Institutionen
Abbildung 2.4.2: Politische Macht bestimmt die ökonomischen Institutionen.
c. Mag es überdies im rein ökonomischen Bereich denkbar sein, durch politische
Verhandlungsprozesse effizientere ökonomische Institutionen zu etablieren und die
Verlierer aus dem maximierten Gesamtertrag zu entschädigen, scheitert dieses Vorgehen
in der Praxis jedoch an einem Selbstbindungsproblem, sobald der Aspekt der politischen
Macht hinzu tritt.DennInhaber bzw. mögliche Zugewinner politscher Machtkönnen sich
niemals glaubhaft an ihr Versprechen binden, eine derartige Entschädigung auch zu
leisten bzw. die vereinbarten Institutionen wie z.B. Eigentumsrechte nicht wieder
willkürlich zum eigenen distributiven Vorteil zu verändern(Acemolu et al., 2005, p. 390).
7
d. Politische Macht nun unterteilt sich in de jure und de facto politische Macht, wobei sich
erstere aus den politischen Institutionen bezieht, die die Grenzen und Anreize für die
7
Dieses Selbstbindungsproblem ist in der Tat die zentrale Annahme in Acemolus Modell hinsichtlich der
intrinsischen Verschränkung von Effizienz- und Verteilungsfragen.

Akteure in der politischen Arena setzen. Diese umfassensowohl die Art der Regierung, wie
z.B. absolutistische oder konstitutionelle Monarchie oder Demokratie, als auch die checks
and balances,denen sich die politischen Eliten gegenüber sehen (Acemolu et al., 2005, p.
391).
politische Institutionen
politische Macht
Abbildung 2.4.3: Politische Institutionen bestimmen die de jure politische Macht.
e. De facto politische Macht hingegenfindet Mittel und Wege außerhalb der politischen
Institutionen um ihren politischen Willen durchzusetzen. Dies umfasst alles von
friedlichen, aber ökonomisch teuren Protesten, Streiks oder Boykotten, über mediale
Beeinflussung oder Beeinflussung relevanter Gutachten bis hin zu Waffengewalt,
Einschüchterung und militärischen Revolten. De facto politische Macht speist sich dabei
aus zwei wesentlichen Quellen, nämlich einerseits der Fähigkeit einer Gruppe Probleme
des kollektiven Handelns zu lösen und andererseits der Verfügungsgewalt über
Ressourcen, die zur Durchsetzung des eigenen politischen Willens herangezogen werden
können, wobei sich Acemolu in Absenz einer ausreichenden Theorie kollektiven
Handelns auf letztere beschränkt (Acemolu et al., 2005, p. 391).
Ressourcenverteilung
politische Macht
Abbildung 2.4.4: Die Ressourcenverteilung bestimmt die de facto Macht.
f. Da die politischen Institutionen ebenfalls endogene Gesellschaftsentscheidungen sind,
bestimmt wiederum die politische Macht, die sich aus denbisherigen politischen
Institutionen und der Ressourcenverteilung ergibt, welche politischen Institutionen
gewählt werden.Somit kann sichde jure politische Macht selbst erhalten, weshalb
politische Institutionen äußerst persistent sind, es sei denn die de facto politische Macht
ändert sich durch exogene Schocks (Technologie, internationales Umfeld, neue politische
Ideen) und versucht dann, eine Änderung der politischen Institutionen durchzusetzen
(Acemolu et al., 2005, p. 392).

politische Macht politische Institutionen
Abbildung 2.4.5: Politische Macht bestimmt die politischen Institutionen.
2.5. Zusammenfassung: Persistenz von Machtverhältnissen und
möglicher Wandel
Zusammenfassend ergibt sich folgende schematische Darstellung des dynamischen Modells
institutionellen Wandels im Zusammenhang mit politischer und ökonomischer Macht(Acemolu
et al., 2005, p. 392):
politische
Institutionen
politische
Macht
Ressourcenverteilung
politische
Macht
= politische Macht
ökonomische
Institutionen
ökonomische Gesamtleistung
Ressourcenverteilung
politische Institutionen
Abbildung 2.5.1: Schematische Darstellung des Gesamtmodells
Die politische Macht, die sich als de jure politische Macht aus den bisherigen politischen
Institutionen und als de facto politische Macht aus der Ressourcenverteilung ergibt, bestimmt
sowohl die kommenden politischen Institutionen als auch die ökonomischen Institutionen, aus
denen sich die wirtschaftliche Gesamtleistung und gleichzeitig deren Verteilung auf die
Wirtschaftssubjekte ergibt. Somit ist das Modell geschlossen und es lassen sich anhand der
ökonomischen Performance ­ gleichsam als Indikator ­ Rückschlüsse über die Beschaffenheit der
Institutionen der Gesellschaft ziehen, ob sie also eher extraktiver oder inklusiver Natur sind.
Im Modell gibt es zwei Rückkopplungen, die eine Persistenz der Machtverhältnisse verursachen:
zum einen ist die durch politische Institutionen verliehene de jure politische Macht stets versucht,
die sie konstituierenden politischen Institutionen zu erhalten, zum anderen wird die durch
ökonomische Macht verliehenede facto politische Macht versuchen, die ihren Reichtum
schützenden und reproduzierenden ökonomischen Institutionen zu erhalten (Acemolu et al.,
2005, p. 392). Hinzu kommt, dass zwar alle Macht von Gruppen und Individuen letztlich (per

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2014
ISBN (eBook)
9783956363610
ISBN (Paperback)
9783956367052
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin – Institut für Wirtschaftsgeschichte
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
Macht Gegenmacht Marktmacht Acemoglu Daron Acemoglu J.K. Galbraith Galbraith Elinor Ostrom Ostrom John Kenneth Galbraith Acemoglu and Robinson Ökonomische Macht Politische Macht MAchtwechsel Institutionen Institutionsökonomie Institutionenökonomie Polen Posen Provinz Posen Polnische Genossenschenschaften polnisch Erster Weltkrieg Nationalitätenfrage Nation Polnischer Staat Genossenschaft Genossenschaften Wirtschaftswissenschaften VWL Volkswirtschaftslehre Wirtschaftsgeschichte
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Titel: Ökonomische Macht und genossenschaftliche Gegenmacht
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