Die Verankerung der nichtterritorialen Selbstverwaltung in der österreichischen Bundesverfassung und ihre Auswirkungen
					
	
		©2010
		Bachelorarbeit
		
			
				53 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Um die vorliegende Bachelorarbeit und die darin bearbeitete Thematik besser verständlich zu machen, sollen die folgenden, einleitenden Worte einen grundlegenden Überblick zur Ausgangssituation und Problemstellung darstellen.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten kam es zu wiederholten Versuchen die österreichische Bundesverfassung an die geänderten Anforderungen, wie etwa durch den Beitritt zur Europäischen Union, anzupassen beziehungsweise auch bestehendem Reformbedarf Rechnung zu tragen.
Als Beispiel kann hier die als Strukturreformkommission bezeichnete Expertengruppe für Fragen der Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung genannt werden, welche im Jahr 1989 eingesetzt wurde. Im Jahr 1992 wurde eine Vereinbarung getroffen, mit der die wichtigsten verfassungspolitischen Leitlinien für eine weit reichende Änderung des B-VG fixiert wurden. Für die Mehrzahl der strittigen Fragen konnten einvernehmliche Standpunkte formuliert und ein Entwurf einer B-VG-Novelle ausgearbeitet werden. Zu einer Umsetzung dieser Verfassungsreform ist es letztlich aber nicht gekommen.
Der Europäische Konvent zur Erarbeitung eines Vertrags über eine Verfassung für Europa hat der österreichischen Verfassungsreformdiskussion wichtige Impulse und wieder Auftrieb gegeben. Unter dem Vorsitz des damaligen Präsidenten des Rechnungshofes, Dr. Franz Fiedler, ist am 30. Juni 2003 der Österreich-Konvent zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Dieser Konvent sollte gemäß den formulierten Grundsätzen seines Gründungskomitees Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform erarbeiten, welche eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen sollte. Ziel war es, einen neuen, knappen aber sämtliche Verfassungsbestimmungen enthaltenden Verfassungstext unter Aufrechterhaltung der geltenden Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung zu schaffen. Der Österreich-Konvent tagte knapp über 1,5 Jahre, in denen die aufgegebenen Themen umfassend beraten wurden. Es kam zu zahlreichen Textvorschlägen, eine Einigung über einen Gesamtentwurf einer neuen Verfassung konnte aber nicht erreicht werden, wobei allerdings in einer Vielzahl von Einzelbereichen Konsens erzielt werden konnte.
Der Bericht des Österreich-Konvents wurde - nach Kenntnisnahme durch die Bundesregierung - vom Bundeskanzler dem Nationalrat zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung vorgelegt. Im Nationalrat wurde […]
	Um die vorliegende Bachelorarbeit und die darin bearbeitete Thematik besser verständlich zu machen, sollen die folgenden, einleitenden Worte einen grundlegenden Überblick zur Ausgangssituation und Problemstellung darstellen.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten kam es zu wiederholten Versuchen die österreichische Bundesverfassung an die geänderten Anforderungen, wie etwa durch den Beitritt zur Europäischen Union, anzupassen beziehungsweise auch bestehendem Reformbedarf Rechnung zu tragen.
Als Beispiel kann hier die als Strukturreformkommission bezeichnete Expertengruppe für Fragen der Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung genannt werden, welche im Jahr 1989 eingesetzt wurde. Im Jahr 1992 wurde eine Vereinbarung getroffen, mit der die wichtigsten verfassungspolitischen Leitlinien für eine weit reichende Änderung des B-VG fixiert wurden. Für die Mehrzahl der strittigen Fragen konnten einvernehmliche Standpunkte formuliert und ein Entwurf einer B-VG-Novelle ausgearbeitet werden. Zu einer Umsetzung dieser Verfassungsreform ist es letztlich aber nicht gekommen.
Der Europäische Konvent zur Erarbeitung eines Vertrags über eine Verfassung für Europa hat der österreichischen Verfassungsreformdiskussion wichtige Impulse und wieder Auftrieb gegeben. Unter dem Vorsitz des damaligen Präsidenten des Rechnungshofes, Dr. Franz Fiedler, ist am 30. Juni 2003 der Österreich-Konvent zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Dieser Konvent sollte gemäß den formulierten Grundsätzen seines Gründungskomitees Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform erarbeiten, welche eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen sollte. Ziel war es, einen neuen, knappen aber sämtliche Verfassungsbestimmungen enthaltenden Verfassungstext unter Aufrechterhaltung der geltenden Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung zu schaffen. Der Österreich-Konvent tagte knapp über 1,5 Jahre, in denen die aufgegebenen Themen umfassend beraten wurden. Es kam zu zahlreichen Textvorschlägen, eine Einigung über einen Gesamtentwurf einer neuen Verfassung konnte aber nicht erreicht werden, wobei allerdings in einer Vielzahl von Einzelbereichen Konsens erzielt werden konnte.
Der Bericht des Österreich-Konvents wurde - nach Kenntnisnahme durch die Bundesregierung - vom Bundeskanzler dem Nationalrat zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung vorgelegt. Im Nationalrat wurde […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Christian Weiss 
Die Verankerung der nichtterritorialen Selbstverwaltung in der österreichischen 
Bundesverfassung und ihre Auswirkungen 
ISBN: 978-3-8366-4577-5 
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010 
Zugl. Wirtschaftsuniversität Wien, Wien, Österreich, Bachelorarbeit, 2010 
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© Diplomica Verlag GmbH 
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010 
2
I. Inhaltsverzeichnis
I. 
INHALTSVERZEICHNIS
2
II. 
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
3
III.  VORBEMERKUNG
5
IV.  DEFINITION DER NICHTTERRITORIALEN SELBSTVERWALTUNG
8
V. 
DIE VERFASSUNGSRECHTLICHEN GRUNDLAGEN DER SELBSTVERWALTUNG 
VOR DER B-VG NOVELLE BGBL I 2008/2
11
VI.  DIE B-VG NOVELLE BGBL I 2008/2
15
1. A
RT 
120
A 
A
BS 
1  E
INRICHTUNG VON 
S
ELBSTVERWALTUNGSKÖRPERN UND DEREN 
P
FLICHTMITGLIEDSCHAFT
15
2. A
RT 
120
A 
A
BS 
2 - V
ERANKERUNG DER 
S
OZIALPARTNERSCHAFT
17
2.1. B
UNDESVERFASSUNGSRECHTLICHE 
G
ARANTIE FÜR BERUFLICHE 
S
ELBSTVERWALTUNGSKÖRPER
?
18
2.2. D
IE 
A
NERKENNUNG DER 
R
OLLE DER 
S
OZIALPARTNER
19
3. A
RT 
120
B 
A
BS 
1  W
EISUNGSFREIHEIT
,
 GESETZESERGÄNZENDES
V
ERORDNUNGSRECHT 
UND 
R
ECHTSAUFSICHT
22
3.1. G
ESETZESERGÄNZENDES 
V
ERORDNUNGSRECHT UND 
W
EISUNGSFREIHEIT
22
3.2. R
ECHTSAUFSICHT
25
4. A
RT 
120
B 
A
BS 
2  E
IGENER UND ÜBERTRAGENER 
W
IRKUNGSBEREICH
27
5. A
RT 
120
B 
A
BS 
3  M
ITWIRKUNG AN STAATLICHER 
V
OLLZIEHUNG
31
6. A
RT 
120
C
A
BS 
1  D
EMOKRATISCHE 
L
EGITIMATION DER 
O
RGANE
33
7. A
RT 
120
C 
A
BS 
2 - F
INANZIERUNG
36
8. A
RT 
120
C 
A
BS 
3  S
ELBSTVERWALTUNGSKÖRPER ALS SELBSTÄNDIGE 
W
IRTSCHAFTSKÖRPER
38
VII.  ZUSAMMENFASSUNG
39
VIII. INTERVIEW ZUR B-VG NOVELLE BGBL I 2008/2
41
IX.  LITERATURVERZEICHNIS
49
3
II. Abkürzungsverzeichnis
AB
Ausschussbericht
Abs
Absatz
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der 
Europäischen Union
AK
Arbeiterkammer
ArbVG
Arbeitsverfassungsgesetz
Art
Artikel
ÄrzteG
Ärztegesetz
B
Burgenland
BGBl
Bundesgesetzblatt
BlgNR
Beilage(-n) zu den Stenographischen 
Protokollen des Nationalrates
B-VG
Bundes-Verfassungsgesetz
bzw
beziehungsweise
bzgl
bezüglich
dB
der Beilage(-n)
dh
das heißt
EGV
Vertrag über die Europäische Gemeinschaft
EU
Europäische Union
f, ff
folgende
gem
gemäß
GP
Gesetzgebungsperiode
Hrsg
Herausgeber
HSG
Hochschülerinnen und 
Hochschülerschaftsgesetz
idF
in der Fassung
ieS
im engeren Sinn
iSd
im Sinne des/der
iVm
in Verbindung mit
JRP
Journal für Rechtspolitik
K
Kärnten
ME
Ministerialentwurf
4
NÖ
Niederösterreich
NR
Nationalrat
OÖ
Oberösterreich
ÖH
Österreichische Hochschülerschaft
Sbg
Salzburg
Stmk
Steiermark
RdA
Recht der Arbeit
Rz
Randzahl
T
Tirol
ua
unter anderem
UOG
Universitäts-Organisationsgesetz
usw
und so weiter
va
vor allem
VfGH
Verfassungsgerichtshof
VfSlg
Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten 
Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes
vgl
vergleiche
VwGH
Verwaltungsgerichtshof
W
Wien
WKG
Wirtschaftskammergesetz
WKO
Wirtschaftskammer Österreich
Z
Ziffer
zB
zum Beispiel
ZfV
Zeitschrift für Verwaltung
5
III. Vorbemerkung
Um  die  vorliegende  Bachelorarbeit  und  die  darin  bearbeitete  Thematik  besser 
verständlich  zu  machen,  sollen  die  folgenden,  einleitenden  Worte  einen 
grundlegenden Überblick zur Ausgangssituation und Problemstellung darstellen.
In  den  vergangenen  zwei  Jahrzehnten  kam  es  zu  wiederholten  Versuchen  die 
österreichische Bundesverfassung an die geänderten Anforderungen, wie etwa durch 
den  Beitritt  zur  Europäischen  Union,  anzupassen  beziehungsweise  auch 
bestehendem Reformbedarf Rechnung zu tragen.
Als  Beispiel  kann  hier  die  als
,,Strukturreformkommission"  bezeichnete 
Expertengruppe 
für 
Fragen 
der 
Neuordnung 
der 
bundesstaatlichen
Kompetenzverteilung  genannt  werden,  welche  im  Jahr  1989  eingesetzt  wurde.  Im 
Jahr  1992  wurde  eine  Vereinbarung  getroffen,  mit  der  die  wichtigsten 
verfassungspolitischen  Leitlinien  für  eine  weit  reichende  Änderung  des  B-VG  fixiert
wurden.  Für  die  Mehrzahl  der  strittigen  Fragen  konnten  einvernehmliche
Standpunkte formuliert und ein Entwurf einer B-VG-Novelle ausgearbeitet werden. Zu 
einer Umsetzung dieser Verfassungsreform ist es letztlich aber nicht gekommen.
1
Der  Europäische  Konvent  zur  Erarbeitung  eines  Vertrags  über  eine  Verfassung  für 
Europa hat der österreichischen Verfassungsreformdiskussion wichtige Impulse und 
wieder  Auftrieb  gegeben.  Unter  dem Vorsitz  des  damaligen  Präsidenten  des 
Rechnungshofes, Dr. Franz Fiedler, ist am 30. Juni 2003 der Österreich-Konvent zu 
seiner ersten  Sitzung  zusammengetreten.  Dieser  Konvent  sollte  gemäß  den 
formulierten  Grundsätzen  seines  Gründungskomitees  Vorschläge  für  eine 
grundlegende 
Staats- 
und 
Verfassungsreform 
erarbeiten, 
welche
eine 
zukunftsorientierte,  kostengünstige,  transparente  und  bürgernahe  Erfüllung  der 
Staatsaufgaben  ermöglichen sollte.  Ziel  war  es,  einen  neuen,  knappen  aber 
sämtliche 
Verfassungsbestimmungen
enthaltenden 
Verfassungstext 
unter 
Aufrechterhaltung der geltenden Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung 
zu  schaffen.  Der  Österreich-Konvent  tagte  knapp  über  1,5  Jahre,  in  denen  die 
aufgegebenen  Themen  umfassend  beraten  wurden.  Es  kam  zu  zahlreichen 
1
 Vgl 94/ME XXIII. GP  Ministerialentwurf  Materialien  Vorblatt und Erläuterungen S. 2.
6
Textvorschlägen,  eine  Einigung  über  einen Gesamtentwurf  einer neuen  Verfassung 
konnte  aber  nicht  erreicht  werden,  wobei  allerdings  in  einer  Vielzahl von 
Einzelbereichen Konsens erzielt werden konnte.
2
Der  Bericht  des  Österreich-Konvents  wurde  - nach  Kenntnisnahme  durch  die 
Bundesregierung 
-
vom
Bundeskanzler 
dem 
Nationalrat 
zur 
geschäftsordnungsgemäßen Behandlung vorgelegt. Im Nationalrat wurde unter dem 
Vorsitz seines damaligen Präsidenten, Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol, ein Besonderer
Ausschuss zur Vorberatung des Berichts des Österreich-Konvents eingesetzt, in dem 
die 
Beratungen 
fortgesetzt,
weitere 
Textvorschläge 
ausgearbeitet 
und 
Gegenüberstellungen  der  vorliegenden  Vorschläge  erarbeitet  worden sind.  Der 
Bericht  des  Besonderen  Ausschusses  (1584  dB  XXII.GP)  ist  vom  Nationalrat 
einstimmig  zur Kenntnis  genommen  worden.  In  einer  Entschließung  hat  sich  der 
Nationalrat  für  die  Fortsetzung  der  Arbeiten  an einer  umfassenden  Reform  der 
österreichischen  Bundesverfassung  ausgesprochen  und  die  Bundesregierung
aufgefordert, die Arbeiten an einer zukünftigen modernen Bundesverfassung auf der 
Grundlage  der  Ergebnisse des  Österreich-Konvents  und  des  Besonderen
Ausschusses voranzutreiben (209/E XXII.GP).
3
Im  Regierungsprogramm  für  die  XXIII.  Gesetzgebungsperiode  wurde  unter  dem 
Kapitel  Staats-  und Verwaltungsreform  vorgesehen,  dass  auf  der  Grundlage  der 
Arbeiten  des  Österreich-Konvents  und  des
diesbezüglichen  Besonderen 
Ausschusses eine Verfassungsreform vorzubereiten ist. Daraufhin wurde zu diesem 
Thema beim Bundeskanzleramt eine Expertengruppe eingerichtet. Diesem Gremium
gehörten  Dr.  Franz  Fiedler,  Univ.-Prof.  Dr.  Andreas  Khol,  Dr.  Peter  Kostelka  und
Univ.-Prof.  Dr.  Theo  Öhlinger  sowie  zwei  Vertreter  der  Länder  an.  Von  Seiten  der 
Länder  wurden  in  weiterer Folge  Landeshauptfrau  Mag.  Gabi  Burgstaller  und 
Landeshauptmann  Dr.  Herbert  Sausgruber  entsendet,  die  jedoch  von
Univ.-Prof.  Dr.  Ewald  Wiederin  (für  Landeshauptfrau  Mag.  Gabi  Burgstaller)  sowie 
Vizepräsident  des Bundesrates  Jürgen  Weiss  (für  Landeshauptmann  Dr.  Herbert 
Sausgruber)  vertreten  wurden.  Darüber  hinaus
wurde  der  Leiter  des 
Verfassungsdienstes  im  Bundeskanzleramt,  Univ.-Prof.  Dr.  Georg  Lienbacher,  von
Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer mit der Vorsitzführung in der Expertengruppe 
2
 Vgl 94/ME XXIII. GP  Ministerialentwurf  Materialien  Vorblatt und Erläuterungen S. 2.
3
 Vgl 94/ME XXIII. GP  Ministerialentwurf  Materialien  Vorblatt und Erläuterungen S. 2.
7
betraut  und  ersucht,  die Betreuung  der  Arbeit  der  Expertengruppe  durch  den 
Verfassungsdienst sicherzustellen. Zur Unterstützung in der Expertengruppe wirkten 
von  Seiten  des  Verfassungsdienstes  neben  dem  Vorsitzenden  der  stellvertretende 
Leiter Dr.  Harald  Dossi  und  Dr.  Clemens  Mayr  mit.  Die  Expertengruppe  ist  am 
9.  Februar  2007  zu  ihrer konstituierenden  Sitzung  zusammengetreten  und  hat  bis 
zum 10. Juli 2007 insgesamt 15 Sitzungen abgehalten.
4
Mit  Ausnahme  des  Vorsitzenden  waren  alle  Mitglieder  der  Expertengruppe  bereits 
Mitglieder 
des 
Österreich-Konvents. 
Drei 
davon 
(Dr. 
Franz 
Fiedler, 
Univ.-Prof.  Dr.  Andreas  Khol  sowie  Dr.  Peter Kostelka)  waren  sogar  Mitglieder  des 
Präsidiums  des  Österreich-Konvents.  Univ.-Prof.  Dr.  Andreas  Khol  war  darüber
hinaus Vorsitzender des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichts des 
Österreich-Konvents. Durch die Zusammensetzung der Expertengruppe wurde somit 
in  hohem  Ausmaß  eine  Kontinuität  zwischen Österreich-Konvent,  ,,Besonderer 
Ausschuss des Nationalrates" und nunmehr Expertengruppe sichergestellt und man 
verfügte  dadurch  auch  über  einen  großen  Erfahrungsschatz  sowie  zahlreiche 
Textvorschläge und Unterlagen aus den vorangegangen Gremien.
5
Durch  das  Regierungsprogramm  2007  wurde  der  Expertengruppe  zur  Staats-  und 
Verwaltungsreform eine Vielzahl von Beratungsthemen zur Behandlung übertragen. 
Der erste Entwurf beziehungsweise der erste Teil der Verfassungsreform basiert auf 
den diesbezüglichen Beratungsergebnissen der Expertengruppe. Darin enthalten ist 
unter  anderem  der  Bereich  der  nichtterritorialen  Selbstverwaltung  samt  ihren 
wesentlichen Strukturelementen, mit dem sich diese Arbeit auch näher beschäftigen 
wird.
4
 Vgl 94/ME XXIII. GP  Ministerialentwurf  Materialien  Vorblatt und Erläuterungen S. 2.
5
 Vgl 94/ME XXIII. GP  Ministerialentwurf  Materialien  Vorblatt und Erläuterungen S. 3.
8
IV. Definition der nichtterritorialen Selbstverwaltung
Bevor  näher  auf  die  Neuregelung  beziehungsweise  Änderung  im  Bereich  der 
nichtterritorialen  Selbstverwaltung  eingegangen  wird,  soll  nun  zunächst  ganz 
allgemein der Begriff der Selbstverwaltung erläutert werden.
Selbstverwaltung  wird  bei  Kahl/Weber
6
und  Stolzlechner
7
als  ,,eine  Form 
dezentralisierter,  demokratisch  legitimierter  und  relativ  unabhängiger  öffentlicher 
Verwaltung,  die  von  eigenen  Rechtsträgern  besorgt  wird"  definiert.  Stolzlechner
8
beschreibt  den  Begriff  ,,Selbstverwaltung"  dahingehend,  dass  ,,öffentliche  Aufgaben 
mit 
engem 
Sachbezug 
zum 
in 
der 
Selbstverwaltungskörperschaft 
zusammengefassten  Personenkreis  von  Organen  des  Selbstverwaltungsträgers 
eigenverantwortlich besorgt werden (,,eigener Wirkungsbereich")." Wesentlich für die 
Selbstverwaltung ist also die weisungsfreie Besorgung ihrer Aufgaben durch eigene 
Rechtsträger.  Die  weisungsfreie  Besorgung  der  Aufgaben  wird  im  eigenen
(selbstständigen) 
Wirkungsbereich 
vollzogen. 
Innerhalb 
des 
jeweiligen 
Selbstverwaltungskörpers  gilt  jedoch  der  Grundsatz  der  Weisungsgebundenheit.
9
Darüber  hinaus  werden  Selbstverwaltungskörper  meist  auch  durch  Gesetz  mit  der 
Besorgung  von  (Staats-)Aufgaben  anderer  Rechtsträger  betraut.  In  diesem  Bereich 
handeln  die  Selbstverwaltungskörper  im  übertragenen  Wirkungsbereich,  werden 
funktionell  als  Bundes-  oder  Landesorgane  tätig  und  sind  den  übergeordneten 
staatlichen  Verwaltungsorganen  gegenüber  auch  weisungsgebunden.  Weiters 
besteht hier auch in der Regel ein Instanzenzug an die Staatsorgane.
10
Die wesentlichen juristischen Merkmale der Selbstverwaltung sind also:
11
·
Träger  ist  eine  eigene  juristische  Person  (Rechtsträger),  eine  Körperschaft
öffentlichen Rechts.
·
Der  Träger  der  Selbstverwaltung  besitzt  einen  eigenen  Wirkungsbereich,  in 
dem  er  weisungsfrei  ist,  allerdings  der  staatlichen  Aufsicht  unterliegt.  In  der 
6
 Vgl Kahl/Weber 2007, S. 80f.
7
 Vgl Stolzlechner 2007, S. 296.
8
 Vgl Stolzlechner 2007, S. 296.
9
 Vgl VfSlg 13304/1992.
10
 Vgl Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer 2007, S. 411.
11
 Vgl Öhlinger 2007, S. 237.
9
Regel ist auch ein Instanzenzug an staatliche Behörden ausgeschlossen. Ein 
solcher besteht nur, wenn er ausdrücklich angeordnet ist.
12
Innerhalb  der  Selbstverwaltung  kann  man  nach  der  österreichischen 
Bundesverfassung  zwischen  territorialer  Selbstverwaltung  (Gemeindeverwaltung) 
und eben nichtterritorialer oder funktionaler Selbstverwaltung unterscheiden.
Die funktionale Selbstverwaltung umfasst:
13
·
die  wirtschaftliche  Selbstverwaltung  der  Berufsgruppen  in  ,,Kammern"
(zB  Wirtschaftskammer,  Arbeiterkammer,  Landwirtschaftskammer).  Zur 
wirtschaftlichen  Selbstverwaltung  gehören  aber  auch  zB  die  durch  Gesetz 
eingerichteten regionalen Fremdenverkehrsverbände.
·
die 
kulturelle/wissenschaftliche 
Selbstverwaltung 
(Österreichische 
Hochschülerschaft und Akademie der Wissenschaften)
·
die  soziale  Selbstverwaltung  (Anstalten  der  Sozialversicherung  als 
gemeinsame  Selbstverwaltung  der  wirtschaftlichen  Selbstverwaltungskörper, 
also  Gebietskrankenkassen,  Pensionsversicherungsanstalten  sowie  die 
Allgemeine Unfallversicherungsanstalt)
·
die sonstige Selbstverwaltung (personen- und sachbezogene Zweckverbände) 
wie  z.B.  die  Landesjagdverbände,  die  Landes-Feuerwehrverbände, 
Wasserverbände und genossenschaften, Agrargemeinschaften usw
Sowohl für territoriale, wie auch für nichtterritoriale Selbstverwaltung bestehen nach 
Kahl/Weber
14
neben bereits genannten auch noch weitere strukturelle Merkmale, die 
sie 
kennzeichnen, 
jedoch 
in 
unterschiedlichem 
Ausmaß 
vorkommen 
beziehungsweise  ausgeprägt  sind.  Sie  müssen  aber  trotzdem  alle  vorhanden  sein,
um einen Organisationstypen als Selbstverwaltungskörper bezeichnen zu können.
12
 Vgl VwGH 21.12.2005, 2002/08/0253.
13
 Vgl Stolzlechner 2007, S. 297f; <wko.at>.
14
 Vgl Kahl/Weber 2007, S. 81.
10
Präsident Universitätsprofessor Dr. Korinek hat dazu acht typische organisatorische 
Merkmale herausgearbeitet:
15
·
Errichtung  als  juristische  Person  (Körperschaft  öffentlichen  Rechts)  mit 
personalem Substrat
Die 
Selbstverwaltungskörper(schaften) 
sind 
mitgliedschaftlich 
(personelles  Substrat)  organisiert,  sie  bestehen  aus  einzelnen 
natürlichen 
oder 
juristischen 
Personen. 
Der 
Bestand 
der 
Körperschaften ist unabhängig vom Wechsel ihrer konkreten Mitglieder.
·
Einrichtung durch Gesetz oder einen anderen Hoheitsakt
Für 
jeden 
Selbstverwaltungskörper 
besteht 
ein 
eigenes 
Organisationsgesetz, das die demokratische Struktur, die Aufgaben (in 
sehr  allgemeiner  Form),  die  Finanzierung,  die  Rechte  und  Pflichten 
gegenüber  dem  Staat  (Begutachtungs-  und  Mitwirkungsrechte  bzw
pflichten)  festlegt.  Im  Rahmen  der  durch  das  Gesetz  festgelegten 
allgemeinen  Aufgabenerstellung  ist  der  Selbstverwaltungskörper  frei 
von jeder Einflussnahme von außen, insbesondere durch den Staat.
·
Staatsaufsicht
Die  Aufsicht  besteht  hier  hinsichtlich  der  gesetzmäßigen  Führung  der 
Aufgaben 
des 
eigenen 
Wirkungsbereiches 
(zB 
Aufhebung 
rechtswidriger Entscheidungen von Selbstverwaltungsorganen).
·
Obligatorische Mitgliedschaft
Um  die  Verfolgung  des  Gruppeninteresses  und  insbesondere  den 
Interessenausgleich  zu  ermöglichen,  besteht  Pflichtmitgliedschaft  aller 
funktional  einer  Gruppe  zuzurechnenden  natürlichen  oder  juristischen 
Personen.
15
 Vgl Korinek 1970, Kahl/Weber 2007, S. 81.
11
·
Besorgung der im Verbandsinteresse gelegenen eigenen Angelegenheiten in 
weisungsfreier Eigenverantwortlichkeit
Das  beinhaltet  die  Weisungsfreiheit  der  Selbstverwaltungsorgane 
gegenüber Staatsorganen.
·
Mitbestimmung,  insbesondere  Bestellung  der  Organe  aus  der  Mitte  der 
Verbandsangehörigen durch die Verbandsangehörigen
Um das Fehlen der individuellen Austrittsmöglichkeit zu kompensieren, 
legt  das  jeweils  konstituierende  Gesetz  umfangreiche  demokratische 
Mitbestimmungsmöglichkeiten  und  Kontrollmöglichkeiten  fest.  In 
regelmäßigen  Abständen  haben  Wahlen  zur  Besetzung  der 
Entscheidungsgremien  stattzufinden.  Die  Kandidaten  werden  von 
,,wahlwerbenden  Gruppen"  vorgeschlagen,  die  um  die  Kontrolle  über 
den jeweiligen Selbstverwaltungskörper konkurrieren.
·
Finanzielle Selbständigkeit (Budgethoheit)
Selbstverwaltungskörper 
werden 
regelmäßig 
finanziert 
durch 
Mitgliedsbeiträge  (nach  der  Leistungsfähigkeit  gestaffelt)  der 
Gruppenmitglieder, 
durch 
eigene 
wirtschaftliche 
Tätigkeit
beziehungsweise auch durch (gesetzlich fixierte) staatliche Mittel.
·
Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber den Mitgliedern
V. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der 
Selbstverwaltung vor der B-VG Novelle BGBl I 2008/2
Die  Selbstverwaltung  der  Gemeinde  ist  schon  länger  verfassungsrechtlich  fest 
verankert (vgl Art 115ff B-VG). Bei der nichtterritorialen Selbstverwaltung war dies bis 
zur B-VG Novelle I 2008/2 nicht der Fall, sie fand davor keine explizite Grundlage in 
der  österreichischen  Bundesverfassung.  Deren  verfassungsrechtliche  Zulässigkeit 
war  zunächst  umstritten  und  wurde  später  von  der  herrschenden  Lehre
16
  und 
16
 Vgl Berka 2005, Rz 765.
12
ständigen Rechtsprechung des VfGH an die Einhaltung bestimmter Typusmerkmale 
(wirtschaftliche  Selbständigkeit,  staatliche  Aufsicht,  Pflichtmitgliedschaft  und 
besonders demokratische Organisation und Organkreation) gebunden.
17
Bereits  in  den  1950er  und  1960er  Jahren  wurden  die  Grundsteine  gelegt,  die 
schließlich  zur  Judikatur  des  VfGH
18
  zur  ,,Salzburger  Jägerschaft"  geführt  hat.  Der 
VfGH  hat  dabei  unter Bruch mit  seiner  bis  dahin  auf  dem  Boden  der  herrschenden 
Dogmatik  basierenden  Judikatur
19
  entschieden,  dass  die  Einrichtung  von 
Selbstverwaltungskörperschaften  im  Rahmen  des  Organisationsplanes  der 
Bundesverfassung liegt und daher auch durch einfaches Gesetz allgemein zulässig 
ist,  und  dem  Gesetzgeber  zugleich  gewisse  materielle  verfassungsrechtliche 
Kriterien  vorgegeben.
20
  Konkret  begründet  der  VfGH  die  verfassungsrechtliche 
Zulässigkeit wie folgt (VfSlg 8215/1977): ,,...der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 
1920 (hat) Selbstverwaltung als Organisationstechnik nicht bloß gekannt, sondern -
als  dem  Art 20  B-VG  nicht  entgegenstehend  -  auch  vorausgesetzt  und  anerkannt. 
Die Schaffung von Selbstverwaltungskörpern und damit von Organen, die gegenüber 
staatlichen Organen weisungsfrei sind, ist somit im Rahmen des Organisationsplanes 
der  Bundesverfassung  gelegen.  Die  Einrichtung  von  Selbstverwaltung  durch  den 
einfachen  Bundes-  und  Landesgesetzgeber  ist  sohin  verfassungsrechtlich 
zulässig."
21
Für  die  Einrichtung  von  Selbstverwaltungskörpern war  hierfür  eine  im  Lichte  des 
Gleichheitssatzes  (Art  7  Abs  1  B-VG)  sachgerechte  Abgrenzung  des  zum 
Selbstverwaltungskörper  zusammengefassten  Personenkreises,  sowie  auch  eine 
sachliche  Abgrenzung  jenes  Aufgabenkreises  erforderlich,  der  im  weisungsfreien 
eigenen  Wirkungsbereich  vollzogen  wird,  im  Sinne  von  Interesse  und  Eignung 
(vgl  Art  118  Abs  2  B-VG).  Weiters  war  die  Einrichtung  eines  staatlichen 
Aufsichtsrechts  als  Substitut  der  Weisungsbindung  und  die  binnendemokratische 
Organisation,  im  Besonderen  durch  Wahlen  der  leitenden  oder  mit  wesentlichen 
Aufgaben betrauten Organe, erforderlich. Zu den verfassungsrechtlichen Schranken, 
die  der  einfache  Gesetzgeber  bei  der  Einrichtung  von  Selbstverwaltungskörpern  zu 
17
 Vgl Kneihs 2008, S. 148f.
18
 Vgl VfSlg 8215/1977.
19
 Vgl Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer 2007, S. 412.
20
 Vgl Stolzlechner 1995, S. 370ff.
21
 Vgl Öhlinger 2008, S. 187.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (eBook)
- 9783836645775
- DOI
- 10.3239/9783836645775
- Dateigröße
- 465 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Wirtschaftsuniversität Wien – Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht
- Erscheinungsdatum
- 2010 (April)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- reform kammer sozialpartner finanzierung selbstverwaltung
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					