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SPD als lernende Organisation

Eine kritische Analyse der Personal- und Organisationsentwicklung in Parteien

©2006 Masterarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
„ Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist eine lernfähige und lernende Organisation.“ Warum definiert sich die SPD als Lernende Organisation und welche Folgen hat dieses auf die Personal- und Organisationsentwicklung innerhalb der Lernenden Organisation SPD. Dieses sind die Fragenstellungen mit der sich die vorliegende Arbeit beschäftigen will.
Parteien befinden sich inmitten eines weit reichenden Modernisierungsprozesses, der ihre gesellschaftliche Umwelt wie ihre eigenen Organisationsstrukturen betrifft. In diesem Zusammenhang wird häufig in der öffentlichen Diskussion eine Diskrepanz zwischen den Herausforderungen und den Antworten kritisiert. Allerdings sind die Veränderungen in den Umwelten äußerst heterogen, so dass einfache Lösungen versagen und die Widersprüche leicht zu Blockaden führen. Zugleich verstärkt die interne Unübersichtlichkeit und Politisierung diesen Hang zur Unbeweglichkeit. Zu den schwierigen Beziehungen zwischen der Parteiorganisation und ihrer Umwelt kommen die internen Probleme hinzu, die sowohl für viele Außenstehende die Attraktivität und die Transparenz der Partei als auch die Möglichkeit einer Modernisierung an Haupt und Gliedern ganz erheblich einschränken. Dieses ist keine Folge von Fehlentscheidungen führender Politiker und besonderes Merkmal der Parteien, sondern viele Defizite sind strukturell bedingt und auch bei Gewerkschaften, Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden, d.h. bei allen politischen Großorganisationen anzutreffen.
Die SPD hat neben den strukturellen Problemen aller politischen Großorganisationen allerdings noch einige besondere Probleme mehr. Die SPD befindet sich politisch in einer strategischen Zwickmühle. Mitglieder und Wähler der SPD werden zwischen den Polen Ökologie und Ökonomie, konservativer sozialer Sicherung und innovativer Wachstumsstrategien zerrissen, sie gehören zu besonders heterogenen Milieus. Die Basis ist häufig noch in alten politischen Denkweisen verhaftet und die Führung oft einen Schritt weiter als die Basis.
Soziologen und Politologen sprechen heutzutage von einer generellen Organisations- und Sinnkrise der traditionellen politisch-sozialen Institutionen. Diese Folgen der fortschreitenden Modernisierung betreffen sowohl die klassischen Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, aber auch politische Parteien, Kirchen und Wohlfahrtsverbände. Die Organisationstreue der Mitglieder ist brüchiger geworden. Die Mitgliedschaft der Parteien schmilzt schon […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Thomas Schalski-Seehann
SPD als lernende Organisation
Eine kritische Analyse der Personal- und Organisationsentwicklung in Parteien
ISBN: 978-3-8366-0216-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland, MA-Thesis /
Master, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

SPD als lernende Organisation
Inhaltsverzeichnis
1.
,,PARTEIEN IM MODERNISIERUNGSPROZESS" -
EINFÜHRUNG IN DIE PROBLEMSTELLUNG
3
2.
LERNENDE ORGANISATION
9
2.1 Definition ,,Lernende Organisation"
9
2.2. Personal- und Organisationsentwicklung in Lernenden
Organisationen 13
2.3 DGFP-Modell von der Entwicklung von Personal- und
Organisationsentwicklung in Organisationen
16
3.
PARTEIEN ALS LERNENDE ORGANISATIONEN
21
4.
PERSONAL- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG
IN DER POLITIK
25
5.
SPD ALS LERNENDE ORGANISATION
29
5.1. Konzept der SPD als Lernende Organisation
29
5.2 ,,Moderne Mitgliederpartei" und Organisationsentwicklung
in der SPD
33
5.3. Projekt IPQ-Personalentwicklung der Hauptamtlichen
38
5.4. Konzept der Mitgliederpartei und Personalentwicklung
der Ehrenamtlichen
45
5.4.1 Mitmachprojekt
45
5.4.2. Weiterbildung
der
Ortsvereinsvorsitzenden 48

SPD als lernende Organisation
2
5.4.3 Mentoring-Programm der Landesverbände/
Bezirksverbände
49
5.4.4 Projekt ,,Qualitätsoffensive Mitgliederpartei"
des Unterbezirkes S.
52
6.
KRITISCHE WÜRDIGUNG DER PERSONAL- UND
ORGANISATIONSENTWICKLUNG IN DER LERNENDEN
ORGANISATION SPD
55
6.1 Konzepte und Praxis in der kritischen Analyse
55
6.2. Mentale Modelle als Innovationsbremse
58
7.
AUSBLICK 61
Literaturverzeichnis

SPD als lernende Organisation
1.
,,Parteien im Modernisierungsprozess" -
Einführung in die Problemstellung
,,Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist eine lernfähige und
lernende Organisation."
1
Warum definiert sich die SPD als Lernende Or-
ganisation und welche Folgen hat dieses auf die Personal- und Organisa-
tionsentwicklung innerhalb der Lernenden Organisation SPD. Dieses sind
die Fragenstellungen mit der sich die vorliegende Arbeit beschäftigen will.
Parteien befinden sich inmitten eines weit reichenden Modernisierungs-
prozesses
2
, der ihre gesellschaftliche Umwelt wie ihre eigenen Organisati-
onsstrukturen betrifft. In diesem Zusammenhang wird häufig in der öffent-
lichen Diskussion eine Diskrepanz zwischen den Herausforderungen und
den Antworten kritisiert. Allerdings sind die Veränderungen in den Umwel-
ten äußerst heterogen, so dass einfache Lösungen versagen und die
Widersprüche leicht zu Blockaden führen. Zugleich verstärkt die interne
Unübersichtlichkeit und Politisierung diesen Hang zur Unbeweglichkeit. Zu
den schwierigen Beziehungen zwischen der Parteiorganisation und ihrer
Umwelt kommen die internen Probleme hinzu, die sowohl für viele Außen-
stehende die Attraktivität und die Transparenz der Partei als auch die
Möglichkeit einer Modernisierung an Haupt und Gliedern ganz erheblich
einschränken. Dieses ist keine Folge von Fehlentscheidungen führender
Politiker und besonderes Merkmal der Parteien, sondern viele Defizite
sind strukturell bedingt und auch bei Gewerkschaften
3
, Kirchen oder Wohl-
fahrtsverbänden, d.h. bei allen politischen Großorganisationen anzutref-
fen.
4
1
Platzeck, Matthias, Die zupackende SPD, Miteinander statt Gegeneinander, Rede
auf dem Karlsruher Parteitag vom 15. November 2005 in Perspektive 21, heft 28,
2005, S. 15
2
Vgl. Kornelius, Bernhard, Roth Dieter, Politische Partizipation in Deutschland ­
Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, Gütersloh, 2004, S.17 ff
3
Vgl. Wiesenthal, Helmut, Clasen, Ralf, Gewerkschaften in Politik und Gesellschaft:
Von der Gestaltungsmacht zum Traditionswächter, 2001, S. 1 ff
4
Vgl. Gohde, Claudia, Den Tiger reiten ­ Vom Umgang mit den Organisationsdilem-
mata in der PDS in: Utopie kreativ, H 170 ( Dezember 2004), S. 1106

SPD als lernende Organisation
4
Die SPD hat neben den strukturellen Problemen aller politischen Großor-
ganisationen
5
allerdings noch einige besondere Probleme mehr. Die SPD
befindet sich politisch in einer strategischen Zwickmühle. Mitglieder und
Wähler der SPD werden zwischen den Polen Ökologie und Ökonomie,
konservativer sozialer Sicherung und innovativer Wachstumsstrategien
zerrissen, sie gehören zu besonders heterogenen Milieus. Die Basis ist
häufig noch in alten politischen Denkweisen verhaftet und die Führung oft
einen Schritt weiter als die Basis.
6
Soziologen und Politologen sprechen heutzutage von einer generellen
Organisations- und Sinnkrise der traditionellen politisch-sozialen Institutio-
nen. Diese Folgen der fortschreitenden Modernisierung betreffen sowohl
die klassischen Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften
7
, aber auch
politische Parteien, Kirchen
8
und Wohlfahrtsverbände
9
. Die Organisations-
treue der Mitglieder ist brüchiger geworden. Die Mitgliedschaft der Partei-
en schmilzt schon seit Jahren. Die SPD als größte deutsche Partei hatte in
Spitzenzeiten über 1 Mio Mitglieder. Bis Mitte der 90er Jahre ist die Zahl
auf unter 900.000 gesunken. Aber auch die sinkenden Wahlbeteiligungen
weisen auf eine Parteienverdrossenheit hin. Das allgemeine Vertrauen
nicht nur in politische Parteien, sondern auch in die Politiker, die politische
Klasse sowie in andere öffentliche Institutionen und gesellschaftliche
Großinstitutionen schwindet.
10
Dieser Rückzug aus den politischen Partei-
5
Vgl. hierzu, Aktuelle Macht- und Programmprofile der Grünen-Partei, Niederschrift
eines Radiobeitrags gesendet vom Rundfunk Berlin-Brandenburg am 14. September
2003
6
Vgl. von Alemann,Ulrich, Parteien im Prozess der Modernisierung ­Auf der Suche
nach einem realistischen Bild der Partei, in: Walsken, Ernst-Martin, Wehrhöfer, Ul-
rich, Mitgliederpartei im Wandel ­ Verändeurngen am Beispiel der NRW SPD, Müns-
ter, 1998
7
Vgl. hierzu mündliche Ergänzungen zum Geschäftsbericht 25. Gewerkschaftstag der
GEW vom 23.-27.04. 2005 in Erfurt
8
Vgl. Projektgruppe ,,Lernende Organisation Kirch (Hrsg.), Lernende Organisation
Kirche ­ Erkundungen zu Kirchenkreis-Reformen, Leipzig, 2006, S. 18 ff
9
Vgl. Best, Eberhard, Vom Ehrenamt zum Bürgerengagement, Jugend und Ehrenamt
­ Nachwuchsförderung im organisierten Sport, Vortragsscript 2, TTVN-
Vereinskongress 28./29.05.2005 in Hannover
10
Vgl. Kornelius, Bernhard, Roth Dieter, Politische Partizipation in Deutschland ­
Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, Gütersloh, 2004, S. 62

SPD als lernende Organisation
5
en wie auch vielen Verbänden bedingt sich gegenseitig, wenn etwa die
gewerkschaftliche Jugendarbeit als Reservoir für die SPD weitgehend
ausfällt, verschärft sich der Überalterungsprozess bei der Partei. Der an-
haltende Säkularisierungsprozess führt bei den Kirchen und der CDU zu
ähnlichen Problemen. Die Mitarbeit der Bürger in politischen Parteien ist
im Verlauf der letzten Jahrzehnte praktisch zusammengebrochen.
Selbst Umweltverbände und soziale Hilfsorganisationen wie das DRK
klagen inzwischen über einen sinkenden Zulauf. Traditionelle Werte verlie-
ren an Bedeutung, an die Stelle der bedingungslosen Hingabe an die
Organisation tritt heute der Wunsch nach einem freiwillig gewählten Enga-
gement, das sich zeitlich den eigenen Bedürfnissen und den immer indivi-
dueller werdenden Lebensplänen anpassen lässt
11
. Da das Selbstver-
ständnis politischer Großorganisationen immer noch auf Vereinheitlichung
programmiert ist, tun sie sich besonders mit dem Zerfall traditioneller Mi-
lieus und der nachlassenden Bindungsfähigkeit schwer. Insgesamt kommt
es im Rahmen der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse zu einer
Relativierung der Politiksphäre, was die politischen Großorganisationen
als deutliche Abwertung spüren. Für viele in der Bevölkerung sind die
Parteien weitgehend zu Machterhaltungskartellen geworden, deren Intri-
gen man öffentlich verfolgt, deren politische Ziele aber nicht weiter inte-
ressieren.
12
Angesichts dieser dargestellten Probleme der politischen Organisationen
13
stellt sich die Frage, wie die Parteien mit Angeboten auf diese neuen
Handlungsbedingungen und Nachfragen der individualisierten und plurali-
sierten Gesellschaft reagieren können. Auch in Deutschland verspüren wir
11
Vgl. Kornelius, Bernhard, Roth Dieter, Politische Partizipation in Deutschland ­
Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, Gütersloh, 2004, S. 114 ff
12
Zum Thema politische Führung Vgl. berlinpolis, Politik für Morgen, Zumuten oder
zutrauen ­ Zur Verantwortung politischer Führung in Deutschland, Dokumentation
des Workshops vom 29. Oktober 2005 in Berlin
13
Vgl. hierzu Chrapa, Michael, Parteireform als Aufbruch, Utopie kreativ, H. 153/154
Juli/August 2003), S. 603 ff

SPD als lernende Organisation
6
bedingt durch die Medien eine Personalisierung der Politik. Der Funktio-
närskörper der Partei ist ein wesentliches Element einer effizienten Orga-
nisationsstruktur. Aus der Parteienforschung ist bekannt, dass gerade die
unteren und mittleren Parteieliten deutlich ,,linker" als die Führung sind.
Dieser Umstand bildet eine permanente Quelle innerparteilicher Konflikte
und vermindert die Schlagkraft der Organisation erheblich; zumal diese
mittleren Parteieliten ehrenamtlich tätig sind und so nur schwer zentralen
Anordnungen und Regieanweisungen zu unterwerfen sind. Hieran lässt
sich wenig rütteln, da dieses Phänomen zu den konstitutiven Merkmalen
einer politischen Großorganisation gehört.
Häufig ist der Übergang zwischen freiwilliger und hauptamtlicher Parteiar-
beit fließend und insbesondere in der SPD
14
kommt es häufiger vor, dass
derjenige den Job bekommt, der gerade berücksichtigt werden muss. Die
richtige ideologische Einstellung als Bewerbungskriterium wird häufig noch
höher bewertet als die Befähigung für das jeweilige Amt. Solche Perso-
nalentscheidungen verlaufen nicht selten nach den Mustern von politi-
schen Grabenkämpfen. Gerade bei der SPD besteht die große Gefahr der
Entwicklung eines politisierten Dilettantismus, während die CDU von den
Medien als professioneller eingeschätzt wird. Eine gute Basis für eine
rationale Personalentwicklung und Karriereplanung gibt das Innenleben
der Parteien daher meist nicht ab.
Nichts desto trotz sieht sich die SPD seit einigen Jahren als Lernende
Organisation innerhalb derer Personal- und Organisationsentwicklung
sowohl im hauptamtlichen als auch im ehrenamtlichen Bereich betrieben
wird. Die vorliegende Arbeit möchte angesichts der dargestellten Proble-
me kritisch untersuchen, ob die durchgeführten Maßnahmen dazu dienen
14
Zum Thema Nachwuchsförderung in der Partei die Bündnis 90/Die Grünen vgl.
Rudel, Dr. Gerd, Kontinuität sicherstellen und Kompetenzen weitergeben, Wenn
Vorstände wechseln und Stadträte ausscheiden, Vortrag bei einem Seminar der Pet-
ra-Kelly-Stiftung am 11. Februar 2006 in Nürnberg sowie Vortrag von Gack, Peter,
Aktive pflegen, motivieren und qualifizieren- Eckpunkte kontinuierlicher politischer
Personalentwicklung auf demselben Seminar

SPD als lernende Organisation
7
können, den Modernisierungsprozess innerhalb der SPD voran zu treiben.
Neben der Auswertung der vorhandenen Literatur und von Dokumenten
werden die Erfahrungen des Autors als teilnehmender Beobachter in die
Bewertung der Maßnahmen mit einfließen.

SPD als lernende Organisation
2.
Lernende Organisation
2.1 Definition ,,Lernende Organisation"
Zu Anfang sollen die Entwicklung des Konzeptes der Lernenden Organi-
sation in Unternehmen betrachtet werden und daraus Folgerungen für die
Umsetzung dieser Konzeption im Bereich der Non ­ Profit - Organisatio-
nen
15
gewonnen werden.
,,Die lernende Organisation ist ein Unternehmen, das sich permanent an
relevante Umweltveränderungen anpasst und durch die konsequente
Entwicklung von unternehmensindividuellen Kernkompetenzen die Basis
für dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit schafft"
16
.
Unternehmen, aber auch Verbände und Parteien sind Organisationen.
Organisationen sind zum einem ein Zusammenschluss von Menschen zur
Durchsetzung bestimmter Ziele, ,,aber auch eine zielgerichtete Ordnung
von Aufgaben und Tätigkeiten in sozialen Systemen in der Weise, dass
alle Elemente der Organisation (Aufgaben, Tätigkeiten) und alle daraus
gebildeten Organisationseinheiten (Stellen, Abteilungen, Prozesse) in das
Gefüge des Sozialgebildes eingegliedert sind."
17
Darüber hinaus ist die ,,Lernende Organisation" ein Führungsmodell, das
die dauerhafte Teilnahme der Beschäftigten am Machtgeschehen in der
Organisation im turbulenten Umfeld sichern soll. Reformen fangen in den
Köpfen an. Wer die Menschen nicht erreicht, droht an deren Ängsten und
Widerständen zu scheitern. Wichtig ist das Zusammenwirken von Strate-
gien, Instrumenten und mentalen Konzepten.
18
15
Vgl. Projektgruppe ,,Lernende Organisation Kirche", Lernende Organisation Kirche ­
Erkundungen zu Kirchenkreis-Reformen, Leipzig, 2006, S.86 ff
16
Geissler, Harald, Grundlagen des organisationalen Lernens, Studienbrief zum Fern-
studium Personalentwicklung, Kaiserslautern, 2005, Glossar S. V
17
Geissler, Harald, ebenda, Glossar S. VII
18
Vgl. Senge, Peter M., Die fünfte Disziplin, Stuttgart, 2003, S. 213 ff

SPD als lernende Organisation
10
Die ,,Lernende Organisation" beinhaltet folgende Grundsätze:
·
Durch Lernen und Entlernen (bewusstes Vergessen) werden
Verhaltensweisen entwickelt, die Grundlage von Offenheit sind.
·
Lernende Organisation soll an die Stelle mechanistischer Ursachen
und Wirkungsprinzipien treten und die Organisation ganzheitlich se-
hen.
·
Weiche Faktoren wie Kommunikation, Intuition, Emotionalität werden
als ebenso wichtig betrachtet wie harte Faktoren.
·
Ständige Veränderungen und Anpassungen sind selbstverständlich.
Sie werden nicht als Bedrohung erlebt, sondern als Herausforderung.
·
Die Organisation nutzt Ressourcen und Potenziale auf allen Hiera-
chie-Ebenen. Zurückhalten von Herrschaftswissen wird zunehmend
zum Tabu. Das Weitergeben wird belohnt.
·
Alle Menschen sind entwicklungsfähig. Die Entwicklung gehört zu der
im Leitbild verankerten Organisationskultur.
·
Lernende Organisation sichert individuelles und kollektives Lernen in
der jeweils adäquaten Form.
·
Lernende Organisation verändert das Führungsverhalten und trägt
zur Selbstorganisation bei.
·
Lernende Organisation setzt die Kommunikation als wichtigstes
Handwerkszeug ein, dabei verbinden sich Organisationsentwicklung
und Personalentwicklung.
·
Durch die inhaltliche Offenheit kann die Lernende Organisation sich
bewähren und neue Konzepte integrieren.
·
Lernende Organisation stellt neue Anforderungen an die Einstellun-
gen der Mitarbeiter, Selbstreflexion, Kommunikationsfähigkeit, Ko-
operationsbereitschaft und Flexibilität sind die wesentlichen Kompe-
tenzen.

SPD als lernende Organisation
11
·
Lernende Organisation bedeutet Kulturveränderung mit den dabei zu
beachtenden Chancen und Begrenzungen.
19
,,Mit dem Begriff der lernenden Organisation wird bewusst ein Gegenpol
zur einseitigen Ausrichtung auf Individuen als Lernsubjekte gesetzt. Im
allgemeinen werden zumindest vier Ebenen des Lernens unterschieden:
·
Lernen von Individuen
·
Lernen von Gruppen
·
Lernen im Sinne von geteiltem Wissen in der gesamten Organisation
·
Schaffung und Weiterentwicklung einer Lernkultur der Organisation
(Lernen lernen)"
20
Geissler definiert Organisationslernen als Tatsache, dass nicht nur einzel-
ne Individuen, sondern ganze Organisationen lernen, d.h. Wissen aneig-
nen, erinnern und anwenden können. Organisationslernen setzt die ler-
nende Organisation voraus, das bedeutet eine Organisation, deren Struk-
tur so flexibel ist, dass Auseinandersetzungen, Wandel und Veränderun-
gen i.S. von Lernen möglich sind.
21
Senge führt aus, dass Organisationen nur lernen, wenn einzelne Men-
schen etwas lernen. Dabei sei das individuelle Lernen keine Garantie
dafür, dass die Organisation etwas lernt, aber ohne individuelles Lernen
gibt es keine lernende Organisation.
22
Damit dieses in der Organisation
umgesetzt wird, hat Senge fünf Kerndisziplinen entwickelt:
19
Vgl. hierzu Andersen, Anders, Gleerup, Janne, Rahmenbedingungen für die Entwick-
lung der Weiterbildung in dänischen Unternehmen, Roskilde Universitetcenter, 2001
20
Zink, Prof. Dr. Klaus J., Steinmetz. Dr. Walter, Studienbrief ,,Neuere Management-
konzepte", Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, 2002, S.98/99
21
Vgl. Geissler, Harald, Studienbrief ,,Grundlagen des organisationalen Lernens",
Kaiserslautern, 2005, Glossar S.VII
22
Vgl. Senge, Peter M., Die fünfte Disziplin, Stuttgart, 2003, S. 171

SPD als lernende Organisation
12
·
Systemisches Denken
·
Personal Mastery
·
Mentale Modelle
·
Gemeinsame Vision
·
Team Lernen
,,Die Disziplin des Systemdenkens zielt darauf, dass man Ganzheit er-
kennt. Diese Disziplin schafft die Voraussetzungen, damit wir Wechselbe-
ziehungen statt unbeweglicher Dinge wahrnehmen und Veränderungs-
muster statt statischer Schnappschüsse."
23
Nach Senge ist das System-
denken eine Sammlung allgemeiner Prinzipien sowohl auf den Gebieten
der Natur- und Sozialwissenschaften als auch aus dem Bereich der Inge-
nieurwissenschaften und der Managementtheorien.
Unter Personal Mastery versteht Senge eine Disziplin der Selbstführung
und Persönlichkeitsentwicklung. Bei dieser Disziplin streben solche Mitar-
beiter kontinuierlich nach Selbstschulung und Selbstführung.
24
Beim Per-
sonal Mastery entwickelt der Mitarbeiter eine persönliche Vision. Diese
Vision muss intrinsisch sein, da sich der Mitarbeiter bzw. Mitglied einer
Organisation sich nur an eine Vision hält, wenn sie die inneren Werte
dieses Mitgliedes widerspiegeln. Das Prinzip der kreativen Spannung ist
das zentrale Prinzip des Personal Mastery. Die kreative Spannung ist die
Kraft, die in dem Moment ins Spiel kommt, wenn wir erkennen, dass Visi-
on und Realität auseinanderklaffen.
25
In einer Lernenden Organisation,
muss die Umwelt geschaffen werden, indem sie die Persönliche Vision
und das Engagement für die Wahrheit kontinuierlich gefördert und die
kreative Spannung angeregt wird.
23
Ebenda, S. 88
24
Vgl. Senge, Peter M. ebenda, S. 173 ff
25
Vgl. Senge, Peter M., ebenda, S. 180 ff

SPD als lernende Organisation
13
Ein entscheidender Schritt zur ,,Lernenden Organisation" sind die Menta-
len Modelle. Mentale Modelle sind tief verwurzelte innere Vorstellungen
vom Wesen der Dinge, Vorstellungen, die an vertraute Denk- und Hand-
lungsweisen binden. In einer lernenden Organisation müssen die Organi-
sationsmitglieder lernen, ihre inneren Bilder vom Wesen der Dinge an die
Oberfläche zu holen, zu überprüfen und zu verbessern.
26
Ohne die Bereit-
schaft, die mentalen Modelle der Organisationsmitglieder zu überprüfen,
kann kein Organisationslernen stattfinden.
Eine weitere Disziplin der lernenden Organisation ist die ,,Gemeinsame
Vision". "Eine gemeinsame Vision ist eine Vision, der sich viele Menschen
wahrhaft verschrieben haben, weil sie ihre eigene persönliche Vision wi-
derspiegelt."
27
Die letzte Disziplin der lernenden Organisation ist das Team-Lernen. Unter
dem Team-Lernen versteht Senge den Prozess, durch den ein Team
seine Fähigkeit, das angestrebte Ziel zu erreichen, kontinuierlich ausrich-
tet und erweitert.
Im Rahmen dieser Lernenden Organisation verändert sich die Rolle der
Personalentwicklung.
2.2. Personal- und Organisationsentwicklung in Lernenden
Organisationen
Personal- und Organisationsentwicklung in der Lernenden Organisation
weicht vom traditionellen Verständnis dieser Instrumente erheblich ab.
,,Als Personalentwicklung bezeichnet man das Insgesamt der Strategien,
Konzepte und Modelle, die darauf bezogen sind, die Kompetenzen der
26
Vgl. Senge, Peter M., ebenda, S. 213 ff
27
Senge, Peter M., ebenda S. 252

SPD als lernende Organisation
14
Mitarbeiterschaft eines Unternehmens kontinuierlich zu verbessern, an
Wandlungen anzupassen bzw. Wandlungen qualifikatorisch zu antizipie-
ren. Insofern das auf der Basis und im Kontext von Unternehmenszielen
geschieht, spricht man von strategischer Personalentwicklung."
28
,,Die Gesellschaft für Organisationsentwicklung definiert Organisations-
entwicklung als einen längerfristig angelegten, organisationsumfassenden
Entwicklungs- und Veränderungsprozess von Organisationen und der in
ihr tätigen Menschen. Organisationsentwicklung zielt auf eine planmäßige
mittel- bis langfristig wirksame Veränderung der Verhaltensmuster,
Einstellungen und Fähigkeiten von Organisationsmitgliedern, Organisati-
ons- und Kommunikationsstrukturen sowie der strukturellen Regelungen
im weitesten Sinne ab."
29
Die Rolle und die Aufgaben der Personalentwicklung haben sich in den
letzten Jahren zunehmend verändert und sind zu einem Element moder-
ner Unternehmensführung geworden. Innerhalb dieser modernen Konzep-
te hat sich die Integration von Personal- und Organisationsentwicklung
heraus kristallisiert.
Bei der Personal- und Organisationsentwicklung in der Lernenden Orga-
nisation geht es vor allen Dingen um die Gestaltung von Lernprozessen
und die Kompetenzentwicklung der Organisationsmitglieder. Die Verände-
rung von Organisationen wird als Lernprozess verstanden. Diese Verän-
derungen in der Ausrichtung der Personalentwicklung sind durch drei
Perspektiven gekennzeichnet:
·
Bedeutungszunahme der Sozialkompetenzen und Schlüsselqualifika-
tionen
28
Arnold, Rolf, Studienbrief Personalentwicklung ­ Grundlagen und Einführung, Tech-
nische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, 2003, S.IV
29
Krämer-Stürzl, Dr. Antje, Studienbrief Organisationsberatung ­ Modelle, Methoden,
Instrumente, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, 2003, S. 13

SPD als lernende Organisation
15
·
Förderung der Kompetenzerfassung, hierbei steht die Individualisie-
rung des Lernens, eine starke Verknüpfung von Lern- und Arbeits-
prozessen sowie eine stärkere Subjektorientierung im Mittelpunkt der
Personalentwicklung
·
Neugestaltung der betrieblichen Lehr-Lernprozesse im Sinne des
Lernen am Arbeitsplatz und Lernen in Netzwerken
30
Insbesondere der Begriff der Kompetenzen ist eine Erweiterung des bis-
herigen Begriffs der Qualifikation, denn der Begriff der Kompetenz bezieht
sich auf die gesamte Person und nicht nur auf die tätigkeitsbezogenen
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten.
31
Darüber hinaus verweist der
Begriff der Kompetenz auf die notwendige Selbstorganisationsfähigkeit
der Lernenden in Projekten, Gruppen und Gemeinschaften. Bei der Kom-
petenzentwicklung geht es um die ,,Befähigung und die Motivation zum Er-
werb von Wissen und Prozeduren zur Entwicklung situationsangepasster
neuer Handlungsprogramme auf der Basis genereller Strategien ­ kurz
um eine umfassende Selbstorganisationsfähigkeit."
32
In der Lernenden Organisation wird Personalentwicklung zum Organisati-
onslernen
33
. ,,Organisationales Lernen ist darum bemüht, ihre Deutungen
und Visionen über die Routinen und Strategien im betrieblichen Alltag ins
Bewusstsein zu heben, zu reflektieren und durch die Initiierung geeigneter
Lernprozesse zu transformieren."
34
Senge beschreibt dieses Umdenken in der Personalentwicklung wie folgt:
30
Vgl. Arnold, Prof. Dr. Rolf, Studienbrief Personalentwicklung ­ Grundlagen und
Einführung, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, 2003, S.42
31
Arnold, Rolf, Bloh, Egon (Hrsg.), Personalentwicklung im lernenden Unternehmen,
Baltmannsweiler, 2003, S. 15 ff
32
Arnold, Prof. Dr. Rolf, ebenda, S.47
33
Vgl. hierzu Arnold, Prof. Dr. Rolf, Das Santiago Prinzip ­ Führung und Personalent-
wicklung im lernenden Unternehmen, Köln, 2000
34
Arnold, Prof. Dr. Rolf, ebenda, S. 48

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836602167
DOI
10.3239/9783836602167
Dateigröße
759 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau – Zentrum für Fernstudien, Studiengang Personalentwicklung
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
1,3
Schlagworte
sozialdemokratische partei deutschlands organisationsentwicklung personalentwicklung politik politische organisation
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Titel: SPD als lernende Organisation
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