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Die Befreiung der Bücher

Zur Bedeutung der Dezemberrevolution von 1989 für die rumänische Literatur

©2008 Diplomarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ich glaube, wir sind ein Volk der Pflanzen.Woher sonst die Ruhe mit der wir das Fallen des Laubes abwarten. Woher der Mut uns auf dem Schlitten des Schlafes hinabgleiten zu lassen. Bis in die Nähe der Nacht in dem sicheren Bewußtsein, daß es uns gelingen wird noch einmal geboren zu werden? Ich glaube, wir sind ein Volk der Pflanzen - Wer hat jemals einen Baum gesehen, der sich auflehnt? (Ich glaube / Ana Blandiana 1984).
Ja, wer? 1984, als das Gedicht Blandianas entstand, hat man ihn in Rumänien nicht mal erahnen können es könnte bald zu Ende sein, denn man war so gelähmt und mit dem alltäglichen Überleben beschäftigt, dass es unmöglich war zu denken, man könnte – um es mit Blandianas Worten zu sagen – ‘neu geboren werden’. Denn die Rumänen sind vieles, aber vor allem auch ein ruhiges Volk, ein Volk, das bestens mit der laissez faire-Mentalität vertraut ist.
In den kalten, euphorischen, elektrisch aufgeladenen Wintertagen des Dezember 1989, als man im Fernsehen Schüsse hören, Särge sehen und Reden hören konnte, als die rumänische Flagge von einem Tumor, dem kommunistischen Emblem, befreit wurde, als der sogenannte Volkszorn sich entlud und als man zum ersten Mal seit langem wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blicken konnte, als manche vergessen hatten, wo sie arbeiteten, dass sie eine Familie hatten, dass sie in einer Sekunde sterben könnten und sie einfach von einem euphorisierenden Etwas auf die Straße getrieben wurden, um sich mit dieser wahrhaftigsten aller demokratischen Gesten der Tyrannei mit dem Einsatz des eigenen Lebens zu entledigen: in diesen Tagen, als man der Nacht schon zu nahe gekommen war, als man mit ihr zu verschmelzen, in ihr zu ersticken drohte, in diesen Tagen fand ein singuläres historisches Ereignis statt: die Dezemberrevolution von 1989.
Mit dieser Revolution ist es dem rumänischen Volk gelungen sich den erdrückenden, erstickenden Gewändern eines Zustands zu entledigen, in dessen Kern sie fast ein halbes Jahrhundert gefangen gehalten worden war, der sowohl ihrer Physis, als auch – und das sollte sich als die größte kommunistische Sünde erweisen – ihrer Psyche einen massiven, nachhaltigen Schaden zugefügt hatte. Die wackeligen, unscharfen, farbarmen Videobilder des erschossenen Diktators und seiner Ehefrau lösten das Volk aus einem lang anhaltenden Trauma, aus einem jahrelangen, betäubenden Schlaf und sollten zum Sinnbild des Kommenden werden. Ein Volk, das bis 1989 nur rudimentäre Erfahrungen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schriftstellerisches Schaffen vor 1989
2.1 Der beschränkte Schriftsteller: Zensur
2.1.1 Wellen der Zensur zwischen 1947 und 1989
2.1.2 „Pakt mit dem Teufel“ oder Widerstand? Methoden des Umgangs mit Zensur
2.1.3 Positive Aspekte der Zensur
2.2 Der unerwünschte Schriftsteller: Das Exilphänomen
2.2.1 Kurze Typologie der Exilantenströme nach dem Zweiten Weltkrieg
2.2.2 Assimilierung, Integration, Sehnsucht nach Heimat: Die Situation des Exilautors
2.3 Weitere Problembereiche

3 Die Dezemberrevolution von 1989
3.1 Entstehung und Verlauf
3.2 Hoffnungen, Enttäuschungen, Interpretationen: Die unmittelbare Zeit nach der Revolution und die Implikationen der Schriftsteller

4 Rückkehr zur Normalität: Die Folgen der Dezemberrevolution für die rumänische Literatur
4.1 Kurzfristige Folgen
4.1.1 Liberalisierung und Demokratisierung
4.1.2 Ökonomisierung und Mediatisierung
4.1.3 Verlagsgründungen, neue literarische Gruppierungen, Buchmessen
4.2 Langfristige Folgen
4.2.1 Reintegration und Rehabilitation der Exil- und Dissensliteratur
4.2.2 Vergangenheitsaufarbeitung
4.3 Aktuelle Probleme und Zukunftsperspektiven

5 Elemente einer Synthese

6 Schlusswort

Lebensdaten der Autoren

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

2 Vorwort

Der auf dem Filmfestival von Cannes 2007 mit der goldenen Palme ausgezeichnete Film des rumänischen Regisseurs Cristian Mungiu 4 luni, 3 săptămâni şi două zile (4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage) ist ein guter Beweis dafür, dass Rumänien ein kulturelles Potenzial hat, das nicht hinter dem anderer Länder zurückzustehen braucht. Die kürzlich erschienene deutsche Übersetzung des ersten Teils der Romantrilogie Orbitor (auf Deutsch unter dem Titel Die Wissenden erschienen) das wohl wichtigste und epischste Werk des zurzeit wohl rennomiertesten rumänischen Schriftstellers Mircea Cărtărescu, ist ebenfalls ein erfreuliches Beispiel dafür, dass man auch hierzulande langsam beginnt der rumänischen Kultur mehr Beachtung zu schenken.

Diese Diplomarbeit soll ein kleiner Beitrag dazu sein die rumänische Literatur besser zu verstehen und Vorurteile ihr gegenüber abzubauen. Fast neunzehn Jahre nach der Rumänischen Revolution von 1989 ist der Bekanntheitsgrad rumänischer Autoren im Westen immernoch ausgesprochen gering. Die rumänische Literatur wird sich im Westen noch behaupten müssen, damit ihr Kanon eines Tages dem des Okkzidents gleichberechtigt gegenüber stehen kann.

3 Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4 Einleitung

Ich glaube, wir sind ein Volk der Pflanzen Woher sonst die Ruhe Mit der wir das Fallen des Laubes abwarten Woher der Mut Uns auf dem Schlitten des Schlafes hinabgleiten zu lassen Bis in die Nähe der Nacht In dem sicheren Bewußtsein, daß es uns gelingen wird Noch einmal geboren zu werden? Ich glaube, wir sind ein Volk der Pflanzen - Wer hat jemals einen Baum gesehen, der sich auflehnt?

(Ich glaube / Ana Blandiana 1984)

Ja, wer? 1984, als das Gedicht Blandianas entstand, hat man ihn in Rumänien nicht mal erahnen können es könnte bald zu Ende sein, denn man war so gelähmt und mit dem alltäglichen Überleben beschäftigt, dass es unmöglich war zu denken, man könnte – um es mit Blandianas Worten zu sagen – „neu geboren werden“. Denn die Rumänen sind vieles, aber vor allem auch ein ruhiges Volk, ein Volk, das bestens mit der laissez faire -Mentalität vertraut ist.

In den kalten, euphorischen, elektrisch aufgeladenenen Wintertagen des Dezember 1989, als man im Fernsehen Schüsse hören, Särge sehen und Reden hören konnte, als die rumänische Flagge von einem Tumor, dem kommunistischen Emblem, befreit wurde, als der sogenannte Volkszorn sich entlud und als man zum ersten Mal seit langem wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blicken konnte, als manche vergessen hatten, wo sie arbeiteten, dass sie eine Familie hatten, dass sie in einer Sekunde sterben könnten und sie einfach von einem euphorisierenden Etwas auf die Straße getrieben wurden, um sich mit dieser wahrhaftigsten aller demokratischen Gesten der Tyrannei mit dem Einsatz des eigenen Lebens zu entledigen: in diesen Tagen, als man der Nacht schon zu nahe gekommen war, als man mit ihr zu verschmelzen, in ihr zu ersticken drohte, in diesen Tagen fand ein singuläres historisches Ereignis statt: die Dezemberrevolution von 1989.

Mit dieser Revolution ist es dem rumänischen Volk gelungen sich den erdrückenden, erstickenden Gewändern eines Zustands zu entledigen, in dessen Kern sie fast ein halbes Jahrhundert gefangen gehalten worden war, der sowohl ihrer Physis, als auch – und das sollte sich als die größte kommunistische Sünde erweisen – ihrer Psyche einen massiven, nachhaltigen Schaden zugefügt hatte. Die wackeligen, unscharfen, farbarmen Videobilder des erschossenen Diktators und seiner Ehefrau lösten das Volk aus einem lang anhaltendenen Trauma, aus einem jahrelangen, betäubenden Schlaf und sollten zum Sinnbild des Kommenden werden. Ein Volk, das bis 1989 nur rudimentäre Erfahrungen mit Demokratie sammeln konnte, sollte nun die Gelegenheit bekommen eine solche selbstständig aufzubauen.

Der Weg Rumäniens zur Volksherrschaft – und nicht zuletzt auch zur Freiheit – erweist sich insbesondere in den ersten Jahren nach der Dezemberrevolution, in der sogenannten Zeit der Transition, als extrem problematisch. Die Rumänen erwachen nur langsam aus ihrem Schlaf[1] und der Sog der Vergangehheit, die mentalen Schrammen, die der Kommunismus hinterlassen hatte, sie bleiben dem Volk inhärent; sich ihnen zu entledigen, zum Kern, zum Ethos des rumänischen Volkes vorzustoßen, vielleicht zum ersten Mal: das soll nun – auch die moralische – Aufgabe der Rumänen werden.

Das kritiklose, ja geradezu euphorische Einsaugen der westlichen Massenkultur vor allem durch die Jugend, der durch jahrelanges Entbehrenmüssen aufkommende krasse Materialismus, der bei den Menschen zu Neid und Habsucht führen wird, das Absetzen einer gleichzeitig verhassten und bewunderten Oberschicht, die durch schon vorhandene Verbindungen in extrem kurzer Zeit extrem reich werden konnnte, die Enttäuschung und die Illusion darüber, dass der Fall des Kommunismus nicht automatisch Wohlstand für alle bringen wird: diese und andere Problemfelder, zu einem Ganzen zusammengefügt, sich gegenseitig bedingend, sich in gegenseitigem Konflikt befindend, sie sollten dazu führen, dass Rumänien nach der Revolution, im Vergleich zu den anderen, ehemaligen kommunistischen Ländern Osteuropas, das Land sein wird, das am längsten für seine Umwandlung von einem totalitären zu einem demokratisch-pluralistischen System brauchen wird.

Um eine Umwandlung wird es auch in dieser Arbeit gehen. Betrachtet werden soll das soziale Subsystem der Kultur und darin die Literatur als jener Teilbereich der Kultur, der wegen seiner engen Interdependenz mit anderen sozialen Subsystemen, wegen seines meinungsbildenden Potenzials, wegen seiner langen Tradition und nicht zuletzt auch wegen seiner Bedeutung als irradiierendes Organ von Ideen (und somit auch wegen seiner Funktion als Katalysator sozialen Fortschritts) wohl besondere Beachtung verdient. Das Ziel dieser Arbeit soll eine literatursoziologische Analyse der Metamorphose sein, die die rumänische Literatur aufgrund der Dezemberrevolution durchlaufen hat, durchlaufen musste.

Was ist eine Metamorphose? Vereinfacht ausgedrückt ist sie die Umwandlung eines Zustands in einen anderen. Die objektive Ursache dieser Verwandlung ist in vorliegendem Fall die Dezemberrevolution von 1989. Sie bildet den Schnittpunkt, die Symmetrieachse der nachfolgenden Untersuchungen. Um die Metamorphismen der rumänischen Literatur nach 1945 aber verinnerlichen zu können, sie in ein literaturhistorisches und –soziologisches Panorama der rumänischen Nachkriegsliteratur eingliedern zu können, ist vor allem eine Inbezugsetzung notwendig, die Schaffung eines relativen Rahmens.

Daraus erklärt sich auch die Gliederung vorliegender Arbeit: Im ersten Teil wird versucht die Situation der Literatur während dem Kommunismus darzustellen; die Phänomene der Zensur und des Exils sollen hier Spiegelbild einer sowohl extrinsischen, als auch intrinsischen Einkapselung des literarischen Schaffens sein. Dies ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil nur durch diesen referentiellen Rahmen verständlich werden kann, was nach 1989 geschah. Nach einem kurzen Kapitel über die Revolution soll es im letzten und wichtigsten Teil der Arbeit um die (kurz- und langfristigen) Folgen dieser für die Literatur gehen.

Vorliegende Arbeit kann und soll auch dem Ziel dienen einen Überblick über die Entwicklung der rumänischen Literatur ab der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zu geben. Dabei wird keinesfalls ein Anspruch auf Vollsändigkeit gesetzt, vielmehr soll es darum gehen, die entscheidenen Linien aufzuzeigen, entlang denen sich die radikalen Veränderungen abgesielt haben. Auch kann diese Arbeit als Anfangspunkt, als Referenzraum für weitere literatursoziologische Untersuchungen innerhalb der hier vorliegenden Thematik betrachtet werden.

Kann man von einer „Befreiung der Bücher“ sprechen oder ist diese immernoch bewussten oder unbewussten Zwängen und Traumata ausgesetzt? Wie reagiert ein Land literarisch auf ein halbes Jahrhundert Unterdrückung und Totalitarismus? Welche Methoden und Wege machte sich die Literatur nach 1989 zu Nütze, um das kommunistische Erbe zu verarbeiten? Bis zu welchem Ausmaß fand eine Konsolidierung und Kanonisierung der Literatur nach 1989 statt? Diesen Fragen wird im Folgenden nachgegangen werden.

5 Schriftstellerisches Schaffen vor 1989

Das Jahr 1989 markiert einen Schnittpunkt in der jüngeren rumänischen Geschichte. Innerhalb von nur wenigen Tagen, ja Stunden, wurde eines der radikalsten totalitären Systeme Osteuropas zu Fall gebracht.

Obwohl man die Ereignisse des Winters von 1989 gemeinhin als „Die Rumänische Revolution“ bezeichnet, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt, ob es sich dabei tatsächlich um eine Revolution im herkömmlichen Sinne des Wortes gehandelt hat oder ob man nicht lieber von einem geplanten Staatsstreich, einer (von – auch ausländischen – Geheimdienstkreisen geplanten und durchgeführten) konzentrierten Aktion oder einem „orchestrierten Putsch“[2] (oder gar von einer Farce) sprechen sollte. Rumänische und ausländische Experten versuchen immer noch das, was 1989 in Rumänien passiert ist, historisch, begrifflich und soziologisch einzuordnen, was nicht eben wenige Interpretationen und Meinungen nach sich gezogen hat, über die man sich heute nicht weniger streitet als noch vor einigen Jahren. Diese Tatsachen aber mal Beiseite stellend, werde ich im nun Folgenden aber trotzdem den Namen „Revolution“ verwenden; nicht zuletzt einer einfacheren Übersicht wegen und auch deshalb, weil – möge die Debatte darüber noch lange andauern – ebendiese Bezeichnung sich wohl dermaßen im rumänischen alltäglichen Sprachgebrauch festgesetzt hat, dass sie kaum in nächster Zeit von dort wieder verschwinden wird und sie darum durchaus als die adäquateste erscheint.

Wie in der Einleitung bereits erörtert, besteht das Hauptziel dieser Arbeit darin, die Bedeutung der Revolution von 1989 für die rumänische Literatur herauszukristallisieren. Wenn man dabei erstere als einen Schnittpunkt, als eine Symmetrieachse betrachtet, stellen sich unweigerlich zwei Fragen, die, vereinfacht ausgedrückt, lauten:

- Durch welche Charakteristika zeichnete sich die rumänische Literatur vor 1989 aus?
- Wie hat sich das Literatursystem nach 1989 geändert?

Ziel dieses ersten Abschnitts soll sein, die erste dieser beiden Fragen zu beantworten, denn nur indem man sich die Probleme der rumänischen Literatur vor 1989 vergegenwärtigt, kann man verstehen, wie sich die Revolution darauf ausgewirkt hat. Nur indem man diesen Bezugsrahmen kennt, ist man auch in der Lage die Metamorphose der Literatur nach 1989 nachzuvollziehen. Hierbei sind vor allem zwei große Bereiche einer genaueren Prüfung zu unterziehen: die Zensur und das Exilphänomen.

Es ist offensichtlich, dass in einem repressiven System, wie das rumänische nach dem Zweiten Weltkrieg bis Dezember 1989 eines war, ein freies literarisches Schaffen nur bedingt existent sein konnte. Eben die Ursachen dieser Bedingtheit gilt es nun einer Analyse zu unterziehen, und zwar in ihren signifikantesten Manifestationen: Zensur und Exil. Während Zensur freies literarisches Schaffen aktiv behindert (indem Inhalte manipuliert, verboten, gekürzt oder sonstwie modifiziert werden), hat man es beim Exil mit einer passiven Behinderung zu tun: Der Autor kann zwar im Exil frei schreiben, die Rezeptionsmöglichkeit seines Tuns im Herkunftsland ist aber – und hier hängen Zensur und Exil unmittelbar zusammen – eingeschränkt und er hat mit den (später zu analysierenden) Problemen, die im Zusammenhang mit seiner Kondition als Exilant im Zusammenhang stehen, zu kämpfen.

Vorweg sei aber – nicht zuletzt um Missverständnisse zu vermeiden – eines gesagt: Freies kulturelles Schaffen während dem Kommunismus war , wenn auch nur im gewissen Teil, möglich und es gab auch welches[3]. Nicht alle Autoren wurden in ihrer ästhetischhen Freiheit eingeschränkt, nicht alle Bücher zensiert. Zensur und Exil sollen hier als die zwei größten Hindernisse dieses freien Schaffens verstanden werden; Hindernisse, deren Bedeutung als Repressionssysteme für die Literatur zu unterstreichen ist und deren Existenz eine literarische Normalität massiv behinderte.

Schriftsteller, die nicht gewillt waren dem kommunistischen Regime zu folgen und ihr Tun unter der Prämisse der kommunistisch-stalinistischen Doktrin zu stellen, sahen sich zwischen den Jahren 1947 und 1989 mehr oder weniger intensiven etatistischen Repressalien gegenüber gestellt, was zu diversen Verteidigungs-, Umgehungs-, aber auch Anpassungsreaktionen führte. Als kurz nach dem Krieg deutlich wurde, dass ein von der UdSSR unterstütztes kommunistisches Regime in Rumänien an die Macht kommen würde, konnte man bereits erahnen, dass die Aktivität als freier Schriftsteller sich in Zukunft wohl als schwierig gestalten dürfte. Wie wir nun sehen werden, kam es dann auch genau so. Allerdings haben wir es beispielsweise bei dem Problem der Zensur nicht mit einer kontinuierlichen Zunahme der Intensität selbiger zu tun, sondern eher mit einem schubweisen Auftreten. Auch die Zuflucht ins Exil verlief in Wellen, wobei verschiedene Destinationsorte und Motive bestimmten Perioden zuzuordnen sind. Doch zunächst soll das Zensurproblem einer genaueren Betrachtung unterzogen werden.

5.1 Der beschränkte Schriftsteller: Zensur

Im Duden ist unter dem Stichpunkt „Zensur“ Folgendes zu lesen: „[…] von zuständiger, bes. staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä. […]“[4] Wichtig ist aber auch, sich zu vergegenwärtigen was Zensur für den Schriftsteller persönlich bedeutete und dies kann man den Worten der Schriftstellerin Ana Blandiana entnehmen, wenn sie in einem Interview Folgendes dazu sagt:

„Da, deci, cărţile auf fost scoase din biblioteci. Incă în faţa casei noastre a apărut o maşină în care stătea în permanenţă cineva, nu intervenea, deci puteam să intrăm şi puteam să ieşim dar nimeni nu mai avea curajul să vină la noi. Iar noi nu ştiam ce face de fapt. Adică nici acum nu ştiu. Presupun că asculta […]. Parcă eram în pielea goală.“[5]

Viele rumänische Schriftsteller wurden während der hier untersuchten Zeitspanne zwischen 1947[6] und 1989 Opfer der kommunistischen Zensur. Sie hatten zum Teil massive Probleme ihre Werke – wenn überhaupt – ungekürzt zu veröffentlichen; wenn sie es dennoch taten, d.h. ohne staatliche Erlaubnis, drohten ihnen Repressalien ähnlich denen, die Blandiana beschreibt, Gefängnisstrafen[7] oder sogar die Todesstrafe. Die Intensität der kommunistischen Zensur war dabei in den verschiedenen Zeitperioden ab 1947 unterschiedlich stark ausgeprägt: Relativ (schein-)[8] liberalen Zeitspannen folgten Perioden, in denen massiver, konstanter Druck auf eine Vielzahl von regimekritischen Autoren ausgeübt wurde.

5.1.1 Wellen der Zensur zwischen 1947 und 1989

Das totalitäre Prinzip „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ wurde 1947 mit der Gründung der RPR Realität. Der Subordination aller sozialen Bereiche unter dem sozialistisch-kommunistischen Regime wurde mit der Errichtung des kommunistischen Staates maximale Priorität eingeräumt. Die Literatur wurde zum Instrument der sozialistischen Bewusstseinsbildung und sollte ihre einzige Daseinsberechtigung aus der Subordination unter der einzigen Doktrin, der der historischen und materiellen Dialektik, beziehen. Bereits 1946 veröffentlichte das Informationsministerium eine erste Liste mit 2000 verbotenen Publikationen, die in nur zwei Jahren auf über 8000 Titel anwuchs.

Den Beginn der Institutionalisierung der informationellen Kontrolle markiert der Monat Mai des Jahres 1949 als die DIRECŢIA GENERALĂ A PRESEI ŞI A TIPĂRITURILOR (DGPT)[9] gegründet wurde. Unter den wichtigsten Aufgaben dieses neu geschaffenen Organs gehörten die Autorisierung des Bücher- und Filmvertriebs, die Import-Export-Kontrolle von Druckerzeugnissen, sowie die Reglementierung des Verlags- und Buchvertriebswesens. Zudem musste jedes neu erscheinende Druckerzeugnis von ihm genehmigt werden, bevor es erscheinen konnte. Damit entstand durch die der PCR direkt unterstellten DGPT eine machtvolle Institution, deren Hauptzweck es war Zensur auszuüben. In dieser fundamentalistischen Phase bis 1950 „procesul de epurare iniţiat de autorităţile române ia amploare şi devine un tsunami nimicitor ce pustieşte literatura română.“[10]

Ab 1950 konnte man in einigen Bereichen Zeichen der Entspannung ausmachen. Eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem literarischen Erbe fand statt, die Partei begann damit einige ihrer vergangenen Fehler zu korrigieren und man konnte sich als Autor ein gewisses Niveau an Wagnis erlauben. Jedoch war dies mehr Schein als Sein, denn es wurden weiterhin Texte zerstückelt, um sie mit der stalinistisch-kommunistischen Doktrin kompatibel zu machen, was dazu geführt hat, dass „[î]n anii aceia teribili s-a pierdut capacitatea de reacţie la gândul că cineva poate maltrata fiinţa operei, că poate pătrunde brutal în intimitatea ei, că poate dispune de ea cum doreşte.“[11] In einem Entschluss des CONSILIUL DE MINIŞTRI AL REPUBLICII ROMÂNE (Ministerrat der Volksrepublik Rumänien) vom 23.02.1954 wurden die Befugnisse der DGPT nochmals erweitert: Zu ihren Aufgaben sollten nun ab sofort die inhaltliche Kontrolle von Zeitungen, Zeitschriften, Wochen- und Monatsschriften, Büchern, Broschüren und weiteren Druckerzeugnissen gehören, sowie von Radio- und Fernsehstationen und Verlagen. Dabei sollten diese Kontrollmaßnahmen laut Ministerbeschluss vor allem dem Zweck der Bewahrung von Staatsgeheimnissen, sowie der politischen Kontrolle über alle Materialien mit Propagandacharakter haben[12].

Die Zensur schlug folglich bereits mit der Gründung der RSR voll ein. So wurden in der kurzen Zeitspanne zwischen September 1949 und Januar 1950 bereits 1411 Zeitungsartikel zensiert, wovon ironischerweise die Zeitschrift Adevărul – die Wahrheit – mit den meisten Verboten zu kämpfen hatte[13]. In den Folgejahren weitete sich die Macht der DGPT weiter kontinuierlich aus. Das Ausmaß dessen, wie weit die PCR zu gehen bereit war, kann man sich vergegenwärtigen, indem man sich die Tatsache vor Augen führt, dass man bereits 1952 damit angefangen hat die Unterhaltungen von Museumsbesuchern aufzunehmen, um sie auf ihre ideologische Sauberkeit hin zu überprüfen[14]. Die durch die Zensur bedingte „Verarmung des Wortes“[15] beschreibt der Autor Bogdan Ficeac folgendermaßen:

„Cuvântul scris trebuia să se supună necondiţionat unor canoane impuse de propagandă şi, mai ales, urma să fixeze verbul într-un clişeu sărac, lipsit de bogăţia limbii române, uşor de asimilat mai ales prin repetiţie obsedantă.“[16]

Während sich die Zensur bis Mitte der sechziger Jahre durch ein hohes Maß an Repression auszeichnete (weshalb diese Zeit auch als deceniul obsedant – das quälende Jahrzehnt bekannt ist), war die Zensur in der Phase der „kleinen Liberalisierung“ (auch als „Bukarester Tauwetter“ bekannt) zwischen 1964 und 1971 durch eine relative „Durchlässigkeit“[17] gekennzeichnet. Mit der Machtergreifung Nicolae Ceauşescus im März 1965 zeichnete sich die Periode des von ihm geprägten und im gesamten Ostblock einzigartigen Konzepts des Nationalkommunismus[18] ab, sowie der extreme Personenkult um ihn. Eine große Euphorie, die Freilassung aller politischen Gefangenen, sowie andere liberale Maßnahmen begleiteten dieses Kommen an die Macht. Die Vorgehensweisen des Zensurapparats änderten sich v.a. bei historischer Literatur: Man durfte nun freier über historische Ereignisse und Persönlichkeiten schreiben und die Anzahl der von der Zensur genehmigten historischen Schriften wuchs zwischen 1966 und 1972 spürbar an[19]. Die Hoffnung und Euphorie bei der Machtergreifung Ceauşescus, ein großes Übersetzungsprogramm der Verlage, eine Zunahme an Veröffentlichungen, dezentralisierende und deinstitutionalisierende Bestrebungen und eine Revalorisierung der Klassiker gaben Anlass zur Hoffnung. Auch einzelne regimekritische Werke wie beispielsweise Leul Albastru (Der blaue Löwe) von Radu Popescu konnten erscheinen. Allerdings konnte dies nur solange geschehen, wie man sich erstens innerhalb eines festgesetzten, von der PCR bestimmten Rahmens bewegte und zweitens das neue Dogma des nationalen Kommunismus befolgte. Diese relative Liberalisierung wurde begleitet von einer Abkehr vom Politischen und der Vermeidung von kontroversen Publikationen, gefolgt von einer Hinwendung zur Fantastik und der Erprobung neuer Formen und Stile.

Anfang der siebziger Jahre allerdings schwingte das Pendel wieder zurück: Ceauşescu kehrte nach seinem China- und Nordkoreabesuch 1971 völlig begeistert über die dortigen Zustände zurück und setzte in seinen sog. „Aprilthesen“ die Prioritäten fortan auf eine Reindoktrination und auf das Primat der Politik über dem Ästhetischen. Zunehmende Restriktionen wurden nun wieder in allen Bereichen sichtbar. Eva Behring bemerkt zu dieser Zeitperiode, dass „tiefe Brüche in den Schriftstellerbiographien […] der sichtbarste Ausdruck dafür [waren], daß das Pendel zwischen halbherziger Liberalisierung (gemeint ist die zweite Hälfte der sechziger Jahre, Anm. d. Verf.) und staatsdirigistischem Eingreifen immer konsequenter zugunsten der Sicherung totalitären Herrschaftsanspruches ausschlug.“[20] Die gesamte kulturelle Atmosphäre des ceauşistisch-nationalistischen Zeit war auf eine Ideologisierung der Vergangenheit ausgerichtet, was bei den Autoren zu einer Spaltung geführt hat: die einen gaben sich nicht damit ab und flüchteten in die Poesie und in die Metapher (dazu später mehr), die anderen formierten sich zu einer proceauşistischen, aggressiven Gruppierung und trugen durch diese Kollaboration zu einer von der Führung gewollten triumphalistischen Vision eines nationalen Epos bei, die mit dem Nationalkommunismus im Einklang stehen sollte.

Die Jahre 1976/77 markieren einen weiteren wichtigen Zeitpunkt in der rumänischen Zensurgeschichte. Mit dem Auftreten einer Bürgerrechtsbewegung um Paul Goma, sowie mit dem Beginn einer vom damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter initiierten internationalen Menschenrechtsdebatte sah sich die PCR Ende 1976 gezwungen das seit 1971 herrschende kulturfeindliche Klima zu entschärfen. Jedoch handelte es sich bei diesen Lockerungen von 1977 lediglich um taktisch bedingte Zugeständnisse, die unter anderem das Ziel hatten eine Solidarisierung mit den Bürgerrechtlern zu verhindern[21]. Es fand ein Transfer von Zensurbefugnissen hin zu den Autoren selbst statt, was allerdings zu einer strengeren Selbstzensur, sowie zu einem „engmaschigen System kollektiver Vorzensur“[22] führte.

Im Jahr 1980 gab Nicolae Ceauşescu auf einem Schriftstellerkongress bekannt, dass in Rumänien nun ein Niveau an Freiheit erreicht worden sei, das es möglich mache die Zensur ganz abzuschaffen. Wie die Schriftstellerin Ana Blandiana aber bemerkt, wurde die Zensur ab diesem Zeitpunkt nicht nur noch intensiver, sondern auch „mysteriöser“[23], und zwar weil man nicht mehr wusste, wo sich ihre einzelnen Schnittstellen befanden und auch weil die Autoren in einer Aura der Ungewissheit ihre Werke verfassen mussten. Dies geschah deshalb, weil sie nicht mehr so genau wie vorher ahnen konnten, ob es an ihnen ideologisch etwas zu monieren gab oder nicht. Schriftsteller, die es bis dato gewagt hatten sich mehr oder weniger gegen Ceauşescu zu stellen (wie zum Beispiel Ana Blandiana, Paul Goma, Nina Cassian oder Norman Manea) waren nun gezwungen das Land zu verlassen oder in den Untergrund zu gehen.

Ab 1984 fand wieder offener Druck auf die Literatur statt, begleitet von einer drastischen Verschlechterung der schriftstellerischen Freiheit. Diese dauerte schließlich bis 1989 an. Die letzten Jahre des Ceauşescu-Regimes „führten bei der Bevölkerung und entsprechend auch bei den Schriftstellern zu einem Verzweiflungszustand, der seinen Ausdruck in einem Bild vom Absurden, das unsere Existenz bestimmt, von bedrückenden geheimen Kräften, die hinter unverständlichen Vorgängen walten, findet.“[24]

5.1.2 „Pakt mit dem Teufel“ oder Widerstand? Methoden des Umgangs mit Zensur

Nachdem die Intensivität der Zensur in der hier relevanten Zeitspanne untersucht wurde, soll es nun um die Frage nach dem Umgang der Schriftsteller mit repressiven Maßnahmen gehen. Welche Möglichkeiten hatte man als Autor, um auf Zensur zu reagieren? Welche Folgen zog Zensur nach sich und in welcher Form manifestierten sich diese?

Zunächst ist es wohl am offensichtlichsten, dass der durch Zensur bedrängte Autor versuchen konnte diese zu umgehen. Er konnte dies beispielsweise dadurch erreichen, indem er sich vom politischen Schreiben distanzierte und sich der fantastischen Prosa oder der Poesie widmete. Indem der Autor apolitisch wurde, wurde es ihm möglich freier zu schreiben. Der Schriftsteller Mircea Cărtărescu bemerkt dazu:

„Noi am fost nişte copii în perioada ceauşistă, eram atît de înebuniţi de literatură, încât politica nu ne înteresa. […] Pe vremea comunismului, era un merit să fi apolitic – însemna că nu aveai nici o legătură cu politica partidului. Noi ne bucuram să fim apolitici.“[25]

Schriftsteller, die diesen Bruch zwischen Politik und Literatur – sozusagen in einer „libération individuelle“[26] – vollzogen haben, waren beispielsweise der Philosoph, Essayist und Schriftsteller Gabriel Liiceanu oder Andrei Pleşu und andere Mitglieder aus der sogenannten „Schule von Păltinişi“. Diejenigen Autoren, die sich der Poesie widmeten, konnten nach Ana Blandiana nicht zensiert werden und zwar deshalb nicht, weil die Definition von Poesie eine Zensur nicht zulässt:

„[P]oezia era ca nişte plămâni, prin care respirau şi ceilalţi, şi asta pentru că poezia conţine în definiţia ei metafora […]. Metafora este o comparaţie căreia îi lipseşte un termen. Acest termen era inventat de cititori deci poezia se realiza, nu putea fi cenzurată de fapt, pentru că, jumătate era adaugat de ceea ce înţelegea cititorul.“[27]

Staatliche Zensur konnte auch dazu führen, dass sich der Schriftsteller selbst zensiert. Dieses als innere Zensur bezeichnete Phänomen trat eben gerade deshalb auf, weil der Autor Angst hatte zensiert zu werden. Infolgedessen kam er dem zensierenden Organ zuvor und beschränkte sich selbst in seinem Schreiben. Der Autor, der sich selbst zensierte war ein Autor, der – und zwar bevor er schrieb – schon wusste worüber er schreiben konnte und worüber nicht.

Viele Autoren haben auch durch das Meiden der Öffentlichkeit versucht die Zensur zu umgehen. Indem sie öffentlichen Auftritten fern blieben, war es ihnen möglich eine Kollision mit dem zensierenden Mechanismus zu verhindern. Zahlreiche Schriftsteller betätigten sich während der kommunistischen Zeit aus dem Untergrund heraus und vertrieben ihre Werke „unter der Hand“. Selbstverständlich war dies unweigerlich mit einem höheren Risiko verbunden und nicht wenige unter ihnen wurden aufgespürt und zur Rechenschaft gezogen[28].

Die kommunistische Zensur führte auch zu einem Dillema: Der Schriftsteller musste sich entscheiden zwischen einem Konformgehen mit der staatlichen Doktrin, einem „Pakt mit dem Teufel“[29], oder Repression[30]. Diese „unmögliche Alternative“[31] beschreibt der Schriftsteller George Pruteanu folgendermaßen: „Mie mi-era atunci pur şi simplu, foame…Opţiunea e numai: supravieţuie fizică sau compromisul.“[32] Viele haben diesen Kompromiss nicht gemacht und haben aufgehört zu publizieren. Diejenigen, die ihn gemacht haben, kamen zwar dadurch zu Geld und Prestige; nach 1989 allerdings mussten sie mit der „Bürde der Schuld“[33] kämpfen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde[34].

Zudem bestand für den Autor auch die Möglichkeit ins Mündliche zu wechseln. Man schrieb nicht mehr, sondern benutzte die gesprochene Sprache als Mittel, um die Zensur zu umgehen. Diese Flucht in die Oralität wird von Andrei Pleşu als eine „formă acrobatică de supravieţuire“[35] (akrobatische Form des Überlebens) bezeichnet, deren Bedeutung als „mediu privilegiat al libertăţii, al comunicării necenzurabile“[36] zu unterstreichen ist.

Neben dieser Mündlichkeit sah sich der Intellektuelle[37] gezwungen sein Überleben durch die Kombination von verschiedenen Überlebensstrategien aus gut kalkulierter Unterwerfung, auf sich selbst limitierter Kritik, taktischer Erschaffung einer gewissen Bedeutungslosigkeit und einer intelligenten Nutzung der eigenen Möglichkeiten zu sichern[38].

Viele Autoren entschlossen sich aufgrund der ausgeübten Zensur ihre Werke erst gar nicht zu publizieren, was nach 1989 zu einer Welle von Veröffentlichungen von sog. „Schubladenliteratur“ führte. Größte Produzenten solcher Literatur waren diejenigen Schriftsteller, die erstens in Rumänien blieben und zweitens besonders viele regimekritische Werke verfassten. Allerdings ist die Bedeutung der literatură de sertar (Schubladenliteratur) innerhalb der rumänischen Literaturkritik strittig, da man sich über die Anzahl der nach 1989 veröffentlichten Bücher teilweise noch uneins ist[39].

Umgehung, Gattungswechsel, Selbstzensur, Anonymität, Konformisierung, Radikalisierung, Oralität und Nichtveröffentlichung: das waren für dir rumänischen Autoren die wichtigsten Methoden und Möglichkeiten, um auf Zensur zu reagieren. Wie wir bald sehen werden blieben auch nach 1989 noch innere Spuren dieser Verhaltensweisen erhalten, die zum Teil noch bis heute wirken.

5.1.3 Positive Aspekte der Zensur

Zensur nur als negatives Phänomen zu betrachten wäre jedoch zu kurz gegriffen, denn trotz allen offensichtlichen Nachteilen, die diese mit sich bringt, kann sie doch einige positive Aspekte in sich bergen, die es nun kurz zu durchleuchten gilt.

Die kommunistische Zensur hat in vielen Fällen dazu beigetragen den Bekanntheitsgrad eines Autors zu steigern. Der „Reiz des Verbotenen“, der durch das Zensieren entstand, hat zahlreiche Schriftsteller in Rumänien erst richtig bekannt gemacht. So beispielsweise der Fall bei Ana Blandiana, die, wie sie sagt, bevor sie als Schriftstellerin bekannt wurde, erst als verbotene Schriftstellerin bekannt wurde[40].

Auf Ana Blandianas weiter oben besprochener These, dass Poesie unzensierbar sei, baut ein weiteres Argument auf, das für eine Einschränkung des Einflussbereiches der Zensur spricht. Die Unzensierbarkeit von Poesie führte nämlich dazu, dass Autoren von Gedichten während dem Kommunismus zu so etwas wie Rock-Stars wurden. Da es in der totalitären Gesellschaft so gut wie unmöglich war offen zu sprechen bzw. zu publizieren, schuf man sich durch die „Flucht in die Poesie“ sozusagen einen Ventil, einen Ersatz für Religion, Geschichte und für viele andere Themengebiete, über die man öffentlich – und zum Teil aus Angst auch privat – nicht frei debattieren konnte. Diese Bereiche schafften es „durch den Sieb der Metapher zu fließen“[41], ihre Kodifizierung durch die Poesie schützte sie gleichzeitig vor Zensur. Auch entstanden dadurch eine „subtilité de langage et une richesse de forme remarquables“[42]. Der Mangel an Freiheit wurde durch die Poesie zum Teil rekompensiert, was die gesellschaftliche Rolle des Poeten als Sprachrohr steigerte. Und „în acest sens, dacă se poate spune aşa, cenzura a favorizat paradoxal, ea care era înfinţată doar ca să interzică contactul poetului cu cititorii de fapt a favorizat.“[43]

Ein vom Stefan Heym (Schriftsteller aus der ehem. DDR) angeführtes Argument ist die Behauptung, dass Zensur das Gewicht des Wortes steigert: Das Wort eines zensierten Schriftstellers zähle mehr als das eines freien, denn während letzterer schreiben kann was immer er will und der praktische Effekt seines Schaffens mangels Interesse einer übersättigten Leserschaft verschwinden gering ist, ist der zensierte Schriftsteller widrigeren Umständen ausgesetzt, so dass sein Wort mehr Bedeutung hat oder verdient als das seines Westkollegen.[44]

Zensur konnte auch zum Gegenteil dessen führen, was ursprünglich ihr Zweck war. Wie Andrei Pleşu bemerkt, trägt die „probabilitatea redusă a unei vieţi intelectuale normale face ca forţa ei de irumpere, capacitatea ei de a profita de toate fisurile sistemului să fie enorme.“[45] Durch die Zensur wurden die Schriftsteller gezwungen nach Mittel und Wegen für ihr Überleben zu suchen und infolgedessen konnte die Literatur zu einer „Variante des Überlebens“ werden, zu einem „gestohlenen Sauerstoff“ wie Gabriel Liiceanu es audrückt[46]. Die Schriftsteller wurden durch den Zwang der Zensur widerstandsfähiger, robuster und konnten sich besser an neue Situationen anpassen. Sie konnten dadurch auch ihre Kreativität steigern, was man als allgemeines Phänomen ebenfalls in zahlreichen anderen Ländern beobachten konnte[47]. Die Umgehung der Zensur förderte die Kreativität und der Widerstand gegen sie die Resistenz, den Durchhaltewillen der Zensierten.

5.2 Der unerwünschte Schriftsteller: Das Exilphänomen

Auf kulturelle Zwänge und Einschränkungen der künstlerischen Freiheit reagieren kann man auch dadurch, indem man den „Ort des Geschehens“ schlicht und einfach verlässt. Der unerwünschte Schriftsteller, der die Unterdrückung in einem totalitären System nicht mehr aushalten kann oder will, geht entweder von sich aus ins Exil oder wird dazu gezwungen. Man konnte dieses Phänomen in der Geschichte bisher bei fast allen Gesellschaften beobachten, die ihren Kulturschaffenden ein freies Agieren unmöglich gemacht haben; so beispielsweise im Dritten Reich oder in heutigen repressiven Systemen wie dem Iran oder Nordkorea.

Das alltägliche Leben, die Integration und das Knüpfen von Beziehungen im Gastland erwiesen sich, wie wir noch sehen werden, für viele rumänische Exilautoren oft als problematisch. Das Mythos Exil ist kein einheitliches Konstrukt, sondern muss aus einem differenzierten Blickwinkel betrachtet werden: Welche Exilantenströme gab es und in welchen Perioden und Intervallen fanden diese statt? Welche Metamorphose mussten die Exilautoren im Gastland durchlaufen? Wie veränderte sich ihre Beziehung zu Rumänien dadurch? Diese und andere Fragen gilt es in vorliegendem Kapitel zu beantworten, denn nur indem man dies tut, wird es möglich die Reintegration nach 1989 zu verstehen.

5.2.1 Kurze Typologie der Exilantenströme nach dem Zweiten Weltkrieg

Der Anteil der rumänischen Schriftsteller, die während der kommunistischen Zeit ins Exil gegangen sind, war höher als in jedem anderen osteuropäischen Land. Die öffentliche Erschließung der im Exil entstandenen rumänischen Literatur konnte ab 1989 beginnen. Obwohl die statistischen Quellen oftmals Lücken aufweisen, macht Laurenţiu Ulici den Anteil der Exilschriftsteller zwischen 1945 und 1989 auf 12 Prozent aus[48]. Dabei stieg die Zahl der Exilanten im hier betrachteten Zeitraum – von ein paar Ausnahmen abgesehen – kontinuierlich an: Während von 1945 bis 1949 50 Schriftsteller das Land verlassen haben, waren es laut Ulici zwischen 1975 und 1989 bereits 200[49].

Die erste Welle an Exilanten lässt sich in den vierziger und fünfziger Jahren ausmachen. Während dieser Zeit waren es zum einen monarchistisch gesinnte Autoren und zum anderen solche, die mit dem seit 1940 bestehenden faschistischen Regime von Marschall Ion Antonescu sympatisierten, die das Land verlassen haben. Als Antonescu im Sommer 1944 gestürzt wurde und sich abzeichnete, dass Rumänien kommunistisch[50] werden würde, beschlossen viele dieser Autoren das Land zu verlassen. Zu den bekanntesten unter diesen ersten Exilanten nach dem Krieg gehörten Mircea Eliade, Pamfil Şeicaru und Vintilă Horia[51]. Der Großteil unter ihnen fand damals in Madrid und Paris Zuflucht.

In den sechziger und siebziger Jahren kann man von einer homogenen Exilgruppe hingegen nicht mehr sprechen, denn bei den Flüchtlingen aus dieser Zeitperiode handelte es sich um Schriftsteller mit sehr individuellen ethischen, poetologischen und ästhetischen Überzeugungen. Die Freilassung einer großen Zahl von Schriftstellern und das gelockerte kulturpolitische Klima ab Mitte der sechziger Jahre (in Punkt 2.1.1. bereits besprochen), die demonstrative Absage Ceauşescus an die Sowjetunion durch seine Weigerung 1968 in Prag einzumarschieren und die allgemeine Euphorie nach seinem Machtantritt 1965 führten dazu, dass eine große Zahl an Schriftstellern hoffnungsvoll in die Zukunft blicken konnte. Deshalb blieben während dieser Zeit zunächst auch viele im Land.

1971 jedoch nahm der ideologische Druck wieder zu und zwar nachdem Ceauşescu nach seiner China-Reise die sogenannte kleine Kulturrevolution ausrief. Zu den über die vermeintlichen Auflockerungen enttäuschten Schriftsteller, die darauf hin das Land verlassen haben gehörten u.a. Dumitru Ţepeneag, der Dichter Ilie Constantin, Matei Călinescu und Sorin Alexandrescu[52]. Neben Paris waren diesmal die USA eines der wichtigsten Destinationsorte.

Die achtziger Jahre stellen schließlich die letzte Welle kulturpolitisch bedingter Auswanderung dar. Die krasse Radikalisierung des repressiven Apparats[53] v.a. in den letzten fünf Jahren der kommunistischen Herrschaft zwang haufenweise Autoren dazu das Land zu verlassen. Eva Behring bemerkt zu dieser Periode, dass „die tiefen Wunden dieser Jahre der Entwürdigung durch eine menschenverachtende, brutal erzwungene Anpassung und Erduldung, die stetige Angst vor der letzten Konsequenz physischer Bedrohung wohl der entscheidene Antrieb für einen letzten großen Auswanderungsschub [war.]“[54] Zu den bekanntesten Exilanten dieser Zeit gehörten Ion Craion, Alexandru Papilian, Dorin Tudoran und Matei Vişniec.

[...]


[1] Bezeichnenderweise lautet der Titel der neuen rumänischen Nationalhymne, die sofort nach der Revolution eingeführt wurde, Deşteaptă-te române (Wach auf, Rumäne)…

[2] So die Bezeichnung des Schriftstellers Mircea Cărtărescu in einem kürzlich veröffentlichten Interview in der NZZ-Onlineausgabe. Abrufbar unter: http://ww­w.nzz.ch/nac­hrichten/kult­ur/literatur_und_kunst/dem_gefaengnis_entkom­men_1.685259.html (Zugriff 19.05.2008).

[3] Mircea Cărtărescu, einer der größten Verfechter dieser These, behauptet beispielsweise, dass die rumänische Poesie während dem Kommunismus den gleichen Grad an ästhetischer Freiheit wie die des Westens hatte. Vgl, Cărtărescu (2007), S. 202f. Aurel Pantea jedoch verneinte vehement in meinem Gespräch mit ihm diese Behauptung.

[4] Duden 5. Das Fremdwörterbuch, 7. Auflage, CD-ROM-Ausgabe, Mannheim 2001.

[5] („Nun, die Bücher wurden aus den Bibliotheken entfernt. Vor unserem Haus erschien ein Auto, in dem sich ständig jemand befand. Er intervenierte nicht, wir konnten also ein und ausgehen, sooft wir wollten aber niemand hatte ab da mehr den Mut uns besuchen zu kommen. Und wir selbst wussten nicht, was die Person im Auto eigentlich macht. Also, ich weiß es heute noch nicht. Ich nehme an er hat gelauscht […]. Es war als wäre ich nackt.“), http://linguaromana.byu.edu/blandiana.html (Zugriff 31.03.2008). Siehe auch den hervorragenden Essay von Felix Ostrovschi dazu unter http://bcu.ubbcluj.r­o­­/­­bibliorev/arhiva/nr­14/carte2.html (Zugriff 10.06.2008).

[6] 1947 wurde die RPR gegründet (später in RSR – REPUBLICA SOCIALISTĂ ROMÂNIA (Sozialistische Republik Rumänien) umbenannt), was zugleich den offiziellen Beginn der kommunistischen Herrschaft markiert. Schon am 23.08.1944 führte jedoch die sowjetische Besatzungsmacht in Rumänien mit dem Ziel einer ideologischen Blockade, sowie einer politisch-teritoriellen Isolation die offizielle Zensur ein. Vgl. http://www.jsri.ro/o-ld/html%20version/ind­ex/no_5/ciprianlupse-recenzie.htm (Zugriff 11.06.2008).

[7] Einer der wohl prominentesten Opfer der kommunistischen Zensur war der Schriftsteller und Essayist Paul Goma, der während der kommunistischen Zeit mehrere Male im Gefängnis sitzen musste. Vgl. Gabanyi (1977).

[8] So wurde z.B. zu Beginn der achtziger Jahre die Zensur von staatlicher Seite offiziell abgeschafft, was jedoch keineswegs zu einer Liberalisierung führte, sondern, ganz im Gegenteil, zu einer Verschärfung der Lage. Dazu später mehr.

[9] Das Dekret 214/1949, mit dem die DGPT gegründet wurde, ist in voller Länge zu lesen in: Ficeac (1999), S. 39f. Zudem finden sich in selbiger Quelle in den Folgeseiten weitere wichtige Dekrete und Dokumente, die mit der Gründung der DGPT in direktem Zusammenhang stehen.

[10] („gewinnt der von der kommunistischen Führung initiierte Säuberungsprozess an Schwung und wird zu einem vernichtenden Tsunami, der die rumänische Literatur verwüstet.“), Negrici (2008), S. 246.

[11] („in diesen schrecklichen Jahre das Vermögen verloren gegangen ist auf dem Gedanken zu reagieren, dass jemand das Wesen eines Werks malträtieren kann, dass er dazu im Stande ist in ihre Intimität einzubrechen, dass er über sie frei verfügen kann.“), ebenda, S. 249.

[12] Vgl. Ficeac (1999), S. 34f, sowie weiterführend zur Aktivität der DGPT Zainea (2006), S. 10-16.

[13] Vgl. Ficeac (1999), S. 57.

[14] Ebenda, S. 89f.

[15] Ebenda, S. 113.

[16] („Das geschriebene Wort musste sich einem bedingungslosen Kanon unterwefen, welcher durch die Propaganda bestimmt wurde. Es fixierte infolgedessen das Verb in einem armseligen Klischee, bar jeglichen Reichtums der rumänischen Sprache, leicht assimilierbar durch eine ständige, plagende Wiederholung.“), ebenda, S. 113.

[17] Vgl. Zainea (2006), S. 9, sowie Mocanu (2001), S. 38. Der Höhepunkt dieser Durchlässigkeit war 1968.

[18] Die Einzigartigkeit Rumäniens innerhalb der kommunistischen Staaten wird hier in den Vordergrund gestellt und nationalistische Werte und Symbole gewinnen eine neue, wichtigere Bedeutung. Ceauşescu betonte vor allem die historische Kontinuität Rumäniens als Jahrtausende altes Land und begann sich zunehmend von der UdSSR zu distanzieren, was ihm im Westen zunehmend zu Sympathie verhalf, die in der Nichtbeteiligung Rumäniens an der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 gipfelte. Vgl. dazu King (1980), S. 120-134, Siegert (1973), S. 189-193, Tismăneanu (2004), S. 40-43.

[19] Vgl. Zainea (2006), S. 17.

[20] Behring (1994), S. 286.

[21] Vgl. Gabanyi (1977).

[22] Ebenda, S. 1046.

[23] Vgl. http://linguaromana.byu.edu/blandiana.html (Zugriff 31.03.2008)

[24] Anghelescu (2000), S. 203.

[25] („Wir sind wie Kinder gewesen während der kommunistischen Zeit, wir waren so verrückt nach Literatur, dass uns die Politik nicht interessierte. […] In der kommunistischen Zeit war es wie ein Verdienst apolitisch zu sein – es bedeutete, dass man keine Verbindung mit der Parteipolitik hatte. Wir freuten uns apolitisch zu sein.“), http://www.observatorcultural.ro/S­tiu-mai-bine-ce-vreau-si-ce-nu-v­reau-de-la-literatura.-Interviu-cu-Mircea-CARTARESCU­*art­­icleID_15043-articles_details.html (Zugriff 31.03.2008)

[26] Stoiciu (1996), S. 63.

[27] („Die Poesie war wie eine Lunge, durch die auch die Anderen atmeten und zwar weil die Poesie in ihrer Definition die Metapher beinhaltet. Die Metapher ist ein Vergleich, dem eine Bezeichnung fehlt. Diese Bezeichnung wurde von den Lesern erfunden. So wurde die Poe-sie geschaffen, sie konnte eigentlich nicht zensiert werden, weil die Hälfte ihres Inhalts vom interessierten Leser hinzugefügt wurde.“) http://linguaromana.byu.edu/blandiana.html (Zugriff 31.03.2008), Vgl. auch Gerdes (2007), S. 200.

[28] Das prominenteste Beispiel dafür ist Paul Goma.

[29] Anghelescu (2000), S. 207. Weiterführend zur Verstrickung der rumänischen Schriftsteller in den Stalinismus siehe Niţescu (1995).

[30] Botez allerdings sieht dieses Dillema als zu simplifizierend an und benutzt als Argument die Tatsache, dass die Akzeptanz des kommunistischen Vertrages durch einen Schriftsteller nicht automatisch auch bedeuten musste, dass dieser nun auch zum „Höfling“ werden musste. Durch die Kombination von verschiedenen Überlebensstrategien soll es ihm trotzdem möglich gewesen sein autark zu bleiben. Vgl. Botez (1993), S. 52f.

[31] Ebenda. Stoiciu (1996) vergleicht diese sogar mit einer Schitzophrenie: „Les pratiques culturelles de l’intellectuel à l’intérieur du système communiste se déroulainet dans un contexte de double contrainte qui menait à un comportement schizophrénique, ou tout au moins à un dédoublement.“, S. 60.

[32] („Ich hatte damals schlicht und einfach Hunger…die Alternative war nur physisches Überle-ben oder Kompromiss.“), Pruteanu (1996), S. 52.

[33] Ebenda, S. 208.

[34] Zu den bekanntesten unter diesen sog. „Höfligen“ und Kollaboranten zählten die Autoren Mihai Sadoveanu, Marin Preda, Nichita Stănescu, Paul Everac und Marin Sorescu. Jedoch – und das muss man fairnesshalber sagen – waren nicht alle von ihnen überzeugte Kommunisten, sondern konnten lediglich, bedingt durch die Tatsache, dass sie zu einer gewissen Reputation gelangt waren, freier veröffentlichen als andere.

[35] Pleşu (1996), S. 370.

[36] („ein priviligiertes Medium der Freiheit, der unzensierten Kommunikation“), ebenda, S. 369.

[37] Eine Definition der Besonderheit eines osteuropäischen Intellektuellen findet sich in Stoiciu (1996), S. 59f, wo es heißt: „Alors qu’en Occident, depuis »l’affaire Dreyfus«, l’intellectuel est considéré comme le »défenseur de la vérité«, dans les pays communistes la définition première d’un intellectuel, telle que l’ont comprise des dissidents comme Soljenitsyne, Havel, Michnik, Goma et d’autres, était d’échapper au mensonge officiel, de vivre dans la vérité, donc de survivre moralement.“. Und weiter: „Être intellectuel en Roumanie signifie principalement deux choses: être producteur de culture et s’engager dans le débat sur la question nationale.“, S 63.

[38] Vgl. Botez (1993), S. 52f.

[39] Vgl. Ungheanu (1996), S. 245-248. Obwohl es lt. ihm keine „Explosion der Manuskripte“ gab, als dies nach 1989 möglich war, stellt er die Existenz von Schubladenliteratur zwar nicht in Frage, plädiert aber dafür, das „Mythos Schublade“ in seinen realen Daten zu betrachten. Leider finden sich in seiner Abhandlung nur wenige Beispiele zu einzelnen Veröfentlichungen von Schubladenliteratur. Auch habe ich in den zahlreichen Gesprächen zu dieser Arbeit sehr divergierende Meinungen zu diesem Thema vernehmen müssen.

[40] Vgl. http://linguaromana.byu.edu/blandiana.html (Zugriff 31.03.2008).

[41] (Dt. Übersetzung sinngemäß, rum.: „să se strecoare prin metaforă“), ebenda.

[42] Stoiciu (1996), S. 70.

[43] („in diesem Sinne wirkte sich die Zensur, wenn man es so sagen kann, positiv aus. Sie, die nur dazu geschaffen wurde, um dem Schriftsteller den Kontakt zu seinen Lesern zu verbieten, hat sich eigentlich positiv ausgewirkt.“), ebenda.

[44] Vgl. Pleşu (1996), S. 365f. Pleşu führt dagegen an, dass die Linearität von Hymns Argumentation diskutabel sei und zwar deshalb, weil sie zu einem Zirkelschluss führe: Gibt es Zensur, weil man dem Wort viel Bedeutung beimisst oder wird dem Wort gerade wegen der Zensur mehr Bedeutung beigemessen?

[45] („beschränkte Wahrscheinlichkeit eines normalen intellektuellen Lebens dazu bei, dass die Ausstrahlungskraft letzterer und ihre Kapazität von allen Unzulänglichkeiten des Systems zu profitieren enorm sind.“), Pleşu (1996), S. 367.

[46] (aus dem Rum. übersetzt), Liiceanu (1991), S. 6.

[47] So zum Beispiel in Spanien während der Franco-Diktatur.

[48] Ulici (1994).

[49] Ebenda.

[50] Bereits die am 6. März 1945 gebildete Koalitionsregierung unter Dr. Petru Groza war kommunistisch dominiert.

[51] Weitere bekannte Exilanten dieser Zeitperiode sind aufgelistet in Behring (2002), S. 21-26.

[52] Vgl. ebenda, S. 28-32.

[53] Die Paranoia Ceauşescus ging soweit, dass es per Dekret Nr. 21 vom 30.03.1983 Privatpersonen verboten wurde Kopiergeräte zu besitzen bzw. Verfielfältigungen ohne Genehmigung anzufertigen. Zudem durften Bürger, die eine Straftat begangen hatten oder „wegen ihrer Haltung eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit des Staates darstellten“ weder eine Schreibmaschine besitzen noch ausleihen. Vgl. Paupescu (1987).

[54] Behring (2002), S. 33f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836635431
DOI
10.3239/9783836635431
Dateigröße
707 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Philosophische Fakultät, Kulturwirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
2,0
Schlagworte
rumänien literatur revolution zensur
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Titel: Die Befreiung der Bücher
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