Die Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Kommission
Implikationen für medizinische Dienstleistungen
©2005
Diplomarbeit
100 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Das dieser Arbeit zugrunde liegende Fundament ist der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Europäische Kommission 2004 a). Erklärtes Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, die Freiheiten für Dienstleistungserbringer wie auch für Dienstleistungsempfänger zu stärken und zu verbessern, um so eine gesamteuropäisch vorteilhaftere Ausnutzung des Sektorpotentials zu erreichen. Das breite Anwendungsspektrum des Entwurfes beinhaltet neben zahlreichen Dienstleistungen des täglichen Lebens auch den medizinischen Dienstleistungsbereich.
Um die möglichen Implikationen der Richtlinie für den Dienstleistungssektor greifbar zu machen, soll ein eingrenzender Branchenfokus gewählt werden. Als Branchenfokus wird hier der Bereich der medizinischen Dienstleistungen gewählt. Gesundheitsorientierte und medizinische Dienstleistungen machen einen Großteil des Bruttoinlandsprodukts der europäischen Mitgliedstaaten aus. In den EU-15-Ländern beträgt der Anteil medizinischer Dienstleistungen 7 % und steht damit noch vor dem Finanzdienstleistungssektor, der knapp 5 % des BIP der EU-15-Länder ausmacht (Europäische Kommission 2003 a, CD-Rom Datensatz). Zudem ist der medizinische Dienstleistungssektor der beschäftigungsintensivste Dienstleistungssektor in Europa und trägt mit seinen Leistungen maßgeblich zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der EU bei.
Während sich die klassischen Anbieter medizinischer Dienstleistungen in den einzelnen EU-Ländern zu leistungsfähigen und modernen Dienstleistungsanbietern entwickeln, wird das länderübergreifende Marktpotential medizinischer Dienstleistungen in der EU bei weitem nicht ausgeschöpft. Das Spannungsfeld zwischen behinderungs- und friktionsfreiem Binnenmarkt für Güter und Dienstleistungen und der nationalstaatlichen Verantwortung für Sozial- und Gesundheitspolitik bzw. die allgemeine Herausforderung aller gemeinschaftsrelevanten Aktionen in der EU die konfligierenden Sichtweisen in Bezug auf Umwelt- und Verbraucherschutz auf der einen Seite und der Berücksichtigung industrieller Interessen auf der anderen Seite zu verarbeiten haben eine weitreichende Liberalisierung des Marktes für Dienstleistungen, insbesondere des medizinischen Dienstleistungssektors, bisher in vielen Bereichen verhindert.
Waren Regulierungsansätze im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen Jahrzehnten lediglich als funktionale […]
Das dieser Arbeit zugrunde liegende Fundament ist der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Europäische Kommission 2004 a). Erklärtes Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, die Freiheiten für Dienstleistungserbringer wie auch für Dienstleistungsempfänger zu stärken und zu verbessern, um so eine gesamteuropäisch vorteilhaftere Ausnutzung des Sektorpotentials zu erreichen. Das breite Anwendungsspektrum des Entwurfes beinhaltet neben zahlreichen Dienstleistungen des täglichen Lebens auch den medizinischen Dienstleistungsbereich.
Um die möglichen Implikationen der Richtlinie für den Dienstleistungssektor greifbar zu machen, soll ein eingrenzender Branchenfokus gewählt werden. Als Branchenfokus wird hier der Bereich der medizinischen Dienstleistungen gewählt. Gesundheitsorientierte und medizinische Dienstleistungen machen einen Großteil des Bruttoinlandsprodukts der europäischen Mitgliedstaaten aus. In den EU-15-Ländern beträgt der Anteil medizinischer Dienstleistungen 7 % und steht damit noch vor dem Finanzdienstleistungssektor, der knapp 5 % des BIP der EU-15-Länder ausmacht (Europäische Kommission 2003 a, CD-Rom Datensatz). Zudem ist der medizinische Dienstleistungssektor der beschäftigungsintensivste Dienstleistungssektor in Europa und trägt mit seinen Leistungen maßgeblich zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der EU bei.
Während sich die klassischen Anbieter medizinischer Dienstleistungen in den einzelnen EU-Ländern zu leistungsfähigen und modernen Dienstleistungsanbietern entwickeln, wird das länderübergreifende Marktpotential medizinischer Dienstleistungen in der EU bei weitem nicht ausgeschöpft. Das Spannungsfeld zwischen behinderungs- und friktionsfreiem Binnenmarkt für Güter und Dienstleistungen und der nationalstaatlichen Verantwortung für Sozial- und Gesundheitspolitik bzw. die allgemeine Herausforderung aller gemeinschaftsrelevanten Aktionen in der EU die konfligierenden Sichtweisen in Bezug auf Umwelt- und Verbraucherschutz auf der einen Seite und der Berücksichtigung industrieller Interessen auf der anderen Seite zu verarbeiten haben eine weitreichende Liberalisierung des Marktes für Dienstleistungen, insbesondere des medizinischen Dienstleistungssektors, bisher in vielen Bereichen verhindert.
Waren Regulierungsansätze im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen Jahrzehnten lediglich als funktionale […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Nils Löber
Die Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Kommission
Implikationen für medizinische Dienstleistungen
ISBN: 978-3-8366-0208-2
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Ingolstadt, Deutschland, Diplomarbeit,
2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abbildungsverzeichnis ...IV
Abkürzungsverzeichnis ... V
1. Einführung ...1
1.1. Einbettung der Thematik in den politischen und wirtschaftlichen Kontext ...1
1.2. Problemstellung und Gang der Untersuchung...2
2. Der Richtlinienvorschlag im Kontext des europäischen Binnenmarktes und des
Lissabonner Reformprozesses ...5
2.1. Die Binnenmarktstrategie als Eckpfeiler der europäischen Integration ...5
2.2. Bisheriger Stand des Reformprozesses...6
2.3. Die Dienstleistungsrichtlinie als Baustein des Lissabonner Reformprozesses...7
3. Der Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlamentes und des Rates über
Dienstleistungen im Binnenmarkt ...9
3.1. Chronologische Entwicklung und Einbettung des Richtlinienvorschlags in die
aktuellen Reformprozesse...9
3.2. Grundlagen politischer und juristischer Entscheidungsprozesse in der EU ...10
3.2.1. Politische Entscheidungsorgane der EU...10
3.2.2. Juristische Entscheidungsmöglichkeiten in der EU die formale Konzeption
und Wirkungsweise von Richtlinien ...12
3.3. Rechtsgrundlage und Wahl des Rechtsaktes für den Richtlinienvorschlag...14
3.4. Inhalte und Zielsetzungen des Richtlinienvorschlags...14
3.4.1. Anwendungsbereich und Hauptmerkmale des Richtlinienvorschlags ...15
3.4.2. Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer und freier
Dienstleistungsverkehr ...16
3.4.3. Verwaltungsvereinfachungen und einheitliche Ansprechpartner...16
3.4.4. Die Bedeutung des Herkunftslandprinzips ...17
3.4.5. Qualität der Dienstleistungen ...18
3.4.6. Erstattung von Behandlungskosten ...19
3.4.7. Kontrollmechanismen...19
II
3.5. Die ,,dynamische" Umsetzung der Richtlinie und der Entwicklungspfad der
geplanten Richtlinienmaßnahmen... 19
4. Definitionsabgrenzungen und Bedeutung medizinischer Dienstleistungen in der EU ... 21
4.1. Allgemeine Definitionen von Dienstleistungen ... 21
4.2. Definitorische Eingrenzung von medizinischen Dienstleistungen ... 22
4.3. Volkswirtschaftliche und gesundheitsökonomische Besonderheiten von
medizinischen Dienstleistungen... 24
4.4. Umfang und Bedeutung medizinischer Dienstleistungen in der EU... 27
5. Implikationen der Richtlinienkonzeption für Anbieter medizinischer Dienstleistungen... 31
5.1. Veränderung der Rahmenbedingungen... 31
5.1.1. Steigende Mitbewerberzahl und Konkurrenzdruck ... 31
5.1.2. Erhöhtes Nachfragepotential von Patienten anderer EU-Länder... 33
5.2. Chancen und neue Möglichkeiten... 35
5.2.1. Positionierung und Marktorientierung als grundlegender Erfolgsfaktor ... 36
5.2.2. Internationalisierbarkeit medizinischer Dienstleistungen... 37
5.2.2.1.
Voraussetzungen für die Internationalisierbarkeit von
medizinischen Leistungen ... 38
5.2.2.2. Spezielle
Internationalisierungsformen für medizinische
Dienstleistungen ... 40
5.2.3. Handlungsoptionen für Anbieter im Inland ... 42
5.2.3.1. Innovationen
im
medizinischen Dienstleistungssektor ... 43
5.2.3.2.
Entwicklung neuer Qualitätsstrukturen und -merkmale... 44
5.2.3.3. Intensivierung
nationaler und regionaler Leistungsverbände... 45
5.2.3.4.
Leistungsdifferenzierung und value-adding ... 48
5.3. Risiken und Problembereiche ... 50
5.3.1. Einschränkungen der Internationalisierbarkeit medizinischer
Dienstleistungen... 50
5.3.1.1.
Anbieterinterne und persönlichkeitsbezogene Einflussfaktoren ... 51
5.3.1.2. Interkulturelle
Transaktionsprobleme ... 53
5.3.2. Arbeitsmarkttechnische Auswirkungen ... 55
5.3.3. Gesundheitspolitische Auswirkungen... 58
III
6. Implikationen der Richtlinienkonzeption für Konsumenten medizinischer
Dienstleistungen...61
6.1. Veränderung der Rahmenbedingungen ...61
6.1.1. Erweiterung der Konsummöglichkeiten...61
6.1.2. Determinanten und Veränderungen im Konsumentscheidungsprozess ...62
6.2. Chancen und neue Möglichkeiten ...65
6.2.1. Convenience- Zugewinne ...65
6.2.2. Preisgünstigerer Zugang zu Leistungen ...66
6.2.3. Zugang zu neuen Behandlungsmethoden und -technologien...66
6.3. Risiken und Problembereiche ...67
6.3.1. Sprachbarrieren...67
6.3.2. Informationsdefizite und Informationsasymmetrien ...68
6.3.3. Leistungsdefizite und Gefahrenpotential...68
6.3.4. Folgebehandlungskosten ...69
7. Kritische Würdigung des Richtlinienvorschlags ...71
7.1. Problembereiche des Richtlinienvorschlags ...71
7.2. Alternative Regelungsansätze...73
7.3. Ausblick in die Zukunft ...73
8. Zusammenfassung der Ergebnisse...75
Anhang ... VII
Literaturverzeichnis... X
Verzeichnis der Expertengespräche...XIX
IV
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Kausalzusammenhang zwischen Gesundheit und Wirtschaftswachstum
29
Abbildung 2: Beziehung zwischen Breite des Leistungsangebotes und Erfolg
48
Abbildung 3: Konfiguration von Gesundheitssystemen
59
V
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AOK
Allgemeine
Ortskrankenkasse
Art.
Artikel
bzw.
beziehungsweise
BIP
Bruttoinlandsprodukt
CPME
Comité permanent des médecins européens/ Standing Committee of
European Doctors
d.h.
das
heißt
EAGV
Vertrag
zur
Gründung
der
Europäischen Atomgemeinschaft
EFQM
European Foundation for Quality Management
EGKSV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und
Stahl
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EHMA
European
Health
Management
Association
et
al.
und
andere
etc.
et
cetera
EU
Europäische
Union
EuGH
Gerichtshof
der
Europäischen
Gemeinschaften
EWG
Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
f.
folgende
Seite
ff.
folgende
Seiten
gem.
gemäß
GKV
Gesetzliche
Krankenversicherung
Hrsg.
Herausgeber
Herv.
Hervorhebung
i.d.R.
in
der
Regel
IGeL
Individuelle Gesundheits-Leistungen
Jg.
Jahrgang
KTQ
Kooperation
für
Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen
Nr.
Nummer
o.ä.
oder
ähnliches
o.J.
ohne
Jahresangabe
o.V.
ohne
Verfasserangabe
S.
Seite
SWOT
Strengths,
Weaknesses,
Opportunities,
Threats
u.a.
unter
anderem
u.U.
unter
Umständen
Verf.
Verfasser
vgl.
vergleiche
z.B.
zum
Beispiel
zit.
zitiert
1
1.
Einführung
1.1.
Einbettung der Thematik in den politischen und wirtschaftlichen Kontext
Dienstleistungen haben im 20. Jahrhundert kontinuierlich an Bedeutung für Wertschöpfungs-
produktivität und Beschäftigungswachstum gewonnen. Der Übergang von der Produktions-
zur Dienstleistungsgesellschaft wird das Bild von Arbeit und Gesellschaft entscheidend wan-
deln und prägen. Jeske erkennt in der heutigen Zeit drei große Entwicklungsstränge, die sich
gegenseitig bedingen und verstärken: der Trend zur Globalisierung, die Ausbreitung von
Dienstleistungen und die zunehmende Bedeutung von Wissen und Informationen für die
Unternehmensleistung (Jeske zit. in Mangold 2000, S. 11).
Die EU als integrierter Wirtschafts- und Sozialraum stellt sich genau diesen neuen Herausfor-
derungen und Trends in zahlreichen Reformprogrammen, Initiativen und Strategien und
begleitet sie aktiv. Die Binnenmarktphilosophie, die wissensbasierte Lissabon-Strategie aus
dem Jahre 2000 und die Bemühungen der EU, den europäischen Wirtschaftsraum leistungsfä-
higer und grenzübergreifend zu gestalten, stellen pragmatische Antworten auf die Herausfor-
derungen des 21. Jahrhunderts dar. Den Dienstleistungsmärkten kommt dabei auch innerhalb
europäischer Regelungspolitik und Wirtschaftsentwicklung eine besondere Rolle zu. Sie
signalisieren die europäische Wissensorientierung und zeigen das Entwicklungspotential der
EU. So zeichnen in den Mitgliedstaaten Dienstleistungen für einen Großteil der Wertschöp-
fung verantwortlich, sie sind fester Garant für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Treiber
für die innereuropäische Wirtschaftsentwicklung.
Trotz der bereits erfolgten Bemühungen um die Vereinfachung des grenzüberschreitenden
Dienstleistungsverkehrs in der EU wird das Ausschöpfen dieses Sektors weiterhin noch stark
durch einzelstaatliche Hemmnisse erschwert. Während einzelne Dienstleistungsbereiche wie
beispielsweise der Finanzdienstleistungssektor bereits durch Richtlinien und Verordnungen
harmonisiert wurden, besteht gerade für die wertschöpfungsreichsten Dienstleistungsbereiche
großer Handlungsbedarf. Die Entscheidungsorgane der EU haben daher im Rahmen der Lis-
sabon-Strategie und der neuen Zielsetzungen für den Binnenmarkt einen Richtlinienvorschlag
vorgelegt, der die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung und den grenzüberschrei-
tenden Konsum von Leistungen in allen Mitgliedstaaten signifikant vereinfachen und verbes-
sern soll.
2
1.2.
Problemstellung und Gang der Untersuchung
Das dieser Arbeit zugrunde liegende Fundament ist der Vorschlag für eine Richtlinie des
Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Europäische
Kommission 2004 a). Erklärtes Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, die Freiheiten für
Dienstleistungserbringer wie auch für Dienstleistungsempfänger zu stärken und zu verbes-
sern, um so eine gesamteuropäisch vorteilhaftere Ausnutzung des Sektorpotentials zu errei-
chen. Das breite Anwendungsspektrum des Entwurfes beinhaltet neben zahlreichen Dienst-
leistungen des täglichen Lebens auch den medizinischen Dienstleistungsbereich.
Um die möglichen Implikationen der Richtlinie für den Dienstleistungssektor greifbar zu
machen, soll ein eingrenzender Branchenfokus gewählt werden. Als Branchenfokus wird hier
der Bereich der medizinischen Dienstleistungen gewählt. Gesundheitsorientierte und medizi-
nische Dienstleistungen machen einen Großteil des Bruttoinlandsprodukts der europäischen
Mitgliedstaaten aus. In den EU-15-Ländern beträgt der Anteil medizinischer Dienstleistungen
7 % und steht damit noch vor dem Finanzdienstleistungssektor, der knapp 5 % des BIP der
EU-15-Länder ausmacht (Europäische Kommission 2003 a, CD-Rom Datensatz). Zudem ist
der medizinische Dienstleistungssektor der beschäftigungsintensivste Dienstleistungssektor in
Europa und trägt mit seinen Leistungen maßgeblich zur wirtschaftlichen und sozialen Ent-
wicklung der EU bei.
Während sich die klassischen Anbieter medizinischer Dienstleistungen in den einzelnen EU-
Ländern zu leistungsfähigen und modernen Dienstleistungsanbietern entwickeln, wird das
länderübergreifende Marktpotential medizinischer Dienstleistungen in der EU bei weitem
nicht ausgeschöpft. Das Spannungsfeld zwischen behinderungs- und friktionsfreiem Binnen-
markt für Güter und Dienstleistungen und der nationalstaatlichen Verantwortung für Sozial-
und Gesundheitspolitik bzw. die allgemeine Herausforderung aller gemeinschaftsrelevanten
Aktionen in der EU die konfligierenden Sichtweisen in Bezug auf Umwelt- und Verbraucher-
schutz auf der einen Seite und der Berücksichtigung industrieller Interessen auf der anderen
Seite zu verarbeiten (Theofilatou/Maarse 1998, S. 34) haben eine weitreichende Liberalisie-
rung des Marktes für Dienstleistungen, insbesondere des medizinischen Dienstleistungssek-
tors, bisher in vielen Bereichen verhindert.
Waren Regulierungsansätze im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen Jahrzehn-
ten lediglich als funktionale Spillover-Effekte der forcierten allgemeinen Binnenmarktent-
wicklung in der EU zu sehen (Theofilatou/Maarse 1998, S. 20 f.), zeigt der Richtlinienvor-
3
schlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt erste handfeste Ansätze, um das Feld der (me-
dizinischen) Dienstleistungen in der EU ernsthaft und vollwertig in das Harmonisierungsge-
füge des freien Marktes zu integrieren.
Zu Beginn der Arbeit wird zunächst der Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Bin-
nenmarkt thematisch und inhaltlich in die übergeordneten europäischen Strategien des Bin-
nenmarktes und des Lissabonner Wirtschaftsreformprozesses eingebunden, um seine wichtige
Stellung im Gesamtregelungswerk der EU zu belegen. Anschließend wird der Richtlinienvor-
schlag detailliert analysiert, wobei der Fokus insbesondere auf der inhaltlichen Auseinander-
setzung mit den zentralen Bereichen des Entwurfes und einer allgemeinen Darstellung politi-
scher und juristischer Entscheidungsgrundlagen in der EU liegt. Nachdem die grundlegenden
Aspekte der europäischen Wirtschaftspolitik in Bezug auf Dienstleistungen erläutert sind,
wird über eine allgemeine definitorische Abgrenzung von Dienstleistungen die Brücke zum
medizinischen Dienstleistungsbereich geschlagen. Ausführungen zu Besonderheiten medizi-
nischer Dienstleistungen im betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Betrachtungs-
feld und eine kurze quantitative Darstellung der Sektorgröße unterstreichen hier nochmals die
Bedeutung medizinischer Dienstleistungen für die EU.
Im Hauptteil der Arbeit folgt der konkrete Bezug zwischen den inhaltlichen Zielen des Richt-
linienvorschlags und deren Implikationen für medizinische Dienstleistungen. Dabei werden
auf der einen Seite anbieterrelevante Implikationen und auf der anderen Seite Implikationen
für Konsumenten medizinischer Dienstleistungen herausgearbeitet, um darzustellen und
abzuschätzen, in welchem Maße eine mögliche Dienstleistungsrichtlinie direkte Auswirkun-
gen, Konsequenzen, aber auch neue Möglichkeiten für Anbieter und Konsumenten medizini-
scher Dienstleistungen bieten könnte. Abschließend folgen eine kritische, zukunftsorientierte
Würdigung des Richtlinienvorschlags und eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
5
2.
Der Richtlinienvorschlag im Kontext des europäischen Binnenmark-
tes und des Lissabonner Reformprozesses
2.1.
Die Binnenmarktstrategie als Eckpfeiler der europäischen Integration
Neben den Zielen der politischen und sozialen Integration Europas steht vor allem die Idee
und Philosophie des Binnenmarktes bzw. des Gemeinsamen Marktes als Basis wirtschaftspo-
litischer Koordinierung im Fokus des europäischen Interesses. Ziel des Binnenmarktes ist es,
über die Förderung des freien Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr substan-
tielles Wirtschaftswachstum in den EU-Mitgliedstaaten zu generieren und nachhaltig Beschäf-
tigungswachstum zu erreichen (Europäische Kommission 2004 b, S. 27). Einhergehend mit
diesen Prämissen ist die Beseitigung bestehender steuerlicher Schranken und Zölle sowie
nicht-tarifärer Handelshemmnisse zwischen den Mitgliedstaaten als Kern der wirtschaftlichen
Integration der EU zu sehen (u. a. Herdegen 2002, S. 221; Hobe 2002 S. 123). Mit der Ein-
führung einer gemeinsamen Währung bzw. den Errungenschaften der europäischen Wirt-
schafts- und Währungsunion ist über wirtschaftliche Zielsetzungen des Binnenmarktes hinaus
ein Integrationsgrad in Europa erreicht worden, der weltweit einzigartig ist. Wenngleich Art.
14 Abs. 1 EGV als Zieltermin für die Verwirklichung des Binnenmarktes den 31.12.1992
vorgegeben hat, so ist doch festzustellen, dass bei weitem nicht alle bestehenden Hemmnisse
für einen einheitlichen Markt beseitigt worden sind (Herdegen 2002, S. 222 f.) und deshalb
Produzenten und Konsumenten in ihren Möglichkeiten empfindlich eingeschränkt sind. Die
Ziele des Binnenmarktes und die Intensivierung grenzüberschreitenden Handels zwischen
EU-Bürgern und Unternehmungen stellen also weiterhin zentrale und aktuelle Themen in den
Harmonisierungsbestrebungen der EU dar. So wurden im März 2000 auf einer Tagung des
Europäischen Rates in Lissabon weitere Impulse und Entwicklungsansprüche für den Bin-
nenmarkt und die europäische Integration definiert: Bis zum Jahr 2010 soll sich die EU durch
dauerhaftes Wirtschaftswachstum und stärkeren sozialen Zusammenhalt zum wettbewerbsfä-
higsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt entwickeln (Europäi-
sche Kommission 2004 b, S. 6). Die bereits genannten Ansätze der Binnenmarktpolitik stellen
hierbei (neben weiteren Maßnahmen in den Bereichen der Wissenschaftsförderung, der Ver-
besserung des allgemeinen Wirtschaftsklimas, des Arbeitsmarktes und der ökologischen
6
Nachhaltigkeit) die Grundlagen für die Lissabonner Strategie dar (Europäische Kommission
2004 b, S.6 f.).
2.2.
Bisheriger Stand des Reformprozesses
In ihrem ersten Bericht über die Umsetzung der Binnenmarktstrategie (2003-2006), der be-
reits die neuen Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Chancen der EU-Osterweite-
rung einbezieht, hat die Europäische Kommission darauf hingewiesen, dass trotz erheblicher
Verbesserungen und stabiler Wachstumsdaten in den neunziger Jahren der Stand der Marktin-
tegration gestört ist (Europäische Kommission 2004 c, S. 4). So wurden z.B. von geplanten 45
Vorhaben der Binnenmarktstrategie bis Ende 2003 nur 27 fristgerecht abgeschlossen (Europä-
ische Kommission 2004 c, S. 9).
Auch der aktuelle Bericht der Kommission zum Stand der Binnenmarktstrategie von Januar
2005 zieht bezogen auf die hochgesteckten Lissabon-Ziele eine eher ernüchternde Zwischen-
bilanz (Europäische Kommission 2005 a, S. 4 ff.). Während in einigen spezifischen Bereichen
bereits nennenswerte Erfolge verzeichnet werden konnten, schmälert besonders die fehlende
vollständige Integration der Dienstleistungsmärkte die Weiterentwicklung des Reformprozes-
ses: So ist z.B. der Finanzplan für Finanzdienstleistungen nahezu erfüllt und hat maßgeblich
zur Integration der europäischen Finanzmärkte beigetragen. Auch die Fortschritte im Verbrau-
cherschutz sind durch gemeinschaftsrechtliche Regulierungen und Ansätze (vgl. hierzu den
geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über
Verkaufsförderung im Binnenmarkt, in dem die Thematiken unlauterer und aggressiver Ge-
schäftspraktiken und irreführender Werbung geregelt werden) gefestigt und stärken die Posi-
tion von Konsumenten in der EU. Ebenso schreitet die Integration der intra-europäischen
Warenmärkte zügig voran (Kox/Lejour/Montizaan 2004, S.9). Es haben sich aber auch hier in
den letzten Jahren negative Trends herauskristallisiert und der Handel mit gewerblichen Wa-
ren ist seit 2001 rückläufig (Europäische Kommission 2004 b, S. 27).
Ebenso fällt die Zwischenbilanz für die umfassenderen Ziele und die Vervollständigung der
Reformagenda der Lissabon-Strategie enttäuschend aus. Das Potential der auf der Lissabon-
Tagung proklamierten Veränderungen wird bei weitem nicht ausgeschöpft und gibt Anlass
zum Umdenken (Europäische Kommission 2005 b, S. 5). So haben der Konjunkturabschwung
der letzten Jahre, die zunehmende internationale Unsicherheit und der stagnierende Fortschritt
in der EU die Ziele der Lissabon-Strategie in weite Ferne gerückt (Europäische Kommission
7
2005 b, S. 11; Europäische Kommission 2004 b, S. 11 ff.). Die fehlende Liberalisierung und
Öffnung der Dienstleistungsmärkte zeigt das Verfehlen der Lissabon-Ziele dabei in besonde-
rem Maße.
2.3.
Die Dienstleistungsrichtlinie als Baustein des Lissabonner Reformprozesses
Die weiterhin bestehenden Beschränkungen und Hemmschwellen im Binnenmarkt schaden
aufgrund der besonderen Charakteristika von Dienstleistungen (auf diese wird später noch
eingegangen) insbesondere diesem Wirtschaftssektor signifikant und verhindern eine Errei-
chung der binnenmarktorientierten Ziele der Lissabon-Strategie. Die anbieterbezogenen Be-
hinderungen und ungeregelten Bereiche reichen von Problemen bei der Geschäftsgründung
und der Nutzung von Input-Faktoren über absatzmarktbezogene Hindernisse bis hin zu ein-
schneidenden Regulierungen in den Bereichen des Sales und After-Sales Prozesses (Kox/
Lejour/Montizaan 2004, S. 17; Europäische Kommission 2004 d, S. 8). Die Folgen dieser
rechtlichen und administrativen Hürden durch Einzelstaaten bedeuten einen Ausschluss po-
tentieller Wettbewerber innerhalb des Binnenmarktes, zeugen von mangelndem Vertrauen in
die jeweiligen Rechtssysteme und belegen die fehlgeleitete Entwicklung volkswirtschaftlicher
Potentiale in der EU (Europäische Kommission 2004 d, S. 8). So ergibt sich aus den Be-
schränkungen ein hohes Preisniveau, ein niedriges Produktivitätswachstum, eine stockende
Preiskonvergenz innerhalb der EU und ein stagnierender Intra-EU-Handel mit Dienstleistun-
gen (Europäische Kommission 2004 b, S. 29; Europäische Kommission 2004 c, S. 5).
Da der europäische Dienstleistungssektor ca. 70 % der gesamten Wirtschaftstätigkeit in der
EU ausmacht und einen Impulsgeber für neue Arbeitsplätze darstellt, jedoch nur 20 % des
Binnenmarkthandels ausmacht (u. a. Europäische Kommission 2004 b, S. 29; Kastberg Niel-
sen et al. 2005, S. 7), ist eine Beseitigung der bestehenden Schranken angebracht, um den
ambitionierten Zielen der Lissabon-Strategie bzw. dem gemeinsamen Binnenmarkt gerecht zu
werden. Ein ,,gesunder und offener Dienstleistungssektor" ist für Wirtschaftswachstum und
die Schaffung neuer Arbeitsplätze, den beiden Eckpfeilern der Lissabon-Strategie, von großer
Bedeutung. (Europäische Kommission 2005 b, S. 17).
Der vorliegende Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt setzt hierbei an
den derzeit bestehenden Barrieren und Problemen im grenzüberschreitenden Dienstleistungs-
verkehr an und bietet einen allgemeinen Rahmen, der alle wirtschaftlichen Aktivitäten in
8
Bezug auf Dienstleistungshandel in der EU (mit einigen Ausnahmen
1
) umfassen und regeln
soll, um das bestehende Potential des Dienstleistungssektors zu nutzen.
1
Nicht zum Geltungsbereich des Richtlinienvorschlags zählen Finanz-, Transport-, Telekommunikations- und
Energieversorgungsdienstleistungen, da für diese Bereiche eigene Richtlinien bereits verabschiedet wurden bzw.
in Bearbeitung stehen.
9
3.
Der Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlamentes und des
Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt
3.1.
Chronologische Entwicklung und Einbettung des Richtlinienvorschlags in die
aktuellen Reformprozesse
Der dieser Arbeit zugrunde liegende Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und
des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt stellt einen integralen Bestandteil des euro-
päischen Wirtschaftsreformprozesses dar, der bereits durch die Zielsetzungen der Lissabon-
Strategie im März 2000 vom Europäischen Rat initiiert wurde. Der Ausbau der EU zum
,,wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" (u. a.
Europäische Kommission 2004 a, S. 3) erfordert die konsequente Vollendung und Umsetzung
des Binnenmarktes. Der Bedeutung des Dienstleistungssektors für die Wirtschaftskraft der
Mitgliedstaaten Rechnung tragend, veröffentlichte die Europäische Kommission im Dezem-
ber 2000 einen Strategiebericht über die ,,Binnenmarktstrategie für den Dienstleistungssek-
tor", der in einem breiten, horizontalen und alle Dienstleistungsbereiche umfassenden Ansatz
eine zweistufige Vorgehensweise für weitere Initiativen vorschlug: In einer ersten Be-
standsaufnahme sollten Hemmnisse und Probleme im Dienstleistungsbereich des Binnen-
marktes zusammengetragen werden und daraus resultierend auf dieser Basis Lösungsansätze
formuliert werden (Europäische Kommission 2004 c, S. 8).
Wenige Monate später erläuterte die Europäische Kommission in ihrem Bericht ,,Stand des
Binnenmarktes für Dienstleistungen" die bestehenden Schranken und kam zu dem Schluss,
dass insbesondere rechtliche Schranken der Einzelstaaten in Bezug auf temporäre Dienstleis-
tungserbringung von EU-Bürgern in anderen EU-Mitgliedstaaten und Schwierigkeiten bei der
permanenten Niederlassung eines Dienstleistungserbringers in einem anderen Mitgliedstaat
als die zentralen Probleme im Dienstleistungssektor anzusehen sind. Im November 2002
formulierte der Europäische Rat unter Bezugnahme auf den Bericht der Europäischen Kom-
mission eine Forcierung der zweiten Stufe der Binnenmarktstrategie für den Dienstleistungs-
sektor und forderte einen baldigen Entwurf über ein bereichsübergreifendes Regelungsinstru-
ment. Die Europäische Kommission kündigte diesbezüglich in ihrer Mitteilung ,,Binnen-
marktstrategie - Vorrangige Aufgaben 2003 - 2006" an, vor Ende 2003 einen Richtlinienvor-
schlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt vorzulegen (Europäische Kommission 2003 b,
10
S. 11). Am 25.02.2004 wurde der Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im
Binnenmarkt (Europäische Kommission 2004 a) vom Europäischen Parlament und vom Rat
veröffentlicht, der die inhaltliche Grundlage dieser Arbeit bildet.
3.2.
Grundlagen politischer und juristischer Entscheidungsprozesse in der EU
Bevor der Entwurf über eine Richtlinie für Dienstleistungen im Binnenmarkt inhaltlich im
Rahmen dieser Arbeit diskutiert wird, sollen einleitend kurz die politischen Organe der EU
dargestellt werden, die aufgrund ihrer verfassungsmäßig definierten Aufgaben gemeinschafts-
rechtlich relevante Entscheidungen zu fällen haben. Daneben folgt eine Auseinandersetzung
mit den Fundamenten des europäischen Gemeinschaftsrechts, in der insbesondere die Stellung
und Funktionsweise einer Richtlinie erläutert wird.
3.2.1.
Politische Entscheidungsorgane der EU
Die EU stellt mit ihren umfangreichen Vertrags- und Regelwerken sowie ihren weitreichen-
den Integrationsmechanismen die verzahnteste Staatengemeinschaft dar, die gegenwärtig
existiert. Die Annährung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systeme der einzelnen
Mitgliedstaaten ist mittlerweile so stark ausgeprägt, dass die für die Staatenverflechtung
etablierten Organisationen und Mechanismen sowie ihr Ausbau, ihre Weiterentwicklung und
Umgestaltung inzwischen das Zentrum der Integrationsbestrebungen Europas ausmachen
(Bieber/Beutler 2001, S. 37).
Gemäß der Art. 4 und 5 des ,,Vertrages über die EU" verfügt die EU über einen institutionel-
len Rahmen (Schumann-Hitzler et al. 2002, S. 27) mit verschiedenen Organen, die die Impul-
se und Entwicklungen für die europäische Integration setzen und in ihren jeweiligen Zustän-
digkeitsbereichen die Anwendung des verbindlichen, gemeinschaftlichen Rechts für alle
Mitgliedstaaten garantieren (Borchard 1996, S. 89).
Im Rahmen der gesetzgebenden Initiativen und juristischen Entscheidungsmöglichkeiten der
EU spielen vor allem der Rat der EU und die beiden Verfassungsorgane ,,Europäisches Par-
lament" und ,,Europäische Kommission" eine tragende Rolle. Aufgrund der Bedeutung dieser
Organe für die Verabschiedung von gemeinschaftsrechtlich relevanten Entscheidungen (zu
denen auch das Konstrukt der Richtlinie zählt) sollen sie im Folgenden kurz näher beschrie-
ben werden.
11
Der Rat der EU
2
erlässt, unter Rückbezug auf die Initiativen der Europäischen Kommission
und des Europäischen Parlaments, die in Artikel 249 EGV kodifizierten Rechtsetzungsakte,
die für die Einhaltung der Vertragsziele notwendig sind. Somit ist der Rat der EU das wich-
tigste Entscheidungs- und Rechtsetzungsorgan der EU (von Borries 1993, S.456) und besitzt
im Vergleich zu den Verfassungsorganen entscheidende Machtkompetenz (Art. 202 EGV),
zumal er aus Vertretern aller Mitgliedstaaten auf Ministerebene zusammengesetzt ist, die
befugt sind, für die Regierung des jeweiligen Mitgliedslandes verbindlich zu handeln (Art.
203 Abs. 1 EGV).
Das Europäische Parlament besteht gegenwärtig aus 732 Parlamentsabgeordneten und ist
damit das größte multinationale Parlament der Welt (o.V., o.J. a). Es verfügt nicht über initia-
tive Gesetzgebungsmacht und Entscheidungsbefugnisse, sondern wird lediglich dem An-
spruch gerecht, die Bürger der EU-Mitgliedstaaten in einem gesonderten Organ zu vertreten
(Woyke 1995, S. 74 f.). Auf Ebene des Haushaltsverfahrens (von Borries 1993, S. 191) besitzt
das Europäische Parlament jedoch weitreichende Befugnisse, die seine Stellung gegenüber
dem Rat der EU und dessen Gesetzgebungsbefugnissen stärken (Borchard 1996, S. 112). Die
Hauptaufgabe des Europäischen Parlaments beschränkt sich auf Mitwirkungsrechte im Ge-
meinschaftsgesetzgebungsprozess in Form von obligatorischen Anhörungen (von Borries
1993, S. 191) gegenüber dem Rat der EU sowie ausgedehnten Konsultationsverfahren (Bor-
chard 1996, S. 113) und Berichterstattungen zu einzelnen Gesetzesinitiativen. Diesen Aufga-
ben wird das Parlament in einzelnen Ausschüssen, wie z. B. dem Ausschuss für Wirtschaft
und Währung oder dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und den regelmä-
ßigen Vollversammlungen gerecht.
Die Europäische Kommission wird als ,,Motor der Gemeinschaftspolitik" (Borchard 1996, S.
103) und ,,Hüterin der Gemeinschaftsverträge" (Schumann-Hitzler et al. 2002, S. 28) be-
zeichnet und ist als eines der wichtigsten Entscheidungsorgane im institutionellen Rahmen
der EU anzusehen. Abgeleitet werden diese Termini vor allem aus dem Initiativrecht der
Kommission im Rahmen von gemeinschaftlichen Rechtsetzungen, da der Rat der EU Ge-
meinschaftsrechtsakte nur auf Vorschläge der Kommission hin verabschieden kann. Ebenso
kontrolliert die Kommission die Anwendung und Durchführung der Gemeinschaftsverträge
2
Der Rat der EU ist gegenüber dem Europäischen Rat abzugrenzen. Dieser hat keine gesetzgebende Kompetenz
und besitzt laut Art. 4 EGV lediglich die folgenden Kernaufgaben: ,,Der Europäische Rat gibt der Union die für
ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Ent-
wicklung fest."
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und kann bei Verletzungen entsprechende Vertragsverletzungsverfahren anbahnen. (Borchard
1996, S 103 f.)
.
Ihr kommt also die Funktion eines Exekutivorgans in der Verfassungshierar-
chie zu.
3.2.2.
Juristische Entscheidungsmöglichkeiten in der EU die formale Konzeption und
Wirkungsweise von Richtlinien
Nachdem nun kurz dargestellt wurde, welche Verfassungs- und Gemeinschaftsorgane in der
EU über Gesetzgebungskompetenz verfügen, ist zu erläutern, welche Möglichkeiten nach
dem EU-Gemeinschaftsrecht existieren, um Entscheidungen auf EU-Ebene zu treffen und
insbesondere darzulegen, wie eine Richtlinie formal konzeptioniert ist und auf die Mitglied-
staaten der EU wirkt.
Die der EU zurechenbaren Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts unterscheiden sich in ein
primäres und ein sekundäres Gemeinschaftsrecht (Arndt 2004, S. 77), wobei das primäre
Gemeinschaftsrecht dem Rang nach über dem Sekundärrecht steht.
Zum primären Gemeinschaftsrecht zählen die drei Gründungsverträge (EGKSV, EAGV und
EGV), allgemeine Rechtsgrundsätze (z.B. allgemeine Grundrechte) und das Gewohnheits-
recht (z.B. Art. 203 Abs. 1 EGV, der dahingehend gewohnheitsmäßig ausgelegt wird, dass
auch ein Staatssekretär anstelle eines Ministers die Landesvertretung im Rat ausüben kann).
Alle Rechtssätze des primären Gemeinschaftsrechts stehen auf gleicher Ebene, es gelten aber
die Normenkollisionsregeln des ,,lex specialis derogat legi generali" (die spezielle Norm hat
Vorrang gegenüber der allgemeinen Norm) und des ,,lex posterior derogat legi priori" (das
später gesetzte Recht hat Vorrang vor dem früher gesetzten Recht) (Koenig/Haratsch 2000, S.
81).
Grundlage des sekundären Gemeinschaftsrechts sind die in Art. 249 Abs. 1 EGV zusammen-
gefassten förmlichen Rechtsakte: ,,Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgabe dieses Ver-
trages erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemeinsam, der Rat und die Kommis-
sion Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, sprechen Empfehlungen aus oder geben
Stellungnahmen ab." (Herv. durch den Verf.)
Da sich diese Arbeit mit einer Richtlinie bzw. einem Richtlinienvorschlag befasst, soll an
dieser Stelle nun die formale Wirkung und Konzeption einer durch die Gemeinschaftsorgane
erlassenen europäischen Richtlinie erläutert werden. Die formale Konzeption einer Richtlinie
ist in Art. 249 Abs. 3 EGV zu finden: ,,Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie
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gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichendes Zieles verbindlich, überlässt jedoch den inner-
staatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel."
Hier wird bereits die Zweistufigkeit der Richtlinienkonzeption erkennbar: Die verantwortli-
chen Organe der EU erlassen eine Rahmenregelung (1), die dann auf nationaler Ebene von
den Mitgliedstaaten, an die die Richtlinie gerichtet ist (im Regelfall alle Mitgliedstaaten),
durch entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden muss (2) (Koenig/Haratsch 2000, S. 90).
Eine genaue Analyse des Wortlautes der Umsetzungsnormen für Richtlinien aus dem oben
zitierten Vertragsartikel lässt eine Reihe von Implikationen, Pflichten und Rechte für die
betroffenen Mitgliedstaaten erkennen. Die verbindliche Umsetzungspflicht einer Richtlinie
besteht für die Adressaten in der Aufgabe, die in der Richtlinie enthaltenen Maßnahmen bzw.
Ziele vollständig, genau und innerhalb der in der Richtlinie postulierten zeitlichen Frist umzu-
setzen (Art. 10 Abs. 1 EGV). Grundsätzlich ist den Mitgliedstaaten dabei die Wahl der Form
und Mittel selbst überlassen, sie können sich jedoch nicht auf ,,Bestimmungen, Übungen oder
Umstände ihrer internen Rechtsordnung berufen, um die Nichtbeachtung der in der Richtlinie
aufgestellten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen" (Koenig/Haratsch 2000, S. 90).
Klarer ausgedrückt bedeutet dies, dass den Mitgliedstaaten ausschließlich überlassen bleibt,
mit welchen nationalen Rechtsakten und -techniken sie die Ziele der Richtlinie auf ihrem
Staatsgebiet umsetzen und die vollständige juristische Wirksamkeit der Richtlinie gewährleis-
ten (Arndt 2004, S. 80). In jedem Fall muss aber die Umsetzungspraxis durch eine entspre-
chende Außenwirkung und allgemein zugängliche Publikation erfolgen und den Erfordernis-
sen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit genügen (Koenig/Haratsch 2000, S. 90).
Der Umsetzungsspielraum für die Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Richtlinienziele ist
dabei durch die Genauigkeit und Detailtreue der Richtlinie definiert. Wird eine Richtlinie
überwiegend offen und allgemein formuliert, ergeben sich für den Mitgliedstaat weitreichende
Interpretations- und Umsetzungsmöglichkeiten. Ist der Wortlaut und Inhalt einer Richtlinie
hingegen so detailliert gefasst, dass den Mitgliedstaaten kein Gestaltungsspielraum mehr
bleibt, ist die Richtlinie quasi durch ,,Abschreiben" umzusetzen (Arndt 2004, S. 81).
Die Inhalte einer Richtlinie sind im Allgemeinen nur an die adressierten Mitgliedstaaten bzw.
ihre verfassungsmäßigen Entscheidungsorgane gerichtet und bürden dem Mitgliedstaat die
entsprechenden Rechtswirkungen auf. Sie beinhalten daher keine unmittelbaren Rechte und
Pflichten für einzelne Bürger oder private Institutionen aus den Mitgliedstaaten (Arndt 2004,
S. 83). Scheitert jedoch ein Mitgliedstaat an der fristgerechten und inhaltlich korrekten Um-
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setzung der in einer Richtlinie postulierten Vertragsvorschriften, so kann sich unter gewissen
Umständen auch eine unmittelbare, vertikale Direktwirkung für Staatsbürger ergeben (Koe-
nig/Haratsch 2000 S. 91 f.; Arndt 2004, S. 83 f.). Dann hätte der Bürger das Recht Schadener-
satzansprüche gegen den Staat durchzusetzen, der die Richtlinie nicht fristgerecht oder inhalt-
lich nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.
3.3.
Rechtsgrundlage und Wahl des Rechtsaktes für den Richtlinienvorschlag
Die Verabschiedung und das Inkrafttreten von Gesetzesinitiativen oder bindenden Beschlüs-
sen jedweder Art bedürfen im europäischen Gemeinschaftsrechtsgefüge einer normierten
Rechtsgrundlage. Handlungen aus dem Bereich des Sekundärrechts, zu denen auch die Richt-
linie gem. Art. 249 III EGV zählt, basieren grundsätzlich auf dem primären Rechtsbereich der
Verträge der Europäischen Gemeinschaften (Rohde/Lorenzmeier 1999, S. 156 f.). ,,Der EGV
sieht das Instrument der Richtlinie insbesondere immer dann vor, wenn nur die groben Züge
des nationalen Rechts vereinheitlicht, d.h. harmonisiert werden sollen, damit der Binnenmarkt
besser funktioniert und einheitlichere Lebensbedingungen in den Mitgliedstaaten herrschen
(vgl. Art (sic) 94 und 95 (100 und 100a)) EGV. (sic))" (Rohde/Lorenzmeier 1999, S. 160)
Der Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt erfährt seine primäre ver-
tragsrechtliche Fundierung über Art. 47 Abs. 2 und Art. 55 EGV. Während Art. 47 Abs. 2
EGV die Grundlage für das Erlassen von Richtlinien in Bezug auf die ,,Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung
selbständiger Tätigkeiten" (Art. 47 Abs. 2 EGV) beinhaltet, nimmt Art. 55 EGV Bezug auf
Art. 45 bis 48 EGV und ermöglicht so erst die Anwendung von Art. 47 Abs. 2 EGV auf den
freien Dienstleistungsverkehr.
Auch die Wahl des Rechtsaktes wird bereits in Art. 47 Abs. 2 EGV geklärt und schreibt für
den Anwendungsfall die Form der Richtlinie vor (Europäische Kommission 2004 a, S. 20 f.).
3.4.
Inhalte und Zielsetzungen des Richtlinienvorschlags
Um die möglichen Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie für den medizinischen Dienst-
leistungssektor zu erläutern, erscheint es sinnvoll, in groben Zügen die Kernaussagen und
Inhalte des Richtlinienvorschlags wiederzugeben. Besonderes Augenmerk liegt neben der
Wiedergabe von verschiedenen Richtlinienzielen in den Richtlinieninhalten, die teilweise
bereits durch diverse Formulierungen innerhalb des Vorschlags Bezug auf medizinische
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Dienstleistungen nehmen. Zwischenzeitlich wurden zwar bereits erste Kritikansätze und
Formulierungsdefizite des Vorschlags im Rahmen eines Vermerkes des Generalsekretärs des
Rates erfasst und überarbeitet (Rat der EU 2005), jedoch soll der erste Richtlinienvorschlag
vom 25.02.2004 weiterhin mehrheitlich die Grundlage dieser Arbeit bilden.
3.4.1.
Anwendungsbereich und Hauptmerkmale des Richtlinienvorschlags
Der Richtlinienvorschlag wählt einen breiten, horizontalen Ansatz in Bezug auf die Anwend-
barkeit auf verschiedene Dienstleistungssektoren. Neben wenigen ausgeklammerten Dienst-
leistungsbereichen, für die entweder bereits eigene Richtlinien oder Entwürfe vorliegen (bei-
spielsweise im Bereich der Finanzdienstleistungen), oder deren Regulierung anhand differie-
render Rechtsgrundlagen vorgenommen wird (beispielsweise im Steuerwesen), soll der Richt-
linienvorschlag für die Mehrheit der bekannten Dienstleistungsbereiche Anwendung finden.
Ausgeschlossen von der Richtlinie sind Tätigkeiten, die nicht mit der später erläuterten
Dienstleistungsdefinition des EuGH vereinbar sind. D.h. ,,Tätigkeiten, bei denen das Merkmal
der Entgeltlichkeit nicht gegeben ist, wie bei den Tätigkeiten, die der Staat ohne wirtschaftli-
che Gegenleistung in Erfüllung seiner sozialen, kulturellen, bildungspolitischen und rechtli-
chen Verpflichtungen ausübt." (Europäische Kommission 2004 a, S. 23). Insgesamt machen
die im Richtlinienvorschlag erfassten Dienstleistungsbranchen mindestens 50 % der gesamten
Wirtschaftstätigkeit in der EU aus (Europäische Kommission 2004 f, S. 23).
Charakteristisch für den Entwurf der Richtlinie ist in Einklang mit der horizontalen Anwen-
dungsbreite auch der verfolgte ,,Rahmenrichtliniennansatz", der lediglich die Schaffung eines
allgemeinen Rechtsrahmens vorsieht. So ist es keineswegs Ziel des Entwurfes, die Gesamtheit
aller Vorschriften der Mitgliedstaaten für den Dienstleistungssektor erschöpfend zu harmoni-
sieren, vielmehr bearbeitet der Entwurf grundlegende und gezielte Fragen, die für die frikti-
onsfreie Wirkung des Binnenmarktes für Dienstleistungen unerlässlich sind (Europäische
Kommission 2004 a, S. 9 f.). Trotzdem wird auf inhaltlicher Ebene im Richtlinienvorschlag
den Besonderheiten bestimmter Berufe oder Dienstleistungssektoren Rechnung getragen,
indem beispielsweise detaillierte Anforderungen für den medizinischen Bereich der Kostener-
stattung von im Ausland erbrachten medizinischen Leistungen aufgeführt werden (Art. 23 des
Richtlinienvorschlags über Dienstleistungen im Binnenmarkt).
Der Richtlinienvorschlag beinhaltet daneben eine Kombination verschiedener Techniken der
Rahmenregulierung und verbindet zahlreiche Regelungsansätze, zu denen insbesondere das
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Herkunftslandprinzip bzw. Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip, der Aufbau gegenseitiger
Unterstützung zwischen einzelstaatlichen Behörden, die gezielte Harmonisierung für erhöhten
Verbraucherschutz und alternative Regulierungsansätze (die insbesondere betroffene Interes-
sengruppen in den Entwicklungsprozess mit einbeziehen) zählen. Auf einzelne dieser Rege-
lungsansätze wird im Folgenden noch genauer eingegangen.
3.4.2.
Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer und freier Dienstleistungs-
verkehr
Die zwei zentralen Inhaltsbereiche des Vorschlags beziehen sich auf die ,,Wahrnehmung der
Niederlassungsfreiheit durch Dienstleistungserbringer sowie den freien Dienstleistungsver-
kehr" (Art. 1 des Richtlinienvorschlags über Dienstleistungen im Binnenmarkt). Alle anderen
Artikel des Richtlinienvorschlags stellen demgegenüber mehrheitlich detaillierte Ausgestal-
tungen und Anwendungsbereiche dieser zentralen Richtliniengegenstände dar.
Die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern in anderen europäischen Mitglied-
staaten betrifft die langfristige, wiederkehrende Leistungserbringung, die mitunter auch mit
dem Einrichten einer bestimmten für die Dienstleistungserstellung notwendigen Infrastruktur
verbunden ist. Im Bereich der Niederlassungsfreiheit sind insbesondere die Aspekte der Ver-
waltungsvereinfachungen und der einheitlichen Ansprechpartner zu nennen, die im Folgenden
kurz erläutert werden.
Abzugrenzen von der Niederlassungsfreiheit ist die zweite Säule der Dienstleistungsrichtlinie,
die Dienstleistungsfreiheit. Diese bezieht sich auf temporäre Dienstleistungserbringung in
einem anderen europäischen Mitgliedstaat. Zur Gewährleistung dieser umfassenden Dienst-
leistungsfreiheit ist insbesondere das zu späterem Zeitpunkt dargestellte Herkunftslandprinzip
elementar.
3.4.3.
Verwaltungsvereinfachungen und einheitliche Ansprechpartner
Art. 5 des Richtlinienvorschlags über Dienstleistungen im Binnenmarkt sieht eine allgemeine
Vereinfachung geltender Verfahren und Formalia für die Aufnahme und Ausübung einer
Dienstleistungstätigkeit vor (implizit bedeutet dies vor allem den Abbau von bestehenden
Rechtsvorschriften und Niederlassungshemmnissen), wenngleich der programmatische An-
satz dieses Artikels recht vage und unspezifisch formuliert ist (Kassenärztliche Bundesverei-
nigung 2004, S. 7).
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2005
- ISBN (eBook)
- 9783836602082
- DOI
- 10.3239/9783836602082
- Dateigröße
- 468 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
- Erscheinungsdatum
- 2007 (März)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- europäische union dienstleistungsrichtlinie gesundheitswesen dienstleistung dienstleistungsmanagement patientenmanagement medizinische patient relationship krankenhausmanagement
- Produktsicherheit
- Diplom.de