Analyse der Einsatzmöglichkeiten von Business Intelligence-Systemen zur strategischen Entscheidungsunterstützung in Wertschöpfungsnetzwerken
Zusammenfassung
Die Globalisierung führt zu stetigen Veränderungen im Umfeld von Unternehmen. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt sind.
Die zunehmende Globalisierung bietet den Unternehmen andererseits aber auch die Chance, weltweit die notwendigen Ressourcen wie Arbeit, Material oder Kapital zu beschaffen. Daneben führt die unaufhaltsam fortschreitende technologische Entwicklung dazu, immer neue Produkte und Prozesse in immer kürzeren Abständen bewerkstelligen zu können. Hinzu kommt die veränderte Kundenerwartung, die zunehmend individuelle Produkte verlangt und hierbei Qualität als selbstverständlich voraussetzt.
Das beschriebene Umfeld zwingt gerade kleinere und mittlere Unternehmen dazu, sich vermehrt auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Fertigungstiefe zu verringern. Die so entstehenden Lücken in den eigenen Fähigkeiten müssen nun außerhalb des eigenen Unternehmens ausgeglichen werden und zwingen zu verstärkter Kooperation.
Durch gezielte Zusammenarbeit und Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen sollen Wettbewerbsvorteile erreicht werden. Dabei haben sich entsprechend der unterschiedlichen Bedürfnisse, die mit einer derartigen Zusammenarbeit verbunden sind, eine Reihe unterschiedlicher Formen der zwischenbetrieblichen Netzwerkorganisation gebildet. Das Wertschöpfungsnetzwerk ist eine davon.
Allen Kooperationsformen zwischen Unternehmen gemeinsam ist die räumlich und zeitlich verteilte Leistungserstellung, woraus die Notwendigkeit erwächst, die bestehenden Aktivitäten und Geschäftsprozesse zwischen den Partnerunternehmen zu lenken und zu koordinieren bzw. partiell zu harmonisieren, sowie zu lenken und gemeinsam zu entscheiden.
Von zentraler Bedeutung zur Erfüllung dieser Aufgaben und somit zum Betrieb des Wertschöpfungsnetzwerks ist, dass alle beteiligten Partner ausreichend und zum richtigen Zeitpunkt mit allen entscheidungsrelevanten Informationen versorgt werden.
Dies ist ohne den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nicht möglich.
Um eine effiziente und erfolgreiche Kooperation zu realisieren, ist es erforderlich, dass die eingesetzte IKT an die spezifischen Anforderungen des Wertschöpfungsnetzwerkes angepasst wird. Nicht nur die eigentliche Leistungserstellung, sondern der gesamte Kooperationsprozess muss dabei unterstützt werden.
Mit der gestiegenen Bedeutung von Unternehmensnetzwerken hat sich ein Forschungsgebiet etabliert, […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionen
2.1 Business Intelligence
2.2 Wertschöpfungsnetzwerk
2.3 Entscheidungsprozess
3 Strategische Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken
3.1 Entscheidungen im Wertschöpfungsnetzwerk
3.1.1 Entscheidungskategorien
3.1.1.1 Strategische Entscheidungen
3.1.1.2 Entscheidungen über Leistungspotenziale
3.1.1.3 Operative Entscheidungen
3.1.2 Strategie – eine Definition
3.2 Besonderheiten und besondere Anforderungen an die strategischen Entscheidungen im Wertschöpfungsnetzwerk
3.2.1 Führung und Koordination
3.2.2 Kernkompetenz
3.2.3 Abhängigkeit und Vertrauen
3.2.4 Weitere Besonderheiten
4 Business Intelligence-Systeme zur Unterstützung von strategischen Entscheidungen
4.1 BI-Werkzeugstruktur
4.2 Data Warehouse-Konzept
4.3 OLAP
4.4 Data Mining
4.4.1 Data Mining-Prozess
4.4.2 Aufgabentypen des Data Mining
4.4.3 Data Mining-Klassifikationsmethoden
5 Einsatz von Business Intelligence-Systemen bei strategischen Entscheidungsprozessen in Wertschöpfungsnetzwerken
5.1 Einsatz von Data Warehouse-Systemen
5.1.1 Data Warehouse-Einsatz
5.1.2 Data Warehouse-Architektur
5.1.3 Beurteilung
5.2 Einsatz von OLAP-Systemen
5.2.1 OLAP bei der strategischen Planung
5.2.2 OLAP beim Erfolgscontrolling
5.2.3 Beurteilung
5.3 Einsatz von Data Mining-Applikationen
5.3.1 Data Mining bei der strategischen Planung
5.3.2 Data Mining bei der strategischen Kontrolle
5.3.3 Beurteilung
6 Zusammenfassung und kritische Würdigung
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung & Einverständniserklärung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Abgrenzungen des BI-Begriffs
Abbildung 2.2: Zusammenhang des Phasenmodells für Entscheidungsprozesse nach Korndörfer (1989) und Niemeyer (2004) mit den Kernfunktionen des Führungsprozesses
Abbildung 3.1: Kategorien unternehmerischer Entscheidungen
Abbildung 3.2: Vertragsformen
Abbildung 3.3: Strategieplanung in unterschiedlichen Netzwerk-Typen
Abbildung 4.1: BI-Einsatzmöglichkeiten
Abbildung 4.2: Aufbau und Schichten eines Data Warehouse
Abbildung 4.3: Hyperwürfel, Dimensionen und Elemente am Beispiel
Abbildung 4.4: Drill-Up & Drill-Down-Funktionalität
Abbildung 4.5: Zuordnung ausgewählter Aufgaben und Verfahren
Abbildung 5.1: Ansatzpunkte für BI-Einsatz
Abbildung 5.2: Architekturansätze von Data Warehouse-Systemen für Wertschöpfungsnetzwerke
Abbildung 5.3: Anwendungsbeispiel von OLAP beim Erfolgscontrolling
Abbildung 5.4: Anwendungsbeispiel des Entscheidungsbaumverfahrens
Abbildung 5.5: Clusteranalyse im Ergebniscontrolling
Abbildung 6.1: Eignung von BI-Werkzeugen in den Phasen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Globalisierung führt zu stetigen Veränderungen im Umfeld von Unternehmen. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt sind.
Die zunehmende Globalisierung bietet den Unternehmen andererseits aber auch die Chance, weltweit die notwendigen Ressourcen wie Arbeit, Material oder Kapital zu beschaffen. Daneben führt die unaufhaltsam fortschreitende technologische Entwicklung dazu, immer neue Produkte und Prozesse in immer kürzeren Abständen bewerkstelligen zu können. Hinzu kommt die veränderte Kundenerwartung, die zunehmend individuelle Produkte verlangt und hierbei Qualität als selbstverständlich voraussetzt.
Das beschriebene Umfeld zwingt gerade kleinere und mittlere Unternehmen dazu, sich vermehrt auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Fertigungstiefe zu verringern. Die so entstehenden Lücken in den eigenen Fähigkeiten müssen nun außerhalb des eigenen Unternehmens ausgeglichen werden und zwingen zu verstärkter Kooperation (vgl. Klein 1996).
Durch gezielte Zusammenarbeit und Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen sollen Wettbewerbsvorteile erreicht werden. Dabei haben sich entsprechend der unterschiedlichen Bedürfnisse, die mit einer derartigen Zusammenarbeit verbunden sind, eine Reihe unterschiedlicher Formen der zwischenbetrieblichen Netzwerkorganisation gebildet. Das Wertschöpfungsnetzwerk ist eine davon.
Allen Kooperationsformen zwischen Unternehmen gemeinsam ist die räumlich und zeitlich verteilte Leistungserstellung, woraus die Notwendigkeit erwächst, die bestehenden Aktivitäten und Geschäftsprozesse zwischen den Partnerunternehmen zu lenken und zu koordinieren bzw. partiell zu harmonisieren, sowie zu lenken und gemeinsam zu entscheiden.
Von zentraler Bedeutung zur Erfüllung dieser Aufgaben und somit zum Betrieb des Wertschöpfungsnetzwerks ist, dass alle beteiligten Partner ausreichend und zum richtigen Zeitpunkt mit allen entscheidungsrelevanten Informationen versorgt werden.
Dies ist ohne den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nicht möglich (vgl. Sayal et al. 2002, S. 284).
Um eine effiziente und erfolgreiche Kooperation zu realisieren, ist es erforderlich, dass die eingesetzte IKT an die spezifischen Anforderungen des Wertschöpfungsnetzwerkes angepasst wird. Nicht nur die eigentliche Leistungserstellung, sondern der gesamte Kooperationsprozess muss dabei unterstützt werden (vgl. Sydow 1992, S. 319).
Mit der gestiegenen Bedeutung von Unternehmensnetzwerken hat sich ein Forschungsgebiet etabliert, was sich speziell mit der Führung und den Entscheidungsprozessen von Unternehmensnetzwerken beschäftigt. Im Blickfeld stehen hierbei meist die Analyse der Unterschiede zu einem einzelnen, nicht verbundenen Unternehmen.
Parallel dazu gibt es bereits seit dem ersten Auftreten von Führungsinformationssystemen (FIS) in den 60er Jahren intensive Untersuchungen und innovative Weiterentwicklungen von IKT zur Unterstützung von Managemententscheidungen.
Wurden zunächst die hohen Erwartungen an die FIS enttäuscht, so geben neuere Ansätze und Entwicklungen, die häufig unter dem Schlagwort „Business Intelligence“ subsumiert werden, Anlass zu großen Hoffnungen auf dem Gebiet der strategischen Managementunterstützung durch IKT.
Beide Forschungs- und Entwicklungsbereiche werden bisher nur selten intensiver zusammen betrachtet. So gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen über strategische Entscheidungsprozesse in Unternehmensnetzwerken, aber wenige Aussagen darüber, in wie weit moderne IKT hier unterstützen kann. IKT-Einsatz im Netzwerk wird meist im Zusammenhang mit Supply Chain Management (SCM) oder Controlling diskutiert. Andererseits gibt es vielfältige Entwicklungen und Untersuchungen von IKT zur Unterstützung von strategischen Entscheidungen, allerdings fast ausschließlich mit dem Fokus auf das einzelne, nicht verbundene Unternehmen.
Im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit sollen nun beide Bereiche miteinander verknüpft werden. Zunächst sollen die Besonderheiten und besonderen Anforderungen der strategischen Entscheidungsprozesse in Wertschöpfungsnetzwerken herausgearbeitet werden, und im Anschluss daran soll analysiert werden, in wie weit der Einsatz von Business Intelligence-Werkzeugen Möglichkeiten bietet, die strategischen Entscheidungsprozesse im Wertschöpfungsnetzwerk zu unterstützen.
Ausgehend von dieser Zielsetzung werden im Kapitel 2 die zentralen Begriffe der Arbeit definiert. Schwerpunktthema von Kapitel 3 sind die Besonderheiten und besonderen Anforderungen von strategischen Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken, wobei zunächst strategische von operativen Entscheidungen abgegrenzt werden müssen.
Das vierte Kapitel stellt drei typische Vertreter von Business Intelligence-Werkzeugen vor. In Kapitel 5 wird, basierend auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Kapitel, deren potenzieller Einsatz im strategischen Entscheidungsprozess von Wertschöpfungsnetzwerken analysiert. Dies bildet den Kern dieser Arbeit. Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt und abschließend bewertet.
2 Definitionen
Wertschöpfungsnetzwerk und Business Intelligence finden in der aktuellen Literatur vielfältige Verwendungen. Ein einheitliches Verständnis der Begrifflichkeiten liegt diesem jedoch nicht zu Grunde. So ist von Wertschöpfungsnetzwerken häufig auch bei intraorganisationalen Beziehungen die Rede, während die Mehrheit darunter ausschließlich interorganisationale Beziehungen versteht.
Noch mehr Verwirrung entsteht bei der Verwendung des Begriffs Business Intelligence. Hier ist nicht einmal klar, ob es sich um einen Prozess oder um mal mehr mal weniger stark abgegrenzte Softwarewerkzeuge oder um beides handelt.
Deshalb sollen zunächst die drei zentralen Begriffe der vorliegenden Arbeit - Business Intelligence, Wertschöpfungsnetzwerk und Entscheidungsprozess - definiert werden.
2.1 Business Intelligence
Der Begriff Business Intelligence (BI) wurde in den späten 50er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Hans Peter Luhn geprägt (vgl. Luhn 1958; S. 314).
Luhn verstand darunter im Wesentlichen ein Dokumentenmanagement-System, das jedoch bereits Elemente von Work-Flow-Systemen beinhaltete.
Durchzusetzen begann sich der Begriff jedoch erst seit Mitte der 90er Jahre mit einer neuen Prägung durch die Gartner Group (vgl. Brethenoux et al. 1996). Business Intelligence beschreibt hiernach die Fähigkeit eines Unternehmens auf Informationen zuzugreifen, diese zu durchsuchen und zu analysieren, um hieraus Einsicht und Verständnis zu entwickeln, welche wiederum zu verbesserten und informierten Entscheidungen führt (vgl. Brethenoux et al. 1996; Harris/Dresner 1999).
Dies stellte jedoch nur den Auftakt zu einer ganzen Reihe verschiedenster Definitionen und Abgrenzungsversuche dar.
Einen ausführlichen Überblick dazu gibt Mertens (2002, S. 4). Aus dieser Übersicht wird deutlich, dass es sich bei den Definitionen und Betrachtungen zum einen um stark anwendungsbezogene Sichtweisen (BI als Werkzeuge und Anwendungen zur Entscheidungsunterstützung) handelt, zum anderen jedoch dem Begriff BI eine deutlich weitere, konzeptionelle Bedeutung zukommt.
Ein Beispiel für eine weiter gefasste Definition findet sich bei G rothe/Gentsch (2000, S. 19), wonach BI ein analytischer Prozess ist , “der fragmentierte Unternehmens- und Wettbewerbsdaten in handlungsgerichtetes Wissen über die Fähigkeiten, Positionen, Handlungen und Ziele der betrachteten internen oder externen Handlungsfelder (Akteure und Prozesse) transformiert.“
Einen systematischen Ansatz wählen Gluchowski/Gabriel/Dittmar (2008, S.89ff) und strukturieren die kursierenden Definitionen. Sie definieren die drei Sichtweisen „enges“, „analyseorientiertes“ und „weites BI-Verständnis“, wie die folgende Abbildung 2.1 zeigt. Hierbei werden auf der horizontalen Achse die Anteile von Technik in Richtung Anwendung dargestellt, während die vertikale Achse den analytischen Datenverarbeitungsprozess reflektiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Abgrenzung des BI-Begriffs
Quelle: Gluchowski/Gabriel/Dittmar, 2008 S. 92
Das enge Begriffsverständnis von BI umfasst lediglich die zentralen Applikationen zur Entscheidungsunterstützung wie Online Analytical Processing (OLAP) und Führungs-Informations-Systeme (FIS) bzw. Management-Informations-Systeme (MIS). Dieses Begriffsverständnis stellt BI lediglich als eine Weiterentwicklung der bereits seit den 80er Jahren bekannten Management Support Systeme (MSS), Decision Support Systeme (DSS) oder Executive Information Systeme (EIS) dar.
Deutlich weiter gefasst ist das analyseorientierte BI-Verständnis. Es bezieht zusätzlich zu den bereits benannten OLAP und MIS-Werkzeugen die vielfältig vorhandenen analyseorientierten Konzepte und Anwenderlösungen mit ein, die das Verstehen des eigenen Geschäfts unterstützen sollen. Hierzu zählen u.a. Data Mining-Applikationen, das Ad-hoc Reporting, Balanced Scorecards oder auch Systeme aus dem Bereich des analytischen Customer Relationship Management (CRM).
Eine nochmalige Erweiterung erfährt der Begriff Business Intelligence durch die Einbeziehung aller Systemkomponenten, die operatives Datenmaterial zur Informations- und Wissensgenerierung aufbereiten und speichern, sowie Auswertungs- und Präsentationsfunktionen beinhalten. Somit fallen das Data Warehouse, Extraktions-, Transformations- und Ladewerkzeuge sowie auch die analytischen Applikationen unter den Begriff des Business Intelligence.
Aus diesem BI-Verständnis heraus und der aktuellen Auffassung in Wissenschaft und Praxis Rechnung tragend entwickeln Gluchowski/Gabriel/Dittmar einen zusammenfassenden Begriff für Business Intelligence auf Grundlage des weit gefassten BI-Verständnisses. Demnach " lässt sich Business Intelligence damit als begriffliche Klammer verstehen, die unterschiedliche Technologien und Konzepte im Umfeld der entscheidungsunterstützenden Systeme zusammenführt und dabei eine entscheidungsorientierte Sammlung und Aufbereitung von Daten über das Unternehmen und dessen Umwelt sowie deren Darstellung in Form von geschäftsrelevanten Informationen für Analyse-, Planungs- und Steuerungszwecke zum Gegenstand hat. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um Komponenten zur Extraktion, Bereinigung, Transformation, Integration, Speicherung und entscheidungsorientierte Aufbereitung relevanter Informationen sowie um die Bausteine zur Präsentation und Analyse dieser Inhalte“( Gluchowski/Gabriel/Dittmar 2008, S. 93) .
Diese allgemeine und sehr weit gefasste Definition des Business Intelligence-Begriffs soll den nachfolgenden Überlegungen zugrunde gelegt werden.
2.2 Wertschöpfungsnetzwerk
In der Literatur zu zwischenbetrieblichen Kooperationen werden Begriffe wie Unternehmensnetzwerk, Wertschöpfungsnetzwerk oder strategisches Netzwerk (häufig sogar synonym) verwendet, ohne sich auf eine genaue Definition festzulegen (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 316). Deshalb soll zunächst eine Beschreibung des Begriffes Unternehmensnetzwerk erfolgen, mit dessen Hilfe dann anschließend der Begriff Wertschöpfungsnetzwerk definiert werden soll.
Eine umfassende Übersicht der Definitionen des Begriffes „Unternehmensnetz“ findet sich bei Miroschedji (2002, S. 42). Eine sehr weite Verbreitung hat die Definition von Sydow (1992, S.79) gefunden, welche im Folgenden weiter verwendet werden soll:
„Ein Unternehmungsnetzwerk stellt eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform ökonomischer Aktivitäten dar, die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehung zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet.“
Unternehmensnetzwerke bestehen aus mindestens drei Partnern, normalerweise aber aus zehn und mehr Teilnehmern (vgl. Hess/Wittenberg 2005).
In Erweiterung des Begriffs Unternehmensnetzwerk kann dann von einem Wertschöpfungsnetzwerk gesprochen werden, wenn mehrere Unternehmen aus aufeinander folgenden Stufen der Wertschöpfungskette miteinander kooperieren, wobei unter einer Wertschöpfungskette nach Johnston/Lawrence (1989, S. 81) „die Glieder (oder Stufen) des Transformationsprozesses, den ein Produkt oder eine Leistung durchläuft, vom Ausgangsmaterial bis zur endlichen Verwendung“ verstanden werden. Dabei orientiert sich die Terminologie der Wertschöpfungskette an dem von Porter (1985, S. 45) geprägten Begriff der Value Chain.
Jedes am Wertschöpfungsnetzwerk beteiligte Unternehmen ist für einen konkreten Prozess der Leistungserstellung verantwortlich. Die Planung und Organisation innerhalb des Netzwerks werden jedoch unternehmensübergreifend durchgeführt. Im Zuge dessen werden die beteiligten betrieblichen Funktionen der Netzwerkteilnehmer entlang der Wertschöpfungskette abgestimmt, wobei es sich bei Wertschöpfungsnetzwerken in aller Regel um stabile Netzwerke handelt, die aber durchaus von einem fokalen Unternehmen dominiert sein können (vgl. Hess 2002, S. 16f).
Die bisher benannten Merkmale eines Wertschöpfungsnetzwerks können in Übereinstimmung mit Bausch/Glaum (2003, S. 46) und Albers/Wolf (2003, S. 7) wie folgt zusammengefasst bzw. erweitert werden:
- kooperatives und strategisches Netzwerk rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Unternehmen
- Konzentration der Akteure auf Ihre Kernkompetenzen
- Ausrichtung der Wertschöpfungsaktivitäten auf gemeinsame Ziele
- Verzicht auf Institutionalisierung zentraler Managementfunktionen – relativ gleichmäßige Machtverteilung zwischen den Partnerunternehmen (fokales Unternehmen aber nicht ausgeschlossen)
- intensiver Einsatz moderner IKT
- einheitlicher Auftritt der beteiligten Unternehmen nach außen
Die Ziele und Motive zur Bildung von Wertschöpfungsnetzwerken sind jenen von allgemeinen Unternehmungsnetzwerken sehr ähnlich. Im Kern geht es darum, jene Vorteile auszuschöpfen, die sich aus der Arbeitsteilung entlang der Wertschöpfungskette ergeben.
Einen umfassenden Überblick der Ziele und Motive zur Bildung von Wertschöpfungsnetzwerken findet sich bei Haupt (2003, S. 44), wovon als wichtige Ziele das Erreichen von Synergieeffekten, Marktzugängen, Technologiezugängen oder Ressourceneinsparungen exemplarisch benannt werden sollen.
2.3 Entscheidungsprozess
Bevor eine nähere Bestimmung des Begriffs Entscheidungsprozess erfolgen kann, muss zunächst ein Definitionsrahmen für den Begriff Entscheidung gegeben werden.
Eine der vielfältigen Definitionen entstammt der Psychologie und beschreibt die Entscheidung anhand von vier Minimalkriterien (vgl. Thomae, 1974):
- Gewahrwerden mehrerer Alternativen bzw. eines Konflikts
- Unterbrechung des bisherigen Handlungsvollzugs
- Abwägen von Alternativen unter Einbeziehung der Handlungskonsequenzen
- Bewerten der Alternativen
Die Wesensmerkmale einer Entscheidung sind universell und gelten auch im betrieblichen Umfeld. Korndörfer (1989, S. 61) nimmt direkten Bezug auf diese allgemeinen Wesensmerkmale, wenn er den Begriff Entscheidung in einen betrieblichen Kontext einbettet und definiert:
„Unter einer betrieblichen Entscheidung versteht man eine auf der Basis weitgehend rationaler Kriterien bewusst vollzogene, auf das Optimale ausgerichtete Wahlhandlung zwischen verschiedenen Alternativen unter Übernahme des unter bestimmten Freiheitsgraden übernommenen Risikos.“
Entscheidungsvorgänge im betrieblichen Kontext sind nicht als spontane und ungeregelte Willenshandlungen anzusehen, sondern stellen vielmehr das Ergebnis eines Denk– und Diskussionsprozesses dar. Dieser „Entscheidungsprozess“ lässt sich in Übereinstimmung mit der einschlägigen Literatur in unterschiedliche Phasen gliedern. Die Zahl und Bezeichnungen der Phasen sind unterschiedlich je nach Vorgehensweise, getroffenen Voraussetzungen und der zugrundeliegenden fachlichen Disziplin (vgl. dazu eine Übersicht bei Gore/Murray/Richardson 1992 und Grünig/Kühn 2009, S. 49ff). Es lässt sich trotzdem ein gemeinsames Schema entwerfen.
Niemeyer (2004, S. 67) leitet aus der Entscheidungstheorie und den verschiedenen Phasenmodellen vier Kernphasen für (strategische) Entscheidungsprozesse ab, die im Folgenden als generisches Metamodell zugrunde gelegt werden sollen:
- Problemstellungsphase
Impulsphase, ausgelöst durch einen Unterschied zwischen Soll- und Ist-Zuständen
- Entscheidungsvorbereitungsphase
Sie umfasst die Informationsgewinnung sowie die Suche und Bewertung von Lösungsmöglichkeiten.
- Entscheidungsfindungsphase
Diese Phase ist durch die Auswahl der erfolgversprechenden Lösungsmöglichkeiten gekennzeichnet.
- Umsetzungsphase
Die Umsetzungsphase schließlich dient der Umsetzung und Kontrolle der gefassten Entscheidungen.
Wenn es auch durchaus strittig ist, ob die Ausführung noch Bestandteil des Entscheidungsprozesses ist (vgl. vor allem Grünig/Kühn 2009, S. 76ff), so werden sie im Einklang mit der einschlägigen Literatur in den folgenden Betrachtungen dazugezählt, um den Kreislaufcharakter eines Entscheidungsprozesses verdeutlichen zu können.
In Übereinstimmung mit dem beschriebenen Metamodell definiert Korndörfer (1989, S. 63) die folgenden Phasen:
I. Entscheidungsvorbereitungsphase (Analytische Denkphase)
a) Problemstellungs- bzw. Anregungsphase (Definition des Problems)
b) Phase der Problemanalyse (Ermittlung der Zielfunktion)
c) Suchphase (Ermittlung der Vorgehensweisen und Sammlung der Daten zur Problemlösung)
d) Beurteilungsphase (Bewertung der geeigneten Handlungsmöglichkeiten)
II. Entscheidungsphase (Auswahl der Handlungsalternative)
III. Durchsetzungsphase (Realisierung der Entscheidung)
IV. Kontrollphase (Ermittlung des Handlungserfolgs und gegebenenfalls Ein- leitung neuer Entscheidungsprozesse à Entscheidungskreislauf)
Einen nahezu gleichen Ablauf skizziert Reichmann (2006, S. 9), wobei ein Modell mit sechs Phasen gewählt wird, in dem lediglich die Schritte a) und b) des Modells nach Korndörfer zusammengeführt werden und somit die Entscheidungsvorbereitungsphase drei Prozessschritte umfasst. Dieses Modell findet in der Literatur eine weite Verbreitung.
Reichmann (2006, S. 9) führt darüber hinaus eine Vereinfachung in das Modell ein, indem er die definierten Phasen den Kernfunktionen des betrieblichen Managements Planung, Steuerung und Kontrolle zuordnet.
Dabei werden die Stufen der Entscheidungsvorbereitung (mit ihren zugeordneten Phasen) und der Entscheidung als „Planung im weiteren Sinne“ bezeichnet. Die Durchsetzungs- oder Realisationsphase entspricht der Steuerung und die Kontrollphase wird dem Element der Kontrolle gegenübergestellt.
Die folgende Abbildung soll den Zusammenhang zwischen dem Modell nach Reichmann (2006, S. 9) und dem generischen Metamodell verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Zusammenhang des Phasenmodells für Entscheidungsprozesse nach Korndörfer (1989) und Niemeyer (2004) mit den Kernfunktionen des Führungsprozesses
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Müller 2008, S. 39
Für die weiteren Betrachtungen soll das vereinfachte Modell des betrieblichen Entscheidungsprozesses mit den Phasen Planung, Steuerung und Kontrolle zugrunde gelegt werden.
3 Strategische Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken
Im vorangegangenen Kapitel wurden die Begriffe Wertschöpfungsnetzwerk und Entscheidungsprozess definiert. Im Folgenden sollen nun beide miteinander verknüpft werden, wobei zunächst eine Bestimmung von Strategie und strategischen Entscheidungen erfolgen soll, die im Mittelpunkt des Kapitels 5 stehen. Daran anschließend wird näher auf die Besonderheiten von Entscheidungsprozessen in Wertschöpfungsnetzwerken eingegangen.
3.1 Entscheidungen im Wertschöpfungsnetzwerk
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen die strategischen Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken. Deshalb ist es notwendig, zunächst auf die Begriffe Entscheidung und Strategie näher einzugehen und die Besonderheiten von strategischen Entscheidungen im Vergleich zu anderen Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken herauszuarbeiten.
3.1.1 Entscheidungskategorien
Strategische Entscheidungen bilden nach Gälweiler (2005, S. 110) eine von drei Kategorien der unternehmerischen Aktionsentscheidungen:
1. Strategische Entscheidungen
2. Entscheidungen über Leistungspotenziale
3. Operative Entscheidungen
Die Zugehörigkeit einer bestimmten Entscheidung zu einer der drei benannten Kategorien erfolgt nach den Gesichtspunkten ihrer sachlichen und zeitlichen Tragweite. Die Abbildung 3.1 gibt einen Überblick über die Kategorien, die im Folgenden näher beleuchtet werden sollen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Kategorien unternehmerischer Entscheidungen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gälweiler 2005, S. 111
3.1.1.1 Strategische Entscheidungen
Gemäß der Definition nach Gälweiler (2005, S. 110) betreffen strategische Entscheidungen das Aufnehmen, Aufgeben, Halten, Erweitern oder Reduzieren von Geschäftsaktivitäten. Sie sind von ihrer Bedeutung und Wirkungsdauer als langfristig einzustufen und stellen die Erfolgspotenziale des Unternehmens dar. Damit steht diese Definition in Einklang mit der noch folgenden Definition der Strategie.
Strategische Entscheidungen sind durch ein besonders hohes Maß an Unsicherheit und Komplexität geprägt (vgl. Bea/Haas 2005, S. 167) und werden in den meisten Fällen vom höheren Management eines Unternehmens getroffen (vgl. Berndt/Schuster/Fantapie-Altobelli 1998, S. 134). Erfahrungsgemäß sind sie durch einen hohen Einsatz an Ressourcen (Kapitel und Personal) gekennzeichnet, die in der Regel langfristig gebunden werden und ,wenn überhaupt, nur unter hohen Kosten korrigiert werden können (vgl. Hansmann 2006, S. 240).
Strategische Entscheidungen gründen nicht mehr auf anderen Entscheidungen und bilden die Grundlage zur Ableitung von operativen und administrativen Entscheidungen (vgl. Dietel/Seidl 2003, S. 32).
3.1.1.2 Entscheidungen über Leistungspotenziale
Während strategische Entscheidungen die Erfolgpotenziale betreffen, zielen die Entscheidungen über Leistungspotenziale (verschiedentlich auch administrativ oder taktisch genannt) auf die Infrastruktur eines Unternehmens.
Eine Abgrenzung zu den beiden anderen Kategorien fällt häufig schwer, weshalb einige Autoren auf diese Kategorie verzichten (vgl. u.a. Hansmann 2006, S. 240).
Entscheidungen über Leistungspotenziale sind zwischen den strategischen und operativen Entscheidungen angesiedelt. Sie stehen von ihrem zeitlichen Bedeutungshorizont ebenfalls in der Mitte. Das Gleiche gilt für alle weiteren Kriterien, die in der Literatur ebenfalls zur Abgrenzung herangezogen werden, wie z.B. der Strukturierungsgrad, die Aggregationstiefe, der Zeitbezug oder die schlichte Anzahl der Entscheidungen (vgl. Jäschke 2007).
Entscheidungen über Leistungspotenziale beinhalten die Konkretisierung der Strategien, wobei in diesem Bereich unter anderem Entscheidungen über Führungs- und Organisationsstruktur, Finanzierungen, IT-Strukturen, etc. zu fällen sind. Wichtig ist, dass die Entscheidungen über Leistungspotenziale direkt aus den strategischen Entscheidungen abgeleitet sind. Dazu liegen sie den operativen Entscheidungen zugrunde bzw. bestimmen deren Handlungsrahmen.
3.1.1.3 Operative Entscheidungen
Die dritte Kategorie der betrieblichen Entscheidungen betrifft die operativen Entscheidungen. Diese beinhalten stets „das unmittelbare Handeln und Tätigwerden mit seiner direkten Ursächlichkeit für die dabei entstehenden Aufwendungen und Erträge bzw. Kosten und Leistungen“ (Gälweiler 2005, S.118).
Sie sind somit eher kurzfristiger Natur und in aller Regel auch durch den begrenzten Einsatz von Ressourcen sowie durch relativ flexible Korrigierbarkeit gekennzeichnet (vgl. Hansmann 2006, S. 241). Dadurch bedingt sind sie auch in ihren Auswirkungen für das Unternehmen in aller Regel begrenzt.
Die Qualität der operativen Entscheidungen bestimmt den tatsächlichen Unternehmensertrag und legt darüber hinaus fest, wie viel vom Erfolgspotenzial mit Hilfe des vorhandenen Leistungspotenzials erreicht wird. Daher gehören zu den operativen Entscheidungen alle Ausführungsvorgänge, die durch die Bereitstellung der Leistungspotenziale vorbereitet wurden.
Operative Entscheidungen stellen im Hinblick auf einen Ausführungsvorgang den höchstmöglichen Präzisierungsgrad eines Entscheidungsspielraums dar und haben als Adressatenkreis alle Mitarbeiter eines Unternehmens (vgl. Gälweiler 2005, S.118).
Mit Hilfe der obigen Ausführungen sind strategische Entscheidungen ausreichend von den anderen Entscheidungen abgegrenzt, wobei dies bisher lediglich im Hinblick auf Entscheidungen in einem einzelnen Unternehmen geschah.
Im Rahmen eines Wertschöpfungsnetzwerks stellen sich die Entscheidungen jedoch nicht fundamental anders dar. Somit können die vor dem Hintergrund eines einzelnen Unternehmens getroffen Aussagen in Übereinstimmung mit Wohlgemuth/Hess (2000 S. 7) ebenfalls auf ein Wertschöpfungsnetzwerk übertragen werden. Für das Wertschöpfungsnetzwerk finden sich bei Wohlgemuth/Hess jedoch gewisse Einschränkungen. Zwar erkennen auch sie solche Entscheidungen eines Wertschöpfungsnetzwerkes als strategisch an, die sich auf komplexe Entscheidungsinhalte von hoher Relevanz und meist innovativem Charakter beziehen. Eine „langfristige“ Wirksamkeit der Entscheidungen, wie sie regelmäßig für den Begriff des „Strategischen“ im einzelbetrieblichen Bereich gefordert wird, halten die Autoren für entbehrlich. In Ergänzung dazu erscheint es viel wichtiger, dass Netzwerke „ bezogen auf die gesamte Lebensdauer der Organisation Rahmenbedingungen schaffen sollen, die es ermöglichen, die Zielsetzung des Netzwerkes zu erreichen (Wohlgemuth/Hess 2000, S. 7).
3.1.2 Strategie – eine Definition
Die Auffassungen zum Begriff Strategie und in der Folge davon zum Begriff einer strategischen Entscheidung sind vielschichtig, und in der Literatur finden sich je nach Position und Perspektive unterschiedliche Definitionen.
Durch die Spieletheorie in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts erstmalig mit den Wirtschaftswissenschaften in Zusammengang gesetzt, wurde und wird der Begriff Strategie immer wieder neu analysiert und definiert.
Gehen frühe Definitionen lediglich von langfristig geplanten Verhaltensweisen zur Erreichung von langfristigen Zielen unter Ungewissheit und Unsicherheit (vgl. Gälweiler 2005, S. 55) aus, so nimmt die Wissenschaft heute eine deutlich differenziertere Sichtweise ein:
Bereits Porter (1983) rückte vom Konzept der Planbarkeit ab und bezeichnete nicht die langfristige Planung, sondern die Fähigkeit, auf Grundlage einer längerfristigen Analyse Wettbewerbsvorteile zu generieren, als strategisch.
Noch weiter geht Mintzberg (1987, S. 70), der das rational-planbezogene Verständnis um die vier emergenten Perspektiven Pattern (spontane Handlungen über die Zeit), Ploy (marktstrategisches Manövrieren zur Bezwingung der Gegner), Perspective (unternehmenseigene Anschauung der Welt und des sich Selbst) und Position (Positionierung zwischen Unternehmen und Umwelt) erweitert.
Im Einklang mit diesen Sichtweisen und Erweiterungen steht die Definition von Müller-Stewens (2010), wonach Strategie als „die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise (Maßnahmenkombination) der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele “ charakterisiert wird.
Demnach trifft Strategie Aussagen zu
I. dem Tätigkeitsbereich und somit zum Ausmaß der Umweltbeziehungen, die ein Unternehmen eingeht (Scope/Domain),
II. den Ressourcen eines Unternehmens, somit seiner Fähigkeiten, strategische Ziele zu erreichen (Distinctive Competence),
III. den Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens (Competitive Advantage) und
IV. der Synergien, die durch die strategischen Entscheidungen entstehen können. (vgl. Müller-Stewens 2010)
Unabhängig vom verfolgten Verständnis gilt es heute als weitestgehend akzeptiert, dass Strategien sowohl aus formaler Gestaltung als auch aus spontanen Reaktionen, in jedem Fall aber aus strategischen Entscheidungen heraus, hervorgehen (vgl. Niemeyer, 2004, S. 16).
3.2 Besonderheiten und besondere Anforderungen an die strategischen Entscheidungen im Wertschöpfungsnetzwerk
Kooperationen zwischen Unternehmen können in den unterschiedlichsten Formen ausgestaltet sein.
Die Bandbreite reicht von vertraglich geregelten Kauf- und Lieferverträgen, über Lizenzverträge, Joint Ventures, Konsortien und Kartelle bis hin zu echten Unternehmensnetzwerken und Verbünden.
Die folgende Abbildung gibt einen groben Überblick über die zwischenbetrieblichen Kooperationen, wobei zur besseren Übersicht nicht alle Formen aufgelistet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.2: Vertragsformen
Quelle: eigene Darstellung angelehnt an Alt/Legner/Österle 2005
Wird ein Unternehmensnetzwerk gebildet, so gibt es auch hier wiederum unterschiedliche Formen, für deren Einteilung sich je nach Zielsetzung in der einschlägigen Literatur eine Vielzahl von Möglichkeiten finden. Eine Übersicht findet sich bei Sydow (2006, S. 394). Die Abbildung 3.2 beschreibt drei Netzwerktypen.
An dieser Stelle soll stellvertretend auf eine weitere Art der Einteilung näher eingegangen werden, an der sich die weiteren Besonderheiten eines Unternehmensnetzwerks am besten darstellen lassen.
Wildemann (1997) gliedert Unternehmensnetzwerke nach der Wahrnehmung von Koordinationsaufgaben und unterscheidet zwei Gruppen:
- Hierarchisch-pyramidale Netzwerke
Bei dieser Form bildet ein fokales Unternehmen den Kern des Netzwerks. Alle anderen Mitglieder richten sich an den vorgegebenen Zielen des Fokalunternehmens im Hinblick auf Märkte, Strategien, Technologien und Geschäftsprozesse, auch jenseits der Grenzen des eigenen Unternehmens, aus. Diese Art des Netzwerks findet man häufiger im Bereich der Automobilindustrie mit den Herstellern als Fokalunternehmen und den Zulieferern als Mitglieder des Netzwerks.
- Polyzentrische Netzwerke
Von hierarchischen Netzwerken unterscheiden sich die polyzentrischen durch eine größere Bedeutung emergenter Strategien. Dies resultiert aus der polyzentrischen Organisation und der durch die Struktur bedingten fehlenden strategischen Netzwerkführerschaft. Die Organisation der unternehmungsübergreifenden Geschäftsprozesse erfolgt durch gleichberechtigte Abstimmung. (vgl. Sydow 2006, S. 396)
[...]
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (eBook)
- 9783842804470
- DOI
- 10.3239/9783842804470
- Dateigröße
- 670 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften, Informationsmanagement
- Erscheinungsdatum
- 2010 (September)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- wertschöpfungsnetzwerk business intelligence data mining olap entscheidungsprozess