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Untersuchungen zur Denaturierung und Rückfaltung von Lysozym und ß-Lactoglobulin

©2010 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die gezielte Überproduktion von rekombinanten Proteinen in Escherichia coli ist eine etablierte Methode zur selektiven Synthese von Proteinen. Die Proteine werden somit in großer Menge produziert, deren Isolierung aus dem entsprechenden Gewebe ansonsten erheblich aufwändiger wäre. In vielen Fällen weisen jedoch exprimierte Proteine eine fehlerhafte Faltung auf. Es kann zur Ausbildung von falschen Disulfidbrücken kommen oder die Proteine können in ihren Sekundär- und Tertiärstrukturen fehlerhaft gefaltet sein. Als Konsequenz bilden sich unlösliche hochmolekulare Aggregate, die sogenannten Inclusion Bodies, die im Zytoplasma akkumulieren und aus biologisch inaktiven Proteinen bestehen. Um die Inclusion Body-Proteine in eine lösliche Form zu bringen ist eine Solubilisierung notwendig. Anschließend müssen die Proteine durch geeignete Verfahren zurückgefaltet werden, um ihre native Konformation und somit die biologische Aktivität zu erlangen.
Die Rückfaltung von Proteinen ist ein komplizierter Prozess, der von vielen Parametern wie Temperatur, pH-Wert und den Eigenschaften des Lösungsmittels abhängt (Kayser, 2002). Oft müssen zahlreiche Vorversuche durchgeführt werden, um die richtigen Bedingungen für die Rückfaltung herauszufinden (Tsumoto et al., 2003). Die spezifischen Merkmale des jeweiligen Proteins beeinflussen ebenfalls den Renaturierungsprozess; deshalb erfordert die Rückfaltung des entfalteten Proteins häufig für jedes Protein ein spezielles Rückfaltungsprotokoll. Die Ausbeute des nativen Proteins wird oft durch Aggregationsprozesse, die als Nebenreaktionen in kinetischer Konkurrenz mit der Rückfaltungsreaktion stehen, herabgesetzt (Singh and Panda, 2005; Middelberg, 2002). Mittlerweile existiert eine Vielzahl von verschiedenen Strategien und Methoden, die zur Rückfaltung von Proteinen eingesetzt werden können. Dennoch gibt es keine universelle Rückfaltungstechnik, die alle Anforderungen der Proteinrückfaltung erfüllt (Middelberg, 2002). Nur wenn die renaturierten Proteine die Eigenschaften des nativen Proteins besitzen, ist der Erfolg der Renaturierung sichergestellt.
In den letzten Jahren wurden mit Hilfe von schnellen Computern große Fortschritte bei der Modellierung der Faltungsvorgänge erreicht. Allerdings ist eine verlässliche Vorhersage der dreidimensionalen Struktur eines Proteins aus seiner Primärstruktur noch nicht möglich (Horton et al., 2008). Die Aufklärung der Mechanismen der Proteinfaltung ist immer […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Heterologe Expression von rekombinanten Proteinen in E. coli
2.1.1 Bakterielle Einschlusskörper (Inclusion Bodies)
2.2 Proteindenaturierung
2.3 Proteinrückfaltung
2.4 Rückfaltungsmethoden
2.4.1 Rückfaltung durch Verdünnung
2.4.2 Rückfaltung mittels Gelfiltrationschromatographie (SEC)
2.5 Methoden zur Analyse der Proteinrückfaltung
2.6 Fluoreszenzspektroskopie 16
2.6.1 Prinzip der Fluoreszenz
2.6.2 Intrinsische Fluoreszenz von Proteinen 17
2.6.3 Fluoreszenzlöschung (Quenching) 18
2.6.4 Streulichteffekte in der Fluoreszenzspektroskopie
2.7 Modellproteine
2.7.1 Lysozym
2.7.2 ß-Lactoglobulin

3. Ziel der Arbeit

4. Material und Methoden
4.1 Material
4.1.1 Verwendete Chemikalien
4.1.2 Modellproteine
4.2 Methoden
4.2.1 Fluoreszenzspektroskopie
4.2.2 Denaturierung von Proteinen
4.2.3 Aufnahme von Entfaltungskurven
4.2.4 Vorversuche zur Rückfaltung
4.2.5 Rückfaltungsmethoden
4.2.5.1 Rückfaltung durch Verdünnung 27
4.2.5.2 Rückfaltung mittels Gelfiltrationschromatographie (SEC)
4.2.6 Entsalzung von Proteinproben (HiTrap™ Desalting-Säule)
4.2.7 Lysozym Assay
4.2.8 Bestimmung der Proteinkonzentration
4.2.8.1 Bestimmung der Proteinkonzentration durch photometrische Messung
4.2.8.2 Bestimmung der Proteinkonzentration durch Fluoreszenzmessung
4.2.8.3 Bestimmung der Proteinkonzentration mittels Enzymaktivität
4.2.9 Berechnung der Massenausbeuten
4.2.10 SDS-PAGE unter nicht reduzierenden Bedingungen
4.2.11 Coomassie-Blue-Färbung der Polyacrylamidgele

5. Ergebnisse und Diskussion
5.1 Untersuchungen zur Denaturierung von Lysozym und ß-Lactoglobulin
5.2 Aufnahme von Entfaltungskurven mittels Fluoreszenzspektroskopie
5.3 Vorversuche zur Rückfaltung von Modellproteinen
5.4 Rückfaltung durch Verdünnung
5.4.1 Rückfaltung von Lysozym durch Verdünnung
5.4.2 Rückfaltung von ß-Lactoglobulin durch Verdünnung
5.5 Rückfaltung mittels Gelfiltrationschromatographie (SEC)
5.5.1 Rückfaltung von Lysozym mittels Gelfiltrationschromatographie
5.5.2 Rückfaltung von ß-Lactoglobulin mittels Gelfiltrationschromatographie

6. Fazit

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

9. Anhang

1. Einleitung

Die gezielte Überproduktion von rekombinanten Proteinen in Escherichia coli ist eine etablierte Methode zur selektiven Synthese von Proteinen. Die Proteine werden somit in großer Menge produziert, deren Isolierung aus dem entsprechenden Gewebe ansonsten erheblich aufwändiger wäre. In vielen Fällen weisen jedoch exprimierte Proteine eine fehlerhafte Faltung auf. Es kann zur Ausbildung von falschen Disulfidbrücken kommen oder die Proteine können in ihren Sekundär- und Tertiärstrukturen fehlerhaft gefaltet sein. Als Konsequenz bilden sich unlösliche hochmolekulare Aggregate, die sogenannten Inclusion Bodies, die im Zytoplasma akkumulieren und aus biologisch inaktiven Proteinen bestehen. Um die Inclusion Body-Proteine in eine lösliche Form zu bringen ist eine Solubilisierung notwendig. Anschließend müssen die Proteine durch geeignete Verfahren zurückgefaltet werden, um ihre native Konformation und somit die biologische Aktivität zu erlangen.

Die Rückfaltung von Proteinen ist ein komplizierter Prozess, der von vielen Parametern wie Temperatur, pH-Wert und den Eigenschaften des Lösungsmittels abhängt (Kayser, 2002). Oft müssen zahlreiche Vorversuche durchgeführt werden, um die richtigen Bedingungen für die Rückfaltung herauszufinden (Tsumoto et al., 2003). Die spezifischen Merkmale des jeweiligen Proteins beeinflussen ebenfalls den Renaturierungsprozess; deshalb erfordert die Rückfaltung des entfalteten Proteins häufig für jedes Protein ein spezielles Rückfaltungsprotokoll. Die Ausbeute des nativen Proteins wird oft durch Aggregationsprozesse, die als Nebenreaktionen in kinetischer Konkurrenz mit der Rückfaltungsreaktion stehen, herabgesetzt (Singh and Panda, 2005; Middelberg, 2002). Mittlerweile existiert eine Vielzahl von verschiedenen Strategien und Methoden, die zur Rückfaltung von Proteinen eingesetzt werden können. Dennoch gibt es keine universelle Rückfaltungstechnik, die alle Anforderungen der Proteinrückfaltung erfüllt (Middelberg, 2002). Nur wenn die renaturierten Proteine die Eigenschaften des nativen Proteins besitzen, ist der Erfolg der Renaturierung sichergestellt.

In den letzten Jahren wurden mit Hilfe von schnellen Computern große Fortschritte bei der Modellierung der Faltungsvorgänge erreicht. Allerdings ist eine verlässliche Vorhersage der dreidimensionalen Struktur eines Proteins aus seiner Primärstruktur noch nicht möglich (Horton et al., 2008). Die Aufklärung der Mechanismen der Proteinfaltung ist immer noch Gegenstand aktueller Forschung und stellt eine große Herausforderung dar.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Heterologe Expression von rekombinanten Proteinen in E. coli

Escherichia coli ist der momentan am besten wissenschaftlich untersuchte bakterielle Organismus und gilt als das „Arbeitspferd“ der Gentechnologie. Dieses gramnegetive Enterobakterium besitzt ca. 2500 Gene, die mittlerweile bekannt und charakterisiert sind (Präve et al., 1994). Aufgrund seiner einfachen Handhabung, kurzen Regenerationszeit und geringen Fermentationskosten gegenüber anderen Expressionssystemen, ist E. coli der am häufigsten eingesetzte Wirtsorganismus zur Expression rekombinanter Proteine. Für die Laborarbeit und die biotechnologische Produktion ist heute eine Vielzahl optimierter E. coli -Stämme und Expressionsvektoren mit unterschiedlich regulierten Promotoren kommerziell erhältlich (Wink, 2004; Swartz, 2001). Ein weiterer Vorteil dieses Expressionssystems ist die hohe Expressionsrate. Die rekombinanten Proteine können in E. coli bis zu 30 % des gesamten zellulären Proteins angereichert werden (Li et al., 2004).

Die Überexpression von rekombinanten Proteinen in E. coli führt häufig zur Bildung von Proteinaggregaten, welche als unlösliche Einschlusskörper (inclusion bodies) in den Bakterien sowohl im Zytoplasma als auch im Periplasma akkumuliert werden (Jungbauer und Kaar, 2006; Clark, 2001). Die Proteine sind in dieser Form nicht nur unlöslich, sondern auch biologisch inaktiv und müssen deswegen solubilisiert und anschließend in vitro zurückgefaltet werden (Singh und Panda, 2005).

2.1.1 Bakterielle Einschlusskörper (Inclusion Bodies)

Inclusion Bodies sind unlösliche Aggregate aus falsch gefalteten, nicht funktionellen Proteinen. Sie sind sphärisch und haben einen Durchmesser zwischen 0,5 – 1,3 μm. Inclusion Bodies werden sowohl im Zytoplasma als auch im Periplasma der E. coli -Bakterien nach der Überexpression deponiert. Ihre Dichte (~ 1,3 mg/ml) ist höher als bei den anderen Zellbestandteilen, was nach dem Zellaufschluss bei der Abtrennung durch Zentrifugation ausgenutzt wird. In Abhängigkeit ihrer Lage haben Inclusion Bodies eine dichte, formlose oder parakristalline Struktur. Trotz ihrer Dichte weisen sie eine poröse Architektur auf und sind stark hydratisiert (Singh and Panda, 2005; Clark, 2001). Inclusion Bodies können dank ihrer lichtbrechenden Struktur mit einem Phasenkontrastmikroskop direkt in der lebenden Wirtszelle beobachtet werden (siehe Abbildung 2.1 ) (Li et al., 2004).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1.: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Inclusion Bodies in E. coli (Jungbauer und Kaar, 2006)

Die Akkumulation von rekombinanten Proteinen in Inclusion Bodies wird durch die hohe Expressionsrate in E. coli verursacht. Durch die sehr starke Überproduktion der Proteine ohne gleichzeitige Überproduktion der Chaperone sind nicht genügend Faltungshelfer verfügbar, um eine korrekte Faltung zu gewährleisten. Die Expression in E. coli ermöglicht keine posttranslationalen Proteinmodifikationen wie etwa Glykosylierungen. Dadurch werden gerade die eukaryotischen Proteine hinsichtlich der Primärstruktur korrekt transkribiert, aber erhalten keine Zuckerreste und nehmen dadurch eventuell nicht die richtige dreidimensionale Struktur an ( Proteinmissfaltung) (Baneyx und Mujacic, 2004; Kayser, 2002).

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Bildung von Inclusion-Body-Proteinen zu reduzieren und damit den Anteil an löslichem Protein zu erhöhen. Dies kann z.B. durch eine Absenkung der Kultivierungstemperatur oder durch die Co-Expression von Chaperonen, d ie eine korrekte Faltung der Proteine fördern, erreicht werden (Clark, 2001).

Das Produzieren eines inaktiven Zielproteins in Form von Inclusion Bodies muss nicht unbedingt als negativer Prozess betrachtet werden. Im Vergleich zu den löslichen Proteinen resultieren folgende Vorteile:

- hohe Zielproteinkonzentration,
- erhöhter Schutz vor proteolytischem Abbau,
- einfache Isolierung und damit verbundener hoher Reinheitsgrad (mehr als 95 %) des Zielproteins,
- Verringerung der Aufreinigungsschritte aufgrund der Homogenität der Proteine in den Inclusion Bodies.

Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit Proteine herzustellen, die in hohen Konzentrationen für die Zelle toxisch sind (Li et al., 2004; Singh and Panda, 2005; Jungbauer und Kaar, 2006). Die größte Herausforderung bei diesem Prozess stellt die Überführung der inaktiven und falsch gefalteten Proteine in ihre biologisch aktive und lösliche Form dar (Clark, 2001).

2.2 Proteindenaturierung

Nach der Isolierung der Inclusion Bodies müssen die Proteine zunächst solubilisiert werden. Dafür werden am häufigsten die chaotropen Agenzien wie Guanidinhydrochlorid (6 M) oder Harnstoff (8 M) in hohen Konzentration eingesetzt (Middelberg, 2002; Clark, 2001; Singh and Panda, 2005). Die Anwesenheit von chaotropen Agenzien führt zur reversiblen Denaturierung von Proteinen, d.h. ihre Tertiärstruktur und die biologische Aktivität gehen verloren. Diese Substanzen ermöglichen die Solvatisierung der unpolaren Gruppen im Inneren des Proteins durch Wassermoleküle. Dadurch werden die hydrophoben Wechselwirkungen und die Wasserstoffbrücken, die den nativen Zustand des Proteins stabilisieren, zerstört. Die Wasserstoffbrückenbindungen gehören zu den stärksten nichtkovalenten Kräften in Proteinen und werden bei der Faltung in α-Helices und ß-Faltblättern gebildet. Sie können auch zwischen dem Polypeptidrückgrat und Wassermolekülen, zwischen dem Polypeptidrückgrat und polaren Seitenketten, zwischen verschiedenen polaren Seitenketten und zwischen polaren Seitenketten und Wassermolekülen in der nativen Proteinstruktur auftreten. (Horton et al., 2008). Guanidinhydrochlorid wirkt stärker denaturierend als Harnstoff und wird aufgrund seiner hervorragenden chaotropen Eigenschaften bevorzugt (Cabrita und Bottomley, 2004).

Proteine können auch durch den Zusatz von ionischen Detergenzien denaturiert werden. Detergenzien denaturieren die Proteine, indem sie mit ihren hydrophoben Schwanzgruppen in das Innere des Proteins eindringen. Somit werden die hydrophoben Wechselwirkungen in der nativen Konformation des Proteins durch neue hydrophobe Wechselwirkungen mit den Detergenzien ersetzt. Bei genügend großer Menge lagern sich die Detergenzienmoleküle zu Mizellen zusammen (Horton et al., 2008). Für die Solubilisierung von Inclusion Bodies werden Natruimdodecylsylfat (SDS) und Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB) sehr häufig verwendet. Der Vorteil dieser Detergenzien besteht darin, dass die Proteine häufig einen signifikanten Anteil an Tertiärstruktur erhalten, leider geht die biologische Aktivität eines Proteins oft verloren. Detergenzien behindern einige Untersuchungsverfahren und müssen daher durch wiederholtes Waschen entfernt werden. Alternativ können die Detergenzien mit Cyclodextrin oder Cycloamylose aus der Lösung extrahiert werden. Weiterhin können die Proteine durch extreme pH-Werte, Hitzeeinwirkung, oder durch hohen Druck denaturiert werden (Clark, 2001).

Die notwendige Energie, die zur Denaturierung der Proteine benötigt wird, ist relativ klein. Sie ist ungefähr mit der Energie vergleichbar, die zur Spaltung von drei oder vier Wasserstoffbrücken erforderlich ist. Die Proteindenaturierung ist ein kooperativer Prozess, d.h. die Destabilisierung von nur wenigen schwachen Wechselwirkungen verursacht eine Entfaltung der gesamten Reststruktur des Proteins (Horton et al., 2008).

Nach der Denaturierung ist die Struktur eines Proteins nicht klar definiert. Je nach Denaturierungsbedingungen sind die Proteine imstande eine schnell fluktuierende Anordnung ohne dauerhafte übergeordnete Struktur, ein sogenanntes Zufallsknäuel („random-coil“), einzunehmen. Häufig weisen die Proteine nach der Denaturierung jedoch noch Anteile geordneter Strukturelemente auf und können unter bestimmten Bedingungen spontan ihre native Konformation wiedererlangen (Horton et al., 2008). Proteine, die mit chaotropen Agenzien in Lösung gebracht werden, haben eine flexible und ungeordnete Struktur. Durch Detergenzien solubilisierte Proteine weisen dagegen häufig teilweise geordnete Struktur auf (Tsumoto et al., 2003).

Bei einigen Proteinen wird der native Zustand zusätzlich durch Bildung von Disulfidbrücken stabilisiert. Die Disulfidbrückenbildung findet häufig bei extrazellulären Proteinen statt und kommt nur selten bei intrazellulären Proteinen vor. Die Ausbildung der korrekten Disulfidbrückenbindungen erhöht die Stabilität der dreidimensionalen Proteinstruktur und führt somit zu einer verstärkten Resistenz gegenüber destabilisierenden Bedingungen. Disulfidbrücken entstehen durch die kovalente Bindung zwischen zwei Cysteinresten, die durch die Proteinfaltung auf richtige Weise zueinander ausgerichtet werden. Dabei werden die Thiolgruppen (Sulfhydrylgruppen) der Cysteinreste zum Disulfid oxidiert. Vermutlich ist bei der Disulfidbrückenbildung das cysteinhaltige Disulfid des Tripeptids Gluthation (GSSG) beteiligt, welches während dieser Disulfid-Austauschreaktion zu Sulfhydrylgruppen in Gluthation (GSH) reduziert wird (Horton et al., 2008).

Um eine vollständige Denaturierung der Proteine zu erreichen, müssen die Disulfidbrücken gespalten werden. Zur Reduktion der nicht-nativen inter- und intramolekularen Disulfidbindungen werden häufig Thiolreagenzien mit niedrigem Molekulargewicht wie Dithiotreitol (DTT) oder ß-Mercaptoethanol eingesetzt. Diese Reduktionsmittel werden im leichten Überschuss bei alkalischem pH-Wert zugefügt, um alle Cysteine in ihrer reduzierten Form zu halten. (Clark, 2001). Um metallkatalysierte Sauerstoffoxidationen der Cysteine zu vermeiden können chelatbildende Agenzien wie EDTA verwendet werden.

Die Solubilisierung der Inclusion-Body-Proteine kann normalerweise in jedem Puffer (z.B. Tris/Hepes/Phosphat) durchgeführt werden, der für das Zielprotein geeignet ist (Singh and Panda, 2005; Cabrita und Bottomley, 2004).

2.3 Proteinrückfaltung

Die denaturierten Proteine können sich spontan unter definierten Bedingungen nach dem Entfernen des Denaturierungsmittels in ihre native Konformation zurückfalten. Die spontane Renaturierung von Proteinen ist ein Beweis dafür, dass die für die native dreidimensionale Konformation erforderliche Information bereits in der Aminosäurensequenz einer Polypeptidkette codiert ist. Die Primärstruktur eines Proteins bestimmt somit seine Tertiärstruktur.

Die Faltung von Proteinen in ihre native Konformation ist kein zufälliger, sondern ein kooperativer und sequenzieller Prozess. Dies wird durch die von Cyrus Levinthal durchgeführte Berechnung verdeutlicht. Wenn man eine Polypeptidkette mit 100 Aminosäureresten betrachtet, weist diese 10100 mögliche Konformationen auf. Nimmt man für einen Konformationswechsel der Polypeptidkette die Zeit an, die eine Einfachbindung zur Reorientierung benötigt, würde sie nur 1013 verschiedene Konformationen pro Sekunde durchlaufen. Würde das Protein alle möglichen Konformationen ausprobieren, um die richtige zu finden, würde es 10 (100–13) = 1087 Sekunden dauern. Dies ist länger als das geschätzte Alter des Weltalls (ca.6×1017 s) (Levinthal-Paradaxon) (Lehninger et al., 2001). Die Proteinfaltung kann also nicht rein zufällig erfolgen. Normalerweise dauert die Faltung eines Proteins nur wenige Sekunden oder Minuten, allerdings falten sich die Proteine mit Disulfidbrückenbindungen deutlich langsamer ( Stryer, 1990; Beliz et al., 2008; Horton et al., 2008).

Die native Proteinstruktur wird durch verschiedene Wechselwirkungen stabilisiert. Dazu gehören Disulfidbrückenbindungnen, Wasserstoffbrückenbindungen, sowie Van-der-Waals-Wechselwirkungen zwischen unpolaren Seitenketten und Ladungs-Ladungs-Wechselwirkungen zwischen entgegengesetzt geladenen Seitenketten. Eine besonders wichtige Rolle bei der Stabilisierung und Faltung von Proteinen spielt der Hydrophobe Effekt. In der wässrigen Umgebung werden die hydrophoben Seitenketten eines Proteins im Inneren des Moleküls gelagert, da die Wassermoleküle untereinander wesentlich stärker wechselwirken als mit den hydrophoben Seitenketten eines Proteins. Die polaren Seitenketten bleiben dagegen an der Oberfläche der Proteinstruktur im direkten Kontakt mit der Wassermolekülen. Durch diesen Vorgang, der auch als hydrophober Kollaps bezeichnet wird, nimmt die Polypeptidkette eine kompakte Struktur (molten globule) ein. Diese Struktur besitzt bereits einen hohen Gehalt an Sekundärstruktur und wird durch die Wasserstoffbrücken im Inneren des Moleküls stabilisiert.

Die Ursache für den hydrophoben Effekt ist die Zunahme der Entropie des Systems. Durch die Faltung der Polypeptidkette nimmt die Entropie des Systems ab, da der Ordnungsgrad der Polypeptidkette zunimmt. Aufgrund der Abnahme der strukturellen Ordnung der Wassermoleküle erfolgt eine starke Zunahme der Entropie, sodass dieser Vorgang insgesamt zu einer Entropieerhöhung des Systems führt. Diese Entropiezunahme stellt die wichtigste Triebkraft für die Proteinfaltung dar (Horton et al., 2008).

Eine Rückfaltung bedeutet einen Wechsel der Proteinkonformation von der flexiblen und ungeordneten Struktur in eine kompakte, starre, gefaltete Form. Dieser Konformationsübergang führt häufig zur Missfaltung und Aggregation. Die Rückfaltung kann als zweistufiger Prozess beschrieben werden, bei dem in einem ersten Schritt das entfaltete Protein ein Faltungsintermediat (Zwischenprodukt) bildet, welches bereits die charakteristische Sekundärstruktur des Proteins besitzt. Bei dem zweiten Schritt erfolgt der Übergang vom Intermediat zum nativen biologisch aktiven Protein mit einer definierten Tertiärstruktur (siehe Abbildung 2.2 ) (Tsumoto et al., 2003).

Abbildung 2.2.:

Ablauf der Proteinrückfaltung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Faltungsreaktion folgt normalerweise einer Kinetik erster Ordnung, während die Aggregation eine Reaktion höherer Ordnung ist. Während eines Rückfaltungsprozesses konkurriert die korrekte Rückfaltung mit Missfaltungen und Aggregationen. Durch diese kinetische Konkurrenz sinkt die Renaturierungsausbeute korrekt gefalteter Proteine mit der Zunahme der Proteinausgangskonzentration ab (Singh and Panda, 2005; Middelberg, 2002). Die Abnahme von denaturierten Protein während der Faltungsreaktion kann wie folgt beschrieben werden (Jungbauer und Kaar, 2006):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um die Aggregationsreaktion zu minimieren und somit die Rückfaltung von Proteinen zu fördern, werden häufig niedermolekulare Substanzen, die sogenannten Faltungsadditive im Rückfaltungspuffer eingesetzt. Zu bekanntesten Faltungsadditiven zählen z.B. Harnstoff und Guanidinhydrochlorid in geringen Konzentrationen (1-2 M), L-Arginin (0,4-1 M) und Detergenzien (Chaps, SDS, CTAB und TritonX-100). Diese Additive verbessern die Proteinlöslichkeit, haben einen stabilisierenden Effekt und reduzieren die Protein-Protein-Interaktionen. Zur Steigerung der Renaturierungsausbeute können auch andere Additive z.B. mit hohen Molekulargewicht wie Polyethylenglykol (PEG), Dimethylsulfoxid (DMSO), oder proteinstabilisierende Agenzien wie Glycerin und Zucker verwendet werden. Ein großer Nachteil bei der Verwendung von Detergenzien ist, dass diese (im Gegensatz zu L-Arginin oder chaotropen Agenzien) sich oft nur schwer aus der Proteinlösung entfernen lassen . (Singh and Panda, 2005; Jungbauer und Kaar, 2006; Clark, 2001).

Die Rückfaltung kann auch wie bei in vivo -Faltungsbedingungen durch den Einsatz von molekularen Chaperonen wie z.B. CroEl-CroES, Peptidyl-Prolyl Isomerase (PPI) und Disulfid-Oxidoreductase (DsbA) verbessert werden. Dies ist jedoch eine kostspielige Methode, die eine Entfernung dieser Proteine aus dem Rückfaltungspuffer erforderlich macht (Clark, 2001).

Bei der Rückfaltung von Proteinen mit nativen Disulfidbindungen sollte ein Redoxsystem im Rückfaltungspuffer vorliegen. Durch ein sogenanntes „oxido-shuffling“-System wird die Bildung korrekter Disulfidbrücken während der Renaturierung gewährleistet (siehe Abbildung 2.3 ). Am häufigsten wird eine Kombination aus reduzierten (GSH) und oxidierten (GSSG) Glutathion im Konzentrationsbereich von 5–15 mM in einem Verhältnis von 10:1 bis 1:1 verwendet. Auch andere Disulfidreagenzien mit niedrigem Molekulargewicht werden häufig als Kombination z.B. Cystin/Cystamin, Cysteamin/Cystamin oder GSSG/DTT erfolgreich eingesetzt (Middelberg, 2002; Clark, 2001). Die optimalen Bedingungen für die Rückfaltung eines Proteins mit nativen Disulfidbrücken liegen vor, wenn die reduzierte Form des Thiolreagenzes im Überschuss zugegeben wird, und die Renaturierung im schwach alkalischen pH-Bereich (8-9) abläuft. Im alkalischen Milieu werden die Thiolatanionenbindungen und damit Disulfidbindungen gefördert (Cabrita und Bottomley, 2004; Middelberg, 2002).

Abbildung 2.3.: Die Bildung von S-S-Brücken durch Oxidation von Thiolen (Latscha et al., 2008).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4 Rückfaltungsmethoden

Verschiedene Strategien wurden entwickelt, um die Proteine in ihren biologisch aktiven Zustand zu bringen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Methoden, die zur Rückfaltung von Proteinen eingesetzt werden können. Die verwendete Methode ist dabei von der Neigung des Proteins zur Aggregatbildung und von der Rückfaltungskinetik abhängig (Cabrita und Bottomley, 2004).

Eine der klassischen Rückfaltungsmethoden ist die Dialyse. Durch diese Rückfaltungsmethode wird durch einen Pufferaustausch das Denaturierungsmittel langsam entfernt und die Proteine in ihre native Konformation überführt. Man unterscheidet die direkte Dialyse oder die schrittweise durchgeführte Dialyse, wobei die im Puffer vorhandene Denaturierungsmittelkonzentration Schritt für Schritt herabgesetzt wird. Die Methode funktioniert nur, wenn die Rate der korrekten Rückfaltung schneller ist als die Rate der Fehlfaltung oder Aggregation (Tsumoto et al., 2003).

Die Diafiltration ist eine weitere Rückfaltungsmethode, bei der ein Pufferaustausch stattfindet. Das Problem bei dieser Methode ist, dass durch Fouling die Poren einer Ultrafiltrationsmembran verstopft werden können und dadurch die Rückfaltungsausbeute erheblich reduziert wird (Li et al., 2004).

Die denaturierten Proteine können auch renaturiert werden, indem sie in einem Rückfaltungspuffer verdünnt werden. Dies ist eine einfache Methode, die häufig im Labormaßstab angewendet wird (Clark, 2001).

Verschiedene Chromatographiesysteme kommen ebenfalls bei der Proteinrückfaltung zum Einsatz. So wurde die Ionenaustausch-Chromatographie (IEC) erfolgreich bei mehreren Proteinen eingesetzt. Dabei wurden die denaturierten Proteine reversibel über ionische Wechselwirkungen an eine Gelmatrix gebunden und anschließend mit einem steigenden Salzgradienten im Rückfaltungspuffer eluiert. Weitere chromatographische Techniken, die eine Proteinrückfaltung begünstigen und gleichzeitig die Aggregation minimieren, sind z.B. Hydrophobe Interaktions Hromatographie (HIC), Größenausschlusschromatographie (SEC) und Affinitätschromatographie (Li et al., 2004).

Eine andere Variante der Matrix-unterstützten Renaturierung ist die Rückfaltung mit Hilfe sogenannter Faltungshelferproteine, die kovalent an einem Träger immobilisiert werden. Altamirano et al. entwickelten eine Methode, bei der neben dem Minichaperon GroEL noch weitere Faltungshelferproteine, wie DsbA und Peptidyl-Prolyl Isomerase an einem Agarosegel immobilisiert wurden. Durch dieses Chaperonsystem konnte die Renaturierungsausbeute, verglichen zur Renaturierung in der Lösung, gesteigert werden (Clark, 2001). Dieses Rückfaltungsverfahren ist allerdings nur für die Proteine geeignet, die als Substrate von GroEL erkannt werden.

Weiterhin gibt es eine Möglichkeit die Proteine durch den Einsatz inverser Micellen zurückzufalten. In diesem Fall werden die denaturierten Proteine in inversen Micellen als einzelne Moleküle aufgenommen. Dadurch werden sie während der Rückfaltung voneinander isoliert, sodass die intermolekularen Wechselwirkungen, die für die Proteinaggregation verantwortlich sind, unterdrückt werden. Diese Methode wurde erfolgreich bei einigen Proteinen eingesetzt, nachdem andere Rückfaltungsverfahren versagt haben. (Hagen et al.,1990; Cabrita und Bottomley, 2004).

Trotz dieser Vielfalt an Methoden und Strategien gibt es keine universelle Rückfaltungstechnik, die alle Anforderungen der Proteinrückfaltung erfüllt. So müssen für jedes Protein die optimalen Rückfaltungsparameter herausgefunden werden, da diese von den Eigenschaften des zu renaturierenden Proteins abhängig sind. Die Komplexität der Proteinrückfaltung macht eine empirische Entwicklung der Prozessbedingungen notwendig (Li et al., 2004).

Die verwendeten Rückfaltungsmethoden sollten möglichst folgende Kriterien erfüllen:

- übertragbarer Maßstab (Scale up, Scale down)
- einfache Automatisierung
- unspezifisch für einen breiten Bereich von ähnlichen Proteinen
- ökonomisch (Middelberg, 2002)

Für die industrielle Realisierung der Rückfaltungsprozesse von Inclusion Bodies sind die Reduzierung von chemischen Kosten und eine Verbesserung der Renaturierungsausbeuten durch Minimierung von Proteinaggregation von entscheidender Bedeutung (Clark, 2001).

In den folgenden Kapiteln werden die Rückfaltungsmethoden, die während dieser Arbeit verwendet wurden ausführlich beschrieben.

2.4.1 Rückfaltung durch Verdünnung

Die Verdünnung der denaturierten Proteine direkt in einem geeigneten Rückfaltungspuffer ist die einfachste und am häufigsten verwendete Rückfaltungsmethode in kleinem Maßstab (Clark, 2001). Da bei hohen Proteinkonzentrationen die Aggregation als Konkurrenzreaktion zur Rückfaltung auftritt, muss oft eine sehr hohe Verdünnung durchgeführt werden (Middelberg, 2002). Aus diesem Grund ist die Proteinkonzentration nach der Verdünnung sehr niedrig und liegt üblicherweise im Bereich von 10 bis 100 μg/ml (Jungbauer und Kaar, 2006).

Im Prinzip kann eine Rückfaltung durch Verdünnung „schnell“ oder „langsam“ erfolgen. Während der schnellen Verdünnungsmethode wird das denaturierte Protein in sehr kurzer Zeit in die Rückfaltungspuffer überführt. Diese Methode kann für die Proteine, die für die Rückfaltung einen längeren Zeitraum benötigen ungeeignet sein. Aus diesem Grund wird die langsame Verdünnungsmethode bevorzugt. Die langsame Zugabe der denaturierten Proteinprobe in die Rückfaltungspuffer erfolgt tropfenweise und in der Regel mit einer Pumpe (Cabrita und Bottomley, 2004).Um die hohe Proteinkonzentration lokal zu vermeiden und somit die Aggregatbildung zu minimieren, sollte der Rückfaltungspuffer während der Renaturierung kontinuierlich gerührt werden (Jungbauer und Kaar, 2006; Clark, 2001).

Der Hauptvorteil dieser Rückfaltungsmethode ist ihre einfache Handhabung. Von großem Nachteil ist die Tatsache, dass nach der Verdünnung oft sehr große Prozessvolumina entstehen. Die Proteine werden während der Rückfaltung stark verdünnt, deswegen ist bei einem Einsatz dieser Methode im großen Maßstab ein zusätzlicher Aufkonzentrierungsschritt notwendig (Singh and Panda, 2005; Clark, 2001).

2.4.2 Rückfaltung mittels Gelfiltrationschromatographie (SEC)

Die Gelfiltrationschromatographie oder Size Exclusion Chromatography (SEC) hat sich als wertvolle Methode für die Proteinrückfaltung erwiesen. Bei dieser Rückfaltungsmethode werden die denaturierten Proteine durch einen Pufferaustausch in ihre native Konformation zurückgefaltet (Clark, 2001). Nach der Äquilibrierung der Gelfiltrationssäule mit dem Rückfaltungspuffer wird die denaturierte Proteinprobe auf die Säule appliziert und anschließend mit dem Rückfaltungspuffer eluiert (Tsumoto et al., 2003). Die Säulenmatrix funktioniert dabei wie ein „Käfig“ und reduziert die Aggregatbildung durch physikalische Isolation der Proteinmoleküle (Swietnicki, 2006).

Zu Beginn des Rückfaltungsprozesses besitzt das denaturierte, ungefaltete Protein aufgrund seiner ungeordneten Struktur einen großen hydrodynamischen Radius und wird von der Mehrzahl der Poren ausgeschlossen. Im Verlauf der Rückfaltung wirkt die lokale Umgebung des Proteins weniger denaturierend und das Protein faltet sich in eine kompakte Form, welche einen reduzierten hydrodynamischen Radius aufweist. Infolgedessen steht dem Protein vorher unzugängliches Porenvolumen zur Verfügung. In Abhängigkeit vom hydrodynamischen Radius können so verschiedene Proteinkonformationen voneinander getrennt werden. Dabei beobachtet man folgende Elutionsreihenfolge: aggregierte Proteine, native Proteine, und schließlich niedermolekulare Substanzen des Denaturierungspuffers (Kromidas, 2006; Singh and Panda, 2005).

Die Rückfaltung mittels Gelfiltrationschromatographie bietet im Vergleich zu anderen Rückfaltungsmethoden mehrere Vorteile. Mit dieser Technik ist eine Fraktionierung der Proteine möglich, somit können die nativen Proteinmonomere von den Aggregaten isoliert werden. Der Rückfaltungsprozess kann mit einem handelsüblichen Chromatographiesystem einfach automatisiert werden. Außerdem ist diese Rückfaltungsmethode auch für konzentrierte Proteinproben gut geeignet (Middelberg, 2002; Singh and Panda, 2005).

2.5 Methoden zur Analyse der Proteinrückfaltung

Um den Renaturierungserfolg sicherzustellen, müssen die Proteineigenschaften nach einer Rückfaltung genau analysiert werden. In Abhängigkeit von der Art des Zielproteins stehen verschiedene Analysemethoden zur Verfügung. Die biologische Aktivität von Enzymen wird häufig mit Hilfe eines geeigneten Aktivitätsassays überprüft. Handelt es sich um therapeutische Proteine, so können diese mit spezifischen Immunoassays nachgewiesen werden. Mittels Fluoreszenzspektroskopie lässt sich die Konformation eines Proteins mit aromatischen Aminosäuren (z.B. Tryptophan, Tyrosin) untersuchen.

Eine interessante Analysetechnik ist die “capillary isoelectric focusing electrospray ionization mass spectrometry” (CIEF-ESIMS) , die online eingesetzt werden kann. Mit dieser Technik ist es möglich, Faltungsintermediate mit unterschiedlicher Anzahl von Disulfidbrücken nachzuweisen. Der Circulardichroismus (CD) ist eine Methode, mit der man den Gehalt der beiden häufigsten Sekundärstrukturmotive eines Proteins, die α-Helix und das β-Faltblatt ermitteln kann. Der Nachteil dieser Methode liegt darin, dass manchmal Schwierigkeiten bei der Interpretation von CD - Spektren auftreten. Ist die Bestimmung der drei-dimensionalen Anordnung eines Proteins das Ziel der Untersuchungen, kann die NMR-Spektroskopie (engl. nuclear magnetic resonance) als Analysetechnik gewählt werden (Middelberg, 2002).

Die korrekte Ausbildung von Disulfidbrückenbindungen wird oft mit der Reversed - Phase ( RP)- Chromatographie (Jungbauer und Kaar, 2006), mit der nicht - reduzierenden und reduzierenden Gelelektrophorese, oder mit der Massenspektrometrie (MS) analysiert. Weiterhin können freie Sulfhydrylgruppen (SH-Gruppen) in Proteinen mit Hilfe des sogenannten Ellmansreagenz (DTNB, 5,5´-Dithiobis-(2-nitrobenzoesäure)) nachgewiesen werden (Cabrita und Bottomley, 2004).

Auch die Anwesenheit von Proteinaggregaten sollte nach einer Rückfaltung geprüft werden. Hierzu werden hauptsächlich Trübungsmessung (Middelberg, 2002), Ultrazentrifugation, d ynamische Lichtstreuung (DLS), Elektronenmikroskopie (Cabrita und Bottomley, 2004) und Size Exclusion Chromatography (SEC) gekoppelt mit der Streulichtdetektion eingesetzt (Jungbauer und Kaar, 2006).

Neben bereits existierenden Analysetechniken werden auch neue Methoden entwickelt, um in der Zukunft die Automatisierung des gesamten Analyseprozesses zu ermöglichen (Middelberg, 2002).

2.6 Fluoreszenzspektroskopie

Die Fluoreszenzspektroskopie ist eine leistungsfähige und vielseitige Methode zur Untersuchung von Systemen auf der molekularen oder supramolekularen Ebene. Die wesentlichen Vorteile dieser Analysemethode liegen insbesondere in ihrer hohen Sensitivität und Selektivität. Mit Hilfe der Fluoreszenzspektroskopie ist es möglich auch geringe Probemengen zerstörungsfrei zu analysieren. Mit dieser Methode wird nicht nur die Eigen-Fluoreszenz von biologischen Makromolekülen (intrinsische Fluoreszenz) untersucht, sondern auch die Fluoreszenz von künstlichen fluoreszierenden Gruppen, die an das biologische System angeheftet wurden (extrinsische Fluoreszenz). Wegen ihrer herausragenden Empfindlichkeit zählt sie zu den wichtigsten Verfahren in der Spurenanalytik. Die Vielseitigkeit der Anwendungen der Fluoreszenzspektroskopie in der Biophysik beruht vor allem auf der Nutzung von künstlichen Fluorophoren als „Marker“ in biologischen Systemen.

Aus diesen Gründen ist die Fluoreszenzspektroskopie mittlerweile auch in vielen anwendungsbezogenen Bereichen, wie der klinischen Medizin, der Prozessüberwachung und der Umweltanalytik etabliert und hat in den letzten Jahren immer höheren Stellenwert in der Forschung erhalten (Plessow, 2004).

2.6.1 Prinzip der Fluoreszenz

Bei der Fluoreszenzmessung wird das Molekül durch die Absorption von Anregungslicht in einen elektronisch angeregten Zustand versetzt. Ohne Einwirkung von Anregungslicht befindet sich das Molekül stets im Grundzustand, dem niedrigsten Energiezustand. Der Übergang eines Moleküls von dem Grundzustand in den angeregten Zustand erfolgt innerhalb von Femtosekunden (10-15 s) (Plessow, 2004).

Durch die Stöße des angeregten Moleküls mit seiner Umgebung wird ein Teil der Anregungsenergie zunächst in thermische Energie strahlungslos umgewandelt (strahlungslose Desaktivierung). So klettert das angeregte Molekül auf der Leiter seiner

Schwingungsniveaus immer weiter nach unten, bis es im Schwingungsgrundzustand des elektronisch angeregten Zustandes angekommen ist. Die verbleibende Anregungsenergie wird bei der Rückkehr des Moleküls aus dem angeregten Zustand in den Grundzustand in Form von Licht freigesetzt, was man als Fluoreszenz bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4.: Der Mechanismus der Fluoreszenz

Der Übergang in den elektronischen Grundzustand erfolgt vertikal nach dem Franck-Condon-Prinzip, da das Kerngerüst während des Elektronenübergangs unverändert bleibt. Das resultierende Fluoreszenzspektrum zeigt eine charakteristische Schwingungsstruktur des elektronischen Grundzustandes. Das Fluoreszenzlicht ist normalerweise energieärmer als das Anregungslicht, da ein Teil der Energie durch die strahlungslose Desaktivierung an die Umgebung abgegeben wird. Aus diesem Grund ist das Fluoreszenzspektrum gegenüber dem Absorptionsspektrum zu größeren Wellenlängen verschoben (Atkins, 2002).

2.6.2 Intrinsische Fluoreszenz von Proteinen

Als natürliche intrinsische Fluorophore in Proteinen dienen die drei aromatischen Aminosäuren Phenylalanin (Phe), Tyrosin (Tyr) und Tryptophan (Trp). Die

Absorptionsmaxima dieser Aminosäuren liegen bei 280 nm (Tryptophan), bei 274 nm (Tyrosin) und bei 257 nm (Phenylalanin). Bei diesen Wellenlängen ist das Verhältnis ihrer Extinktionskoeffizienten 27:7:1. Da in den meisten Experimenten die Proteinfluoreszenz bei Wellenlängen größer als 280 nm angeregt wird, trägt Phenylalanin, dessen Anregungsmaximum bei 257 nm liegt, nicht mehr zur Fluoreszenz bei. Außerdem ist die Fluoreszenz von Phenylalanin nach seiner Anregung sehr gering und kann kaum beobachtet werden.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842828346
DOI
10.3239/9783842828346
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg – Life Sciences, Biotechnologie
Erscheinungsdatum
2012 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
denaturierung inclusion rückfaltung proteinen fluoreszenzspektroskopie gelfiltrationschromatographie
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Titel: Untersuchungen zur Denaturierung und Rückfaltung von Lysozym und ß-Lactoglobulin
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