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Datenschutz im Electronic Government

Eine kritische Analyse

©2006 Diplomarbeit 65 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Als Folge der fortschreitenden Verbreitung und Entwicklung des Internet, sieht sich auch die öffentliche Verwaltung mit einer zunehmenden Veränderung der Informations- und Kommunikationsprozesse in den Institutionen konfrontiert. Dieser Umstand birgt große Potentiale für die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und der Dienstleistungsorientierung der administrativen Geschäfts- und Verwaltungsvorgänge, aber auch die Herausforderung und Notwendigkeit, alle betroffenen Prozesse in Einklang mit den gegebenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu bringen.
Während der Bürger in der realen Welt das Rathaus betreten kann, ohne sich sogleich identifizieren zu müssen, sind in der elektronischen Welt Datenspuren kaum zu vermeiden. Und im Gegensatz zu online getätigten Transaktionen, ist sich dort der Bürger in der Regel bewusst, wann, wo und bei wem er sich ausweist.
Die zunehmende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erleichtert die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, da die bisher auf viele Fachämter oder verschiedene Stellen verstreuten Angaben zu einer Person zusammengeführt werden können. Es stellt sich die Frage, ob das aktuelle Datenschutzrecht vor der Gefahr, dass der Mensch zum ”Gläsernen Bürger“ wird, schützen kann, oder ob die Bestimmungen ihre Aktualität verloren haben und letztendlich überarbeitet werden müssen, um den Risiken der Online-Welt wirkungsvoll entgegentreten zu können.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht die Relevanz von Datenschutz im und für das Electronic Government in Deutschland. Dazu werden die gegenwärtigen Risiken für den Datenschutz im Electronic Government erarbeitet und entsprechende Lösungsansätze aufgezeigt.
Nachdem im ersten Kapitel die Themenstellung erläutert wurde, wird der Begriff Electronic Government in Kapitel Zwei umfassend definiert, indem, nach einer ausführlichen Begriffsbestimmung sowie einer Zusammenfassung der geschichtlichen Entwicklung des Electronic Government, die verschiedenen Anwendungsgebiete, Akteure und Beziehungen genauer beleuchtet werden. Dabei wird auch auf den aktuellen Stand des Electronic Governments heute eingegangen.
Im dritten Kapitel wird das Thema Datenschutz detailliert behandelt.
Neben einer kurzen Erläuterung des Grundgedankens, der hinter der datenschutzrechtlichen Gesetzgebung in Deutschland steckt, wird weiterhin ein Rückblick auf die historische Entwicklung des Datenschutzrechts bis hin zum heutigen Stand der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sigrun Fricke
Datenschutz im Electronic Government
Eine kritische Analyse
ISBN: 978-3-8366-0429-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V., Wiesbaden, Deutschland,
Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
III
Abk¨
urzungsverzeichnis
V
1 Themenstellung und Aufbau der Arbeit
1
2 Einf¨
uhrung in das Electronic Government
3
2.1 Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.2 Geschichte des eGovernment . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.3 Akteure und Beziehungen im eGovernment . . . . . . . .
5
2.3.1
Government-to-Government (G2G) . . . . . . . .
7
2.3.2
Government-to-Business (G2B) . . . . . . . . . .
8
2.3.3
Government-to-Citizen (G2C) . . . . . . . . . . .
8
2.3.4
Government-to-NPO/NGO (G2N) . . . . . . . . .
9
2.4 Anwendungsbereiche von eGovernment . . . . . . . . . .
9
2.4.1
Electronic Procurement
. . . . . . . . . . . . . .
9
2.4.2
Electronic Organization . . . . . . . . . . . . . .
10
2.4.3
Electronic Administration . . . . . . . . . . . . .
10
2.4.4
Electronic Assistance . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.4.5
Electronic Democracy . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.5 Die Interaktionsstufen von eGovernment . . . . . . . . .
11
2.5.1
Interaktionsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.5.2
Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.5.3
Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.5.4
Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.6 Stand heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
3 Einf¨
uhrung in den Datenschutz
17
3.1 Grundgedanke und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . .
17
3.2 Geschichte des Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . .
18
3.3 Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.3.1
Anwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechts .
20
3.3.2
Das Bundesdatenschutzgesetz und die Landes-
datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.3.3
Die EU-Datenschutzrichtlinie . . . . . . . . . . .
24
3.3.4
Die wichtigsten Regelungen im Onlinerecht . . . .
25
3.3.5
Betroffenenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
4 Die Bedeutung von Datenschutz f¨
ur das eGovernment
29
4.1 Datenschutzrechtliche Problematiken durch das Internet
und den Stand der technischen Entwicklung . . . . . . .
30
4.1.1
Allgemeine Problemstellungen . . . . . . . . . . .
30
4.1.2
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
4.2 Datenschutzrechtliche Problematiken im eGovernment . .
34
4.2.1
Allgemeine Problemstellungen . . . . . . . . . . .
34
4.2.2
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
4.3 L¨osungsans¨atze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42

II
4.3.1
Datenschutzf¨ordernde Technologien . . . . . . . .
42
4.3.2
Technisch-Organisatorische Maßnahmen . . . . .
47
4.3.3
Gestaltung von Formularen und Internetauftritten
51
5 Fazit
53
Literaturverzeichnis
VII

Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
1
Stakeholdermodell f¨ur das eGovernment . . . . . . . . .
6
2
eGovernment in einer X2Y-Matrix . . . . . . . . . . . . .
6
3
Die Interaktionsstufen von eGovernment-Anwendungen .
12
4
Online gestellte Dienstleistungen Bund Online 2005 . . .
15
5
Rangfolge im Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . .
20
6
Schichtenmodell des Datenschutzrechts . . . . . . . . . .
21

Abk¨urzungsverzeichnis
V
Abk¨
urzungsverzeichnis
ADV
Automatisierte Datenverarbeitung
B2B
Business-to-Business
B2G
Business-to-Government
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BSI
Bundesamt f¨ur Sicherheit in der Informationstechnik
C2G
Citizen-to-Government
DSRL
EG-Datenschutzrichtlinie
eAdministration
Electronic Administration
eAssistance
Electronic Assistance
eDemocracy
Electronic Democracy
eElection
Electronic Election
eGovernment
Electronic Government
eJustice
Electronic Justice
eMail
Electronic Mail
eOrganization
Electronic Organization
eProcurement
Electronic Procurement
EU
Europ¨aische Union
eVoting
Electronic Voting
FTP
File Transfer Protocol
G2B
Government-to-Business
G2C
Government-to-Citizen
G2G
Government-to-Government
G2N
Government-to-NPO/NGO
GG
Grundgesetz
IP
Internet Protocol
LAN
Local Area Network
LDSG
Landesdatenschutzgesetz
MDStV
Mediendienstestaatsvertrag
N2G
NPO/NGO-to-Government
NGO
Non-Government-Organization
NPO
Non-Profit-Organization
PGP
Pretty Good Privacy
SigG
Signaturgesetz
SigV
Signaturverordnung
SSL
Secure Socket Layer
TCP
Transmission Control Protocol
TDDSG
Teledienstdatenschutzgesetz
TDG
Teledienstegesetz
TMG
Telemediengesetz
VPN
Virtual Private Network
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WWW
World Wide Web

1 Themenstellung und Aufbau der Arbeit
1
1 Themenstellung und Aufbau der Arbeit
Als Folge der fortschreitenden Verbreitung und Entwicklung des Inter-
net, sieht sich auch die ¨offentliche Verwaltung mit einer zunehmenden
Ver¨anderung der Informations- und Kommunikationsprozesse in den In-
stitutionen konfrontiert. Dieser Umstand birgt große Potentiale f¨ur die
Erh¨ohung der Wirtschaftlichkeit und der Dienstleistungsorientierung der
administrativen Gesch¨afts- und Verwaltungsvorg¨ange, aber auch die Her-
ausforderung und Notwendigkeit, alle betroffenen Prozesse in Einklang
mit den gegebenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu bringen.
W¨ahrend der B¨urger in der realen Welt das Rathaus betreten kann, oh-
ne sich sogleich identifizieren zu m¨ussen, sind in der elektronischen Welt
Datenspuren kaum zu vermeiden. Und im Gegensatz zu online get¨atigten
Transaktionen, ist sich dort der B¨urger in der Regel bewusst, wann, wo
und bei wem er sich ausweist.
1
Die zunehmende Digitalisierung der ¨offentlichen Verwaltung erleich-
tert die Erstellung von Pers¨onlichkeitsprofilen, da die bisher auf viele
Fach¨amter oder verschiedene Stellen verstreuten Angaben zu einer Per-
son zusammengef¨uhrt werden k¨onnen.
2
Es stellt sich die Frage, ob das ak-
tuelle Datenschutzrecht vor der Gefahr, dass der Mensch zum
"
Gl¨asernen
B¨urger" wird, sch¨utzen kann, oder ob die Bestimmungen ihre Aktualit¨at
verloren haben und letztendlich ¨uberarbeitet werden m¨ussen, um den
Risiken der Online-Welt wirkungsvoll entgegentreten zu k¨onnen.
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht die Relevanz von Daten-
schutz im und f¨ur das Electronic Government in Deutschland. Dazu
werden die gegenw¨artigen Risiken f¨ur den Datenschutz im Electronic
Government erarbeitet und entsprechende L¨osungsans¨atze aufgezeigt.
Nachdem im ersten Kapitel die Themenstellung erl¨autert wurde, wird
der Begriff Electronic Government in Kapitel Zwei umfassend definiert,
indem, nach einer ausf¨uhrlichen Begriffsbestimmung sowie einer Zusam-
menfassung der geschichtlichen Entwicklung des Electronic Government,
die verschiedenen Anwendungsgebiete, Akteure und Beziehungen genauer
beleuchtet werden. Dabei wird auch auf den aktuellen Stand des Elec-
tronic Governments heute eingegangen.
Im dritten Kapitel wird das Thema Datenschutz detailliert behandelt.
Neben einer kurzen Erl¨auterung des Grundgedankens, der hinter der da-
tenschutzrechtlichen Gesetzgebung in Deutschland steckt, wird weiterhin
1
Vgl. YILDIRIM: Datenschutz im Electronic Government (2004) Seite 2
2
Vgl. YILDIRIM: Datenschutz im Electronic Government (2004) Seite 3

2
Datenschutz im Electronic Government
ein R¨uckblick auf die historische Entwicklung des Datenschutzrechts bis
hin zum heutigen Stand der Gesetze gegeben. Die Darstellung der aktu-
ellen Rechtsgrundlagen beinhaltet eine Beschreibung der Anwendbarkeit
des deutschen Datenschutzrechts und eine Zusammenfassung der aktuel-
len Gesetzgebung.
Im Hauptteil, dem vierten Kapitel, wird die Bedeutung von Daten-
schutz f¨ur das Electronic Government behandelt. Dabei werden zun¨achst
die durch das Internet und den Stand der technischen Entwicklung her-
vorgerufenen Gefahren f¨ur den Datenschutz aufgezeigt und anhand von
Beispielen verdeutlicht. Im Anschluss daran, wird auf spezifische Proble-
matiken, die sich im Umfeld des Electronic Government ergeben, ein-
gegangen. Mit den datenschutzf¨ordernden Technologien, den technisch-
organisatorischen Maßnahmen und den Vorschl¨agen f¨ur die Gestaltung
von Internetauftritten und Webformularen werden L¨osungans¨atze be-
schrieben, die die aufgezeigten Gef¨ahrdungen f¨ur den Datenschutz ent-
gegenwirken und Risiken minimieren k¨onnen.
Den Abschluss dieser Diplomarbeit bildet mit einem zusammenfas-
senden Fazit das f¨unfte Kapitel.
In der vorliegenden Arbeit wird zugunsten einer besseren und einfa-
cheren Lesbarkeit auf die zus¨atzliche Erw¨ahnung der femininen neben
der maskulinen Form verzichtet, wobei aber immer beide Geschlechter
gemeint sind.

2 Einf¨uhrung in das Electronic Government
3
2 Einf¨
uhrung in das Electronic Government
2.1 Begriffsbestimmung
Das Bundesamt f¨ur Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) definiert
im
"
E-Government-Handbuch"
3
das eigene Verst¨andnis von Electronic
Government (eGovernment) wie folgt:
"
Unter
"
Electronic Government"(...) verstehen wir die Nut-
zung elektronischer Informations- und Kommunikationstech-
nik zur Einbeziehung des Kunden in das Handeln von Regie-
rung und ¨offentlicher Verwaltung."
4
Ausf¨uhrlicher formuliert, versteht man unter eGovernment die Vereinfa-
chung und Durchf¨uhrung von Prozessen zur Information, Kommunika-
tion und Transaktion innerhalb und zwischen Einrichtungen der Exeku-
tive (Beh¨orden), sowie zwischen diesen Institutionen und B¨urgern, Un-
ternehmen und weiteren staatlichen Institutionen durch den Einsatz von
Informations- und Kommunikationstechnologien.
5
Der Begriff eGovernment fasst außerdem im weiteren Sinn die Berei-
che Electronic Administration (eAdministration), Electronic Democracy
(eDemocracy) und Electronic Justice (eJustice) zusammen. Mit eAdmi-
nistration wird das elektronische Regieren und Verwalten im eigentli-
chen Sinn bezeichnet. eAdministration umfasst die Anwendung der neu-
en Informations- und Kommunikationstechnologien durch die ¨offentliche
Verwaltung mit dem Ziel, das Funktionieren der ¨offentlichen Dienste in
Bezug auf die internen Abl¨aufe, sowie die Wirtschaftlichkeit und Kunden-
freundlichkeit sicherzustellen.
6
Oft wird der Begriff eAdministration syn-
onym mit eGovernment verwendet. Unter eDemocracy versteht man die
Aus¨ubung von demokratischen Rechten und Pflichten durch die B¨urger,
um unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechno-
logien am Prozess der politischen Meinungsbildung und Entscheidung
teilzunehmen. Der elektronische Rechtsverkehr, also die Durchf¨uhrung
von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozessen inner-
halb und zwischen Institutionen der Judikative, sowie zwischen der Ju-
3
Das "E-Government-Handbuch" wurde vom BSI als Nachschlagewerk und Infor-
mationsb¨orse konzipiert. Es soll die Initiative "BundOnline 2005" f¨ordern und
die Landes- und Kommunalbeh¨orden bei der Entwicklung von eGovernment-
Anwendungen unterst¨utzen. http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/6.htm
4
Zitat BSI: Das E-Government-Glossar (2006a), Seite 3.
5
Vgl. BECKER: Electronic Government (2005), Seite 324.
6
Vgl. ARTHUR ANDERSEN: eGovernment (2001), Seite 7.

4
Datenschutz im Electronic Government
dikative und den B¨urgern, Unternehmen und anderen staatlichen Insti-
tutionen auf elektronischem Weg, wird auch als eJustice bezeichnet.
eGovernment beschr¨ankt sich jedoch nicht allein auf die Verbesse-
rung der Beziehungen zwischen B¨urger und Verwaltung durch neue Zu-
gangswege, es geht vielmehr auch um alle wechselseitigen Beziehun-
gen zwischen B¨urgern, Wirtschaftsunternehmen, Einrichtungen im Non-
Profit-Sektor, Politik, Regierung und Verwaltung. Die klassischen Ver-
waltungsstrukturen werden daher nicht einfach ¨ubernommen, sondern
neu geschaffen. Die menschlichen und maschinellen Beitr¨age sind in den
vielf¨altigen Anwendungsformen und -generationen der Informationstech-
nik, die nunmehr in Arbeitsabl¨aufen und Entscheidungsprozessen zu-
sammenwirken, verwoben. Damit wird auch die Schl¨usselrolle der Infor-
mationstechnik bei der umfassenden Reform von Staat und Verwaltung
deutlich.
7
2.2 Geschichte des eGovernment
Bereits zu Beginn der siebziger Jahre gab es eine betonte Hinwendung
der ¨offentlichen Verwaltung zur Informationstechnik und schon damals
etablierte sich die Parole
"
Die Daten sollen laufen, nicht der B¨urger"
8
,
welche auch in der aktuellen eGovernment-Diskussion gerne verwendet
wird. Die Idee, die Informations- und Kommunikationstechnologie f¨ur ei-
ne Umstrukturierung der Verwaltung zu nutzen, besteht bereits seit zwei
Jahrzehnten und so wird auch seit dem die automatisierte Datenverar-
beitung (ADV) in der ¨offentlichen Verwaltung eingesetzt. Der Gebrauch
der automatisierten Datenverarbeitung erfolgt allerdings gr¨oßtenteils zur
Unterst¨utzung der internen Abl¨aufe und zur Erstellung von traditionel-
len papierbasierten Verwaltungsentscheidungen. Das Schlagwort
"
Ver-
waltungsmodernisierung" bezeichnet bis heute die Entwicklungen zum
B¨urokratieabbau, zur Beschleunigung von Verwaltungsvorg¨angen und
zur Steigerung des b¨urgerfreundlichen Verwaltungshandelns. Auch zeich-
net sich in den letzten Jahren ein ¨
Ubergang von einer am B¨urokratiemo-
dell orientierten Verwaltung auf eine Verwaltung nach den Grunds¨atzen
7
Vgl. o.V.: Electronic Government als Schl¨ussel zur Modernisierung von Staat und
Verwaltung (2000), Seite 2.
8
Vgl. RIHACZEK: eGovernment - d´ej`a-vu (2005), Seite 57.

2 Einf¨uhrung in das Electronic Government
5
des New Public Management
9
oder der Neuen Steuerungsmodelle
10
ab.
11
Im Dezember 2001 verpflichtete sich die Bundesregierung unter
Bundeskanzler Gerhard Schr¨oder, im Rahmen von Europas gr¨oßter
eGovernment-Initiative
"
BundOnline 2005", alle internetf¨ahigen Dienst-
leistungen der Bundesverwaltung bis zum Jahr 2005 online zu stel-
len. Mit Stand vom 31. Dezember 2005 sind nun 440 Informations-,
Kommunikations- und Transaktionsdienstleistungen des Bundes ¨uber das
Internet zug¨anglich.
2.3 Akteure und Beziehungen im eGovernment
Beim eGovernment sind verschiedene Akteure beteiligt und betroffen,
denn es geht sowohl um die Prozesse innerhalb des ¨offentlichen Sektors
(G2G), als auch um jene zwischen diesem und der Bev¨olkerung (G2C
und C2G), der Wirtschaft (G2B und B2G) und den Non-Profit und
Non-Government Organisationen des dritten Sektors (G2N und N2G).
12
Dieses Beziehungsgeflecht zwischen der Regierung und den wichtigsten
Anspruchsgruppen wird im Stakeholdermodell f¨ur das eGovernment auf
der folgenden Seite verdeutlicht.
9
Der Begriff New Public Management bezeichnet eine Richtung innerhalb der Ver-
waltungsreform und Staatsmodernisierung, die auf der ¨
Ubernahme privatwirt-
schaftlicher Managementtechniken beruht und deren Ziel eine effizientere Verwal-
tung durch Einf¨uhrung betriebswirtschaftlicher Effizienzkriterien ist.
10
Mit dem Begriff Neues Steuerungsmodell wird in der Organisationslehre ¨offentlicher
Verwaltungen ein Modell zur strategischen Steuerung von Verwaltungen, insbe-
sondere im kommunalen Bereich bezeichnet. Es wurde von der Kommunalen Ge-
meinschaftsstelle in K¨oln (KGSt) konzipiert und bildete den Ausgangspunkt f¨ur
Reform¨uberlegungen in zahlreichen St¨adten und Gemeinden. Vgl. YILDIRIM: Da-
tenschutz im Electronic Government (2004), Seite 11.
11
Vgl. YILDIRIM: Datenschutz im Electronic Government (2004), Seite 10f.
12
Vgl. VON LUCKE/REINERMANN: Speyerer Definition von Electronic Govern-
ment (2000), Seite 1.

6
Datenschutz im Electronic Government
Abbildung 1: Stakeholdermodell f¨ur das eGovernment
In der Speyerer Definition von Electronic Government gehen Lucke und
Reinemann noch einen Schritt weiter, und verdeutlichen diesen Sachver-
halt in einer X2Y-Matrix, wie sie aus der Betriebswirtschaftslehre be-
kannt ist.
Abbildung 2: eGovernment in einer X2Y-Matrix
eGovernment umschließt somit sieben der sechzehn m¨oglichen Ma-
trixfelder, wobei allgemein und nicht auf das eGovernment bezo-
gen die Felder B2B (Business-to-Business) und B2C (Business-to-
Consumer) die momentan wichtigsten sind. Dennoch ist davon aus-
zugehen, dass die Felder G2G (Government-to-Government), C2G
(Citizen/Community/Consumer-to-Government), G2C (Government-to-
Citizen/Community/Consumer), B2G (Business-to-Government), G2B

2 Einf¨uhrung in das Electronic Government
7
(Government-to-Business), N2G (NPO/NGO-to-Government) und G2N
(Government-to-NPO/NGO) aufgrund der Entwicklungsm¨oglichkeiten
des eGovernment k¨unftig attraktiver f¨ur Investoren aus Wirtschaft, Ver-
waltung und dem dritten Sektor sind.
13
Ein besonderes Augenmerk liegt im Folgenden auf den drei Typen
G2G, G2B und G2C. Sie bezeichnen diejenigen eGovernment-L¨osungen,
die ausgehend von der Regierung auf Regierung, Wirtschaft oder Bev¨olke-
rung gerichtet sind.
2.3.1 Government-to-Government (G2G)
Der interne Bereich des eGovernment umschließt alle verwaltungsinter-
nen und verwaltungs¨ubergreifenden Abl¨aufe, also die Beziehungen zwi-
schen den ¨offentlichen Institutionen.
14
In der Bundesrepublik Deutschland sind davon diejenigen Prozesse be-
troffen, die zwischen den Verwaltungen und Beh¨orden auf den verschie-
denen Kommunal-, Landes- und Bundesebenen stattfinden, sowie solche
zu internationalen, ¨uberstaatlichen Organistationen oder ausl¨andischen
Regierungen.
15
Auch wenn es sich hierbei in erster Linie
"
nur" um die ¨
Ubermittlung
von Daten zur Weiterbearbeitung handelt, liegen die gr¨oßten Potentiale
des eGovernment in der Verbesserung der innerbeh¨ordlichen Kommuni-
kation durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstech-
nologien.
Im Wesentlichen werden mit der Umsetzung von G2G-Anwendungen
folgende Ziele verfolgt:
· Schaffung durchg¨angiger, prozessorientierter Arbeitsvorg¨ange
· Steigerung der Effizienz
· Reduzierung von Redundanzen
· Schaffung von Transparenz
· Steigerung der Flexibilit¨at
16
13
Vgl. VON LUCKE/REINERMANN: Speyerer Definition von Electronic Govern-
ment (2000), Seite 2.
14
Vgl. BR ¨
UCHER/GISLER: E-Government - von den Grundlagen zur Anwendung
(2002), Abbildung 1, Seite 9.
15
Vgl. ZUMSTEG: Die Bedeutung von Vertrauen f¨ur den Erfolg von E-Government
(2004), Seite 8.
16
Vgl. BOOZ ALLEN HAMILTON: E-Government und der moderne Staat (2002),
Seite 118f.

8
Datenschutz im Electronic Government
2.3.2 Government-to-Business (G2B)
Der Begriff Government-to-Business (G2B) lehnt sich an die Bezeichnung
Business-to-Business (B2B) und beschreibt die Beziehung zwischen Staat
und Privatwirtschaft auf Basis der Informations- und Kommunikations-
technologien. Die Gestaltung und die Abwicklung der einhergehenden
Gesch¨aftsf¨alle kann auf elektronischem Wege erleichtert werden und bie-
tet eine hervorragende M¨oglichkeit des Standortmarketings.
Viele wirtschaftliche Unternehmen wickeln heutzutage einen Großteil
ihrer Gesch¨afte elektronisch ab (eProcurement). Sie haben beispielsweise
durch Zulassungs- oder Genehmigungsverfahren oder bei Angelegenhei-
ten der Zoll- oder Steuerverwaltung eine hohe Kontaktfrequenz mit der
Verwaltung. Lange und komplizierte Genehmigungsverfahren sind oft mit
enormen b¨urokratischem Aufwand verbunden und verursachen, sowohl
bei der zust¨andigen Verwaltung, als auch beim Unternehmen, hohe Kos-
ten. Der Einsatz von eGovernment-L¨osungen kann diese Kommunikati-
onsbeziehungen in beiderseitigem Interesse vereinfachen und so zu Syn-
ergieeffekte f¨uhren. Die beste M¨oglichkeit derartige Einsparpotenziale zu
nutzen, bietet hier das ¨offentliche Beschaffungswesen. Digitale Ausschrei-
bungen, beispielsweise von Bauleistungen, erleichtern Firmen den Zugang
zum Ausschreibungsverfahren und f¨uhren nebenbei zu unterschiedlichen
Einsparm¨oglichkeiten bei den Verwaltungen und Unternehmen.
17
2.3.3 Government-to-Citizen (G2C)
Die B¨urger treten nicht immer freiwillig mit der Verwaltung in Kontakt.
Oft sind lange Wege und Wartezeiten mit dem Beh¨ordengang verbun-
den. Darum haben eGovernment-L¨osungen die gr¨oßte Wirkung, wenn
sie die t¨aglichen Belange der Bev¨olkerung unterst¨utzen und f¨ordern.
18
Da der Nutzen von Government-to-Citizen (G2C) f¨ur die Bev¨olkerung
direkt sichtbar ist, steht dieser Beziehungstyp oft im Mittelpunkt der
¨offentlichen eGovernment-Diskussion.
Die in digitalisierter Form von der Verwaltung angebotenen Dienste
sind ¨uberwiegend einfacher Art, dazu geh¨oren beispielsweise die Bean-
tragung von Anwohnerparkausweisen oder die Reservierung des KFZ-
Wunschkennzeichens. Am bekanntesten im Bereich G2C ist wohl die
elektronische Steuererkl¨arung ELSTER, welche die M¨oglichkeit bietet,
verschiedene Steuererkl¨arungen elektronisch via Internet an das Finanz-
amt zu ¨ubermitteln.
17
Vgl. LENZ: E-Government und E-Nonprofit (2001), Seite 34.
18
Vgl. LENZ: E-Government und E-Nonprofit (2001), Seite 61.

2 Einf¨uhrung in das Electronic Government
9
Es ist wichtig zu Beachten, dass sich der Begriff
"
Citizen" nicht allein
auf die
"
im Staate wohnhaften B¨urger" beschr¨ankt, sondern in einem
viel weiteren, internationalen Sinn verstanden wird. N¨amlich so, dass er
alle nat¨urlichen Personen, auch solche mit ausl¨andischem Wohnsitz oder
gar anderer Nationalit¨at, mit einbezieht. Denn gerade mit eGovernment
ist es m¨oglich Dienste elektronisch und ¨uber nationale Grenzen hinaus
anzubieten.
19
2.3.4 Government-to-NPO/NGO (G2N)
Neben den klassischen Beziehungsebenen G2C, G2B und G2G bilden
Institutionen, welche weder der Wirtschaft noch dem Staat in enge-
rem Sinn angeh¨oren, eine weitere Kategorie. Eine weitere Einteilung in
Government-to-NPO
20
/NGO
21
(G2N) ist zweckm¨aßig, jedoch nicht sehr
verbreitet und kann demnach nicht als etabliert bewertet werden.
22
Die
G2N-Beziehung kann und wird vielerorts mit in die Ebene G2C einbezo-
gen.
23
2.4 Anwendungsbereiche von eGovernment
2.4.1 Electronic Procurement
Unter Electronic Procurement (eProcurement) im Rahmen des eGovern-
ment versteht man elektronische Verfahren zwischen Beh¨orden und ge-
werblichen Anbietern im Internet, zur Beschaffung von Waren und
Dienstleistungen. Diese Beziehung ist im Stakeholdermodell f¨ur das
eGovernment mit B2G, also Business-to-Government, bezeichnet. ePro-
curement liegt das Prinzip zugrunde, die Kapazit¨aten des Internets zu
nutzen, um Kauf- und Verkaufsprozesse auf einer Austauschplattform
in Real-Time zusammenzuf¨uhren. Die existierenden Plattformen sind
vielf¨altig, sie reichen von einfachen Online-Produktkatalogen bis hin zu
komplexeren virtuellen Marktpl¨atzen inklusive Ausschreibungen, Ver-
handlungen oder Versteigerungen.
24
19
Vgl. BR ¨
UCHER/GISLER: E-Government - von den Grundlagen zur Anwendung
(2002), Seite 8.
20
Non-Profit Organisation
21
Non-Government Organisation
22
Vgl. o.V.: eGovernment Glossar (2006a), Stichwort "Government to ?", aufgerufen
am 27.06.2006.
23
Vgl. o.V.: Glossar (2006b), Stichwort "G2C", aufgerufen am 14.07.2006
24
Vgl. ARTHUR ANDERSEN: eGovernment (2001), Seite 17.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836604291
DOI
10.3239/9783836604291
Dateigröße
943 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V. – Betriebswirtschaftslehre, Studiengang Wirtschaftsinformatik
Erscheinungsdatum
2007 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
deutschland electronic government datenschutz gläserner bürger online wirtschaftsinformatik
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Titel: Datenschutz im Electronic Government
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