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Analyse von Entscheidungsprozessen für Kurzurlaube

©2006 Diplomarbeit 155 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Analyse des Entscheidungsprozesses von Konsumenten hat in der Marketingforschung eine große Bedeutung. Man erhofft sich durch ein Verständnis desselben, mittels gezielter Ausrichtung von Marketingmaßnahmen einen stärkeren Einfluss auf das Individuum bei dessen Kaufentscheidung auszuüben.
Der Entscheidungsprozess des Konsumenten für verschiedene Produkte und Dienstleistungen weist jedoch keine starre und gleich bleibende Gestalt auf. Er ist vielmehr unterschiedlich innerhalb verschiedener Produktklassen und zwischen Dienstleistungen und Sachgütern.
Das Segment der Kurzurlaubsreisenden in Deutschland verzeichnete in den letzten zehn Jahren einen stetigen Anstieg und ist heute eine bedeutende touristische Erscheinungsform. Verantwortlich hierfür sind die steigende Mobilität der Bevölkerung, ein gestiegener Bildungsgrad, der demographische Wandel der Gesellschaft sowie das Angebot von sog. Events wie z. B. der Fußballweltmeisterschaft.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, den Entscheidungsprozess eines Kurzurlaubsreisenden, dessen Untersuchung bis jetzt noch nicht vollzogen wurde, zu analysieren. Hierbei wird die individuelle Entscheidung des Reisenden betrachtet, wenngleich auch interpersonelle Bestimmungsfaktoren berücksichtigt werden. Dies schließt kollektive Entscheidungsprozesse von Gruppen für Kurzurlaube aus.
Gang der Untersuchung:
Folgende Herangehensweise wurde für die Untersuchung gewählt: Im theoretischen Teil der Arbeit werden die wichtigsten Einflussfaktoren und Teilentscheidungen des Kurzreisenden, die aus den wesentlichen Reiseentscheidungsmodellen gewonnen wurden, auf ihren Erklärungsbeitrag für den Entscheidungsprozess des Kurzreisenden hin analysiert.
Der empirische Teil beschäftigt sich mit einem speziellen Aspekt der Reiseentscheidung, namentlich den Aktivitäten, die der Reisende während seines Aufenthalts unternimmt. Hier wird der Einfluss der Bündelung und Entscheidungsdarstellung („Framing“) von Aktivitäten auf die Bewertung seitens des Kurzreisenden untersucht.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
INHALTSVERZEICHNISI
ABBILDUNGSVERZEICHNISIII
TABELLENVERZEICHNISIII
1.EINLEITUNG1
1.1EINFÜHRUNG1
1.2GANG DER UNTERSUCHUNG2
2.KURZURLAUBE3
2.1DEFINITION UND ABGRENZUNG3
2.2PRODUKTCHARAKTERISTIKA6
2.3STÄDTEKURZREISEMARKT UND TRENDS8
3.ENTSCHEIDUNGSPROZESS10
3.1DIE KAUFENTSCHEIDUNG10
3.2KAUFENTSCHEIDUNGSTYPEN10
3.3KAUFPROZESSMODELLE13
4.DIE […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Siegmar Leonard Seidl
Analyse von Entscheidungsprozessen für Kurzurlaube
ISBN: 978-3-8366-0266-2
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Abstract
Zielsetzung der vorliegenden Diplomarbeit ist es den individuellen
Entscheidungsprozess eines Städtekurzreisenden zu analysieren. Hierfür werden im
theoretischen Teil der Arbeit die wesentlichen individuellen, interpersonellen und
externen Einflussfaktoren, die den Entscheidungsprozess wesentlich bestimmen,
untersucht. Ferner werden die wichtigsten Teilentscheidungen, die für einen
Städtekurzurlaub getroffen werden müssen, dargestellt. Der empirische Teil der Arbeit
wendet sich hierfür einem speziellen Aspekt dieser Teilentscheidungen zu, namentlich
der Bewertung von verschiedenen Aktivitätsprogrammen, so genannter Bundles.
Die Analyse zeigte, dass zu den wesentlichen individuellen Einflussfaktoren die
Motivation, die Einstellung und die Persönlichkeit des Städtekurzreisenden zählen.
Überdies wurde festgestellt, dass die Familie der bedeutendste interpersonelle und
Hindernisse wie mangelnde finanzielle Ressourcen der wichtigste externe
Bestimmungsfaktor beim Entscheidungsprozess eines Städtekurzreisenden sind.
Die wichtigsten Teilentscheidungen sind die Wahl der Destination respektive Stadt und
die Aktivitäten, die der Tourist in der jeweiligen Stadt unternimmt. Ersteres wurde unter
Zuhilfenahme von so genannten Entscheidungssets untersucht, die sich als hilfreich
erwiesen. Bei der Analyse der Aktivitätswahl wurde deutlich, dass der
Städtekurzreisende nicht eine einzige Aktivität, sondern ein Bündel von Aktivitäten am
Zielort unternehmen wird. In der Folge wurde deshalb anhand einer
Bewertungsheuristik für Bündel von Aktivitäten, dem so genannten Anchoring- und-
Adjustment, die Bewertung einzelner Aktivitäten untersucht. Aufgrund von
Bewertungsverzerrungen, die durch Verwendung der in Rede stehenden Heuristik
auftreten, wurde gefolgert, dass schwache Aktivitäten durch Bündelung sowohl ihren
Stellenwert als auch ihre Attraktivität in Form der Zeitaufwandbereitschaft steigern
können. Ferner wurde vermutet, dass durch Suggestion des Bewertungsreferenzpunktes
(Anker) sowie durch eine positive Darstellung der Entscheidungsalternative (Framing)
die Akzeptanz für schwache Aktivitäten in Form der Zeitaufwandbereitschaft im
Gegensatz zum selbst festgelegten Anker weiter gesteigert werden kann.
Die Ergebnisse bestätigten die zuvor genannten Hypothesen. Der Einfluss des Framings
konnte jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden, wenngleich die Ergebnisse die
vermutete Richtung aufweisen.

I
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS ...I
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... III
TABELLENVERZEICHNIS... III
1
EINLEITUNG ... 1
1.1 E
INFÜHRUNG
... 1
1.2 G
ANG DER
U
NTERSUCHUNG
... 2
2
KURZURLAUBE ... 3
2.1 D
EFINITION UND
A
BGRENZUNG
... 3
2.2 P
RODUKTCHARAKTERISTIKA
... 6
2.3 S
TÄDTEKURZREISEMARKT UND
T
RENDS
... 8
3
ENTSCHEIDUNGSPROZESS... 10
3.1 D
IE
K
AUFENTSCHEIDUNG
... 10
3.2 K
AUFENTSCHEIDUNGSTYPEN
... 10
3.3 K
AUFPROZESSMODELLE
... 13
4
DIE REISEENTSCHEIDUNG ... 17
4.1 D
EFINITION
... 18
4.2 S
TRUKTUR
... 19
5
INDIVIDUELLE EINFLUSSFAKTOREN ... 22
5.1 M
OTIV UND
M
OTIVATION
... 22
5.1.1 Definition und Abgrenzung... 22
5.1.2 Grundlegende Motivationstheorien und touristische Adaption... 23
5.1.3 Dichotome Reisemotivklassifikationen ... 29
5.1.4 Modell von Iso-Aloha... 32
5.1.5 Beurteilung der Ansätze zur Motivation eines Reisenden ... 34
5.2 E
INSTELLUNG
... 35
5.3 P
ERSÖNLICHKEIT
... 38
6
INTERPERSONELLE UND EXTERNE FAKTOREN ... 45
6.1 F
AMILIE
... 45
6.2 H
INDERNISSE
... 47
7
TEILENTSCHEIDUNGEN ... 49
7.1 A
USWAHL DER
D
ESTINATION
... 49
7.1.1 Konzept der Entscheidungssets... 49
7.1.2 Entscheidungssets und Destinationswahl ... 51
7.1.3 Bildung der Entscheidungssets ... 53
7.1.4 Entscheidungsregeln und Bewertungskriterien ... 55
7.1.5 Interaktion und Dynamik ... 56
7.2 A
KTIVITÄTEN WÄHREND DES
U
RLAUBS
... 57
7.2.1 Stellenwert bei Städtereisen... 57
7.2.2 Aktivitäten als Element des städtischen Angebots ... 58

II
7.2.3 Aktivitätsprogramme... 61
7.2.3.1
Definition von Bundle ... 61
7.2.3.2 Bundlingformen ... 62
7.2.3.3
Bewertung eines Aktivitätsprogramms... 65
7.2.3.4 Hypothesen ... 69
8
EMPIRISCHE ERHEBUNG... 70
8.1 E
XPERIMENTAUFBAU
... 70
8.2 V
ERLAUF DER
B
EFRAGUNG UND
S
TICHPROBENVERFAHREN
... 73
8.3 O
PERATIONALISIERUNG DER
V
ARIABLEN
... 74
9
ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN ERHEBUNG ... 75
9.1 A
USWERTUNG DES
B
UNDLINGS VON
A
KTIVITÄTEN
... 75
9.2 D
ISKUSSION
... 76
9.3 E
INSCHRÄNKUNGEN
... 78
10 IMPLIKATIONEN UND ZUSAMMENFASSUNG... 79
10.1 M
ANAGEMENTIMPLIKATIONEN
... 79
10.2 S
CHLUSSBETRACHTUNG
... 80
LITERATURVERZEICHNIS... 81
ANHANG... 96
SELBSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG... 149

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 01: Organisationsformen von Urlaubsreisen. ... 5
Abbildung 02: Black-Box Modell ... 14
Abbildung 03: Kaufprozessmodell von Engel/Kollat/Blackwell ... 16
Abbildung 04: Struktur des Entscheidungsprozesses bei Städtekurzreisen... 21
Abbildung 05: Gründe für Städtekurzreisen in Deutschland 2004... 31
Abbildung 06: Sozialpsychologische Determinanten des Freizeitverhaltens ... 33
Abbildung 07: Kausalstruktur der Einstellung ... 36
Abbildung 08: Zusammenhang von Persönlichkeit, Lebensstil und Werten... 40
Abbildung 09: Hierarchisches Model von Hindernissen... 48
Abbildung 10: Beziehung zwischen den zentralen Choice-Sets ... 52
Abbildung 11: Elemente des touristischen Angebots einer Stadt... 59
Abbildung 12: Bundlebewertung anhand des Anchoring- und- Adjustment-Modells ... 68
Abbildung 13: Experimentaufbau... 71
Tabellenverzeichnis
Tabelle 01: Charakteristika der Kaufentscheidungstypen ... 12
Tabelle 02: Klassifikation von Bundlingstrategien ... 64
Tabelle 03: Vermutete Zusammenhänge ... 73
Tabelle 04: Mittelwerte Stunden/Punkte und Signifikanzen für Mittelwertvergleiche.. 75

Kapitel 1: Einleitung
1
1
Einleitung
1.1 Einführung
Die Analyse des Entscheidungsprozesses von Konsumenten hat in der
Marketingforschung eine große Bedeutung. Man erhofft sich durch ein Verständnis
desselben, mittels gezielter Ausrichtung von Marketingmaßnahmen einen stärkeren
Einfluss auf das Individuum bei dessen Kaufentscheidung auszuüben.
Der Entscheidungsprozess des Konsumenten für verschiedene Produkte und
Dienstleistungen weist jedoch keine starre und gleich bleibende Gestalt auf. Er ist
vielmehr unterschiedlich innerhalb verschiedener Produktklassen und zwischen
Dienstleistungen und Sachgütern.
Das Segment der Kurzurlaubsreisenden in Deutschland verzeichnete in den letzten zehn
Jahren einen stetigen Anstieg und ist heute eine bedeutende touristische
Erscheinungsform.
1
Verantwortlich hierfür sind die steigende Mobilität der
Bevölkerung, ein gestiegener Bildungsgrad, der demographische Wandel der
Gesellschaft sowie das Angebot von sog. Events wie z. B. der Fußballweltmeisterschaft.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, den Entscheidungsprozess eines
Kurzurlaubsreisenden, dessen Untersuchung bis jetzt noch nicht vollzogen wurde, zu
analysieren. Hierbei wird die individuelle Entscheidung des Reisenden betrachtet,
wenngleich auch interpersonelle Bestimmungsfaktoren berücksichtigt werden. Dies
schließt kollektive Entscheidungsprozesse von Gruppen für Kurzurlaube aus.
Folgende Herangehensweise wurde für die Untersuchung gewählt: Im theoretischen
Teil der Arbeit werden die wichtigsten Einflussfaktoren und Teilentscheidungen des
Kurzreisenden, die aus den wesentlichen Reiseentscheidungsmodellen gewonnen
wurden, auf ihren Erklärungsbeitrag für den Entscheidungsprozess des Kurzreisenden
hin analysiert. Der empirische Teil beschäftigt sich mit einem speziellen Aspekt der
Reiseentscheidung, namentlich den Aktivitäten, die der Reisende während seines
Aufenthalts unternimmt. Hier wird der Einfluss der Bündelung und
1
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 10ff.

Kapitel 1: Einleitung
2
Entscheidungsdarstellung (,,Framing") von Aktivitäten auf die Bewertung seitens des
Kurzreisenden untersucht.
1.2 Gang der Untersuchung
Das 2. Kapitel beginnt mit der Abgrenzung des Analyseobjekts. Im Anschluss hieran
werden die spezifischen Produktcharakteristika und die derzeitige Marktsituation von
Städtekurzurlauben beleuchtet.
Kapitel 3 prüft, ob die Entscheidung für einen Kurzurlaub eine Kaufentscheidung
darstellt. Daraufhin wird der Entscheidungsprozess anhand von
Kaufentscheidungstypen untersucht und eine Einordnung für die Entscheidung eines
Kurzurlaubs unternommen. Dieses Vorgehen betrachtet den Entscheidungsprozess noch
als Einheit. In der Folge wird diese vereinfachende Betrachtungsweise aufgehoben und
um eine prozessuale Sichtweise in Form von Kaufprozessmodellen ersetzt. Diese bilden
die Grundlage für die speziellen Modelle der Reiseentscheidung.
Die Kapitel 4 bis 7 bilden den theoretischen Kern dieser Diplomarbeit. Kapitel 4
erläutert den Begriff der Reiseentscheidung, um darauf aufbauend die grundlegende
Struktur der Reiseentscheidung eines Städtekurzreisenden darzustellen. Hier werden
auch die wesentlichen Einflussfaktoren und Teilentscheidungen innerhalb des
Entscheidungsprozesses bzw. der Reiseentscheidung identifiziert. In Kapitel 5 werden
die individuellen, in Kapitel 6 die interpersonellen und externen Faktoren und in Kapitel
7 die zu treffenden Teilentscheidungen aufgezeigt und im Hinblick auf
Städtekurzurlaube analysiert. Das Ende des 7 Kapitels schließt mit Hypothesen zur
Bewertung von Aktivitätsprogrammen seitens des Reisenden ab, die durch den
empirischen Teil der Arbeit überprüft werden sollen.
Kapitel 8 beschreibt den Experimentaufbau, den Verlauf der Befragung, das
Stichprobenverfahren sowie die Operationalisierung der Variablen.
In Kapitel 9 erfolgen die Auswertung und Diskussion der erhobenen Daten. Ferner wird
auf Einschränkungen im Zusammenhang mit der Befragung hingewiesen. Schließlich
wird im letzten Kapitel eine Zusammenfassung der Ergebnisse und
Managementimplikationen geliefert.

Kapitel 2: Kurzurlaube
3
2
Kurzurlaube
In dem nächsten Abschnitt wird das Analyseobjekt der Arbeit herausgearbeitet. Ferner
wird aufgezeigt, welche Charakteristika Kurzurlaube aufweisen und welche
Marktsituation derzeit vorzufinden ist.
2.1 Definition und Abgrenzung
Kurzurlaubsreisen sind eine Erscheinungsform des Tourismus´, wobei unter Tourismus
Folgendes verstanden wird:
,,Tourism comprises the activities of persons traveling to and staying
in places outside their usual environment for not more than one
consecutive year for leisure, business and other purposes not related to
the exercise of an activity remunerated from within the place visited."
2
Diese Definition umfasst alle touristischen Erscheinungsformen. Für die weitere
Analyse des Entscheidungsprozesses bedarf es jedoch einer weiteren Abgrenzung der
Kurzurlaubsreisen von anderen Urlaubsformen.
Zunächst ist die Ziel- bzw. Reiserichtung der Touristen von Bedeutung. Hier wird
zwischen Binnen-, Incoming- und Outgoing-Tourismus unterschieden. Ersteres
bezeichnet das Reisen von Inländern im Inland. Incoming-Tourismus umschreibt das
Reisen von Ausländern ins Inland, wohingegen Outgoing-Tourismus das Reisen von
Inländern ins Ausland beschreibt.
3
Kurzurlaubsreisen sind vorwiegend dem Binnen-
Tourismus zuzurechnen, wenn man noch keine Unterscheidung nach der Art der
Kurzreisen vornimmt.
4
Unter Art ist hier die spezifische Form des Kurzurlaubs gemeint.
Es könnte sich z. B. um eine Städte- oder Studienreise handeln.
Für die Typologisierung touristischer Erscheinungsformen bestehen in der Literatur
mehrere Ansätze. Freyer (2001) schlägt als Unterscheidungsmerkmal Ort, Zeit und
Motiv einer Reise vor.
5
Diese werden von ihm auch als konstitutive Merkmale des
Tourismus bezeichnet.
6
Eine weitere Einteilung kann z. B. nach Entfernung,
2
WTO (2005), http://www.world-tourism.org/statistics/tsa_project/TSA_in_depth/chapters/ch3-1.htm
3
vgl. Freyer (2001), S. 28
4
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 13
5
vgl. Freyer (2001), S. 3ff.
6
vgl. Freyer (1995). S. 2

Kapitel 2: Kurzurlaube
4
Verkehrsmittel und Kosten erfolgen.
7
Haedrich et al. (1998) unternehmen eine
Klassifizierung u. a. nach Jahreszeit, Beherbergungsform und Reiseorganisation.
8
Für die weitere Abgrenzung wählt der Autor die Merkmale Motivation/Art der Reise,
Aufenthaltsdauer sowie Organisationsform und folgt hiermit weitestgehend dem obigen
Vorschlag von Freyer. Diese Einteilung wurde gewählt, da die anderen Merkmale (z. B.
die Beherbergungsform) sich als wenig trennscharf bei der Abgrenzung von
Kurzurlauben gegenüber anderen Urlaubsformen erweisen.
Bei der Aufenthaltsdauer existiert eine weitestgehende Übereinstimmung in der
Literatur. Kurzurlaubsreisen sind Reisen, die mindestens eine und höchstens drei
Übernachtungen beinhalten.
9
Dieser Definition folgen auch andere Autoren aus dem
angloamerikanischen Raum.
10
Ein weiteres Abgrenzungsmerkmal ist die Motivation bzw. die Art der Reise. Hier wird
meist folgende Unterteilung bzgl. der Motivation vorgenommen:
11
Urlaubsreisen,
geschäftliche Reisen und andere Reisen (Studienreisen, religiös motivierte Reisen,
Gesundheitsreisen etc.). Kurzreisen ins In- und Ausland sind weitestgehend den
Urlaubsreisen zuzuordnen.
12
In der Folge werden daher Urlaubsreisen betrachtet.
Die Organisationsform ist ein weiteres Charakteristikum, mit dessen Hilfe man Urlaube
untereinander abgrenzen kann. Auf einer ersten Ebene können die verschiedenen
Reiseformen nach Einzelreise bzw. Gruppen- und Gesellschaftsreise unterschieden
werden. Innerhalb der Einzelreisen differenziert man zwischen privaten und
kommerziellen Reisen. Unter privaten Reisen wird das Besuchen von Verwandten und
Bekannten mit dortiger Übernachtung verstanden. Die kommerzielle Einzelreise kann
weiter in freie und gebundene Einzelreise unterschieden werden. Bei der freien
Einzelreise organisiert der Reisende seinen Urlaub selbständig, d. h. ohne Hilfe eines
Reisemittlers bzw. Rückgriff auf eine zusammengestellte Reise eines
Reiseveranstalters. Letztere beide werden als gebundene Einzelreisen bezeichnet. Je
7
vgl. Freyer (2001), S. 5
8
vgl. Kaspar (1998), S.19f.
9
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 4
10
vgl. Seaten und Bennett (1996), S. 293
11
vgl. Holloway (2002), S. 6
12
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 15 ; siehe auch Abbildung 3.

Kapitel 2: Kurzurlaube
5
nach Zusammenstellung der gebundenen Einzelreise wird weiter nach
Pauschalaufenthalt und Pauschalreise unterschieden.
13
Das Besuchen von Freunden und Bekannten stellt zwar die größte Gruppe innerhalb der
Kurzurlaubsreisen dar
14
, diese Urlaubsform wird aber bei dieser Betrachtung
ausgeklammert, da keine statistische Erfassung für diese Art von Kurzreisen
durchgeführt wird.
15
Darüber hinaus werden Gruppen- und Gesellschaftsreisen nicht
untersucht, da diese Formen der Reisegruppenzusammensetzung von untergeordneter
Bedeutung sind.
16
Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sollen kommerzielle
Einzelreisen sein.
Organisation
Einzelreise
Gruppen- oder
Gesellschaftsreise
Freie Einzelreise
Gebundene Einzelreise
¾
Pauschalaufenthalt
¾
Pauschalreise
Kommerziell
Privat
Besuche von Freunden
und Bekannten
Abbildung 01: Organisationsformen von Urlaubsreisen.
17
Innerhalb der Kurzreisen, die dem Zweck des Urlaubs dienen, muss außerdem nach der
Art der Reise differenziert werden. Hier nehmen Städtereisen die größte Gruppe ein,
wenn man Verwandten- und Bekanntenbesuche außer Acht lässt.
18
Dass kommerzielle
Kurzurlaubsreisen überwiegend Städtereisen sind, ist auch anhand der Reisedauer zu
erkennen. Wie Althof (2001) aufzeigt, handelt es sich bei Reisen mit einer Dauer von
13
vgl. Rudolph (2002), S. 21ff.
14
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 9
15
vgl. Freyer (2001), S.30
16
vgl. Aderhold (2004), S. 37ff.
17
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Rudolph (2002), S. 29
18
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 9

Kapitel 2: Kurzurlaube
6
1,4 bis 3 Tagen überwiegend um Städtereisen.
19
Aufgrund dieser Überlegungen werden
im Folgenden Kurzurlaubsreisen betrachtet, die Städtereisen sind.
Unter Städtekurzreisen sollen zwei- bis viertägige Kurzurlaubsreisen verstanden
werden, die in Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern unternommen werden.
20
Touristische Erscheinungsformen in kleinen Gemeinden werden nicht betrachtet.
Exkursionen ohne Übernachtung werden demzufolge ausgeklammert, da sie nicht unter
Begriff Tourismus zu subsumieren sind.
21
Eine Beschränkung auf Reisen mit einer
Dauer von vier Tagen und in Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern wurde
gewählt, da dies den gängigen oben herausgestellten Definitionen entspricht und
dadurch dem Wesen des Städtekurzurlaubs am ehesten Rechnung getragen wird.
22
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich bei den zu untersuchenden
Kurzurlaubsreisen um kommerzielle Einzelreisen mit einer Dauer von 2 bis 4 Tagen
handelt, deren primäre Motivation der Urlaub ist. Hinsichtlich der Art der
Kurzurlaubsreisen wird sich die Betrachtung auf Städtereisen konzentrieren.
Im nächsten Abschnitt werden die besonderen Produktcharakteristika von
Städtekurzreisen herausgestellt. Hier wird insbesondere auf die Besonderheit von
Dienstleistungen eingegangen.
2.2 Produktcharakteristika
Eine Städtekurzreise besteht aus mehreren Teilprodukten.
23
Wenn ein Urlauber z. B.
eine zweitägige Städtetour nach München unternehmen möchte, dann muss er
mindestens ein Transportmittel sowie eine Unterkunft am Zielort auswählen. Dies kann
eigenständig, mit Hilfe eines Reisemittlers oder als Pauschalreise erfolgen. Die
einzelnen Reisedienstleistungen, wie z. B. die Beförderung und Unterkunft, bilden
19
vgl. Althof (2001), S. 48
20
vgl. Aderhold (1976), S. 1ff.
21
vgl. Pender und Sharpley (2004), S. 6
22
vgl. Aderhold (1976), S. 13 siehe hierzu auch Abschnitt 7.2.1
23
vgl. Freyer (2001), S. 7

Kapitel 2: Kurzurlaube
7
zusammen eine Servicekette von komplementären Produkten
24
, wobei der Nutzen dieser
für den Urlauber größer ist als der Einzelnutzen der isolierten Komponenten.
25
Zur Bereitstellung der touristischen Dienstleistungen benötigt der Leistungsanbieter in
unterschiedlichem Maße auch Sachgüter und bestimmte Rechte in Form von
Genehmigungen, Lizenzen und Konzessionen.
26
Der Anteil des
Dienstleistungscharakters hängt hier von der zu erbringenden Leistung ab. Eine
Reisegepäckversicherung weist z. B. einen sehr hohen Dienstleistungscharakter auf,
wohingegen die Vermietung einer Segeljacht einen hohen Anteil eines Sachgutes zur
Leistungserbringung benötigt.
Aufgrund der Tatsache, dass touristische Produkte einen hohen Anteil an
Dienstleistungen aufweisen, soll im Folgenden kurz auf die Eigenarten von
Reisedienstleistungen eingegangen werden.
Touristische Leistungsangebote sind persönliche, prozessorientierte Dienstleistungen,
die für Menschen, im Gegensatz zu Objekten, erbracht werden.
27
Prozessorientiert
bedeutet, dass nicht das Ergebnis wie z. B. die Reparatur eines Autos, sondern der
Prozess wie z. B. ein Opernbesuch im Vordergrund steht. Voraussetzung zur
Erbringung der Reisedienstleistung ist folglich die teilweise Integration des externen
Faktors Mensch, so dass ein Interaktionsprozess zwischen diesem und den Mitarbeitern
des Anbieters der Leistung stattfindet. Das Ergebnis dieses Interaktionsprozesses ist
eine Zustandsveränderung beim Konsumenten, ohne dass jedoch ein Sachgut entsteht,
d. h., der touristische Dienstleister gibt lediglich ein Leistungsversprechen ab.
28
Eine weitere Besonderheit bei touristischen Produkten ist die Heterogenität der
Leistungen. Die gleiche Kombination von Reisekomponenten kann zu zwei
unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Nutzenbeiträge für den Konsumenten
generieren. Dies hat seine Ursache in der Integration des externen Faktors Mensch bei
der Erstellung der Reisedienstleistung. Das Ergebnis ist nicht ausschließlich von den
24
vgl. Pepels (2003), S. 399
25
vgl. Holloway (2002), S. 4
26
vgl. Pompl (1996), S. 33f.
27
vgl. Meffert (2003), S. 41
28
vgl. Pompl (1996), S. 35ff.

Kapitel 2: Kurzurlaube
8
Anbietern kontrollierbar, sondern hängt auch von der Individualität des Kunden ab.
Darüber hinaus hat das Kontaktpersonal des Dienstleisters einen erheblichen Einfluss
auf das Ergebnis, da es sich um eine persönliche Dienstleistung handelt. Des Weiteren
haben bestimmte, vom Anbieter der Reiseleistung nicht zu beeinflussende Faktoren wie
die Sicherheitslage im Urlaubsland, die Infrastruktur und Umweltfaktoren Einfluss auf
das Resultat der Leistung.
29
Unter Umweltfaktoren ist z. B. das Wetter oder der
Ausbruch eines Vulkans zu verstehen.
Schließlich ist noch die Gleichzeitigkeit von Erstellung und Inanspruchnahme der
Reisedienstleistung als Besonderheit zu nennen. Eine nicht abgesetzte
Übernachtungsmöglichkeit in einem Hotel kann nicht gelagert und zu einem späteren
Zeitpunkt wie bei Sachgütern verkauft werden.
30
Überdies ist die Zeitdauer, die der
Dienstleistungsprozess in Anspruch nimmt, aufgrund der oben beschriebenen
Simultanität bedeutend. Eine Verspätung beim Abflug z. B. kann die komplementäre
Dienstleistungskette aus Sicht des Konsumenten erheblich negativ beeinflussen und
somit das Urlaubsvergnügen trüben.
31
Der nächste Abschnitt zeigt das stetige Wachstum des Kurzurlaubsmarktes auf. Ferner
wird auf Trends in diesem Marktsegment eingegangen. Dies soll die Bedeutung des in
Rede stehenden Segments veranschaulichen.
2.3 Städtekurzreisemarkt und Trends
Der Kurzurlaubsmarkt verzeichnete in den letzten Jahrzehnten eine positive
Entwicklung. Die Kurzurlaubsreiseintensität, d. h. der Anteil der Bevölkerung, der eine
der in Rede stehenden Reisen unternommen hat, ist in Deutschland in den letzten 30
Jahren von ca. 25 % auf 38 % gestiegen. Dies bedeutet, dass z. B. im Jahr 2001 mehr als
24 Millionen Deutsche eine solche Reise unternommen haben. Die Gesamtzahl der
Kurzurlaubsreisen betrug 2001 ca. 58 Mio., d. h., dass durchschnittlich mehr als zwei
Reisen von den Kurzurlaubern unternommen wurden. Von Bedeutung ist darüber
29
vgl. Pompl (1996), S. 37f.
30
vgl. Holloway (2002), S.5
31
vgl. Pompl, (1996), S. 38f.

Kapitel 2: Kurzurlaube
9
hinaus, dass die Kurzurlaubsreisen nicht als Substitut für längere Reisen stehen. Sie
werden eher ergänzend zu den Haupturlaubsreisen durchgeführt.
32
Das Interesse an Städtereisen nahm in den letzten Jahren ebenfalls stetig zu. Im Jahre
1997 gaben 13 % der Bevölkerung an eine solche Reise unternommen zu haben. Dieser
Anteil steigerte sich auf 18 % im Jahr 2002. Insbesondere der Städtetourismus in
Großstädten von mehr als 100.000 Einwohnern verzeichnet seit Beginn der neunziger
Jahre Zuwächse.
Die durchschnittliche Wachstumsrate war meistens über 2 %.
33
34
Nach einer Trendstudie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen könnten sich
die aufgezeigten Entwicklungen im gesamten Kurzurlaubsreisemarkt weiter verstärken.
Mögliche Szenarien gehen von maximal 105,3 Mio. Kurzurlauben im Jahr 2010
(minimal 71,8 Mio.) und einer Kurzurlaubsreiseintensität von maximal 55 % (minimal
45 %) aus. Die Gründe für dieses Wachstum werden in der steigenden Mobilität und
Bildung der Bevölkerung gesehen. Des Weiteren wird das zunehmende Angebot sog.
Events wie z. B. der Fußballweltmeisterschaft einen Anstieg bewirken. Schließlich wird
der Anteil von Senioren mit ausreichend finanziellen Ressourcen steigen und dadurch
den positiven Trend verstärken. Einschränkend muss jedoch konstatiert werden, dass
die aufgezeigten Trends nicht gleichsam für alle Segmente des Kurzurlaubreisemarktes
gelten. Es wird insbesondere von Bedeutung sein wie inländische Destinationen sich
gegenüber den ausländischen positionieren können, die durch sinkende Flugpreise
vermehrt als mögliche Urlaubsziele in Betracht gezogen werden.
35
36
Nachdem das Analyseobjekt festgelegt, die Besonderheiten des Produkts Reise
herausgestellt und die Bedeutung des Städtekurzreisemarktes skizziert wurden, soll das
nächste Kapitel den Entscheidungsprozess für eine Städtekurzreise analysieren. Hierfür
wird zunächst die Kaufentscheidung definiert, um in der Folge so genannte
Kaufentscheidungstypen zu betrachten. Schließlich wird eine prozessuale Sichtweise für
die Analyse in Form von Kaufentscheidungsmodellen eingenommen
32
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 6ff.
33
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 10ff.
34
vgl. Spörel (2004), S. 428 Schaubild 8
35
vgl. Danielsson et al. (2003), S.23ff.
36
vgl. Paperlein (2005), S. 18

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
10
3
Entscheidungsprozess
3.1 Die Kaufentscheidung
Eine Kaufentscheidung ist die Auswahl von einem Produkt, meist aus mehreren
vergleichbaren Leistungsangeboten zum freiwilligen Austausch gegen Geld. Dabei kann
es sich um Sachgüter, Dienstleistungen oder Rechte handeln.
37
Je nachdem, ob man den
Entscheidungsbegriff weit oder eng fasst, wird der gesamte Kaufentscheidungsprozess
von der Wahrnehmung bis zum Produktkauf oder nur das Zustandekommen des
Kaufentschlusses betrachtet.
38
In Abschnitt 3.2 soll zunächst die vereinfachende
Darstellung der Kaufentscheidung in Form von Kaufentscheidungstypen betrachtet
werden, die im Anschluss in Abschnitt 3.3 für eine prozessuale Sichtweise in Form von
Kaufentscheidungsmodellen aufgegeben wird.
Der Städtekurzreisende sieht sich mit einer Vielzahl von konkurrierenden Destinationen
konfrontiert. Nach der Auswahl der Destination muss eine Kaufentscheidung für den
Transport, die Unterkunft und für die verschiedenen Aktivitäten, die in der jeweiligen
Stadt unternommen werden sollen, getroffen werden. Letzteres kann auch in der
jeweiligen Stadt ausgewählt werden. Die Entscheidung für eine Städtekurzreise ist
demzufolge eine Kaufentscheidung.
39
3.2 Kaufentscheidungstypen
Kaufentscheidungen laufen äußerst unterschiedlich ab. Nicht jede Kaufentscheidung ist
in ihrer zeitlichen Ausdehnung und kognitiven Verarbeitungsintensität gleich. Dies
kann man sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen, indem man den Kauf von
Zahnpasta mit dem eines Hauses vergleicht. Letztere Entscheidung wird wesentlich
intensiver und unter stärkerer kognitiver Kontrolle ablaufen.
Einen ersten Ordnungsversuch für verschiedene Kaufentscheidungen nahm Kantona im
Jahr 1960 vor.
40
Er unterscheidet die echte Kaufentscheidung und das habituelle
Verhalten. Ersteres werde nur gelegentlich bei neuartigen Situationen auftreten und
37
vgl. Kuß und Tomczak (2000), S. 88
38
vgl. Kroeber-Riel und Weinberg (1996), S. 358
39
vgl. Mathieson und Wall (1989), S. 26
40
vgl. Kantona (1960), S. 57ff.

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
11
erfordere die Lösung eines Problems auf eine neue Art und Weise. Diese Art von
Entscheidung sei ferner durch eine hohe Ich-Beteiligung und einen beträchtlichen
Bedarf an Informationen gekennzeichnet.
41
Sie wird auch als extensive
Kaufentscheidung bezeichnet.
42
Im Gegensatz hierzu steht das habituelle Verhalten, das
alltägliches und übliches Handeln in ähnlichen und bekannten Situationen darstelle.
Hier kann man auch von Routineverhalten sprechen.
43
Diese von Kantona eingeführte Typologie wurde von Howard und Sheth
44
(1969) um
die limitierte und von Weinberg
45
(1981) um die impulsive Kaufentscheidung ergänzt.
Die limitierte Kaufentscheidung zeichne sich dadurch aus, dass der Konsument bereits
über bewährte Entscheidungskriterien verfügt, die er durch Kauferfahrung erworben hat
und zur Entscheidungsfindung heranzieht. Für keine der zur Verfügung stehenden
Alternativen bestehe eine eindeutige Präferenz. Sobald ein Produkt den Ansprüchen des
Konsumenten genüge, werde der Entscheidungsprozess abgebrochen und die
Alternative akzeptiert. Der kognitive Problemlösungsaufwand sei begrenzt, weil
lediglich Produktalternativen miteinander verglichen werden.
46
Bei Impulskäufen liegen meistens eine starke Reizsituation und eine emotionale
Aufladung vor. Sie seien ungeplant und unterliegen kaum der kognitiven Kontrolle des
Konsumenten. Weinberg geht davon aus, dass diese Art von Entscheidung meist bei
ausgeprägten, zumeist latenten Bedürfnissen z. B. dem Verlangen nach einem Stück
Schokolade vorliegt, soweit diese nicht durch situative Hemmnisse z. B. der
Anwesenheit einer kontrollierenden Referenzperson unterdrückt werden.
47
Die folgende
Tabelle fasst die Charakteristika der verschiedenen Entscheidungstypen zusammen:
41
vgl. Foscht und Swoboda (2004), S. 149
42
vgl. Howard and Sheth (1969), S. 27
43
vgl. Kantona (1960), S. 57ff.
44
vgl. Howard and Sheth (1969), S. 27
45
vgl. Weinberg (1981), S. 14
46
vgl. Weinberg (1981), S. 13f.
47
vgl. Weinberg (1981), S. 14

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
12
impulsive Kaufentscheidung
limitierte Kaufentscheidung
Ungeplant/gedanklich kaum kontrolliert
Starke Reizsituation
Emotionale Aufladung
vorhandene Erfahrungen
keine eindeutigen Präferenzen
begrenzte Anzahl von Alternativen
habitualisierte Kaufentscheidung
extensive Kaufentscheidung
geringe kognitive Kontrolle
quasi automatischer Prozess
hohe kognitive Beteiligung
starke Ich-Beteiligung
Tabelle 01: Charakteristika der Kaufentscheidungstypen
48
Eine Zusammenführung der obigen Entscheidungstypen kann in zeitlicher Hinsicht
unternommen werden. Zu Beginn steht die extensive Kaufentscheidung mit
umfassenden Problemlösungsprozessen. Durch stetige Wiederholungskäufe einer
Produktkategorie sinkt die Menge der verwendeten Informationen pro Kaufakt, da der
Konsument Erfahrung gesammelt hat und über bewährte Entscheidungskriterien
verfügt. Am Ende des Kontinuums befindet sich die habituelle Kaufentscheidung. Hier
entscheidet das Individuum kaum noch, sondern hält an bewährtem Routineverhalten
fest. Die Wahrscheinlichkeit für den wiederholten Kauf gleicher Produkte ist hier am
höchsten.
49
Städtekurzreisen weisen einen hohen Anteil an Immaterialität auf. Ferner handelt es
sich um Erfahrungsgüter, da ex ante nicht die Qualität einer Reisedienstleistung
festgestellt werden kann.
50
Test- und Impulskäufe werden deshalb tendenziell selten
vorzufinden sein.
51
Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass das
wahrgenommene Kaufrisiko bei Dienstleistungen größer ist als bei Sachgütern.
52
Eine habitualisierte Kaufentscheidung wird bei Städtekurzreisen vom Autor der
vorliegenden Arbeit auch nicht vermutet, da es sich nicht um den Kauf von alltäglichen
Gütern handelt. Der Reisende sucht vielmehr abstrakte Aspekte wie Erholung,
Kontakte, Bildung und Erlebnisse.
53
Seine Ich-Beteiligung wird bei einer derartigen
48
Quelle: siehe Darstellung Foscht und Swoboda (2004), S. 149
49
vgl. Kuß und Tomczak (2000), S. 94f.
50
vgl. Zeithaml (1991), S. 40 Abbildung 1
51
vgl. Murray (1991), S. 13ff.
52
vgl. Zeithaml (1991), S.44.
53
vgl. Bernkopf (1983), S. 63

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
13
Entscheidung zu hoch sein, um von einem automatisch ablaufenden Prozess sprechen
zu können.
Der Autor der vorliegenden Arbeit nimmt an, dass es sich bei Städtekurzreisen um eine
limitierte Kaufentscheidung handelt. Die Ich-Beteiligung bzw. das Involvement
54
des
Reisenden wird zwar aufgrund der Eigenart des Produktes hoch sein, es ist aber
anzunehmen, dass der Entscheider bereits über Kauferfahrung
55
verfügt. Er sieht sich
demzufolge nicht mit einem für ihn neuen Problem konfrontiert, sondern kann auf
bewährte Entscheidungsheuristiken zurückgreifen. Schließlich wird er nur eine
begrenzte Anzahl von Städten bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen.
56
57
3.3 Kaufprozessmodelle
In Abschnitt 3.2 wurde die Kaufentscheidung vereinfachend als Einheit betrachtet. In
diesem Abschnitt sollen Modelle dargestellt werden, die den gesamten Prozess der
Kaufentscheidung analysieren. Im Folgenden soll unter einem
Kaufentscheidungsmodell Folgendes verstanden werden:
,,Modelle des (Kauf-)Entscheidungsverhaltens sind vereinfachende
Abbildungen der Wirklichkeit. Sie umfassen eine systematische
Auswahl von Größen (Variablen), die zueinander in Beziehung
gesetzt werden und das Zustandekommen des (Konsumenten-)
Verhaltens theoretisch erklären."
58
In der Literatur wird zwischen stochastischen, Struktur- und Simulationsmodellen
unterschieden.
59
Die Modelltypen unterscheiden sich bezüglich der Herangehensweise,
d. h. wie das menschliche Verhalten erklärt werden soll. Als Grundmodell zur
Untersuchung des Käuferverhaltens kann das ,,Black-Box-Modell" angesehen werden.
60
54
,,Involvement ist der Aktivierungsgrad bzw. die Motivstärke zur objektgerichteten Informationssuche, -
aufnahme, -verarbeitung und ­speicherung." Trommsdorff (2003), S. 56
55
vgl. Danielsson et al. (2003), S. 7
56
vgl. Foscht und Swoboda (2004), S. 153
57
vgl. Woodside und Sherrell (1979), S. 17
58
Kroeber-Riel und Weinberg (1996), S.363
59
vgl. Kroeber-Riel und Weinberg (1996), S.363
60
vgl. Tostmann (1982), S. 10

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
14
Abbildung 02: Black-Box Modell
61
Stochastische Modelle konzentrieren sich ausschließlich auf die Variablen Input und
Output und versuchen Beziehungen zwischen diesen beiden Größen herzustellen. Der
menschliche Organismus wird völlig ausgeblendet. Die übrigen, nicht berücksichtigten
Einflussfaktoren finden durch eine Zufallskomponente Eingang in das Modell. Je
nachdem wie diese Zufallskomponente im Modell abgebildet wird, unterscheidet man
zwischen ökonometrischen und vollstochastischen Modellen. Diese Modellklasse folgt
weitestgehend dem behavioristischen S-R-Paradigma.
62
63
In der folgenden
Untersuchung wird diese Modellklasse nicht zur Analyse des Entscheidungsprozesses
herangezogen. Stochastische Modelle sind eher für die Betrachtung von Kaufsituationen
mit schwacher kognitiver Kontrolle sowie geringem Involvement geeignet. Sie
konzentrieren sich nicht auf die Erklärung des Entscheidungsprozesses, sondern auf die
stochastische Natur desselben.
64
Simulationsmodelle sind Techniken zur numerischen Auswertung eines quantitativen
Modells. Mit Hilfe der Simulation werden durch Variation der Inputdaten alternative
Systemzustände erzeugt. Dies geschieht auf experimenteller Basis.
65
Es können
entweder Strukturmodelle oder stochastische Modelle simuliert werden. Aufgrund
dessen ist es in der Literatur umstritten, ob es sich tatsächlich um eine eigenständige
Modellklasse handelt.
66
Die Schwierigkeit bei der Anwendung solcher Modelle ist darin
zu sehen, dass große Mengen von Daten nötig sind, die zum Teil nicht direkt erhoben
67
werden können. Ferner müssen bei der Simulation von den noch darzustellenden
Strukturmodellen funktionale Beziehungen zwischen den Variablen hergestellt werden,
61
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Bensch (1996), S. 4
62
vgl. Bensch (1996), S. 139
63
vgl. Kroeber-Riel und Weinberg (1996), S. 29f.
64
vgl. Lilien et al. (1992), S. 31
65
vgl. Pepels (1995), S. 25
66
vgl. Bensch (1996), 3f.
67
nicht direkt beobachtbare Variablen

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
15
was sich als schwierig erweist.
68
69
Diese Modellklasse wird zur Analyse des
Entscheidungsprozesses eines Städtekurzreisenden ebenfalls nicht herangezogen.
Die in der Konsumentenforschung am häufigsten betrachtete Modellklasse sind
Strukturmodelle.
70
Diese untergliedern sich in System- und Entscheidungsnetzansätze.
Erstere versuchen im Gegensatz zu den stochastischen Modellen neben den Input- (S)
und Output- (R) Variablen auch die nicht beobachtbaren Vorgänge im Inneren des
Organismus (O), sog. intervenierende Variablen zur Erklärung des Käuferverhaltens
heranzuziehen. Sie versuchen den eigentlichen Kaufentscheidungsprozess innerhalb der
,,Black Box" mit Hilfe theoretischer Konstrukte zu strukturieren und stellen Hypothesen
über deren Wechselbeziehungen auf. Intervenierende Variablen umfassen aktivierende
Komponenten wie Emotion, Motivation und Einstellung sowie kognitive Bestandeile
wie Wahrnehmung, Denken und Lernen.
71
Entscheidungsnetzansätze hingegen bedienen sich induktiver Methoden zur Erklärung
des Käuferverhaltens. Hier wird im Gegensatz zu den Systemmodellen erst eine
empirische Erhebung vollzogen und hieraus werden Hypothesen über das Verhalten der
Konsumenten abgeleitet. Dies geschieht mit Hilfe des Entscheidungsnetzansatzes,
wonach durch lautes Denken der Konsumenten beim Kaufakt Entscheidungsnetze
konstruiert werden, aus denen auf das Verhalten in einer spezifischen Situation
geschlossen werden soll.
72
Strukturmodelle stehen in der Tradition des
neobehavioristischen S-O-R- Paradigmas.
73
Die Systemmodelle sind darüber hinaus in Total- und Partialmodelle zu unterscheiden.
Partialmodelle beschäftigen sich mit einem Ausschnitt der Black-Box, z. B. der
aktivierenden Komponente Motivation, wohingegen Totalmodelle eine umfassende
verhaltenswissenschaftliche Durchdringung des ,,schwarzen Kastens" auf aktivierender,
kognitiver und individueller Ebene versuchen. Die bekanntesten Totalmodelle sind die
68
vgl. Topritzhofer (1974b), S. 576
69
vgl. Topritzhofer (1974a), S. 465
70
vgl. Kroeber-Riel und Weinberg (1996), S. 363
71
vgl. Topritzhofer (1974a), S.463ff.
72
vgl. Topritzhofer (1974a), S. 466ff.
73
vgl. Pepels (1995), S. 23ff.

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
16
Kaufentscheidungsmodelle von Howard/Sheth (1969)
74
, Engel/Kollat/Blackwell
(1973)
75
und Nicosia (1966)
76
.
77
Im Folgenden soll kurz beispielhaft für ein besseres
Verständnis der Kaufprozessmodelle das Totalmodell von Engel/Kollat/Blackwell
dargestellt werden. Diesem wurde der Vorzug gegenüber den anderen gegeben, da die
Strukturierung der Variablen eher dem Verlauf und der Analyse dieser Arbeit folgt.
Abbildung 03: Kaufprozessmodell von Engel/Kollat/Blackwell
78
Bei diesem Modell handelt es sich um ein Phasenmodell. Die drei Hauptprozesse der
Kaufentscheidung sind der Informationsverarbeitungs-, Entscheidungs- und
Bewertungsprozess. Ferner wird eine feinere Einteilung in Problemerkenntnis,
Informationssuche, Alternativenbewertung, Entscheidung und Entscheidungsfolgen
vorgenommen.
79
Den Startpunkt des Entscheidungsprozesses bildet ein wahrgenommener
Mangelzustand. Dieser wird durch aktivierende Motive oder extern wirkende Stimuli
ausgelöst. Daraufhin beginnt das Individuum mit seiner Informationssuche, um den
Mangelzustand zu beseitigen, dabei hängt die Intensität der Suche vom Saldo aus
74
siehe Howard, J.A.; Sheth, J.N. (1969): The Theory of Buyer Behaviour, New York [u.a.], 1969.
75
siehe z.B. Engel, J.F.; Blackwell, R.D.; Miniard, P.W (2001): Consumer Behaviour, 9.Aufl., Chicago
[u.a]:Dryden Press, 1995.
76
siehe Nicosia, Francesco M. (1966): Consumer decision processes: Marketing and advertising
implications, Englewood Cliffs, N. J.: Prentice-Hall 1966.
77
vgl. Pepels (1995), S. 68ff.
78
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Blackwell et al. (2001), S. 81
79
vgl. Blackwell et al. (2001), S. 71ff.

Kapitel 3: Entscheidungsprozess
17
Informationskosten und dem antizipierten Nutzen ab. Je höher dieser ist, desto stärker
ist die Intensität. Bei der Informationsverarbeitung kommt es ferner zu
Informationsverlusten und Verzerrungen aufgrund von selektierter Zuwendung seitens
des Individuums. Die so gewonnenen Informationen werden mit den eigenen
Einstellungen, der Situation und Verhaltensabsichten abgeglichen, um daraufhin als
Basis des Bewertungsprozesses zu dienen. In diesen fließen wiederum die individuellen
Charakteristika des Konsumenten sowie externe Einflüsse des Umfelds z. B. die Kultur
oder der Einfluss der Familie ein. Das Ergebnis dieses Bewertungsprozesses ist die
Kaufentscheidung, der sich die Nachkaufbewertung anschließt. Die Folge dieser
Nachkaufbewertung ist entweder Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit seitens des
Käufers, was sich positiv bzw. negativ auf Folgeentscheidungen auswirken kann.
80
In der Form wie das Kaufprozessmodell, von Engel, Blackwell und Kollat oben
dargestellt ist, repräsentiert es eine extensive Kaufentscheidung. Engel et al. weisen
zwar darauf hin, dass durch Überspringen einzelner Phasen bzw. Modifikation auch
andere Entscheidungstypen erklärt werden könnten, zeigen jedoch nicht, wie ein solches
Modell konkret aussehen könnte.
81
Zur Analyse des Entscheidungsprozesses eines Städtekurzreisenden sollen
Strukturmodelle herangezogen werden, da die überwiegende Anzahl der Modelle zur
Reiseentscheidung diesen zuzuordnen ist.
82
4
Die Reiseentscheidung
Im ersten Abschnitt dieses Kapitels wird die Reiseentscheidung definiert und auf die
wesentlichen Teilentscheidungen, die vor Antritt einer Reise zu treffen sind,
eingegangen. In der Folge wird die Struktur des Entscheidungsprozesses eines
Städtekurzreisenden anhand der wesentlich Einflussfaktoren, die auf die Entscheidung
einwirken, analysiert.
80
vgl. Blackwell et al. (2001), S. 72ff.
81
vgl. Blackwell et al. (2001), S. 86ff.
82
vgl. Gilbert (1991), S. 79

Kapitel 4: Die Reiseentscheidung
18
4.1 Definition
Die Reiseentscheidung ist der Entscheidungsprozess bzw. die Summe von
Teilentscheidungen, die eine Person vor Antritt einer Reise zu treffen hat.
83
Es handelt
sich dabei ferner um eine Kaufentscheidung, da aus mehreren vergleichbaren
Leistungsangeboten jeweils eine Alternative ausgewählt werden muss.
Analytisch lassen sich bei der Reiseentscheidung mehrere Teilentscheidungen
identifizieren, die eine homogene Gesamtentscheidung darstellen müssen
84
.
Freiheitsgrade bestehen u. a. im Hinblick auf das Verkehrsmittel, die Unterkunft, die
Destination und die Reiseausgaben. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass viele
dieser analytisch differenzierbaren Teilentscheidungen in der Realität nicht existieren,
sondern dass viele dieser Subentscheidungen zusammenhängen. Die wichtigsten
Einzelentscheidungen, die weitestgehend den Rest der analytisch differenzierbaren
Subentscheidungen determinieren, sind die Wahl der Destination sowie die Art des
Urlaubs.
85
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Städtereisen, einer speziellen Form von
Kurzurlauben. Die Art des Urlaubs wird nach Ansicht des Autors wesentlich durch die
Aktivitäten, die der Urlauber in der jeweiligen Stadt unternehmen möchte, bestimmt.
Wenn der Städtekurzreisende ausschließlich Museen oder kulturelle Einrichtungen
besucht, dann handelt es sich eher um einen kulturorientierten Urlaub, wohingegen das
Besuchen von Nachtclubs einen völlig anderen Städtekurztrip zur Folge hätte.
Auf die einzelnen Subentscheidungen wirken ferner verschiedene interne und externe
Faktoren ein, die den Entscheidungsprozess wesentlich beeinflussen.
86
Diese werden in
Abschnitt 4.2 herausgearbeitet und in den Kapiteln 5 und 6 analysiert. Schließlich
wendet sich die Betrachtung in Kapitel 7 den wesentlichen Teilentscheidungen
Destinationswahl und Aktivitäten vor Ort zu.
83
vgl. Braun (1993), S. 302
84
vgl. Braun (1993), S. 302
85
vgl. Hahn und Hartman (1973), S. 9ff.
86
vgl. Braun (1993), S. 302

Kapitel 4: Die Reiseentscheidung
19
4.2 Struktur
Ein einziges, universelles Modell, das das Entscheidungsverhalten der Konsumenten in
jeglichem Kontext, insbesondere im touristischen, beschreibt und vorhersagt, existiert
nicht.
87
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Entscheidungsstile individuell sind
und bei unterschiedlichen Reisetypen variieren.
88
Ein einziges Modell darzustellen, das
für alle Entscheidungsträger in jeder Situation passend ist, würde demzufolge wenig
realistisch sein
89
. Sirakaya und Woodside (2005) haben in ihrer Synthese zu
Systemmodellen der Reiseentscheidung vier wesentliche Gruppen von Variablen
identifiziert, die zur Erklärung des Entscheidungsprozesses von Reisenden
herangezogen werden: zunächst individuelle Variablen wie Einstellung, Werte,
Lebensstil, Motivation und Persönlichkeit; darüber hinaus externe und interpersonelle
Variablen. Hierzu zählen Hindernisse, Marketingstimuli, Einfluss der Familie, Kultur,
soziale Klasse sowie Machtstruktur und Entscheidungsverhalten innerhalb von
Gruppen. Ferner werden die Charakteristika der Reise als Variablengruppe angeführt.
Hierunter fallen Entfernung, Zeitpunkt, Gruppengröße und Dauer des Urlaubs.
Schließlich werden die während der Reise erlebten Stimmungen und Gefühle sowie die
Nachkaufbewertung seitens des Reisenden als Bestimmungsgrößen angeführt. Der
konkrete Entscheidungsprozess und die Wahl einer Destination werden entscheidend
davon abhängen, wie die zuvor dargestellten Faktoren auf den Reisenden einwirken.
90
Aufgrund der Tatsache, dass kein spezifisches Modell zur Erklärung des
Entscheidungsprozesses eines Städtekurzreisenden existiert und die Darstellung eines
einzigen Modells nicht den verschiedenen Entscheidungsstilen und Situationen der
Individuen gerecht werden würde, soll sich die folgende Betrachtung nicht auf ein
einziges Modell beschränken. Auch wird nicht der typische Phasenverlauf der
Kaufprozessmodelle zur Strukturierung zu Grunde gelegt, da diese Modelle nicht
speziell zur Analyse der Reiseentscheidung entwickelt wurden. Stattdessen werden die
im Kontext von Städtekurzurlauben wesentlichen Variablen und Teilentscheidungen zur
87
vgl. Sirakaya und Woodside (2005), S. 816
88
vgl. Sirakaya et al. (1996), S. 73ff.
89
vgl. Sirakaya und Woodside (2005), S. 828
90
vgl. Sirakaya und Woodside (2005), S. 823

Kapitel 4: Die Reiseentscheidung
20
Analyse herangezogen. Welche die wichtigsten Teilentscheidungen innerhalb der
Reiseentscheidung des Städtekurzreisenden sind, wurde bereits in Abschnitt 4.1
erläutert. Die Auswahl der im Folgenden darzustellenden Variablen ist jedoch
erklärungsbedürftig.
Die Art des Urlaubs ist bereits durch das Untersuchungsobjekt dieser Arbeit festgelegt.
Außerdem soll sich die Darstellung auf den eigentlichen Entscheidungsprozess, der zur
Auswahl einer Stadt und der dort unternommenen Aktivitäten führt, beschränken. Dies
schließt die Betrachtung der Nachkaufbewertung und der Stimmungen bzw. Gefühle,
die während der Reise empfunden werden, aus. Es sollen deshalb ausschließlich
individuelle, externe und interpersonelle Einflussfaktoren dargestellt werden. Hier
spielen die Motivation bzw. die Motive des Reisenden eine entscheidende Rolle, denn
ohne Motivation seitens des Individuums gibt es keinen Entscheidungsprozess.
91
Ferner
ist die Einstellung des Reisenden gegenüber einer Stadt entscheidend für die Auswahl
derselben. Besitzt der potentielle Reisende eine positive Einstellung gegenüber einer
Destination, dann wird diese vermutlich als mögliche Reisealternative innerhalb eines
bestimmten Zeitraums in Betracht gezogen. Das Einstellungskonstrukt gehört mithin zu
den am meisten untersuchten Konstrukten in der Konsumentenforschung und wird
deshalb auch in die Analyse mit einbezogen.
92
Schließlich ist die Persönlichkeit des
Reisenden als moderierender Einflussfaktor innerhalb der Reiseentscheidung wichtig.
Reisen kann als eine Form von Freizeit angesehen werden, innerhalb der das
Individuum im Gegensatz zur Arbeitswelt weniger Normen und Zwängen unterworfen
ist. Der Konsument wird daher während seiner Freizeit in den meisten Fällen seine
Reiseaktivitäten frei wählen, so dass diese Ausdruck seiner individuellen Persönlichkeit
sind.
93
Da Städtekurzreisen in den überwiegenden Fällen zusätzlich zu den jährlichen
Haupturlauben unternommen werden und auf Erstere auch am ehesten verzichtet wird,
können diese insbesondere als frei gewählte Freizeitbeschäftigung angesehen werden.
94
Die Persönlichkeit wird deshalb nach Meinung des Autors einen besonderen Einfluss
ausüben.
91
vgl. Mansfeld (1992), S. 401
92
vgl. Um und Crompton (1990), S. 433ff.
93
vgl. Furnham und Heaven (1999), S. 219
94
vgl. Feige und Richter (2005), S. 21 Folie 17

Kapitel 4: Die Reiseentscheidung
21
Bei den externen und interpersonellen Faktoren beschränkt sich die Darstellung auf
Reisehindernisse und die Familie als spezielle Form der Referenzgruppe. Bei
Städtekurzreisen handelt es sich um zusätzliche, den Haupturlaub ergänzende
Urlaubsreisen. Reisehindernisse, insbesondere strukturelle, wie finanzielle Ressourcen
und Zeit, werden demgemäß eine entscheidende Rolle spielen. Schließlich stellt die
Familie als primäre Referenzgruppe einen wichtigen Einflussfaktor da; sie stellt mithin
die zentrale soziale Gruppe da, in der die meisten Menschen ihre Freizeit bzw. ihren
Urlaub verbringen.
95
Da Städtekurzreisen in den meisten Fällen wahrscheinlich nicht
allein unternommen werden, wird diese Variable ebenfalls mit einbezogen.
96
Der Rest
des Abschnitts soll kurz darstellen, wie die genannten Einflussfaktoren und
Teilentscheidungen zusammenhängen.
Abbildung 04: Struktur des Entscheidungsprozesses bei Städtekurzreisen
97
Der Städtereisende muss zunächst die generische Entscheidung treffen, ob er überhaupt
einen Urlaub unternehmen will oder nicht.
98
Dies wird wesentlich durch seine
finanziellen Ressourcen, Motive bzw. seine Motivation gesteuert.
99
Daraufhin muss er
sich für eine bestimmte Destination entscheiden. Die Wahl der Destination wiederum
determiniert wesentlich die Aktivitäten, die der Tourist vor Ort unternimmt und vice
versa. Ein Besuch von Orlando z. B. könnte das Interesse des Reisenden auf
95
vgl. Crompton (1981), S. 552
96
vgl. Aderhold (2004), S. 36
97
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Woodside und McDonald (1994), S. 33
98
vgl. van Raaij und Francken (1984), S. 103f.
99
vgl. Mansfeld (1992), S. 401

Kapitel 4: Die Reiseentscheidung
22
DisneyWorld lenken und umgekehrt.
100
Zwischen den Teilentscheidungen bestehen
demzufolge Interdependenzen.
101
Bei der Bewertung der verschiedenen Destinationen
spielen die Einstellung bzw. das Image, was der Reisende von der Destination hat,
sowie seine Persönlichkeit eine entscheidende Rolle. Ferner muss der
Städtekurzreisende interpersonelle Faktoren wie z. B. die Abstimmung des
Reisezeitpunktes mit seinem Reisepartner und/oder der Familie berücksichtigen.
Schließlich üben bestimmte Hindernisse wie z. B. mangelnde finanzielle Ressourcen
oder Zeit einen erheblichen Einfluss auf die Reiseentscheidung aus. Die Kapitel 5 bis 7
beleuchten die einzelnen Bestimmungsfaktoren und Teilentscheidungen des
Städtekurzreisenden.
Das nächste Kapitel beginnt mit dem wichtigsten individuellen Einflussfaktor,
namentlich der Motivation bzw. den Motiven des Reisenden. Hierfür werden zunächst
einige Definitionen beleuchtet, um im Anschluss die in der Tourismusforschung
adaptierten klassischen Motivationstheorien auf ihren Erklärungsbeitrag hin zu
analysieren. In der Folge wird die gängige dichotome Unterteilung von Reisemotiven
skizziert, um dann das Reisemotivmodell von Iso-Aloha dazustellen. Den Schluss des
Abschnitts 5.1 bildet eine kritische Würdigung des Konstrukts der Motivation in der
Tourismusforschung.
5
Individuelle Einflussfaktoren
5.1 Motiv und Motivation
5.1.1 Definition und Abgrenzung
Die Begriffe Motivation und Motiv werden in der Literatur nicht einheitlich verwendet.
Allgemein beschreibt die Motivation eines Individuums alle Bedingungen, die zu einer
Handlung führen, während Motive individuelle Besonderheiten darstellen, die
Bestandteil der Motivation sind.
102
100
vgl. Woodside und McDonald (1994), S. 37
101
vgl. Fukuda und Morichi (2001), S.47ff.
102
vgl. Heckhausen (1980), S. 23ff

Kapitel 5: Individuelle Einflussfaktoren
23
Atkinson et al. (2001) verstehen unter Motiven diejenigen Beweggründe eines
Individuums, die Verhalten hervorrufen und diesem Energie und eine Richtung
verleihen. Wenn ein Motiv wirksam wird, dann befindet man sich in einem Zustand der
Motivation.
103
Eine andere Definition betont den Prozesscharakter der Motivation. Sie wird z. B. als
,,Prozess des Aktivierens, des Aufrechterhaltens der Aktivität und der Regulierung und
Steuerung der Verhaltensmuster"
104
verstanden.
Weitere Begriffsbestimmungen betonen ferner die Situation, in der sich das Individuum
befindet. Graumann (1969) konstatiert z. B., dass Motivation ,,dasjenige in und um uns
ist, was uns dazu bringt, treibt, bewegt, uns so und nicht anders zu verhalten."
105
Schließlich akzentuieren andere Autoren, dass Motive zur Verfolgung persönlicher
Ziele dienen. Sie umschreiben die Neigung zur Bewertung bestimmter
Handlungsklassen
106
oder dienen der Organisation von Zielengagement, d. h.
Wahrnehmungen, Gedanken, Emotionen und Aktivitäten in der Weise zu koordinieren,
um Ziele zu erreichen.
107
Motivation kann demzufolge als ein Sammelbegriff für alle Prozesse und Konstrukte
verstanden werden, mittels derer man versucht eine Antwort auf die Frage des ,,Warum"
menschlichen Verhaltens zu bekommen.
108
Die Betrachtung wendet sich in der Folge den klassischen Motivationstheorien und
deren Adaption in der Tourismusforschung zu.
5.1.2 Grundlegende Motivationstheorien und touristische Adaption
Motivationstheorien werden in Inhalts- und Prozesstheorien unterteilt. Erstere
beschreiben, welche Motive im Individuum Verhalten erzeugen, wohingegen
Prozesstheorien erklären, wie das Verhalten zustande kommt. Zu den bekanntesten
103
vgl. Atkinson et al. (2001), S. 343f.
104
Young (1961), S. 23f.
105
Graumann (1969), S.1
106
vgl. Schmalt (2004), S. 613f.
107
vgl. Heckhausen und Heckhausen (2005), S. 1ff.
108
vgl. Thomae (1999), S. 463

Kapitel 5: Individuelle Einflussfaktoren
24
Prozesstheorien zählen die von Vroom (1964) und Festinger (1957), stellvertretend für
die Inhaltstheorien sind die Theorien von Maslow (1954) und Herzberg (1974) zu
nennen.
109
Vrooms Theorie wurde ursprünglich im Kontext der Arbeitsmotivation entwickelt und
zählt zu den Erwartungswerttheorien. Im Allgemeinen behaupten diese, dass die
Ausprägung ein bestimmtes Verhalten zu zeigen davon abhängig ist, mit welchem
Erwartungswert eine bestimmte Konsequenz des Verhaltens eintritt und wie attraktiv
diese Konsequenz für das Individuum ist.
110
Formelhaft lautet die Theorie wie folgt:
111
.
)
*
(
),
*
(
1
1
jk
n
k
k
j
j
j
n
j
ij
i
i
I
V
f
V
mit
V
E
f
F
¦
¦
Die Motivation für ein bestimmtes Verhalten (F) ist eine Funktion (f) der folgenden
Variablen: das Produkt aus Anreizwert (V) und Erwartungswahrscheinlichkeit (E),
wobei der Anreizwert im Hinblick auf die ausgesetzte Belohnung (j) und die
Erwartungswahrscheinlichkeit dahingehend definiert ist, dass das Verhalten (i) zu der
Belohnung (j) führen wird. Der Anreizwert (V) ist eine Funktion (f) von der
Instrumentalität der Belohung (j) im Hinblick auf ein nachgelagertes, höheres Bedürfnis
(k) und des Anreizwertes (V) dieses Bedürfnisses (k). Die Neigung zu einem
bestimmten Verhalten ist nach der obigen Darstellung umso stärker, je positiver die
erwarteten Ergebnisse sind.
112
Vrooms Erwartungswerttheorie wurde von Witt und Wright (1992) auf den
touristischen Kontext übertragen. Hiernach nimmt der Städtereisende eine Destination
in Attribute gegliedert wahr. Die Attraktivität einer Stadt werde sowohl durch die
Attraktivität der Attribute als auch durch die Instrumentalität hinsichtlich der
Herbeiführung valenter
113
und der Vermeidung negativer Ergebnisse determiniert.
Diejenige Destination, die das beste Leistungsbündel aus obigen Faktoren bereitstellt,
werde vom Städtereisenden gewählt. Die Attraktivität einzelner Attribute wird durch die
Bedürfnisse des Reisenden bestimmt, wohingegen die Instrumentalität durch das
109
vgl. O.V. (2006): ,,Motivation", http://www.4managers.de/10-inhalte/asp/Motivation.asp, 19.05.2006.
110
vgl. Lawler (1973), S. 45
111
vgl. Vroom (1964), S. 17f.
112
vgl. Grochla (1978), S.153
113
valenter Ergebnisse heist hier anreizstiftender Ergebnisse.

Kapitel 5: Individuelle Einflussfaktoren
25
Wissen über die Charakteristika der Destination determiniert wird. Einschränkend auf
die in Rede stehenden Faktoren wirken Hindernisse wie Kosten oder andere Präferenzen
z. B. das zur Verfügung stehende Geld für ein anderes Konsumgut zu verwenden. Die
tatsächlich während der Reise wahrgenommenen Charakteristika einer Stadt wirken
dagegen auf die Bedürfnisse und die Attraktivität einzelner Attribute zurück.
114
Die
Attraktivität einer Stadt als solche existiert demzufolge nicht, es ist vielmehr davon
auszugehen, dass jeder Reisende individuell und auf Basis seines Wissens über eine
Stadt dieser eine bestimmte Attraktivität zuschreibt.
115
Witt und Wright führen selbst die Kritikpunkte an ihrer Adaption von Vrooms
Erwartungswerttheorie an: Aufgrund der Komplexität sei das beschriebene Modell nicht
in der Lage individuelles Verhalten zu prognostizieren. Ferner werde es bei Nutzung
des Modells schwierig sein, erschöpfend alle für das Individuum attraktiven Attribute
einer Destination zu definieren sowie deren Attraktivität und Instrumentalität zu
messen. Als positiv führen sie an, dass durch Adaption der Erwartungswerttheorie die in
der Tourismusforschung geläufige Darstellung von einzelnen Reisemotiven als
Erklärung des Reiseverhaltens überwunden werden könne, da somit stärker die
individuellen Unterschiede der Touristen betont würden. Ferner integriere ihre Adaption
Motivationstheorien wie die von Maslow (1954) und berücksichtige darüber hinaus
auch kognitive Aspekte, nämlich die Entscheidung überhaupt in den Urlaub zu fahren
und wohin.
116
Festingers Theorie der kognitiven Dissonanz besagt, dass Individuen dissonante
Relationen zwischen verschiedenen kognitiven Elementen (z. B. Rauchen mit dem
Wissen, das dies schädlich ist) als unangenehm empfinden und bestrebt sind diese
abzubauen.
117
Die Relationen können entweder dissonant, konsonant oder irrelevant
sein. Dissonant bedeutet, dass ein gewisser Widerspruch zwischen den Elementen
besteht, wohingegen konsonant verträgliche, konsistente Relationen beschreibt.
Zwischen irrelevanten Elementen besteht keine Beziehung. Unter kognitiven Elementen
114
vgl. Witt und Wright (1992), S. 46ff.
115
vgl. Wöhler (1997), S. 192
116
vgl. Witt und Wright (1992), S. 49ff.
117
vgl. Festinger (1957), S. 31

Kapitel 5: Individuelle Einflussfaktoren
26
wird das Wissen über die eigene Person, das eigene Verhalten und die Umgebung, die
das Individuum umgibt, verstanden.
118
Das Individuum hat mehrere Möglichkeiten bestehende Dissonanzen zu reduzieren:
119
Es werden neue konsonante Informationen gesucht, die Wichtigkeit
120
einzelner oder
beider Elemente in der dissonanten Relation reduziert oder dissonante Informationen
gemieden.
Aufgegriffen wurde dieser Gedanke in der Tourismusforschung durch die ,,kognitive"
Distanz als eine spezifische Form der Dissonanz. Unter der kognitiven Distanz wird die
vom Reisenden unternommene subjektive Abschätzung einer Distanz bei Abwesenheit
des Schätzobjekts verstanden.
121
Die Einschätzung der Distanz eines sichtbaren Objekts
am Horizont durch den Betrachter würde demzufolge nicht eine kognitive Distanz
generieren, wohingegen Reisende bei der Beurteilung der Distanz zwischen Wohnort
und dem Reiseziel in jedem Fall die in Rede stehende Distanz zur Einschätzung
heranziehen.
Innerhalb der Reiseentscheidung soll die kognitive Distanz Einfluss auf die
Entscheidung haben überhaupt in den Urlaub zu fahren sowie wohin und welche Route
eingeschlagen wird.
122
Hier werden nämlich nicht tatsächliche Distanzen verwendet,
sondern der Reisende greift auf die selbst generierten kognitiven Distanzen zurück,
123
die von den tatsächlichen differieren. Die tatsächliche Distanz zwischen Hamburg und
München liegt bei ca. 775 km. Die wahrgenommene Entfernung, wird jedoch größer
sein, wenn man z. B. die Strecke zu Fuß bewältigen muss. Die kognitive Distanz ist so
bedeutend, da die Überwindung von Distanzen für den Menschen eine erhebliche
Barriere des Reisens darstellt.
124
Insbesondere bei der Destinationswahl wird der kognitiven Distanz ein beträchtlicher
Einfluss zugeschrieben. Reisende, die schon Anstrengungen in Form von
118
vgl. Festinger (1957), S. 9ff.
119
vgl. Festinger (1957), S. 18ff.
120
um das Beispiel mit dem Rauchen aufzugreifen: ein Raucher könnte die Wichtigkeit abmildern, indem
er annimmt, dass der Schaden durch das Rauchen nicht so groß sei und er sowie sterben müsse.
121
vgl. Walmsley und Jenkins (1992), S. 25
122
vgl. Walmsley und Jenkins (1992), S. 24
123
vgl. Cook und McCleary (1983), S. 31
124
vgl. Walmsley und Jenkins (1992), S. 24ff.

Kapitel 5: Individuelle Einflussfaktoren
27
Informationssuche bzgl. einer Stadt unternommen haben, werden die Distanzen zu
diesen Destinationen unterschätzen und somit positiver bewerten, um konsonante
Relationen zwischen ihrem Verhalten und der Bewertung zu erzeugen. Bei
Destinationen, denen geringere Aufmerksamkeit gewidmet wurde, werden die
Distanzen höher eingeschätzt.
125
Die kognitive Entfernung ist somit ein
Beurteilungskriterium bei der Auswahl von Städten, die als wahrscheinliche Ziele
innerhalb eines bestimmten Zeitraums für den Reisenden in Frage kommen.
126
Bei Städtereisenden wird der Einfluss der kognitiven Distanz tendenziell gering sein,
wenn man davon ausgeht, dass die Konsumenten die Distanzen mit dem Flugzeug
überwinden. Es existiert innerhalb Europas ein gut ausgebautes Flugnetz von sog.
,,Billigairlines". Die Preise für Flüge zwischen den Städten variieren nicht so sehr
aufgrund der Entfernung, sondern werden durch den Zeitpunkt der Buchung
bestimmt.
127
Bei der Anreise mit anderen Verkehrsmitteln, wo ein stärkerer
Entfernungs- und Aufwandszusammenhang vorherrscht, dürfte die kognitive
Entfernung jedoch als Einflussfaktor in den Entscheidungsprozess mit einfließen.
Der Kerngedanke von Maslows Motivationstheorie ist die sog. Bedürfnishierarchie. Es
existieren demnach Gruppen von Bedürfnissen, die hierarchisch angeordnet sind. Bevor
ein Individuum nach Bedürfnissen einer höheren Ordnung strebt, müssen die
Bedürfnisse der niedrigeren Ordnung befriedigt werden. Folgende Bedürfnisgruppen,
beginnend mit niedrigster Rangordnung werden unterstellt: 1. physiologische
Bedürfnisse wie Essen und Trinken, 2. Sicherheitsbedürfnisse wie die Freiheit von
Angst und Furcht, 3. Bedürfnis nach Liebe und sozialen Kontakten, 4. Bedürfnis nach
Anerkennung, 5. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Diese Hierarchie ist jedoch
nicht wie oben dargestellt starr, sondern kann von Individuum zu Individuum variieren.
128
So wird angenommen, dass ,,Reisen" zur unmittelbaren Deckung der Grundbedürfnisse
unternommen werden wie z.B. die Fahrten zur Arbeitsstätte oder auf der höchsten
125
vgl. Ankomah et al. (1996), S. 147
126
vgl. Ankomah et al. (1996), S. 139f.
127
siehe z. B. http://www.ryanair.com/site/DE/ für eine sog. Low Cost Carrier Airline.
128
vgl. Maslow (1954), S. 80ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836602662
DOI
10.3239/9783836602662
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (April)
Note
1,3
Schlagworte
kurzurlaub entscheidungsverhalten tourismus städtereise bundling management
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Titel: Analyse von Entscheidungsprozessen für Kurzurlaube
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