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Europäischer Betriebsrat - Ein Gremium ohne Einfluss?

©2009 Diplomarbeit 39 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Florettfechter oder zahnloser Tiger? 15 Jahre nach der Einführung des Europäischen Betriebsrates (EBR), des Gremiums, das dem Willen der EU nach der europäisierten Wirklichkeit der internationalisierten Arbeitsbeziehungen eine Form der europäischen Arbeitnehmerbeteiligung entgegensetzen soll, muss gefragt werden: Wie viel Einfluss haben die Arbeitnehmer auf Unternehmensentscheidungen, die sich auf europäischer Ebene abspielen? Wird das Gremium seinem Anspruch, einen sozialen Ausgleich zu den Vorteilen des Gemeinsamen Marktes für Unternehmen zu bilden, gerecht?
Führt man sich vor Augen, wie sehr Unternehmenskulturen europaweit differieren - so steht z.B. einer stark Shareholder-value-orientierten britischen eine klassisch eher Stakeholder-orientierte deutsche Volkswirtschaft gegenüber - dann lässt sich schon erahnen, wie mühsam um eine Einigung auf ein gemeinsames Verständnis für einen EBR gerungen wurde. Entsprechend bedurfte es auch 25 Jahren Verhandlung, bis es zur Verabschiedung einer Richtlinie kam.
Ziel dieser Arbeit ist es, zu analysieren und zu bewerten, inwieweit sich EBR in europäischen Unternehmen etabliert haben und welchen Einfluss sie tatsächlich auf Unternehmensentscheidungen ausüben, obwohl ihnen keine formalen Mitbestimmungsrechte zugebilligt wurden. Hierfür wird zunächst auf veränderte Arbeitsbeziehungen im Rahmen ihrer Internationalisierung eingegangen, um anschließend die Entstehung und Inhalte der EBR-Gesetzgebung darzustellen. Schließlich werden im Anschluss an die Darstellung der formalen Rechte der EBR deren tatsächliche Einflussmöglichkeiten anhand einer Literaturauswertung, herausgearbeitet und kritisch bewertet. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbkürzungsverzeichnisIII
1.Einleitung1
2.Internationale Arbeitsbeziehungen1
2.1Internationalisierung von Arbeitsbeziehungen und ihre Auswirkungen auf Arbeitnehmervertretungen1
2.2Entwicklungen im Rahmen der Internationalisierung von Arbeitsbeziehungen2
3.Der Europäische Betriebsrat (EBR) als Institution4
3.1Historie und Motivation zur Einführung des EBR4
3.2Rechtliche Aspekte zur EBR-Richtlinie und dem Europäischen Betriebsratsgesetz (EBRG)6
3.2.1Rechtliche Grundlagen zur Einrichtung eines EBR6
3.2.2Rechte und Pflichten7
3.3Weiterentwicklung durch die Revision der EBR-Richtlinie9
3.4Verhältnis des EBR zu nationalen Arbeitnehmervertretungen11
4.Der EBR als Akteur im Kontext der betrieblichen Realität12
4.1Stand der Forschung zum […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Florian Guckeisen
Europäischer Betriebsrat - Ein Gremium ohne Einfluss?
ISBN: 978-3-8366-4094-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. FernUniversität Hagen, Hagen, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
III
1. Einleitung
1
2. Internationale Arbeitsbeziehungen
1
2.1. Internationalisierung von Arbeitsbeziehungen und ihre Auswirkungen
auf Arbeitnehmervertretungen
1
2.2. Entwicklungen im Rahmen der Internationalisierung von
Arbeitsbeziehungen
2
3. Der Europäische Betriebsrat (EBR) als Institution
4
3.1. Historie und Motivation zur Einführung des EBR
4
3.2. Rechtliche Aspekte zur EBR-Richtlinie und dem Europäischen
Betriebsratsgesetz (EBRG)
6
3.2.1. Rechtliche Grundlagen zur Einrichtung eines EBR
6
3.2.2. Rechte und Pflichten
7
3.3. Weiterentwicklung durch die Revision der EBR-Richtlinie
9
3.4. Verhältnis des EBR zu nationalen Arbeitnehmervertretungen
11
4. Der EBR als Akteur im Kontext der betrieblichen Realität
12
4.1. Stand der Forschung zum Einfluss von EBR
12
4.2. Unterschiedliche Typen von EBR
15
4.3. Machtmechanismen
21
4.4. Einflussbestimmende Faktoren auf die Macht eines EBR
22
4.5. Möglichkeiten und Grenzen der Beeinflussung von
Unternehmensentscheidungen
24
4.6. Entwicklungstendenzen in der Zusammenarbeit zwischen EBR und
Unternehmensleitungen
26
4.7. Kritische Bewertung
28
5. Zusammenfassung und Ausblick
30

III
Abkürzungsverzeichnis
Art. - Artikel
AZ - Aktenzeichen
BDA - Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
bzgl. - bezüglich
bzw. - beziehungsweise
BR - Betriebsrat
BetrVG - Betriebsverfassungsgesetz
EBR - Europäischer Betriebsrat / Europäische Betriebsräte
EBRG - Gesetz über Europäische Betriebsräte
EG - Europäische Gemeinschaft
EGB - Europäischer Gewerkschaftsbund
ETUI - European Trade Union Institute
EU - Europäische Union
ILO - Internationale Arbeitsorganisation
RL - Richtlinie
o.a. - oben angegebene
OECD - Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
vgl. - Vergleiche
z.B. - zum Beispiel

1
1. Einleitung
Florettfechter oder zahnloser Tiger? 15 Jahre nach der Einführung des Europäi-
schen Betriebsrates (EBR), des Gremiums, das dem Willen der EU nach der
europäisierten Wirklichkeit der internationalisierten Arbeitsbeziehungen eine
Form der europäischen Arbeitnehmerbeteiligung entgegensetzen soll, muss
gefragt werden: Wie viel Einfluss haben die Arbeitnehmer auf Unternehmens-
entscheidungen, die sich auf europäischer Ebene abspielen? Wird das Gremium
seinem Anspruch, einen sozialen Ausgleich zu den Vorteilen des Gemeinsamen
Marktes für Unternehmen zu bilden, gerecht?
Führt man sich vor Augen, wie sehr Unternehmenskulturen europaweit differie-
ren - so steht z.B. einer stark Shareholder-value-orientierten britischen eine
klassisch eher Stakeholder-orientierte deutsche Volkswirtschaft gegenüber -
dann lässt sich schon erahnen, wie mühsam um eine Einigung auf ein gemein-
sames Verständnis für einen EBR gerungen wurde. Entsprechend bedurfte es
auch 25 Jahren Verhandlung, bis es zur Verabschiedung einer Richtlinie kam.
Ziel dieser Arbeit ist es, zu analysieren und zu bewerten, inwieweit sich EBR in
europäischen Unternehmen etabliert haben und welchen Einfluss sie tatsächlich
auf Unternehmensentscheidungen ausüben, obwohl ihnen keine formalen Mit-
bestimmungsrechte zugebilligt wurden. Hierfür wird zunächst auf veränderte
Arbeitsbeziehungen im Rahmen ihrer Internationalisierung eingegangen, um
anschließend die Entstehung und Inhalte der EBR-Gesetzgebung darzustellen.
Schließlich werden im Anschluss an die Darstellung der formalen Rechte der
EBR deren tatsächliche Einflussmöglichkeiten anhand einer Literaturauswer-
tung, herausgearbeitet und kritisch bewertet.
2. Internationale Arbeitsbeziehungen
2.1. Internationalisierung von Arbeitsbeziehungen und ihre Auswirkungen auf
Arbeitnehmervertretungen
Die zunehmende Internationalisierung der Weltwirtschaft im Rahmen der Glo-
balisierung führt zu einer verstärkten Entwicklung international tätiger Unter-
nehmen. Als zentrales Merkmal internationaler Arbeitsbeziehungen ist eine

2
asymmetrische Verteilung von Handlungsmöglichkeiten zugunsten des Unter-
nehmens zu sehen.
1
So ist es für ein international aufgestelltes Unternehmen in
der Regel einfacher, wegen nationaler Unterschiede der unternehmerischen
Entscheidungsfreiheit, z.B. hinsichtlich des Lohnniveaus, der Arbeitsbedingun-
gen oder der Möglichkeiten der Personalanpassung, die Abwanderung in ein
anderes Land in Erwägung zu ziehen, als es dies für den durchschnittlichen
Arbeitnehmer sein dürfte. Aus dieser Konstellation heraus ergibt sich für inter-
national tätige Unternehmen die Option des ,,Regime-Shopping"
2
, sprich: Es
existiert ein Arbitrage-Potential für Unternehmen, in dem Standorte nach Be-
lieben und lediglich unter Berücksichtigung der jeweils national günstigsten
Randbedingungen verlagert werden können. Für Arbeitnehmervertretungen
bedeutet dies entsprechend, dass sie allein auf nationale Strukturen gestützt
nicht mehr die Wirksamkeit entfalten können, wie dies in klassischen nationa-
len Arbeitsbeziehungen der Fall ist. Demzufolge hat eine Machtverschiebung
zugunsten der Arbeitgeberseite stattgefunden.
3
2.2. Entwicklungen im Rahmen der Internationalisierung von Arbeitsbeziehun-
gen
Als Akteure der Arbeitsbeziehungen zählen die Arbeitnehmer (Gewerkschaften,
betriebliche Mitbestimmungsorgane und die Belegschaften selbst), die Arbeit-
geber (Arbeitgeberverbände, Unternehmensleitungen) sowie der Staat. Auf al-
len Seiten gab und gibt es Bestrebungen, auf die sich ändernden Randbedin-
gungen im Rahmen der Internationalisierung zu reagieren. Hierbei liegen die
Motive der Arbeitnehmer und des Staates grundsätzlich im Aufbau einer Ge-
genmacht zu den durch die Internationalisierung ,,erstarkten" Arbeitgebern. Bei
diesen hingegen gibt es das Bestreben, die erlangte Vormachtstellung beizube-
halten bzw. weiter auszubauen.
4
Bei der Betrachtung der Arbeitnehmervertretungsseite ist festzustellen, dass bei
den Gewerkschaften - obwohl bereits seit den 1960er Jahren artikuliert und
1
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 945.
2
Scherm, E./Fleischmann, L.: Mitbestimmungsmanagement, 2009, S. 60., und Engelhard,
J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 946.
3
Vgl. Scherm, E./Fleischmann, L.: Mitbestimmungsmanagement, 2009, S. 57.
4
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 946.

3
strukturell gebildet - keine zufrieden stellend funktionierenden internationalen
Gewerkschaftsverbände existieren. Die Ursachen hierfür liegen in Finanzie-
rungsengpässen, Rekrutierungsschwierigkeiten für qualifizierte Mitarbeiter so-
wie ideologischen Spannungen. Auch fällt immer wieder die fehlende Bereit-
schaft auf, lokale Interessen einer globalen Strategie unterzuordnen.
5
Mit be-
sonderem Fokus auf die europäische Ebene scheinen die Entwicklungen hier im
internationalen Vergleich dennoch am weitesten gediehen zu sein. So wurde am
09.02.1973 der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) als Dachverband von
mittlerweile 82 nationalen Gewerkschaftsverbänden aus 36 europäischen Staa-
ten in Brüssel gegründet.
6
Darüber hinaus stellen auch die nachfolgend noch
näher zu betrachtenden EBR eine nennenswerte Weiterentwicklung dar, die als
Katalysatoren des europäischen Systems der Arbeitbeziehungen agieren.
7
Internationale Unternehmen hingegen zeigen bis heute ein strategisches Desin-
teresse am Aufbau einer kollektivvertraglichen Organisation, die einer interna-
tionalen Gewerkschaft als legitimierter Konfliktpartner dienen könnte.
8
Ziel der
Arbeitgerberverbände ist eine Dezentralisierung der Konfliktaustragung zur
Stärkung der eigenen Position. Auf europäischer Ebene gibt es zwar durchaus
den Trend zur Zusammenarbeit der nationalen Arbeitgeberverbände in eigen-
ständigen Zusammenschlüssen, diese stellen bislang aber eher informelle In-
formations- und Koordinationsgremien zur Strategieformulierung gegenüber
den Gewerkschaften dar.
Das Agieren der staatlichen Seite hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass die
auf dieser Ebene legitimierten Instanzen über nur wenig wirksame Instrumente
verfügen. Weltweit gesehen sind neu erlassene Standards der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der internatio-
nalen Arbeitsorganisation (ILO) als am weitesten gediehen zu bewerten, die
dennoch vergleichsweise geringe Bedeutung haben.
9
Auf die europäische Ebe-
ne bezogen ist hingegen festzustellen, dass die Europäische Kommission eine
Vielzahl von problemrelevanten Bereichen der europäischen Arbeitsbeziehun-
5
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 946.
6
www.etuc.org, 18.10.2009.
7
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 952.
8
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 946.
9
Vgl. Engelhard, J./Specker, T.: Internationale Arbeitsbeziehungen, 2004, S. 947.

4
gen aufgreift. Beispielhaft ist auch hier die Schaffung eines europäischen Rah-
mens für die Einführung von EBR zu nennen. Ebenso relevant ist die Tatsache,
dass der Europäische Gerichtshof über die einheitliche Anwendung des Ge-
meinschaftsrechts wacht und über Entscheidungsbefugnis bei Kollisionen mit
nationalen Bestimmungen verfügt.
3. Der Europäische Betriebsrat (EBR) als Institution
3.1. Historie und Motivation zur Einführung des EBR
Historisch, rechtlich und kulturell bedingt haben sich in den verschiedenen
Staaten Europas unterschiedlichste Ausprägungen von Arbeitnehmervertre-
tungskulturen etabliert. So wird in Großbritannien eher ein Shareholder-value-
orientierter Ansatz verfolgt, der sich vorrangig am Interesse der Kapitalgeber
ausrichtet und den Arbeitnehmern vergleichsweise wenig Rechte einräumt. Be-
triebsräte waren bis zur Einführung des EBR praktisch unbekannt, Auseinan-
dersetzungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern werden hier annä-
hernd ausschließlich konfrontativ durch Gewerkschaften geführt. In Deutsch-
land hingegen wird schon seit langem den Interessen weiterer Stakeholder ein
hoher Stellenwert beigemessen. Nicht nur die seinerzeit äußerst umstrittenen
Gesetze zur betrieblichen Mitbestimmung aus den 1960er Jahren zeugen hier-
von auf gesetzlicher Ebene, auch das deutsche Verständnis eines kooperativen
und partizipativen Betriebsrates bildet diese Grundeinstellung ab.
Entsprechend langwierig gestalteten sich die Verhandlungen zur Verabschie-
dung einer Richtlinie, die europaweit einheitliche Vorgaben für die Einrichtung
und die Befugnisse von EBR machen sollte, auch wenn diese keineswegs die
nationalen Arbeitnehmervertretungsgremien ersetzen, sondern lediglich für
transnationale Fragestellungen ergänzen sollten. So brauchte es drei Anläufe
zur Verabschiedung einer Richtlinie:
1970 unternahm die Europäische Kommission im Rahmen einer Richtlinienini-
tiative zum ,,Europäischen Unternehmensstatut" und vor dem Hintergrund ver-
mehrt auftretender Produktionsverlagerungen in internationalen Unternehmen
erstmalig den Versuch, einheitliche Vorgaben für Unternehmensstrukturen zu

5
etablieren. So wurde ein dualistisches Konstrukt ähnlich dem deutschen Modell
von Vorstand und Aufsichtsrat sowie einem international besetzten Betriebsrat
vorgeschlagen, das jedoch sowohl an der Kritik der Arbeitgeberverbände als
auch der meisten Gewerkschaften scheiterte.
10
Im Jahr 1980 stand der Entwurf des EU-Kommissars für Beschäftigung, soziale
Angelegenheiten und Chancengleichheit Hendrikus Vredeling zur Diskussion,
der bereits Zustimmung bei der Europäischen Kommission gefunden hatte. Der
Entwurf sah vor, das zentrale Konzernmanagement dazu zu verpflichten, in
sechsmonatigen Abständen sein lokales Management an den europäischen
Standorten über die Unternehmenspolitik und deren Auswirkungen auf die Ar-
beitnehmer zu unterrichten. Dieser Entwurf scheiterte insbesondere an den Pro-
testen der Arbeitgeberverbände, eine überarbeitete Form aus dem Jahr 1983
schließlich auch am negativen Votum der britischen Regierung.
11
Die Initiative zur letztlich umgesetzten Richtlinie entsprang schließlich dem
sozialpolitischen Protokoll des Vertrags von Maastricht aus dem Jahr 1991.
Hierin wurde der ,,Soziale Dialog" als Triebfeder für die Harmonisierung der
Partizipationsrechte benannt. Lediglich die Zielvorgabe sowie einige wenige
Rahmenbestimmungen wurden festgeschrieben, der Weg dorthin jedoch den
Dialogpartnern überlassen. Für den Fall, dass binnen drei Jahren keine befriedi-
gende Einigung zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgebern erzielt würde,
wurde bereits ein Richtlinienentwurf vorgelegt, der 1994 in leicht modifizierter
Form tatsächlich und nach nur kurzer Beratung verabschiedet wurde, als der
Soziale Dialog nicht zum Ziel führte.
12
Ebenso bedeutend sind neben der rechtlichen Historie die sozialgeschichtlichen
Hintergründe, die die Verabschiedung der EBR-Richtlinie förderten. Hierzu
zählen unter anderem die ersten, seit Mitte der 1980er Jahre bis zum Erlass der
EBR-Richtlinie, freiwillig eingerichteten EBR sowie die Haushaltsrichtlinie der
Kommission, die EU-Mittel für die Finanzierung internationaler Arbeitnehmer-
vertretertreffen aus den Mitgliedsländern zur Verfügung stellte.
10
Vgl. Kotthoff, H.: Lehrjahre, 2006, S. 13.
11
Vgl. Kotthoff, H.: Lehrjahre, 2006, S. 13-14.
12
Vgl. Kotthoff, H.: Lehrjahre, 2006, S. 14.

6
3.2. Rechtliche Aspekte zur EBR-Richtlinie und dem Europäischen Betriebs-
ratsgesetz (EBRG)
3.2.1. Rechtliche Grundlagen zur Einrichtung eines EBR
Auf der Basis des Sozialprotokolls des Vertrags von Maastricht wurde am
22.09.1994 die Richtlinie 1994/45/EG des Rates über die Einsetzung eines Eu-
ropäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unterneh-
men und Unternehmensgruppen erlassen. Eine europäische Richtlinie hat zu-
nächst keinen rechtsverbindlichen Charakter für natürliche und juristische Per-
sonen in den Mitgliedsstaaten. Jedoch verpflichtet sie die Regierungen der Mit-
gliedsstaaten, den Inhalt binnen einer vorgegebenen Frist in nationales Recht
umzusetzen. Wird diese Frist überschritten, so drohen den nationalen Gesetzge-
bern Sanktionen, außerdem kann unter bestimmten Umständen die Richtlinie
direkt Gesetzescharakter erlangen.
In Deutschland wurde die RL 1994/95/EG durch das Gesetz über Europäische
Betriebsräte (EBRG) am 28.10.1996 in nationales Recht umgesetzt. Die Ände-
rungsrichtlinie 2009/38/EG ist bisher noch nicht umgesetzt worden, vorgegeben
ist eine Umsetzung bis zum 05.06.2011. Nachfolgend wird für die Darstellung
der formalen Definition des EBR im Wesentlichen das EBRG herangezogen.
Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, werden nur die wichtigsten ju-
ristischen Hintergründe dargelegt.
Das EBRG gilt für gemeinschaftsweit tätige Unternehmen mit Sitz im Inland
und mindestens 1000 Mitarbeitern in den Mitgliedsstaaten der EU, von denen
in mindestens zwei Staaten je wenigstens 150 beschäftigt sein müssen.
13
Für
Unternehmensgruppen gelten sinngemäß analoge Vorgaben, sollte deren zentra-
le Leitung nicht in einem Mitgliedstaat der EU liegen, wohl aber eine nachge-
ordnete Leitung für in Mitgliedstaaten liegende Unternehmen im Inland, ist dies
ebenso der Fall.
Sind die o.a. Bedingungen erfüllt, so wird per Antrag durch die Arbeitnehmer
respektive deren Vertreter oder durch Initiative der zentralen Leitung ein soge-
13
Vgl. EBRG: Gemeinschaftsweite Tätigkeit, 1996, § 1 Abs. 1.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836640947
DOI
10.3239/9783836640947
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2010 (Januar)
Note
1,7
Schlagworte
arbeitnehmervertretung internationalisierung betriebsratsgesetz betriebliche mitbestimmung tarifvertrag
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