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Modelle zur Entwicklung von Flughandbüchern und Flugerprobungsprogrammen zur Unterstützung des Zulassungsprozesses von Eigenbauflugzeugen (Kitplanes)

©2009 Diplomarbeit 198 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Traum vom Fliegen fasziniert die Menschheit seit vielen Jahrhunderten. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte die rasante Entwicklung in der modernen Luftfahrt immer mehr Menschen die aktive Teilnahme am Luftverkehr. Neben steigenden Passagierzahlen im kommerziellen Luftverkehr verzeichnete auch die allgemeine Luftfahrt einen starken Zuwachs. In den USA stieg z.B. die Zahl der Flugzeugführer mit einer Lizenz für Privatpiloten im Zeitraum von 1956 bis 1980 von 97000 auf mehr als 350000 an. Mit der stetigen Expansion der Luftfahrt wuchsen aber auch die Anforderungen an die Flugzeuge hinsichtlich Größe, Komfort, Leistung und Flugsicherheit. Die damit verbundene steigende technische Komplexität der Flugzeugneuentwicklungen resultierte für Flugzeughersteller in erheblich längeren und kostenintensiveren Entwicklungszeiten, um eine Luftverkehrszulassung für ihre Flugzeugmuster zu erreichen. Diese Entwicklung und die gleichzeitig stattfindenden Erweiterungen in der Produkthaftung führten Anfang der 1980er Jahre in den USA zu einem drastischen Rückgang im kommerziellen Angebot von Kleinflugzeugen auf dem amerikanischen Markt. Viele etablierte Flugzeughersteller stoppten ihre Neuentwicklungen aus Kostengründen, neue Firmen sahen keine wirtschaftlichen Entwicklungschancen für Kleinflugzeuge mit Musterzulassung.
Um weiterhin die Nachfrage nach Kleinflugzeugen zu decken, entwickelte sich als Alternative zu Herstellerflugzeugen mit Musterzulassung ein neues Marktsegment im Flugzeugbau: Kleinflugzeuge als vorgefertigte Bausätze, die sogenannten ‘Homebuilt Kitplanes’, die direkt an den Nutzer, den Piloten, der ein eigenes Flugzeug besitzen möchte, zur Fertigstellung in Eigenleistung verkauft wurden. (Anmerkung: Jede Person, die genügend technisches und handwerkliches Verständnis nachweist, darf einen Luftfahrzeugbausatz in der eigenen Werkstatt oder Garage selbstständig unter Betreuung eines Gutachters bauen.) Dieser neue Markt wuchs in den USA bis 2006 auf eine Anzahl von ca. 25000 Flugzeugbausätzen, die bei der amerikanischen Luftfahrtbehörde, der Federal Aviation Authority (FAA), registriert sind. Die Experimental Aircraft Association (EAA) spricht als Dachverband der US amerikanischen Amateurflugzeugbauer in ihrem Jahresbericht 2007 sogar von mehr als 30000 registrierten Eigenbauten. Auch außerhalb der USA fand dieser Markt reges Interesse. Die führenden Hersteller dieser Flugzeugbausätze, wie u.a. Glasair Aviation […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1Einführung

2Fragestellung

3Der Zulassungsprozess in Deutschland
3.1 Luftrechtliche Vorgaben
3.2 Ablauf der Prüfung und Zulassung
3.3 Relevante Ergebnisse

4Modelle zur Erstellung von Flughandbüchern
4.1 Anweisungen für Flughandbücher im Luftrecht
4.1.1 International Civil Aviation Organisation (ICAO)
4.1.2 Federal Aviation Administration (FAA)
4.1.3 Joint Aviation Authorities (JAA)
4.1.4 European Aviation Safety Agency (EASA)
4.1.5 Luftfahrt-Bundesamt (LBA)
4.1.6 Verordnungen mit Anforderungen an Flughandbücher
4.2 Internationale Standards für Flughandbücher
4.2.1 GAMA Specification No.1
4.2.2 ICAO DOC 9516 – AN/930
4.2.3 AMC VLA 1581
4.2.4 EAS 12.29
4.2.5 LTH 22C, Anlage C
4.2.6 Flughandbücher von Bausätzen im Vergleich
4.3 Militärische Flughandbücher
4.3.1 Struktur und Aufbau militärischer Flughandbücher
4.3.2 Strukturvergleich militärischer und ziviler Standards
4.4 Ergebnisse für die Erstellung von Flughandbüchern

5Modelle zur Erstellung von Flugerprobungsprogrammen
5.1 Anweisungen für die Flugerprobung in Bauvorschriften
5.1.1 CS-23 Flight Test Guide (FTG)
5.2 Flugerprobungsprogramme für Bausatz-Flugzeuge
5.2.1 FAA AC 90-89A
5.2.2 Erprobungsprogramm für Eigenbau-Flugzeuge in Österreich
5.2.3 Flugerprobungsprogramm der EAS
5.2.4 Flugerprobung unter Betreuung der OUV
5.3 Flugzeugtyp bezogene Erprobungsprogramme
5.3.1 Europa
5.3.2 Kitfox Model 4 Speedster
5.3.3 Van's RV-4
5.4 Ergebnisse für die Erstellung von Flugerprobungsprogrammen

6Diskussion und Ausblick

7Abkürzungen und Begriffe

8Literatur

9Internetquellen

10Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht der Luftverkehrszulassung in Deutschland

Abbildung 2: Prinzip-Ablauf der Zulassung unter der Betreuung der OUV

Abbildung 3: Übersicht der Phasen bei Änderungen von ICAO Richtlinien

Abbildung 4: EASA Vorschriftenstruktur

Abbildung 5: Lancair-235, D-EHAR

Abbildung 6: Kitfox Model 4 Speedster, D-EAXI

Abbildung 7: Pulsar XP, D-EPJH

Abbildung 8: Inhaltsverzeichnis des Flughandbuchs Kitfox Model 4 Speedster, D-EAXI

Abbildung 9: Cessna T-37 B

Abbildung 10: Dassault Dornier Alpha Jet

Abbildung 11: PA 200 Tornado IDS

Abbildung 12: Inhaltsverzeichnis T.O.1T-37B-1

Abbildung 13: Pilatus PC-9

Abbildung 14: Übersicht der Geschwindigkeitskalibrierungsverfahren

Abbildung 15: Beispiel zur Datenauswertung der Geschwindigkeits-Strecken-Messung

Abbildung 16: Diagramm zur Ermittlung des besten Steigwinkels (VX) und der besten Steigrate (VY)

Abbildung 17: Protokoll zur Erprobung des Überziehverhaltens

Abbildung 18: Auszug aus dem EAS Flugerprobungsformblatt Nr. 15, Flugeigenschaften

Abbildung 19: Europa XS "Monowheel" und "Trigear"

Abbildung 20: Kitfox Model 4 Speedster

Abbildung 21: Van's RV-4

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Prüfungen nach der LuftGerPV und zuständige Betriebe

Tabelle 2: Unterteilung der FAA CFR „Aeronautics and Space“

Tabelle 3: Unterteilung der FAA CFR für eine „Standard Airworthiness Certification“

Tabelle 4: Unterteilung der FAA CFR für eine „Special Airworthiness Certification“

Tabelle 5: Übersicht der Verordnungen mit Anforderungen an Flughandbücher

Tabelle 6: Änderungen des ICAO DOC 9516-AN/930 im Vergleich zur GAMA Spec.No.1

Tabelle 7: Strukturvergleich militärischer und ziviler Flughandbücher

Tabelle 8: Ergebnisse der Analyse der Modelle für Flughandbücher

Tabelle 9: Aufbau des CS-23 Flight Test Guides

Tabelle 10: Anhänge des CS-23 Flight Test Guides

Tabelle 11: Inhalte und Verfahren des Flugerprobungsprogramms von Austro-Control

Tabelle 12: Inhalte und Verfahren der Flugerprobung der OUV

Tabelle 13: Ergebnisse der Analyse der Modelle für Flugerprobungsprogramme

1 Einführung

Der Traum vom Fliegen fasziniert die Menschheit seit vielen Jahrhunderten. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte die rasante Entwicklung in der modernen Luftfahrt immer mehr Menschen die aktive Teilnahme am Luftverkehr. Neben steigenden Passagierzahlen im kommerziellen Luftverkehr verzeichnete auch die allgemeine Luftfahrt einen starken Zuwachs. In den USA stieg z.B. die Zahl der Flugzeugführer mit einer Lizenz für Privatpiloten im Zeitraum von 1956 bis 1980 von 97000 auf mehr als 350000 an (Vgl. Federal Aviation Authorities Certificated Pilots 1929 – 2007 Statistics, http://www.aopa.org/special/newsroom/stats_pilots.cfm). Mit der stetigen Expansion der Luftfahrt wuchsen aber auch die Anforderungen an die Flugzeuge hinsichtlich Größe, Komfort, Leistung und Flugsicherheit. Die damit verbundene steigende technische Komplexität der Flugzeugneuentwicklungen resultierte für Flugzeughersteller in erheblich längeren und kostenintensiveren Entwicklungszeiten, um eine Luftverkehrszulassung für ihre Flugzeugmuster zu erreichen. Diese Entwicklung und die gleichzeitig stattfindenden Erweiterungen in der Produkthaftung führten Anfang der 1980er Jahre in den USA zu einem drastischen Rückgang im kommerziellen Angebot von Kleinflugzeugen auf dem amerikanischen Markt. Viele etablierte Flugzeughersteller stoppten ihre Neuentwicklungen aus Kostengründen, neue Firmen sahen keine wirtschaftlichen Entwicklungschancen für Kleinflugzeuge mit Musterzulassung.

Um weiterhin die Nachfrage nach Kleinflugzeugen zu decken, entwickelte sich als Alternative zu Herstellerflugzeugen mit Musterzulassung ein neues Marktsegment im Flugzeugbau: Kleinflugzeuge als vorgefertigte Bausätze, die sogenannten "Homebuilt Kitplanes", die direkt an den Nutzer, den Piloten, der ein eigenes Flugzeug besitzen möchte, zur Fertigstellung in Eigenleistung verkauft wurden. (Anmerkung: Jede Person, die genügend technisches und handwerkliches Verständnis nachweist, darf einen Luftfahrzeugbausatz in der eigenen Werkstatt oder Garage selbstständig unter Betreuung eines Gutachters bauen.) Dieser neue Markt wuchs in den USA bis 2006 auf eine Anzahl von ca. 25000 Flugzeugbausätzen, die bei der amerikanischen Luftfahrtbehörde, der Federal Aviation Authority (FAA), registriert sind (Vgl. http://www.aopa.org/special/newsroom/stats_aircraft.cfm, FAA Active General Aviation Aircraft in the U.S. 1973-2007 Statistics). Die Experimental Aircraft Association (EAA) spricht als Dachverband der US amerikanischen Amateurflugzeugbauer in ihrem Jahresbericht 2007 sogar von mehr als 30000 registrierten Eigenbauten (Vgl. http://www.eaa.org/about/, Annual Report, S. 130). Auch außerhalb der USA fand dieser Markt reges Interesse. Die führenden Hersteller dieser Flugzeugbausätze, wie u.a. Glasair Aviation (2500+ verkaufte Bausätze), Lancair International Inc. (1900+ verkaufte Bausätze), Kitfox Aircraft LLC (4000+ verkaufte Bausätze), Van's Aircraft (3800+ verkaufte Bausätze) oder Zentih Aircraft Corporation (2000+ verkaufte Bausätze) (Vgl. http://www.fundinguniverse.com/company-histories/), exportieren ihre Produkte weltweit.

In Deutschland allerdings stagniert der Eigenbauanteil der Flugzeugzulassungen. Unter der Betreuung der Oskar-Ursinus-Vereinigung, einem Verein zur Förderung des Amateurflugzeugbaus, wurden bislang ca. 500 Eigenbau-Projekte beim Luftfahrtbundesamt angemeldet, von denen aber erst ungefähr 100 mit einer endgültigen Luftverkehrszulassung abgeschlossen wurden (Vgl. Oskar-Ursinus-Vereinigung Jahrbuch 2007, S.48 ff). Allein an diesen Zahlen ist ersichtlich, dass ein Eigenbauprojekt eine große Herausforderung an den Erbauer darstellt. Eigentlich müsste ein Amateurflugzeugbauer Handwerksmeister, Luftfahrtingenieur und Testpilot in einer Person sein: Der Bau eines Kitplanes erfordert neben einem erheblichen Zeitaufwand (2000-5000 Arbeitsstunden) umfangreiche handwerkliche Fähigkeiten zur Fertigstellung des Bausatzes. Unter der Vorraussetzung, dass der Erbauer mindestens 51% des Flugzeuges in Eigenleistung fertig stellt, werden die Kitplanes genau wie Eigenentwicklungen oder Nachbauten anhand vorhandener Baupläne als Einzelstücke zum Luftverkehr zugelassen. Der Zulassungsprozess verlangt nach weitreichenden luftfahrttechnischen und luftrechtlichen Kenntnissen sowie hohen fliegerischen Qualitäten, da ein individuell zu erstellendes Flughandbuch und eine abschließend erforderliche Flugerprobung weitere Meilensteine sind, um die Lufttüchtigkeit des Flugzeuges nachzuweisen.

Ein Flughandbuch (FHB) ist allgemein die technische Beschreibung eines einzelnen Luftfahrzeugs oder Luftfahrzeugmusters. International heißen Flughandbücher Pilot Operating Handbook (POH) oder Aircraft bzw. Aeroplane Flight Manual (AFM). Sie sind während des Fluges im Luftfahrzeug als Betriebsanleitung oder Betriebsanweisung mitzuführen. Im Idealfall enthalten sie vollständige und umfassende Informationen zu Betriebsgrenzen, Standardverfahren, Notverfahren, Flugleistungen, Handhabung von Flugzeugsystemen und zur Gewichts- und Schwerpunktsberechnung des Luftfahrzeuges. Die Daten des FHB repräsentieren die Ergebnisse aus Entwurf, Herstellung und Flugerprobung und dienen dem Piloten als Hauptbezugsquelle für alle notwendigen Informationen zum sicheren Führen des jeweiligen Luftfahrzeugs.

Die Flugerprobung verifiziert den sicheren Betrieb des Luftfahrzeugs und liefert wichtige Daten über Flugverhalten, Flugleistung und Betriebsgrenzen. In einem festzulegenden Erprobungsprogramm werden qualitativ die Flugeigenschaften, wie die Stabilität um die Flugzeugachsen, das Abkippverhalten bei Strömungsabriss, Schwingungen und Vibrationen bewertet. Weiterhin werden quantitativ Daten für Flugleistungen bei Start und Landung, Steig- (VX, VY), Reise- und Sinkflug, die Kalibrierung der Fahrtenanzeiger sowie Geschwindigkeiten und Triebwerkskennzahlen für Betriebsgrenzen ermittelt. Die Ergebnisse werden in einem Erprobungsprotokoll ausgewertet und im Flughandbuch dokumentiert.

Ungeachtet dieser Bedeutung gibt es jedoch keine einheitlichen Vorgaben für den genauen Aufbau und Inhalt von Flughandbüchern und Flugerprobungsprogrammen, da die Luftverkehrzulassung eines Luftfahrzeuges bisher dem nationalen Luftverkehrsrecht des Staates, in dem das Luftfahrzeug zugelassen werden soll, unterlag. Erst seit Anfang der 1990er Jahre arbeitet die Europäische Union an einer Grundsatzverordnung über einheitliche europäische Luftverkehrszulassungsbestimmungen für Luftfahrzeuge. In bestimmten Bereichen, die näher in Kapitel 3 untersucht werden, ist diese Harmonisierung noch nicht erfolgt. Das betrifft insbesondere die Erbauer von Luftfahrzeugbausätzen bei der Erstellung ihres individuellen Flughandbuchs und Erprobungsprogramms. Oftmals werden daher in der Praxis mangels präziser Vorgaben genehmigte Flughandbücher oder Erprobungsprogramme Muster zugelassener Luftfahrzeuge nachempfunden bzw. kopiert, ohne dass der Aufbau und die Struktur wirklich verstanden wurde.

Diese Arbeit befasst sich aus diesen Gründen mit Modellen zur Entwicklung von Flughandbüchern und Flugerprobungsprogrammen, um den Amateurbauer von Bausatzflugzeugen in diesem Teilbereich des Zulassungsprozesses seines Projektes zu unterstützen. Hierzu wurden im Vorfeld intensive Recherchen internationaler und nationaler luftrechtlicher Verordnungen, Gesetze und Bauvorschriften durchgeführt, umfangreiche Gespräche mit den zuständigen Sachbearbeitern des Luftfahrt-Bundesamts, dem Vorsitzenden des Projektausschusses der OUV, luftfahrttechnischen Betrieben und Amateurbauern in unterschiedlichen Projektphasen geführt sowie Kontakte zu den Herstellerfirmen der Bausätze hergestellt. Als Bestandteil der Arbeit sollen Analysen des Zulassungsprozesses, relevanter Verordnungen und bestehender Standards für Flughandbücher und Flugerprobungen aufzeigen, auf welche Modelle der Amateurbauer bei der Konzipierung seines eigenen Flughandbuchs und Erprobungsprogramms zurückgreifen kann, welche Vorschriften dabei zu beachten sind und welche Unterstützung im Zulassungsprozess in Anspruch genommen werden kann. Die aus den Analysen gewonnen Ergebnisse werden abschließend bezüglich möglicher Defizite und Entwicklungsperspektiven diskutiert. In der Arbeit werden englischsprachige Gesetzes- und Verordnungstexte im Original übernommen, da in vielen Fällen keine oder nur fehlerhafte Übersetzungen zur Verfügung stehen.

2 Fragestellung

Die Thematik dieser Diplomarbeit wurde auf den Zulassungsprozess von Flugzeugbausätzen (Kitplanes) begrenzt, weil diese Flugzeuge einigen Besonderheiten im Zulassungsprozess unterliegen (Vgl. Kapitel 3.1):

- Die Bausätze werden serienmäßig von Flugzeugbaufirmen vorgefertigt; durch mindestens 51% Eigenleistung wird allerdings der Amateurbauer zum Hersteller.
- Somit werden auch Bausätze von gleichen Flugzeugtypen als individuelle Einzelstücke zugelassen.
- Für die Zulassung gilt nationales Recht, da diese Flugzeuge unter eine Ausnahmeregelung der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 fallen.
- Für die Bausätze gelten keine einheitlich festgelegten Bauvorschriften. Sie müssen nur gewissen Teilbereichen den Anforderungen der Bauvorschriften für Musterzulassungen durch anerkannte Nachweisverfahren entsprechen. Art und Umfang werden in Absprache mit der genehmigenden Stelle (Luftfahrt-Bundesamt LBA) festgelegt.
- Dementsprechend gibt es keine einheitlich festgelegten Bestimmungen für Flughandbücher und Flugerprobungsprogramme.

In der Konsequenz ergibt sich daraus, dass das LBA jeden Flugzeugbausatz während der Zulassung als eigenständiges, individuelles Projekt ansieht, obwohl unter Umständen schon mehrere gleiche Flugzeugtypen gebaut und zugelassen wurden. Hier gilt es, allgemeingültige Informationen zu sammeln und für zukünftige Bauprojekte aufzubereiten, um ein wiederholtes Aufkommen gleicher Problematiken zu minimieren und somit den Zulassungsprozess zu unterstützen. In dieser Arbeit sollen daher folgende Fragestellungen erörtert werden:

1. Nach welchen Vorgaben müssen Flughandbücher und Flugerprobungsprogramme erstellt werden?
a. Welche Vorschriften sind bei der Erstellung zu beachten?
b. Welche Modelle und Standards existieren bereits?

2. Welche Unterstützung können Amateurbauer von Flugzeugbausätzen in Anspruch nehmen?

3. Welche Verbesserungsansätze wären für den Zulassungsprozess wünschenswert?

Zur Erörterung dieser Fragestellung wird ein spezieller Zeitpunkt während des Zulassungsprozesses beleuchtet: Das Ende der eigentlichen Bauphase des Flugzeuges, zu der das Flugzeug fertig gestellt ist und sich in einem flugfähigen Zustand befindet. Zu diesem Zeitpunkt wird das sogenannte 2. Gutachten erstellt, das dem Luftfahrt-Bundesamt als Grundlage für die vorläufige Verkehrszulassung zur Durchführung der Flugerprobung dient. Diesem Gutachten müssen u.a. ein vorläufiges Flughandbuch und ein Flugerprobungsprogramm beigefügt werden. Hierzu wird im nächsten Kapitel zunächst der Zulassungsprozess in Deutschland dargestellt.

3 Der Zulassungsprozess in Deutschland

In diesem Kapitel wird die Luftverkehrszulassung für Bausatzflugzeuge in den luftrechtlichen Kontext eingeordnet und der Ablauf eines Bauprojekts dargestellt.

3.1 Luftrechtliche Vorgaben

Wie in der Fragestellung angesprochen, musste bei der Festlegung des Themenbereichs zunächst definiert werden, für welche Art von Luftfahrzeugen Modelle zur Erstellung von Flughandbüchern und Erprobungsprogrammen untersucht werden sollten. Im Bereich der allgemeinen zivilen Luftfahrt gibt es zu viele unterschiedliche Arten und Typen von Luftfahrzeugen, dass man sinnvoll versuchen könnte für alle Luftfahrzeuge einheitliche Modelle zu erstellen. Im deutschen Luftverkehrsgesetz §1 (2) LuftVG lautet die Definition eines Luftfahrzeuges:

„Luftfahrzeuge sind: 1. Flugzeuge, 2. Drehflügler, 3. Luftschiffe, 4. Segelflugzeuge, 5. Motorsegler, 6. Frei- und Fesselballone, 7. Drachen, 8. Rettungsfallschirme, 9. Flugmodelle, 10. Luftsportgeräte, 11. sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können.“

Quelle: http://bundesrecht.juris.de/luftvg/__1.html

Aus diesem Grund werden die Ausführungen in dieser Arbeit auf Flugzeuge beschränkt. Der Begriff Luftfahrzeug wird allerdings an einigen Stellen weiterhin verwendet, da dieser Begriff als Sammelbegriff in Gesetzen und Verordnungen genutzt wird.

In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, für welche Art von Flugzeug ein Zulassungsprozess untersucht werden sollte. Hierzu wurden zunächst die nationalen Gesetze und Verordnungen untersucht. Zur Entscheidung verhalfen nachfolgende Fakten aus dem Luftverkehrsgesetz:

- Jedes Luftfahrzeug benötigt eine Luftverkehrszulassung bzw. Registrierung zur Teilnahme am Luftverkehr (Vgl. LuftVG §§ 1 - 2)
- Nach § 2 LuftVG gilt:

„[…] Ein Luftfahrzeug wird zum Verkehr nur zugelassen, wenn:

1. das Muster des Luftfahrzeugs zugelassen ist (Musterzulassung),

2. der Nachweis der Verkehrssicherheit nach der Prüfordnung für Luftfahrtgerät geführt ist, […]

4.die technische Ausrüstung des Luftfahrzeugs so gestaltet ist, dass das durch seinen Betrieb entstehende Geräusch das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. […]“

Quelle: http://bundesrecht.juris.de/luftvg/__2.html

Das bedeutet zunächst, dass jedes Luftfahrzeug eine Musterzulassung, einen Nachweis der Verkehrssicherheit und ein Lärmzeugnis erbringen muss. Die Musterzulassung wird weitergehend in der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) geregelt:

- Der Begriff Luftfahrzeug wird auf Luftfahrtgerät erweitert, d.h., dass auch jegliches in Luftfahrzeugen als Ausrüstungs- oder Zubehörteil verbaute technische Gerät einer Zulassung bedarf (Vgl § 1 LuftVZO).
- Im § 1 (3) LuftVZO wird eingeschränkt:
„Ein Luftfahrtgerät, dessen Nachbau nicht vorgesehen ist, wird als Einzelstück zugelassen. Einzelstücke sind von der Musterzulassung befreit. […]“
Quelle: http://bundesrecht.juris.de/luftvzo/__1.html
- Zuständige Stelle für die Erteilung ist das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) (Vgl. § 2 LuftVZO).
- Als Nachweis für die Anforderungen der Verkehrssicherheit gilt die Prüfung auf Lufttüchtigkeit nach der Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät (LuftGerPV) (Vgl. § 3 LuftVZO).

Die Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät (LuftGerPV) regelt nun weiter die Anforderungen und Verfahren der Prüfung auf Lufttüchtigkeit. Hierbei wird zwischen Entwicklung, Herstellung und Instandhaltung von Luftfahrzeugen unterschieden. Nach §§ 1 und 2 LuftGerPV ist das Luftfahrt-Bundesamt als zuständige Stelle für die Erteilung der Musterzulassung auch für die Prüfung der Lufttüchtigkeit zuständig. Allerdings delegiert das LBA die Durchführung der Prüfungen an zertifizierte Betriebe und beschränkt sich auf die Anerkennung und Überwachung der Prüfungstätigkeit. Tabelle 1 zeigt die Arten der Prüfungen und die dazu genehmigten Betriebe.

Tabelle 1: Prüfungen nach der LuftGerPV und zuständige Betriebe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hervorzuheben ist, dass nur amtlich anerkannte Betriebe Prüfungen durchführen dürfen, selbst die Instandhaltung ist für Luftfahrzeughalter unzulässig. Aus der Tabelle ist weiterhin ersichtlich, dass die Lufttüchtigkeit bei der Neuentwicklung eines Luftfahrzeuges zunächst mit einer Musterprüfung nachgewiesen wird. Folgende Nachbauten des Luftfahrzeugtyps werden dann mit einer Stückprüfung bzw. Prüfung im Qualitätsmanagementsystem untersucht. Alle Prüfungen müssen gemäß § 9 LuftGerPV nach den „[…] Bestimmungen der Joint Aviation Authorities über Zulassungsverfahren für Luftfahrzeuge und zugehörige Produkte und Teile (JAR-21 deutsch) […]“ erfolgen.

Konkrete Anweisungen für Flugzeuge gibt nachfolgend die Zweite Durchführungsverordnung zur Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät (2. DV LuftGerPV). In dieser werden in „§ 1 Lufttüchtigkeitsforderungen (Bauvorschriften)“ Flugzeuge in Kategorien eingeteilt und an weitere internationale Anforderungen der JAA gebunden:

„Zur Prüfung der Lufttüchtigkeit nach § 1 Abs. 2 LuftGerPV sind

1. für Flugzeuge der Kategorie
a) Verkehrsflugzeuge die "Joint Aviation Requirements - Large Aeroplanes (JAR-25)" in der Fassung vom 1. Oktober 2000 ("change 15"), und die "Joint Aviation Requirements - All Weather Operations (JAR-AWO)" in der Fassung vom 1. August 1996 ("change 2"),
b) Normal-, Nutz-, Akrobatik- und Zubringerflugzeuge die "Joint Aviation Requirements - Normal, Utility, Aerobatic and Commuter Categorie Aeroplanes (JAR-23)" vom 11. März 1994,
c) Einfachflugzeuge die "Joint Aviation Requirements - Very Light Aeroplanes (JARVLA)" vom 26. April 1990, zuletzt geändert durch die Ergänzung ("orange paper") VLA/92/1 vom 1. Januar 1992,

[…]

als Lufttüchtigkeitsforderungen anzuwenden*). Die Festlegung einzelfallabhängiger Zusatzforderungen nach "Certification Procedures For Aircraft and Related Products and Parts (JAR-21)" bleibt hiervon unberührt.“

Quelle: http://bundesrecht.juris.de/luftgerpv1998dv_2/__1.html

Mit Wirkung vom 28. September 2003 hat die European Aviation Safety Agency (EASA) die Zuständigkeit der JAA übernommen und die Verordnungen JAR-21, JAR-23, JAR-25 und JAR-VLA weitgehend als CS-21, CS-23, CS-25 und CS-VLA übernommen. Hier werden die Flugzeuge erstmals nach Nutzung, Größe bzw. Masse und Flugeigenschaften in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Die genauen Eckdaten der Kategorien sind in Anhang 1 zu finden.

(Anmerkung: Obwohl die neuen europäischen EASA Verordnungen Gültigkeit haben, wenn europäisches Recht zur Anwendung kommt, werden für die Zulassung der Bausätze in Deutschland immer noch die alten JAR Verordnungen herangezogen, da die geforderte Umsetzung des europäischen Rechts in nationales Recht noch nicht erfolgte und dementsprechend die deutschen Gesetzestexte noch nicht geändert wurden. Da dies aber nur eine Frage der Zeit ist, wird für die Zulassung auf CS Verordnungen verwiesen.)

Dieser Sachverhalt hat zur Folge, dass Luftfahrzeuge in der Entwicklung oder Herstellung Muster zugelassen werden müssen, sobald feststeht, dass sie in Serie gebaut werden. Zur Musterzulassung gehört die Lufttüchtigkeitsüberprüfung in Form einer Muster- bzw. Stückprüfung nach umfangreichen europäischen Richtlinien, die nur von den entsprechend anerkannten und zugelassenen Betrieben durchgeführt werden. Diese Betriebe stellen in der Regel größere Stückzahlen von unterschiedlichen Mustern her, so dass davon auszugehen ist, dass sie über langjährige Erfahrung in der Erprobung verfügen und in der Erstellung der notwendigen Flughandbücher hohe Standards einhalten können. Somit können diese Flugzeuge nicht Gegenstand der Studie sein.

Dementsprechend befasst sich diese Arbeit mit Flugzeugen, die gemäß der Ausnahme in § 1 (3) LuftVZO keine Musterzulassung benötigen, sondern eine Einzelzulassung erfahren. Diese Flugzeuge werden nunmehr auch in den Richtlinien der EU definiert. Die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 greift in Artikel 4 (4) eine ähnliche Ausnahme für Luftfahrzeuge auf, die im Anhang II dieser Verordnung aufgeführt sind. Im Anhang II heißt es u.a. (Vgl. auch Anhang 2):

„Artikel 4 Absätze 1, 2 und 3 gilt nicht für Luftfahrzeuge, die zu mindestens einer der nachfolgenden Kategorien gehören: […]

c) Luftfahrzeuge, die zu mindestens 51 % von einem Amateur oder einer Amateurvereinigung ohne Gewinnzweck für den Eigengebrauch ohne jegliche gewerbliche Absicht gebaut werden; […]“

Quelle: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:079:0001:0049:EN:PDF

Daraus folgt, dass Flugzeuge, die überwiegend im Selbstbau (mehr als 50%) ohne gewerblichen Zweck zur privaten Nutzung gefertigt werden und deren Nachbau nicht vorgesehen ist, nicht unter die EG-Verordnung 216/2008 fallen. Für diese Flugzeuge gilt weiterhin nationales Recht, d.h., diese werden als Einzelstück zugelassen und der Nachweis der Lufttüchtigkeit wird nach § 3 LuftGerPV in einer Einzelstückprüfung erbracht. Dabei werden Art und Umfang von der zuständigen Stelle, sprich dem Luftfahrt-Bundesamt, festgelegt (Vgl. § 3 (1) LuftGerPV). Der § 3 (2) LuftGerPV besagt weiterhin:

„ […](2) Wird die Lufttüchtigkeit nach Absatz 1 nicht nach den Bauvorschriften für Luftfahrtgerät, sondern nach besonderen, von der zuständigen Stelle anerkannten Lufttüchtigkeitsanforderungen nachgewiesen, die ein gleiches Maß an Lufttüchtigkeit sicherstellen, wie die Bauvorschriften für Luftfahrtgerät, wird die Verkehrszulassung in der Kategorie "Sonderklasse" erteilt. Werden weitere Erleichterungen gewährt und ist ein sicherer Betrieb des Luftfahrtgeräts gewährleistet, wird die Verkehrszulassung in der Kategorie "Beschränkte Sonderklasse" erteilt. […]“

Quelle: http://bundesrecht.juris.de/luftgerpv_1998/__3.html

D.h., es wird geprüft, ob das Flugzeug die Bauvorschriften der in § 1 „Lufttüchtigkeitsforderungen (Bauvorschriften)“ der 2. DV LuftGerPV festgelegten Flugzeugkategorien erfüllt. Erfüllt es die Lufttüchtigkeitsanweisungen gemäß:

- CS-23 (Normal, Utility, Aerobatic or Commuter Category Aeroplane), erhält es eine Zulassung als Flugzeug der Normal-, Nutz- und Kunstflug- oder Zubringerkategorie (Certificate of Airworthiness);
- CS-VLA (Very Light Aeroplane), erhält es eine eingeschränkte Zulassung als sehr leichtes Flugzeug (Restricted Certificate of Airworthiness).

In der Praxis stehen die individuellen Flugzeugdaten, wie Masse, Sitzanzahl und Langsamflugeigenschaft in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einteilung in eine Kategorie und somit mit Art und Umfang der Lufttüchtigkeitsprüfung. So wird die erleichterte Lufttüchtigkeitsprüfung nach CS-VLA nur für Flugzeuge mit maximal 2 Sitzen, einer maximalen Abflugmasse (MTOM) von 750kg und einer Überziehgeschwindigkeit (VS0) von weniger als 83 km/h (45 KCAS) durchgeführt. Ist das Flugzeug also schwerer oder kann es nicht so langsam fliegen, müssen zunächst die Anforderungen nach CS-23 erfüllt werden. Können auch dort nicht alle Bauvorschriften eingehalten werden, wird ein individuell gestaltetes Prüfungsverfahren angeordnet.

Werden andere Lufttüchtigkeitsanforderungen herangezogen oder weitere Vereinfachungen gewährt, erhält das Flugzeug zusätzlich einen Vermerk der Kategorie „Sonderklasse“ oder „beschränkte Sonderklasse“ (Vgl. NfL II - 31/77, NfL II - 84/04 und NfL II - 84/05). Die Zulassung in der beschränkten Sonderklasse hat die Einschränkung zur Folge, dass das Luftfahrzeug nicht am internationalen Luftverkehr ohne die Einwilligung des Staates, in dessen Hoheitsgebiet eingeflogen werden soll, teilnehmen darf.

Nachfolgende Abbildung stellt den kompletten Kausalzusammenhang im Prozess der Zulassung von Luftfahrzeugen als Übersicht dar.

Abbildung 1: Übersicht der Luftverkehrszulassung in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Während des Zulassungsprozesses muss in der Konzeptphase zunächst eine technische Beschreibung, am Ende der Bauphase ein vorläufiges und am Ende der Flugerprobung ein endgültiges Flughandbuch erstellt werden. Dieser Prozess wird im nächsten Kapitel dargestellt.

3.2 Ablauf der Prüfung und Zulassung

Das für Einzelstücke zuständige Referat T3 des Luftfahrt-Bundesamts skizziert in dem Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005 „ Prüfung und Zulassung von im Selbstbau hergestellten Einzelstücken gemäß § 3 LuftGerPV“ den Ablauf des Zulassungsprozesses in der beschränkten Sonderklasse (Vgl. http://www.lba.de/cln_010/nn_ 54028/SharedDocs/download/T/Einzelstuecken/OUV__Merkblatt8,templateId=raw, property=publicationFile.pdf/OUV_Merkblatt8.pdf). Hierbei werden folgende Themen erläutert:

„1.Allgemeine Informationen

1.1Internationale Vorschriften

1.2Deutsche Vorschriften

1.3Diverse Bauvorschriften

1.4Definition „Einzelstück"

1.5 Betreuung des Selbstbaus

2.Ablauf des Selbstbaues im Einzelnen

2.1 Erster Schritt

2.2 Zweiter Schritt

2.3 Dritter Schritt

2.4 Vierter Schritt

3.Schlussbemerkungen

3.1 Kosten und Gebühren

3.2 Anschriften

3.3 Weitere Informationsquellen

Anlage 1 Prüfliste für 1. Flugzulassung

Anlage 2 Beispiel für LBA-Muster 5/98"

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.1

In Kapitel 1 dieses Merkblatts wird neben einem kurzen Überblick über die Vorschriftenlage der Begriff Einzelstück definiert:

„Als Einzelstücke im Sinne dieses Merkblattes versteht das LBA Luftfahrzeuge, die überwiegend im Selbstbau (mit einem Eigenanteil an der Bauleistung von größer 50 %) hergestellt werden. Allerdings können schwierig herstellbare Bauteile oder Geräte aus industrieller Fertigung stammen.

Hierzu gehören insbesondere: Flugmotor, Ausrüstung für den Flugmotor, Propeller, Reifen, Federn, Fahrwerke, Räder- und Bremsanlagen, Tragschraubenblätter, Schmiede- und Gussteile, Normteile u.v.a.

Auf dieser Definitionsgrundlage kann das weitgehend erleichterte Prüf- und Zulassungsverfahren für solche maximal 2-sitzigen, einmotorigen Selbstbauflugzeuge angewendet werden, die nachweislich zum überwiegenden Teil im nichtgewerblichen (= privaten) Selbstbau hergestellt werden, d.h. das Projekt dient der eigenen Weiterbildung bzw. Freizeitbeschäftigung.

Das "Einzelstück" muss überwiegend in der Bundesrepublik Deutschland gebaut werden; d.h. im Ausland gebaute Einzelstücke können in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassen werden!!"

Jede Luftfahrzeugentwicklung bzw. -herstellung durch einen gewerblichen Betrieb bedarf einer Musterzulassung!!

Die Fertigung und Zulassung von mehr als 2-sitzigen Luftfahrzeugen kann nach den hier beschriebenen Verfahren erfolgen. Der Nachweis der Lufttüchtigkeit erhöht sich mindestens in folgenden Punkten: Motor und Propeller müssen einer Musterzulassung unterzogen worden sein. Weiterhin ist die Durchführung einer vereinfachten Trudelerprobung durch sachkundiges Personal erforderlich, Ergebnisse eines vereinfachten Standschwingversuches sind vorzulegen."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.3

Im Unterpunkt "Betreuung des Selbstbaus" empfiehlt das LBA die Zusammenarbeit mit der Oskar Ursinus Vereinigung, die allerdings nicht zwingend notwendig ist. Die OUV ist ein „deutscher Verein zur Förderung des Eigenbaus von Luftfahrtgerät e.V.“, der seit 1968 Erbauer von Einzelstücken und Flugzeugbausätzen bei der Durchführung ihrer Bauprojekte unterstützt. Die OUV stellt dabei Gutachter und Erprobungspiloten zur Verfügung, die die Projekte von der Konzipierung bis zur endgültigen Zulassung begleiten. Generell benötigt der Erbauer zur Durchführung des Bauprojektes:

- einen vom LBA anerkannten Sachverständigen, der den Bau des Flugzeuges als Gutachter beurteilt und die für die Zulassung notwendigen Gutachten erstellt,
- einen Prüfer, der die Einhaltung der Bauausführung gemäß der Forderungen der Bauvorschrift überwacht,
- und einen anerkannten Erprobungspiloten, falls der Erbauer nicht über die notwendigen fliegerischen Qualitäten zur Flugerprobung verfügt.

Bei einer Betreuung durch die OUV können laut LBA Bearbeitungsverzögerungen vermieden und Verwaltungskosten reduziert werden, da viele Tätigkeiten während der Zulassung von den Sachverständigen der OUV übernommen werden. Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten beim Selbstbau sind im Folgenden geregelt:

1. „Verantwortlich für Entwicklung und Bau ist der Selbstbauer.
2. Für die Gutachtenerstellung ist die OUV (der bestätigte Gutachter) zuständig.
3. Die laufende Bauüberwachung und abschließende Feststellung der Lufttüchtigkeit durch Erstellung einer Unbedenklichkeitserklärung erfolgt durch anerkannte Prüfer für Luftfahrtgerät.
4. Über die Aufnahme der Flugerprobung und die abschließende Zulassung als Einzelstück entscheidet das LBA."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.4

Der eigentliche Bau- und Zulassungsprozess gliedert sich in 4 Phasen, einer Konzept-, Fertigungs- und Erprobungsphase sowie der abschließenden formellen Überprüfung und Verkehrszulassung:

Erster Schritt

1.1 Auswahl bzw. Definition des gewünschten Fluggerätes durch den Selbstbauer

1.2 Gutachten (der OUV) über die Durchführbarkeit

1.3 Formloser Antrag auf Zulassung als Einzelstück und ggf. Vormerkung eines Kennzeichens

1.4 Bestätigung des Antrages durch das LBA mit Zuteilung einer Einzelstücknummer […]

Zweiter Schritt

2.1 Fertigungsphase beim Selbstbauer

2.2 2.Gutachten (der OUV)

2.3 Antrag auf Erteilung einer Flugzulassung beim LBA durch den Selbstbauer (unter Beifügung des 2. Gutachtens und der Unbedenklichkeitserklärung durch den Prüfer)

2.4 Stellungnahme LBA (ggf. mit Flugzulassung) […]

Dritter Schritt

3.1 Erprobungsphase beim Selbstbauer, assistiert von Sachverständigen (der OUV)

3.2 3.Gutachten (der OUV)

3.3 Stellungnahme LBA (ggf. mit Erteilung der Zulassung als Einzelstück zusammen mit offiziellem Datenblatt und einer Kostenrechnung) […]

Vierter Schritt

4.1 Überprüfung durch den Prüfer

4.2 Antrag auf Zulassung zum Verkehr durch den Selbstbauer beim LBA

4.3 Stellungnahme LBA (ggf. mit Erteilung der endgültigen Verkehrszulassung) […]"

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.5ff

Nachdem der Selbstbauer sein Bauprojekt ausgewählt hat, muss er Kontakt zu einem vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannten Sachverständigen aufnehmen, der die Durchführbarkeit des Bauprojektes überprüft. Erachtet dieser das Projekt für durchführbar, erstellt er ein Gutachten (1. Gutachten) zur Vorlage beim LBA, das inhaltlich folgende Punkte behandelt:

„a) Allgemeine Erläuterungen zum Flugzeugentwurf mit 3-Seiten Ansicht,
b) Beurteilung des Entwurfes (einschließlich der Bauunterlagen, soweit bereits vorhanden),
c) Vorschlag der anzuwendenden Bauvorschrift, einschließlich des Nachweisumfanges (z.B. gemäß OUV-Fragenkatalog);
d) Voraussetzungen bzw. Qualifikation des Selbstbauers für den Bau (hierzu gehört die Begutachtung der technischen Einrichtung, Beurteilung der Fertigung einschl. der verwendeten Materialien),
e) Geplanter Bauablauf, (Bauüberwachung inklusive Prüfprotokolle, Dokumentation der Bauabschnitte),
f) Weitere Vorgehensweise bis zum 2. Gutachten,
g) Geplanter Ablauf der Nachweisführung (einschließlich erforderlicher Bodenprüfungen und Versuche, sowie der zu erbringenden Nachweise vor dem Erstflug),[…]"

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.5

Da der Sachverständige anhand des Flugzeugtyps des Bausatzes die anzuwendenden Bauvorschriften, die Nachweisführung und den Bauablauf samt Dokumentation dem LBA vorschlägt, ist es vorteilhaft, einen Gutachter zu wählen, der schon Erfahrung mit dem Bausatztyp aus vorhergehenden Projekten gesammelt hat. Das Gutachten wird dem formlosen Antrag auf Zulassung als Einzelstück beigefügt. Dieser Antrag muss nachfolgende Punkte enthalten:

„a) eine technische Beschreibung des Luftfahrzeuges und eine Kopie des 1. Gutachtens (der OUV),
b) die Benennung eines Prüfers (Klasse/Name/LBA-Ausweis-Nr.) mit entsprechender Berechtigung, der die Überwachung der Forderungen der Bauvorschrift bezüglich "Gestaltung und Bauausführung" übernimmt und die Übereinstimmung der gefertigten Teile mit den Zeichnungen prüft,
c) eine Erklärung des Selbstbauers, dass der serienmäßige Nachbau nicht vorgesehen ist."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.6

Die technische Beschreibung wird anhand allgemeiner Flugzeugdaten erstellt, die in der Regel der Hersteller liefert und die in das Flughandbuch übernommen werden. Während des späteren Bauprozesses überwacht der Prüfer entsprechend seiner Prüfberechtigung die Einhaltung der Forderungen der anzuwendenden Bauvorschrift, indem er am Ende einzelner Bauabschnitte erforderliche Prüfungen zum Nachweis der Lufttüchtigkeitsanforderungen (z.B. Festigkeits- oder Belastungsprüfungen) durchführt und diese in Prüfprotokollen dokumentiert. Nach Prüfung des Antrages beginnt das Luftfahrt-Bundesamt die fachliche Bearbeitung der Zulassung mit der Zuteilung einer Projektnummer und eines Kennzeichens für das Luftfahrzeug.

Die zweite Phase umfasst den gesamten Fertigungsprozess des Flugzeuges, den der Selbstbauer unter der Betreuung und Überwachung seines Prüfers und des Gutachters durchführt. Nach Fertigstellung des flugfähigen Flugzeuges erstellt der Sachverständige ein zweites Gutachten, das für die Flugzulassung des Flugzeuges Voraussetzung ist. Dieses 2. Gutachten enthält die Punkte:

„a) zusammenfassende Beurteilung des fertig gestellten Luftfahrzeuges einschließlich der vorläufigen Betriebsanweisung (Flughandbuch / Wartungsunterlagen)
b) Nachweisführung der Unbedenklichkeit (zugrunde gelegte Bauvorschriften, Benennung der nicht erfüllten Forderungen bzw. der Forderungen, die durch ein gleichwertiges Sicherheitsniveau als erfüllt angesehen werden können; Stellungnahme zur Nachweisführung zu den Lufttüchtigkeitsforderungen mit der Empfehlung des Gutachters, dass aufgrund der geprüften Nachweise keine Bedenken gegen die Aufnahme der Flugerprobung bestehen.)
c) Voraussetzungen für Erprobung (Fluganweisung, Boden- und Flugerprobungsprogramm; vgl. OUV-Muster)
d) Verhalten des Luftfahrzeuges in Gefahrenfällen (Bruchlandung, Überschlag, Brandschutz, Notausstieg etc.)
e) Erläuterung der weiteren Vorgehensweise bis zum 3. Gutachten"

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.7

Zur Erstellung des zweiten Gutachtens muss der Selbstbauer dem Gutachter ein vorläufiges Flughandbuch vorlegen und anhand der erstellten Prüfprotokolle sowie einer Unbedenklichkeitserklärung des Prüfers die Erfüllung der Lufttüchtigkeitsanforderungen nachweisen. Das vorläufige Flughandbuch muss folgende Daten enthalten:

„a) Kurze technische Beschreibung mit Drei-Seiten-Ansicht (Fotos sind zugelassen);
b) Betriebsgrenzen (Gewichts- und Schwerpunktsbereich, zulässige Geschwindigkeiten, Triebwerkstemperaturen, Drehzahlen);
c) Notverfahren (Verhalten in Gefahrenfällen);
d) Normalverfahren (Start, Landeanflug, Landung, Besonderheiten des Betriebsverhaltens, Checklistenform ist erlaubt);
e) Verzeichnis der für den sicheren Betrieb notwendigen Ausrüstung."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.13

Der Gutachter beurteilt das flugfähige Flugzeug und die Dokumentation und definiert mit einer Fluganweisung und dem durchzuführenden Boden- und Flugerprobungsprogramm die Voraussetzungen für die Erprobung. Nach Erstellung des Gutachtens muss der Erbauer beim Luftfahrt-Bundesamt für die Erteilung einer Flugzulassung folgende Dokumente einreichen:

„ - Vorlage eines positiven 1. (OUV-) Gutachtens
- Vorlage eines 2. (OUV-) Gutachtens mit zustimmender Stellungnahme
[…]
- Antrag auf Erteilung einer Flugzulassung mit Unbedenklichkeitserklärung des vom LBA bestätigten Bauprüfers (ggf. mit Vorschlägen für notwendige Auflagen und Beschränkungen);
- Original der Versicherungsbestätigung (gemäß § 103 LuftVZO);
- Fluganweisung für die Erprobung (nach LBA-Muster) mit Unterschrift des für die Flugerprobung Verantwortlichen;
- Erklärung des Erbauers, dass ein serienmäßiger Nachbau des Luftfahrtgeräts nicht vorgesehen ist;
- Nachweis, dass das Luftfahrzeug aus Werkstoffen mit bekannten Eigenschaften und unter Verwendung allgemein anerkannter Verfahren hergestellt wurde;
- Erklärung des Bauprüfers/Gutachters, dass alle Standläufe mit befriedigendem Ergebnis durchgeführt wurden;
- Erklärung des Platzhalters, dass gegen die Benutzung des Flugplatzes für die Flugerprobung kein Einspruch erhoben wird;
- Boden- und Flugerprobungsprogramm mit Angaben zum vorgesehenen Flugzeugführer für die Anfangserprobung (fliegerischer Lebenslauf);
- Wägebericht;
- Vorläufige Betriebs- und Wartungsanweisungen (mit Angaben zu den Betriebsgrenzen)"

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.13

Mit einer Stellungnahme zum eingereichten Antrag erteilt das LBA eine Flugzulassung, die auf 6 Monate begrenzt ist, aber aus triftigen Gründen verlängert werden kann. Gründe hierfür können z.B. Verzögerungen während der Flugerprobung in Folge schlechten Flugwetters oder notwendiger Veränderungen am Flugzeug sein. Zur Verlängerung muss ein komplett neuer Antrag mit allen Dokumenten eingereicht werden.

In der dritten Phase findet die Flugerprobung auf dem im Antrag auf Erteilung der Flugzulassung angemeldeten Flugplatz statt. Die Erprobung kann vom Erbauer selbstständig durchgeführt werden, wenn dessen fliegerische Qualifikationen als ausreichend vom Luftfahrt-Bundesamt bescheinigt wurden. Die Erprobung muss aber mit einem Erprobungspiloten abgestimmt und von diesem betreut sowie vom Gutachter assistiert werden. Die Ergebnisse der Erprobung werden in Erprobungsprotokollen dokumentiert und deren Richtigkeit in Stichproben vom Erprobungspiloten nachgeflogen. Der Erbauer muss mit den in der Erprobung gewonnenen Daten noch unvollständige Abschnitte des Flughandbuches ergänzen und dem Gutachter zur Beurteilung vorlegen. Zudem ist die Erfüllung der Lärmschutzforderungen durch eine Lärmmessung einer zertifizierten Stelle nachzuweisen. Daraufhin wird die Erprobung mit dem 3. Gutachten beendet, das folgenden Inhalt behandelt:

„a) Ergebnisse entsprechend dem Erprobungsprogramm
b) Beurteilung der Ergebnisse gegenüber der anwendbaren Bauvorschrift (Überprüfung der Angaben, gegebenenfalls Zustimmung)
c) Nachflugbericht
d) Vorschläge für Einschränkungen bzw. Auflagen für die Verkehrszulassung
e) Vorlage und Beurteilung der endgültigen Betriebsanweisungen (Flughandbuch und Wartungsunterlagen)
f) Nachweis der Erfüllung der Lärmschutzforderungen
g) Erklärung des Gutachters (Sachverständigen),

-dass die Nachweisunterlagen und die dazugehörigen Versuchsberichte und Berechnungen ausreichend sind und geprüft wurden (gegenüber OUV-Fragenkatalog, wenn zutreffend);
-dass das Fluggerät nach seinen Feststellungen keine Merkmale oder Eigenschaften aufweist, die einen sicheren Betrieb beeinträchtigen könnten."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.8

Nach Überprüfung der Unterlagen des 3. Gutachtens erteilt das LBA eine Einzelstückzulassung und erstellt ein Datenblatt für das Flugzeug. Damit ist die Prüfung als Einzelstück abgeschlossen.

In der 4. Phase wird ein Antrag zur endgültigen Verkehrszulassung gestellt, der vom zuständigen Referat B5 des LBAs bearbeitet wird. Hierzu müssen folgende Unterlagen eingereicht werden:

„ - Prüfschein (vgl. Punkt 2.4.1), abgezeichnet vom zuständigen LBA-Mitarbeiter (Referate T3 bez. T4).
-Versicherungs-Bestätigung gemäß § 103 Abs. 4 LuftVZO,
-gegebenenfalls Genehmigungsurkunde der Luftfunkstelle."

Quelle: LBA Merkblatt 240.1, Ausgabe 8 vom Februar 2005, S.9

Der Prüfschein (LBA Nr. 5/98) wird vom Prüfer ausgestellt, nachdem er die Lufttüchtigkeit und die Übereinstimmung mit dem Datenblatt festgestellt hat. Das LBA erteilt daraufhin die endgültige Verkehrszulassung in der beschränkten Sonderklasse, wenn Erleichterungen beim Nachweis der Lufttüchtigkeit genutzt wurden. Nachfolgende Abbildung zeigt eine Übersicht des Gesamtablaufs.

Abbildung 2: Prinzip-Ablauf der Zulassung unter der Betreuung der OUV

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.ouv.de/, Ablaufdiagramm

3.3 Relevante Ergebnisse

Hinsichtlich der in Kapitel 2 dargelegten Fragestellung ist festzuhalten, dass zunächst die auf das jeweilige Flugzeug anzuwendenden europäischen Bauvorschriften (CS-23 oder CS-VLA) die Vorgaben enthalten, die für eine Luftverkehrszulassung beachtet und deren Anforderungen entsprochen werden müssen, obwohl die Flugzeugbausätze nach nationalem Recht zugelassen werden. Die Zulassung erfolgt entsprechend ihrer individuellen Eigenschaften in unterschiedlichen Lufttüchtigkeitsgruppen. Werden Erleichterungen genehmigt, erfolgt eine Zulassung in der beschränkten Sonderklasse, was Einschränkungen beim Betrieb des Flugzeuges zur Folge hat.

Der Zulassungsprozess unterteilt sich in 4 Phasen, in denen der Erbauer in der Durchführung seines Projektes von einem Gutachter, Prüfer und Erprobungspiloten unterstützt und betreut wird. Diese bilden das Bindeglied zum Luftfahrt-Bundesamt, indem sie in den Projektphasen die Lufttüchtigkeit des Bausatzes durch die Erstellung von Gutachten, Prüfungsprotokollen und Nachweisberichten beurteilen. Das Luftfahrt-Bundesamt beschränkt sich in der Regel auf die Erteilung von Genehmigungen nach Prüfung der eingereichten Unterlagen. Letztendlich ist jedoch der Erbauer für die ordnungsgemäße Durchführung des Projektes sowie die Erbringung der Nachweise und Unterlagen verantwortlich. Zur erforderlichen Dokumentation, die für diese Arbeit relevant ist, gehören u.a.:

- für das 2. Gutachten als Voraussetzung zur Durchführung der Flugerprobung ein vorläufiges Flughandbuch, eine Fluganweisung, in der die Rahmenbedingungen der Erprobung definiert werden, und ein festgelegtes Flugerprobungsprogramm sowie
- für das 3. Gutachten nach Abschluss der Erprobung ein endgültiges Flughandbuch, das mit den aus der Flugerprobung gewonnenen Daten komplettiert wurde, und die protokollierten Ergebnisse der Erprobung.

Im nächsten Kapitel werden Modelle zur Erstellung von Flughandbüchern untersucht. Hierzu werden zunächst relevante Luftfahrtorganisationen und Verordnungen vorgestellt und Verweise auf Anforderungen für Flughandbücher dargestellt.

4 Modelle zur Erstellung von Flughandbüchern

Dieses Kapitel befasst sich mit Modellen zur Erstellung von Flughandbüchern. Hierzu werden zunächst die Anforderungen ermittelt, die internationale luftrechtliche Verordnungen an Flughandbücher stellen. Daraus resultierende, internationale Standards für FHBs werden daraufhin untersucht, bereits existierende Flughandbücher miteinander verglichen und anhand dieser Standards bewertet. Abschließend werden in einem Vergleich zwischen militärischen und zivilen Standards Unterschiede und Gemeinsamkeiten dargelegt. Aus den Ergebnissen wird in Kapitel 6 ein Vorschlag für ein Strukturmodell zur Entwicklung eines Flughandbuchs erstellt.

4.1 Anweisungen für Flughandbücher im Luftrecht

Die luftrechtliche Entwicklung der internationalen zivilen Luftfahrt geht bis auf das Jahr 1910 (erste Luftrechtskonferenz in Paris) zurück und ist durch eine Vielzahl bi- und multilateraler Abkommen geprägt. Auf Luftfahrtkonferenzen in Europa und Amerika wurde unabhängig voneinander eine planmäßige Förderung der Zivilluftfahrt eingeleitet (Vgl. International Commission for Air Navigation (ICAN), Paris 1919; Pan American Convention on Commercial Aviation (PACCA), Havanna 1928). Zunächst wurden grundsätzliche Fragen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr festgelegt (Vgl. Warschauer Abkommen 1929). Ein zentraler Punkt in den Abkommen war dabei die völkerrechtliche Regelung von Ein- bzw. Überflugrechten gegenüber dem Recht auf Lufthoheit eines souveränen Staates.

Während des zweiten Weltkrieges wuchs die Erkenntnis, dass der internationalen Luftfahrt nach dem Krieg eine immer größer werdende Bedeutung zukäme und deshalb eine Organisation geschaffen werden müsse, um die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten richtig nutzen zu können.

4.1.1 International Civil Aviation Organisation (ICAO)

1944 wurde unter der Führung der USA auf der Konferenz von Chicago von 52 teilnehmenden Staaten der Grundstein für die International Civil Aviation Organisation (ICAO) geschaffen, die die Richtlinien für eine zweckmäßige und sichere Durchführung des internationalen Luftverkehrs auf weltweiter Basis entwickeln und darüber hinaus die Zivilluftfahrt in jeder Hinsicht fördern sollte. Bis heute traten der ICAO, die eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen darstellt, 190 Staaten bei (Vgl. http://www.icao.int/cgi/goto_m.pl?cgi/statesDB4.pl?en), u.a. die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1956.

Mit der Ratifizierung des Chicagoer Abkommens 1947 wurden grundsätzliche Einigungen in folgenden Bereichen der Luftfahrt getroffen (Vgl. ICAO DOC 7300/9, Part I):

- In den allgemeinen Grundsätzen und Anwendungen (Kapitel I) wird jedem Staat das Recht auf Lufthoheit und Hoheitsgebiet garantiert.
- Flüge über dem Hoheitsgebiet von Vertragsstaaten (Kapitel II) sind generell genehmigt, müssen aber unter Berücksichtigung der gültigen Regeln des überflogenen Vertragstaates durchgeführt werden.
- Die Staatszugehörigkeit der Luftfahrzeuge (Kapitel III) wird durch die Zulassung des Luftfahrzeugs geregelt. Dabei gilt, dass ein Luftfahrzeug nur in einem Staat zugelassen sein kann, es nach dort gültigem nationalem Recht zugelassen wird und eine Kennung des Zulassungsstaates führen muss.
- Zu den Maßnahmen zur Erleichterung der Luftfahrt (Kapitel IV) gehören Vereinheitlichungen der Regelungen in der Einreise, Zollabfertigung, Notverfahren, Unfalluntersuchungen, Einrichtungen und Flugverfahren.
- In den Bedingungen, die in Bezug auf Luftfahrzeuge zu erfüllen sind (Kapitel V), einigen sich die Staaten, dass in Luftfahrzeugen die Zulassungspapiere, Lufttüchtigkeitszeugnisse, Bordfunkzeugnisse, Fluglizenzen der Piloten, Passagier- und Transportgutlisten mitzuführen sind.
- Die Staaten verpflichten sich die internationalen Richtlinien und Empfehlungen (Kapitel VI) anzunehmen, Abweichungen zu melden, gegenseitig die Gültigkeit bestehender Zeugnisse und Erlaubnisscheine, sowie bestehende Richtlinien für Lufttüchtigkeit und Befähigung des Personals anzuerkennen.

Diese Grundsätze wurden in 18 Annexen als Richtlinien ("Standards"), die befolgt werden müssen und Empfehlungen ("Recommended Practices"), deren Einhaltung wünschenswert ist, niedergelegt. Annex 8 umfasst hierbei die internationalen Mindestanforderungen für die Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen. So wird im Annex 8, Kapitel 3 „Certificate of Airworthiness“ im Unterpunkt 3.4 „Aircraft Limitations and Information“ die Notwendigkeit eines Flughandbuches festgelegt:

“Each aircraft shall be provided with a flight manual, placards, or other documents stating the approved limitations within which the aircraft is considered airworthy as defined by the appropriate airworthiness requirements, and additional instructions and information necessary for the safe operation of the aircraft.”

Quelle: ICAO DOC 7300, Annex 8 – Airworthiness of Aircraft, Subpart 3 – Certificate of Airworthiness, 3.4 Aircraft Limitations and Information

Um in der Anwendung und Auslegung der Richtlinien ein möglichst großes Maß an Einheitlichkeit zu gewährleisten, werden anzuwendende Verfahren in „Documents“ veröffentlicht. So werden Verfahren zur Lufttüchtigkeit im ICAO DOC 9760, dem „Airworthiness Technical Manual“, beschrieben. Das ICAO DOC 9516, "Guidance on the Preparation of a Pilot's Operating Handbook for Light Aeroplanes", enthält Anweisungen für Flughandbücher (Vgl. Kap. 4.2.2).

Ergibt sich die Notwendigkeit, bestehende Richtlinien zu ändern oder neue einzuführen, tritt ein langwieriger Entscheidungsprozess in Kraft. Ein Änderungsvorschlag wird erarbeitet, beraten und zur Stellungnahme an alle Mitgliedsstaaten übersandt. Nach einer dreimonatigen Antwortfrist, in der Änderungsanträge gestellt werden können, wird der Entwurf überarbeitet, vom ICAO-Rat beschlossen und wiederum an alle Staaten zur Zustimmung zugestellt. Lehnt die Mehrheit der Staaten die neuen Richtlinien oder Teile davon nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums ab, werden sie wirksam. Dann ist jeder Vertragsstaat verpflichtet, die Richtlinien durch entsprechende nationale Gesetze oder Verordnungen in die Praxis einzuführen oder die ICAO über Abweichungen in der Umsetzung zu informieren.

Abbildung 3: Übersicht der Phasen bei Änderungen von ICAO Richtlinien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.icao.int/icao/en/anb/images/overview.jpg

Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Gründung der ICAO eine weltweite Angleichung des Luftverkehrs angestrebt wurde. Allerdings zeigt schon die skizzenhafte Darstellung der ICAO Arbeitsweise, dass Änderungen bestehender Richtlinien nur in langwierigen Verfahren möglich sind und die nationale Luftfahrtgesetzgebung der Mitgliedsstaaten direkt beeinflusst. Aus diesen Gründen beschränken sich die Richtlinien und Empfehlungen in ihrer direkten Aussage auf das absolut Notwendige, die sogenannten „Minimum Standards“. Für Flughandbücher wird bis 1991 nur festgelegt, dass sie für jedes Luftfahrzeug mit allen notwendigen Daten zum sicheren Betrieb vorhanden sein müssen. Erst danach liefert das ICAO DOC 9516-AN/930 detaillierte Anweisungen zur Erstellung von Flughandbüchern.

4.1.2 Federal Aviation Administration (FAA)

Die Federal Aviation Administration (FAA) ist als Luftfahrtbundesbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika dem amerikanischen Verkehrsministerium unterstellt. Aus der Notwendigkeit zur Umstrukturierung verschiedener Behörden nach mehreren Luftfahrtkollisionen wurde sie 1958 gegründet. Ihre Ursprünge reichen aber bis in das Jahr 1926 zurück, als mit dem „Air Commerce Act“ die behördliche Regelung des zivilen Luftverkehrs in den USA begann (Vgl. http://www.faa.gov/about/history/).

Die FAA erlässt Sicherheitsvorschriften und Richtlinien für den gesamten Luftverkehr der USA, die „Codes of Federal Regulations“ (CFR) (früher bekannt als „Federal Aviation Regulations“ (FAR)), und ist damit für die Sicherheit im weltweit größten und verkehrsreichsten nationalen Luftraum zuständig. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Einteilung der CFRs, die das Thema Luftfahrt und Weltraum behandeln. Die Zulassung von Luftfahrzeugen wird hauptsächlich in den Parts 1-59 geregelt.

Tabelle 2: Unterteilung der FAA CFR „Aeronautics and Space“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://ecfr.gpoaccess.gov/cgi/t/text/text-idx?c=ecfrtpl=/ecfrbrowse/Title14/14tab_02.tpl

In Tabelle 3 werden die für eine Lufttüchtigkeitszertifizierung zu beachtenden „Parts“ dargestellt. Anweisungen für eine zur Luftverkehrszulassung notwendige Zertifizierung der Lufttüchtigkeit werden allgemein für Produkte und Teile im Part 21 festgelegt. Im Unterabschnitt H wird die Lufttüchtigkeit weiterhin klassifiziert. Dort wird zwischen einer "Standard-" und einer "Special Airworthiness Certification" unterschieden.

Die "Standard Airworthiness Certifikation" müssen Flugzeuge erfüllen, die unter die Einteilung der Parts 23 bzw. 25 fallen (Vgl. Anhang 3). Generell wird hier unterschieden zwischen Propeller angetriebenen „Small airplanes“ mit einer maximalen Abflugmasse (MTOM) unter 5670 kg und maximal 9 Passagiersitzen einerseits und andererseits Turbinen angetriebenen Passagierflugzeugen mit einer maximalen Abflugmasse über 5670 kg und mehr als 9 Passagiersitzen. Bei den sogenannten Zubringerflugzeugen ("Commuter") wird die Unterteilung bei 19 Passagiersitzen und einer maximalen Abflugmasse von 8618 kg durchgeführt. Genaue Einteilungskriterien sind im Anhang 4 aufgeführt.

Tabelle 3: Unterteilung der FAA CFR für eine „Standard Airworthiness Certification“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.faa.gov/aircraft/air_cert/airworthiness_certification/sp_awcert/

In der Einteilung der Tabelle 4 finden sich unter "Experimental" die Eigenbauflugzeuge wieder, die Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sind.

Anweisungen zu Flughandbüchern finden sich in allgemeiner Form in den Parts 21.5, 21.190 und 91.9. Eine detaillierte Anweisung enthält der Part 23.1581 – 23.1589 (Vgl. Anhang 6):

„[…] Airplane Flight Manual and Approved Manual Material

§23.1581General.
§23.1583Operating limitations.
§23.1585Operating procedures.
§23.1587Performance information.
§23.1589Loading information. […]“

Quelle: http://ecfr.gpoaccess.gov/cgi/t/text/text-idx?c=ecfrsid=481d44507e861a5d391dace19a

071d4argn=div5view=textnode=14:1.0.1.3.10idno=14#PartTop

Der Wortlaut der einzelnen Paragraphen befindet sich in Anhang 6.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die FAA Regularien sehr gut durchstrukturiert sind und auch für den Experimental- bzw. Amateurbauerbereich detaillierte Zulassungsverfahren enthalten. In der CFR-23 sind ausführliche Anforderungen an den notwendigen Informationsgehalt der Flughandbücher aufgeführt. Diese sind auch auf die anderen Zulassungsverfahren übertragbar, da die Lufttüchtigkeitsanforderungen der CFR-23 die Umfangreichsten sind.

4.1.3 Joint Aviation Authorities (JAA)

Die JAA wurde 1990 von der European Civil Aviation Conference (ECAC) gegründet, um nationale europäische Vorschriften für die Erfordernisse eines europäischen Binnenmarkts im Luftverkehr zu harmonisieren. Speziell sollten die Regelungen für die Zulassung und den Betrieb von Luftfahrzeugen (Joint Aviation Regulations (JAR)) und für die Lizenzierung des Luftfahrtpersonals (Flight Crew Licensing (JAR-FCL)) vereinheitlicht werden. Hierzu wurden ICAO-Vorschriften ausgewertet und der Aufbau der FAA Regelungen größtenteils übernommen (z.B.: CFR-21 entspricht JAR-21). Da die JAA allerdings keine eigene Rechtsfähigkeit besitzt, sondern eher eine Arbeitsgemeinschaft der einzelnen Luftfahrtbehörden ist, verzögerte sich die Umsetzung der Verordnungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten (Vgl. http://www.luftrecht-online.de/einzelheiten/verwaltung/jaa.htm). Mittlerweile hat die neugegründete EASA die Aufgaben der JAA übernommen. Daher wird an dieser Stelle nicht auf die einzelnen Verordnungen eingegangen. Allerdings verweisen deutsche Verordnungen immer noch auf JARs.

4.1.4 European Aviation Safety Agency (EASA)

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit wurde 2002 durch Beschluss des Europäischen Rates gegründet. Sie übernimmt seit 2006 als internationale Organisation der Vollmitglieder der Joint Aviation Authorities (JAA) die Einführung einheitlicher europäischer Regelungen im zivilen Luftverkehr. Die EASA ist zentral für die Erstellung von Vorschriften und deren Inkraftsetzung, für die Musterzulassung von Luftfahrtgerät und für die Überwachung der einheitlichen Anwendung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten verantwortlich. Somit kann die EASA als übergeordnete Organisation der nationalen Luftfahrtbehörden angesehen werden. Die Umsetzung und Anwendung der einheitlichen europäischen Luftverkehrsverordnungen erfolgt durch die nationalen Luftfahrtbehörden. In den Bereichen, die nicht von EASA Vorschriften berührt sind, gilt weiterhin nationales Luftrecht.

Die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 regelt die Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und die Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit. In der Durchführungsbestimmung (EG) Nr. 1702/2003 werden Standards für die Zulassungsverfahren für Luftfahrzeuge und zugehörige Produkte und Teile festgelegt. Detaillierte Nachweisverfahren der Lufttüchtigkeitsanforderungen werden in den untergeordneten Publikationen dargestellt.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die von der EASA bislang erlassene Vorschriftenstruktur.

Abbildung 4: EASA Vorschriftenstruktur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.easa.europa.eu/ws_prod/g_de/rg_regulations.php

Part 21 beschreibt analog zu den FAA Bestimmungen die Anforderungen für Produkte, Teile und Ausrüstung. Hier werden allgemeine Anforderungen für Flughandbücher formuliert. So wird für die Beantragung eines Lufttüchtigkeitszeugnisses ein Flughandbuch verlangt (Vgl. 21.A174) und es müssen Lärmschutzdaten (Vgl. 21.A204) und Änderungen am Luftfahrzeug (Vgl. 21.A263) im Flughandbuch eingetragen werden.

Zulassungsspezifikationen für die einzelnen Luftfahrzeugkategorien enthalten die Lufttüchtigkeitskodizes. Die zu untersuchenden Bereiche sind hier die Spezifikationen CS-23 und CS-VLA. Beide Bauvorschriften sind in zwei Bücher unterteilt, wobei jeweils das erste Buch die zu erfüllenden Lufttüchtigkeitsanforderungen in Paragraphen darlegt und das zweite Buch Empfehlungen gibt, wie ein anerkannter Nachweis zur Erfüllung der Anforderungen, den „Acceptable Means of Compliance (AMCs)", erbracht werden kann. Die CS-23 regelt die Anforderungen an die Luftfahrzeugkategorie Normal-, Nutz-, Kunstflug- und Zubringerluftfahrzeugen, die analog zur FAA u.a. Flugzeuge bis zu einer maximalen Abflugmasse (MTOM) von 5670 kg und höchstens 9 Passagiersitzen regelt. Die CS-VLA wurde besonders für leichte Luftfahrzeuge mit einer Höchstmasse (MTOM) von 750 kg, maximal 2 Sitzen und einer Überziehgeschwindigkeit (VS0) von weniger als 83 km/h (45 KCAS) eingeführt. Sie erleichtert die zu erbringenden Lufttüchtigkeitsanforderungen in weiten Bereichen (Vgl. Anhang 1).

Die CS-23 behandelt im Buch 1 im Subpart G „ Operating Limitations and Information" die Dokumentation der Betriebgrenzen. Dort werden in den Abschnitten CS 23.1581 bis 23.1589 die Anforderungen beschrieben, die ein Flughandbuch erfüllen muss (Vgl. Anhang 7). Im „Flight Test Guide" des CS-23 Buch 2, Chapter 6, Section 3, „Aeroplane Flight Manual and Approved Manual Material“, werden Optionen zur Gestaltung der Flughandbücher dargestellt, um die Anforderungen aus Buch 1 zu erfüllen. Hier wird auf die GAMA Specification No.1 vom 15. Februar 1975, der „Specification for Pilot’s Operating Handbook“ der General Aviation Manufacturers Association (GAMA) verwiesen, die ausführliche Anleitung über den Inhalt von Flughandbüchern gibt und die CS-23 Anforderungen erfüllt. Die GAMA ist eine Vereinigung der weltweit führenden Flugzeug- und Ausrüstungshersteller, die sich die Förderung und Pflege der Entwicklung, Interessen und Sicherheit der allgemeinen Luftfahrt zum Ziel gesetzt hat (Vgl. Kap 4.2.1).

Der Aufbau der CS-VLA ist mit dem der CS-23 identisch. Da allerdings die CS-VLA weit weniger Anforderungen an das Luftfahrzeug stellt, werden die Paragraphen ausgelassen, die nicht von Belang sind. Auch hier finden sich Anweisungen für Flughandbücher an der gleichen Stelle in den Paragraphen CS-VLA 1581 bis 1589. Im Buch 2, den „Acceptable Means of Compliance“, ist anstelle des Verweises auf die GAMA Specification No.1 ein Strukturmuster eines Flughandbuches aufgeführt. Der genaue Wortlaut der Paragraphen CS-VLA 1581 bis 1589 und der AMC VLA 1581 der CS-VLA, Buch 2, mit dem Titel "Specimen Flight Manual For A Very Light Aeroplane" sind in Anhang 8 aufgeführt.

4.1.5 Luftfahrt-Bundesamt (LBA)

Das Luftfahrtbundesamt (LBA) ist als oberste Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in eigener Verantwortung oder zur Unterstützung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) u.a. für die Prüfung oder Überwachung der Prüfungen zur Feststellung der Verkehrssicherheit (Lufttüchtigkeit) des Luftfahrtgeräts, Luftverkehrs- und Lärmzulassungen zuständig. Kapitel 2 dieser Arbeit beschreibt den Zulassungsprozess in Deutschland.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836635370
DOI
10.3239/9783836635370
Dateigröße
10.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven; Standort Oldenburg – Ingenieurwissenschaft, Maschinenbau
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
1,3
Schlagworte
luftfahrttechnik amateurflugzeugbau luftverkehrszulassung luftrecht maschinenbau
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Titel: Modelle zur Entwicklung von Flughandbüchern und Flugerprobungsprogrammen zur Unterstützung des Zulassungsprozesses von Eigenbauflugzeugen (Kitplanes)
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