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Statussymbol Mode

Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens

©2003 Magisterarbeit 91 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Kleider machen Leute“ - diese allgemein bekannte Redensart bringt es nicht nur auf den Punkt, sie ist auch nach wie vor aktuell. Dies bestätigt auch die aktuelle Outfit-Studie des Spiegel-Verlages, nach der Kleidung für 92 Prozent der Frauen zwischen 14 und 64 Jahren „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ist. Dabei übernehmen Marken in der immer unüberschaubarer werdenden Marken– und Produktvielfalt zunehmend eine Art Orientierungsfunktion, so geben etwa 81Prozent aller Frauen an, dass es Marken gibt, die Ihnen einfach sympathisch sind.
Doch gehen die Funktionen und Bedeutungen von Kleider-Mode über die reine Status-Demonstration weit hinaus – sie reichen von Zeitkultur-Aspekten, dem momentanen „Style“, über kommunikative bis hin zu kulturellen Aspekten und Funktionen.
Mode erfüllt also ganz unterschiedliche Zwecke, sie ist Mittel zur Selbstdarstellung und –inszenierung ebenso wie Ausdruck der Lebens- und Denkweise einer Gruppe von Menschen in einer Zeit, sie ist moderne „Kultur, an der jeder teilhaben kann.“ Thomas Schnierer spricht in diesem Zusammenhang auch von der Vermodung des Konsums in modernen Konsumgesellschaften.
Seit den 70er Jahren stößt man in der Soziologie wie in der Konsumentenforschung verstärkt auf die Fehlannahme, Statussymbole und demonstrativer Konsum würden in modernen Wohlstandsgesellschaften zunehmend an Relevanz verlieren. So geht Blumberg z.B. vom Niedergang des Statussymbols aufgrund der allgemeinen Wohlstandszunahme aus. Andere Autoren gehen, ebenfalls unter Bezugnahme auf den wachsenden Wohlstand, davon aus, dass das traditionelle vertikale Denken in Schichten mit einem entsprechenden distanzierenden Konsumverhalten an Bedeutung verloren habe.
Zwar verlieren Statussymbole durch ihre Popularisierung in der Tat an Wert, allerdings führt der massenweise Zugriff durch breite Bevölkerungsschichten eher zu einer neuen Unübersichtlichkeit in der bunten Warenwelt, die dem Betrachter ein geschultes Differenzierungsvermögen abverlangt.
Die bereits von Beck ins Feld geführten gleichbleibenden Ungleichheitsrelationen sorgen überdies dafür, dass genügend Spielraum für Statussymbole übrig bleibt, die auch dem weniger aufmerksamen Betrachter ins Auge stechen. So ist es immer noch möglich, sich aus dem Überangebot an Waren die teuerste Variante oder Marke auszusuchen (z.B. Rolex-Uhr, Armani-Anzug). Auch existieren nach wie vor soziale Milieus, in denen man durch Zurschaustellung von Reichtum und Luxuskonsum […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Julia K. Weber
Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
ISBN: 978-3-8366-0482-6
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, Magisterarbeit,
2003
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
1
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG 3
1. KENNZEICHEN DER MODERNEN INDUSTRIEGESELLSCHAFT 9
1.1
Das Konzept der sozialen Schicht im Kontext sozialer Ungleichheit
11
1.2
Sozialer Status und Prestige im Kontext sozialer Ungleichheit
13
1.3
Implikationen von sozialer Schicht, Status und Konsumverhalten
14
2. STATUSSYMBOLE UND DER WANDEL IHRER BEDEUTUNG IM
GESELLSCHAFTLICHEN KONTEXT
17
2.1
Funktionen von Statussymbolen
20
2.2
,Zugangsbarrieren` zum Erwerb von Statussymbolen oder
,,Barrieren der Aneignungsbeschränkung"
24
3. DEFINITION UND FUNKTIONEN DES KONSUMS IM
HISTORISCHEN WANDEL
31
3.1
Die symbolischen Funktionen des Konsumverhaltens ­
Das Streben nach Status und Sozialprestige
32
3.2
Demonstrativer Konsum à la Veblen
34
3.2.1
Kritische Anmerkungen zu Veblen's ,Demonstrativem Konsum`
38
3.3
Die symbolischen Funktionen modernen Konsumverhaltens
39
3.3.1
Repräsentativer Nutzen
41
3.3.2
Selbstbezogener Nutzen
43
4. KLEIDERMODE ALS MITTEL DER SELBSTDARSTELLUNG
UND ZEICHEN VON GRUPPENZUGEHÖRIGKEIT 47
4.1
Der Kontext von Kleidermode und Bezugsgruppen
48

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
2
5. ENTSTEHUNG UND DEFINITION DES BEGRIFFES
KLEIDERMODE IM GESELLSCHAFTLICHEN KONTEXT
55
5.1
Der Wandel der Kleidermode
59
5.2
Kleidermode als Statussymbol
62
5.3
Die Dialektik von Integration und Differenzierung
66
5.3.1
Kleidung, Mode und Identität
67
5.3.1.1 Kleidung, Mode und Altersgruppen
68
5.3.1.2 Kleidung, Mode und Geschlecht
75
RESÜMEE 79
LITERATURVERZEICHNIS 83

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
3
Einleitung
Alle vier Begriffe ­ Statussymbole, (demonstrativer) Konsum, Industriegesellschaft und
Kleidermode ­ sind in der alltäglichen wie der wissenschaftlichen Diskussion mehr als
präsent, es existiert eine Vielzahl an Definitionen und Erklärungsansätzen, die jedoch
nur selten in einen übergeordneten Zusammenhang gesetzt werden. Darum sollen im
Rahmen dieser Arbeit zunächst die Begriffe definiert und schließlich in ihrem Zusam-
menspiel analysiert werden, um eine über den Alltagssprachgebrauch hinausgehende
Diskussionsgrundlage zu schaffen.
In dieser Arbeit wird zunächst der ,demonstrative Konsum` von materiellen Gütern in
seinen unterschiedlichen Facetten sowie anschließend die verschiedenen Bedeutungen,
Funktionen und ,Zugangsbarrieren` zum Erwerb von Statussymbolen am Beispiel der
Kleidermode untersucht. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund der modernen In-
dustriegesellschaft, in der soziale Ungleichheit, d.h. auch die unterschiedliche Ausstat-
tung der Individuen mit materiellen Gütern, nach wie vor ein wichtiges Thema darstellt.
Denn die ungleiche Ressourcenausstattung bleibt nicht ohne Implikationen auf das
Konsumverhalten, den (Kleidungs)-Geschmack und den Lebensstil der Menschen.
Im Zuge der Postmaterialisierung ist die heutige Gesellschaft darüber hinaus durch eine
zunehmende Erlebnisorientierung gekennzeichnet, die sich quer durch alle Schichten
zieht und in der Ästhetisierung des gesamten Alltagslebens gipfelt. Der Sachwert von
Gütern tritt zunehmend in den Hintergrund zugunsten symbolischer Konnotationen.
Diese ,Symbolwerte` beziehen sich auf die Befriedigung immaterieller Bedürfnisse und
Wünsche wie Hedonismusstreben, Kompensation innerer Defizite oder auch Darstel-
lung von sozialem Rang sowie Kompetenz im alltäglichen Umgang mit Konsumgütern.
Was also inzwischen für diverse Alltagsgüter und Gebrauchsgegenstände gilt, nämlich
der symbolische Zusatznutzen jenseits des Gebrauchsnutzens, gilt schon seit jeher für
die viel diskutierten Statussymbole. Doch was ist eigentlich ein Statussymbol? Wozu
verwenden Menschen solche Symbole und wann setzten sie diese ein? Gibt es Status-
symbole, die nur gruppenspezifisch genutzt werden bzw. Bedeutung entfalten? Und an
wen richten sich die durch solche Symbole vermittelten Botschaften? In diesem Kontext
kommt den Bezugsgruppen eines Individuums, wie später herausgearbeitet wird, eine
zentrale Rolle zu.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
4
Ein weiterer Begriff, der in enger Verbindung mit dem Statussymbol steht, ist das
Schlagwort ,demonstrativer Konsum` (,,conspicuous consumption"), das vor etwa
hundert Jahren von Thorstein Veblen in den wissenschaftlichen Diskurs eingeführt
wurde. Dabei wird das demonstrative Konsumieren meist mit eher negativen Assoziati-
onen verknüpft, dies lässt sich beispielsweise gut am Wandel des Konsumbegriffes
ablesen. Dennoch ist der demonstrative bzw. symbolische Konsum ein Thema, das
unser tägliches Handeln bestimmt und prägt, da der Konsum inzwischen fast alle Berei-
che der modernen Gesellschaft erfasst hat und sich in nahezu allen Lebensbereichen
findet.
Bereits frühe Abhandlungen über das Konsumverhalten deuten darauf hin, dass Güter
und Konsumhandlungen jenseits des unmittelbaren Sachnutzens auch einen symboli-
schen Wert besitzen.
1
Das impliziert, dass neben der Befriedigung von Grundbedürfnis-
sen zusätzlich so genannte immaterielle Bedürfnisse existieren, die durch den Konsum
materieller Güter (z.B. Kleidung) befriedigt werden sollen. Dazu zählen beispielsweise
ein gewisser (Konsum-)Hedonismus, der gerade in modernen Konsumgesellschaften
weit verbreitet ist, die Kompensation psychischer Defizite und Mangelzustände (z.B.
Selbstwertschwäche) oder auch die Demonstration von Status und sozialem Prestige.
Darum wird Konsum im Rahmen dieser Arbeit als ,,[...] Konsum von Zeichen und
Symbolen [...]"
2
verstanden, der neben den bereits genannten Funktionen auch der
individuellen sowie der kollektiven Identitätskonstruktion dient.
Der dritte zu definierende Begriff ist der der Kleidermode, jedermann kennt das
Sprichwort ,,Kleider machen Leute" ­ doch so einfach wie es klingt, ist es keineswegs.
Während man in früheren Zeiten beispielsweise vom textilen Äußeren des Trägers auf
dessen soziokulturelle Stellung in der Gesellschaft rückschließen konnte, ist dies heut-
zutage nicht ohne weiteres möglich. Denn: Kleidermode ist viel mehr als ein bloßer
Statusindikator, der nur auf die eindimensionalen Kriterien des besser oder schlechter
(angesehen bzw. angezogen) abhebt. Sie ist ein komplexes, vielschichtiges Phänomen,
das unterschiedliche Funktionen erfüllt. Traditionell wurden der Kleidermode zunächst
die Funktionen Schmuck, Scham und Schutz zugeschrieben, die in der heutigen For-
schung allerdings von anderen Motiven bzw. Funktionen überlagert wurden.
1
Vgl. Mason (1984): 26-39.
2
Reisch (2002): 228.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
5
An erster Stelle steht heute zunächst die Kommunikationsfunktion, Kleidung stellt also
eine Botschaft an unsere soziale Umwelt dar und beeinflusst unser eigenes Verhalten
sowie das Verhalten unserer Mitmenschen. Dies belegen auch zahlreiche Studien.
3
Darum verstehen wir Kleidermode hier als ein Symbol. Da Symbole sich jedoch nicht
nur an unsere Umwelt, sondern auch an uns selbst richten, dient Kleidermode einerseits
als Mittel der Selbstdarstellung, andererseits als Zeichen von Gruppenzugehörigkeit. Im
wissenschaftlichen Diskurs spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Dialek-
tik von Integration und Differenzierung.
4
Da Symbole im Allgemeinen, dazu zählen
auch die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Statussymbole, dem kulturellen Wandel
unterliegen, kann sich ihre Bedeutung ändern oder auch verschieben, dies gilt insbeson-
dere für die Kleidermode.
Hinzu kommt die (bezugsgruppen)-spezifische Funktion der Mode; da moderne Mas-
sengesellschaften sich in immer mehr Gruppen und Subkulturen oder auch Milieus mit
jeweils eigenen Norm- und Wertesystemen aufgliedern, liegt es auf der Hand, dass diese
Gruppen auch ihre ganz eigenen Vorstellungen und somit Kleidungsstile und Moden
entwickeln. Die Konstitution dieser Gruppen erfolgt dabei weiterhin über traditionell
vertikale Kriterien wie Bildung, Herkunft, Einkommen sowie über das Lebensalter.
Die genannten Begriffe sind dabei stets in ihrem gesellschaftlichen Kontext zu sehen, da
Konsumentscheidungen nicht ohne Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes
analysiert werden können. Den Bezugsrahmen dieser Arbeit bildet daher die moderne
Industrie- bzw. Konsumgesellschaft. Diese wird oft mit zahlreichen Schlagwörtern wie
Modernisierung, Massenproduktion, Steigerung der Produktivität, Urbanisierung und
Pluralisierung beschrieben. Der ,Sinn des Lebens` ist in solchen Gesellschaften weitge-
hend mit der Teilhabe an einem expansiven Konsumhedonismus verknüpft. In diesem
Sinne ist der Konsum materieller Güter nicht nur ein zentrales, sondern auch ein multi-
dimensionales Thema, das diverse Lebensbereiche und Gesellschaftsgruppen durch-
zieht.
Im ersten Kapitel werden zunächst die Begriffe soziale Schicht, Status und Prestige
sowie die Kennzeichen moderner Industrie- bzw. Konsumgesellschaften im Kontext
sozialer Ungleichheit erläutert. Dabei wird auch auf die Implikationen dieser Begriffe
zum (demonstrativen) Konsumverhalten eingegangen. Das menschliche Statusstreben
3
Vgl. Roderer (1989), Kirchler; Piesslinger (1992), Hermanns; Wißmeier (1993).
4
Simmel (1911), zit. nach Bovenschen (1986): 179-207.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
6
spielt in diesem Kontext ebenfalls eine wichtige Rolle, allerdings wird sich noch zeigen,
dass das Status- bzw. Positionsstreben nur eine unter vielen Konsumfunktionen in
modernen Gesellschaften darstellt.
Im Anschluss daran wird die Frage untersucht, was genau ein Statussymbol ist, wie man
Statussymbole definiert und welche Güter überhaupt als Statussymbole in Betracht
kommen. Dazu gehört natürlich auch eine Analyse der Mechanismen, die der allgemei-
nen Verbreitung von Statussymbolen im Wege stehen bzw. die die ,feinen Unterschie-
de` à la Bourdieu
5
ausmachen. Die Position, die man innerhalb einer gesellschaftlichen
Struktur einnimmt, wird nämlich nicht nur davon bestimmt, wie viel Geld man ausgibt,
sondern auch wie man es ausgibt.
In Kapitel drei werden zunächst Definitionen und Funktionen des Konsumbegriffs im
historischen Wandel untersucht. Dabei wird gezeigt werden, dass insbesondere den
symbolischen Funktionen des Konsums eine wichtige Rolle zukommt. Diese lassen sich
grob in ,,repräsentativ"e und ,,selbstbezogene" Funktionen unterteilen. Die vieldiskutier-
te Status- oder auch Positionsfunktion des Konsums ist dabei nur eine unter vielen
Funktionen, die allerdings weiterhin zentrale Bedeutung behält. Vor diesem Hinter-
grund wird auch der ,demonstrative Konsum materieller Güter' nach Thorstein Veblen
diskutiert und einer kritischen Betrachtung unterzogen.
Kapitel vier thematisiert schließlich die ,Doppelfunktion` von Kleidermode einerseits
als Mittel der Selbstdarstellung und andererseits als Zeichen von Gruppenzugehörigkeit.
Insbesondere der Kontext von Kleidermode und Bezugsgruppen wird hier, u.a. anhand
von Altersgruppen, erläutert. Neben der Kommunikations- bzw. Integrationsfunktion
wird dabei auch die identitätsstiftende Funktion der Kleidermode herausgearbeitet, die
sich an den Träger selbst richtet.
In Kapitel fünf wird zunächst die Entstehung und Definition des Begriffes ,Kleider-
mode` im gesellschaftlichen Kontext untersucht und im Anschluss der Wandel der
Kleidermode im Zeitverlauf dargestellt. Dabei wird u.a. herausgearbeitet, wie die Viel-
falt der heutigen Bekleidungsstile entstanden ist und welche Gründe dies im Einzelnen
hatte.
Zahlreiche Autoren schreiben der Kleidermode darüber hinaus eine symbolische Funk-
tion zu, die dazu dient, sozialen Status anzuzeigen und nach außen zu kommunizieren.
Da jeder Mensch in soziale Kontexte eingebunden ist, wird die Funktion von Kleider-
5
Vgl. Bourdieu (1982).

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
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mode als Statussymbol anhand von Altersgruppen und sozialen Milieus verdeutlicht.
Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der modernen Industriegesellschaft, in der
Status zunehmend über spezifische Konsumstile und -präferenzen, die sich insbesonde-
re im äußerlichen Erscheinungsbild manifestieren, erworben wird.
Eine weitere zentrale Funktion der Kleidermode ist die erstmals von Simmel
6
formulier-
te Dialektik von Integration und Differenzierung, die u.a. auch der Identitätskonstitution
des Individuums dient. Diese Funktion wird anhand von Alters- und Geschlechtsgrup-
pen analysiert und einer kritischen Würdigung unterzogen. Dabei wird gezeigt, dass
(modische) Differenzierungs- bzw. Angleichungstendenzen in den verschiedenen Al-
tersphasen unterschiedliche Bedeutung zukommt. Ein besonders eindrucksvolles Bei-
spiel liefert in diesem Kontext die so genannte ,Jugendmode`. Auch die Geschlechter
unterscheiden sich in dieser Hinsicht voneinander, so ist etwa das ,schöne Geschlecht`
stärker darauf bedacht, sich situationsadäquat, d.h. dem Anlass entsprechend zu kleiden
als dies etwa für Männer zutrifft. Ein Exkurs in andere Länder, der durch die Studie von
Hermanns und Wissmeier gestützt wird, zeigt weiterhin auf, dass im interkulturellen
Vergleich durchaus Unterschiede existieren in Bezug auf das (weibliche) Modebewusst-
sein. Dieses Faktum wird u.a. mit den unterschiedlichen Demokratisierungstendenzen in
den Ländern USA, Frankreich und Deutschland sowie den jeweils unterschiedlichen
Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe und den damit einhergehenden Emanzi-
pationsgraden erklärt.
6
Vgl. Simmel (1911), zit. nach Bovenschen (1986): 179-207.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
9
1.
Kennzeichen der modernen Industriegesellschaft
Die industrielle Revolution führte in den europäischen Staaten zur Entstehung des
modernen Kapitalismus und einer völlig neuen Wirtschaftsordnung. Auf der Produkti-
onsseite implizierte dies einschneidende Veränderungen, dazu zählen z.B. die Auswei-
tung der industriellen Produktion und des Güterangebotes, die Rationalisierung von
Produktionsvorgängen, die zunehmende Technisierung der Arbeitswelt, die Steigerung
der Haushaltsnettoeinkommen in allen gesellschaftlichen Schichten usw.
Zwischen der erweiterten Güterproduktion und der Konsumenten- bzw. Nachfragerseite
bestand als Resultat dessen ein Ungleichgewicht, das es auszugleichen galt. In der Folge
entwickelte sich auf der Nachfrageseite die so genannte ,Konsumrevolution`, die ein
(notwendiges) Pendant zur industriellen Revolution darstellte. Die Ausdehnung der
Produktion machte nämlich nur vor dem Hintergrund eines erweiterten Bedarfes der
Konsumenten Sinn. Dieser Bedarf entwickelte sich jedoch weder im luftleeren Raum
noch war er von Anbeginn an vorhanden, vielmehr wurde er durch Strategien seitens
der Anbieter bzw. durch gezielte Marketingtechniken erst geschaffen. Autoren wie
König
7
sowie Galbraith
8
betonen in diesem Zusammenhang die gezielte Stimulation
von Konsumbedürfnissen durch die Werbeindustrie sowie deren Differenzierung und
Dynamisierung.
Das folgende Zitat von Gilboy bringt den Zusammenhang zwischen
dem Güterkonsum und der Stimulation von Verbraucherbedürfnissen auf den Punkt:
,,Obviously the factory system with its complicated industrial mechanism cannot function profitably
without a large and growing demand ready and willing to absorb its products as fast as they are pro-
duced."
9
Im modernen Sprachgebrauch wird häufig der Begriff der Konsumgesellschaft benutzt,
der eher sozial- und kulturkritische Aspekte der modernen, industriell hoch entwickelten
Wohlstandsgesellschaft betont. Zentrale Wertorientierungen, Anspruchshaltungen und
Lebensziele sind hier primär auf den Erwerb und Gebrauch von Gütern gerichtet. Ge-
stiegene Produktivität und Massenproduktion ermöglichen einen zwar graduell nivel-
lierten, jedoch immer noch vertikal differenzierten Massenkonsum. Der ,Klassenkampf`
7
König (1967): 162.
8
Vgl. Galbraith (1958, dt. 1959).
9
Gilboy (1967): 121-122.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
10
um den sozialen Aufstieg führt darüber hinaus zu Konsumrivalität, die als Antriebskraft
für berufliche Konkurrenz um Aufstiegs- und Einkommenschancen fungiert.
Das Sozialprestige ist in der modernen Konsumgesellschaft weitgehend abhängig vom
Konsumniveau einer Person und verstärkt somit den Hang zum demonstrativen, gel-
tungsbetonten Konsum. Konsumkonstellationen schaffen darüber hinaus Gruppenzuge-
hörigkeit. Gerade im Zuge pluralisierter Konsumgesellschaften spielt die symbolische
Demonstration von Klassen- und Gruppenzugehörigkeit über bestimmte Güter eine
wichtige Rolle, dies gilt umso mehr für jugendliche Altersgruppen.
Im Zuge der Modernisierung haben sich, neben den Transformationen im wirtschaftli-
chen Sektor, auch im sozialen Bereich einschneidende Änderungen ergeben. Dazu
zählen der Ausbau und die Differenzierung gesellschaftlicher Institutionen im Gesund-
heits- und Bildungsbereich, Veränderungen in der Bildungs- und Erwerbsbeteiligung,
die sich insbesondere auf die weibliche Biographie auswirken, die zunehmende funktio-
nale Differenzierung diverser sozialer Bereiche, die Herausbildung neuer Berufe und
steigender Leistungsanforderungen, die Entstehung großstädtischer Ballungsgebiete und
die weitgehende räumliche Trennung von Familie und Wohnen einerseits und Erwerbs-
arbeit und betrieblichen Arbeitsstätten andererseits.
Damit einher geht auch der Wandel und Funktionsverlust familiärer Strukturen. Seit
Mitte der 60er Jahre hat die Familie (darunter zählt nicht nur die ,moderne Kleinfami-
lie`) in Deutschland sowie in allen entwickelten Industrienationen einen gravierenden
Wandlungsprozess durchgemacht. Dieser Wandel manifestiert sich u.a. in sinkenden
Geburtenraten, steigenden Scheidungsziffern und einer zurückgehenden Heiratsneigung.
Immer mehr Paare leben nach unkonventionellen Beziehungsmustern, es ist die Rede
von einer ,,[...] Pluralisierung der Lebens- und Beziehungsformen und einer Entkoppe-
lung der (ehemals) in Ehe und Familie zusammengefassten Lebens- und Verhaltensele-
mente."
10
Diese Entwicklungen sind einerseits das Resultat der diskutierten wirtschaft-
lichen und gesellschaftlichen Wandlungsprozesse, andererseits eine Folge der Bildungs-
expansion und der Zunahme gehobener Bildungsabschlüsse gerade auch beim weibli-
chen Geschlecht. Die Emanzipations- sowie die Studentenbewegung haben ferner zum
Wandel der sozialen Rolle der Frau in der Gesellschaft beigetragen. Dies konnte nicht
ohne Folgen bleiben für die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und für die
Ausbreitung alternativer Lebens- und Beziehungsformen. Neben dem Wandel der
10
Vgl. Beck (1986): 164.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
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Familienstrukturen und der Geschlechterrollen, der Ausbreitung von Subkulturen und
neuen Lebensstilen und der zunehmenden Individualisierung in der Lebensgestaltung
tragen auch verstärkt soziale Mobilität, interkultureller Austausch, Wertewandel und
nicht zuletzt die wirtschaftliche Entwicklung zu einer veränderten Gesellschaftsperspek-
tive bei.
In der soziologischen Diskussion verlieren die klassischen Schichtungsmerkmale Alter,
Bildung und Herkunft an Relevanz, da diese nicht mehr ausreichend erscheinen zur
Abbildung der komplexen gesellschaftlichen Realität in modernen Industriegesellschaf-
ten.
Im Gegenzug geraten nun soziale Milieus, definiert als Personengruppen, die sich durch
gruppenspezifische Existenzformen und erhöhte Binnenkommunikation voneinander
abheben, in den Brennpunkt des soziologischen Forschungsinteresses. Die verschiede-
nen Milieus verfügen darüber hinaus über spezifische milieutypische Wertvorstellungen
und Lebensstile.
Bezüglich gesamtgesellschaftlicher moderner Wertorientierungen lässt sich konstatie-
ren, dass der ,Sinn des Lebens` in Konsumgesellschaften weitgehend mit der Teilhabe
an einem expansiven Konsumhedonismus ­ d.h. Lebensgenuss durch Konsum ­ ver-
knüpft ist. Mit anderen Worten: es findet sich eine verstärkte Tendenz zu einem indivi-
dualistisch-hedonistischen Lebensstil. Dies bestätigt auch das Sinus-Institut im Rahmen
seines Milieu-Konzeptes für verschiedene, insbesondere die aufstiegs- und fortschritts-
orientierten Milieus.
11
1.1
Das Konzept der sozialen Schicht im Kontext sozialer Ungleichheit
Ganz allgemein bezeichnet das Konzept sozialer Schichtung das vertikale Großgefüge
einer Gesellschaft. Im engeren Sinne bezeichnet die soziale Schicht die vertikale Struk-
tur der modernen, aus zahlreichen aufgelockerten und schwer voneinander abgrenzbaren
Schichten bestehenden Konsumgesellschaft.
Die Zuordnung eines Individuums oder einer Gruppe zu einer sozialen Schicht kann
einerseits nach ,objektiven` Merkmalen wie Berufsposition, Einkommen, Bildungsstand
und familiärer Hintergrund erfolgen oder auch über so genannte ,subjektive` Kriterien
11
Vgl. Sinus (1997).

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
12
wie Prestige und Anerkennung. Im Falle der ,subjektiven` Zuordnung fasst man im
Allgemeinen diejenigen Personen zusammen, die sich untereinander als gleichwertig
und im Vergleich zu anderen Personen als höher- oder geringerwertig einschätzen.
Das seit Darwin aus dem Tierreich übernommene Prinzip des ,survival of the fittest`
lässt sich auch auf menschliche Gesellschaften übertragen. Auch Menschen passen sich
an äußere Gegebenheiten an und entwickeln untereinander eine Rangordnung, die ihnen
je nach ihrer Stellung in der Gesellschaft eine soziale Position zuweist. Diese Position
bestimmt dann über den Zugang zu Ressourcen wie Bildung, Wohnraum und
Verbrauchsgütern.
Diese ungleichen Zugangschancen der Gesellschaftsmitglieder zu ökonomischen und
sonstigen Ressourcen sowie ihre ungleich bewerteten sozialen Positionen und Ränge
werden auch als soziale Ungleichheit bezeichnet. Dabei sind Schichtenbildung und
soziale Ungleichheit zentrale Kennzeichen (Universalien) menschlicher Gesellschaften,
die lediglich in ihrem Differenzierungsgrad variieren.
In der heutigen Zeit verwendet man den Begriff der sozialen Schicht eher, um die
Stellung eines Individuums in der Gesellschaft zu beschreiben. Menschen, die derselben
Gesellschaftsschicht zugerechnet werden, haben in etwa dieselbe soziale Stellung
(Status) innerhalb der Gesellschaft. Sie haben ein ähnliches Einkommensniveau, arbei-
ten in ähnlichen Berufen, teilen häufig bestimmte Lebensstile, Geschmäcker und Kon-
sumgewohnheiten. Am treffendsten bezeichnet in diesem Kontext der von Vester einge-
führte Begriff der ,,pluralisierten Klassengesellschaft"
12
die heutige Sozialstruktur
moderner Industriegesellschaften.
Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht wirkt sich darüber hinaus auch auf Ge-
schmack, Lebensstil, Konsumverhalten sowie Einstellungen und Meinungen ihrer
,Mitglieder` aus. In diesem Zusammenhang spricht man auch von sozialen ,Milieus`,
was auf Französisch so viel wie Lebensumstände, Umwelt bedeutet. Klassifikationen
der verschiedenen Milieus finden sich in den Studien des Sinus-Institutes
13
. Die west-
deutsche Gesellschaft lässt sich nach diesem Konzept in zehn soziale Milieus aufteilen,
die jeweils spezifische Lebensstile hervorgebracht haben, die ostdeutsche in sechs.
Die Mitglieder einer Schicht bzw. eines Milieus verkehren in der Regel vermehrt mit-
einander, was sich auch in geteilten Wert- und Normensystemen widerspiegelt. Die
12
Vgl. Vester et al. (1993): 16.
13
Vgl. Sinus (1997).

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
13
Milieukonstitution erfolgt in modernen Industriegesellschaften primär durch Bezie-
hungswahl. Dies geschieht milieuübergreifend anhand der Kriterien Alter (mit der
Doppelbedeutung von biologischem Alter und Generationszugehörigkeit), Bildung,
persönlichem Stil sowie der Ausstattung mit ökonomischen und anderen Ressourcen.
Die Abgrenzung der verschiedenen Milieus voneinander erfolgt demnach durch eine
Vielzahl komparativer Kategorien, welche oben und unten kodieren und definieren:
Einkommen, Prestige, Ausstattung mit Gebrauchsgütern, Kleidung usw. Anders formu-
liert: die Milieuzugehörigkeit ist sowohl eine Frage des Seins wie des Habens.
1.2
Sozialer Status und Prestige im Kontext sozialer Ungleichheit
Bereits der Soziologe Max Weber hat aufgezeigt, dass die aufgestellten sozialen Rang-
ordnungen nicht eindimensional sind. Einige berücksichtigen Prestige oder ,gesell-
schaftliche Ehre` (sog. Statusgruppen), andere basieren auf Macht oder auf Reichtum
und Besitz.
14
Daher werden neben der gesellschaftlichen Zuordnung einer Person an-
hand von Schichtungs- bzw. Milieumerkmalen häufig auch die Begriffe sozialer Status
und Prestige zur Positionsbestimmung genutzt.
Der soziale Status wird zumeist definiert als Standort eines Individuums oder einer
Gruppe in der unter bestimmten Wertgesichtspunkten entwickelten Rangordnung eines
sozialen Systems.
Als (Sozial)-Prestige oder auch Ansehen wird die Wertschätzung bezeichnet, die einer
Person entweder aufgrund ihrer sozialen Rolle oder wegen ihrer individuellen Leistun-
gen in dieser Position durch andere Menschen zuteil wird.
15
Dabei ist die Bewertung
eines Menschen nicht als einmaliger Akt, sondern als kontinuierlicher Prozess zu ver-
stehen.
16
Grundlage von Status und Prestige ist immer eine besondere Wertschätzung, die ein
Individuum genießt, sei es aufgrund von persönlichen Eigenschaften oder aufgrund von
Merkmalen wie Herkunft, Berufsposition, Einkommen oder Konsumverhalten. Dabei ist
es urmenschlicher Trieb, die eigene Position zu verbessern, dies zeigt sich u.a. am
demonstrativen Konsum materieller Güter und der Verwendung von Statussymbolen.
14
Vgl. Weber (1970): 66-82.
15
Vgl. Hillmann (1994): 688.
16
Vgl. Korte; Schäfers (1993): 141-166.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
14
Doch gleich welchen Begriff man nun wählt, ob man Gesellschaft anhand von Schich-
ten, Milieus oder Statusunterschieden bzw. Prestigegraden einteilt, darf die ungleiche
Ressourcenausstattung der Gesellschaftsmitglieder, die nach wie vor existente soziale
Ungleichheit nicht vernachlässigt werden.
Auch der von Beck
17
ins Feld geführte ,Fahrstuhleffekt`, der Übergang von einer
,Knappheitsungleichheit` zu einer ,Reichtumsungleichheit`
18
ändert nichts an dieser
Tatsache. Trotz des eindeutigen hierarchischen Schichtungsgefüges der Gesellschaft
darf man also nicht den Blick für horizontale bzw. milieuspezifische Ausdifferenzie-
rungsprozesse verlieren.
Letztlich spricht wenig dagegen, weiterhin von einer in Klassen bzw. Schichten segre-
gierten Gesellschaft auszugehen. Selbst Schulze kommt im Rahmen seiner Arbeit zu
dem Ergebnis, dass Ressourcen wie Bildung, Einkommen und Eigentum ,,klar milieu-
spezifisch"
19
, mit anderen Worten ,ungleich` verteilt sind. Seine ,Entvertikalisierungs-
these` bezieht sich letztlich eher auf das subjektive Empfinden der Individuen, denn in
modernen Industriegesellschaften herrscht ja zumindest rein theoretisch Chancengleich-
heit. Dieses Faktum ist sogar im Grundgesetz ausformuliert.
1.3
Implikationen von sozialer Schicht, Status und Konsumverhalten
Produkte und Güter (z.B. Kleidung) oder Läden werden von den Konsumenten häufig
danach kategorisiert, welchen gesellschaftlichen Schichten sie ,entsprechen`. Je nach
Schichtzugehörigkeit haben die Konsumenten auch unterschiedliche Vorstellungen und
Beurteilungskriterien, was Produkte und Dienstleistungen angeht.
So legen Konsumenten aus der Unterschicht eher Wert auf Nützlichkeitsaspekte, z.B.
Robustheit und Bequemlichkeit, Konsumenten aus der Oberschicht bevorzugen dagegen
eher Produkte mit ,Stil`, modernes Mobiliar und farbenfrohe Haushaltsgeräte.
20
Ange-
hörige der Unterschicht richten ihr Kaufverhalten eher am unmittelbaren und kurzfristi-
gen Bedarf, z.B. einer neuen Waschmaschine aus, während Mitglieder der Oberschicht
dagegen längerfristige Ziele ins Auge fassen, darum sparen sie z.B. für ihre Altersver-
17
Vgl. Beck (1986).
18
Berger; Hradil: (1990): 16.
19
Vgl. Schulze (1992): 400.
20
Rich; Jain: (1968): 41-49.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
15
sorgung oder investieren in das Studium ihrer Kinder. Natürlich darf an dieser Stelle
nicht vergessen werden, dass die materiellen Ressourcen der oberen Schichten diese
zukunftsorientierte Sicht- und Handlungsweise erst möglich machen. Wer gerade das
Nötigste zum Leben kaufen kann, ist natürlich kaum in der Lage, in langfristige Ziele zu
investieren.
Ein markantes Unterscheidungsmerkmal von Gesellschaftsschichten ist das Weltbild,
das Konsumenten haben. Die Unterschiede in den Wertorientierungen der verschiede-
nen Schichten sind dabei das Resultat grundlegender Wertewandelsprozesse, die sich
seit Mitte der 60er Jahre in allen westlichen Gesellschaften vollzogen haben. Inglehart
beschreibt diesen Wandel in seinem bekannten Werk ,,The Silent Revolution"
21
als
Verschiebung weg von einer primären Betonung des materiellen Wohlergehens und der
körperlichen Sicherheit in Richtung einer zunehmenden Betonung der Lebensqualität.
Er unterscheidet zwei gesellschaftliche Hauptgruppierungen ­ auf der einen Seite stehen
als Speerspitze dieser Entwicklung die ,Postmaterialisten`, die überwiegend jung und
hochgebildet sind und über einen gehobenen Lebensstandard verfügen ­ auf der anderen
die ,Materialisten`. Diese Gruppe, die (noch) die Bevölkerungsmehrheit ausmacht, wird
vorwiegend von älteren, weniger gut (aus)-gebildeten und ökonomisch schlechter
gestellten Personen gebildet, die in der Mehrheit eher konservative Wertorientierungen
aufweisen, was sich dann in entsprechenden Konsummustern und Produktpräferenzen
niederschlägt.
In der betriebswirtschaftlich orientierten Verbraucherforschung ist in diesem Zusam-
menhang auch die Rede von so genannten ,Konsumschichten`, die sich in Bezug auf
Einkommen, Lebensstil und Konsumverhalten sehr ähnlich sind und die auch im außer-
konsumptiven Bereich ähnliche Einstellungen und Wertsysteme ausbilden. Das damit
korrespondierende Konzept von ,Geschmackskulturen`, anhand derer Personen nach
ihren ästhetischen und intellektuellen Vorlieben eingeteilt werden, kann dazu dienen,
die wichtigen, wenn auch subtilen Unterscheidungen zu erkennen, die die Konsument-
scheidungen in den einzelnen Schichten kennzeichnen. Geschmackskulturen basieren
primär auf Bildung, aber auch das Einkommen spielt eine Rolle. In der Regel unter-
scheidet man grob zwischen Hochkultur- und Niedrigkulturgruppen.
Der Verdienst solcher Kategorisierungen liegt darin, dass diese die subtilen Unterschei-
dungen im Konsumverhalten, die ,feinen Unterschiede` zwischen den verschiedenen
21
Vgl. Inglehart (1977).

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
16
sozialen Schichten anzeigen. Dies entspricht auch der Selbsteinschätzung vieler Kon-
sumenten, die ebenfalls die Existenz eines Schichtungsgefüges wahrnehmen und dessen
Einfluss auf den Konsum konstatieren.
Auch das Konsumverhalten seinerseits hat Einfluss auf die Schichtzugehörigkeit und
das daran geknüpfte Sozialprestige. Zur Erinnerung: Statusmerkmale dienen der Kennt-
lichmachung des zugeschriebenen oder erworbenen Status sowie der Kenntlichmachung
oder Vortäuschung eines (noch) nicht erreichten, also angestrebten Rang-Status.
22
Um
diesen ,Wunsch-Status` zu erreichen, bedienen sich Individuen bestimmter Zeichen
oder auch Statussymbole. Diese müssen als Indikatoren eine mehr oder weniger genau
definierte Symbolkraft besitzen, durch ihren Signalwert augenfällig sein und von den
übrigen Gesellschaftsmitgliedern übereinstimmend und hoch bewertet werden. Gerade
Konsumgüter scheinen in modernen Industrienationen dazu geeignet, diese Funktion zu
erfüllen, da ihnen zum einen ein hoher Signalwert zukommt und zum anderen
Verbrauchsgütern im Zuge einer zunehmenden Konsumorientierung steigende Bedeu-
tung zuwächst.
Wiswede geht sogar davon aus, dass ,,[...] die Art und Weise der Verwendung von
Konsumgütern (Geschmack, Stil, Verständnis) zu echten zusätzlichen Faktoren der
Statusbildung werden kann."
23
Er stellt weiterhin die These auf, dass dem Konsumver-
halten von Individuen oder Gruppen ein bestimmter Rang zugeschrieben werde, der
wiederum (anteilsweise) deren allgemeinen Rang mitbestimmt.
Man darf allerdings nicht den Fehlschluss begehen, dem auch Theodor Geiger unter-
liegt, indem er konstatiert ,,Nicht mehr die Stellung bestimmt den (geziemenden)
Verbrauch, sondern der (erschwingliche) Verbrauch bestimmt das soziale Ansehen
[...]."
24
Zwar führt die allgemeine Wohlstandszunahme in der Tat dazu, dass Statussym-
bole bzw. Güter für breite Bevölkerungsschichten zugänglich geworden sind, allerdings
ist das soziale Ansehen mitnichten nur eine Frage der finanziellen Mittel. Es existieren
nämlich gewisse ,Zugangsbarrieren', die der allgemeinen Verbreitung von Statussym-
bolen im Weg stehen.
22
Vgl. Wiswede (1972): 156.
23
Wiswede (1972): 157.
24
Geiger (1949): 174.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
17
2.
Statussymbole und der Wandel ihrer Bedeutung im gesellschaftlichen
Kontext
Ganz allgemein ist ein Symbol ein Zeichen bzw. Sinnbild, das stellvertretend für etwas
anderes, für einen übergeordneten Sinn- und Bedeutungszusammenhang steht.
Der von Mead
25
geprägte Ansatz des ,Symbolischen Interaktionismus` beschreibt die
komplexe Wechselwirkung, in der menschliches Verhalten und Symbole stehen. Die
Grundgedanken dieses Ansatzes lauten wie folgt: 1. menschliches Verhalten ist in den
meisten seiner Aspekte kultureller Natur, 2. das als kulturell bezeichnete menschliche
Verhalten erfolgt als Reaktion auf Symbole, 3. der Mensch ist fähig, Symbole zu ver-
wenden, sobald ein Konsens über ihre Bedeutung existiert, 4. die Bedeutung von Sym-
bolen wird im Laufe der Sozialisation erlernt. Darüber hinaus unterliegen Symbole, wie
alle sozialen Phänomene, kontinuierlichen Wandlungsprozessen.
Eine Art der Symbolverwendung ist die Statusdemonstration. ,,Durch Symbole kann der
Mensch seine soziale Stellung ausdrücken und [...] anderen klarmachen, wer er sein und
wie er behandelt werden will."
26
Um soziales Prestige zu gewinnen, benutzen Individuen also bestimmte Merkmale, ,,[...]
welche als Indikatoren eine mehr oder weniger genau definierte Symbolkraft besitzen
[...]"
27
, in diesem Kontext spricht man auch von Statussymbolen. Der Mensch als ,ani-
mal ambitiosum` bedient sich verschiedenster Zeichen, um sich von anderen, angeblich
weniger würdigen Individuen durch bestimmte vornehme Symbole wirkungsvoll abzu-
setzen.
28
Dieses Distinktionsstreben findet sich im Gegensatz zur allgemeinen Meinung
jedoch nicht nur in der Oberschicht und den mittleren Schichten, sondern bezieht auch
den Arbeiter von nebenan und sogar soziale Randgruppen mit ein, wie der Anthropolo-
ge Girtler in seiner qualitativen Erhebung über die ,feinen Leute` eindrucksvoll zeigt.
29
Statussymbole können sowohl materielle Güter (Kleidung, Autos), Verhaltensweisen
(teure Reisen), exklusive Hobbys (Golf), Titel (Herr Studienrat) und Orden sowie
sonstige sozial sichtbare Zeichen sein, die aufgrund ihrer soziokulturellen Bewertung
25
Vgl. Mead (1968).
26
Girtler (1989): 91.
27
Stihler (1998): 189.
28
Girtler (1989): 441.
29
Vgl. Girtler (1989).

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
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den relativen Rang eines Status innerhalb einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft
signalisieren.
30
Für statusorientierte Personen bietet demnach auch der Sport ein Betätigungsfeld, auf
dem sie sich als jemand darstellen können, der es sich leisten kann, ,unnützen` Beschäf-
tigungen nachzugehen. Bereits in der Antike war Sport zunächst Sache des Adels. Seit
die sportliche Betätigung, nicht zuletzt als Resultat der ,Turnbewegung`, auch für untere
Schichten möglich wurde, suchten sich die ,feinen Leute` konsequenterweise neue und
exklusive Sportarten aus, spezifische Rituale und Barrieren ermöglichen den Zugang
dabei nur einem ausgesuchten Kreis. Dazu zählen z.B. teure Ausrüstung (Fechten) oder
hohe Aufnahmegebühren, die gezahlt werden müssen, um überhaupt in einen Golf- oder
Tennisclub aufgenommen zu werden. Auch die adelige Abstammung kann eine solche
Barriere darstellen, so nehmen manche Jagd-Clubs nur Mitglieder adeliger Abstam-
mung auf.
Auch ein ,gutes Benehmen', das traditionell in adeligen Familien sowie im gehobenen
Bürgertum als wichtig erachtet wurde und wird, kann der Demonstration von sozialem
Status dienen. Dabei ist Distanz zu eigenen und anderer Leute Gefühlen sowie höfliche
Zurückhaltung oberstes Gebot. Ebenso eine gewisse ,Gesprächskultur`, die sich nicht
nur in geschliffener Wortwahl und Grammatik, sondern auch darin äußert, dass man
sein Gegenüber stets zu Wort kommen lässt und gewisse, konfliktbehaftete Themenge-
biete (Politik, Religion) elegant ,umschifft`.
Die sorgfältig umgrenzten sozialen Verkehrskreise einer Person haben ebenfalls Signal-
charakter. Ganz nach dem Leitsatz ,,Gleich und gleich gesellt sich gern" umgibt man
sich möglichst mit gleich- oder auch höherpositionierten Personen, damit andere sehen,
,,wen man alles kennt", welch gute Kontakte man hat. Dabei ist es ebenfalls eine (un-
ausgesprochene) Selbstverständlichkeit, sich gegenseitig auszuhelfen, z.B. indem man
dem Sohn und Jura-Absolventen von X. einen Platz in der renommierten Anwaltskanz-
lei eines Freundes verschafft.
Auch die Lage der Wohnung und deren Einrichtung sind als Statusindikatoren geeignet,
so ergab eine aktuelle Studie, dass signifikante Häufungen von Einrichtungs- und Deko-
rationsgegenständen gefunden wurden, die jeweils vom Sozialstatus der Konsumenten
abzuhängen schienen. Bei Personen mit niedrigerem Status waren dies vor allem religi-
öse Objekte, künstliche Blumen und Stillleben, bei solchen mit einem gehobeneren
30
Vgl. Hillmann (1994): 841.

Statussymbol Mode - Funktionen und Bedeutung eines Massenphänomens
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Status fanden sich dagegen häufiger abstrakte Gemälde, Skulpturen und moderne Mö-
bel.
31
Oft genügt die offensichtliche Präsentation solcher Attribute oder Verhaltensweisen, um
sich wirkungsvoll von anderen Menschen(-gruppen) abzuheben. Wichtigste Vorausset-
zung für die Wirksamkeit von Statussymbolen ist allerdings immer, dass die Adressaten
die Bedeutung der Symbole verstehen und deren Prestigewert teilen.
Da die Bedeutung derartiger Symbole darüber hinaus gruppenspezifisch variiert, macht
es Sinn, deren Bedeutungsgehalt von besagten sozialen Gruppierungen abzuleiten, denn
Prestige-Symbole entfalten ihre Wirksamkeit erst bezüglich handelnder Individuen.
Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Pluralisierung und Diffe-
renzierung, die zu einer stärkeren Bedeutung von Bezugsgruppen für den Einzelnen
geführt haben. Prestige-Symbole bei Erwachsenen sind meist an soziale Positionen
geknüpft, d.h. in erster Linie an die Berufsposition.
Gerade in anonymen Großgesellschaften kommt der Nachfrage nach teuren und qualita-
tiv hochwertigen Gütern besondere Bedeutung zu. Durch gezielte Verwendung ihres
Einkommens versuchen Menschen, ihren erreichten oder erwünschten Status mit ent-
sprechenden Symbolen anzuzeigen (Geltungskonsum bzw. demonstrativer Konsum),
um zugunsten ihres Selbstwertgefühls soziales Prestige zu gewinnen.
32
Goffman spricht
in diesem Zusammenhang auch von ,Prestige-Symbolen` bzw. Zeichen, die nur den
,Überzug informativer Funktion` besitzen und besonders wirksam darin sind, Aufmerk-
samkeit auf ein prestigesteigerndes Phänomen zu lenken.
33
Da wie dargestellt soziale Ungleichheit auch in modernen Industriegesellschaften
existiert, findet soziale Distinktion weiterhin über bestimmte symbolisch-kulturelle
Güter als Distinktionsmittel
34
statt. Welche Güter als prestigesteigernd gelten, ist einem
stetigen Wandel unterzogen, der sich besonders in dynamischen Konsumgesellschaften
immer schneller vollzieht. Im Zuge der ,Demokratisierung des Luxus`
35
beginnt (zu-
mindest theoretisch) die Ausbreitung prinzipiell aller Güter in alle Schichten, sodass das
Bedürfnis nach Abhebung nur noch auf geringen zeitlichen Vorsprüngen basiert und in
wachsendem Maße an die Belanglosigkeit des ,kleinen Besonderen` geknüpft ist.
36
Die
31
Bell et al. (1991): 243-274.
32
Vgl. Hillmann (1994): 266.
33
Goffman (1951): 294-304.
34
Vgl. Bourdieu (1982): 321ff.
35
Wiswede (1972): 158.
36
Wiswede (1972): 161.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783836604826
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Philosophische Fakultät, Soziologie
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
mode gesellschaft statussymbol industrie konsum soziologie
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