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Verbesserungswesen in der Altenhilfe

Strategien, Umsetzung und Methoden der Qualitätsentwicklung

©2007 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Einrichtungen der Altenhilfe stehen bezüglich ihrer Qualitätsarbeit vor großes Herausforderungen, die einerseits der Gesetzgeber vorgibt und andererseits durch die Anforderungen des entstandenen Pflegemarktes sowie der Qualitätsauffassung der Kunden und Kundinnen bestimmt werden. Diese Ausgangslage wird einleitend prägnant beschrieben.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich im Hauptteil mit dem Themenbereich des Verbesserungswesens innerhalb der Altenhilfe. Ausgangspunkt ist die Betrachtung des Qualitätsbegriffes, der vom allgemeinen Ansatz über die Bedeutung im Dienstleistungssektor bis in das besondere Feld der Pflege übertragen wird. Wie im Titel der Arbeit abzuleiten ist, wird weiter die Basis für ein Verbesserungswesen in der Philosophie des Qualitätsmanagements angelegt. Was hier der Verfasser auf den wenigen Seiten des zweiten Kapitels leistet, ist in hohem Maße beeindruckend. Das gilt sowohl in sprachlich-stilistischer Hinsicht als auch in der Einbindung der einschlägigen Literatur. Besonders hervorzuheben sind jedoch die eigenständige Strukturierungsleistung, die Abgrenzung zwischen inhaltlichen und organisatorischen Aspekten des Qualitätsmanagements, zwischen dem Konzept des Qualitätsmanagements und dem der Qualitätssicherung sowie zwischen den Aspekten von Qualität der Produktion einerseits und der von Dienstleitungen andererseits. Gleiches gilt für die Leistung, all diese Aspekte immer wieder auf den Bereich der Pflege zu übertragen.
Im Weiteren wird das Verbesserungswesen als Baustein im Qualitätsmanagement dargestellt und diskutiert. Der Verfasser wählt hierzu einen prozessorientierten Ansatz und zeigt eindrucksvoll und prägnant, wie sinnvoll es ist, das Verbesserungswesen als Systembaustein des Qualitätsmanagements zu betrachten. Konkretisiert werden dann die Beispiele des Beschwerdemanagements und des Betrieblichen Vorschlagswesens. Anhand des Praxisbeispiels der Evangelischen Heimstiftung wird gezeigt, wie das Verbesserungswesen in der Altenhilfe umgesetzt wird. Dabei fällt beim Lesen auf, wie groß sich die Kluft zwischen den theoretischen Ansätzen und der Praxis erweist.
Es handelt sich hier um eine stilistisch und inhaltlich rundum gelungene Arbeit. Diese Arbeit ist stark in ihrem theoretischen Teil, sie ist hervorragend in ihrem konzeptionellen Teil und sie weist auch noch einen praktischen Teil auf, der ebenso hohen Ansprüchen genügt.


Problemstellung:
Der Sektor der Altenhilfe […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Stefan Werner
Verbesserungswesen in der Altenhilfe
Strategien, Umsetzung und Methoden der Qualitätsentwicklung am Beispiel der
Evangelischen Heimstiftung
ISBN: 978-3-8366-0421-5
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Hochschule Esslingen, Esslingen, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

1
Danksagung
Es ist mir ein besonderes Anliegen, denjenigen meinen Dank auszusprechen, von de-
nen ich bei der Erstellung dieser Arbeit unterstützt wurde.
Danken möchte ich insbesondere meinem kleinen Korrekturteam, bestehend aus mei-
nen Eltern und Jeanette Schwartz, die am Feinschliff dieser Arbeit mitgewirkt und für
den dringend notwendigen Außenblick gesorgt haben. Vielen Dank!
Herzlichen Dank auch Herrn Prof. Dr. Pracht. Seine Betreuung, die auch in Form meh-
rerer Kolloquien im Verlauf der Bearbeitungszeit stattgefunden hat, habe ich als ganz
besonders förderlich auch für das seelische Wohl empfunden.
Ganz besonders wertvoll war mir die Unterstützung durch die Qualitätsmanagement-
beauftragte der Evangelischen Heimstiftung, Frau Eßlinger-Willer. Sie war jederzeit für
meine Fragen offen und leistete höchst konstruktive Manöverkritik. Ein ganz herzliches
Dankeschön! In diesem Zusammenhang ist auch der Evangelischen Heimstiftung ins-
gesamt Dank zu sagen für die Offenheit, die mir gerade bei der Bearbeitung des Pra-
xisbeispiels entgegen gebracht wurde.

3
Abkürzungsverzeichnis
1
Einleitung ... 7
1.1
Ausgangslage ... 7
1.2
Motivation und Fragestellungen... 8
1.3
Zielsetzung und Eingrenzung des Themas... 9
1.4
Aufbau der Arbeit ... 10
2
Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen ... 13
2.1
Definition von Qualität... 13
2.1.1
Dienstleistungsqualität ... 15
2.1.2
Qualitätsbegriff in der Altenhilfe ... 17
2.2
Ansätze der Qualitätsentwicklung... 20
2.2.1
Programme der Qualitätsentwicklung ... 23
2.2.2
Qualitätsentwicklung in der Altenhilfe ... 25
2.3
Grundlagen des Qualitätsmanagements ... 26
2.3.1
Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen ... 28
2.3.2
Qualitätsmanagement in der Altenhilfe ... 29
3
Umsetzung des Verbesserungswesens ... 33
3.1
Vorgehen zur Verbesserung der Qualität ... 33
3.1.1
Analyse von Verbesserungspotenzialen... 34
3.1.2
Einbettung in den Qualitätsmanagementkreislauf ... 37
3.2
Beispielhafte Methoden des Verbesserungswesens ... 40
3.2.1
Beschwerdemanagement ... 40
3.2.2
Verbesserungsvorschlagswesen ... 46
4
Praxisbeispiel... 53
4.1
Kurzbeschreibung der Evangelischen Heimstiftung ... 53
4.2
Qualitätskultur der Evangelischen Heimstiftung ... 55
4.3
Qualitätsmanagement in der Evangelischen Heimstiftung ... 58
4.4
Verbesserungswesen in der Evangelischen Heimstiftung ... 61
4.4.1
Beschwerdemanagement ... 62
4.4.2
Betriebliches Vorschlagswesen ... 64
4.5
Kritische Betrachtung... 67
5
Schlussbetrachtung ... 73
5.1
Fazit ... 73
5.2
Ausblick... 74
5.3
Reflexion ... 75
Literaturverzeichnis
Anhang

5
Abkürzungsverzeichnis
BMGS
Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung
DIN
Deutsches Institut für Normung e. V.
e. V.
eingetragener Verein
EHS
Evangelische Heimstiftung e. V. Stuttgart
EN
europäische
Norm
etc.
et cetera, lat.: und so weiter
ev.
evangelisch
evtl.
eventuell
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
ISO
International Organization for Standardization
KDA
Kuratorium
Deutsche
Altershilfe
KVP
kontinuierlicher
Verbesserungsprozess
MDS
Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V.
PDCA
Plan-Do-Check-Act, PDCA-Zyklus
SGB
Sozialgesetzbuch
TQM
Total Quality Management
vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel

1 Einleitung
7
1
Einleitung
1.1
Ausgangslage
Der Sektor der Altenhilfe sieht sich in den letzten Jahren mehr und mehr einem Druck
ausgesetzt, der von mehreren Seiten auf ihn einwirkt. Zum Einen wird die finanzielle
Situation durch stagnierende Vergütungen bei steigenden Aufwendungen immer enger,
zum Anderen werden die Anforderungen der Politik, die sich durch die steigende Zahl
von Kontrollen und Regelungen ausdrücken immer höher und schließlich erwarten die
Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen immer mehr Leistungen für ihr Geld. Die Öf-
fentlichkeit erfährt offensichtlich in der Mehrzahl nur von schwarzen Schafen der Bran-
che aus den Medien, wodurch das Ansehen der Altenhilfe zu leiden scheint. Gleichzei-
tig ist auch durch den massiven Ausbau der Platzzahlen ein wettbewerbsorientierter
Pflegemarkt entstanden, auf dem die Akteure eine ebenfalls steigende Zahl von Pfle-
gebedürftigen umwerben. Praxisbezogene Berichte von Verantwortlichen in diesem
Bereich zeugen dabei jedoch von einer zunehmenden Tendenz zu über längere Zeit
nicht belegten Plätzen in Heimen und zu mangelnder Auslastung ambulanter Dienste.
Durch diesen steigenden Druck sehen sich diese Organisationen der Altenhilfe in der
Situation, in besonderem Maße wirtschaftlich arbeiten zu müssen, rechtliche Anforde-
rungen richtig und zügig umzusetzen, Leistungen nach außen transparent zu machen
und sich von Mitbewerbern abgrenzen zu müssen. Dies legt den Schluss nahe, dass
sie sich dabei an anderen Sektoren orientieren und sich mit deren Strategien vertraut
machen, die dort bei ähnlichen Bedingungen erfolgversprechend sind. Hierbei rückt
speziell der Dienstleistungssektor ins Blickfeld, da Betreuung und Pflege als Dienstleis-
tungen, Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen beziehungsweise Klientinnen und
Klienten bei ambulanten Diensten als Kundinnen und Kunden verstanden werden. Da
eine Abgrenzung gegenüber Mitbewerbern über den Preis der Leistungen nur begrenzt
möglich erscheint, stellt die Qualität der Leistungen in der Altenhilfe ein naheliegendes
Herausstellungsmerkmal dar. Aufgrund der Tatsache, dass auch bei der Qualität im-
mer nach Verbesserungspotenzialen gesucht werden muss, sind in der Altenhilfe
Themen wie Qualitätsmanagement und Qualitätsentwicklung wichtiger denn je. Unter-
stützt wird diese Entwicklung durch klare Forderungen der Politik. Aus dem Pflegequa-
litätssicherungsgesetz lassen sich für die Organisationen ebenfalls die Aufgaben des
Aufbaus und der ständigen Weiterentwicklung eines Qualitätsmanagements, das auf
die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität ausgerichtet ist, ablesen.

1 Einleitung
8
1.2
Motivation und Fragestellungen
Bereits in der Tätigkeit als Altenpfleger kam der Verfasser direkt mit der Einführung
eines Qualitätsmanagementsystems in einer stationären Einrichtung der Altenhilfe in
Kontakt. Dies bestand aus der Mitwirkung bei der Formulierung einiger Regelungen für
den Tätigkeitsbereich der Pflege. Im Rahmen dieser Tätigkeit und durch weitere prakti-
sche Erfahrungen in der stationären Altenhilfe entstand beim Verfasser jedoch der Ein-
druck, dass das Qualitätsmanagement von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschie-
dener hierarchischer Ebenen aber vor allem vom Pflegepersonal oft als lästiger Klotz
am Bein empfunden wird, der alles unnötig verkompliziert und formalisiert. Unterstüt-
zung findet diese Annahme in entsprechender Literatur, in der beschrieben wird, dass
viele Organisationen der Altenhilfe die Möglichkeiten des Qualitätsmanagements noch
nicht in ihrer vollen Breite nutzen (vgl. Seeberger 2004 125-127; Schubert/Zink 2000,
V). Die Chance, die ein Verbesserungswesen, eingebettet in ein entsprechend gestal-
tetes Qualitätsmanagementsystem, für die Entwicklung der Qualität mit sich bringt, wird
offenbar nicht wahrgenommen, da ihm eher ablehnend begegnet wird. Dies erscheint
in weiten Teilen unverständlich, da auch der in Ausbildung und Praxis bekannte Pfle-
geprozess gewissermaßen eine ständige Verbesserung der Pflegetätigkeiten bewirken
soll, wodurch sich die Zieldimensionen zu ähneln scheinen.
Durch zwei Praxissemester und in verschiedenen Lehrveranstaltungen während des
Studiums Pflege/Pflegemanagement konnten die Zusammenhänge innerhalb der The-
men Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement klarer werden. Es ergaben sich
grundlegende Fragestellungen, die den Anlass zu dieser Arbeit darstellen.
·
Gibt es aufgrund der Besonderheiten des Altenhilfesektors spezielle Einfluss-
faktoren auf die Definition und die Wahrnehmung von Qualität?
·
Welche Bedeutung haben Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement im
Kontext der Altenhilfe?
·
Mit was beschäftigt sich innerhalb eines Qualitätsmanagementsystems das
Verbesserungswesen und wie wird es umgesetzt?
·
Gibt es dabei spezielle Methoden, die das Verbesserungswesen fördern?
·
Wie ist der Stand der Praxis bezogen auf das Verbesserungswesen?
Hintergrund ist die oben genannte Annahme, dass in einer entsprechenden Qualitäts-
arbeit für die Altenhilfe ein Weg liegt, den vielfältigen Herausforderungen eines wett-
bewerbsorientierten Pflegemarkts zu begegnen. Unter einem Verbesserungswesen
wird dabei die Summe der Regelungen zur Steigerung der Qualität in einem Qualitäts-
managementsystem verstanden.

1 Einleitung
9
Unter anderem durch die Beschäftigung mit dem in den Augen des Verfassers weit
entwickelten Qualitätsmanagementsystem und dem darin enthaltenen Verbesserungs-
wesen der Evangelischen Heimstiftung wurde das Interesse für die Strategien, Mög-
lichkeiten der Umsetzung und Methoden eines Verbesserungswesens im Sinne der
Qualitätsentwicklung geweckt. In der Evangelischen Heimstiftung konnte schließlich
auch eine aktive Partnerin auf der Suche nach Antworten auf die Fragen gefunden
werden. Sie erklärte sich bereit, ihr Verbesserungswesen als Praxisbeispiel für diese
Arbeit zur Verfügung zu stellen, um es auf Entwicklungspotenziale vor allem auf der
Ebene der Instrumente zu überprüfen. Interessant erscheint dabei auch die Frage, ob
in dem über die Jahre gewachsenen Verbesserungswesen der Evangelischen Heim-
stiftung mit seinen Prozessen und Instrumenten wichtige aus der Theorie ablesbare
Anforderungen enthalten sind.
1.3
Zielsetzung und Eingrenzung des Themas
Ausgehend von den genannten Fragestellungen stellen sich die Schwerpunkte dieser
Arbeit wie folgt dar. Es sollen grundlegende Strategien der Qualitätsentwicklung, deren
Umsetzung und Methoden dargestellt werden, die Organisationen der Altenhilfe dabei
helfen sollen, im Rahmen eines Verbesserungswesens als Teil eines Qualitätsmana-
gements den oben genannten Herausforderungen auf allen Ebenen zu begegnen. Die
für die Wirksamkeit des Verbesserungswesens zu beachtenden Besonderheiten des
Sektors der Altenhilfe sollen aufbauend auf allgemeine und dienstleistungsbezogene
Bedingungen beschrieben werden. Dies beinhaltet insbesondere Einflussfaktoren auf
die Definition und Wahrnehmung von Qualität und die Unterschiede zwischen dem
Ansatz der Qualitätssicherung, wie sie wesentlich durch rechtliche Anforderungen an
die Organisationen der Altenhilfe herangetragen werden, und dem Ansatz der Quali-
tätsentwicklung als aus der Organisation heraus erzeugte Kraft. Die Bedeutung spe-
zieller Methoden für das Verbesserungswesen soll insbesondere anhand des Be-
schwerdemanagements und des Verbesserungsvorschlagswesens benannt werden.
Schließlich sollen ausgehend von der Beschreibung des Verbesserungswesens der
Evangelischen Heimstiftung Entwicklungspotenziale unter Beachtung der gesammelten
Erkenntnisse hauptsächlich auf der Ebene der Instrumente Beschwerdemanagement
und Verbesserungsvorschlagswesen identifiziert werden.
Um diese Ziele im Rahmen dieser Arbeit erreichen zu können, müssen verschiedene
Eingrenzungen vorgenommen werden. Diese Eingrenzungen begründen sich inhaltlich
durch die bewusst breit angelegte Vorgehensweise bei der Bearbeitung des Themas.
Dadurch ist es an vielen Stellen nicht möglich, weit in die inhaltliche Tiefe zu gehen.

1 Einleitung
10
Herausforderung ist es dabei, die wesentlichen Inhalte vor dem Hintergrund des Ge-
genstands der Arbeit herauszustellen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch
die Literaturlage. Es zeigt sich, dass der in der Literatur abgebildete Wissenstand be-
züglich des Themenfelds in der Altenhilfe als dürftig zu bezeichnen ist. Er beschränkt
sich meist auf Beschreibungen von Beispielen aus der Praxis. Aus diesem Grund ist an
manchen Stellen eine nötige Vertiefung nur in Form von vorsichtigen Übertragungen
möglich. Diese Tatsache stellt aber gleichzeitig auch eine Motivation für diese Arbeit
dar. Schließlich muss aufgrund der Methodik bei der Erstellung dieser Arbeit gesagt
werden, dass beim Praxisbeispiel nur die beschriebene, nicht die gelebte Wirklichkeit
wiedergegeben werden kann, da Letzteres umfangreiche Erhebungen erfordert und
damit die Beschränkung der Bearbeitungszeit gesprengt hätte.
1.4
Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit folgt der Idee, dass die gemachten Aussagen jeweils aufeinan-
der aufbauen. Im zweiten Kapitel dieser Arbeit werden wichtige Rahmenbedingungen
für ein Verbesserungswesen in der Altenhilfe dargestellt. Dazu wird unter den Punkten
2.1 bis 2.1.2 der Qualitätsbegriff von allgemeingültigen Klärungen auf den Anwen-
dungsbereich der Altenhilfe heruntergebrochen. Spezielle Einflussfaktoren sollen be-
leuchtet und auf ihre Relevanz in der Altenhilfe geprüft werden. Darauf aufbauend soll
Ähnliches mit den grundlegenden Ansätzen der Qualitätsentwicklung in den Punkten
2.2 bis 2.2.2 geschehen, indem sie in den Kontext des Altenhilfesektors gestellt wer-
den. Schließlich soll dargestellt werden, wie sich bis dahin Genanntes auch in Quali-
tätsmanagementansätzen wiederfinden lässt. Dabei wird in den Punkten 2.3 bis 2.3.2
wiederum der Weg vom allgemeinen Anwendungsbereich bis in die Altenhilfe verfolgt.
Der konkrete Weg der Verknüpfung der Erkenntnisse in Form der Umsetzung des Ver-
besserungswesens im Rahmen eines entsprechend gestalteten Qualitätsmanage-
mentsystems soll im dritten Kapitel beschrieben werden. Erster Themenbereich dabei
ist in den Punkten 3.1 bis 3.1.2 das Vorgehen zur Verbesserung der Qualität. Um Me-
thoden des Verbesserungswesens geht es im zweiten Untergliederungspunkt des Ka-
pitels. Dargestellt werden nach Ansicht des Verfassers zwei wichtige Beispiele für die-
se Methoden, nämlich das Beschwerdemanagement in Punkt 3.2.1 und das Verbesse-
rungsvorschlagswesen in Punkt 3.2.2.
Grund für diese Auswahl war auch, dass diese Beispiele im Verbesserungswesen der
Evangelischen Heimstiftung vorgefunden wurden. Auf dieses Praxisbeispiel wird
schließlich im vierten Kapitel dieser Arbeit eingegangen. Die Evangelische Heimstif-
tung an sich, ihre Qualitätskultur und ihr Qualitätsmanagementsystem werden in den

1 Einleitung
11
Punkten 4.1 bis 4.3 beschrieben, bevor unter dem Gliederungspunkt 4.4 das Verbesse-
rungswesen und oben genannte Methoden innerhalb des Qualitätsmanagementsys-
tems dargestellt werden. Eine kritische Betrachtung des Praxisbeispiels vor den Er-
kenntnissen der Kapitel 2 und 3 findet sich unter Punkt 4.5 wieder.
Im letzten Kapitel der Arbeit wird bezogen auf die Relevanz des Verbesserungswesens
für den Sektor der Altenhilfe eine Schlussbetrachtung vorgenommen. Im Ausblick unter
Punkt 5.2 soll neben zu erwartenden Entwicklungen auch darauf eingegangen werden,
welche Entwicklungspotenziale in der Theoriebildung im Bereich des Verbesserungs-
wesens in der Altenhilfe ergeben. Zum Ende erfolgt im Punkt 5.3 eine Reflexion der
Beantwortung der Fragestellungen und der Erreichung der oben genannten Ziele die-
ser Arbeit.

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
13
2
Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
2.1
Definition von Qualität
Qualität in der Altenhilfe wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch von
Medien und der Bevölkerung häufig ausschließlich mit dem Begriff Pflegequalität in
Verbindung gebracht. Dies geschieht bedauerlicherweise häufig im Zusammenhang
mit der Darstellung von Pflegeskandalen durch die Presse. Dies kommt einer weitge-
henden Reduzierung des Qualitätsbegriffes auf das Ergebnis (hier: schlechte Pflege)
einer Dienstleistungserbringung (hier: Durchführung von Pflegehandlungen) gleich.
Zudem bezieht sich der Begriff der Pflegequalität naturgemäß ausschließlich auf den
Zuständigkeitsbereich der Pflege. In der Gesamtorganisation einer Einrichtung im Be-
reich der Altenhilfe muss der Qualitätsbegriff jedoch deutlich umfassender betrachtet
werden. Darum erscheint es für diese Arbeit wichtig, sich zuerst dem Qualitätsbegriff
grundlegend und später speziell im Zusammenhang mit der Erbringung sozialer
Dienstleistungen in Organisationen der Altenhilfe zu nähern.
Eine einfache und doch treffende Definition von Qualität lässt sich aus der DIN EN ISO
9000:2000 ableiten. Dort wird Qualität als die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit
bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen, de-
finiert. Der Begriff Einheit steht dabei als Oberbegriff für Produkte oder Tätigkeiten be-
ziehungsweise Dienstleistungen, womit die Definition allgemein anwendbar sein soll.
Qualität beschreibt also den Grad der Übereinstimmung von Ist und Soll bei einem
Produkt oder einer Dienstleistung und ist im Gegensatz zu der im allgemeinen Sprach-
gebrauch positiven Besetzung als Begriff wie der lateinische Wortstamm ,,qualis" (lat.:
wie beschaffen) wertneutral zu sehen. Ausgehend von dieser allgemeingültigen und
schlagwortartigen Qualitätsdefinition werden drei Dimensionen von Qualität unter-
schieden. Die nach dem Amerikaner Donabedian benannte Donabediansche Trias
bezeichnet diese als Struktur-, Prozess- und Ergebnisdimension (vgl. Bruhn 2004, 45).
Die Struktur- oder auch Potenzialdimension stellt die Strukturen und Potenziale eines
Unternehmens in den Vordergrund. Hierunter fällt zum Beispiel die Anzahl und Qualifi-
kation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens. Unter der Prozessdi-
mension ist die Einschätzung der Prozesse während der Leistungserstellung, zum Bei-
spiel der Ablauf bei einer Neuaufnahme in einem Pflegeheim, zu verstehen. In der Er-
gebnisdimension ist schließlich die Beurteilung der erfolgten Leistung das Thema. Es
wird deutlich, dass es zwei weitere Dimensionen von Qualität zu der einleitend gestreif-
ten Ergebnisqualität gibt. Im Gegensatz zu dieser beschäftigen sich die Struktur- und
die Prozessqualität mit der Fähigkeit der Organisation, Qualität zu liefern. Die drei Qua-

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
14
litätsdimensionen werden daher auch als Qualitätssäulen oder -ebenen bezeichnet, die
zur Qualität von Produkten und Dienstleistungen führen (vgl. Müller 2005, 330; Abb.
31) und werden in der Literatur als grundlegend angesehen.
Wie ebenfalls zu Beginn dieses Kapitels bereits zu erkennen war, nehmen die ver-
schiedenen beteiligten Personengruppen wie zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter, Kunden und Kundinnen, Führungskräfte oder auch externe Beobachter wie zum
Beispiel Wettbewerber oder die Medien die Qualität eines Produkts oder einer Dienst-
leistung unterschiedlich wahr. Im Zusammenhang mit der beschriebenen allgemeingül-
tigen Qualitätsdefinition der DIN EN ISO 9000:2000 erscheinen diese subjektiven
Wahrnehmungen wesentlich, da sie die angesprochenen Erfordernisse mit determinie-
ren, die an die Merkmale einer Einheit gestellt werden. Die verschiedenen Perspekti-
ven, die bei der Wahrnehmung von Qualität eingenommen werden können, hat Garvin
(vgl. Seeberger 2004, 111-112; Bruhn 2004, 30-32) nach fünf verschiedenen Ansätzen
unterschieden:
·
Der transzendente oder absolute Ansatz geht davon aus, dass die Qualität ab-
solut und offensichtlich erkannt werden kann. Sie wird in verschiedene Klas-
sen kategorisiert und kommt dem umgangssprachlichen Verständnis sehr na-
he.
·
Beim produktbezogenen Ansatz sind präzise und messbare Qualitätsmerkma-
le zu definieren, die nicht einer subjektiven Wertung unterliegen. Bei Dienst-
leistungen kann dieser Ansatz zu Schwierigkeiten führen, da die Merkmale ei-
ner Dienstleistung unter bestimmten Umständen schwer objektiv beobachtbar
sind.
·
Um die Qualitätsbetrachtung aus der Kundenperspektive geht es beim kun-
denorientierten Ansatz. Maßgeblich ist dabei der Erfüllungsgrad der Kunden-
wünsche und -bedürfnisse.
·
Der prozess- oder herstellungsbezogene Ansatz beschäftigt sich mit der Stan-
dardisierung des Prozesses bei der Herstellung eines Produkts oder der Er-
stellung einer Dienstleistung. Er geht davon aus, dass durch die immer glei-
chen Abläufe ein identisches Produkt entsteht. Unter dieser Auffassung finden
sich die Anforderungen der Normenreihe DIN EN ISO 9000ff. wieder, auf die
später noch eingegangen werden soll.
·
Vom Preis-Leistungs-Verhältnis oder dem Kosten-Nutzen-Verhältnis geprägt
ist der wertorientierte Ansatz. Der Kunde entscheidet über die Bewertung die-
ser Verhältnisse über die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung.
Hier wird deutlich, dass die Kosten einer Einheit Teil der Qualitätswahrneh-
mung sind.
Aus diesen Ansätzen ergibt sich ein Spannungsfeld, da je nach Betrachtung die Quali-
tät ein und derselben Einheit unterschiedlich bewertet werden kann (vgl. Bruhn 2004,
32). Die Bewusstmachung der Existenz dieser verschiedenen Perspektiven ist deshalb
von großer Wichtigkeit. Im Extremfall können verschiedene Gruppen aus diesen sub-
jektiven Wahrnehmungen heraus Qualität sogar völlig konträr interpretieren. So kann
es zum Beispiel in einem Pflegeheim passieren, dass Bewohnerinnen oder Bewohner

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
15
die Förderung ihrer Selbständigkeit durch eine entsprechende Durchführung der Pflege
als unbequem und damit schlecht bewerten, während in der Qualitätsauffassung der
Pflegekräfte eben diese Vorgehensweise als gute Pflege empfunden wird. Gerade
deshalb darf es in einer Organisation bei der Bestimmung der Qualität der eigenen
Produkte oder Dienstleistungen keinesfalls zu einer Konzentration auf eine einzelne
dieser Perspektiven kommen. Es ergibt sich die Notwendigkeit, die jeweiligen für ein
Produkt oder eine Dienstleistung maßgeblichen Perspektiven zu bestimmen und zu
bewerten.
Implizit lässt sich bei der Betrachtung der verschiedenen Qualitätswahrnehmungen ein
weiterer Aspekt ableiten. Mauelshagen (2004, 30) stellt fest, dass es nicht ausreicht,
Qualität einmalig zu erreichen oder festzulegen. Wenn davon ausgegangen wird, dass
sich subjektive Wahrnehmungen verändern, kann auch festgestellt werden, dass Quali-
tät nicht statisch sein kann, sondern einem ständigen Veränderungsprozess ausge-
setzt ist. Plastisch kann diese Annahme kurz am wertorientierten Ansatz beschrieben
werden. Kommt neben einem bestehenden Produkt ein vergleichbares weiteres Pro-
dukt zu einem geringeren Preis auf den Markt, sinkt die wahrgenommene Qualität des
ersten Produkts aufgrund der Neubewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Dem
Aspekt der Entwicklung von Qualität soll im Punkt 2.2 nachgegangen werden.
Wie bereits bei der Vorstellung der Ansätze angeklungen ist, wird die Bedeutung der
einzelnen Perspektiven in der Qualitätswahrnehmung auch von der Art der betrachte-
ten Einheit mitbestimmt. Dabei kann grundsätzlich zwischen einem materiellen Produkt
und einer immateriellen Dienstleistung unterschieden werden. Da es sich bei den Leis-
tungen des Altenhilfesektors überwiegend um Dienstleistungen handelt, erscheint es
notwendig, weiterführend die Besonderheiten der Qualitätsbestimmung bei Dienstleis-
tungen und spezielle Qualitätsdeterminanten in der Altenhilfe zu betrachten.
2.1.1
Dienstleistungsqualität
Nachdem sich in den vergangenen Jahren die Volkswirtschaft in Deutschland zuneh-
mend auf den Dienstleistungssektor fokussiert, ist auch hier die Qualität zu einem be-
stimmenden Wettbewerbsfaktor geworden (vgl. Bruhn 2004, 1). Wie schon erwähnt,
unterliegt ihre Wahrnehmung der Qualität bei Dienstleistungen jedoch anderen Aspek-
ten als bei einem materiellen Produkt. Einige dieser Aspekte erscheinen wie erwähnt
auf den ersten Blick nicht oder schwer zu bestimmen. Diese Tatsache erschwert die
Definition und Umsetzung von Qualität bei einer Dienstleistung erheblich (vgl. Seeber-
ger 2004, 113-114). Um sich neben der speziellen Wahrnehmung von Dienstleistungs-

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
16
qualität auch den Möglichkeiten zu ihrer Messung zu nähern, müssen Dienstleistungen
genauer von materiellen Produkten abgegrenzt werden.
Dienstleistungen bringen mehrere Charakteristika mit sich, die sich deutlich von denen
materieller Produkte unterscheiden. Die prägnantesten Unterscheidungsmerkmale sol-
len hier kurz und ohne weitreichende Betrachtung von Sonderfällen und Ausnahmen
geschildert werden. Am offensichtlichsten ist sicherlich die Immaterialität von Dienst-
leistungen. Obwohl bei der Erbringung einer Dienstleistung oftmals Sachleistungsantei-
le integriert werden, ist die eigentliche Kernleistung nicht greifbar beziehungsweise
intangibel. Weiterhin erfolgt bei Dienstleistungen die Produktion und Konsumtion
gleichzeitig (,,Uno-actu-Prinzip"), was auch eine Nichtlagerfähigkeit nach sich zieht.
Dienstleistungen sind damit sowohl nicht teilbar als auch vergänglich. Die Gleichzeitig-
keit begründet in der Regel automatisch auch die Notwendigkeit zur Integration des
externen Faktors, also der Kundin oder des Kunden, in den Erstellungsprozess. Ohne
diese Beteiligung kann die Dienstleistung nicht erbracht werden. Außerdem sind
Dienstleistungen als standortgebunden zu betrachten. Sie werden am Ort des Dienst-
leistungserbringenden oder der Kundin beziehungsweise des Kunden erstellt. Schluss-
endlich sind auch die Individualität und die Variabilität Abgrenzungskriterien. Jede
Dienstleistung wird für jede Kundin und für jeden Kunden neu erstellt, so dass der Leis-
tungsumfang individuell variieren kann (vgl. Bruhn 2004, 17).
Aus diesen Charakteristika heraus ergibt sich im Zusammenhang mit den genannten
Perspektiven in der Wahrnehmung von Qualität die wesentliche Bedeutung einer kun-
denorientierten Qualitätsauffassung. Dabei sind nicht nur die Erwartungen der gegen-
wärtigen und potenziellen Kundinnen und Kunden, sondern auch der Prozess der
Dienstleistungserbringung und das Ergebnis Gegenstand der Betrachtung (vgl. Bruhn
2004, 32-33). Darüber hinaus sind aber auch bei Dienstleistungen die produktseitig an
sie gestellten Anforderungen zu beachten, was zu einer Verknüpfung des produkt- und
kundenorientierten Qualitätsverständnisses führt. ,,Die hier erzielten Ergebnisse sind
Ausgangspunkt zur Sicherstellung von Qualität, ..." (Bruhn 2004, 34). Bruhn (2000, 29)
erweitert die in Punkt 2.1 genannte Definition von Qualität und beschreibt Dienstleis-
tungsqualität folgendermaßen:
Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer
primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den
Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie
bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleis-
tung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.
Daraus ergibt sich für die Qualitätsbestimmung die Situation, dass der Messung der
subjektiven Qualitätswahrnehmung eine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. See-

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
17
berger 2004, 114). In der Praxis wird dabei mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet,
die sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen lassen. Vorausblickend auf Punkt
3.2 sind hier die kundenorientierten und die unternehmensorientierten Messansätze zu
nennen (vgl. Bruhn 2004, 98). Mit diesen wird meist versucht Kennzahlen zu erzeugen,
die eine Grundlage zur Identifikation von Qualitätsverbesserungspotenzialen und bei
der Bewertung des Erfolgs von Qualitätsverbesserungsmaßnahmen bilden sollen. Be-
zug nehmend auf die These der Veränderung bei der Qualitätswahrnehmung wird da-
bei deutlich, dass die Messungen regelmäßig zu wiederholen sind, um sich veränder-
ten Erwartungen und Bedingungen anpassen zu können. Teil dieser Arbeit wird es
sein, auf beispielhafte Methoden hinter diesen Messansätzen zur Qualitätsentwicklung,
wie sie in der Praxis vorgefunden wurden, näher einzugehen.
2.1.2
Qualitätsbegriff in der Altenhilfe
Die Entwicklung im Altenhilfesektor hin zu mehr Wettbewerb wurde bereits mit dem In-
Kraft-Treten des Pflegeversicherungsgesetzes in den Jahren 1995 für den ambulanten
und 1996 für den stationären Bereich angestoßen. Weiterführend haben nachfolgende
tiefergehende Reformen im Gesundheitswesen und eine entstehende und nun nach-
haltig bestehende Konkurrenzsituation zwischen den immer zahlreicher werdenden
Organisationen der Altenhilfe dafür gesorgt, dass das Thema Qualität als Wettbe-
werbsfaktor auch in den stationären Einrichtungen und ambulanten Diensten Einzug
gehalten hat (vgl. Schubert/Zink 2000, V). Obwohl es in der Altenhilfe schon immer
qualitätsvolle Pflege gegeben hat, wurde diese aber eher unbewusst und auf intuitive
Art und Weise geschaffen und in der täglichen Arbeit umgesetzt (vgl. Müller 2005,
336). Anhand der nicht unumstrittenen Verwendung des Kundenbegriffes für die zu
Pflegenden wird jedoch deutlich, dass im Sinne der oben genannten Kundenperspekti-
ve heute der Qualität eine deutlich gesteigerte und erweiterte Bedeutung zukommt.
Durch diese Entwicklung liegt es auch nahe, dass der Altenhilfesektor in der Praxis
wesentliche Merkmale des Qualitätsbegriffes analog zum Dienstleistungssektor defi-
niert und sich auch einige erprobte qualitätsrelevante Methoden zu Eigen macht.
Gleichwohl darf der Altenhilfesektor nicht vorbehaltlos mit dem Dienstleistungssektor
gleichgesetzt werden. Die Gründe dafür liegen in der besonderen Gestaltung dieses
Sektors.
Die Altenhilfe bewegt sich in ihrer Art zwischen gewerblichen Unternehmen und der
öffentlichen Verwaltung und wird deshalb als dritter oder intermediärer Sektor bezeich-
net. Dieser dritte Sektor kann nicht nach den Definitionen eines vollkommenen Marktes
agieren. Der vollkommene Markt definiert sich durch rationales Verhalten aller Markt-

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
18
teilnehmer, Produkthomogenität, Markttransparenz, freien Marktzutritt und unendliche
Anpassungsgeschwindigkeit der Teilnehmer an Mengen und Preise. Für Organisatio-
nen der Altenhilfe sind diese Bedingungen aufgrund ihrer Struktur und der Art ihrer
Produkte nicht gegeben. Bei der Betreuung und Pflege als Kernleistung der Altenhilfe
handelt es sich um öffentliche Güter in Form sozialer Dienstleistungen. Öffentliche Gü-
ter kennzeichnen sich in der Regel durch das Eingreifen des Staates in den freien
Markt, um einen Wohlfahrtsverlust für die Gesamtbevölkerung zu verhindern (vgl. See-
berger 2004, 26-27).
Der Staat übernimmt zur Verhinderung dieses Wohlfahrtsverlustes gewissermaßen
eine Mitverantwortung für diese Güter und bestimmt sie wesentlich durch Gesetze und
sich daraus ergebende Regelungen mit. Diese Einflussnahme auf die produktbezoge-
ne Seite beinhaltet im Bereich der Altenhilfe auch eine Vielzahl von Bestimmungen zur
Qualität und Qualitätssicherung, welche einschränkende Wirkung auf die oben genann-
te Qualitätswahrnehmung haben können. In diesem Zusammenhang sollen wesentli-
che Bestandteile aufgezeigt werden.
Die Anforderungen an die Hauptprodukte der Altenhilfe, die sozialen Dienstleistungen
in Form von Pflege und Betreuung, werden im Zusammenhang mit dem Pflegeversi-
cherungsgesetz klar umschrieben. In den Qualitätsgrundsätzen für die vollstationäre
Pflege nach § 80 SGB XI heißt es dazu unter anderem:
·
Pflege, soziale Betreuung und Versorgung in einer vollstationären Pflegeein-
richtung sind an der Menschenwürde ausgerichtet und streben Lebensqualität
und Zufriedenheit des Bewohners an. Unter besonderer Berücksichtigung der
Biographie und bisherigen Lebensgewohnheiten tragen sie zur Befriedigung
der körperlichen, geistigen, sozialen und seelischen Bedürfnisse des Bewoh-
ners bei und bieten Hilfestellung bei der Bewältigung von Lebenskrisen.
·
Die Erhaltung und Wiedergewinnung einer möglichst selbstständigen Lebens-
führung bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens des Bewohners ist anzu-
streben. [...]
·
Auf eine Vertrauensbeziehung zwischen dem Bewohner und den an Pflege,
sozialer Betreuung und Versorgung Beteiligten wird hingearbeitet. [...]
·
Pflege, soziale Betreuung und Versorgung werden bedarfsgerecht und flexi-
bel an Veränderungen der Situation des Bewohners angepasst. [...]
·
Pflege, soziale Betreuung und Versorgung werden fachlich kompetent nach
wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen bedarfsgerecht und wirtschaftlich
erbracht.
(vgl. Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung
sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements
nach § 80 SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen, 1.1)
Obwohl dem stationären Bereich entnommen, zeigt sich beispielhaft, dass solche For-
derungen eine gewisse Gleichförmigkeit der Dienstleistungen im Altenhilfesektor be-
dingen und es wird deutlich, dass sowohl die Kundinnen und Kunden als auch die Mit-

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
19
arbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen besonders durch die Formulierung
des letzten Punktes bei der Gestaltung ihrer Dienstleistungen einen eingeschränkten
Spielraum haben. Es ist zu erwähnen, dass der Begriff ,,bedarfsgerecht" durch die De-
finition der Pflegebedürftigkeit in § 14 Abs. 1 SGB XI und die Festlegung der drei Pfle-
gestufen im § 15 SGB XI einen rechtlichen Charakter bekommt. Im Zusammenhang
mit dem Wirtschaftlichkeitsbegriff ist darauf hinzuweisen, dass durch die Gestaltung
der Pflegesatzverhandlungen und der Mitfinanzierung durch die Leistungen der Pflege-
versicherung auch eine Mitbestimmung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses im Sinne des
wertorientierten Ansatzes der Qualitätswahrnehmung durch die Kundinnen und Kun-
den kaum möglich ist. Die Fachlichkeit der Pflegemitarbeiterinnen und -mitarbeiter so-
wie wissenschaftlich begründete Vorgehensweisen schließlich lassen es wie schon
beispielhaft in Punkt 2.1 erwähnt nicht immer zu, sich an den konkreten Wünschen und
Vorstellungen der zu Pflegenden zu orientieren. Teilweise müssen sogar Maßnahmen
genau gegen deren Willen durchgeführt werden, um einen gewünschten Erfolg zu si-
chern (vgl. Seeberger 2004, 113). Dieser Überblick macht dabei deutlich, dass im Al-
tenhilfesektor eine Fülle von Faktoren vorliegt, die die Qualität und ihre Wahrnehmung
von vorne herein determinieren.
Nichts desto trotz haben natürlich die Pflegebedürftigen als Kundinnen und Kunden
ihre eigene Auffassung darüber, was Qualität für sie bedeutet, ohne sich mit den Vor-
gaben auseinander zu setzen. Durch dieses Auseinanderbrechen der Qualitätsauffas-
sungen an den verschiedenen Stellen ergibt sich für die Altenhilfe ein Spannungsfeld,
das eine angepasste Vorgehensweise erfordert. Es drängt sich der Gedanke auf, dass
es dabei nur schwer möglich ist, diese vielen Faktoren lediglich intuitiv zu bearbeiten.
Es liegt die Vermutung nahe, dass zur Verwirklichung von Qualität unter Beachtung der
genannten Punkte gezielte und strukturierte, also geplante Anstrengungen unternom-
men werden müssen.
Um Unzufriedenheiten mit der Qualität zu vermeiden, muss es das Ziel sein, dieses
Spannungsfeld entsprechend zu bearbeiten. Vorausblickend auf den weiteren Verlauf
der Arbeit soll in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Qualitätsentwicklung im
Sektor der Altenhilfe genannt werden. Eine besondere Ressource liegt in der Personal-
intensität der Dienstleistungen. Damit verbundenen ist eine direkte und mehr oder we-
niger intensive Beziehung zwischen den Pflegenden als Dienstleistungserbringern und
den Pflegebedürftigen als Dienstleistungsempfängern. Über diesen Weg kommt den
Pflegemitarbeiterinnen und Pflegemitarbeitern eine besondere Bedeutung für die Quali-
tätswahrnehmung der Kundinnen und Kunden zu. Gleichzeitig sind die Leistungen der
Altenhilfe durch die Dienstleistungsmerkmale nur schwer standardisierbar, wodurch

2 Rahmenbedingungen für das Verbesserungswesen
20
unter Beachtung der genannten Merkmale von Dienstleistungen dem Pflegepersonal
außerdem eine große Rolle bei der Steuerung der Dienstleistungsqualität zukommt
(vgl. Seeberger 2004, 112-113).
2.2
Ansätze der Qualitätsentwicklung
,,Qualitätsentwicklung ist der Versuch und die Pflicht, kontinuierlich jeden Prozess in
jedem Teilbereich einer Organisation zu verbessern, bei dem die Erwartungen der
Klienten und die erhofften Ergebnisse erreicht und übertroffen werden sollen" (Schroe-
der 1998, 15). Grundlage hierfür ist die auch in Punkt 2.1 angedeutete Annahme, dass
Qualität veränderlich ist. Dieses dynamische Verständnis von Qualität geht auf den
Amerikaner Deming zurück (vgl. Seeberger 2004, 103). Seine Prinzipien gelten als der
am Häufigsten benutzte theoretische Unterbau für Qualitätsentwicklungsbestrebungen
(vgl. Schroeder 1998, 16-17) und wurden in Europa unter dem Begriff ,,Out of Crisis"
bekannt. Deming formulierte 14 Thesen, die er auf alle Arbeitsfelder anwendbar be-
zeichnete, ,,da jede Tätigkeit ein Prozess ist und ständig verbessert werden kann"
(Seeberger 2004, 102). Die für diese Arbeit am wichtigsten erscheinenden Thesen
Demings lassen sich wie folgt zusammenfassen. Der Unternehmenszweck muss in
Richtung der ständigen Verbesserung ausgerichtet sein. Nach Problemursachen muss
ständig gesucht werden, um alle Systeme und Aktivitäten im Unternehmen ständig zu
verbessern. Moderne Führungsmethoden, die sich darauf konzentrieren, Menschen
und Maschinen zur Verbesserung ihrer Arbeit zu verhelfen, sollen eingesetzt werden.
Kommunikation und andere Mittel sollen keine Atmosphäre der Furcht im Unternehmen
erzeugen. Scharfe Abgrenzungen einzelner Bereiche im Unternehmen sind zu beseiti-
gen. Die dauerhafte Verpflichtung der obersten Führung zur ständigen Verbesserung
von Qualität und Produktivität muss definiert sein (vgl. Kraminske/Brauer 1996, 23 aus
Seeberger 2004, 102-103). Erklärtes Ziel von Demings Philosophie ist also Qualität
und ihre ständige Verbesserung. Im Gegensatz zu den oben genannten Definitionen
von Qualität aus dem Bereich der gesetzlich geforderten Qualitätssicherung lehnt De-
ming eine statische Vorgehensweise ab, da er Qualität als sich ständig veränderndes
Ziel sieht (vgl. Seeberger 2004, 103). Dieses Verständnis drückt sich durch den soge-
nannten Deming-Kreislauf nach den Schritten Plan, Do, Check und Act, der auch als
PDCA-Zyklus bekannt ist, aus. Die Abfolge der Schritte kann wie in Abbildung 1 auf der
folgenden Seite dargestellt beschrieben werden.
Vorraussetzungen für die Qualitätsentwicklung nach dieser Philosophie sind bestimmte
Faktoren, die in einer Organisation vorhanden sein müssen. Allen voran sind dabei die
ständigen Bemühungen zur Erfüllung des Auftrags oder der Mission einer Organisation

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836604215
DOI
10.3239/9783836604215
Dateigröße
2.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Esslingen – Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Studiengang Pflege/Pflegemanagement
Erscheinungsdatum
2007 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
alteneinrichtung qualitätsmanagement altenhilfe dienstleistung beschwerdemanagement pflegemanagement
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Titel: Verbesserungswesen in der Altenhilfe
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