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Modelle des Entscheidungsverhaltens von Konsumenten und ihre praktische Anwendung durch Test-Anbieter

Am Beispiel der Stiftung Warentest

©2009 Diplomarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wenn es um den Kauf von Waren geht, treffen Menschen stets sehr unterschiedliche Entscheidungen. Jeder Mensch, der schon einmal ein Paket Waschmittel in der Drogerie nebenan, aber auch schon einmal einen neuen PC in einem Elektronik-Fachgeschäft gekauft hat, wird bestätigen können, dass diese zwei Käufe grundlegend verschieden waren. So wird das Waschmittel höchstwahrscheinlich sehr rasch, ohne langes Überlegen oder einen umfangreichen Produktvergleich gekauft worden sein. Der Kauf des Computers wird dagegen unter Umständen mehrere Tage, Wochen oder gar Monate angedauert haben. Es mussten vorerst zahlreiche Informationen über verschiedene Computermodelle, die Ausstattung, die Preise und die passenden Anbieter herausgefunden werden, die dann wiederum gegeneinander abgewogen werden mussten.
Dies lässt bereits auf den ersten Blick darauf schließen, dass das Kaufverhalten je nach zu konsumierendem Produkt sehr differenziert verläuft. Es gibt Produkte, vor dessen Kauf der Informationsbedarf sehr gering ist, und andere, bei denen er sehr groß ist.
Mit diesem differenzierten Entscheidungsverhalten von Konsumenten in verschiedenen Kaufsituationen haben sich bereits zahlreiche Wissenschaftler beschäftigt und unterschiedliche Modelle entwickelt, die das individuelle Kaufentscheidungsverhalten zu verstehen und erklären versuchen. Allen diesen Ansätzen gemein ist die Erkenntnis, dass Konsumenten bei ihren Käufen Kaufunsicherheiten haben, die das Entscheidungsverhalten bestimmen. Die Unsicherheiten steigen mit der Komplexität einer Kaufsituation an und das Informationsbedürfnis der Konsumenten wächst dementsprechend.
Vergleichende Warentests bieten Informationen, die dazu beitragen, dass Kaufunsicherheiten bei Konsumenten reduziert werden und Kaufentscheidungen schneller getroffen werden können. Aus diesem Grund müsste davon ausgegangen werden, dass Anbieter von vergleichenden Warentests ihre Tests auf das verschiedenartige Entscheidungsverhalten von Konsumenten vor und während des Kaufs von bestimmten Produkten ausrichten. Es wäre somit anzunehmen, dass Test-Anbieter Produkte, die stets mit einem sehr komplexen Entscheidungsverhalten konsumiert werden, umfangreicher testen als Produkte, bei denen die Konsumenten ein wenig komplexes Kaufverhalten aufweisen. Es würde zumindest auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, wenn Anbieter von Warentests diese an den Bedürfnissen der Konsumenten nach Informationen ausrichten würden.
In […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Laura Leising
Modelle des Entscheidungsverhaltens von Konsumenten und ihre praktische
Anwendung durch Test-Anbieter
Am Beispiel der Stiftung Warentest
ISBN: 978-3-8366-4226-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Berlin, Deutschland,
Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

I
Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhaltsverzeichnis...I
Abbildungsverzeichnis...III
1. Einleitung... 1
2. Das Entscheidungsverhalten von Konsumenten ... 6
2.1 Das
Kaufentscheidungsverhalten ... 6
2.1.1
Der Begriff der Entscheidung... 6
2.1.2 Entscheidungstheoretische Grundlagen ... 7
2.1.3 Der
Kaufentscheidungsprozess ... 9
2.2
Modelle zur Erklärung des Kaufentscheidungsverhaltens... 12
2.2.1 Mikroökonomische
Ansätze... 13
2.2.2 Informationsökonomische
Ansätze ... 14
2.2.3 Produktorientierte
Ansätze ... 16
2.2.4 Verhaltenswissenschaftliche
Ansätze... 19
2.2.4.1 Extensives
Kaufentscheidungsverhalten... 23
2.2.4.2 Limitiertes
Kaufentscheidungsverhalten... 25
2.2.4.3 Habituelles
Kaufentscheidungsverhalten... 26
2.2.4.4 Impulsives
Kaufentscheidungsverhalten... 27
2.3
Das resultierende Informationsbedürfnis ... 29
3. Die praktische Anwendung durch die Stiftung Warentest ... 32
3.1 Anbieter
vergleichender
Warentests ... 32
3.1.1
Der vergleichende Warentest und seine Anbieter ... 32
3.1.2
Die Stiftung Warentest und ihre besondere Rolle ... 34
3.2
Die differenzierten Informationsbedürfnisse in der Test-
Praxis... 36
3.2.1
Erstellung einer Produktkategorisierung ... 37
3.2.2
Merkmalsausprägungen bei den Produkttypen ... 42
3.2.2.1 Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums Preis... 44
3.2.2.2 Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums
Kaufwiederholung ... 45

II
3.2.2.3 Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums Produktlebens-
zyklusphase ... 46
3.2.3
Differenzierung der Test-Produkte... 47
3.2.4
Besonderheiten bei der Differenzierung der Test-Produkte... 52
3.3
Untersuchungen der Breite des Informationsangebots ... 55
3.3.1.1 Die Veröffentlichung eines Produkttests bei der Stiftung
Warentest... 56
3.3.1.2 Besonderheiten bei der Auszählung... 58
3.3.1.3 Analyse der Breite des Informationsangebots... 61
3.3.1.4 Interpretation der Analyseergebnisse zur Breite des
Informationsangebots ... 62
3.4
Untersuchungen der Bepreisung des Informationsangebots ... 66
3.4.1.1 Analyse der Bepreisung des Informationsangebots ... 68
3.4.1.2 Interpretation der Analyseergebnisse zur Bepreisung des
Informationsangebots ... 69
4. Fazit ... 72
Literatur... 78
I) Bücher, Zeitschriften und Online-Literatur... 78
II) Testberichte in der Zeitschrift ,,test" ... 80
III) Testberichte auf der Internetseite ,,test.de"... 87

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grafische Gliederung der Arbeit... 5
Abbildung 2: Phasenmodell eines Kaufentscheidungsprozesses... 10
Abbildung 3: Typologie von familiären Kaufentscheidungen mit
differenzierten Produkttypen und ihren Merkmalen... 18
Abbildung 4: Dominante Prozesse bei Kaufentscheidungsprozessen ... 20
Abbildung 5: Emotionales und Kognitives Involvement und
Entscheidungstypen ... 23
Abbildung 6: Zuordnung von Produkttypen zu Kaufverhaltenstypen ... 30
Abbildung 7: Das Informationsbedürfnis in Abhängigkeit von Produkt-
und Kaufverhaltenstypen ... 31
Abbildung 8: Produktmerkmale und ihre Ausprägungen bei den
differenzierten Produkttypen ... 43
Abbildung 9: Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums Preis... 45
Abbildung 10: Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums
Kaufwiederholung ... 46
Abbildung 11: Die Merkmalsausprägungen des Kriteriums
Produktlebenszyklus ... 46
Abbildung 12: Merkmalsausprägungen der Produkttypen mit
Punktebewertung ... 49
Abbildung 13: Zuordnung der Produkttypen nach
Punktwerten ... 50
Abbildung 14: Beispielhafte Zuordnung der Produktgruppe ,,Butter" ... 51
Abbildung 15: Beispielhafte Zuordnung der Produktgruppe ,,Beamer"... 51
Abbildung 16: Zuordnung der Testprodukte zu den Produkttypen ... 52
Abbildung 17: Die Test-Tabelle bei der Stiftung Warentest ... 56
Abbildung 18: Auswertung der Verteilung der Testkriterien bei
den Produkttypen... 61
Abbildung 19: Bildung von Clustern nach der Kriterienanzahl der einzelnen
Testproduktgruppen... 63

IV
Abbildung 20: Startseite eines Produkttests auf der Stiftung Warentest-
Internetseite ,,test.de"... 67
Abbildung 21: Preisbeschreibung eines Online-Tests auf der Stiftung Warentest-
Internetseite ,,test.de"... 67
Abbildung 22: Auswertung der Verteilung der Testpreise bei
den Produkttypen... 68
Abbildung 23: Bildung von Clustern nach der Bepreisung der Tests auf der
Stiftung Warentest-Internetseite ,,test.de" ... 70

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4
1. Einleitung
1
1. Einleitung
Wenn es um den Kauf von Waren geht, treffen Menschen stets sehr unterschiedli-
che Entscheidungen. Jeder Mensch, der schon einmal ein Paket Waschmittel in
der Drogerie nebenan, aber auch schon einmal einen neuen PC in einem Elektro-
nik-Fachgeschäft gekauft hat, wird bestätigen können, dass diese zwei Käufe
grundlegend verschieden waren. So wird das Waschmittel höchstwahrscheinlich
sehr rasch, ohne langes Überlegen oder einen umfangreichen Produktvergleich
gekauft worden sein. Der Kauf des Computers wird dagegen unter Umständen
mehrere Tage, Wochen oder gar Monate angedauert haben. Es mussten vorerst
zahlreiche Informationen über verschiedene Computermodelle, die Ausstattung,
die Preise und die passenden Anbieter herausgefunden werden, die dann wieder-
um gegeneinander abgewogen werden mussten.
Dies lässt bereits auf den ersten Blick darauf schließen, dass das Kaufverhalten je
nach zu konsumierendem Produkt sehr differenziert verläuft. Es gibt Produkte,
vor dessen Kauf der Informationsbedarf sehr gering ist, und andere, bei denen er
sehr groß ist.
Mit diesem differenzierten Entscheidungsverhalten von Konsumenten in ver-
schiedenen Kaufsituationen haben sich bereits zahlreiche Wissenschaftler be-
schäftigt und unterschiedliche Modelle entwickelt, die das individuelle Kaufent-
scheidungsverhalten zu verstehen und erklären versuchen. Allen diesen Ansätzen
gemein ist die Erkenntnis, dass Konsumenten bei ihren Käufen Kaufunsicherhei-
ten haben, die das Entscheidungsverhalten bestimmen. Die Unsicherheiten steigen
mit der Komplexität einer Kaufsituation an und das Informationsbedürfnis der
Konsumenten wächst dementsprechend.
Vergleichende Warentests bieten Informationen, die dazu beitragen, dass Kaufun-
sicherheiten bei Konsumenten reduziert werden und Kaufentscheidungen schnel-
ler getroffen werden können. Aus diesem Grund müsste davon ausgegangen wer-
den, dass Anbieter von vergleichenden Warentests ihre Tests auf das verschieden-
artige Entscheidungsverhalten von Konsumenten vor und während des Kaufs von
bestimmten Produkten ausrichten. Es wäre somit anzunehmen, dass Test-Anbieter

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1. Einleitung
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Produkte, die stets mit einem sehr komplexen Entscheidungsverhalten konsumiert
werden, umfangreicher testen als Produkte, bei denen die Konsumenten ein wenig
komplexes Kaufverhalten aufweisen. Es würde zumindest auf den ersten Blick
sinnvoll erscheinen, wenn Anbieter von Warentests diese an den Bedürfnissen der
Konsumenten nach Informationen ausrichten würden.
In Deutschland gibt es zahlreiche Anbieter vergleichender Warentests. Die Stif-
tung Warentest nimmt jedoch eine besondere Rolle ein, da sie der einzige Test-
Anbieter ist, der unabhängig von Werbeeinnahmen agiert. Aus diesem Grund wird
sich im Rahmen der Untersuchungen in dieser Arbeit ausschließlich auf die Stif-
tung Warentest konzentriert.
Die Untersuchung der These, ob sich die Komplexität des Entscheidungsverhal-
tens in Produkttests der Stiftung Warentest tatsächlich entsprechend niederschlägt,
wird somit die zentrale Betrachtung dieser Arbeit sein.
Es wird davon ausgegangen, dass die Breite und die Bepreisung des Informations-
angebots der Stiftung Warentest mit steigender Komplexität einer Kaufentschei-
dung zunehmen.
Als Breite des von der Stiftung Warentest gebotenen Informationsangebots wird
der Umfang der einzelnen Produkttests, d.h. die Anzahl der in einem Test unter-
suchten Kriterien, in der Zeitschrift ,,test", gesehen.
Dies bedeutet somit, dass die Stiftung Warentest bei Tests von Produkten, bei
deren Kauf die Konsumenten sehr komplexe Kaufentscheidungen treffen, mehr
Merkmale untersuchen als bei Tests von Gütern, bei deren Konsum die Käufer
sich in einer weniger komplexen Entscheidungssituation befinden.
Da die Stiftung Warentest all ihre veröffentlichten Untersuchungen auch im Inter-
net kostenpflichtig anbietet, ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Preise der
Tests auf der Internetseite ,,test.de" differieren, je nachdem wie komplex das Ent-
scheidungsverhalten beim Kauf des getesteten Produkts ist.
Ob diese beiden Annahmen tatsächlich der Realität entsprechen, wird im Rahmen
dieser Arbeit untersucht.

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4
1. Einleitung
3
Für die Verfolgung dieser Zielstellung wird sich die Arbeit in zwei Hauptteile
untergliedern. In einem ersten Abschnitt wird das Entscheidungsverhalten von
Konsumenten näher betrachtet und die verschiedenen Modelle aufgezeigt, die
dieses Verhalten erklären. Der zweite Teil wird die praktische Anwendung der
Modelle durch die Stiftung Warentest untersuchen.
Dementsprechend wird im Anschluss an die hier vorliegende Einleitung im zwei-
ten Kapitel der Arbeit eine Einführung in die Thematik des Kaufentscheidungs-
verhaltens gegeben. Hierbei wird die Begrifflichkeit der Entscheidung erläutert,
entscheidungstheoretische Grundlagen erklärt sowie der Kaufentscheidungspro-
zess an sich betrachtet. Anschließend werden vier verschiedene Modelle aufge-
zeigt, die zur Erklärung des Kaufentscheidungsverhaltens dienen. Die für die wei-
teren Betrachtungen dieser Arbeit relevanten verhaltenswissenschaftlichen Ansät-
ze werden detailliert vorgestellt. Das zweite Kapitel endet mit einer Erläuterung
des aus den vorgestellten Ansätzen resultierenden Informationsbedürfnisses.
Auf den ausgewählten Modellen und den Erklärungen zum differenzierten Infor-
mationsbedürfnis des zweiten Kapitels aufbauend, wendet sich das dritte Kapitel
der Anwendung in der Praxis zu.
Nach einer Vorstellung der Anbieter vergleichender Warentests und insbesondere
der Stiftung Wartentest wird auf die Betrachtung der differenzierten Informati-
onsbedürfnisse in der Test-Praxis näher eingegangen. Um den zentralen Thesen
der Arbeit nachzugehen, wird eine Produktkategorisierung entwickelt, anhand
derer Produkte je nach Entscheidungsverhalten der Konsumenten bei ihrem Kauf
unterschieden werden können.
Mit Hilfe dieser Einteilung werden daraufhin alle Produktgruppen, die in 13 Aus-
gaben der Stiftung Warentest-Zeitschrift ,,test" (November 2007 bis November
2008) getestet wurden, eingeteilt. Damit soll deutlich erkennbar werden, ob und
inwiefern sich die Testproduktgruppen, die in einem bestimmten Zeitraum von
der Stiftung Warentest untersucht werden, nach Kaufverhaltenstypen unterschei-
den lassen.
Alle Warentests, die zuvor in die Kategorisierung eingeordnet werden konnten,
werden daraufhin analysiert. Bei allen Tests, die in der Zeitschrift ,,test" erschie-

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1. Einleitung
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nen sind, wird die genaue Anzahl der verwendeten Testkriterien gezählt, um zu
ermitteln, ob die Anzahl dieser Kriterien mit dem Kaufentscheidungsverhalten der
Konsumenten beim Kauf der Testprodukte übereinstimmt. Ebenso werden alle
Online-Einzelpreise der gleichen Tests im Hinblick auf die Frage betrachtet, in-
wiefern die Stiftung Warentest mit den Test-Preisen das differenzierte Konsumen-
tenentscheidungsverhalten berücksichtigt.
Im abschließenden Fazit im vierten Kapitel werden die Ergebnisse zusammenge-
fasst und darauf aufbauend einige Empfehlungen für die Unternehmenspraxis
dargestellt.
Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass in den folgenden Betrachtungen
dieser Arbeit aufgrund der Komplexität von immateriellen Gütern, d.h. Dienstleis-
tungen, der Fokus ausschließlich auf materiellen Gütern, d.h. greifbaren Waren
und Gegenständen, liegen wird.
Der Begriff des Konsumenten wird jeweils für die feminine und die maskuline
Form benutzt.
Die folgende Abbildung 1 stellt den Aufbau dieser Arbeit grafisch dar.

1
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1. Einleitung
5
Allgemeine Erläuterung der Arbeit sowie Benennung der These.
2.1) Das Kaufentscheidungsverhalten
Erläuterung der entscheidungstheoretischen Grundlagen und des
Kaufprozesses zum besseren Verständnis der folgenden Modelle.
1) Einleitung
2.2) Modelle des Kaufentscheidungsverhalten
Beschreibung der Modelle als Basis zur Ableitung unterschiedlicher
Informationsbedürfnisse für die Betrachtung der praktischen Anwendung.
Mikro-
ökonomische
Ansätze
Verhaltens-
wissenschaftl.
Ansätze
2) Das Entscheidungsverhalten von Konsumenten
Produkt-
orientierte
Ansätze
Informations-
ökonomische
Ansätze
2.3) Das resultierende Informationsbedürfnis
Erklärung des aus den unterschiedlichen Modellen resultierenden
Informationsbedürfnisses.
3) Die praktische Anwendung durch die Stiftung Warentest
3.1) Anbieter vergleichender Warentests
Beschreibung des vergleichenden Warentests sowie Vorstellung von
Test-Anbietern in Deutschland.
3.2) Die differenzierten Informationsbedürfnisse
in der Test-Praxis
Prüfung der Kongruenz von Test-Kriterien und Entscheidungstypen.
Prüfung der Kongruenz von Test-Preisen und Entscheidungstypen.
3.4) Untersuchungen der Preise des Informationsangebots
Erstellung einer angemessenen Produktkategorisierung sowie
Einteilung der Test-Produkte in die erstellte Klassifikation.
4) Fazit
3.3) Untersuchungen der Breite des Informationsangebots
Abschließende Beantwortung der Fragestellung.
Abbildung 1: Grafische Gliederung der Arbeit

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4
2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
6
2. Das Entscheidungsverhalten von Konsumenten
Im ersten Teil der Arbeit wird nun in die Thematik des Entscheidungsverhaltens
von Konsumenten eingeführt. Es wird charakterisiert, was eine Entscheidung ist
und welche Forschungsschwerpunkte es im Bereich der Entscheidungstheorie gibt.
Im Anschluss an eine Erläuterung von Kaufentscheidungsprozessen werden ver-
schiedene Modelle vorgestellt, die im Laufe der Zeit in der Konsumentenverhal-
tensforschung und anderen Forschungsbereichen zur Erklärung des Entschei-
dungsverhaltens von Konsumenten entwickelt wurden.
Das aus den Modellen resultierende Informationsbedürfnis wird am Ende des ers-
ten Hauptteils dieser Arbeit betrachtet.
2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
2.1.1
Der Begriff der Entscheidung
Wenn im allgemeinen Sprachgebrauch das Wort ,,Entscheidung" gebraucht wird,
liegt meist eine Situation vor, von deren Ausgang für die betreffende Person sehr
viel abhängt. Jedoch werden Tag für Tag eine Vielzahl von Entscheidungen ge-
troffen, über die man sich häufig gar nicht recht bewusst ist. Dabei kann es sich
um die Entscheidung einer Person über die Abendplanung, die Entscheidung eines
Abiturienten über das richtige Studienfach, die Entscheidung eines Ehepaares
über den Autokauf, die Entscheidung eines Schiedsrichters über ein Foul, die Ent-
scheidung eines Richters über das Strafmaß eines Täters oder die Entscheidung
eines Top-Managers über die Entlassung von Mitarbeitern handeln. Alle diese
Situationen haben eines gemeinsam: Es wird eine Auswahl zwischen unterschied-
lichen Alternativen getroffen, die nicht zeitgleich realisierbar sind
1
.
Die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Entscheidungen wird mit den Begriff-
lichkeiten individuelle bzw. kollektive Entscheidung wie auch private bzw. öf-
fentliche Entscheidung beschrieben
2
.
1
Vgl. Schubert, K./Klein,M., Das Politiklexikon. 4. Auflage, Bonn 2006. Online im Internet:
URL: http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=AQ16R0 [23.11.2008].
2
Vgl. ebd.

1
2
3
4
2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
7
In den weiteren Betrachtungen dieser Arbeit wird der Fokus auf individuellen
Entscheidungen liegen, die von privaten Konsumenten, also von Endverbrauchern,
beim Kauf von Produkten getroffen werden. Diese werden als Kaufentscheidun-
gen bezeichnet.
Die Begrifflichkeit der Kaufentscheidung kann sehr unterschiedlich definiert wer-
den. Im engeren Sinne wird ausschließlich das Zustandekommen eines konkreten
Kaufentschlusses als eine Kaufentscheidung betrachtet (z.B. der Entschluss, sich
eine neue Waschmaschine der Firma Siemens zu kaufen). Im weiteren Sinne kann
der gesamte Entscheidungsprozess eines Konsumenten beim Kauf eines Produkts
als Kaufentscheidung aufgefasst werden (z.B. von der Entstehung eines Bedarfs
nach einer neuen Waschmaschine bis hin zum tatsächlichen Kauf einer Waschma-
schine von der Firma Siemens)
3
. Dieser detaillierte Kaufentscheidungsprozess
wird in Kapitel 2.1.3 noch weitere Erläuterung finden.
Die Begriffe Kaufentscheidungsverhalten, Kaufverhalten und Käuferverhalten
beschreiben das Verhalten eines Konsumenten beim Kauf von Waren. Die Begrif-
fe werden in der Literatur häufig synonym verwendet.
2.1.2
Entscheidungstheoretische Grundlagen
Da Entscheidungen unser Leben stark beeinflussen, wird dieses Thema ausführ-
lich in verschiedenen wissenschaftlichen Fachrichtungen (Psychologie, Soziologie,
Statistik, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften, Politologie, Militärwissen-
schaften, Logistik, Kommunikationsforschung etc.) behandelt
4
. Es hat sich jedoch
als fächerübergreifender, interdisziplinärer Schwerpunkt der Forschung ein eige-
ner Bereich gebildet, der sich mit dem Entscheidungsverhalten von Einzelperso-
nen und Gruppen befasst: Die Entscheidungstheorie
5
. Sie gliedert sich in zwei
Bereiche, die nach ihrem Forschungsziel unterschieden werden.
3
Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, S. 368.
4
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S. 890 f.
5
Vgl. Laux, S. 1.

1
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2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
8
Einerseits gibt es die normative Entscheidungstheorie, die auch als präskriptive
(vorschreibende) Entscheidungstheorie bezeichnet wird, andererseits gibt es die
deskriptive (beschreibende) Entscheidungstheorie
6
.
Das Wort normativ kommt aus dem lateinischen und bedeutet maßgebend. Dem-
entsprechend versucht die normative Entscheidungstheorie logisch-mathematische
Regeln aufzustellen, die zeigen, wie ein Individuum oder eine Gruppe verschiede-
ne Entscheidungssituationen rational lösen kann
7
. Daher wird die normative Ent-
scheidungstheorie auch als Entscheidungslogik bezeichnet
8
.
Im Gegensatz dazu versucht die deskriptive Entscheidungstheorie zu beschreiben
und zu erklären, auf welche Art und Weise Entscheidungen im realen Leben zu-
stande kommen und warum sie genau so und nicht anders getroffen werden
9
. Die
Annahme aus der normativen Entscheidungstheorie, dass der Mensch absolut rati-
onal handelt, wird nicht getroffen. Im Gegenteil werden gar die individuellen Be-
schränkungen der Rationalität analysiert
10
. Darüber hinaus werden empirische
Untersuchungen, wie beispielsweise Beobachtungen oder Befragungen, durchge-
führt, um Entscheidungen besser zu verstehen und zu prognostizieren
11
. Aus die-
sem Grund werden entscheidungstheoretische Untersuchungen in diesem Bereich
häufig ebenfalls mit dem Begriff der empirischen Entscheidungsforschung be-
zeichnet
12
.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden jedoch hauptsächlich Untersuchungser-
gebnisse aus der letztgenannten deskriptiven Entscheidungstheorie Beachtung
finden, da sie im Gegensatz zur Entscheidungslogik versucht, reale Entschei-
dungssituationen zu verstehen.
Dies ist von Relevanz, wenn im Folgenden beobachtet werden soll, auf welche
Art und Weise Konsumenten im realen Leben Kaufentscheidungen treffen.
6
Vgl. ebd.
7
Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, S. 377/378.
8
Vgl. Laux, S. 2.
9
Vgl. Laux, S. 2.
10
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S, 890 f.
11
Vgl. Laux, S. 2.
12
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, S. 890 f.

1
2
3
4
2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
9
Eng verbunden mit der deskriptiven Entscheidungstheorie ist die Konsumenten-
verhaltensforschung. Sie hat unter anderem das Kaufentscheidungsverhalten im
Fokus. Die folgenden Modelle und Überlegungen stammen zum größten Teil von
Wissenschaftlern, die intensiv im Bereich der Konsumentenverhaltensforschung
tätig waren bzw. es noch heute sind.
2.1.3
Der Kaufentscheidungsprozess
In Kapitel 2.1.1 wurde bereits erwähnt, dass der Begriff Kaufentscheidung auf
unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden kann.
Für die in dieser Arbeit verfolgte Fragestellung nach den unterschiedlichen Mo-
dellen des Entscheidungsverhaltens von Konsumenten ist es unabdingbar, sich mit
dem gesamten Kaufentscheidungsprozess im weiteren Sinne zu befassen.
Es ist im Übrigen zu erwähnen, dass der Begriff Kaufentscheidungsprozess in den
folgenden Ausführungen dieser Arbeit gleichzusetzen ist mit dem Begriff Kauf-
prozess.
Bevor im Weiteren auf das Kaufentscheidungsverhalten eingegangen wird, soll
vorerst erläutert werden, wie solch ein Kaufentscheidungsprozess im Regelfall
abläuft. In der Literatur gibt es diverse Modelle, die den Kaufprozess nach unter-
schiedlichsten Gesichtspunkten zu erklären versuchen. Dabei ist auf die Unter-
scheidung zwischen Partial- und Totalmodellen zu verweisen. Totalmodelle sollen
ein Gesamtbild des komplexen Kauf- und Entscheidungsverhaltens schaffen, wo-
hingegen Partialmodelle nur Teile des Konsumentenverhaltens aufzeigen
13
. Die
letztgenannten Teilmodelle sind jedoch für diese Arbeit nicht von Relevanz.
Zu den zwei Modellen, auf die laut Foscht/Swoboda am häufigsten Bezug ge-
nommen wird
14
, gehört sowohl das sehr komplexe Modell von Howard/Sheth,
welches versucht den Kaufentscheidungsprozess anhand verschiedener Konstella-
tionen von eingebrachten Variablen, verschiedenartigen Wahrnehmungs- und
13
Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, S. 373.
14
Vgl. Foscht/Swoboda, S. 26.

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2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
10
Lernkonstrukten und differenzierten Outputvariablen zu erklären
15
. Andererseits
existiert das Phasenmodell von Blackwell/Miniard/Engel. Letzteres unterteilt den
Kaufprozess an sich in den Informationsverarbeitungsprozess und in den damit
eng verbundenen Entscheidungsprozess. In den letzteren fließen diverse Variablen
wie Umwelteinflüsse und individuelle Charakteristika (z.B. Motive und Einstel-
lungen oder Einkommen) ein
16
.
Da für die weiteren Betrachtungen in dieser Arbeit ausschließlich der Prozess der
Konsumentenentscheidung von Relevanz ist, wird in Abbildung 2 lediglich der
Teil des Modells von Blackwell/Miniard/Engel detailliert aufgezeigt, der den Ent-
scheidungsprozess an sich beschreibt. Der Bereich des Informationsverarbei-
tungsprozesses wird hier nur ansatzweise dargelegt
17
.
Problemerkennung
Informationssuche
Alternativenbewertung
Kauf
Nach-Kauf-Bewertung
Entscheidungs-
prozess
Einflussvariablen des
Entscheidungsprozesses
Umwelteinflüsse
(Kultur, soziale Schicht,
Familie, Situation)
Individuelle Unterschiede
(Konsumentenressourcen,
Motivation, Involvement,
Wissen, Einstellungen, Werte,
Persönlichkeit, Lebenstil)
Inf
o
rm
at
ion
s
ve
rar
b
eitun
g
sp
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zess
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Au
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e
Abbildung 2: Phasenmodell eines Kaufentscheidungsprozesses
Quelle: In Anlehnung an Blackwell/Miniard/Engel, S. 83 und Foscht/Swoboda, S. 26.
Die Problemerkennung steht am Beginn eines Kaufentscheidungsprozesses. Meist
kann sie durch ein wahrgenommenes Bedürfnis hervorgerufen werden, welches
die betreffende Person befriedigen möchte. Dieses kann durch verschiedene Fak-
15
Vgl. Howard/Sheth, S. 24 ff.
16
Vgl. Blackwell/Miniard/Engel, S. 83.
17
Vgl. Blackwell/Miniard/Engel, S. 83-96.

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2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
11
toren, z.B. durch Werbung oder eine Unterhaltung mit Freunden, erkannt werden.
Sobald sich bei dem Individuum eine konkrete Absicht einstellt, das Produkt tat-
sächlich kaufen zu wollen, spricht man von einem Bedarf
18
.
In diesem ersten Schritt der Problemerkennung wird somit von der handelnden
Person erkannt, dass ein Bedarf vorliegt (z.B. bemerkt eine Person, dass aufgrund
des Wintereinbruchs der Bedarf nach einem neuen Mantel entstanden ist).
Im nächsten Schritt werden Informationen zu dem bevorstehenden Produktkauf
gesucht (z.B. Informationen, in welchem Laden es die besten Mäntel gibt oder
welche Stoffe am längsten wärmen). Dies kann auf verschiedene Art und Weise
geschehen. Es gibt Kaufprozesse, bei denen diese Suche nach Informationen sehr
intensiv und langwierig ist. Im Gegensatz dazu gibt es allerdings auch Produkt-
käufe, bei denen fast keinerlei Informationen im Vornherein benötigt werden.
Wovon genau dies abhängig ist, wird in den weiteren Kapiteln dieser Arbeit de-
taillierter betrachtet.
Im weiteren Verlauf des Entscheidungsprozesses folgt eine Alternativenbewer-
tung (z.B. zwischen Mänteln der Modefirmen H&M, Esprit, Zara und Mango).
Sobald sich die entscheidende Person entschlossen hat, tatsächlich eines der zur
Auswahl stehenden Produkte zu kaufen, entsteht eine Nachfrage
19
.
Der Kaufentscheidungsprozess hat daraufhin seinen Höhepunkt beim tatsächli-
chen Kaufakt. Der Konsument entscheidet sich endgültig für den Kauf eines be-
stimmten Produkts (z.B. den Kauf eines Mantels der Firma Zara).
Jedoch ist der Kaufentscheidungsprozess mit dem Kauf noch nicht beendet. Es
findet noch eine so genannte Nach-Kauf-Bewertung statt, bei welcher der Kon-
sument das gekaufte Produkt während der Nutzung innerlich bewertet. Häufig
werden in diesen Situationen die getroffenen Entscheidungen auch noch einmal
hinterfragt
20
.
18
Vgl. Kreutzer, S. 25.
19
Vgl. Kreutzer, S. 25.
20
Vgl. ebd., S. 27.

1
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3
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2.1 Das Kaufentscheidungsverhalten
12
In alle sechs Schritte fließen verschiedenartige Einflüsse hinein. Das in der Reali-
tät auftretende Kaufentscheidungsverhalten ist dementsprechend meist sehr viel
komplexer als solch ein Modell aufzeigen kann. Entscheidungen über den Kauf
eines Produkts hängen häufig von kleinsten Details ab, die in der nächsten Kaufsi-
tuation schon wieder ganz anders gelagert sein können. Daher ist es sehr kompli-
ziert für die Wissenschaft, Modelle zu entwickeln, die realitätsnah beschreiben,
warum Kaufprozesse bei bestimmten Produkten so und nicht anders ablaufen.
Im Laufe der Zeit wurden jedoch einige Modelle entwickelt, anhand derer man
das differenzierte Kaufverhalten von Konsumenten erklären und verstehen kann.
Diese sollen im folgenden Kapitel 2.2 detailliert erläutert werden.
2.2
Modelle zur Erklärung des Kaufentscheidungsverhaltens
Im vorhergegangenen Kapitel wurde anhand des Phasenmodells von Black-
well/Miniard/Engel erläutert, wie ein Kaufentscheidungsprozess im ,,Normal-
fall" verläuft.
Jedoch bietet dieses Modell keine Erklärung, warum ein Entscheidungsprozess bei
einem bestimmten Einkauf genau so und nicht anders verläuft. Es stützt sich auf
andere Ansätze, die in der Vergangenheit von zahlreichen Wissenschaftlern zur
Erklärung des Kaufentscheidungsverhaltens erstellt worden sind.
Je nach der zugrunde liegenden Fragestellung bei der Forschung wurden ver-
schiedene Differenzierungen vorgenommen
21
.
Dementsprechend werden die Modelle im Folgenden unterteilt in mikroökonomi-
sche, informationsökonomische, produktorientierte und verhaltenswissenschaftli-
che Ansätze.
Es ist jedoch bereits im Vornherein zu erwähnen, dass die verschiedenen Modelle
nicht zwangsweise als getrennte Ansätze zu verstehen sind. Sie bauen zum Teil
aufeinander auf bzw. beinhalten Teile eines anderen Ansatzes.
21
Vgl. Foscht/Swoboda, S. 19.

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2.2 Modelle zur Erklärung des Kaufentscheidungs-
verhaltens
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Einige dieser Modelle wurden auch nicht im eigentlichen Sinne entwickelt, um
das Entscheidungsverhalten von Konsumenten zu erklären, jedoch bieten sie eine
gute Möglichkeit dazu.
2.2.1
Mikroökonomische Ansätze
Die Mikroökonomie ist Teil der Volkswirtschaftlehre und ,,untersucht das Zu-
sammenwirken von privaten Haushalten, Unternehmen und Staat in einem Wirt-
schaftssystem"
22
. Bei der Analyse und Erklärung von Marktgleichgewichten einer
Gesamtwirtschaft wird davon ausgegangen, dass das individuelle Verhalten eine
wichtige Rolle spielt
23
. Somit steht auch das Entscheidungsverhalten von Konsu-
menten im Zentrum der mikroökonomischen Betrachtungen
24
.
In der klassischen Mikroökonomie wird die Annahme getroffen, dass Ressourcen
(im Falle von Konsumenten das Einkommen) knapp und Bedürfnisse von Indivi-
duen unbegrenzt sind
25
. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Konsu-
menten stets bemüht sind, ihren Nutzen (d.h. die Deckung ihrer Bedürfnisse) zu
maximieren
26
. Demnach wird ein Kaufentscheidungsprozess aus mikroökonomi-
scher Sicht so ablaufen, dass sich ein Konsument stets für den Kauf von denjeni-
gen Gütern entscheidet, die seine Bedürfnisse bei den gegebenen Einkommensbe-
schränkungen maximal befriedigen. Dies ist gemäß der mikroökonomischen An-
sätze abhängig vom Preis der einzelnen Wirtschaftsgüter
27
. Voraussetzung für
solch eine Entscheidung ist absolute Markttransparenz, die dem Konsumenten die
Möglichkeit bietet, sich über alle möglichen Handlungsalternativen zu informie-
ren. Dies bedingt allerdings die Forderung nach einer unbegrenzten Informations-
aufnahmekapazität eines Konsumenten
28
.
Auf diesen Annahmen aufbauend werden in der Mikroökonomie Theorien gebil-
det, die das optimale Entscheidungsverhalten eines Konsumenten beschreiben.
Die Berechnungen dieser Theorien verlaufen anhand von Methoden der normati-
22
Brockhaus Enzyklopädie, Band 18, S. 440.
23
Vgl. Billen, S. 24.
24
Vgl. ebd.
25
Vgl. Schierenbeck/Wöhle, S.5.
26
Vgl. ebd.
27
Vgl. Pindyck/Rubinfeld, S. 103.
28
Vgl. Foscht/Swoboda, S. 21.

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2.2 Modelle zur Erklärung des Kaufentscheidungs-
verhaltens
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ven Entscheidungstheorie (vgl. Kapitel 2.1.2). Wie bereits erläutert, gehen diese
allerdings von absolut rationalen Entscheidungen aus, die in der Realität nicht
gegeben sind.
Laut Billen kritisieren zahlreiche Wissenschaftler die mikroökonomischen Ansät-
ze, da nicht allein der Preis eines Produkts für eine Kaufentscheidung relevant ist
und die Voraussetzungen der absoluten Transparenz von Märkten sowie der un-
begrenzten Kapazität zur Informationsaufnahme nicht gegeben sind
29
.
Dass Kaufentscheidungen in der Realität nicht ausschließlich aufgrund des Preises
differieren, beschreibt die im folgenden Kapitel betrachtete Informationsökono-
mie.
2.2.2
Informationsökonomische Ansätze
Die Informationsökonomie setzt laut Billen an den Punkten an, an denen die klas-
sische Mikroökonomie aufgrund der strikten Annahmen keine weiteren Erklärun-
gen liefern kann
30
.
Nelson beschrieb 1970, dass der Preis eines Guts nicht die einzige kaufrelevante
Information ist. Er betont, dass die gebotenen Informationen zur Produktqualität
bei einem Kauf mindestens ebenso relevant für einen Konsumenten sind
31
. Da
diese Qualitätsinformationen allerdings je nach Produkt sehr unterschiedlich aus-
fallen, unterteilt Nelson Produkte je nach ihrer Beurteilungsmöglichkeit durch den
Konsumenten in zwei Gruppen.
Suchgüter (von Nelson ,,search goods" genannt) sind dabei definiert als Produkte,
bei denen man vor dem Kaufakt die Qualität kontrollieren kann
32
. Kuß/Tomczak
nennen diesbezüglich das Beispiel eines Kleidungsstücks, bei welchem man Ver-
arbeitung, Stoffqualität und Passform vor dem Kauf rasch und ohne große Auf-
wendungen überprüfen kann
33
.
29
Vgl. Billen, S. 27 ff.
30
Vgl. Billen, S. 31 ff.
31
Vgl. Nelson, S. 312.
32
Vgl. ebd.
33
Vgl. Kuß/Tomczak, S. 118.

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verhaltens
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Die zweite Gruppe sind die Erfahrungsgüter (Nelson nennt sie ,,experience
goods"). Bei ihnen ist die Qualitätskontrolle im Vornherein nur schwer umsetzbar.
Der Konsument ist daher auf Erfahrungen angewiesen, die er macht, wenn er das
Produkt verwendet
34
. Beispiele für Erfahrungsgüter sind sowohl Haushaltsreiniger
als auch Haushaltsgeräte. Bei beiden kann erst im Gebrauch festgestellt werden,
ob das Produkt tatsächlich das hält, was es verspricht.
1973 nahmen Darby/Karni auf Nelsons Theorie Bezug und entwickelten eine drit-
te Gruppe, die so genannten ,,credence qualities". Dabei handelt es sich um Ver-
trauensgüter (das englische Wort ,,credence" bedeutet übersetzt Glaube oder Ver-
trauen). Sie lassen sich dadurch charakterisieren, dass eine korrekte Qualitätsbeur-
teilung von Seiten des Konsumenten generell nur schwer möglich ist
35
. Beispiele
für diese Güter sind Auto-Benzin oder Motoren-Öl. Käufer können selbst meist
nicht beurteilen, ob das getankte Benzin oder das eingefüllte Öl sehr gut ist oder
nicht.
Nelson, Darby/Karni und neuere Wissenschaftler im Bereich der Informations-
ökonomie wie Billen bestätigen somit, dass der Kaufentscheidungsprozess bei
einem Konsumenten sehr differenziert abläuft, je nachdem welches Produkt ange-
schafft werden soll. Demnach wird sich ein Konsument vor dem Kauf eines
Suchguts nicht auf eine ausgiebige Suche nach Produktinformationen begeben. Er
hat die Möglichkeit direkt am Produkt zu erkennen, ob er einen Kauf tätigen
möchte oder nicht. Bei dem Kauf eines Erfahrungsguts hingegen wird die Infor-
mationssuche bereits ein wenig intensiver stattfinden, da der Käufer erst bei der
Produktverwendung über die Qualität urteilen kann. Sehr intensiv und unter Um-
ständen langwierig kann die Informationssuche vor dem Kauf eines Vertrauens-
guts werden. In dieser Situation kann der Konsument sowohl vor als auch nach
dem Kauf keinerlei eigene Annahmen treffen, ob die Produktqualität gut oder
schlecht ist
36
.
34
Vgl. Nelson, S. 312.
35
Vgl. Darby/Karni, S. 68.
36
Vgl. Billen, S. 44.

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In diesen Modellen wird der Mensch realitätsnaher betrachtet als in den mikro-
ökonomischen Ansätzen. Jedoch gibt es auch hier noch einige nicht beachtete
Konstrukte. Beispielsweise wird stets von einem Neukauf eines Produkts ausge-
gangen. Gemäß Billen finden Wiederholungskäufe und die damit eng zusammen-
hängenden Erfahrungen keine Beachtung
37
.
Diese Lücken werden in den folgend beschriebenen Ansätzen zum Teil aufgegrif-
fen.
2.2.3
Produktorientierte Ansätze
Neben der soeben erläuterten Informationsökonomie, die ein unterschiedliches
Kaufverhalten bei verschiedenen Produktgruppen beschreibt, gibt es noch weitere
Produktkategorisierungen, anhand derer das Entscheidungsverhalten von Konsu-
menten differenziert werden kann.
So erstellte Copeland bereits im Jahr 1923 eine Einteilung von Produkten je nach
ihrem unterschiedlichen Kaufverhalten, die noch heute häufig Anwendung findet.
Er unterteilte Produkte in die drei Produkttypen ,,Convenience Goods", ,,Shopping
Goods" und ,,Specialty Goods"
38
.
Convenience Goods sind frei übersetzt ,,Produkte der Bequemlichkeit", die ein
Konsument für seinen täglichen Bedarf regelmäßig und ohne langes Nachdenken
oder Zögern kauft
39
. Da Konsumenten meist sehr vertraut mit diesen Gütern sind,
benötigen sie für den Kauf fast keinerlei Informationen
40
. Copeland beschrieb
unter anderem Tabakwaren, Glühbirnen, Rasierklingen, Waschpulver, Kekse,
Zahnpasta und Zeitschriften als klassische Convenience Goods.
41
Seine Beispiele
mögen zwar aus dem letzten Jahrhundert sein, sie sind jedoch auch heute durch-
aus noch aktuell. So beschreibt auch Kreutzer im Jahr 2006 als klassische Conve-
nience Goods Zigaretten, Zeitungen und Süßigkeiten
42
.
37
Vgl. ebd., S.16 ff.
38
Vgl. Copeland, S. 282.
39
Vgl. Foscht/Swoboda, S. 19.
40
Vgl. Copeland, S. 282/283.
41
Vgl. ebd.
42
Vgl. Kreutzer, S. 17.

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2.2 Modelle zur Erklärung des Kaufentscheidungs-
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Darüber hinaus gibt es Shopping Goods, die sich dadurch auszeichnen, dass bei
ihrem Kauf zahlreiche Auswahlkriterien (Preis, Qualität, Design, Style) mit ein-
bezogen werden
43
. Ein typisches Beispiel für ein Shopping Good ist, nach Cope-
land, Bekleidung
44
.
Bei dem dritten Produkttyp, den Specialty Goods, handelt es sich um Produkte,
die sehr einzigartig in ihren Eigenschaften sind. Daher sind Konsumenten bei die-
sen Gütern durchaus bereit, weite Wege bis zum geeigneten Geschäft zurück zu
legen
45
, sowie vor dem Kauf einen großen Aufwand bezüglich der Informations-
beschaffung zu tätigen
46
. Copeland beschrieb, dass Specialty Goods den Kon-
sumenten dazu bewegen ,,...to make the purchase without shopping"
47
. Er sagt
somit ganz deutlich, dass der Kauf von Specialty Goods eher eine lange Suche
nach dem richtigen Produkt ist als nur ein Einkauf aus Spaß. Beispiele für Speci-
alty Goods sind Möbel, teure Haushaltswaren und Elektroartikel
48
.
Auf dieser Produkttypen-Einteilung aufbauend, entwickelte Ruhfus im Rahmen
seiner Untersuchungen zu Kaufentscheidungen von Familien ein Modell, in dem
er die Merkmale der einzelnen Produkttypen näher erläutert
49
. Dieses Modell
übernahm auch Meffert bei seinen Untersuchungen des Käuferverhaltens
50
. Es ist
in Abbildung 3 dargestellt.
43
Vgl. Copeland, S. 283.
44
Vgl. Copeland, S. 283.
45
Vgl. ebd., S. 284.
46
Vgl. Foscht/Swoboda, S. 19.
47
Copeland, S. 286.
48
Vgl. Copeland, S. 284-286.
49
Vgl. Ruhfus, S. 22.
50
Vgl. Meffert, S. 44.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836642262
DOI
10.3239/9783836642262
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – Wirtschaftswissenschaften I, Wirtschaftswissenschaft
Erscheinungsdatum
2010 (Februar)
Note
1,5
Schlagworte
stiftung warentest konsumentenverhalten entscheidungsverhalten kaufentscheidung
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Titel: Modelle des Entscheidungsverhaltens von Konsumenten und ihre praktische Anwendung durch Test-Anbieter
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