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Humor in der Werbung im interkulturellen Vergleich

©2009 Bachelorarbeit 129 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Werbelandschaft ist geprägt durch die sich ständig ändernden Kommunikationsbedingungen. Auf diesem hart umkämpften Terrain überlebt nur derjenige, der den momentanen Geschmacksnerv der Konsumenten trifft und nur wer die weitere Entwicklung voraussagen und somit Trends maßgeblich bestimmen kann. Angesichts der großen Produktvielfalt und Auswahlmöglichkeiten, sowie der damit zusammenhängenden Informationsüberflutung; fällt es dem Konsumenten zunehmend schwerer sich für ein Produkt zu entscheiden. Nur wer mit einer überzeugenden Marketingstrategie die Aufmerksamkeit des Käufers auf sein Produkt lenkt, kann den Absatz nachhaltig sichern. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass Werbung sich zu einer tiefenpsychologischen Wissenschaft entwickelt hat, die sich mit allen möglichen Nuancen der Kundenbeeinflussung auseinandersetzt. Diese Bachelor Thesis befasst sich mit einer dieser Nuancen - dem Humor.
Humor hat die beeindruckende Eigenschaft selbst austauschbare Produkte aufmerksamkeitsstark zu bewerben. 90 Prozent der befragten Führungskräfte in der Werbebranche glauben an die fördernde Wirkung von Humor in ihrer Werbeeffektivität. Die Akzeptanz und Beliebtheit von diesem Stilmittel lässt sich hervorragend am Super Bowl in den USA beobachten. Nicht nur für Sportbegeisterte ist es ein Event ganz besonderer Art, auch für Marketeer hat sich diese Veranstaltung zu einer Plattform werblicher Glanzleistungen entwickelt. Humor nimmt dabei eine ganz besondere Stellung ein: In den Jahren 2003, 2004 und 2005 (Stand: 2006) glänzten die in einer Auswertung erhobenen Top Ten der besten Werbespots durch Humor. Trotz dieser positiven Bilanz werden jedoch einzelne Aspekte, wie z. B. Verständnis, Glaubwürdigkeit oder Sympathiebewirkung humorvoller Werbung in ihrer Wirkung immer noch kontrovers diskutiert.
Betrachtet man die deutsche Werbestruktur, ist nur jede fünfte Werbung witzig, während Humor in den USA das meist verwendete Kommunikationswerkzeug
darstellt. Häufig wird zudem behauptet: Deutsche Werbespots weisen in einem internationalen Vergleich weniger Witz auf. Die im Grunde kulturübergreifende Eigenschaft des Humors lässt sich in diesem Kontext als heterogen identifizieren. Ein Sachverhalt, der in internationalen Unternehmensaktivitäten strengstens berücksichtigt werden muss. Austauschbare Produkte, gesättigte Märkte und ansteigende Wettbewerbsintension zwingen Unternehmen zum Ausbau ihrer Tätigkeit über die eigenen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Julia Arnhold
Humor in der Werbung im interkulturellen Vergleich
ISBN: 978-3-8366-4453-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Hochschule Heilbronn, Heilbronn, Deutschland, Bachelorarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

"The most wasted of all days is one without laughter."
by E.E. Cummings

I
Inhaltsverzeichnis
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
...IV
T
ABELLENVERZEICHNIS
...V
T
EIL
1:
G
RUNDSÄTZLICHE
W
IRKUNGSZUSAMMENHÄNGE VON
H
UMOR UND
W
ERBUNG
1
E
INFÜHRUNG
... 1
1.1
Situation und Problemstellung ... 1
1.2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit... 2
2
D
ER
H
UMOR
... 4
2.1
Was ist Humor? ... 4
2.2
Theoretische Ansätze zur Humorentstehung... 5
2.2.1
Inkongruenztheorie ... 5
2.2.2
Ambivalenztheorie ... 6
2.2.3
Entlastungstheorie ... 6
2.2.4
Überlegenheits- und Aggressionstheorie... 7
2.3
Humortechniken... 8
2.4
Subjektivität des Humors ... 10
2.5
Humor in der Gesellschaft ­ ein soziales Phänomen ... 11
3
H
UMOR IN DER
W
ERBUNG
... 12
3.1
Was ist Werbung? ... 12
3.1.1
Werbung als Instrument der Kommunikationspolitik im Marketing-Mix12
3.1.2
Wirkungsweisen der Werbung auf der Beeinflussungsebene... 14
3.2
Wirkungserscheinungen humoristischer Werbung... 16
3.2.1
Aufmerksamkeit ... 16
3.2.2
Verständnis... 18
3.2.3
Erinnerung ... 19
3.2.4
Glaubwürdigkeit und Seriosität ... 20
3.2.5
Sympathie... 21
3.2.6
Kaufinteresse bzw. Kaufabsicht... 23
3.3
Einflussfaktoren auf die Werbewirkung von Humor ... 23

II
3.3.1
Produktrelevante Faktoren ... 24
3.3.2
Personenrelevante Faktoren ... 27
3.3.3
Werbegestaltung- und umsetzungsrelevante Faktoren ... 31
3.4
Mögliche Risiken beim Einsatz von Humor... 37
3.4.1
Wear-out-Effekt... 37
3.4.2
Vampireffekt ... 38
3.5
Zwischenfazit ... 40
T
EIL
2:
D
IE
E
INFLUSS VON
K
ULTUR AUF DIE
G
ESTALTUNG UND
U
MSETZUNG
HUMORVOLLER
W
ERBUNG
4
D
ER
K
ULTURASPEKT
... 43
4.1
Was ist Kultur?... 43
4.2
Kultur als mentale Programmierung ... 44
4.3
Operationalisierung der Kultur ... 45
4.3.1
Hierarchische Anschauung... 46
4.3.1.1
Das nicht Sichtbare (Concepta) ... 48
4.3.1.2
Das Sichtbare (Percepta) ... 49
4.3.2
Kulturdimensionen-Modell nach H
OFSTEDE
... 50
4.3.2.1
Machtdistanz ... 51
4.3.2.2
Individualismus versus Kollektivismus... 52
4.3.2.3
Maskulinität versus Femininität ... 54
4.3.2.4
Unsicherheitsvermeidung... 55
4.3.2.5
Lang- und Kurzzeitorientierung ... 57
4.4
Interkulturelle Kommunikation... 58
5
K
ULTUR UND
W
ERBUNG
... 59
5.1
Kulturelle Einflussfaktoren auf die Werbung ... 59
5.2
Standardisierung versus Differenzierung der Werbung ... 60
5.3
Werbung als Spiegelbild der Gesellschaft ... 61
5.4
Gestaltungselemente in der Werbung ... 62
5.4.1
Inhaltliche Gestaltung ... 63
5.4.2
Formalgestaltung ... 66
5.5
Auswirkungen der Kulturdimensionen auf die Werbung ... 67
5.5.1
Machtdistanz ... 67

III
5.5.2
Individualismus versus Kollektivismus ... 68
5.5.3
Maskulinität versus Femininität... 69
5.5.4
Unsicherheitsvermeidung ... 70
5.5.5
Lang- und Kurzzeitorientierung... 71
6
I
NTERKULTURELLER
V
ERGLEICH HUMORISTISCHER
W
ERBUNG
... 72
6.1
Auswahl der Länder... 72
6.1.1
Daten und Fakten zu den ausgewählten Ländern ... 72
6.1.2
Gebrauch von Humor in den ausgewählten Ländern... 74
6.2
Interkultureller Vergleich humorvoller Werbung ... 75
6.2.1
USA ... 76
6.2.1.1
Kulturdimensionen... 76
6.2.1.2
Produktbezug ... 77
6.2.1.3
Inhaltliche Gestaltung bzw. Formalgestaltung... 78
6.2.2
China ... 80
6.2.2.1
Kulturdimensionen... 80
6.2.2.2
Produktbezug ... 81
6.2.2.3
Inhaltliche Gestaltung bzw. Formalgestaltung... 82
6.3
Zwischenfazit ... 83
7
S
CHLUSSBETRACHTUNG
... 87
A
NHANGSVERZEICHNIS
... 89
Q
UELLENVERZEICHNIS
... 107

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ablaufschema der Inkongruenzauflösung von S
ULS
... 6
Abbildung 2: Instrumente des Marketing-Mix ... 13
Abbildung 3: Werbewirkungsmodell S-O-R ... 15
Abbildung 4: Humorvolle Werbeanzeige mit Produktbezug - Deutsche Bahn ... 18
Abbildung 5: Humorvolle Werbeanzeige ohne Produktbezug ­
PSI (IT-Lösungen) ... 18
Abbildung 6: Produkt-Farben-Matrix nach Weinberger & Co... 25
Abbildung 7: Kulturelle Anspielungen im Werbespot - Media Markt ... 31
Abbildung 8: Printkampagne mit Wortwitz - Möbelhaus Kare... 32
Abbildung 9: Satirische Werbeanzeige - Lucky Strike ... 33
Abbildung 10: Überraschender Humor in einer TV-Kampagne - BILD-Zeitung .. 34
Abbildung 11: Inkongruenz in einer Werbeanzeige - Renault... 35
Abbildung 12: Entwicklung der Werbewirkung bei Werbewiederholungen ... 38
Abbildung 13: Gefahr des Vampireffekts in einem Werbespot - micasa... 39
Abbildung 14: Humorvolle Hervorhebung des Produktvorteils - Pepsi Light... 40
Abbildung 15: Taktische Überlegungen beim Einsatz von Humor in einer
Werbung... 42
Abbildung 16: Drei Ebenen der mentalen Programmierung ... 45
Abbildung 17: Darstellung der Kulturzwiebel ... 46
Abbildung 18: International adoptierter Werbespot - Axe ... 61
Abbildung 19: Kulturbedingte Anpassung der Werbebotschaft ... 62
Abbildung 20: Verbale Kommunikationsstile im interkulturellen Vergleich ... 64
Abbildung 21: Religiöser Inhalt in einer Werbeanzeige - United Colors of
Benetton... 65
Abbildung 22: Eine typisch feminingeprägte Szene in einem schwedischen
Werbespot - Ikea ... 69
Abbildung 23: Einordnung der Länder in eine Dimensionen Matrix... 75

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anzahl der Charaktere in einem Werbespot ... 84
Tabelle 2: Status der Charaktere in einem Werbespot ... 85
Tabelle 3: Humorvoller Produktbezug in einem Werbespot... 85

E
INFÜHRUNG
1
1 Einführung
1.1 Situation und Problemstellung
Die Werbelandschaft ist geprägt durch die sich ständig ändernden
Kommunikationsbedingungen. Auf diesem hart umkämpften Terrain überlebt nur
derjenige, der den momentanen Geschmacksnerv der Konsumenten trifft und nur
wer die weitere Entwicklung voraussagen und somit Trends maßgeblich
bestimmen kann. Angesichts der großen Produktvielfalt und Auswahl-
möglichkeiten, sowie der damit zusammenhängenden Informationsüberflutung;
fällt es dem Konsumenten zunehmend schwerer sich für ein Produkt zu
entscheiden. Nur wer mit einer überzeugenden Marketingstrategie die
Aufmerksamkeit des Käufers auf sein Produkt lenkt, kann den Absatz nachhaltig
sichern. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass Werbung sich zu einer
tiefenpsychologischen Wissenschaft entwickelt hat, die sich mit allen möglichen
Nuancen der Kundenbeeinflussung auseinandersetzt. Diese Bachelor Thesis
befasst sich mit einer dieser Nuancen - dem Humor.
Humor hat die beeindruckende Eigenschaft selbst austauschbare Produkte
aufmerksamkeitsstark zu bewerben. 90 Prozent der befragten Führungskräfte in
der Werbebranche glauben an die fördernde Wirkung von Humor in ihrer
Werbeeffektivität.
1
Die Akzeptanz und Beliebtheit von diesem Stilmittel lässt sich
hervorragend am Super Bowl in den USA beobachten. Nicht nur für
Sportbegeisterte ist es ein Event ganz besonderer Art, auch für Marketeer hat sich
diese Veranstaltung zu einer Plattform werblicher Glanzleistungen entwickelt.
Humor nimmt dabei eine ganz besondere Stellung ein: In den Jahren 2003, 2004
und 2005 (Stand: 2006) glänzten die in einer Auswertung erhobenen Top Ten der
besten Werbespots durch Humor.
2
Trotz dieser positiven Bilanz werden jedoch
einzelne Aspekte, wie z. B. Verständnis, Glaubwürdigkeit oder Sympathiebe-
wirkung humorvoller Werbung in ihrer Wirkung immer noch kontrovers diskutiert.
Betrachtet man die deutsche Werbestruktur, ist nur jede fünfte Werbung witzig,
während Humor in den USA das meist verwendete Kommunikationswerkzeug
1
Vgl. C
HUNG
,
H.
u. a.: Memory and attitude, 2003, S. 120
2
Vgl. G
ULAS
,
C-S.
u. a.: Humor in Advertising, 2006, S. 17

E
INFÜHRUNG
2
darstellt.
3
Häufig wird zudem behauptet: Deutsche Werbespots weisen in einem
internationalen Vergleich weniger Witz auf. Die im Grunde kulturübergreifende
Eigenschaft des Humors lässt sich in diesem Kontext als heterogen identifizieren.
Ein Sachverhalt, der in internationalen Unternehmensaktivitäten strengstens
berücksichtigt werden muss. Austauschbare Produkte, gesättigte Märkte und
ansteigende Wettbewerbsintension zwingen Unternehmen zum Ausbau ihrer
Tätigkeit über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Eine länderübergreifende
Kommunikation der Werbebotschaft ist fraglich. Denn trotz der voranschreitenden
Globalisierung sind kulturbedingte Ungleichheiten weiterhin zu berücksichtigen.
Um erfolgreich in dem abweichenden Wertesystem verstanden zu werden,
müssen kulturbedingte Faktoren berücksichtigt werden. Dies schließt den Humor
ebenfalls mit ein. Abweichende Humorwertschätzung und ­präferenzen oder
sozial anerkannte Situationen, in denen Witze angebracht sind, sind Werbefallen,
die beachtet werden müssen. Es liegt im Auge des Betrachters, was humorvoll ist.
Dabei ist gerade seine Ansicht ein Resultat kulturspezifischer Programmierung.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Bevor der kulturbedingte Bezug zur humorvollen Werbung hergestellt wird, sind
die grundsätzlichen Wirkungszusammenhänge von Humor und Werbung zu
erfassen. Bei der vielfältigen Wirkung des Humors in Werbebotschaften gehen
nach wie vor die Meinungen auseinander. Zunächst soll diese Arbeit Aufschluss
über den aktuellen Stand der Forschung geben, um dann Chancen und Risiken für
dieses Stilmittel detailliert aufzudecken. Anschließend werden die Einflussfaktoren
auf die Werbewirkung analysiert, die das Unternehmen steuern kann.
Basierend auf den kulturellen Dimensionen ist weiterhin der Einfluss der Kultur auf
die Gestaltung einer humorvollen Werbung auf internationaler Ebene aufzuzeigen.
Mit Hilfe einer exemplarischen Untersuchung von Werbespots aus zwei Ländern,
wird der Einfluss der Kultur auf die Werbung beispielhaft aufgezeigt und die
Notwendigkeit der kulturellen Beachtung verdeutlicht.
Analog den gesetzten Zielen erfolgt die Ausarbeitung der Thesis in zwei Teilen.
Der erste Teil der Arbeit führt durch drei Kapitel zu den Chancen und Risiken, die
eine humorvolle Werbung mit sich bringt. Nach der Erörterung der
3
Vgl. A
LDEN
,
D-L.
u. a.: A Multinational Analysis, 1993, S. 64; F
OCUS
O
NLINE
:: Witz verstärkt Werbewirkung, 2006, online im
Internet: URL: http://www.focus.de/wissen/bildung/medienforschung_aid_115693.html [Stand 09.11.2008]

E
INFÜHRUNG
3
Problemstellung und der Zielformulierung im ersten Kapitel wird im zweiten Kapitel
zunächst eine Basis über das theoretische Verständnis des Elements Humor
geschaffen. Die für die weitere Bearbeitung elementaren Kenntnisse über die
Werbung und ihre Einordnung in den Marketing-Mix werden zu Beginn des dritten
Kapitels beachtet. Anschließend werden Faktoren, die bei der Werbewirkung eine
wesentliche Rolle spielen, systematisch nach positiven und negativen
Auswirkungen
des
Humors
betrachtet.
Ferner
werden
grundsätzliche
Determinanten definiert, die einen Einfluss auf die Effektivität einer humorvollen
Werbung haben und bei der Gestaltung bzw. Umsetzung dringend berücksichtigt
werden müssen. Mit einem Hinweis auf die möglichen Risiken, die durch eine
humorvolle Werbepräsenz entstehen können, sowie einem Zwischenfazit, schließt
die erste grundlegende Betrachtung des Humors in der Werbung ab.
Im zweiten Teil der Thesis werden zunächst im vierten Kapitel die theoretischen
Grundzüge der Landeskultur ausgearbeitet. Im Rahmen einer Operationalisierung
der Kultur wird ausführlich auf die kulturellen Dimensionen nach H
OFSTEDE
eingegangen, da diese eine Basis für die weitere Untersuchung bilden. Kapitel fünf
verbindet die Kultur mit der Werbung und konzentriert sich auf den Einfluss dieser
auf die werbliche Kommunikation unter verschiedenen Gesichtspunkten. Dazu
gehören auch die kulturellen Auswirkungen auf die inhaltliche, sowie formale
Gestaltung einer Werbebotschaft, die u. a. Gegenstand der anknüpfenden
Untersuchung
sind.
Außerdem
wird
gezeigt,
wie
sich
wertegeprägte
Länderdimensionen auf die Werbung auswirken. Unter Berücksichtigung der
ermittelten Einflussfaktoren, werden im sechsten Kapitel Werbespots zweier, mit
Hilfe von Länderdimensionen ausgewählter Länder, interkulturell untersucht und
im Zwischenfazit miteinander verglichen. Die Schlussbetrachtung, einschließlich
eines Ausblicks auf weitere Forschung dieser Thematik, schließt die Bachelor
Thesis im letzten Kapitel ab.
Da Forschungsauslegungen zu dieser Thematik in Deutschland zu einer
vernachlässigten Literatur zählen, stammt ein großer Teil der eingesetzten
Quellen aus dem US-amerikanischen Raum. Darüber hinaus wurde ein Großteil
der grundlegenden Literatur bereits vor vielen Jahren verfasst, insofern wurden in
der vorliegenden Bachelor Thesis öfters ältere Quellen herangezogen.
Schließlich ist anzumerken, dass alle in der Bachelor Thesis erwähnten
Fernsehspots zusätzlich auf einem digitalen Medium ausgehändigt werden.

D
ER
H
UMOR
4
2 Der Humor
Um systematisch das Stilmittel Humor in der Werbung aufzudecken, wird im
folgenden Kapitel zunächst grundlegend auf das Element Humor eingegangen.
Die vier fundamentalen Humorentstehungstheorien tragen in diesem Kontext zum
wesentlichen Verständnis bei. Eine Auswahl an relevanten Humortechniken
verdeutlicht ergänzend die Erscheinungsformen des Elements. Abschließend wird
auf die Subjektivität des Humors, sowie auf seine gesellschaftliche Bedeutsamkeit
eingegangen.
2.1 Was ist Humor?
Über Humor existieren diverse Auffassungen, welche in ihrem Inhalt und ihren
Beobachtungen weit auseinander driften.
In Deutschland wurde der Begriff ,,Humor" im 18. Jahrhundert gebräuchlich und
bezeichnete eine Lebenseinstellung, welche die menschliche Unvollkommenheit
und Missglücke im Leben lächelnd akzeptiert und verzeiht.
4
Dies erklärt die
Herkunft des bekannten Sprichwortes ,,Humor ist, wenn man trotzdem lacht". Auch
wenn eine positive, seelische Grundhaltung im Mittelpunkt steht, erfüllt Humor im
deutschen Gebrauch eine Art Bewältigungsmechanismus und keinen losgelösten
Emotionsausbruch.
Demgegenüber steht eine eher sachlich wissenschaftliche Definition aus dem
englischsprachigem Raum: ,,form of communication in which a complex mental
stimulus illuminates, or amuses, or elicits the reflex of laughter"
5
. Humor schließt
somit sowohl die Reizeigenschaft eines Stimulus, als auch die dadurch ausgelöste
Reaktion des Empfängers ein. Witz, Wortspiel, Ironie oder Übertreibung fungieren
als das Reiz auslösende Stimuli.
Die Humortheorien sind ein weites Forschungsfeld in dem es keine
allgemeingültigen Theorien gibt. S
ULS
, einer der wichtigsten Forscher auf diesem
Gebiet, konnte es nicht besser ausdrücken: ,,The understanding and appreciation
of humor should not be expected to be a less complex process"
6
.
4
Vgl. U
NIVERSAL
L
EXIKON
: Band 8, 2000, S. 167
5
T
HE
N
EW
E
NCYCLOPÆDIA
B
RITANNICA
, Band 6, 2002, S. 145
6
S
ULS
,
J.: Cognitive Processes, 1983, S. 39

D
ER
H
UMOR
5
2.2 Theoretische Ansätze zur Humorentstehung
Mit diesem Thema haben sich bereits viele Forscher, Philosophen und
Psychologen auseinandergesetzt und zahlreiche Theorien entwickelt. Unter
anderem waren es A
RISTOTELES
, K
ANT
und F
REUD
, die sich dem komplexen
Thema gewidmet und ihre philosophischen Betrachtungen niedergeschrieben
haben. Die zahlreichen vorherrschenden Theorien lassen sich in vier
Hauptkategorien zusammenfassen: Inkongruenz-, Ambivalenz-, Entlastungs- und
Überlegenheitstheorie.
Viele Theorien sind im englischsprachigen Raum entstanden.
7
Bis heute bilden
USA und England das Zentrum für wissenschaftliche Debatten und Forschungen
zum Thema Humor.
2.2.1 Inkongruenztheorie
Die erste Theorie ist, bis in die heutige Zeit, die meist akzeptierte und angewandte
Inkongruenztheorie. Auch in weiteren, bedeutsamen Theorien findet sich der
Inkongruenzgedanke wieder.
Bei dieser Theorie geht man von einem kognitiven Prozess aus, bei dem eine
Abweichung bzw. Unvereinbarkeit der persönlichen Erwartungen mit der
tatsächlichen Situation realisiert wird. Diese empfundene Inkongruenz, zwischen
dem was wir erwarten und dem dargestellten, löst eine humorvolle Situation aus.
Zu den empfundenen Inkongruenzen können Doppeldeutigkeit, Tabubruch,
Inkonsistenz, Unlogik oder Übertreibung gehören.
S
ULS
teilte diesen Prozess in zwei Phasen, die eine Problemauflösung darstellen,
ein. Zunächst erfolgt die Wahrnehmung der Inkongruenz, die zu ihrer Auflösung
motiviert, um der Unstimmigkeit mit einer Regel Sinn zu geben. Dies geschieht
entweder mit dem Wissen, das wir besitzen, oder den Informationen, die im Witz
vorhanden sind.
8
Erfolgreiche Auflösung der Unstimmigkeit äußert sich im Humor,
das Scheitern in Verwirrung oder gar Frustration. In der Abbildung 1 ist das
,,Incongruity Resolution Model" dargestellt.
7
Vgl. O
LUSCHINSKY
,
T.: Humor im viralen Marketing, 2007, S.11
8
Vgl. S
ULS
,
J.: Cognitive Processes, 1983, S. 42

D
ER
H
UMOR
6
Abbildung 1: Ablaufschema der Inkongruenzauflösung von S
ULS
Quelle: In Anlehnung an S
ULS
,
J.: Cognitive Processes, 1983, S. 42
Um bestimmte Inkongruenzen entschlüsseln zu können, muss der Empfänger
stets einen gewissen Umfang an Intelligenz und Phantasie besitzen.
9
Andernfalls
schlägt das Gutgemeinte um und die Darstellung wird nicht als witzig empfunden.
2.2.2 Ambivalenztheorie
Dieser Erklärungsansatz besagt, dass zwei völlig gegensätzliche und
unvereinbare Gefühle aufeinander treffen und dadurch zum Lachen animieren.
Hintergrund dieses Geschehens ist die anfängliche Verwirrung, ausgelöst durch
einen Witz, der sich nach längerem Hin und Her in Triumph und Lust verwandelt.
10
2.2.3 Entlastungstheorie
Die auch unter dem englischen Namen bekannte Release-and-Relief-Theory
beschäftigt sich mit dem physiologischen Aspekt emotionaler Erlebnisse. Humor,
bzw. das Lachen dienen zum Ablassen von angestauter, überschüssiger und
nervöser Energie.
9
Vgl. M
C
G
HEE
,
P.:
Humor, 1979, S. 151, 164; S
ULS
;
J.: Cognitive Processes, 1983, S. 42 f.; S
CHREINER
J.: Humor bei
Kindern, 2003, S. 109;
M
AYER
,
H.
u. a.:
Werbepsychologie, 2000, S. 583
10
Vgl. H
IRSCH
,
E-C.: Witzableiter, 1985, S. 281

D
ER
H
UMOR
7
F
REUD
, der bedeutendste Verfechter dieser Theorie, geht davon aus, dass die aus
dem Lachen freigesetzte Energie sexuelle Impulse verursacht. Grund dafür ist die
Freigabe derselben Energien, die üblicherweise libidinöse Gefühle hemmen.
11
B
ERLYNES
erweiterte 1971 diesen Ansatz um zwei aktivierende Erregungsmuster:
,,Beim Hören eines Witzes baut sich die Spannung immer weiter auf (,,arousal
boost"­ Mechanismus eines Witzes), bis an einem Punkt die angenehme
Spannung unangenehm zu werden droht und durch die Pointe der ,,arousal jag"-
Mechanismus einsetzt, der die Spannung wieder abbaut"
12
. Hierbei erfolgt das
Lachen nicht nur aufgrund des Spannungsabbaus, sondern aus dem
Zusammenwirken von Auf- und Abbau der Erregung.
2.2.4 Überlegenheits- und Aggressionstheorie
Die vierte und letzte Theorie stützt auf einen sozial-verhaltenstheoretischen
Ansatz. Hierbei führen Missgeschick, Dummheit, Schwäche und Inkompetenz
anderer zu Begeisterung und Lachen. Als Auslöser des humorigen Erlebnisses
dient das Überlegenheitsgefühl, das auf aggressiven Gefühlen beruht.
Zurückzuführen ist diese Theorie auf A
RISTOTELES
, der glaubte, ,,daß sich das
Lachen vor allem als Reaktion auf Häßlichkeit und Schwäche zeige"
13
. Auch der
englische Philosoph H
OBBES
definierte im Jahr 1651 das Lachen als eine Art
Triumph und Selbstaufwertung, wenn wir die Unvollkommenheit anderer mit der
unseren vergleichen und uns dabei als überlegen fühlen.
14
Somit tendieren
Menschen dazu, über Witze zu lachen, die nur Personen verspotten und
herabsetzen, welche nicht gemocht werden oder mit denen sie sich nicht
identifizieren können.
15
Im aktuellen Fernsehprogramm wird gerne mit dem Überlegenheitsansatz Profit
gemacht. Die Moderatoren der Fernsehshows ,,TV Total" oder ,,Schmidt & Pocher"
nehmen kein Blatt vor den Mund und stellen vermehrt einzelne schwache bzw.
unbedachte Personen, z. B. bei Wissensfragen, bloß. Selbst Individuen, die vom
Pech verfolgt werden und keine besonderen Erfolge vorweisen können, kommen
auf ihre Kosten indem sie mit Missgeschicken und Dummheiten anderer
angesprochen werden.
11
Vgl. F
REUD
,
S.: Der Witz, 1992, S. 115 f.
12
W
ILLI
,
F.:
Psychoanalyse, 1996, S. 43 f.
13
Vgl. Ebenda, S. 41
14
Vgl. Ebenda; C
RITCHLEY
,
S.: Über Humor, 2004, S. 11; M
ARTIN
,
R-A.:
Approaches, 1998, S. 29
15
Vgl. M
ARTIN
,
R-A.: Approaches, 1998, S. 29;
R
ÄWEL
,
J.: Kommunikationsmedium, 2005, S. 17

D
ER
H
UMOR
8
2.3 Humortechniken
Basis des Lachens, Schmunzelns oder Grinsens sind verschiedene Humorformen
welche diese Reaktionen bewusst, bzw. beabsichtigt auslösen. Würde man
versuchen all diese Formen vollständig zusammenzutragen, wäre es kaum
durchführbar. Genauso vielseitig wie Humor selber ist, so sind es ebenso seine
diversen Kommunikationsformen. Im Folgenden werden nur die Humortechniken
vorgestellt und kurz erläutert, die für die vorliegende Arbeit relevant und somit zum
Werbezweck geeignet sind.
Inkongruenz ist eine Diskrepanz zwischen dem Erwarteten und dem
Vorherrschenden. Zwei unvereinbare Ideen, Gefühle oder Situationen werden
miteinander verbunden. Um es verstehen zu können und somit zum Lachen zu
animieren ist eine Auflösung der Inkongruenz notwendig.
Der Witz tritt in einer verbalen Kommunikation auf. Die entstehende Inkongruenz,
durch die ungewohnte Zusammenstellung des Inhalts, wird durch eine
überraschende Pointe aufgelöst. Durch die zum größten Teil festgelegte
inhaltliche Struktur bedarf es einer möglichst genauen Nacherzählung.
Übertreibungen sind offensichtliche Verzerrungen von Situationen, Fakten,
Größen, Proportionen, Handlungen oder Wahrheiten, welche entweder durch
Verstärkung oder Abschwächung erzeugt und nahezu bis ins Lächerliche, wenn
nicht gar ins Unvorstellbare gezogen werden. Das stilistische Mittel der
Übertreibung wird auch bei Karikaturen eingesetzt. Dies ist eine grafisch
dargestellte oder in Worten beschriebene Person, möglicherweise auch ein
gesellschaftliches Ereignis, welches überzogen und lächerlich dargestellt wird.
16
Blödeleien reichen vom Verziehen der Gesichtszüge zu einer lustigen Grimasse
bis hin zu albernen und irrsinnigen Situationen. Diese Humorform muss nicht
unbedingt in einem bestimmten Zusammenhang zum Thema stehen.
Keineswegs aus einem kreativen Gedanken entsprungen, sondern durch das
Leben selbst geschrieben, ist die Situationskomik.
17
Sie entsteht in einer
Alltagssituation, in der eine plötzliche Handlung eine humorvolle Sachlage
heraufbeschwört. Das Komische ist die Handlung selbst.
16
Vgl. M
ARHENKE
,
D.: Britischer Humor, 2003, S. 33
17
Vgl. P
RICKEN
.
M.: Kribbeln im Kopf, 2001, S, 197

D
ER
H
UMOR
9
Die Gestaltungsform Überraschung führt ebenso durch seine plötzliche
Erscheinung zum Gelächter. Doch dies hat weniger mit der Situation selber zu tun
als mehr mit der unerwarteten Reaktion oder Wendung eines Ereignisses.
Zwischen Ironie und Sarkasmus wird im alltäglichen Sprachgebrauch kaum ein
Unterschied gemacht. Bei der Ironie weicht die Aussage entweder nur teilweise
oder sogar auch bis ins Gegenteil von dem wirklich Gemeinten ab. Nach einer
gelungenen Vermittlung von Ironie, wenn diese also erkannt wird, folgt
erfahrungsgemäß eine leichte Akzeptanz dieser Meinung und der Widerspruch
wird aufgegeben.
18
In dieser Situation werden genaue Kenntnisse über das
Humorverständnis des Gegenübers benötigt, denn wird die Ironie, z. B. von einer
Person, nicht erkannt, bleibt diese im Unklaren. Während Ironie noch freundliche
Züge hat, wird Sarkasmus mit beißender Anzüglichkeit und Spott begleitet, die
meist Verbitterung und Enttäuschung ausdrücken.
19
Ironie ist ebenfalls das unterstützende Element in einer Satire. Durch Verspottung
von Menschen, Ereignissen, Ungerechtigkeiten oder Ansichten präsentiert der
Autor mit Humor und geistreichen Witzen seine kritische Einstellung und offenbart
mit dieser Aggression seinen Willen nach Veränderung.
20
Satire gepaart mit der extremen Form des Sarkasmus erzeugt den, aus England
berühmt und berüchtigt gewordenen, schwarzen Humor. Diese Art Humor
beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Themen wie Krankheit, Verbrechen oder
Tod. Der in makabrer Beziehung stehende Witz bricht Tabus und Grenzen des
guten Geschmacks.
Während schwarzer Humor gesellschaftliche und moralische Normen tangiert, ist
es bei dem Wortspiel, welches ebenfalls aus dem Englischen kommt und als
,,puns" bekannt wurde, der Verstoß gegen ,,das Gebot der Ernsthaftigkeit im
sprachlichen Austausch"
21
. Doppel- bzw. Mehrdeutigkeiten oder klangähnliche
Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung sind die häufigsten Varianten des
Wortspiels.
18
Vgl. W
ILLI
,
F.: Psychoanalyse, 1996, S. 88
19
Vgl. Ebenda, S. 92
20
Vgl. M
ARHENKE
,
D.: Britischer Humor, 2003, S. 31 f.
21
G
ELFERT
.
H-D.:
Humor und Lachen, 2006, online im Internet: URL: http://www.fu-berlin.de/presse/publikationen/tsp/
2006/ts_20060826/ts_20060624_07.html [Stand 19.10.2008]

D
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10
2.4 Subjektivität des Humors
Der Saal ist prall gefüllt. Mit unbändigem Erwarten starren die Zuschauer auf die
Bühne. Hochkonzentriert und mit weit aufgerissenen Augen erwarten sie die
nächste Pointe. Der Komiker D
IETER
N
UHR
steht auf der Bühne und versucht das
breite Publikum für sich zu gewinnen. Manche der Zuschauer brüllen vor Lachen,
können sich kaum mehr halten, andere wiederum zeigen kaum eine Reaktion.
Und noch mal andere haben nur ein leichtes Lächeln auf den Lippen oder kichern
vor sich hin. Dennoch ist es eine typische Reaktion auf eine humoristische Einlage
vor einem großen Publikum.
Humor ist ein multidimensionales Phänomen. Es ist eine fest in den Genen jedes
Einzelnen verankerte Eigenschaft, die sich im Verlauf der Entwicklung mit
Einbeziehung der individuellen Erfahrung wandelt. Alle Menschen besitzen dieses
Gen, jedoch ist es ein personenspezifisches Merkmal, welches, wie viele andere
menschliche Fähigkeiten, einer Entwicklung unterworfen ist.
Jeder fasst den Humor anders auf und verarbeitet diesen mit unterschiedlichsten
Reaktionen. Was das Lachen auslöst und worüber gelacht wird ist äußerst
subjektiv und hängt von diversen Faktoren ab. Von der augenblicklichen
Grundstimmung über individuelle Persönlichkeitseinstellungen, Moralvorstellungen
oder sogar der Schulbildung gibt es ein Netz von humorspezifischen
Bedingungen.
Demographische Größen wie das Alter oder Geschlecht spielen eine wesentliche
Rolle. Kinder, Jugendliche oder Senioren haben ein unterschiedliches Verständnis
für Humor. Grundlage dafür ist die Intelligenzentwicklung und die damit
verbundene Inkongruenzauflösung. In der Geschlechterwelt bestehen die
Gegensätze in den Präferenzen der Humortypen, aber auch in der
Scherzkommunikation. Bis in die achtziger Jahre wurde das Scherzen vielerorts
der Männerwelt überlassen.
22
Offensiver Humor von weiblicher Seite in der
Öffentlichkeit galt als undamenhaft und unfein.
Ebenso
die
umgebende
Umwelt
beeinflusst
die
Wahrnehmung.
Moralvorstellungen, die einen Einfluss auf das Auffassen von Humor haben,
wurden bereits in kulturellen Gruppen gebildet, gefestigt und von jeder einzelnen
22
Vgl. K
OTTHOFF
,
H.:
Lachkulturen heute, online im Internet: URL: http://opus.bsz-bw.de/hdms/volltexte/2004/338/pdf/
Humor3.pdf [Stand 16.10.2008]

D
ER
H
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11
Person weitergelebt. Deswegen ist das Humorverhalten eines Individuums oder
einer ganzen Gesellschaft zusätzlich durch das kollektive Bewusstsein geprägt.
2.5 Humor in der Gesellschaft ­ ein soziales Phänomen
Humor resultiert aus der Kommunikation von mindestens zwei Personen. Wir
lachen selten allein oder erzählen uns Witze. Somit stellt sich die Frage, ob das
Scherzhafte aus dem Kern des Witzes resultiert oder aus seiner Interpretation.
Viele Soziologen teilen die Meinung von L
A
F
AVE
, die besagt, dass Witze erst
durch zwischenmenschliche Situationen wirken und dadurch erst zu Witzen
werden.
23
Nur der soziale Kontakt gibt Humor einen Sinn. Humor ist eine Quelle
zwischenmenschlicher Bindungen: Eine Gruppe von Menschen die zusammen
lacht, teilt dieselben Werte. Somit verbindet der Humor Menschen, schafft
Vertrauen und baut engere Beziehungen, sowie Gefühle von Sympathie und
Zuwendung auf. Lachen wird oft geteilt und tritt als ein Teil des interaktiven
Prozesses im sozialen Leben auf. Als eine Verhaltensweise gesellschaftlicher
Interaktion scheint Humor, wie andere sozial physiologische Reaktionen, wie z. B.
Gähnen, ansteckend zu sein.
24
Stärkung des Zusammenhaltes innerhalb einer Gruppe ist ebenfalls eine soziale
Funktion des Humors. Die Gruppendynamik ist besonders dann ausgeprägt, wenn
Witze nur innerhalb der Mitglieder verstanden werden. Auf diese Weise kann der
Humor jedoch auch Menschen, die außerhalb der Gruppe stehen und die Witze
nicht nachvollziehen können, ausgrenzen.
Menschen nutzen den Witz aber auch, um die Haltung des Gegenübers
abzutesten, ungewisse Situationen zu erforschen und um Spannungen und
Konflikte zu reduzieren.
25
Während manche Anmerkungen als persönliche
Beleidigung oder Kränkung wahrgenommen werden, lässt sich durch den Humor
durchaus auch Kritik, eingebettet in eine heitere Formulierung, aussprechen. Mit
Humor als Rückendeckung lassen sich daneben gesellschaftliche Tabuthemen
ansprechen. So nehmen Comedians selbst bei Themen wie Religion, Sexualität
oder Nationalsozialismus kein Blatt vor den Mund. ,,Witzbolde durften sich immer
schon mehr herausnehmen als andere"
26
.
23
Vgl. F
INE
,
G-A.:
Sociological Approaches, 1983, S, 176
24
Vgl. Z
HANG
,
Y.
u. a.: Effects of Repetition, 1991, S. 813
25
Vgl. W
IESER
, D.: Humor, online im Internet: URL: http://www.social-psychology.de/sp/konzepte/humor [Stand 16.10.2008]
26
O
.V.:
Alles wird besser, 2003, S. 22

H
UMOR IN DER
W
ERBUNG
12
3 Humor in der Werbung
In der heutigen Zeit ist Humor ein gern gesehenes Stilmittel in der
Werbekommunikation. Es kann der Kategorie der emotionalen Ansprache
zugewiesen werden. Humor in der Werbung löst positive Gefühle aus, unterhält
den Rezipienten und lässt selbst die störenden Werbeunterbrechungen amüsant
erscheinen. Selbst weniger interessante oder gar unangenehme Themen, wie
Verdauungsstörungen oder Impotenz (vgl. Anhang, Abb. 1 und 2), lassen sich
gewitzt in Szene setzen.
Es entwickeln sich neue Möglichkeiten der emotionalen und aufmerksamkeits-
starken Ansprache der Konsumenten. Jedoch kann beim falschen Einsatz
Verwirrung und negativer Transfer resultieren. Kaum ein anderes Stilmittel ist so
ungewiss und widersprüchlich wie dieses. Es ist weniger die Frage relevant, ob
Humor wirkt, als die, unter welchen Bedingungen er wirkt.
27
Es kommt vielmehr
auf Bestimmungsgrößen an, wie anvisierte Kommunikationsziele bzw. Werbe-
botschaften, Zielgruppen oder Produkte, die beworben werden sollen. Welche
Faktoren die Wirkung von humorvoller Werbung beeinflussen und welche
Chancen und Risiken sich ergeben, werden im folgenden Kapitel erörtert.
Bevor allerdings konkret auf den Einsatz humorvoller Werbung eingegangen wird,
ist eine theoretische Basis zur werblichen Kommunikation zu schaffen. Einleitend
erfolgen die Eingliederung der Werbung im betriebswirtschaftlichen Marketing mit
seinen Erscheinungsformen sowie Wirkung auf den Konsumenten.
3.1 Was ist Werbung?
3.1.1 Werbung als Instrument der Kommunikationspolitik im Marketing-Mix
Im Anschluss an die Festlegung einer Strategie im Marketing-Management erfolgt
die operative Marketingplanung und ihre Umsetzung. Die Marketinginstrumente
werden, unter Berücksichtigung der Marktsituation, im Marketing-Mix aufeinander
abgestimmt. Durch diese einzelnen Werkzeuge können die Unternehmen
gestalterisch auf den Markt einwirken.
27
Vgl. G
LEICH
,
U.: Rezipientenreaktionen, 2000, S. 42

H
UMOR IN DER
W
ERBUNG
13
Wie in der Abbildung 2 zu erkennen ist, wird traditionell von den so genannten 4Ps
gesprochen: Product (Produktpolitik), Price (Preispolitik), Place (Distributions-
politik) und Promotion (Kommunikationspolitik).
Abbildung 2: Instrumente des Marketing-Mix
Kommunikationspolitik repräsentiert die verschiedenen Aspekte in der
Marketingkommunikation. Das Ziel ist die Übermittlung der verschlüsselten
Botschaften, um bei dem Empfänger eine Wirkung zu erzielen, auf
Produkteigenschaften aufmerksam zu machen und vom Kauf zu überzeugen. Es
umfasst die systematische Planung, Koordination, Gestaltung und Kontrolle aller
Kommunikationsinstrumente in Hinblick auf die relevante Zielgruppe, um die
Kommunikations-, Marketing- bzw. Unternehmensziele zu erreichen.
Kommunikationsinstrumente sind vielfältig und decken die folgenden Bereiche ab:
Persönlicher Verkauf, Online-Kommunikation, Direktwerbung, Public Relations,
Verkaufsförderung, Messen und Ausstellungen, Sponsoring, Event Marketing,
Product Placement und klassische Werbung.
Die klassische Werbung verkörpert einen kommunikativen Beeinflussungs-
prozess, in dem der Sender mit Massenkommunikationsmitteln auf den
Empfänger einwirkt und bei ihm marktrelevante Verhaltensweisen und
Einstellungen bewirkt.
28
Besonderes Merkmal, welches die Werbung von den anderen Kommunikations-
instrumenten abgrenzt, ist in erster Linie die hohe Reichweite der, über alle
Medien, einheitlichen Werbebotschaften, die allen Adressaten zugänglich ist. Des
Weiteren schafft Werbung mit dieser unpersönlichen Form der Kommunikation
eine räumliche Distanz. Durch den einseitigen Bezug besteht keine Möglichkeit
des interaktiven Kommunizierens und somit keine Feedbackgelegenheit.
29
Dadurch werden die Konsumenten zwangsfrei angesprochen. Da die Verbraucher
28
Vgl. M
EFFERT
,
H.
u. a.: Marketing, 2008, S. 649
29
Vgl. R
OGGE
,
H-J.: Werbung, 2004, S. 14

H
UMOR IN DER
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ERBUNG
14
in ihrer Entscheidungsfindung frei sind, können sie sich auch problemlos der
Werbung entziehen.
In Abhängigkeit von den Eigenschaften unterscheidet man zwischen den
Erscheinungsformen
Print-
und
elektronischer
Werbung.
Zu
den
Insertionsmedien zählen hauptsächlich die klassische Tageszeitung, Fach- und
Publikationszeitschriften, Flyer sowie Plakat-Aktionen der Außenwerbung.
Elektronische Werbung umfasst Fernseh-, Hörfunk- und Internetwerbung.
3.1.2 Wirkungsweisen der Werbung auf der Beeinflussungsebene
Die Wirkung der Werbebotschaft auf einen Empfänger hängt von vielen
verschiedenen Determinanten ab. Voraussetzung dafür ist jedoch zumindest
einmaliger Kontakt zwischen dem Konsumenten und dem Werbemedium.
30
Es
wurden diverse Modelle entwickelt, die den Ablauf und die Wirkung des Kontaktes
veranschaulichen. Im Folgenden werden die für diese Arbeit fundamentalen
Modelle vorgestellt.
Ein bekanntes und oft zitiertes Beispiel für die Werbewirkung ist das älteste
hierarchische Modell namens AIDA.
31
Die Werbewirkung durchläuft hier einzelne
Stufen von Reaktionen und Verhaltensweisen, die aus einer Werbebetrachtung
resultieren:
A (Attention)
Werbemaßnahme erweckt Aufmerksamkeit.
I (Interest)
Aufmerksamkeit führt zu Interesse und Weiterlesen.
D (Desire)
Die Information löst ein Bedürfnis bzw. einen Wunsch aus.
A (Action)
Es folgt eine Handlung in Form von Kauf.
Dieses Modell setzt voraus, dass die einzelnen Hierarchien chronologisch
ablaufen und dass sich die Wirkung erst nach der erfolgreichen Ausführung der
vorangegangenen Stufe zur nächsten Ebene ausbreiten kann.
32
Das Stimulus-Organismus-Reaktions-Modell (S-O-R-Modell) geht davon aus,
dass das menschliche Verhalten von externen Stimuli beeinflusst wird. Dieser
Stimulus wird interpretiert und bewirkt eine Reaktion, die sich im Verhalten
äußert.
33
In der Abbildung 3 wird der Werbewirkungsprozess veranschaulicht.
30
Vgl. B
ROSIUS
,
H-B.
u. a.: Werbewirkung im Fernsehen, 1996, S. 25
31
Vgl. R
OGGE
,
H-J.: Werbung, 2004, S. 61
32
M
AYER
,
H-O.: Wahrnehmungs-, Lern- und Werbepsychologie, 2005, S. 171; F
ELSER
,
G.: Konsumentenpsychologie, 2001,
S. 15
33
Vgl. Z
URSTIEGE
,
G.: Werbeforschung, 2007, S. 182

H
UMOR IN DER
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ERBUNG
15
Abbildung 3: Werbewirkungsmodell S-O-R
Quelle: In Anlehnung an M
AYER
,
H-O.: Wahrnehmungs-, Lern- und Werbepsychologie,
2005, S. 178
Ein bestimmter Stimuli (S), in diesem Fall Werbung, wirkt auf den Konsumenten
ein. Der Stimuli wird aufgenommen und mit Hilfe der psychischen Prozesse im
Organismus (O) verarbeitet. Dabei bestimmen die internen beeinflussenden
Variablen, wie sich die Wirkung des Stimuli verhält. Das Ergebnis dieser
Verarbeitung kann zu einer Reaktion (R) wie z. B. Kauf führen.
Bei den beiden Werbewirkungsmodellen wird die Aufmerksamkeit des Rezipienten
auf die Werbebotschaft als selbstverständlich angesehen und davon
ausgegangen, dass diese auf alle Menschen gleich wirkt. Bei der heutigen
Informationsüberlastung versucht der Konsument jedoch dieser zu entkommen,
und es erweist sich als äußerst beschwerlich seine Aufmerksamkeit zu ergattern.
Er ist überlastet und interessiert sich nicht für die kommunizierten Botschaften.
Insbesondere bei Massenprodukten auf gesättigten Märkten mit nur wenigen
Produktunterschieden und für Produkte bei Routinekäufen mit geringem Kaufrisiko
(z. B. Nahrung-, Pflege- und Waschmittel) sind die Konsumenten nur kaum
involviert.
34
Unter Involvement versteht man das Engagement bzw. die innere Aktivierung
eines Menschen sich an eine Sache, Situation oder Aktivität zu wenden und
daraus Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.
35
Involvierte, also
motivierte und zum Engagement bereite Personen sind im Gegensatz zu weniger
involvierten eher bereit umfangreichere Werbebotschaften bzw. ­informationen
auf sich wirken zu lassen. K
ROEBER
-R
HIEL
unterscheidet zwischen drei
Eigenschaften, die das Involvement beeinflussen:
36
34
Vgl. B
ROSIUS
,
H-B.
u. a.: Werbewirkung im Fernsehen, 1996, S. 27
35
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
,
W.
u. a.: Konsumentenverhalten, 2003, S. 345; T
ROMMSDORFF
,
V.:
Konsumentenverhalten, 2004, S. 56
36
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
,
W.
u. a.: Konsumentenverhalten, 2003, S. 371 f.

H
UMOR IN DER
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ERBUNG
16
·
personenbezogene Faktoren: subjektive Motive, Ziele, Wünsche
·
situationsbezogene Faktoren: Kaufentscheidung, Zeitdruck
·
produktbezogene Faktoren: Preis, Qualität, Kaufrisiko
Demzufolge gibt es stets Konsumenten, die involviert bzw. nicht involviert sind
sowie Low- bzw. High-Involvement Produkte oder Situationen.
3.2 Wirkungserscheinungen humoristischer Werbung
In diesem Abschnitt durchläuft der humorvolle Stimulus den Werbewirkungs-
prozess entsprechend dem S-O-R-Modell. Vom fixierten Reiz über den kognitiven
Prozess der Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Beurteilung bis hin zur
Kaufabsicht, werden die einzelnen Werbewirkungsstufen näher betrachtet und ihre
positiven, als auch negativen Effekte analysiert.
3.2.1 Aufmerksamkeit
Bei der Werbeaufnahme befinden sich die Konsumenten bis zu 95 Prozent in
einem Low-Involvement-Zustand.
37
Der Ablauf des Werbekonsums kann analog
dem hierarchischen Modell der Werbewirkung AIDA (vgl. hierzu Kapitel 3.1.2)
beschrieben werden. Erst wenn die Aktivierung der Aufmerksamkeit durch den
Reiz einer Werbeanzeige gelingt, durchläuft der Informationsverarbeitungsprozess
alle Hierarchien. Die Aktivierung der Aufmerksamkeit ist umso stärker, je mehr
kognitive und emotionale Prozesse angeregt werden.
38
Seit die Informationsüberlastung der Werbelandschaft stetig zunimmt, wurde die
humorvolle Werbung zu einem immer interessanteren Instrument, um bei dieser
Werbemasse mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen. Kreative und unterhaltende
Werbung dieser Art wird vom Konsumenten favorisiert und weckt sein Interesse.
Über den aufmerksamkeitsstarken Effekt humorvoller Stimuli sind Werbepraktiker
und Marketingforscher größtenteils einer Meinung. Neben den 94 Prozent der
Praktiker, die Humor als eine effektive Methode der Aufmerksamkeitserzielung
ansehen, glauben 55 Prozent der Wissenschaftler, dass humorvolle Werbung der
nicht-humorvollen überlegen ist.
39
Die Annahme eines positiven Einflusses auf die
37
Vgl. S
CHEIER
,
C.
u. a.: Wie Werbung wirkt, 2007, S. 152
38
Vgl. B
ROSIUS
,
H-B.
u. a.: Werbewirkung im Fernsehen, 1996, S. 64 f.
39
Vgl. W
EINBERGER
,
M.
u. a.: The Impact of Humor, 1992, S. 36

H
UMOR IN DER
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ERBUNG
17
Aufmerksamkeit wird durch diverse empirische Untersuchungen von Zeitschriften-,
Fernsehen- sowie Rundfunkwerbung bestätigt.
40
Die aufmerksamkeitsaktivierende Reaktion auf Humor kann auf dessen
involvierende Kraft zurückgeführt und mit Hilfe des gestalt-psychologischen
Konzeptes beantwortet werden. Der Empfänger komischer Stimuli ,,strebt nach
Konsistenz und Vollständigkeit, da er seine Umwelt als eine organisierte
Gesamtheit wahrnimmt. Dieser psychologische Mechanismus führt dazu, dass er
auf kognitiver Ebene versucht, seine Wahrnehmung zu komplettieren, wenn ihm
ein unvollständiger oder doppeldeutiger Stimulus präsentiert wird"
41
. Widersprüche
werden also vom Menschen nicht einfach akzeptiert, sondern kognitiv von ihm
gelöst. Die Aufmerksamkeit baut sich solange in Form von Spannung auf, bis
diese gemäß der Release-and-Relief-Theory wieder abgebaut wird. Um die
aktivierende Wirkung der Inkongruenzen mehr ausschöpfen zu können, sind
zweiteilige Werbesports zu empfehlen.
42
Nach dem ersten Spot bleibt der
Rezipient solange im Unklaren, bis seine aufgebaute Aufmerksamkeit bzw.
Spannung einige Minuten später im zweiten Teil beseitigt wird.
Die erwähnten Studien und Annahmen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Die
Produktbezogenheit spielt nämlich eine wesentliche Rolle innerhalb der
Aufmerksamkeit. Das bedeutet, dass der Humor thematisch einen Bezug zum
beworbenen Produkt und seiner Botschaft besitzt, oder diese sogar unterstützt.
Wird der Produktrelevanz Rechnung getragen, zeigt sich, dass sich die gezielte
Aufmerksamkeitssteigerung vorwiegend durch produktbezogenen Humor sich
erreichen lässt und eine komische Werbung ohne einen Produktbezug bei allen
Produktkategorien eher ein Risiko darstellt.
43
Die Abbildungen 4 und 5 sind ein
Beispiel für Werbeanzeigen mit bzw. ohne Produktbezug.
40
Vgl. W
EINBERGER
,
M.
u. a.: The Impact of Humor, 1992, S. 36
41
E
RBELDINGER
,
H.
u. a.: Humor in der Werbung, 1998, S. 148
42
Vgl. Ebenda
43
Vgl. S
CHNEIDER
,
I.:
Werbung, 2005, S. 38

H
UMOR IN DER
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18
Abbildung 4: Humorvolle Werbeanzeige mit Produktbezug - Deutsche Bahn
Quelle: J
UNG
,
H.
u.a.: Momentum, 2002, S. 34
Abbildung 5: Humorvolle Werbeanzeige ohne Produktbezug ­ PSI (IT-Lösungen)
44
Quelle: L
ACHMANN
,
U
LRICH
: Wahrnehmung, 2004, S, 156
Gewonnene Aufmerksamkeit bedeutet allerdings nicht gleich Werbewirkung. Es ist
nur der Ausgangspunkt in einer Wirkungskette und erfüllt lediglich eine
Voraussetzung, um das Kaufverhalten zu verändern bzw. zu beeinflussen.
3.2.2 Verständnis
Voraussetzung des Witzes ist sein Verständnis. Um die entsprechende Reaktion
hervorzurufen, ist eine Auflösung der existierenden Inkongruenz erforderlich. Wie
bereits im zweiten Kapitel belegt, spielen personenspezifische Faktoren wie Alter,
Geschlecht oder Schulbildung eine wesentliche Rolle dabei. Grundsätzlich
nehmen Verständnisprobleme zu, mit steigender Komplexität der humorvollen
44
Wortlaut im Textfeld: ,,Dietrich Schmaltz' erste Lasagne war noch etwas fragwürdig. Seine Netzleitsysteme lassen keine
Fragen offen."

H
UMOR IN DER
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19
Botschaft. Gewöhnlich werden Werbebotschaften in einem Low Involvement
Zustand verarbeitet. Damit der Humor in dieser Phase positiv wirken kann, sollte
er durch einfache Darstellung als solcher zu erkennen sein und vorzugsweise mit
dem beworbenen Produkt in Verbindung gebracht werden.
45
Verständnis-
schwierigkeiten bereiten komplexere Humorformen wie Ironie, Satire oder
Sarkasmus, die eine intensivere kognitive Anstrengung erfordern und leicht
missverstanden werden können.
46
Im Gegensatz zu der geschlossenen Übereinstimmung der Marketeer und
Wissenschaftler in Punkto Aufmerksamkeit, herrscht bei der Frage, ob Humor das
Verständnis fördert, größter Disput. Es liegen zahlreiche Erhebungen vor, die
bekunden, dass Humor das Verständnis fördert. Es gibt jedoch mindestens genau
so viele Studien, die Gegenteiliges behaupten oder zu neutralen Schluss-
folgerungen gelangen.
47
Gründe für die Unstimmigkeiten können entweder in den unterschiedlichen
Definitionen für Verständnis liegen, im variierenden Untersuchungsdesign oder an
der Wahl der im Experiment genutzten Humorform, bzw. der Produktgattung. All
diese Faktoren führen zu abweichenden Testresultaten.
Verlässt man die marketinggebundene Perspektive und untersucht erziehungs-
wissenschaftliche Literatur, offenbaren sich entweder befürwortende oder neutrale
Ergebnisse, jedoch keine mit dem Aufschluss einer negativen Wirkung.
48
Letztendlich ist der Einfluss der Ablenkung nicht zu unterschätzen. Werbebot-
schaften, die nur flüchtig wahrgenommen werden, bereiten Schwierigkeiten
Inkongruenzen zu erkennen und zu verarbeiten.
49
Optimalerweise sollten
humorvolle Stimuli möglichst leicht zu erkennen sein, denn Verständnis-
generierung ist die Vorarbeit für eine Erinnerungsleistung.
3.2.3 Erinnerung
Wer kennt ihn nicht! Den berühmt berüchtigten Werbespot der Marke Diet Coke
(vgl. Anhang 3). Sobald dieser wieder in Erinnerung gerufen wird, muss man auch
schon schmunzeln über die aufgeregten Frauen, die ganz sehnsüchtig aus dem
Fenster der oberen Büroetage auf die Baustelle vor dem Gebäude schauen.
45
Vgl. L
ACHMANN
,
U.: Wahrnehmung, 2004, S. 159; G
LEICH
,
U.: Gestaltungsmerkmale, 1996, S. 354
46
Vgl. G
LEICH
,
U.: Rezipientenreaktionen, 2000, S. 41
47
Vgl. K
RISHNAN
,
H-S.:
Advertising Executions, 2003, S. 230
48
Vgl. W
EINBERGER
,
M.
u. a.: The Impact of Humor, 1992, S. 38 f.
49
Vgl. Z
ILLMANN
und
B
RYANT
, 1983: zit. in: E
RBELDINGER
,
H.
u. a.: Humor in der Werbung, 1998, S. 159

H
UMOR IN DER
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20
Dieser Spot ist bereits über zehn Jahre alt und vielen trotzdem in Erinnerung
geblieben. Den Anlass dafür gibt der Humor. Seine aufmerksamkeitsaktivierende
Eigenart leistet einen großen Beitrag zur Informationsaufnahme und seiner
Verarbeitung. Hinsichtlich der Werbewirkung ist es nicht nur erforderlich, dass die
Werbebotschaft wahrgenommen, sondern auch verstanden, verarbeitet und
gespeichert wird.
50
Die Emotionen, ausgelöst durch den Humor, wirken befreiend
und begünstigen die Informationsverarbeitung. Diese Feststellung bekräftigt auch
der Werbepsychologe T
HOMAS
H
ÜNERFAUTH
gegenüber der Zeitschrift W&V:
Neben der stärkeren Gedächtnisbindung veranlassen witzige Werbespots die
Menschen dazu, sich darüber zu unterhalten.
51
Auch der Werbetexter C
ONSTANTIN
K
ALOFF
von der renommierten Werbeagentur Jung-von-Matt argumentiert, dass
ein guter Witz immer in Erinnerung bleibt, da dieser tiefer ins Bewusstsein
eindringt.
52
Zu diesem Thema herrschen allerdings, analog der Materie Verständnis, konträre
Ansichten von Seiten der Wissenschaftler sowie Praktikern. Auf der einen Seite
besteht die Annahme, dass die emotionale Erregung zur verstärkten Erinnerungs-
leistung führt und auf der anderen Seite scheint durch humorvolle Stimuli eine zu
intensive Aktivierung zu herrschen, die sich hemmend auf die Erinnerung
auswirkt.
53
Es stellt sich die Frage, welche Ziele die einzelnen Untersuchungsmethoden
verfolgt haben und auf welchem Niveau die Erinnerungsleistungen jeweils getestet
wurden. In Zusammenhang mit der Werbung ist die Erinnerung an die Pointe nicht
von größter Relevanz, sondern eher der positive Eindruck vom Produkt oder der
Marke.
54
Diese positiven Eigenschaften verankern sich im Gedächtnis und
erhöhen den Bekanntheitsgrad.
3.2.4 Glaubwürdigkeit und Seriosität
Der Erfolg einer Werbekampagne wird wesentlich davon bestimmt, wie
glaubwürdig die Quelle der Werbebotschaft ist. ,,Mit zunehmender Glaubwürdigkeit
des Kommunikators steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kommunikation
50
Vgl. S
PIEKER
, 1985: zit. in: E
RBELDINGER
,
H.
u. a.: Humor in der Werbung, 1998, S. 153
51
Vgl. K
RUSE
,
C.: Lachen, 2000, S. 140
52
Vgl. Ebenda, S. 137
53
Vgl. C
HUNG
,
H.
u. a.: Memory and attitude, 2003, S. 123; Z
HANG
,
Y.
u. a.: Effects of Repetition, 1991, S. 814; G
LEICH
,
U.:
Rezipientenreaktionen, 2000, S. 41
54
Vgl. E
RBELDINGER
,
H.
u. a.: Humor in der Werbung, 1998, S. 155

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836644532
DOI
10.3239/9783836644532
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Heilbronn, ehem. Fachhochschule Heilbronn – Wirtschaft, Betriebswirtschaft und Marketing
Erscheinungsdatum
2010 (April)
Note
1,3
Schlagworte
mentalität kultur machtdistanz kollektivismus sympathie
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Titel: Humor in der Werbung im interkulturellen Vergleich
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