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Jugendarbeit und Ganztagsschule

Grundlagen und Wege zu einer Kooperation

©2006 Diplomarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Jugendarbeit und Ganztagsschule - Grundlagen und Wege zu einer Kooperation.“ Als im Jahr 2001 die Ergebnisse der ersten PISA- Vergleichsstudie veröffentlicht wurden, begann in Deutschland eine so noch nicht da gewesene Bildungsdiskussionen über die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule. Nach den schockierenden Resultaten der deutschen Schüler im Ländervergleich wurde die Ganztagsschule innerhalb kürzester Zeit zu einem Allheilmittel für die Bildungsprobleme in Deutschland.
Ich erinnere mich gut, dass kurz nach der Veröffentlichung der PISA Ergebnisse eine Podiumsdiskussion mit den politischen Vertretern aller großen Parteien veranstaltet wurde, in der über die Vorteile und Nachteile beim Ausbau der Ganztagsschulen diskutiert wurde. Dies war die einzige Diskussion dieser Art, die ich erlebte, in der sich alle anwesenden Politiker in der Kernaussage einig waren. Diese lautete: „Die Ganztagsschulen müssen ausgebaut werden, um Deutschland im Ländervergleich unter die ersten Plätze zu bringen und zudem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.“
Für die anwesenden Vertreter der Kinder- und Jugendarbeit wurde die stringente Forderung nach dem deutschlandweiten Ausbau der Ganztagsschulen jedoch als eine Art „Kampfansage“ aufgenommen, da die Ganztagsschulen für diese eine enorme Konkurrenz bedeuteten. Sie verbanden diese Schulart mit einer Verringerung der Erziehungsmöglichkeiten der Eltern, einer absoluten Verschulung der kindlichen Freizeit und einem Ablösen der Familie als zentrale Erziehungsinstanz. Zudem stellte sich für die Vertreter der Jugendarbeit die Frage, wann sie ihre Freizeitprogramme noch durchführen sollten, wenn Kinder und Jugendliche ihre Tage bis vier Uhr nachmittags in der Schule verbrächten erst gegen halb fünf wieder zu Hause seien und dann gegebenenfalls noch Lernen müssten.
Für die Jugendarbeit würde dies bedeuten, dass die Kernzeiten der Arbeit, die Nachmittagsstunden, nicht mehr zur Verfügung stünden und es somit zu einer Art Konkurrenzkampf zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule käme.
Die „[…] flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulen […] wird zu einer verstärkten Konkurrenz zwischen schulischen und sozialpädagogischen Angeboten für Schulkinder am Nachmittag führen.“. Mit dieser Aussage griff das Bundesjugendkuratorium im Dezember 2001 die Befürchtungen der Verantwortlichen in der Jugendarbeit und anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Doris Ellermann
Jugendarbeit und Ganztagsschule
Grundlagen und Wege zu einer Kooperation
ISBN: 978-3-8366-1147-3
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

1
Inhaltsverzeichnis
1.
EINLEITUNG 3
2.
POLITISCHE ENTWICKLUNGEN ZUM THEMA
GANZTAGSSCHULE 9
2.1
Der ,,PISA-Schock"
9
2.2
Das Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
12
2.3
Die Umsetzung des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und
Betreuung" in Niedersachsen
15
3.
DIE GANZTAGSSCHULE
19
3.1
Rechtliche Grundlagen der Ganztagsschule
19
3.2
Formen von Ganztagsschulen
20
3.3
Aufgaben und Ziele von Ganztagsschulen
25
4.
JUGENDARBEIT 29
4.1
Rechtliche Grundlagen der Jugendarbeit
30
4.2. Aufgaben und Prinzipien der Jugendarbeit
33
4.3
Organisationsformen und Felder der Jugendarbeit
37
5.
JUGENDARBEIT UND GANZTAGSSCHULE -
EIN STRUKTURELLER VERGLEICH
43
5.1
Bildung 43
5.2
Strukturelle Vergleiche
46
6.
KOOPERATION KONKRET
53
6.1
Was ist Kooperation?
53
6.2
Warum Kooperation?
55
6.2.1
Motivlagen aus Sicht der Jugendarbeit
55
6.2.2
Motivlagen aus Sicht der Schule
57
6.3
Kooperationsprobleme 58

2
7.
WEGE ZU EINER GELINGENDEN KOOPERATION
63
7.1
Voraussetzungen für eine gelingende Kooperation
63
7.2
Planung einer Kooperation
68
7.3
Arbeitsfelder einer Kooperation
79
8.
FAZIT 83
LITERATURVERZEICHNIS 89

3
1. Einleitung
,,Jugendarbeit und Ganztagsschule - Grundlagen und Wege zu einer Koope-
ration." Der Titel dieser Arbeit ergibt sich aus einer Art persönlichen Reflexi-
on, meiner ehrenamtlichen Arbeit im Bereich der Jugendarbeit. Als im Jahr
2001 die Ergebnisse der ersten PISA- Vergleichsstudie veröffentlicht wurden,
war meine Schulzeit bereits seit zwei Jahren beendet und ich war im Hinblick
auf die an PISA anschließenden Bildungsdiskussionen ziemlich froh darüber.
Für mich wäre es niemals in Frage gekommen eine Ganztagsschule zu
besuchen, da meine Freizeit durch Aktivitäten im Sportverein und in der
Jugendarbeit vollkommen ausgefüllt war und ich dies auch nicht hätte ändern
wollen. Freizeit definierte sich für mich immer als ,,freie Zeit ohne Schule" und
nicht ,,freie Zeit in der Schule". Durch meine jahrelange ehrenamtliche Tätig-
keit in einem Jugendverband habe ich die auf die PISA-Studie folgende
Diskussion rund um Ganztagsschulen und Kooperationen jedoch trotzdem
nah und aktiv verfolgen können. Ich erinnere mich gut, dass kurz nach der
Veröffentlichung der PISA Ergebnisse eine Podiumsdiskussion mit den politi-
schen Vertretern aller großen Parteien veranstaltet wurde, in der über die
Vorteile und Nachteile beim Ausbau der Ganztagsschulen diskutiert wurde.
Dies war die einzige Diskussion dieser Art, die ich erlebte, in der sich alle
anwesenden Politiker in der Kernaussage einig waren. Diese lautete: ,,Die
Ganztagsschulen müssen ausgebaut werden, um Deutschland im Länder-
vergleich unter die ersten Plätze zu bringen und zudem eine bessere Verein-
barkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen." Für uns, als Vertreter der
Jugendverbände wurde die stringente Forderung nach dem deutschlandwei-
ten Ausbau der Ganztagsschulen als eine Art ,,Kampfansage" aufgenommen,
da die Ganztagsschulen für uns eine enorme Konkurrenz bedeuteten. Wir
verbanden diese Schulart mit einer Verringerung der Erziehungsmöglichkei-
ten der Eltern, einer absoluten Verschulung der kindlichen Freizeit und einem
Ablösen der Familie als zentrale Erziehungsinstanz. Zudem stellte sich für
uns als Jugendverband die Frage, wann wir unsere Freizeitprogramme noch
durchführen sollten, wenn Kinder und Jugendliche ihre Tage bis vier Uhr

4
nachmittags in der Schule verbrächten erst gegen halb fünf wieder zu Hause
seien und dann gegebenenfalls noch Lernen müssten. Für die Jugendarbeit
würde dies bedeuten, dass die Kernzeiten der Arbeit, die Nachmittagsstun-
den, nicht mehr zur Verfügung stünden und es somit zu einer Art Konkur-
renzkampf zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule käme.
Die ,,[...] flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulen [...] wird zu
einer verstärkten Konkurrenz zwischen schulischen und sozialpädagogi-
schen Angeboten für Schulkinder am Nachmittag führen.".
1
Mit dieser Aus-
sage griff das Bundesjugendkuratorium im Dezember 2001 die Befürchtun-
gen der Verantwortlichen in der Jugendarbeit und anderen Einrichtungen der
Kinder- und Jugendhilfe auf und forderte gleichzeitig, die jeweiligen institutio-
nellen Begrenzungen kritisch zu beleuchten und gegebenenfalls zu überwin-
den, um angemessen mit der neuen Herausforderung der ganztägigen Bil-
dungsangebote umgehen zu können. Die Notwendigkeit dieser Forderung
wurde nach der anfänglichen Skepsis bezüglich der Ganztagsschulen auch
in den Bereichen der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit erkannt
und es wurden Arbeitskreise und Konzeptgruppen eingerichtet, in denen
mögliche Kooperationsmodelle entwickelt wurden. Im Nachhinein könnte
diese Entwicklung wahrscheinlich als Resignation von Seiten der Verantwort-
lichen der Jugendarbeit eingestuft werden. Ein Vertreter des Bundes der
Katholischen Jugend in der Diözese Osnabrück sagte hierzu zu Beginn einer
Arbeitskreissitzung, an der ich teilnahm, dass die Entwicklung im Bereich der
Ganztagsschulen nicht aufzuhalten sei. Unabhängig von der persönlichen
Meinung bezüglich der Einrichtung von Ganztagsschulen sei es wichtig, sich
der Situation zu stellen und das Beste daraus zu machen. Die Jugendver-
bände müssten sich mit der Einführung der Ganztagsschulen abfinden und
nach Lösungsmöglichkeiten suchen, wie verbandliche Arbeit und ganztägige
Schule miteinander vereinbart werden könnten.
Doch auch die Verantwortlichen der Ganztagsschulen taten sich zu Beginn
der Entwicklung schwer, einer Kooperation zwischen Jugendarbeit und
1
Bundesjugendkuratorium (Hrsg.):Streitschrift. Zukunftsfähigkeit sichern! ­ Für ein
neues Verhältnis von Bildung und Jugendhilfe, Bonn/ Berlin 2001.

5
Ganztagsschulen etwas Positives abzugewinnen. Schulen sind kompakte
und in sich geschlossene Systeme, denen es bekanntermaßen schwer fällt,
Einflüssen von außen zuzulassen. Zudem galt der Kooperationspartner
Jugendarbeit und insbesondere die Jugendverbandsarbeit auf Grund der
Vielzahl von ehrenamtlichen Kräften als nicht gerade als kompetent und
leistungsstark. Glücklicherweise haben sich die Einstellungen beider Seiten
in den letzten Jahren verändert und Kooperationen werden mittlerweile in
den meisten Fällen als gewinnbringend und chancenreich für alle Beteiligten
gesehen. Nichts desto trotz gestaltet sich der Weg zu einer Kooperation
zwischen den Systemen oftmals als schwierig und konfliktanfällig und ist
vielfach geprägt durch persönliche -teils negative- Erfahrungen und Vorurtei-
le. Die Kernfrage dieser Arbeit lautet daher:
,,Wie ist es dennoch möglich, eine gelingende und notwendige Kooperation
zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule zu entwickeln,
welche Grundlagen sind hierfür von Belang und welche Punkte müssen
bedacht werden?"
Ich beginne mit einem Kapitel zu den politischen Entwicklungen bezüglich
der flächendeckenden Einrichtung von Ganztagsschulen in Deutschland. In
diesem Kapitel wird kurz erläutert wodurch diese Entwicklung ausgelöst
wurde, wie die Bundesregierung den Ausbau der Ganztagsschulen unter-
stützt und wie insbesondere im Land Niedersachsen mit dem Investitions-
programm des Bundes umgegangen wird. Im dritten Punkt werde ich dann
die wichtigsten Fakten und Grundlagen über Ganztagsschulen zusammen-
tragen. Hierzu gehören die rechtlichen Grundlagen, die speziellen Formen
und die Aufgaben und Ziele von Ganztagsschulen. Der vierte Teilbereich der
Arbeit ist kongruent zu dem vorgegangenen Abschnitt aufgebaut bezieht sich
jedoch auf die Fakten und Grundlagen der Jugendarbeit. In den ersten Kapi-
teln dieser Arbeit wird somit eine Grundlage geschaffen, die dem Leser als
Basis für die weiteren Darlegungen hinsichtlich einer Kooperation zwischen
Jugendarbeit und Ganztagsschule dienen soll. Als eine Art Übergang zwi-
schen diesen Grundlagenpunkten und den weiter folgenden ist der fünfte
Abschnitt gedacht. Dieser befasst sich mit einem strukturellen Vergleich der

6
Bereiche Jugendarbeit und Ganztagsschule. Dieser Vergleich scheint mir
aus dem Grund wichtig zu sein, als dass er kurz und knapp deutlich macht,
wie unterschiedlich die Jugendarbeit und die Ganztagsschule in ihren Ar-
beitsweisen, ihren strukturellen Vorraussetzungen und der inhaltlichen Be-
setzung grundsätzlich gleicher Begrifflichkeiten sind. In diesem Punkt lege
ich zu Beginn Wert auf die jeweils spezifische Auslegung des Bildungsbeg-
riffs, um dann im folgenden Jugendarbeit und Ganztagsschule auch in weite-
ren Grundlagen wie Organisation, Recht, Finanzen und Personal zu verglei-
chen. Zum Abschluss dieses Kapitels findet sich dann ein kurzes Zwischen-
fazit, welches die wesentlichsten Erkenntnisse des letzten Abschnitts zu-
sammenfasst. Bevor es dann im letzten Teilbereich der Arbeit um den kon-
kreten Weg zu einer Kooperation geht, werden im sechsten Arbeitsschritt
grundlegende Elemente
im Hinblick auf eine gelingende Kooperation behan-
delt. Hierzu gilt es zwei wesentliche Fragen zu beantworten: ,,Was ist Koope-
ration?" und ,,Warum Kooperation?". Bei der Beantwortung der letzteren
werde ich zudem unterscheiden nach Motivlagen der Jugendarbeit und der
Ganztagsschulen, um herauszustellen, welche Vorteile eine Kooperation mit
sich bringt. Dieses Kapitel zu den grundlegenden Fakten bezüglich einer
Kooperation zwischen Jugendarbeit und Ganztagsschule endet mit der Be-
nennung verschiedener Kooperationsprobleme, die im Rahmen einer Zu-
sammenarbeit auftreten könnten.
Wie bereits genannt werde ich im abschließenden Abschnitt den Weg zu
einer gelingenden Kooperation aufzeigen. Hierzu benenne ich zu Anfang
Vorrausetzungen, die den Verlauf einer Kooperation positiv beeinflussen und
als Grundlagen für den Weg zu einer gelingenden Kooperation gesehen
werden können. Im nachfolgenden Punkt zeige ich an Hand einer Tabelle
von Manuel Fuchs auf, wie eine gelingende Kooperation vorbereitet, entwi-
ckelt, durchgeführt und ausgewertet werden könnte. Dieser Leitfaden gibt
den genauen Planungsablauf einer Kooperation wieder und bearbeitet Schritt
für Schritt alle aufkommenden Fragen bevor zum Abschluss dieses Teilbe-
reichs spezifische Arbeitsfelder im Bereich der Ganztagsschule angegeben

7
werden, in denen eine Kooperation mit der Jugendarbeit besonders sinnvoll
und gewinnbringend erscheint.

9
2. Politische Entwicklungen
zum Thema Ganztagsschule
In Deutschland gab es bereits im 19. Jahrhundert ein Ganztagsschulsystem,
welches als ,,traditionelles Ganztagsschulsystem" bezeichnet werden kann.
2
Dieses Ganztagsschulsystem orientierte sich schwerpunktmäßig an den
Arbeitszeiten der Handwerker. Die klassische Halbtagsschule, wie es sie
heute gibt, wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts eingeführt. Zu dieser Zeit
war die Kinderarbeit in Landwirtschaft und Industrie weit verbreitet und auf
Grund der Vielzahl von Schülern musste ein Schichtunterricht eingeführt
werden. Um diesen zu ermöglichen, wurde aus der traditionellen Ganztags-
schule die Halbtagsschule, die bis heute in Deutschland bestand hat. Die
bildungspolitischen Entwicklungen der letzten fünf Jahre, die ursächlich auf
das ungenügende Abschneiden der deutschen Schüler im Ländervergleich
der PISA-Studie zurückgehen, haben eine neue Debatte um das Thema
Ganztagsschulen ausgelöst. Im folgenden Kapitel sollen die politischen Ent-
wicklungen bezüglich der (Wieder-)Einführung der Ganztagsschule kurz
thematisiert werden. Hierzu ist es notwendig in einem ersten Schritt die PISA-
Studie
3
aufzugreifen, um dann auf das Investitionsprogramm ,,Zukunft Bil-
dung und Betreuung" als Reaktion der Bundesregierung auf die PISA Ergeb-
nisse zu kommen und die Umsetzung im Land Niedersachsen.
2.1 Der ,,PISA-Schock"
Im Jahr 2001 veröffentlichte das Deutsche PISA Konsortium die Ergebnisse
der Ersten von insgesamt drei geplanten Untersuchungen über die Basis-
2
Und im Folgenden vgl. Harald Ludwig: Die Entwicklung der modernen Ganztagsschule in:
Volker Ladenthin, Jürgen Rekus (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Weinheim/München 2005, S.
261ff..
3
Programme for International Student Assessement (Programm für die zyklische Erfassung
basaler Kompetenzen).

10
kompetenzen von Schülerinnen und Schülern kurz die PISA-Studie.
4
"Ziel der
PISA-Studie war und ist es, die Leistungsfähigkeit der formellen Bildungssys-
teme international zu vergleichen und zu analysieren."
5
Zu dieser Studie
gehören drei Teilerhebungen, die im Abstand von drei Jahren durchgeführt
und veröffentlicht werden und die Grundkompetenzen der Schülerinnen und
Schüler in verschiedenen schulischen Bereichen testen sollen. Die erste
Teilstudie befasste sich im Jahr 2000 mit der Lesekompetenz, die zweite
Studie, die im September 2004 von der Organisation für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung
6
veröffentlicht wurde, beschäftigte sich im
Kern mit der mathematischen Grundbildung. Der dritte Teil der Studie, wel-
cher voraussichtlich im Herbst 2006 veröffentlicht wird, befasst sich mit der
naturwissenschaftlichen Grundbildung der Schülerinnen und Schüler.
7
Ins-
gesamt wurden in Deutschland 5000 Schülerinnen und Schüler im Alter von
15 Jahren getestet.
Die Ergebnisse der ersten PISA-Studie lösten in Deutschland eine vorher so
noch nicht da gewesene Bildungsdiskussion, den so genannten ,,PISA-
Schock" aus. Die deutschen Schülerinnen und Schüler lagen im Vergleich zu
den anderen Ländern nur auf Platz 23, wobei insbesondere der Zusammen-
hang zwischen Bildung und sozialer Herkunft als besorgniserregend benannt
wurde
8
. Hierzu äußerte sich das Deutsche PISA-Konsortium wie folgt:
,,Während in Deutschland die Kopplung von sozialer Lage der Her-
kunftsfamilie und dem Kompetenzerwerb der nachwachsenden Ge-
neration ungewöhnlich straff ist, gelingt es in anderen Staaten ganz
unterschiedlicher geographischer Lage und kultureller Tradition,
trotz ähnlicher Sozialstruktur der Bevölkerung, die Auswirkungen
der sozialen Herkunft zu begrenzen. Dies ist in der Regel auf eine
4
Deutsches Pisa Konsortium (Hrsg.): PISA 2000, Basiskompetenzen von Schülerinnen und
Schülern im Internationalen Vergleich, Opladen 2001.
5
Manuel Fuchs: Jugendarbeit und Schule in Kooperation, Konstanz 2005, S. 5.
6
Im Folgenden OECD (in Deutschland vertreten durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung).
7
Vgl. Manuel Fuchs 2005, S.5.
8
Vgl. Karl Späth: Zum Verhältnis von Erziehungshilfen - Schule - Bildung in: Evangelischer
Erziehungsverband e.V. (Hrsg.): Schule und Jugendhilfe, Hannover 2004, S. 26.

11
erfolgreiche Förderung von Kindern und Jugendlichen aus sozial
schwächeren Schichten zurückzuführen."
9
Dass die Verantwortung dieser Förderung jedoch nicht allein die Schule
tragen kann, ist in Deutschland schnell erkannt worden. So ziehen das Bun-
desjugendkuratorium, die Sachverständigenkommission des Elften Kinder-
und Jugendberichts und die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe in ihrer
gemeinsamen Erklärung ,,Bildung ist mehr als Schule - Leipziger Thesen zur
aktuellen politischen Debatte"
10
nachstehende Schlussfolgerung:
,,Nur wenn auch die Familie, die verschiedenen Bereiche der Kin-
der- und Jugendhilfe sowie die berufliche Ausbildung als Orte der
Bildung gezielt gefördert werden, verbessern sich die Bildungs- und
Teilhabechancen aller jungen Menschen."
11
Die Vermittlung von Bildung wird heute nicht mehr als alleinige Aufgabe der
Schulen gesehen und als Reaktion auf die Ergebnisse der PISA-Studie mehr-
ten sich die Forderungen nach der Entwicklung eines neuen Bildungsver-
ständnisses, nach dem Ausbau der Ganztagsangebote und der Kooperation
zwischen der Institution Schule und den Institutionen der Kinder- und Ju-
gendhilfe.
12
Der Titel der Leipziger Thesen ,,Bildung ist mehr als Schule"
13
wurde zu einem politischen und pädagogischen Grundgedanken und zu einer
existentiellen Forderung nach einem strukturellen Wandel des deutschen
Bildungssystems.
14
Dieser Forderung hat die Bundesregierung mit der Vor-
lage des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und Betreuung" Rechnung
9
Deutsches Pisa Konsortium 2001, S. 393.
10
Bundesjugendkuratorium u.a. (Hrsg.): Bildung ist mehr als Schule. Leipziger Thesen zur
aktuellen bildungspolitischen Debatte, Bonn/Berlin/Leipzig 2002.
11
Ebd..
12
Vgl. Bundesjugendkuratorium 2001; Vgl. Bundesministerium für Familien, Senioren,
Frauen und Jugend (Hrsg.): 11. Kinder- und Jugendbericht, Berlin 2002; Vgl. Bundesjugend-
kuratorium 2002; Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.):
Positionspapier ,,Für mehr Ganztagsschulen, Berlin 2000.
13
Bundesjugendkuratorium 2002.
14
Vgl. Manuel Fuchs 2005, S. 7.

12
getragen, welches im Folgenden kurz als Grundlage für den Ausbau der
Ganztagsschulen vorgestellt wird.
2.2 Das Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
Mit dem Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB)
15
legte die Bundesregierung im Jahr 2002 den Grundstein für den Ausbau von
Ganztagsschulen in Deutschland. Die genauen Modalitäten des Programms
wurden in einer Verwaltungsvereinbarung festgelegt, die am 1. Januar 2003
in Kraft trat. Das IZBB wurde vielfach als Antwort auf die mäßigen Ergebnisse
der deutschen Schüler in der PISA-Studie gesehen und ist eines der größten
Investitionsprogramme der deutschen Bildungsgeschichte.
16
Im Rahmen des
Programms werden von der Bundesregierung in den Jahren 2003 bis 2007
insgesamt 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die für den Ausbau von
Ganztagsschulen bestimmt sind. Durch das IZBB könnten bis 2007 insge-
samt 10.000 zusätzliche Ganztagsschulen entstehen führte Altbundeskanzler
Gerhard Schröder in einer Regierungserklärung zum Thema Bildung und
Innovation am 13.06.2002 an.
17
Weiterhin heißt es hier, dass sich in Ganz-
tagsschulen Bildung und Erziehung leichter miteinander verbinden ließen und
eine Ausweitung der Ganztagsbetreuung ohnedies aus familienpolitischen
Gründen eine absolute Notwendigkeit sei.
18
Durch das IZBB ,,[...] soll die
Schaffung einer modernen Infrastruktur im Ganztagsschulbereich unter-
stützt"
19
werden, um so ein bedarfsorientiertes Angebot in allen Regionen zu
erreichen.
20
Das Ziel des Programms liege im Aufbau zusätzlicher Ganz-
tagsschulen und in der qualitativen Weiterentwicklung bestehender Ganz-
tagsschulen. Die Sachverständigenkommission des 12. Kinder- und Jugend-
15
Im Folgenden IZBB.
16
Vgl. http://www.ganztagsschulen.org/131.php.
17
Vgl. http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/regierungserklaerung/64/84264/multi.html.
18
Vgl. http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/regierungserklaerung/64/84264/multi.html.
19
Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF):Verwaltungsvereinbarung zum
Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" 2003 ­ 2007, o.O. 2003, Präambel.
20
Und im Folgenden vgl. BMBF 2003, Präambel.

13
berichts bezeichnet das IZBB als einen ,,[...] wichtigen Impuls für den Ausbau
von Ganztagsschulen"
21
.
Die Zahlung der Finanzhilfen, die im Rahmen des IZBB an die Länder bewil-
ligt werden, basieren auf Artikel 104a Absatz 4 Grundgesetz in dem es heißt:
,,[...](4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders be-
deutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindever-
bände) gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher
Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des
wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Das Nähere,
insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder
auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch
Verwaltungsvereinbarung geregelt."
22
Im Sinne des Grundgesetzes handelt es sich somit beim Ausbau des Ganz-
tagsschulbereichs um eine besonders bedeutsame Investition, die unter
anderem zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich ist.
23
Die Ausdehnung der Ganztagsschulen in Deutschland soll jedoch nicht nur
zu einer Verbesserung der Schülerleistungen in verschiedenen Erhebungen
führen.
24
Durch die Förderung aller Potentiale in der Schule werde ein ent-
scheidender Beitrag zu einer guten Qualifizierung für die zukünftige Erwerbs-
arbeit geleistet.
25
Die Einrichtung neuer Ganztagsangebote soll durch die
Ausschöpfung des vorhandenen Potentials für eine Deckung des Bedarfs an
qualifizierten Erwerbspersonen sorgen und neue, zukunftssichere Arbeits-
21
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.): 12.
Kinder- und Jugendbericht, Berlin 2005, S.306.
22
Beck-Texte: Grundgesetz, 38. neubearbeitete Auflage Stand: Oktober 2002, S. 49.
23
Vgl. Beck-Texte: Grundgesetz, 38. neubearbeitete Auflage Stand: Oktober 2002, S. 49.
24
Vgl. Konrad Fees: Die öffentliche Ganztagsschule in Deutschland: Daten und Konzepte in:
Volker Ladenthin, Jürgen Rekus (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Weinheim/München 2005, S.
126.
25
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003, Präambel.

14
plätze entstehen lassen.
26
Dies bezeichnet Konrad Fees in seinem Beitrag zu
den Daten und Konzepten von öffentlichen Ganztagsschulen als volkswirt-
schaftlich investives Qualitätsargument.
27
Die Höhe der Finanzhilfe, die der Bund im Rahmen des Investitionspro-
gramms gewährt, ist vertraglich mit jedem Bundesland geregelt und bemisst
sich nach den Schülerzahlen der Grundschulen und der Sekundarstufen I
des jeweiligen Bundeslandes und an der Gesamtzahl der Schüler im Bun-
desgebiet im Schuljahr 2000/2001.
28
Gemäß dieser Berechnung bekommt
das Land Niedersachsen von der Bundesregierung insgesamt 394.617.429
Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen im Zeitraum 2003 bis 2007.
29
Dieses Geld ist primär als Subvention für bauliche Maßnahme wie den Aus-,
Auf- und Umbau von Ganztagsschulen und die Renovierung bestehender
Ganztagsschulen bestimmt. Gelder für zusätzliche Personalkosten außerhalb
dieser Sachinvestitionen sind nicht vorgesehen.
30
Es werden allerdings auch
Fördergelder im Rahmen von Kooperationen der Schulen mit Horten oder mit
Trägern der Jugendhilfe gezahlt.
31
Die Mittel aus dem IZBB sind als Zusatz-
finanzierungen abzurufen, das heißt, die Länder müssen den erhaltenen
Betrag mit mindestens 10% Eigenmitteln ergänzen.
32
Zudem ist festgelegt,
dass ein pädagogisches Konzept der zu fördernden Ganztagsschule vorlie-
gen muss.
33
Was unter dem Begriff Ganztagsschule zu verstehen ist, ist in
den jeweiligen Erlassen der Länder geregelt.
34
Die Umsetzung des IZBB wird in den Bundesländern unterschiedlich ge-
handhabt. Daher habe ich mich entschlossen im Folgenden exemplarisch die
Umsetzung im Land Niedersachsen darzustellen.
26
Vgl. ebd.
27
Vgl. Konrad Fees 2005, S. 126.
28
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003, Präambel.
29
Vgl. ebd.
30
Vgl. ebd.
31
Vgl. Konrad Fees 2005, S. 126.
32
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003.
33
Vgl. ebd..
34
Vgl. hierzu Kapitel 3

15
2.3 Die Umsetzung des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und
Betreuung" in Niedersachsen
Da die Ausgestaltung der Bildungspolitik den Ländern vorbehalten ist, galt es
die im Jahr 2003 auf Bundesebene vorgegebenen Rahmenbedingungen auf
Länderebene umzusetzen. Das IZBB des Bundes wird in Niedersachsen
durch die ,,Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des
Investitionsprogramms ,Zukunft Bildung und Betreuung' 2003-2007"
35
aufge-
griffen. Diese Richtlinie wurde von der niedersächsischen Ministerkonferenz
im November 2003 verabschiedet und trat rückwirkend zum 01.01.2003 in
Kraft. Gefördert werden hiernach:
,,[...] genehmigte Ganztagsschulen gemäß §23 Abs. 1 Niedersäch-
sisches Schulgesetz
36
sowie genehmigte Ganztagsschulzüge ge-
mäß §23 Abs. 2 NSchG, die über ein
pädagogisches Konzept verfügen"
37
.
Zudem werden Schulen mit ganztägigen Angeboten gefördert, sofern diese
die ,,beschlossenen Kriterien"
38
der Kultusministerkonferenz erfüllen. Schulen
einschließlich angegliederter Horte sowie Kooperationsmodelle zwischen
35
Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.): Richtlinie über die Gewährung von Zuwen-
dungen im Rahmen des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und Betreuung" 2003-2007,
o.O. 2003 .
36
Im Folgenden NSchG.
37
Niedersächsisches Kultusministerium 2003, Nr. 2.2.1.
§ 23 Abs. 1 NSchG lautet: ,,Allgemein bildende Schulen mit Ausnahme der Abendgymnasien
können als Ganztagsschulen geführt werden. Eine Ganztagsschule ergänzt den Unterricht
an mindestens vier Tagen der Woche um eine Förder- und Freizeitangebot. Die Teilnahme
an dem zusätzlichen Förder- und Freizeitangebot ist in der Regel freiwillig. Unterricht und
zusätzliches Förder- und Freizeitangebot sollen acht Zeitstunden an einem Tag nicht über-
schreiten. Sonderschulen, an denen wegen des sonderpädagogischen Förderbedarfs ihrer
Schülerinnen und Schüler ein ganztägiger Unterricht erteilt wird, sind keine Ganztagsschulen
im Sinne dieser Vorschrift."
§23 Abs. 2 NSchG lautet: ,,An Halbtagsschulen können auch Ganztagsschulzüge geführt
werden. Für diese gilt Absatz 1 Sätze 1 bis 4 entsprechend."
38
Zu diesen Kriterien gehören:
- die Bereitstellung eines ganztägiges Angebots an mindestens drei Tagen in der Woche,
welches mindestens sieben Zeitstunden umfasst
- an allen Tagen mit Ganztagsangeboten ist ein Mittagessen bereitzustellen
- die Durchführung der Angebote unter Aufsicht und Verantwortung der Schulleiter bzw. in
enger Kooperation mit der Schulleitung ( vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2003)

16
Schulen und Trägern der Jugendhilfe sind ebenfalls zu fördern.
39
Die genauen
Bestimmungen zur Arbeit in der öffentlichen Ganztagsschule finden sich im
gleichnamigen Runderlass der Ministerkonferenz vom 16.03.2004.
40
Dieser
Erlass verweist ebenfalls auf das NSchG und ,,[...] räumt die Möglichkeit ein,
dass allgemein bildende Schulen als Ganztagsschulen geführt werden kön-
nen."
41
, wobei Hauptschulen ,,bei der Einrichtung zusätzlicher Ganztagsange-
bote"
42
besonders berücksichtigt werden. Ein spezielles Augenmerk wird
zudem auf die Kooperation mit außerschulischen Partnern gelegt.
43
Dieses
findet sich unter anderem in der Konkretisierung des Begriffs pädagogisches
Konzept wieder.
44
Hier heißt es:
,,Jede Ganztagsschule arbeitet auf der Grundlage eines pädagogi-
schen Konzepts, in dem:
- insbesondere die Aufgaben und Ziele [...] im Hinblick auf die örtli-
chen Gegebenheiten einschließlich der Möglichkeiten einer Zu-
sammenarbeit mit außerschulischen Anbietern und Trägern konkre-
tisiert werden[...]"
45
Im Runderlass des niedersächsischen Kultusministeriums werden hierzu
zwei Modelle von Ganztagsschulen genannt. Die offene und die teilweise
offene Ganztagsschule.
46
Die Definition dieser Modelle basiert im Wesentli-
chen auf der Auslegung der Kultusministerkonferenz. Hiernach ,,[...] beinhal-
tet der Terminus Ganztagsschule die beiden Aufgaben der ganztägigen
Beschulung als auch den der Betreuung."
47
. Auf den allgemeinen Begriff der
39
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2003.
40
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.): Die Arbeit in der öffentlichen Ganztags-
schule, o.O. 2004.
41
Hanna Kiper: Die Ganztagsschule in der bildungspolitischen Diskussion in: Anke Spies/
Gerd Stecklina (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Bad Heilbrunn 2005, Bd.1 S.188.
42
Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.1.
43
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.2.
44
Vgl. ebd. Nr.1.4.
45
Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.4.
46
Vgl. Kapitel 3.2
47
Konrad Fees 2005, S. 127.

17
Ganztagsschule und die spezifischen Modelle wird im nächsten Kapitel näher
eingegangen.

19
3. Die Ganztagsschule
Bei dem Begriff Ganztagsschule liegt schnell die Vermutung nahe, dass es
sich hier um eine ganztägige Schule handelt, was auch zugegebenermaßen
nicht ganz unkorrekt ist. Da jedoch fast jeder Mensch den Begriff der Schule
mit Lernen, Unterricht und Klassenarbeiten füllt, würde diese Vermutung im
Fall der Ganztagsschule bedeuten, dass hier den ganzen Tag Unterricht
stattfindet. Auch das ist, wohlgemerkt nur in Teilen, richtig. Was genau aber
eine Ganztagsschule ausmacht, welche unterschiedlichen Formen es gibt
und welche Aufgaben eine Ganztagsschule hat, darum wird es im folgenden
Kapitel gehen.
3.1 Rechtliche Grundlagen der Ganztagsschule
In Niedersachsen basiert die Führung einer Schule als Ganztagsschule auf
dem Niedersächsischen Schulgesetz. Der §23 NSchG behandelt die beson-
dere Organisation allgemein bildender Schulen und lautet wie folgt:
,,(1) Allgemein bildende Schulen mit Ausnahme der Abendgym-
nasien können als Ganztagsschulen geführt werden. Eine Ganz-
tagsschule ergänzt den Unterricht an mindestens vier Tagen der
Woche um ein Förder- und Freizeitangebot. Die Teilnahme an
dem zusätzlichen Förder- und Freizeitangebot ist in der Regel
freiwillig. Unterricht und zusätzliches Förder- und Freizeitangebot
sollen acht Zeitstunden an einem Tag nicht überschreiten. För-
derschulen, an denen wegen des sonderpädagogischen Förder-
bedarfs ihrer Schülerinnen und Schüler ein ganztägiger Unterricht
erteilt wird, sind keine Ganztagsschulen im Sinne dieser Vor-
schrift. [...]"
48
48
Niedersächsisches Schulgesetz in der Fassung vom 03.03.1998 zuletzt geändert durch
Artikel 1 des Gesetztes vom 02.07.2003.

20
Als allgemein bildende Schulen gelten im Sinne des Gesetzes Grund-,
Haupt- und Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Abendgymnasien,
das Kolleg und die Förderschulen.
49
Gemäß des oben zitierten Artikels kann
sich jede allgemein bildende Schule mit Ausnahme der Abendgymnasien als
Ganztagsschule anerkennen lassen, sofern ein ,,geeignetes pädagogisches
Konzept vorliegt und die organisatorischen, personellen und sächlichen
Vorraussetzungen geschaffen sind."
50
. Dies zu garantieren liegt in Verant-
wortung der Schule, wobei die Annerkennung als Ganztagsschule in finan-
zieller Hinsicht wesentlich durch das IZBB erleichtert wird.
Bei der Errichtung von Ganztagsschulen sind in Niedersachsen gemäß §23
Abs.5 NSchG ,,Hauptschulen [...] besonders zu berücksichtigen."
51
Die Ge-
nehmigung einer ganztägigen Organisation obliegt der zuständigen Schulbe-
hörde. Nach Inkrafttreten des IZBB wird das Niedersächsische Schulgesetz
bei der Einrichtung neuer Ganztagsschulen durch die jeweiligen Erlasse der
Ministerkonferenz ergänzt. Besonders zu erwähnen ist hier der Runderlass
,,Die Arbeit in der öffentlichen Ganztagsschule"
52
vom 16.3.2004 auf den
bereits unter Punkt 2.3 genauer eingegangen wurde.
3.2 Formen von Ganztagsschulen
Die Kultuspolitik liegt in Deutschland in den Händen der einzelnen Bundes-
länder und nicht in Verantwortung des Bundes. Durch das Investitionspro-
gramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" versucht der Bund, politische Impul-
se im Hinblick auf die Kultuspolitik der einzelnen Länder zu setzen.
53
Um den Ausbau des Ganztagsschulbereichs trotz der bildungspolitischen
Länderhoheit in einer überschaubaren Form zu halten, hat die Kultusminis-
terkonferenz bestimmte Kriterien festgelegt, die eine Schule, welche als
Ganztagsschule geführt werden soll erfüllen muss. Diese lauten:
49
Vgl. ebd. §5 Abs. 2.1.
50
NSchG §23 Abs. 4 Satz 2.
51
Ebd. §23 Abs. 5.
52
Niedersächsisches Kultusministerium 2004.
53
Vgl. Konrad Fees 2005, S.125.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836611473
DOI
10.3239/9783836611473
Dateigröße
599 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Fachhochschule Norddeutschland Osnabrück – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Studiengang Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2008 (April)
Note
1,8
Schlagworte
ganztagsschule kooperation jugendarbeit pisa-studie zukunft bildung betreuung strukturvergleich bildungsproblem
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Titel: Jugendarbeit und Ganztagsschule
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