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Lebensarbeitszeitkontenmodelle - Eine Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten

Eine Vorteilhaftigkeitsbetrachtung für Unternehmen und Arbeitnehmer

©2005 Wissenschaftliche Studie 61 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Altersvorsorgesystem in Deutschland befindet sich in einem dramatischen Wandel. Nach der bislang vorherrschenden „Drei-Säulen-Theorie“ bilden die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche Altersvorsorge sowie die private Vorsorge die Basis für die Finanzierung der „Zeit nach dem Erwerbsleben“.
Die demographisch bedingte Überalterung der Bevölkerung, die zunehmende Verlängerung der Lebenserwartung sowie die aktuelle Arbeitslosenproblematik haben jedoch dazu geführt, dass die gesetzliche Rentenversicherung als bislang tragende Säule der Altersvorsorge zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, den Altersvorsorgebedarf in ausreichendem Umfang zu finanzieren.
Dabei kann eine umlagefinanzierte weitere Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge aus gesamtwirtschaftlicher Sicht kein Lösungsansatz für die oben genannte Finanzierungsproblematik sein. Denn im internationalen Vergleich müssen die Arbeitskosten und insbesondere die Lohnnebenkosten in Deutschland als erheblicher Wettbewerbsnachteil angesehen werden. So werden zunehmend zahlreiche Arbeitsplätze in Billiglohnländer verlagert. Dies hat zur Folge, dass sich die Arbeitslosigkeit weiter erhöht und die sozialen Sicherungssysteme zusätzlich belastet werden. Wettbewerbspolitisch ist eine weitere Verteuerung des Produktionsfaktors Arbeit durch steigende Lohnnebenkosten nicht zu verantworten.
Demzufolge soll auch aus staatlicher Sicht eine Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung durch zunehmend geförderte Vorsorgekonzepte im Bereich der betrieblichen und privaten Altersvorsorge erfolgen. Durch staatliche Förderungen in Form von steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Ersparnissen sowie staatlichen Zuschüssen werden für Arbeitnehmer Anreize zum Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge geschaffen. Mit dem Altersvermögensgesetz vom 26.06.2001 wurden die Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge auf insgesamt fünf staatlich geförderte Durchführungswege erweitert. Seit dem Jahr 2002 wurde gem.
§ 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG den Arbeitnehmern zudem ein gesetzlich festgeschriebener Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung eingeräumt, um die betriebliche Altersvorsorge zu forcieren. Neben den Durchführungswegen der bAV bietet die Entgeltumwandlung im Rahmen von betrieblichen Lebensarbeitszeitkonten eine alternative Möglichkeit zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung. In den nachfolgenden Ausführungen soll die Eignung von Lebensarbeitszeitkonten sowohl aus […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Rainer Wolf
Lebensarbeitszeitkontenmodelle - eine Alternative zu betrieblichen
Altersvorsorgekonzepten - Eine Vorteilhaftigkeitsbetrachtung für Unternehmen und
Arbeitnehmer
ISBN: 978-3-8366-0338-6
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Koblenz, Koblenz, Deutschland, Abschlussarbeit, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung... 1
1.1 Einführung und Problemhintergrund ... 1
1.2 Gang der Untersuchung ... 2
2. Einführung und Funktionsweise von Arbeitszeitkonten... 3
2.1 Das Funktionsprinzip von Arbeitszeitkonten ... 3
2.2 Zielsetzung von Arbeitszeitkonten ... 4
2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen... 5
2.3.1 Geltungsbereich / Begünstigter Personenkreis ... 5
2.3.2 Entgeltumwandlung in Wertguthaben... 6
2.3.3 Vertragliche Vereinbarung... 6
2.3.4 Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten... 7
2.4 Arten von Arbeitszeitkonten... 8
2.5 Anlageformen für Wertguthaben... 9
3. Steuerrechtliche Behandlung von Arbeitszeitkonten... 11
3.1 Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer ... 11
3.1.1 Steuerliche Behandlung während der Ansparphase ... 12
3.1.2 Steuerliche Behandlung während der Freistellungsphase... 13
3.1.3 Steuerliche Behandlung bei Störfällen ... 13
3.1.4 Sonderfall: Umwandlung des Wertguthabens in
eine betriebliche Altersvorsorge ... 14
3.1.5 Sonderregelung: ,,Vergütung für mehrjährige Tätigkeit"... 15
3.1.6 Sonderfälle: Arbeitgeberwechsel und Arbeitslosigkeit ... 15
3.2 Steuerliche Behandlung beim Unternehmen ... 16
3.2.1 Steuerliche Behandlung in der Ansparphase ... 16
3.2.2 Steuerliche Behandlung der Erträge aus Wertguthaben ... 18
3.2.3 Steuerliche Behandlung in der Freistellungsphase / Störfall ... 19
4. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von
Arbeitszeitkonten... 21
4.1 Allgemeine Grundlagen ... 21
4.2 Behandlung in der Ansparphase... 22

II
4.3 Behandlung in der Freistellungsphase ...22
4.4 Behandlung im Störfall ...22
4.5 Sonderfall: Verwendung des Wertguthabens für eine
betriebliche Altersversorgung...24
5. Vorteilhaftigkeitsbetrachtung beim Arbeitnehmer ...25
5.1 Grundsätzliche Überlegungen zur Vorteilhaftigkeitsbetrachtung
beim Arbeitnehmer...25
5.1.1 Vorteilhaftigkeitsaspekte der nachgelagerten Besteuerung ...26
5.1.2 Vorteilhaftigkeitsaspekte der Ertragsbesteuerung ...26
5.2 Modellbeschreibung und Modellannahmen...27
5.2.1 Die Endvermögensvergleichsberechung ...27
5.2.2 Die Modellarbeitnehmer...28
5.3 Vorteilhaftigkeitsbetrachtung anhand des
EuroSwitch-Lebensarbeitszeitmodells (ELZ)...29
5.3.1 Vorteilhaftigkeitsbetrachtung in der Ansparphase...30
5.3.2 Vorteilhaftigkeitsbetrachtung im Störfall...30
5.3.3 Vorteilhaftigkeitsbetrachtung im Freistellungsfall ...32
5.3.4 Vorteilhaftigkeitsbetrachtung bei Umwandlung der
Wertguthaben in eine betriebliche Altersvorsorge ...33
5.4 Zusammenfassende Vorteilhaftigkeitsbetrachtung...34
6. Abgrenzung zu den Durchführungswegen der bAV...35
6.1 Dotierungsmöglichkeiten unter steuerlichen Gesichtspunkten...36
6.2 Dotierungsmöglichkeiten unter sozialversicherungsrechtlichen
Gesichtspunkten ...37
6.3 Abgrenzungskriterien in der Leistungsphase ...37
6.4 Mindestlaufzeit und vorzeitige Verfügungsmöglichkeiten...38
6.5 Anlageformen der Rückdeckung / Flexibilität der Beitragszahlung .39
6.5 Vererbbarkeit...39
6.6 Gesetzlicher Versorgungsausgleich...40
6.7 Freiwillige Arbeitgeberleistungen ...40
7. Zusammenfassung...41
8. Ausblick ...42

III
Abkürzungsverzeichnis
aaO.
am angegeben Ort
Abs.
Absatz
AG
Arbeitgeber
AN
Arbeitnehmer
Anm.
Anmerkung
Art.
Artikel
bAV
Betriebliche
Altersvorsorge
BBG
Beitragsbemessungsgrenze
BetrAVG
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
(Betriebsrentengesetz)
BFH
Bundesfinanzhof
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt (römische Ziffern = Teil)
BMA
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
BMF
Bundesministerium für Finanzen
BStBl.
Bundessteuerblatt (römische Ziffern = Teil)
BÜVO
Beitragsüberwachungsverordnung
bzw.
beziehungsweise
d.h.
das heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
ELZ
Euroswitch
Lebensarbeitszeitkontenmodell
EStG
Einkommensteuergesetz
f.
folgende (Seite)
ff.
fortfolgende (Seiten)
Flexi-Gesetz Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszei-
ten
Fn.
Fußnote
gem.
gemäß
ges.
gesondert
GewStG
Gewerbesteuergesetz
GGF
Gesellschaftergeschäftsführer
ggfs.
gegebenenfalls

IV
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
HS
Halbsatz
i.d.R.
in der Regel
i.H.v.
in Höhe von
InsO
Insolvenzordnung
i.S.d.
im Sinne des
i.V.m.
in Verbindung mit
KStG
Körperschaftsteuergesetz
lfd.
laufend
LStR
Lohnsteuer-Richtlinien
LStDV
Lohnsteuerdurchführungsverordnung
m.E.
meines Erachtens
Nr.
Nummer
o.ä.
oder ähnliches
OFD
Oberfinanzdirektion
R
Richtlinie
Rn.
Randnummer
Rz.
Randziffer
S.
Seite
SGB
Sozialgesetzbuch (römische Ziffern = Buch)
sog.
sogenannte
StGB
Strafgesetzbuch
StuW
Steuer und Wirtschaft
SV
Sozialversicherung
SV-pflichtig sozialversicherungspflichtig
SV-frei
von der Sozialversicherungspflicht befreit
usw.
und so weiter
v.H.
vom Hundert
wg.
wegen
z.B.
zum Beispiel
zzgl.
zuzüglich

1
1. Einleitung
1.1 Einführung und Problemhintergrund
Das Altersvorsorgesystem in Deutschland befindet sich in einem dramati-
schen Wandel. Nach der bislang vorherrschenden ,,Drei-Säulen-Theorie"
bilden die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche Altersvorsorge
sowie die private Vorsorge die Basis für die Finanzierung der ,,Zeit nach
dem Erwerbsleben".
Die demographisch bedingte Überalterung der Bevölkerung, die zuneh-
mende Verlängerung der Lebenserwartung sowie die aktuelle Arbeitslo-
senproblematik haben jedoch dazu geführt, dass die gesetzliche Renten-
versicherung als bislang tragende Säule der Altersvorsorge zukünftig nicht
mehr in der Lage sein wird, den Altersvorsorgebedarf in ausreichendem
Umfang zu finanzieren.
Dabei kann eine umlagefinanzierte weitere Erhöhung der Rentenversiche-
rungsbeiträge aus gesamtwirtschaftlicher Sicht kein Lösungsansatz für die
oben genannte Finanzierungsproblematik sein. Denn im internationalen
Vergleich müssen die Arbeitskosten und insbesondere die Lohnnebenkos-
ten in Deutschland als erheblicher Wettbewerbsnachteil angesehen wer-
den. So werden zunehmend zahlreiche Arbeitsplätze in Billiglohnländer
verlagert. Dies hat zur Folge, dass sich die Arbeitslosigkeit weiter erhöht
und die sozialen Sicherungssysteme zusätzlich belastet werden. Wettbe-
werbspolitisch ist eine weitere Verteuerung des Produktionsfaktors Arbeit
durch steigende Lohnnebenkosten nicht zu verantworten.
Demzufolge soll auch aus staatlicher Sicht eine Entlastung der gesetzli-
chen Rentenversicherung durch zunehmend geförderte Vorsorgekonzepte
im Bereich der betrieblichen und privaten Altersvorsorge erfolgen. Durch
staatliche Förderungen in Form von steuerlichen und sozialversicherungs-
rechtlichen Ersparnissen sowie staatlichen Zuschüssen werden für Arbeit-
nehmer Anreize zum Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge geschaf-
fen.

2
Mit dem Altersvermögensgesetz vom 26.06.2001 wurden die Möglichkei-
ten der betrieblichen Altersvorsorge auf insgesamt fünf staatlich geförderte
Durchführungswege erweitert. Seit dem Jahr 2002 wurde gem. § 1a Abs.
1 Satz 1 BetrAVG den Arbeitnehmern zudem ein gesetzlich festgeschrie-
bener Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung eingeräumt, um die be-
triebliche Altersvorsorge zu forcieren.
Neben den Durchführungswegen der bAV bietet die Entgeltumwandlung
im Rahmen von betrieblichen Lebensarbeitszeitkonten eine alternative
Möglichkeit zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung.
In den nachfolgenden Ausführungen soll die Eignung von Lebensarbeits-
zeitkonten sowohl aus Sicht des Unternehmens als auch aus Sicht der
Arbeitnehmer untersucht werden. Als primäre Zielsetzung des Arbeitneh-
mers wird dabei die Finanzierung einer zusätzlichen Altersvorsorge bzw.
die Finanzierung des Vorruhestandes unterstellt.
1.2 Gang der Untersuchung
Gliederungspunkt 2 führt zunächst in die wesentlichen Grundlagen von
Arbeitszeitkonten ein und erläutert den Aufbau und die Funktionsweise
von Arbeitszeitkonten. Die Gliederungspunkte 3 und 4 beschäftigen sich
anschließend mit der steuerlichen und der sozialversicherungsrechtlichen
Behandlung von Arbeitszeitkonten bei Arbeitnehmern und Unternehmen.
In Gliederungspunkt 5 wird die finanzielle Vorteilhaftigkeit des ,,Bruttospa-
rens im Rahmen des Arbeitszeitkontenmodells" im Vergleich zum ,,Netto-
sparen im Privatvermögen" untersucht.
Anhand des praxiserprobten EuroSwitch-Lebensarbeitszeitmodells wer-
den für drei unterschiedliche Arbeitnehmertypen ­ den ,,sozialversiche-
rungspflichtigen Arbeitnehmer", den ,,leitenden Angestellten" und den
,,nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschaftergeschäftsführer" ­ die
Ergebnisse der beiden Anlagealternativen berechnet und gegenüberge-
stellt. Auf der Grundlage eines Endvermögensvergleiches werden die
Berechnungsergebnisse analysiert, um nachfolgend die Vorteilhaftigkeit
von Arbeitszeitkonten unter dem Aspekt der Vermögensbildung zu beurtei-
len.

3
Unter Gliederungspunkt 6 erfolgt eine Abgrenzung zwischen Arbeitszeit-
konten und den Durchführungswegen der betrieblichen Altersvorsorge.
Anhand verschiedener Beurteilungskriterien soll eine erweiterte Bewer-
tung der Vorteilhaftigkeit von Arbeitszeitkonten ermöglicht werden. Gliede-
rungspunkt 7 fasst die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen. Mit
einem Ausblick in Gliederungspunkt 8 schließt die Arbeit ab.
2. Einführung und Funktionsweise von Arbeitszeitkonten
2.1 Das Funktionsprinzip von Arbeitszeitkonten
Unter Flexiblen Arbeitszeitregelungen
1
(synonym als Arbeitszeitkonten
bezeichnet) sind grundsätzlich alle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer zu verstehen, die es erlauben, geleistete Arbeitszeiten
oder erzielte Arbeitsentgelte in späteren Abrechnungszeiträumen für die
Freistellung von der Arbeit zu verwenden. Durch das Flexigesetz vom
06.04.1998 wird es dem Arbeitnehmer erstmals in größerem Umfang
ermöglicht, erbrachte Arbeitsleistungen zeitlich von der Fälligkeit der
Vergütung zu trennen
2
und dadurch sogenannte Wertguthaben
3
steuer-
und sozialversicherungsfrei anzusparen
4
. Diese in der Ansparphase
5
gebildeten Wertguthaben können zur Finanzierung von späteren Freistel-
lungsphasen genutzt werden. Freistellungsphasen sind Zeiten, in denen
der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt, aber weiterhin fortlaufend
Arbeitslohn vom Unternehmen bezieht. Der Umfang und die Länge der
möglichen Freistellungsphase hängt dabei von der auf dem Arbeitszeit-
1
Die Einführung von Arbeitszeitkonten ist historisch eng mit der Volkswagen AG verbunden, die bereits 1997 ihren Mitarbeitern ein
entsprechendes Entgeltumwandlungsmodell angeboten hat.
2
vgl. Bode, Joachim, Flexibilisierung der Arbeitszeit über Wertguthaben ­ Aspekte zur praktischen Umsetzung und Abwicklung, in:
Betriebliche Altersversorgung Heft 8/1999, S. 364
3
Unter dem Begriff Wertguthaben sind alle im Rahmen der vertraglich vereinbarten flexiblen Arbeitszeitregelungen erzielten
Guthaben zu verstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Guthaben als Geldguthaben (Geldkonten) oder Zeitguthaben (Zeitkon-
ten) geführt werden. vgl. Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelun-
gen - Auswirkungen auf das Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht vom 29.08.2003, S. 20
4
vgl. Gradehandt, Heiko: Flexible Altersversorgung mit Lebensarbeitszeitmodellen, in: Personalwirtschaft, Sonderheft 10/2002, S.
29;
5
Unter Ansparphase (auch Einzahlungsphase oder Arbeitsphase genannt) ist der Zeitraum zu verstehen, in dem der Arbeitnehmer
tatsächlich Arbeitsleistungen erbringt und Wertguthaben anspart.

4
konto angesparten Summe ab, d.h. dem eingebrachten Wertguthaben
zuzüglich der gegebenenfalls erwirtschafteten Erträge.
Das vorhandene Wertguthaben muss allerdings nicht, wie zunächst
grundsätzlich vereinbart, zwingend für eine Freistellungsphase verwendet
werden. In diesen sogenannten Störfällen
6
kommt es grundsätzlich zur
steuerpflichtigen und sozialversicherungspflichtigen Auszahlung der Wert-
guthaben, da Störfälle in der Regel mit der Beendigung des Beschäfti-
gungsverhältnisses verbunden sind.
Aufgrund der alternativen Auszahlungsmöglichkeit eines Einmalbetrages
im Störfall können Arbeitszeitkonten auch als alternatives Instrument der
betrieblichen Entgeltumwandlung genutzt werden, um eine zusätzliche ka-
pitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen. Lebensarbeitszeitkonten wer-
den deshalb oftmals auch als ,,sechster Durchführungsweg der betriebli-
chen Altersvorsorge" bezeichnet
7
.
2.2 Zielsetzung von Arbeitszeitkonten
Flexible Arbeitszeitregelungen bieten Arbeitgebern und Arbeitnehmern
eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, um im Rahmen einer ge-
meinsam entwickelten Arbeitszeitkontenregelung ihre individuellen Ziele
zu verwirklichen.
Als Ziele der Arbeitnehmer sind vorrangig zu nennen:
·
die Möglichkeit der flexiblen (Lebens-)Arbeitszeitgestaltung durch
die Inanspruchnahme von Arbeitsfreistellungen in Form von Kurz-
oder Langzeiturlauben (Sabbaticals) z. B. als Elternzeit, Fortbil-
dungsurlaub, Weltreise etc.
·
die effiziente Finanzierung des vorzeitigen Ruhestandes
·
kapitalmarktbasierten Vermögensaufbaus für die Altersversorgung
Als Ziele des Arbeitgebers sind vorrangig zu nennen:
6
Bei Fällen, in denen das Wertguthaben, nicht wie vereinbart, für eine Zeit der Freistellung verwendet wird, spricht man von
sogenannten Störfällen. vgl. Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, aaO., S. 64
7
vgl. Wellisch, Dietmar, Der Einfluss der Unternehmensbesteuerung auf die Vorteilhaftigkeit von Arbeitszeitkonten, in: StuW 2003,
S. 257

5
·
Steigerung der Attraktivität des Unternehmens im Hinblick auf Bin-
dung und Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern und Füh-
rungskräften
·
Effizienter und kostengünstiger Personaleinsatz insbesondere bei
schwankender Nachfrage und Kapazitätsauslastung
·
Reduzierung von Personalkosten durch mögliche Einsparung von
Überstundenzuschlägen
·
Mögliche Reduzierung von Personalkosten bei Vorruhestandsrege-
lungen
·
Generierung von Steuer- und Liquiditätsvorteilen für das Unter-
nehmen
Die jeweiligen Vorteile der Zielerreichung, die durch flexible Arbeitszeitre-
gelungen entstehen, können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch
Verhandlung zum gegenseitigen Nutzen teilen. So ist es beispielsweise
denkbar, dass Arbeitnehmer auf Überstundenzuschläge verzichten, wenn
der Arbeitgeber die verzinsliche und steuerfreie Umwandlung von Ge-
haltsbestandteilen in Arbeitszeitkonten ermöglicht.
2.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen
2.3.1 Geltungsbereich / Begünstigter Personenkreis
Die Nutzung von Lebensarbeitszeitkonten ist, nach den begrifflichen Vor-
aussetzungen des § 1 LStDV, nur für Arbeitnehmer möglich. Arbeitneh-
mer sind grundsätzlich alle Personen, die in einem Beschäftigungsverhält-
nis ­ auch im öffentlichen Dienst - arbeiten. Somit können z.B. auch Vor-
stände von Aktiengesellschaften und GmbH-Geschäftsführer, selbst wenn
Sie eine beherrschende Stellung einnehmen, Arbeitszeitkonten nutzen
8
.
Ähnlich wie in der betrieblichen Altersvorsorge können Lebensarbeitszeit-
konten jedoch nicht von Inhabern von Personengesellschaften bzw. Ein-
zelunternehmen genutzt werden, da hier naturgemäß kein Beschäfti-
gungsverhältnis vorliegt.
8
vgl. Bernsen, Thomas / Gisbert Voss, Das Lebensarbeitszeitkontenmodell LAZ ­ Eine bisher nicht ausreichend gewürdigte BAV-
Alternative, in: Vermögen und Steuern 09/2004, S. 40

6
2.3.2 Entgeltumwandlung in Wertguthaben
Grundsätzlich können in Arbeitszeitkonten alle aus einer versicherungs-
pflichtigen Beschäftigung angesparten Arbeitsentgelte nach § 14 SGB IV
sowie alle Arbeitszeiten, denen Arbeitsentgelt zu Grunde liegt, als Wert-
guthaben eingebracht werden.
Demzufolge ist es möglich, beliebige Gehaltsbestandteile, in praktisch
unbegrenzter Höhe, regelmäßig oder unregelmäßig, als Wertguthaben
anzusparen. Gängige Umwandlungsbestandteile sind beispielweise: Teile
des laufenden Arbeitsentgelts, Mehrarbeitsvergütungen, Weihnachts- oder
Urlaubsgeld, Tantiemen und Gewinnbeteiligungen, sonstige Einmalzah-
lungen, freiwillige zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers, Überstunden
oder nicht in Anspruch genommene Urlaubstage usw.. Neben den eigent-
lichen Entgeltumwandlungsbestandteilen gehören auch die darauf zu
Gunsten des Arbeitnehmers erwirtschafteten Erträge (Zinserträge, Divi-
denden, Kursgewinne etc.) zum Wertguthaben.
2.3.3 Vertragliche Vereinbarung
Voraussetzung für die Einführung von Arbeitszeitkonten ist gem. § 7 Abs.
1a SGB IV eine vorherige schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitge-
ber und Arbeitnehmer. Diese kann entweder tarifvertraglich, als Betriebs-
vereinbarung oder als einzelvertragliche Vereinbarungen getroffen wer-
den
9
. Da die Entgeltumwandlung in Arbeitszeitkonten, ähnlich wie bei der
betriebliche Altersvorsorge, dem Tarifvorbehalt unterliegen, ist darauf zu
achten, dass der Vereinbarung keine tarifvertraglichen Regelungen entge-
genstehen
10
.
Die Vereinbarung hat insbesondere Regelungen über die Freistellungs-
phase sowie die Höhe des während der Freistellung fälligen Arbeitsent-
gelts zu treffen.
9
vgl. Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, aaO., S. 19
10
Wenn der Tarifvertrag die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten nicht ausdrücklich ausschließt, bedarf es im Tarifvertrag auch
keiner Öffnungsklausel. vgl. Sternberger-Frey, Barbara, Zeitpolster für den Ruhestand, in: Ökotest 11/2003, S. 173

7
2.3.4 Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten
Für die vom Arbeitnehmer angesparten Wertguthaben besteht bei Zah-
lungsunfähigkeit des Arbeitgebers ein Insolvenzrisiko, welches im Interes-
se des Arbeitnehmers, aber offensichtlich auch im Interesse der Sozial-
versicherungsträger absicherungsbedürftig ist
11
. Denn insbesondere bei
Lebensarbeitszeitkonten können die schutzbedürftigen Wertguthaben eine
beträchtliche Höhe erreichen
12
; zudem ist das Insolvenzrisiko aufgrund des
langen Zeithorizontes kaum einschätzbar. Gem. § 7d SGB IV haben die
Vertragsparteien daher für Arbeitszeitkontenregelungen Vorkehrungen zu
treffen, um das Wertguthaben zuzüglich den Arbeitgeberanteilen am
Sozialversicherungsbeitrag bei Insolvenz zu schützen.
Die Sicherungspflicht greift jedoch nicht für jedes Arbeitszeitkonto
13
. Der
Insolvenzschutz ist gesetzlich nur vorgeschrieben, soweit
·
kein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht,
·
das Wertguthaben, einschließlich AG-Anteil, das dreifache der mo-
natlichen Bezugsgröße
14
übersteigt,
·
und der vereinbarte Zeitraum für den Ausgleich des Wertguthabens
27 Monate übersteigt
15
.
Der Arbeitgeber ist des weiteren gem. § 7d SGB IV seit dem 01.08.2003
verpflichtet, den Arbeitnehmer über die Vorkehrungen zum Insolvenz-
schutz schriftlich zu informieren.
Bemerkenswert ist, dass bei Verstoß gegen die Insolvenzsicherungspflicht
keine Sanktionen vorgesehen sind, da diese nach Auffassung des Bun-
desarbeitsministeriums der Verbreitung von Arbeitszeitkonten entgegen
wirken könnten
16
. An dieser Stelle muss jedoch auf die unter Umständen
11
Wertguthaben von Arbeitszeitkonten können nicht über den Pensionssicherungsverein a. G. abgesichert werden.
12
vgl. Necati, Lale, Arbeitszeitkonten, 2003 aaO., S. 28
13
vgl. Dielmann, Klaus, Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten, in Personal Heft 06/2003, S. 56
14
Im Jahr 2005: West 2.415 Euro / Ost 2.030 Euro
15
Tarifvertraglich oder im Rahmen von Betriebsvereinbarungen können hiervon gegebenenfalls auch abweichende Vereinbarungen
getroffen werden. zu Praxisbeispielen vgl. Flüter-Hoffman, Christiane, Das Ersparte sichern, in: Personalwirtschaft 10/02, S. 26 f.
16
vgl. Dielmann, Klaus, Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten, in: Personal Heft 06/2003 S. 57

8
weitreichende Arbeitgeberhaftung in Verbindung mit möglichen Scha-
densersatzansprüchen gem. § 823 Abs. 2 BGB hingewiesen werden
17
.
Als mögliche Absicherungslösungen im Insolvenzfall kommen grundsätz-
lich eine Vielzahl von möglichen Sicherheiten in Betracht
18
. In der Praxis
sind vor allem Modelle der Kapitalsicherung, wie z. B. das Verpfändungs-
modell oder diverse Treuhandmodelle, verbreitet
19
.
Einen Überblick zu den Insolvenzsicherungsmodellen gibt Abbildung 1:
Übersicht Stärken und Schwächen von Insolvenzsicherungsmodellen
(siehe Anhang)
Auf weitere Aspekte der Insolvenzsicherung kann im Rahmen dieser
Arbeit nicht näher eingegangen werden. Daher sei an dieser Stelle auf
weiterführende Literatur verwiesen
20
.
2.4 Arten von Arbeitszeitkonten
Arbeitszeitkonten werden üblicherweise in der Praxis auf zwei Arten ge-
nutzt, die auch bedarfsgerecht miteinander kombiniert werden können.
Sogenannte Kurzzeitkonten dienen dem kurzfristigen Ausgleich von
schwankenden Arbeitsbelastungen. Kurzzeitkonten werden i.d.R. nur als
reine Zeitkonten geführt. Zeitgutschriften in Form von Überstunden oder
Mehrarbeit werden in Zeiten hoher Arbeitsbelastung dem Zeitkonto gutge-
schrieben, um sie in Zeiten geringer Arbeitsbelastung wieder zu entneh-
men. Ein Ausgleich der Konten erfolgt i.d.R. unterjährig.
Die Gruppe der Langzeitkonten dient dagegen der flexiblen Gestaltung
der Lebensarbeitszeit
21
. Langzeitkonten verfolgen als primäre Zielsetzung
die längerfristige Ansparung von Guthaben, um diese entweder zur Finan-
17
Im Extremfall könnte sich der Arbeitgeber sogar gem. § 266a StGB strafbar machen, wenn Sozialversicherungsbeiträge schuldhaft
vorenthalten werden. Dieser Tatbestand würde u. U. auch die persönliche Haftung von Geschäftsführern als Organ von Kapitalge-
sellschaften betreffen. vgl. Hageböcker, Sven / Gellrich, Albert A., Zeitwertkonten ein Königsweg für die Altersversorgung?, in:
DSWR 11/2004 S. 306
18
siehe hierzu: Ausführungen Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bericht des Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung nach § 7d Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) über die Vereinbarung zur Absicherung von Wertguthaben und
zu Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Insolvenzschutzes, Berlin, 2001, S. 34 ff.
19
Zur Eignung von Sicherungsmodellen in der Praxis vgl. weiterführend: Voss, Gisbert / Musil, Roland, Insolvenzsicherung von
Arbeitszeitkonten, in: Vermögen und Steuern 12/2004 S. 40 - 45
20
vgl. hierzu weiterführend: Voss, Gisbert / Musil, Roland, aaO., S. 40 - 45
21
vgl. Sternberger-Frey, Barbara, in: Zeitpolster für den Ruhestand in: Ökotest 11/2003, S. 169 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836603386
DOI
10.3239/9783836603386
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Koblenz - Standort RheinAhrCampus Remagen – Betriebs- und Sozialwirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Mai)
Note
2,0
Schlagworte
unternehmen arbeitszeitkonto lebensarbeitszeit betriebliche altersversorgung zeitwertkonto lebens entgeltumwandlung
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