Lade Inhalt...

Persönlich bedeutsames Lernen im Web 2.0

Am Beispiel Fremdsprachenunterricht

©2009 Diplomarbeit 151 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten beiden Jahrzehnten fand eine große Veränderung beim Erlernen von Fremdsprachen statt. Der Fokus setzt sich derzeit auf unterschiedliche Wahrnehmung wie Reaktionen des einzelnen Lernenden und des Klassenzimmers und somit stellt sich implizit die Frage nach den persönlichen, sozialen und kulturellen Identitäten im Prozess des Erlernens einer Fremdsprache.
Problemstellung:
In den letzten Jahren ist im Internet ein Trend in Richtung Web 2.0 Anwendungen zu beobachten. Wikis, Blogs und Foren sind weit verbreitet. Für viele Menschen sind diese Begriffe jedoch ein Fremdwort und sie können sich nichts darunter vorstellen. Eine der größten Herausforderungen dabei ist es, mit den aufkommenden Veränderungen Schritt zu halten.
Die Wahl des Lernenden welche Texte, welche Aufgaben, welche Anwendungen eine persönliche Bedeutung spielen, fordert die Erforschung der Grundlagen für diese Entscheidungen und diese Schwerpunktthemen.
Persönlich bedeutsames Lernen ist das Schlüsselwort zum Erfolg, denn erst wenn das Lernen persönlich bedeutsam ist, kann es auch erfolgreich sein. Von dieser These geht auch die Themenzentrierte Interaktion(TZI) nach Ruth Cohn, aus. Unter TZI versteht man eine pädagogische Haltung die sich ganzheitlich am Menschen orientiert. Nicht nur der Mensch steht im Vordergrund, sondern ein Gleichgewicht zwischen dem ICH, dem WIR und dem UMFELD wird angestrebt.
Derzeit wird die TZI erfolgreich für Gruppen- und Lernprozesse eingesetzt die persönlich statt finden. Durch einen wachsenden Trend in Richtung Web 2.0 stellt sich nun die wesentliche Frage ob die TZI auch für den Einsatz dieser Anwendungen geeignet ist.
Diese Diplomarbeit gibt einen Überblick über die Nutzung von Web 2.0 Anwendungen unter dem Aspekt der Themenzentrierten Interaktion nach Ruth Cohn und spiegelt wichtige Merkmale des ‘Next Generation Learning’ wider.
Ziel der Arbeit:
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Szenarios unter Einsatz einer Web 2.0 Anwendung. Einflüsse der TZI runden die Konzeptionisierung ab. Das Szenario wird im laufenden Unterricht an der Universität von Tolima eingesetzt und soll aufzeigen, ob persönlich bedeutsames Lernen auch im Web 2.0 stattfinden kann.
Es wird dargestellt, welche Einflüsse der TZI auf Web 2.0 Anwendungen umsetzbar sind und ob sich diese positiv auf den Lernerfolg der Studenten auswirken können. Diese Arbeit behandelt folgende Fragen:
Was kann die TZI für dieses Szenario bieten? […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Erklärung

Vorwort

Kurzfassung

Abstract

1 Einleitung
1.1 Ausgangsbasis
1.2 Zielsetzung
1.3 AufbauderArbeit

2 Humanistische Pädagogik
2.1 GrundlegendePrinzipien
2.2 ThemenzentrierteInteraktion
2.2.1 Einleitung
2.2.2 Axiome
2.2.3 TZI -Dreieck
2.2.4 Postulate
2.2.5 Hilfsregeln
2.2.6 TZI -Haus
2.2.7 TZIinderPraxis

3 Formen des Lernens
3.1 LernenalsWissensaneignung
3.2 PersönlichbedeutsamesLernen
3.3 GrundlegendeUnterschiede

4 Web 2.0
4.1 WasistWeb2.0?
4.2 Web2.0Dienste
4.2.1 Blogs
4.2.2 Podcasts
4.2.3 Wikis
4.2.4 SozialeNetzwerke
4.2.5 SocialBookmarking
4.2.6 Foto-undVideosharing
4.3 Prinzipien ..
4.4 Produsage..
4.5 Participatory culture
4.6 Persönlich bedeutsames Lernen mit Web

5 Konzeption
5.1 Ausgangslage
5.2 AuswahlderAnwendung
5.3 ProgramLogicMap
5.4 HandlungsleitendeFragen

6 Szenario
6.1 Beschreibung desSzenarios
6.2 Einsatzgebiet
6.3 ProgramLogicMap

7 Ergebnisse
7.1 Ergebnisse der Studentenbefragung
7.1.1 Welcheo-enenFragenstellensichvondenAntworten derStudierenden?
7.2 Ergebnissedero-enenFragen
7.3 ProgramLogicMap

8 Abschließende Reflexion
8.1 Reflexion der Handlungsleitenden Fragen

A Interviews
A.1Interviewleitfaden
A.1.1FragenandenProfessor
A.1.2FragenandieZielgruppe
A.2DokumentationderInterviews
A.2.1Befragung desProfessors
A.2.2Befragung derZielgruppe

Literaturverzeichnis

Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbst­ständig und ohnefremdeHilfe verfasst, andere alsdie angegebenenQuellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen Stellen als solchegekennzeichnethabe.

Hagenberg, am 2. November 2009

Heidemarie Weiss

Vorwort

„Erkläre mir, undich werde vergessen.Zeige mir, undich werde mich erinnern. Beteilige mich, und ich werde verstehen“ Konfu­ zius,(551 -479 vorChr.),chinesischerPhilosoph

DieseAussagebegleitete michstetsin meinemBerufspraktikum anderUni­versität von Tolima, Kolumbien, wo ich als Englisch Assistent tätig war. Erzählte ich meinen Studenten etwas -vergaßen sie, zeigte ich ihnen etwas -erinnerten sie sich,führteichjedochSpiele oderÜbungendurchdie nicht nur am Papier stattfanden -verstanden sie auch.

Aus dieser Erkenntnis und aus Liebe zu Kolumbien ist diese Diplomarbeit entstanden.EinVersuch etwasAbwechslungfürdieStudenten zubieten und um sie zu motivieren.

An ersterStelledankeichmeinerBetreuerin undLeiterindesFachhochschul-Studiengangs „EngineeringfürComputer-basiertesLernen(CBL)“ ander Fachhochschule Hagenberg, die mich nicht nur bei der Themenfindung un­terstützt hat, mich motiviert hat, mir die Möglichkeit geboten hat meine Diplomarbeit in Kolumbien zu schreiben, sondern vor allem an mich ge­glaubt hat.

Weiters möchte ich mich bei meiner „kolumbianischen Familie“ bedanken, die stets für mich da war und mich in allem tatkräftig unterstützt hat und somitKolumbien zu meiner zweitenHeimatgemachthat.

Ebenfalls danken möchte ich Herrn Guzman, Englischprofessor an der Uni­versität vonTolima und seinenStudenten,die michtatkräftigbeiderDurch­führung despraktischenTeils unterstützthaben.

AbschließenddankeichmeinenElternAnton undChristineGrübler, meinem BruderJürgen undseinerLebensgefährtinBarbarafür alldieUnterstützung während meinesStudiums.MeinerNichteFranziska,die mit einem einzelnen Lächeln meine Sorgen verblassen ließ.

Kurzfassung

In den letzten beiden Jahrzehnten fand eine große Veränderung beim Er­lernen von Fremdsprachen statt. Der Fokus setzt sich derzeit auf unter­schiedlicheWahrnehmung wieReaktionendes einzelnenLernenden unddes Klassenzimmers und somit stellt sich implizit die Frage nach den persön­lichen, sozialen und kulturellen Identitäten im Prozess des Erlernens einer Fremdsprache.

DieWahldesLernenden welcheTexte, welcheAufgaben, welcheAnwendun­gen einepersönlicheBedeutung spielen,fordertdieErforschungderGrund­lagen für diese Entscheidungen und diese Schwerpunktthemen.

Diese Diplomarbeit untersucht Möglichkeiten des persönlich bedeutsamen LernensinderWeb2.0Ära.Web2.0Anwendungengewinnen wachsendes Interesse und decken eine breite Palette von visuellen Hinweisen. Lerner-Zentrierter Unterricht, konversationelle Interaktion und das Potential der sozialen Netzwerke kann genutzt werden, um den Anforderungen von Stu­dentengerecht zu werden.

Diese Diplomarbeit gibt einen Überblick über die Nutzung von Web 2.0 Anwendungen unter dem Aspekt der Themenzentrierten Interaktion nach RuthCohn undspiegelt wichtigeMerkmaledes „NextGenerationLearning“ wider.

Abstract

Within the last two decades a big change in foreign language learning hap­pened.Currentlythefocus concentrates on thedi-erentperceptions such as the responses of theindividuallearner and the classroom.As a consequence we now face the question of personal, social and cultural identities in the process of learning a foreign language.

Thelearnerischoosing thetexts,tasks and applicationsthathave aperso­nal importance and this calls for a research of the basis for these decisions and these main topics.

Thisdissertationdeterminespossibilities ofthepersonalandimportantlear­ning in the Web 2.0 era. The interest in Web 2.0 applications is constantly growing and covers a wide range of visual details. Classes oriented on the learner, conversational interaction and the potential of the social networks can be utilized to meet the requirements of the students.

With emphasis on the theme-centered interaction according to Ruth Cohn thisdissertationprovides an overview of the utilization ofWeb2.0 applica­tions and reflects important characteristics of „Next Generation Learning“.

Kapitel 1

Einleitung

In den letzten beiden Jahrzehnten fand eine große Veränderung beim Er­lernen von Fremdsprachen statt. Der Fokus setzt sich derzeit auf unter­schiedlicheWahrnehmung wieReaktionendes einzelnenLernenden unddes Klassenzimmers und somit stellt sich implizit die Frage nach den persön­lichen, sozialen und kulturellen Identitäten im Prozess des Erlernens einer Fremdsprache.

1.1 Ausgangsbasis

In den letzten Jahren ist im Internet ein Trend in Richtung Web 2.0 An­wendungen zubeobachten.Wikis,Blogs undForen sind weit verbreitet.Für vieleMenschen sinddieseBegri-ejedoch einFremdwort und siekönnen sich nichtsdarunter vorstellen.EinedergrößtenHerausforderungendabeiist es, mit den aufkommenden Veränderungen Schritt zu halten.

DieWahldesLernenden welcheTexte, welcheAufgaben, welcheAnwendun­gen einepersönlicheBedeutung spielen,fordertdieErforschungderGrund­lagen für diese Entscheidungen und diese Schwerpunktthemen.

Persönlich bedeutsames Lernen ist das Schlüsselwort zum Erfolg, denn erst wenn das Lernen persönlich bedeutsam ist, kann es auch erfolgreich sein. VondieserThesegeht auchdieThemenzentrierteInteraktion(TZI) nach Ruth Cohn, aus. Unter TZI versteht man eine pädagogische Haltung die sich ganzheitlich am Menschen orientiert. Nicht nur der Mensch steht im Vordergrund, sondern ein Gleichgewicht zwischen dem ICH, dem WIR und dem UMFELD wird angestrebt.

Derzeit wird die TZI erfolgreich für Gruppen-und Lernprozesse eingesetzt diepersönlich stattfinden.Durch einen wachsendenTrendinRichtungWeb dieser Anwendungen geeignet ist.

Diese Diplomarbeit gibt einen Überblick über die Nutzung von Web 2.0 Anwendungen unter dem Aspekt der Themenzentrierten Interaktion nach RuthCohn undspiegelt wichtigeMerkmaledes „NextGenerationLearning“ wider.

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Szenarios unter Einsatz einer Web 2.0 Anwendung. Einflüsse der TZI runden die Konzeptionisierung ab. Das Szenario wird im laufenden Unterricht an der Universität von Tolima eingesetzt und soll aufzeigen, ob persönlich bedeutsames Lernen auch im Web 2.0 stattfinden kann.

Es wird dargestellt, welche Einflüsse der TZI auf Web 2.0 Anwendungen umsetzbar sind und ob sich diese positiv auf den Lernerfolg der Studenten auswirken können. Diese Arbeit behandelt folgende Fragen:

- Was kann die TZI für dieses Szenario bieten?
- KönnenStörfaktorengemeinsaminderGruppebeseitigt werden?
- Fördert oder behindert der Einsatz von Web 2.0 Anwendungen ein TZI Szenario?
- Kann mit Einbindung von Web 2.0, persönlich bedeutsames Lernen imUnterrichtgefördert werden?

Es werden Ideen aufgezeigt wie Web 2.0 Anwendungen mit Aspekten der TZI miteinander verknüpft werden können und deren Auswirkungen auf den laufenden Unterricht dargestellt.

1.3 Aufbau der Arbeit

Der Aufbau dieser Arbeit wird in folgenden Abschnitten erläutert:

- Kapitel 2: Humanistische Pädagogik Der erste Teil der Arbeit behandelt die theoretischen Grundlagen die zur späterenKonzeptionserstellungfürdasSzenario eingesetzt werden. In den dazugehörigen Unterkapiteln werden die grundlegenden Prin­zipien sowie auch die Themenzentrierte Interaktion dargestellt und fachliche Begri-e definiert.
- 1. Einleitung Kapitel 3: Formen des Lernens Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Lernen als Wissensaneignung und mit dem persönlichen bedeutsamen Lernen. Die grundlegendsten Un­terschiede sind im Punkt 3.3 angemerkt.
- Kapitel 4: Web 2.0 IndiesemKapitelgeht es um eingrundlegendesVerständnis vonWeb 2.0. Eine erste Begri-serklärung gibt Aufschluss darüber was sich ei­gentlich hinter dem Begri- versteckt. Anwendungen wie Wikis, Blogs und Podcasts werden in den Unterkapitel näher beschrieben und ge­ben somit Einblick in die Welt des Web 2.0.
- Kapitel 5: Konzeption Kapitel 5 widmet sich der Konzeption eines konkreten Szenarios, wie eine Web 2.0 Anwendung im Laufenden Unterricht eingesetzt werden kann, anhand einer Program Logic Map.
- Kapitel 6: Szenario DasKapitel6kommentiertdasdurchgeführteSzenario undbeschreibt die eingetro-enenUnterschiedeinBezugaufdie vorhergegangeneKon­zeption.
- Kapitel 7: Ergebnisse IndiesemKapitelwerdendieErgebnissedesSzenariosdargestellt wel­che mittels Befragungen festgestellt wurden. Nicht nur die Sicht der Studenten sondern auchdieSichtanhandderDurchführung wirdkom­mentiert.
- Kapitel 8: Abschließende Reflexion In Kapitel 8 werden die Antworten der Handlungsleitenden Fragen dieser Diplomarbeit dargestellt und reflektiert.

Kapitel 2

Humanistische Pädagogik

2.1 Grundlegende Prinzipien

Humanistische Pädagogik ist ein Sammelbegri- für verschiedenste Ansät­ze die sich mit dem Thema „persönlich bedeutsames Lernen“ beschäftigen. Lebenslanges Lernen und Wissen ist ein unverzichtbarer Faktor des wirt­schaftlichen undprivatenErfolges.JedesJahr,jedenMonatgibt es neues Wissen, undderMenschlernt.Hobmair(2002)beschreibtdieHumanistische Theorien folgendermaßen[12]:

Humanistische Theorien gehen von der Annahme aus, dass der Mensch danach strebt, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und sich selbst zu verwirklichen. Der Mensch ist bestrebt, seine eigenenFähigkeiten undMöglichkeiten zu entfalten.Dabei wird davon ausgegangen, dass er seine Lebensbedingungen und seine Umwelt aktiv selbstgestalten undbewusstüberdieMöglichkei­ten seinesHandelns entscheidet.(S.383)

Durch die humanistische Psychologie entwickelt, fanden immer mehr ver­schiedene therapeutische Ansätze auch in der Pädagogik Anregung. Jedoch stehenhier nichtdie therapeutischenAnsätzeimVordergrund, sondern viel­mehr die Pädagogischen wie Lernen, Erziehen und Bildung.

Volker Buddrus fasst die wichtigsten Charakteristika folgendermaßen zu­sammen[4]:

- DiepädagogischenBemühungenrichten sichimmeranden ganzenMenschenin seinerkonkretenpersönlichenGestalt. DiesbedeutetdasBerücksichtigen von mentalen, emotiona­len, seelischen und körperlichen Voraussetzungen und Be­findlichkeiten sowohl im Ansatz wie im Prozess.
- 2. Humanistische Pädagogik Die Zielpersonen werden als Menschen angesehen, die sich in persönlichen Wachstumsprozessen befinden und aus ih­rer eigenenMitte undBefindlichkeit sowie ausihrenbereits entwickeltenMöglichkeitenheraus andenWachstumsange­boten teilnehmen. Das Lernangebot wird von ihnen selbst aktiv mit ihrem Entwicklungsstand verknüpft oder auch nicht.
- Alle für den Wachstumsprozess erforderlichen Vorausset­zungen sindbeidenLernenden schon vorhanden, müssen z.
T. aber erst entborgen werden. „Werde, was Du bist“.
- Die PädagogInnen stellen einen Entwicklungskontext und konkrete Handlungssituationen für bestimmte exemplari­scheLernprozesse undderen reflexiverBearbeitung zurVer­fügung sowie ihr Angebot zur Strukturierung der Lernpro­zesse und zur Begleitung bei Lernproblemen.
- Die PädagogInnen nehmen an den Lernprozessen der Ler­nenden teil aufgrund eigener vorausgehender Erfahrungen mit dem Gegenstand und unter Einbringen selektiver Au­thentizität.
- DieQualitätderVermittlungunddieWirksamkeitderMe­thoden wird in engem Zusammenhang mit dem persönli­chenWachstumderPädagogInnengesehen. „DiePädagogin lehrt vornehmlich, was sie ist und was sie wird.“
- Professionalität, persönliches Wachstum und ein wachsen­der Fundus von Methoden und Theorien ersetzen das vor­mals bei wirkungsvollen PädagogInnen erforderliche Cha­risma, oder zumindest ergänzen sie es.HumanistischePäd­agogik wird stärkerlernbar.(S.386f.)

Nach Buddrus (1996) können der Humanistischen Pädagogik derzeit fol­gende Ansätze zugeordnet werden: Themenzentrierte Interaktion, Gestalt­pädagogik, Psychodrama, Psychosynthese, Personenzentrierte Gesprächs­führung, Transaktionsanalyse, Suggestopädie, Edukinestetik, Lehrkunstdi­daktik, aber auch Neuro-Linguistisches-Programmieren, sowie Sokratische Mäeutik.1

Humanistischer Pädagogik ist keine Richtlinie, vielmehr eine alternative Form der Lehrens und Lernens mit unterschiedlichen Ansätzen und Kon­zepten. Nicht das Lernen als Wissensvermittlung sondern das „WIE“ steht im Vordergrund. Diepersönliche Entwicklung des Lernenden ist das Ziel.

vgl. Buddrus, 1996, S. 395

2. Humanistische Pädagogik

PersönlichkeitundWeiterbildunghaben eine starkeVerbindung.Denn mein Individuumbestimmtwasichlerne.Die eigenenpersönlichenInteressen ste­hen im Vordergrund. Ich bestimme selbst was ich bin und was ich lerne. Frontalunterrichtlässt nicht vieleMöglichkeiten o-en umdiePersönlichkeit zu entwickeln.

Wie oben erwähnt ist die Themenzentrierte Interaktion ein sehr wichtiger Ansatz der Humanistischen Pädagogik, in dem pädagogische Elemente wie persönlichbedeutsamesLernen unddieArbeitinGruppenimVordergrund stehen. Im folgenden Absatz wird daher der Ansatz der Themenzentrierten Interaktion näher erläutert.

2.2 Themenzentrierte Interaktion

2.2.1 Einleitung

Ruth Cohn, 1912 in Berlin geboren, gilt als Entwicklerin dieser Methode. 1931 studierte sie Nationalökonomie und Psychologie an den Universitäten Heidelberg und Berlin. 1933 emigriert sie nach Zürich, wo sie Psychologie, Philosophie und Literatur studierte. 1934 begann sie mit der psychoana­lytischen Ausbildung in der Internationalen Gesellschaft für Psychoanalyse undihreLehranalysebeiMedardBoss(1934-1939).1941 emigrierte sie nach NewYork undbaute1946ihrePraxis alsPsychoanalytikerin undGruppen­therapeutin auf.2 Arbeitserfahrung mitKindern und alsTherapeutin waren AusgangpunktederArbeitvonRuthCohn.Dabei suchte sie nach einerMög­lichkeitmehrMenschen zu erreichen als es einemPsychoanalytiker mitPati­enten möglichist.Erfahrungen undErkenntnisse ausdertiefenpsychologisch orientierten therapeutischenEinzelarbeit auf nicht-therapeutische Gruppen zuübertragen, warderGrundgedanke vonRuthCohn.MehrMenschen auf einmal zu erreichen um gemeinsam Lösungen zu finden und Aufgaben zu bewältigen.3 Cohns(1984) Grundgedanken zurThemenzentriertenInterak­tion[7]:

Ich möchte,daßjederMenschganz „Ich“ sagenlernt, weil er nur dannseineErfüllung findenkann; undinjedemIchistbereits dasDu unddasWir unddieWelt enthalten.(S.373) 1955 initiiert sie einen Workshop zum Thema „Gegenübertragung“, dessen Methodik zumAusgangspunktfürdieThemenzentrierteInteraktion(TZI) wurde.

vgl. http://www.ruth-cohn-institute.org/ruthcohn/index.html, abgerufen am 21.04.2009 3 vgl. Langmaack, 2004, S. 20 f.

2. Humanistische Pädagogik

Die TZI wurde methodisch aus Prinzipien und Techniken der Gruppenthe­rapie und anderen Lehr-und Kommunikationsmethoden abgeleitet. Ganz­heitliches Lernen und Arbeiten in Gruppen soll in Balance stehen. TZI ist nicht nur Technik und Methode, sondern vielmehr persönlich bedeutsames Lernen undArbeiten.DieBedürfnisse undInteressenjedesEinzelnen und derGruppe solleninEinklangsein und eineproduktiveArbeitfördern.Erst wenn ich mich sehe, sehe ich alles andere. Dem einzelnen Menschen soll der persönliche Zugang zum Thema erleichtert werden, denn Lernprozesse verlaufenbeimMenschen umso erfolgreicherje mehrEmotion,Intellekt,Be­gri-ichkeitundErleben mit einfließen.InderTZIgeht mandavon aus,dass wirkliches Lernen nur dann stattfindet, wenn es persönlich bedeutsam ist. TZIbesitztnichtdiegleichenCharaktere wieFrontalunterricht,dennGrup­penprozesse sollen individuell und persönlich verlaufen, ein ganzheitlicher VerlaufderKommunikation undInteraktion verbindet.RuthCohn(1993) beschreibt TZI folgendermaßen[6]:

DieGruppentherapie respektiertdieEntfaltungdesIndividuums und fördert die Aufmerksamkeit der Gruppe für den Beitragje­des einzelnen. Jedoch Gruppentherapie kennt nur ein Thema: „Ich möchte(mich)besserfühlen undbesserfunktionieren.“TZI dagegen verlagert den Schwerpunkt von diesem einen Thema ­Entwicklung des Wachstumspotentials des einzelnen -auf alle Aufgaben oder Themen, mit denen Menschen sich auseinander­zusetzen haben, ohne dabei die Einmaligkeit des einzelnen aus demAuge zu verlieren.(...)(S.14)

TZI findet sich nichtnurinTherapie-undErfahrungsgruppen,als einWei­terbildungsverfahren wird sie vor allem verbreitetinSchulklassen,Mitarbei­tergruppen, Kommissionen, Management, kirchlichen Diensten, Organisa­tionsberatung, Bürgerinitiativen, Frauen/Männerbewegungen, Supervision undCoaching angewandt.4 InalldiesenBereich findensichdieunterschied­lichstenThemen, wobeidiesfürTZIkeineRolle spielt,Themenkönnen sich auf Bereiche der Familie, Gemeinschaft und Zusammenleben genauso wie auf pädagogische, wissenschaftliche, künstlerische und organisatorische Be­reiche beziehen. Die Gruppengröße und das Teilnehmeralter spielen keine Rolle, wobei zu beachten ist, dass die Strukturen und Modifikationen den konkreten Situationen angepasst werden.

TZI fördert:5

- Sich und andere im privaten und beruflichen Bereich auf­merksam wahrzunehmen

- 2. Humanistische Pädagogik Selbständigkeit und Eigenverantwortung im Kontakt mit andern zu stärken

- Wissensvermittlung lebendig und in Beziehung zu den be­teiligtenPersonen zugestalten.

- Die Arbeitsnotwendigkeiten mit Achtung vor der Person undder zwischenmenschlichenBeziehung zu verbinden(im Profit-ebenso wie im Non-profit-Bereich)

- Arbeitsbesprechungen,Konferenzen,Kongresseusw.imSin­ne lebendiger Kommunikation zu führen und Rivalitäten zugunsten Kooperation zu nützen.

vgl. Langmaack, 2004, S. 214 f. und Henecka, 2005, S. 2 5 Quelle: http://www.tzi-schweiz.ch, abgerufen am 21.04.2009

2.2.2 Axiome

Die drei Axiome der TZI befassen sich mit den ethischen Grundlagen der TZI, sie sindsowohlBegrenzer als auch antreibendeKraft.Axiome sindkei­ne Richtlinien, sie sind vielmehr Grundgerüst der TZI, sie werfen Fragen auf, welche für die Gruppenarbeit von Vorteil sind. Ausgehend von ihren Erfahrungen und Einsichten entwickelte Ruth Cohn eine Art „systemische Kommunikationspsychologie“,dieingleichemMaße aufStrukturen undPro­zessesowieaufSachthemen zentriert seinsollte.AlledreiAxiome stehenin Verbindungmiteinander, und sinddaher auchgemeinschaftlich umzusetzen. Ein Fehlen dieser Grundvoraussetzungen spaltet die TZI in unzusammen­hängendeTechniken.6 Cohn undFarau(1984)sehendieAxiome als wichtiges Grundgerüst der TZI[7]:

TZI-Axiome sind der Boden, auf dem die TZI-Methodik ver­standen werden muß, und die entscheidenden Voraussetzungen für die gruppentherapeutische und pädagogische Intention der TZI. Ohne diese Axiome kann TZI so „wirksam“ sein wie ein in einemHeuschober angezündetesStreichholz.(S.356)

LautCohn undFarau(1999) bildenfolgendeAxiomedasFundamentfür humanesHandeln und realitätsgerechteEntscheidungen[8]:

1. Das existentiell-anthropologische Axiom:

Der Mensch ist eine psychobiologische Einheit und ein Teil des Universums. Er ist darum gleichermaßen autonom und interdependent. Autonomie (Eigenständigkeit) wächst mit demBewusstseinderInterdependenz(Allverbundenheit).(S. 356)

6 vgl. Langmaack, 2004, S. 39 f. und Padberg, 1998, S. 9 f.

2. Humanistische Pädagogik

Dieses Axiom zeigt ein ganzheitliches Bild des Menschen auf. Der Menschistein unabhängigesIndividuum,jedoch auchTeil seinerUm­welt, nicht möglich unabhängig von ihr zu leben. Jedes einzelne In­dividuumbestimmt selbst seineAktionen, wirdjedochbewusstdass zwischen dem ganzen Umfeld eine Wechselwirkung besteht, kann po­sitiver Einfluss auf diese genommen werden. Die Autonomie ist umso größer,jebewusster erseine sozialeund universelleInterdepenzaner­kennt und aktiviert. Ganzheitlichkeit bedeutet hierbei, dass intellek­tuellesLernen vonEmotionenbegleitet wird.DieseEmotionenkönnen sowohlpositive als auch negativeAuswirkungenhaben, und somitdas Lernen stark beeinträchtigen.

2. Das ethisch-soziale Axiom:

EhrfurchtgebührtallemLebendigen und seinemWachstum. Respekt vor dem Wachstum bedingt bewertende Entschei­dungen. Das Humane ist wertvoll, Inhumanes ist wertebe­drohend.(S. 357)

DerhoheWertdesLebensistein sehr wichtigerPunktfürRuthCohn. DieWeltwird ausgebeutet und zerstört, vergangenesWissengeht ver­loren. Human zu sein hat Priorität, wobei sich Inhumanes auch auf Vernachlässigen, Unterdrücken von zwischenmenschlichen Beziehun­genbeziehenkann.DerRespektfürdie zwischenmenschlicheKommu­nikationistdieGrundlage allengemeinsamenArbeitens.Tretedeinem Gegenüber mitAchtungentgegen, unddieGemeinschaftkann sich ent­falten.

3. Daspragmatisch-politischeAxiom:

FreieEntscheidunggeschiehtinnerhalbbedingenderinnerer und äußerer Grenzen; Erweiterung dieser Grenzen ist mög­lich. Freiheit im Entscheiden ist größer, wenn wir gesund, intelligent, materiell gesichert und geistig gereift sind, als wenn wir krank, beschränkt oder arm sind oder unter Ge­walt und mangelnderReifeleiden.(S.357)

Das pragmatisch-politische Axiom versteht sich als praxisbezogenes Axiom. Nur wenn die Grenzen wahrgenommen werden, findet sich auch der Blick für die Spielräume die sich bieten. Eine Erweiterung derGrenzen oder auchderRahmenbedingungenistmöglich, unddiese sollten auchgenutzt werden.WenndieGrenzen nicht wahrgenommen werdenkanndies zumScheiternführen,ich willüberdieGrenzenhin­aus, oderichbin zu weit entfernt und erreiche nicht meinepersönlichen Möglichkeiten.

2. Humanistische Pädagogik

Der Mensch verfügt über frei gewähltes Handeln, er hat Verantwortung ge­genüber seinerUmwelt.Er selbstträgtVerantwortung überVeränderungen positiver oder negativerNatur.WertschätzunggegenüberAnderen,derUm­welt und sich selbstkann einepositiveVeränderung bewirken.

2.2.3 TZI -Dreieck

DiedreiFaktorenICH-WIR-ESwerdeninderTZIdurch eingleichseitiges Dreieckdargestellt,das sichin einemKreis(Globe)(sieheAbb.2.1)befindet. DiesesSymbolstehtfürdieganzheitlicheSichtweise vonTZI,derSichtweise

Abbildung 2.1: TZI-Dreieck

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

vonLernen,Leben undZusammenleben.RuthCohn(1993)beschreibt selbst dasSymbol mitfolgendenWorten[6]:

DiethemenzentrierteinteraktionelleGruppebemühtsich umBe­wußtwerdungundFörderungdesIch-Potentials,derWir-Kohäsion und der Themen-und Aufgabenerfüllung. Das strukturelle Bild derThemenzentriertenInteraktion(TZI)istdaher dasIch-Wir­Es-Dreieck:dieVerbindung dreierPunkte vongleicherWichtig­keit -Individuum, Gruppe und Thema -, das sich in der gegen­seitigen Umgebungskugel, dem Globe, befindet.(S. 20)

DieseSymbolist „Markenzeichen“derTZI und wir auch vonGruppentheo­retikern und Praktikern erkannt und angewandt. Probleme und Konflikte

2. Humanistische Pädagogik

werden gelöst, um sich wieder auf das wesentliche Thema konzentrieren zu können.Ist eineLösung ausständig,kanndieGruppe nichtfortfahren, oder dieArbeitwird erschwert.NichtdieAufgabe stehtimVordergrund, sondern jede einzelne Person.7 dasICH -jedebeteiligtePersonundihrAnliegen das WIR -die Gruppe mit Interessen und Beziehungen untereinander dasES -dasThema,diegemeinsameAufgabe derGLOBE -dasUmfeld,alleswasdiegemeinsameArbeitbeeinflusst

Die dynamische Balance der Faktoren steht im Vordergrund. Nicht jede Situation lässt sich mit den gleichen Faktoren lösen, es stellt sich die we­sentlicheFrage, welcherdieserFaktoren stärkerbehandelt werden muss, um die gewünschte Balance herzustellen.8 Ist die Balance hergestellt, kann sie durchEinflüssederUmweltoder anderenStörfaktoren rasch wieder ausdem Gleichgewichtgebrachtwerden.DasLebenist nicht statisch,Gegenpole sol­lenberücksichtigtund eingebunden werden.Diesist aber nicht als negativer Aspekt anzusehen, vielmehr stärkt eine fehlende Balance die konstruktive Arbeit.Es veranlasst, neueLösungen zu suchen, neueIdeen umzusetzen und nicht nur starr zuhandeln.DasDreieckimKreisgilt alsHilfsmittelfürdie Diagnose, es zeigt auf welcher Faktor im Vordergrund steht und wo Hand­lungsbedarf besteht.

Anfangs stehtdasICH, erstnachKontaktaufnahme wirdderWeg zumWIR gefunden undsomit schließlich eineBasisfürkonstruktiveArbeitgescha-en. Der Anfang ist sehr wichtig, da er den weiteren Verlauf des Prozesses be­stimmt.BarbaraLangmaack[16] skizziertdiesenVorgangfolgendermaßen (siehe Abb. 2.2):

vgl. Langmaack, 2004, S. 48 f. und Padberg, 1998, S. 6 f. 8 vgl. Grenz, 2002, S. 80

2. Humanistische Pädagogik

Abbildung 2.2: Themenaufbau im Dreiecksverlauf nach Barbara Lang­

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

maack(S. 73)

EineGruppeistanfangskeineGruppeim engerenSinn, erstdasKennen lernen undVertrauender einzelnenTeilnehmer machtsie zu einer wirklichen Gruppe.

das ICH 9

Werbinich?DieseFrageistoftmalsnicht zubeantworten,viel zusehrver­ändert sich das Leben eines Menschen. Je realistischer die Meinung eines Menschenüber sich selbstist,destoleichterfällt esihm sich auf neueSitua­tionen und Menschen einzulassen. Die TZI unterstützt den Menschen auf seinem Lebensweg, sie hilft die eigene Identität zu entwickeln und zu inte­grieren. Schon seit dem Beginn der Menschheit gibt es Normen an welche der Mensch sich anpasst. Selten gelingt es einem auszubrechen und diese „steifen“ Normenhinter sich zulassen.Wir wurden vonjeher so erzogen, dasunsereWelt soinOrdnung ist,dass esguttut nichtauszubrechen.Wir gehen zurSchule, zurArbeit undgliedern unsindemSystem ein.Wirdder DrangnachpersönlichemFreiraumdennoch verspürt,istderPreisderdafür bezahltwird oft sehrhoch.UnserUmfeldkann nurbegrenztVeränderungen ertragen und akzeptieren. Ein neuer Lebensweg bereitet Schmerzen, kos­tet Mühe und verlangt Mut. Durch veränderte Situationen wie Entlassung, ScheidungoderBeförderung wächstderDrangdenLebensweg zu verändern. Alles wasbishergutwar, wirdinFragegestellt.Willichdasüberhaupt?Bin

vgl. Langmaack, 2004, S. 75 f. und Cohn/Farau, 1993, S. 353 f.

2. Humanistische Pädagogik

ich mit meinemLeben so zufrieden?BarbaraLangmaack(2004) beschreibt dieSelbstverwirklichung mitdiesenWorten[16]:

Mit Selbstverwirklichung und wachsender Ich-Identität ist also in ersterLiniegemeint, sichderRealitätdesWandels zu stellen, diesen auch zu wollen,dieBilder von sich selbst aktiv zugestal­ten, anstatt siegeschehen zulassen oder sie von außenbenennen zu lassen.(S. 82)

Viele Menschen sehnen sich nach Belohnung, dass ihre Leistung anerkannt wird. Die persönliche psychische Gesundheit wird gefördert, indem für die erbrachte Leistungen von seinen Mitmenschen Annerkennung übermittelt wird.Anerkennung wirkt aufdiePersönlichkeit wie eineArtBelohnung.Sie fördertdieEntwicklungeinesjedenMenschen.Niederlage undErfolgbeglei­tetdenMenschen auf all seinenLebenswegen.Dochdadurch wirdErfahrung gesammelt und wichtigeErkenntnisfürdieZukunftgewonnen.

das WIR 10

Jedes ICH ist ein Teil des WIR. Der Mensch ist immer in vielen sozialen Beziehungen, in der Familie, im Berufsleben, in der Schule und im Freun­deskreis -dem WIR. Sich zugehörig zu fühlen ist wichtig für Denken und Handeln.EsbeeinflusstdiepersönlichenGedanken undAktivitäteninGrup­pen.FindeteinePerson sein wirkliches wahresICH sokann sie auchPlatzim WIRfinden.DasWIRderTZIbeschäftigtsich vorallemmit einemgemein­samenThemafürdieTeilnehmer,esistnicht vonNötendass allePersonen zeitgleich, am selben Ort daran arbeiten. Die Motivation sich einer Grup­pe anzuschließen beruht auf dem Thema, dies kann freiwillig erfolgen oder auch gezwungenermaßen sein. Formen von Gruppenarbeiten finden sich in vielenBereichen, wie zumBeispielSchulen,Erwachsenenbildung undTeam­arbeitinFirmen.Schon vonjeherlebtederMensch mit anderenMenschen zusammen. Dieses Zusammenleben prägt den Menschen, er bekommt neue Denkanstöße undwird zu neuemHandelngeleitet.JedesICHbeeinflusstdie Gruppe obnegativ oderpositiv.DenFaktorICHbeschreibtLangmaack mit folgenden Worten[16]:

Eine Gruppe wird nicht etwa stärker durch Mitglieder, die sich

aufgeben, sonderndurch solche,die sich eingeben.(S.97)

In TZI Gruppen finden sich die Teilnehmer in einem Kreis ein. Dies ist sehr wichtigfürdasGefühlderGleichwertigkeit undMitverantwortung.Je­der Teilnehmer besitzt die Möglichkeit seinem Ansprechpartner direkt in die Augen zu sehen. Jeder Teilnehmer beeinflusst die Gruppe und ist so­mitfürErfolg oderNiederlage mitverantwortlich.Wie schön erwähntist ein wichtiger Punkt für Gruppenarbeit die Anfangsphase. Das Kennen lernen

vgl. Langmaack, 2004, S. 93 f

2. Humanistische Pädagogik

undVertrauenderTeilnehmer untereinanderist eine wichtigeGrundvoraus­setzung für ein erfolgreiches Arbeiten. Anfangs aufgestellte Regeln für die Gruppenarbeit sind ein sehrhilfreicherFaktor.Nicht zu viel auf einmal von den Teilnehmern zu verlangen ist eine Grunddevise. TZI-Gruppen besitzen folgende Merkmale:

- Vereinbarungen und Strukturen
- ein gemeinsames Ziel
- jeder soll mitarbeiten
- jeder besitzt eine eigene Persönlichkeit

Sind keine gemeinschaftlichen Aufgaben mehr vorhanden, verliert sich das WIR-Gefühl und die Gruppe tritt ihrem Ende entgegen.

das THEMA 11

DasThema spielteine wichtigeRolle undist einHauptschwerpunktimSys­tem der TZI. Als Thema bezeichnet sich das Anliegen einer Gruppe, die Fragestellung oder die Aufgabe. Es ist der Mittelpunkt der Gruppenarbeit. FehltdasThema, existiertdieGruppe oderdieBeziehungnicht mehrlange, denn es ist der Schlüssel zu Beziehungen.

Themen können sehr unterschiedlich sein, kleine Themen zum sofortigen Einsatz oderjedochgroße,dielängereZeitinAnspruchnehmen.EinThema kann alles sein,derInhalteiner „kleinenUnterhaltung“ sowieProbleme von Beziehungen, Durcharbeiten von Lern-und Diskussionssto-. Ein „gutes“ Themaistjenesdass zumMitmachen anregt,dasdieTeilnehmerbegeistert unddieIdeenbeflügelt.Nichtimmergibt esjedochdieseMöglichkeit,da es im beruflichen und persönlichen Alltag auch von Nöten ist, sich mit unge­liebter Thematik auseinanderzusetzen. Zur Entwicklung eines Themas sind nach B. Langmaack die folgenden Zugangspunkte[16]:

- Was ist mein eigener Bezug zum Thema? Was bedeutet es für mich?
- Wie setze ich das Thema und seine Bearbeitung mit dem bisherigen unddemkünftigenProzessderGruppeinBezie­hung?
- WelchenSchwerpunktimTZI-Dreieck setzeichjetzt?
- WiestartenwirmitdemThemaeinenlebendigenProzess?

(S. 113 f.)

11 vgl. Langmaack, 2004, S. 106 f.

2. Humanistische Pädagogik

Ein „gutes“ Thema entsteht nicht von einer Sekunde auf die Andere, es braucht Zeit um wirklich zu reifen. Ideen zu einem Thema gibt es wahr­scheinlich viele, jedoch ist es eine Kunst dies richtig zu formulieren und interessant zugestalten.WeitereHinweise vonB.Langmaackfür ein erfolg­reichesThema sind[16]:

1. Bekanntes und Neues mit dem Thema verbinden
2. O-en für unterschiedliche Zugänge
3. Das Thema soll fordern, nicht überfordern
4. Das Thema ist noch nicht die Antwort
5. Themen handlungsorientiert formulieren
6. Das Thema soll ö-nen und abgrenzen zugleich
7. Klare Begri-ichkeit
8. Themen sind Schritte zum Handeln
9. Keine fremden Themen wählen
10. ÜbereinstimmungmitdemGlobe(S.115f.)

NachBeendigungderGruppenarbeitkannfestgestelltwerden obdasThema passend formuliert war oder nicht. Sollte der Verlauf anders sein? Oder ist alles zufrieden stellend. Je nach dem gewinnt der Gruppenleiter wertvolle Erfahrung, die er sich für das nächste Thema in Erinnerung rufen kann.

der GLOBE 12

DerGlobe umschließtdasDreieck undist somitderRahmenfürdieArbeit. Es ist die Bezeichnung für alles außerhalb der Gruppe. Dazu gehören das überschaubar nähere Umfeld, Dinge und Geschehnisse sowie Menschen. Je­derMenschbewegtsichin seinem eigenenGlobe,jedesElementdesDreiecks besitzt einen Globe und auch die Gruppe bildet einen gemeinsamen Globe. All dies sind Faktoren für eine gemeinsame Erreichung der Ziele. Das Be­wusstseinüberdieseFaktorenistfürjedeGruppe so wesentlich wiedasder ICH-, WIR-und ES-Faktoren.

Beispiel für den Globe einer Schulklasse nach Langmaack wären folgende Aspekte[16]:

- Einzugsgebiet, soziale Struktur
- Lehrergewerkschaft
- Lehrermangel
- Lehrplan
- Finanzquellen

2. Humanistische Pädagogik Ferienregelung

WelcheBerufe werdengebraucht?(S.130)

vgl. Langmaack, 2004, S. 125 f.

Bespielfür allgemeineGlobe-Aspekte sind nachLangmaackfolgende[16]:

- politische Lage
- wirtschaftliche Lage
- Leitbilder und ihr Wandel
- gesellschaftliche Norm
- Forschungsergebnisse
- Wetter
- aktuelle Ereignisse
- gesetzliche Feiertage(S. 131)

BereitsbeiderErstellungderGruppenarbeitsolltendie wesentlichstenAspek­te gesammelt werden, da diese die Gruppenstruktur prägen und die Inter­aktion beeinflussen.

2.2.4 Postulate

AusdengrundlegendenAxiomen ergaben sichfürRuthCohngewissermaßen die beiden existentiellen Postuale der TZI, auch genannt die „Spielregeln“. Sie zeigen wie die Axiome im persönlichen Leben und in der Gruppe ange­wendet werden sollen.Sie wirken unterstützendfürdieLeitungderInterak­tion, und stellendieVerbindungder methodischenEbene unddenAxiomen dar.13 DiePostulate nachCohn(1975) sindfolgende[5]:

1. SeideineeigeneChairperson-SeiChairpersondeinerselbst.

(S. 121)

2. Beachte Hindernisse auf deinem Weg, deine eigenen und die von anderen.Störungen undBetro-enheitenhabenVor­rang; ohneihreLösung wirdWachstum verhindert oder er­schwert.(S. 121).

Im folgenden Teil wird näher auf die beiden Postulate eingegangen.

1. Postulat

Der Begri- „chairperson“ wurde nicht aus dem amerikanischen Englisch übersetzt,da esinderdeutschenSprachekeinWortdafürgibt.(„Chairper­son“ und „Globe“ sind die einzigen zwei Wörter die nicht in Ruth Cohns

vgl. Langmaack, 2004, S. 134 f. und Padberg, 1998, S. 10 f.

2. Humanistische Pädagogik

Büchern übersetzt wurden.) Was bedeutet Chairperson? -Ganz einfach ausgedrückt: Sei du selbst!

Ruth Cohn (1976, nach Barbara Langmaack, 2004) beschreibt in ihrem Buch „Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion“ den Be­gri- „chairperson“ mitfolgendenWorten[16]:

Seidein eigenerChairman/Chairwoman, seidieChairpersondei­ner selbst. Höre auf deine inneren Stimmen -deine verschiede­nen Bedürfnisse, Wünsche, Motivationen und Ideen. Gebrauche alle deine Sinne -höre, sieh, rieche und nimm wahr. Gebrau­che deinen Geist, dein Wissen, deine Urteilskraft, deine Verant­wortung, deine Denkfähigkeit. Wäge Entscheidungen sorgfältig ab.NiemandkanndirdeineEntscheidungen abnehmen.Dubist die wichtigste Person in deiner Welt, so wie ich in meiner. Wir müssen uns untereinanderklar aussprechenkönnen und einander sorgfältig zuhören,denndiesist unsere einzigeBrücke vonInsel zu Insel.(S. 135)

Mit anderen Worten: sei dir deiner Umgebung bewusst. Jede Situation ist ein Angebot für Entscheidungen. Jeder Gruppenteilnehmer soll sich selbst und seinUmfeld wahrnehmen.Erst wenn sichjeder selbst wahrnimmt,kann die Gruppe erfolgreich sein. Bring menschliche Achtung entgegen, und ak­zeptiere alle Teilnehmer so wie sie sind.

Dieses Postulat fordert dazu auf nach innern zu sehen, und seine eigenen Gedanken,Gefühle,Ideen undWünsche zu akzeptieren und wichtig zu neh­men und volle Verantwortung dafür zu übernehmen.

2. Postulat

Dieses Postulat ist sehr eng mit dem ersten verbunden und soll dem Teil­nehmerdieMöglichkeitgeben sichStörungenbewusst zu werden unddiese abzuarbeiten.DieStörung sollteidentifiziert werden undindieGruppenar­beit einfließen.

OhnedasLösen vonProblemenwirddieGruppenarbeitbeeinträchtigtund schreitet nur zögernd voran.Störungenkönnen zumBeispielLärm,Freude, Angst, Schmerz oder persönliche emotionale Betro-enheit sein. Entstehen Entscheidungen aufderBasis vonStörungen, sinddiese oft nichtgutdurch­dacht.DasGespräch solltebesser unterbrochen alsfortgeführt werden.Stö­rungen sind als eine Art Botschaft zu verstehen, sie übermitteln uns eine Unstimmigkeit. Sie können in allen Eckpunkten des Dreiecks wie auch im Umfeld ihren Ursprung haben. BarbaraLangmaack(2004) definiertdasStörungspostulat mitdiesenWor­ten[16]:

2. Humanistische Pädagogik

Das Störungspostulat sagt aus, dass gute Lern-und Arbeitser­gebnisse nur zu erreichen sind, wenn Lehrende und Lernende unabgelenktbeiderSache seinkönnen, wennEinzelne sich nicht mit einemTeilihrerAufmerksamkeit ausgeklinkthaben.(S.150)

Nach Langmaack lösen vor allem folgende Mechanismen Störungen in der Gruppe aus[16]:

- wenn das Tempo zu schnell oder zu langsam ist;
- wenn Beteiligte zu wenig beteiligt werden;
- wenn über die Konsequenz der gemeinsamen Arbeit nicht inRuhegesprochen werdenkann;
- wenn kritische Fragen nicht gestellt werden dürfen oder nichtgehört werden;
- wenn in der Euphorie der guten Atmosphäre die eigentli­chen Sachziele aus den Augen verloren werden;
- wennTabuthemendieSzenebeherrschen.(S.150)

Die TZI setzt daran, Störungen schon im Vorhinein den Zugang zu ver­währen. Wie schon erwähnt, ist es ein sehr wichtiges Anliegen der TZI den Anfang „gut organisiert“ zu gestalten. Ein erfahrener Gruppenleiter kennt die „normalen“ Störungen und kann diesen schon von Beginn an entgegen­wirken.

2.2.5 Hilfsregeln

Ruth Cohn hat in ihrem Werk „von der Psychoanalyse zur Themenzen­triertenInteraktion“ eineReihe vonRegeln erarbeitet,diedenpersönlichen Umgang mit den Axiomen und Postulaten unterstützen sollen. Dabei sind die Regeln nicht 1:1 anwendbar, sondern situationsbezogen an die Gruppe anzupassen. Es gilt herauszufinden, welche Regeln für die Beteiligten Sinn machen und welche nicht.RuthCohn(1995, zitiert nachGrenz,2002) selbst schreibt dazu[11]:

Sie(dieHilfsregeln,W.G.)helfen nur, wenn sie menschengerecht angewandt werden. Seelenlose, mechanische Kommunikation ist nicht menschengerecht.(S.361)

EinAuszugderHilfsregeln nachCohn(1975, zitiert nachPadberg,1998) [23]:

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2009
ISBN (eBook)
9783836637787
DOI
10.3239/9783836637787
Dateigröße
2.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Oberösterreich Standort Hagenberg – Software Engineering
Erscheinungsdatum
2009 (November)
Note
2,0
Schlagworte
themenzentrierte interaktion wiki lernen fremdsprache
Produktsicherheit
Diplom.de
Zurück

Titel: Persönlich bedeutsames Lernen im Web 2.0
Cookie-Einstellungen