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Lebensphasenorientiertes Arbeiten und altersgerechte Karrieren unter dem Aspekt des betrieblichen Age-Managements

©2009 Diplomarbeit 122 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Einführung in die Problemstellung:
Die Altersstruktur von Arbeitnehmern in Betrieben und Unternehmen steigt zunehmend an, auch die Lebensarbeitszeit erhöht sich. Problematisch dazu steht die sich rasch verändernde Arbeitswelt mit oft weniger günstigen Entwicklungen für Arbeitnehmer mit zunehmendem Alter. Für Unternehmen bedeutet es ein höherer Anteil an älteren Arbeitnehmern mit geringerem körperlichen Leistungspotenzial. Oft scheiden diese Mitarbeiter aufgrund dieser Entwicklung aus den Betrieben aus, mit ihnen aber auch sehr viel Know-how und Unternehmenskultur. Deshalb sollte sich jede Organisation bereits im Vorfeld überlegen, welche Maßnahmen auf betrieblicher und persönlicher Ebene getroffen werden können, um Arbeitspotenziale im Alter zu nützen. Dadurch können Betriebe auch gesellschaftspolitisch wirken und möglicherweise die Altersarbeitslosigkeit reduzieren.
Diese Diplomarbeit soll die Zunahme der überalternden Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsleistung in Betrieben und Unternehmen verdeutlichen und zudem einen Blick in voraussichtliche, zukünftige Entwicklungen werfen. Bislang aktuelle Theorien und Modelle der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit werden verglichen und in betrieblichen Kontext gestellt. Die Handlungsfelder der Arbeitsbewältigungsfähigkeit werden mit den Handlungsfeldern der Organisation, dem Personalmanagement und der Personal- und Organisationsentwicklung in Zusammenhang gebracht und so die Komplexität des Themas deutlich gemacht.
Die Lebensphasen eines Menschen sind im privaten und betrieblichen Bereich ausschlaggebend. Um Mitarbeiter im Unternehmen zu binden, ihr Know-how längerfristig nützen zu können, positive Unternehmenskultur zu leben, die Fluktuation zu reduzieren, die Zufriedenheit und Motivation zu erhöhen und dadurch auch höheren Unternehmenserfolg zu erzielen, ist es notwendig, auf die persönlichen Lebensphasen der Mitarbeiter einzugehen und zu versuchen, diese mit den betrieblichen Lebensphasen in Einklang zu bringen.
Eng in Zusammenhang mit den Lebensphasen und der Arbeitsbewältigungsfähigkeit stehen lebensphasen- und altersgerechte Karrieren. Es stellen sich die Fragen, welche Lebensphasen im betrieblichen Kontext eine besondere Herausforderung im Hinblick auf Karriereentwicklung und Führungsverhalten darstellen, wie die persönlichen Bedürfnisse dieser Lebensphasen mit den Bedürfnissen des Betriebes in Konsens gebracht werden können und welche Möglichkeiten es für […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Prolog

1. Einführung in die Problemstellung

2. Grundlagen
2.1. Demografische Entwicklung
2.2. Age-Management vs. lebenphasenorientiertes Management
2.3. Arbeitsbelastung und historische Entwicklung

3. Leistungs- und Arbeitsfähigkeit
3.1. Haus der Arbeitsfähigkeit
3.2. Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit aus individueller Sicht
3.3. Arbeitsfähigkeit - Arbeitsbewältigungsfähigkeit
3.4. Arbeitsbewältigungsindex (Work Ability Index)
3.5. Human Work Index
3.6. Erhaltung und Förderung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit

4. Organisationale Handlungsfelder
4.1. Personalmanagement
4.2. Personalentwicklung
4.3. Organisationsentwicklung
4.4. Arbeitsbewältigungsfähigkeit in Kontext mit Managementsystemen

5. Lebensphasen des Menschen im betrieblichen Kontext
5.1. Biosozialer Lebenszyklus
5.2. Lebensphasen im betrieblichen Kontext
5.3. Kontext Lebensphasen und Leistungsdimensionen
5.4. Lebensphasenorientierte Unternehmensführung
5.5. Lebensphasenorientiertes Human Ressource Management
5.6. Lebensphasenorientierte Personalentwicklung
5.7. Lebensphasenorientierte Führung

6. Altersgerechte Karriere
6.1. Neues Verständnis von Karriere
6.2. Alternative Karrierewege im Unternehmen
6.3. Geschlechterspezifische Laufbahnmuster und Work-Life-Balance
6.4. Aufgaben von Führungskräften

7. Modelle zur Umsetzung
7.1. Planungszeiträume
7.2. Personalstrukturanalyse
7.2.1. Personalbestand und Personalstruktur
7.2.2. Rahmenbedingungen
7.3. Potenzialanalyse
7.4. Modelle aus der Praxis
7.4.1. 7-Schritte-Modell AK
7.4.2. Programm Arbeit und Alter – altersgerechte Arbeitsorganisation

8. Umsetzung in oberösterreichischen Unternehmen
8.1. Methodik und Forschungsdesign
8.2. Expertenauswahl
8.2.1. WAGE – Winning age. Getting future!
8.2.2. SAFE – Zukunftsinitiative
8.2.3. Auswahl der Experten
8.3. Expertenmeinungen
8.3.1. Demografische Entwicklung und Auswirkungen
8.3.2. Bei welcher Altersgruppe ist es am wichtigsten anzusetzen?
8.3.3. Grundvoraussetzungen und Herausforderungen der Umsetzung
8.3.4. Anlaufschwierigkeiten, Probleme und Lösungen
8.3.5. Maßnahmen für lebensphasenorientiertes Arbeiten
8.3.6. Maßnahmen für altersgerechte Karrieren
8.3.7. Auswirkungen der umgesetzten Maßnahmen

9. Resümee und persönliche Stellungnahme

10. Abbildungsverzeichnis

11. Tabellenverzeichnis

12. Abkürzungsverzeichnis

13. Literaturverzeichnis

14. Anhang

Prolog

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Geschichte des Wasserträgers vom brasilianischen Schriftsteller Paolo Coelho beschreibt auf sehr treffende Weise das Altern der Menschen. Diese Analogie lässt sich besonders gut auf das Age-Management in Unternehmen übertragen. Vor allem ältere Mitarbeiter[1] tragen in einer speziellen Art aufgrund von Erfahrung, Souveränität und großem Know-how zu einem leistungsfähigen Unternehmen bei. Auch wenn die physiologische Leistungsfähigkeit bei zunehmendem Alter sinkt, können andere Potenziale von Älteren im betrieblichen Kontext genutzt werden.

Ihre Verlässlichkeit und Beständigkeit kann als Vorbildwirkung für Jüngere eingesetzt werden, ihr Know-how und fundiertes Fachwissen ist für Unternehmen unentbehrlich. Sie haben bereits viele Erfahrungen gesammelt und können so Zusammenhänge rascher erkennen und Risiken besser abschätzen. In vielen Branchen sind diese Kenntnisse und die Beständigkeit von großer Bedeutung, da sie auf langjährige Geschäftsbeziehungen und gefestigten Kundenstock aufbauen. Die geringere körperliche Leistung wird durch höhere geistige und soziale Leistung ausgeglichen, was vor allem für jüngere Mitarbeiter eine wertvolle Quelle bieten kann.

Es gilt nun, im Sinne der Personal- und Organisationsentwicklung, diese Möglichkeiten und Ressourcen, die in einem älteren Mitarbeiter stecken, zu entdecken und diese sinnvoll in einer Austauschbeziehung zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen einzusetzen und zu nutzen. So kann in einer gesunden Wechselbeziehung dem älteren Menschen eine hohe Wertigkeit und Geltung gegeben, und die veränderte Leistungsfähigkeit im Unternehmen wertschätzend, sinnvoll und effizient verwendet werden.

1. Einführung in die Problemstellung

Die Altersstruktur von Arbeitnehmern in Betrieben und Unternehmen steigt zunehmend an, auch die Lebensarbeitszeit erhöht sich. Problematisch dazu steht die sich rasch verändernde Arbeitswelt mit oft weniger günstigen Entwicklungen für Arbeitnehmer mit zunehmendem Alter. Für Unternehmen bedeutet es ein höherer Anteil an älteren Arbeitnehmern mit geringerem körperlichen Leistungspotenzial. Oft scheiden diese Mitarbeiter aufgrund dieser Entwicklung aus den Betrieben aus, mit ihnen aber auch sehr viel Know-how und Unternehmenskultur. Deshalb sollte sich jede Organisation bereits im Vorfeld überlegen, welche Maßnahmen auf betrieblicher und persönlicher Ebene getroffen werden können, um Arbeitspotenziale im Alter zu nützen. Dadurch können Betriebe auch gesellschaftspolitisch wirken und möglicherweise die Altersarbeitslosigkeit reduzieren.

Diese Diplomarbeit soll die Zunahme der überalternden Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsleistung in Betrieben und Unternehmen verdeutlichen und zudem einen Blick in voraussichtliche, zukünftige Entwicklungen werfen. Bislang aktuelle Theorien und Modelle der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit werden verglichen und in betrieblichen Kontext gestellt. Die Handlungsfelder der Arbeitsbewältigungsfähigkeit werden mit den Handlungsfeldern der Organisation, dem Personalmanagement und der Personal- und Organisationsentwicklung in Zusammenhang gebracht und so die Komplexität des Themas deutlich gemacht.

Die Lebensphasen eines Menschen sind im privaten und betrieblichen Bereich ausschlaggebend. Um Mitarbeiter im Unternehmen zu binden, ihr Know-how längerfristig nützen zu können, positive Unternehmenskultur zu leben, die Fluktuation zu reduzieren, die Zufriedenheit und Motivation zu erhöhen und dadurch auch höheren Unternehmenserfolg zu erzielen, ist es notwendig, auf die persönlichen Lebensphasen der Mitarbeiter einzugehen und zu versuchen, diese mit den betrieblichen Lebensphasen in Einklang zu bringen.

Eng in Zusammenhang mit den Lebensphasen und der Arbeitsbewältigungsfähigkeit stehen lebensphasen- und altersgerechte Karrieren. Es stellen sich die Fragen, welche Lebensphasen im betrieblichen Kontext eine besondere Herausforderung im Hinblick auf Karriereentwicklung und Führungsverhalten darstellen, wie die persönlichen Bedürfnisse dieser Lebensphasen mit den Bedürfnissen des Betriebes in Konsens gebracht werden können und welche Möglichkeiten es für Unternehmen gibt, im Sinne von altersgerechten Karrieren, die Arbeitspotenziale mit zunehmendem Alter effektiv nutzbar zu machen.

Neben einer ausführlichen Literaturrecherche werden aktuelle Projekte und Maßnahmen, hauptsächlich aus dem oberösterreichischen Raum beleuchtet, indem praxisnahe Möglichkeiten zur Vorgehensweise der Umsetzung und Implementierung von Handlungsweisen betrachtet werden. Insbesondere werden praxiserprobte Maßnahmen für lebensphasenorientiertes Arbeiten und altersgerechte Karrieren aufgrund von Expertengesprächen dargestellt.

Ein Vergleich dieser Verfahrensweisen ist in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll, da diese Thematik sehr branchen- und unternehmensspezifisch zu betrachten ist. Viele politische und gesellschaftspolitische Institutionen stehen mit dem Thema in sehr engem Zusammenhang, diese werden in der Arbeit nicht berücksichtigt, da es einerseits den Umfang der Arbeit sprengen würde und seitens der Unternehmen der Einfluss in diese Institutionen teilweise doch sehr gering ist. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt daher bei den Unternehmen und Betrieben.

2. Grundlagen

2.1. Demografische Entwicklung

Der Begriff der „demografischen Falle“ erklärt sich durch einen Wandel in der demografischen Entwicklung. Es ist damit die Zunahme von älteren Menschen bei gleichzeitiger Abnahme von jüngeren Menschen gemeint[2], wodurch es zu einer Öffnung der Altersschere kommt.[3] Die Auswirkungen dieser „demografischen Falle“ sind in unterschiedlichen Formen und Bereichen bereits erkennbar.

Der Altenquotient, ein Indikator, der das Verhältnis der Gesamtzahl inaktiver älterer Personen (über 65 Jahre) auf die Zahl der Personen im aktiven Arbeitsalter (von 15 bis 64 Jahren) aufzeigt[4], ist im Steigen. Durch den Mangel an jüngeren Erwerbspersonen fehlt es an Fachkräften in Unternehmen, die Altersarbeitslosigkeit nimmt zu, der Anteil an älteren Erwerbstätigen erhöht sich und die altersstrukturelle Zusammensetzung ist in vielen Betrieben sehr alterslastig. Die folgenden Darstellungen bestätigen die genannten Aussagen und zeigen sehr deutlich, wie sich der demografische Wandel bis jetzt vollzogen hat und wirft zudem auch einen Blick in die Zukunft.[5]

Der Altenquotient wird sich, wie in der grafischen Darstellung in Abbildung 1 nach Eurostat, in den kommenden 50 Jahren vermutlich um das Doppelte erhöhen, was bedeuten würde, dass die Anzahl der Personen über 65 Jahren, die nicht mehr aktiv im Erwerbsleben stehen, anteilsmäßig die Hälfte der Personen darstellen, die zwischen 15 und 64 Jahren aktiv erwerbstätig sind. Die ältere, erwerbstätig inaktive Bevölkerung wird sich daher in einem sehr großen Teil der Gesamtbevölkerung zeigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung1: Entwicklung des Altenquotienten in der EU und in Österreich[6]

Diese Entwicklung bringt weit reichende Folgen mit sich, nicht nur gesellschaftspolitisch, wo bereits viele Unsicherheiten in der Pensionsfinanzierung entstehen, sondern auch auf der betrieblichen Ebene. Es wird in der Entscheidung zwischen Altersteilzeit und gesetzliches Pensionsalter bei vielen älteren Erwerbstätigen zu einem Dilemma führen und für Unternehmen in der Personaleinstellung und Erhaltung von ausgeglichenen Altersstrukturen eine Herausforderung darstellen.

Die Entwicklung in Österreich wird ähnlich verlaufen wie in der Europäischen Union. Wird die nachfolgende Bevölkerungspyramide in Abbildung 2 betrachtet, ist zu erkennen, dass sich im Jahr 2030 die Altersgruppe der über 60- bis 70-Jährigen bedeutend erhöhen wird. Im Gegensatz dazu verringert sich die Anzahl der 30- bis 50-Jährigen, wodurch es zu einem geringeren Anteil an aktiv erwerbstätigen Personen kommt. Gesellschaftspolitisch wurde bereits darauf reagiert, in dem das gesetzliche Pensionsalter durch die Pensionsreform 2000 bei Männern auf 65 Jahre und bei Frauen auf 60 Jahre erhöht wurde. Weiters wird eine Angleichung des Antrittsalters der Frauen auf das der Männer bis 2030 angestrebt[7], um so einen Ausgleich zwischen der aktiv erwerbstätigen und inaktiven Bevölkerung zu schaffen und eine Finanzierung der Pensionen so lange als möglich bereitstellen zu können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung2: Bevölkerungspyramide für Österreich 2006 und 2030[8]

Aufgrund der erhöhten Lebenserwartung der Menschen wird die Bevölkerungszahl in den kommenden Jahren steigen und 2030 etwa neun Millionen Menschen in Österreich betragen (Abbildung 3). Diese liegt derzeit bei den Männern bei 77 Jahren und bei den Frauen bei 83 Jahren. Männer mit einem derzeitigen Alter von etwa 60 Jahren werden durchschnittlich noch 21 Jahre, Frauen noch weitere 25 Jahre leben. Weiters ist eine Steigerung der Lebenserwartung pro fünf Jahre um ein weiteres Jahr erkennbar.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung3: Bevölkerungsentwicklung Österreichs 1950 bis 2050[10]

Eine genauere Einschätzung der demografischen Entwicklung, vor allem in der Unterscheidung der breiten Altersgruppen, zeigt die Grafik in Abbildung 4 der Bevölkerungsentwicklung nach breiten Altersgruppen in Österreich.[11] Hier wird das Alter in drei große Gruppen untergliedert: in Null- bis 14-Jährige, in 15- bis 59-Jährige und in über 60-Jährige. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Anteil der Jüngeren wesentlich sinkt, im Gegensatz zu den über 60-Jährigen. Dieses Phänomen wird als „demografische Falle“ bezeichnet. In dieser Grafik ist jedoch zu beachten, dass die Aufteilung der Altersgruppen nicht in die aktiv Erwerbstätigen und nicht Erwerbstätigen gegliedert ist, da sich, wie bereits beschrieben, das derzeitige Pensionsalter auf 65 Jahre bei den Männern erhöht hat und auch eine Angleichung des Pensionsalters der Frauen in Planung ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung4: Bevölkerungsentwicklung nach breiten Altersgruppen in Österreich[12]

Die Darstellung in Abbildung 5 der alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten[13] ist vor allem bei den Frauen sehr aussagekräftig. Die Anzahl der Männer ist bei den 15- bis etwa 50-Jährigen im Rückgang, ab dem Alter von 60 Jahren ist eine geringe Erhöhung erkennbar. Im Gegensatz dazu entwickeln die Frauen eine erhöhte Erwerbstätigkeit: Seit den 70er Jahren sind Frauen vermehrt erwerbstätig, besonders jene zwischen 25 und 50 Jahren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung5: Alters- und geschlechtsspezifische Erwerbsquoten 1971 bis 2031[14]

Im Zusammenhang mit dieser Prognose stehen mit Sicherheit das höhere Alter der Erstgebärenden, 2007 bei 28 Jahren und durchschnittlich bei 29,8 Jahren, sowie der Rückgang der Geburtenzahl, die im Durchschnitt 2007 1,38 Kinder pro Frau beträgt.[15] Bessere Ausbildungsmöglichkeiten und so auch bessere Chancen am Arbeitsmarkt führen zu erhöhter Erwerbstätigkeit, aber auch zu geringerer Kinderzahl in den einzelnen Nationen. Generell ist ein Steigen der Anzahl von erwerbstätigen Frauen bis ins hohe Alter von 65 Jahren deutlich zu sehen, was durch die bevorstehende Angleichung des Pensionsalters begründbar ist.

Ein weiterer Trend lässt sich im Kontext zwischen dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand bzw. der bezogenen Krankenstandstage der erwerbstätigen Bevölkerung erkennen. In der nachfolgenden Abbildung 6 ist deutlich ein stetiger Rückgang der Krankenstandsfälle, besonders in den höheren Altersgruppen erkennbar. Gründe dafür können ein generell besserer Gesundheitszustand der Bevölkerung sein, aber auch die angespannte Arbeitsmarktlage und die Angst um einen Verlust der Arbeitsstätte im hohen Alter. Im Jahr 2005 betrug die durchschnittliche Krankenstandsdauer 11,8 Tage bei Männern, bei Frauen 11,1 Tage, was einem Rückgang von 12,6 % bei den Männern und 14,0 % bei den Frauen innerhalb von zehn Jahren entspricht.[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung6: Durchschnittliche Krankenstandsdauer in Tagen nach Alter seit 1995[17]

Die Altersarbeitslosigkeit wird durch die demografische Entwicklung immer mehr zu einem Problem, da der Anteil an älteren Menschen steigt. Der Grund dafür sind abfallende körperliche Leistungen und teilweise geringere Veränderungsbereitschaft im hohen Alter, weshalb für die Unternehmen die Attraktivität Ältere in den Betrieb aufzunehmen, sinkt.

Die folgende Tabelle 1 zeigt die Arbeitslosenquote (Anteil der Arbeitslosen an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen) von 2007 bis Mitte 2008. Generell ist zu erkennen, dass die Quote bei den Frauen immer höher ist als bei den Männern. Daraus lässt sich auch vermuten, dass ältere Frauen von der Altersarbeitslosigkeit mehr betroffen sind. Eine weitere Auffälligkeit zeigt sich in der Unterschiedlichkeit der Ausbildung. Bei Pflichtschulabsolventen ist eine bedeutend höhere Arbeitslosenquote zu erkennen als bei Akademiker. Daraus könnte geschlossen werden, dass Menschen, die sich mit Lernen weniger beschäftigen, geringere Chancen am Arbeitsmarkt erhalten. Auch wenn sich die Arbeitslosigkeit bei den Älteren (zwischen 55 und 64 Jahren) im Jahr 2007 reduziert hat, ist wieder ein leichter Anstieg bis Mitte 2008 erkennbar, während die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen (15 bis 24 Jahren) im Sinken ist.

Arbeitslosenquote 2007 bis Mitte 2008

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle1: Arbeitslosenquote 2007 bis Mitte 2008 (Statistik Austria 2008)

Als Prognosen für die nächsten Jahre[18] können eine Zunahme von 57 Prozent an Männern über 45 Jahre und ein Zuwachs von 77 Prozent bei Frauen über 45 Jahre bereits im Jahr 2010 verzeichnet werden. Diese Zahlen wirken doch etwas beängstigend und fordern dringenden Handlungsbedarf. Daher sind vor allem die Politik, die Wirtschaft und jeder Mensch für sich selbst gefordert, dieser Entwicklung durch verschiedene Maßnahmen entgegenzuwirken.

2.2. Age-Management vs. lebenphasenorientiertes Management

Age-Management bedeutet nach Köchling [19] die soziale und betriebliche Integration älterer Arbeitnehmer, wobei es nun von Bedeutung ist, den Begriff des Alters, wie er in dieser vorliegenden Arbeit benötigt wird, genauer zu definieren. Ilmarinen erklärt den Wortgebrauch im Sinne des Age-Managements auf folgende Weise:

„Kalendarisches (i.e. chronologisches, d. Hrsg.) Altern beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Deshalb kann eigentlich jeder in der erwerbstätigen Bevölkerung (von 15 bis 64 Jahren) als älter werdender Arbeitnehmer betrachtet werden. Die Definition eines älter werdenden Arbeitnehmers beschränkt sich im Allgemeinen jedoch auf den Zeitraum, in dem während des Arbeitslebens wesentliche Veränderungen in Bezug auf die arbeitsrelevanten Funktionen stattfinden.“[20]

Aufgrund dieser Definition ist der Begriff des Alters nicht nur auf die „ältere“ erwerbstätige Bevölkerung gelegt, sondern schließt alle Erwerbstätigen mit ein. Denn das Altern wird als „ Prozess der Veränderung beschrieben, dem alle Menschen unterliegen und der im Allgemeinen in der Reduzierung körperlicher und psychischer Leistungspotenziale (Verluste), aber auch in Gewinnen an Persönlichkeitsmerkmalen und kognitiven Kompetenzen wie z. B. strategisches Denken, Klugheit, Achtsamkeit, Weisheit, Argumentationsfähigkeit und Erfahrung (Ilmarinen 2000a mit Bezug auf Butler 1985) besteht.“[21]

Für die Unternehmen bedeutet dies, dass der Beginn von Maßnahmen auf erfolgreiches Age-Management nicht bei den über 45-Jährigen startet, sondern bereits auch alle anderen Mitarbeiter ab Unternehmenseintritt mit ins Programm genommen werden müssen und die Potenziale, je nach Individuum, in jedem Alter und entsprechend der Lebensphasen effektiv eingesetzt werden sollen. Daher wird in dieser Diplomarbeit von lebensphasen- bzw. lebenszyklenorientiertem Management gesprochen.

2.3. Arbeitsbelastung und historische Entwicklung

Wie zu Beginn die demografischen Entwicklungen in Kapitel 2.1. bereits ausführlich erläutern, werden sich die Altersstrukturen grundlegend ändern. Dieser Wandel spielt nicht nur im gesellschaftspolitischen Bereich eine große Rolle, vor allem in den Betrieben und Unternehmen muss auf diese Veränderung reagiert werden. Eng zusammenhängend im betrieblichen Aspekt ist auch die Entwicklung der Arbeitsfähigkeit mit bzw. im zunehmenden Alter.

Durch das Arbeiten kommt es zu einer stetigen Belastung des Arbeitnehmers und es folgen Veränderungen zwischen der Ausgangslage und der Endlage, die als Beanspruchung aus physikalischer Sicht messbar sind.[22] So wurde bereits in den Anfängen der Organisationsstudien versucht, die „Verschwendung menschlicher Anstrengung“[23] soweit als möglich zu reduzieren und das Scientific-Management entwickelte sich. Frederick W. Taylor war ein bedeutender Vertreter dieser neuen Form der Betriebsführung. Es gelang ihm, den „waste of human effort“ (die Verschwendung menschlicher Anstrengung) zu reduzieren und gleichzeitig, aufgrund des Einsatzes von Maschinen, die Produktion zu erhöhen. Die Menschen wurden an die Technik angepasst, die Persönlichkeit der Menschen rückte in den Hintergrund und die Organisation und das System standen im Mittelpunkt. Grundsätze des Taylorismus waren somit die Teilung der Arbeit in Kopf- und Handarbeit, eine Zerlegung und Standardisierung der Arbeitsabläufe, die Erstellung von Leistungskurven und eine Vorgabe von einem genauen Arbeitspensum. Die Akkordlöhne wurden eingeführt und dienten wesentlich der Leistungssteigerung. Taylor [24] gelang es, die Produktion auf diese Art zu steigern.

Kritisch zu betrachten ist bei diesem Ansatz, dass die psychischen und sozialen Aspekte der Arbeit außer Acht gelassen wurden. Die physischen Ressourcen des Menschen wurden so wenig als möglich belastet, aber so viel als möglich genützt, wodurch eine Kategorisierung und Diskriminierung von bestimmten Arbeitsgruppen entstanden ist.[25] Dieser Ansatz hat die Industriegesellschaft weitgehend geprägt und trotz der Hawthorne-Effekte, die die Human Relation Bewegung auslöste und erkannte, dass neben den bereits aus dem Taylorismus gegebenen optimalen Arbeitsbedingungen und guten Lohn auch die Aufmerksamkeit und die persönliche Beziehung eine wesentliche Rolle zur Produktionssteigerung führt[26], ist diese Denkensweise des Taylorismus noch immer tief in vielen Unternehmensführungen verankert.

Die Folgen des Taylorismus sind weit greifende: Es wurde erkannt, dass die gesundheitlichen Aspekte nicht beachtet wurden. Dies führt zu einer einseitigen Belastung, doch mittlerweile wird versucht, gesundheitsförderliche Elemente wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Es können drei große Irrtümer[27] von Taylors Ansatz gesehen werden. Als ersten nennt er die psychische Anforderung, wobei damit gemeint ist, dass aufgrund des hohen Arbeitstaktes und der Vorgabe von kleinen Erholungspausen eine psychische Entspannung nicht möglich ist. Den zweiten großen Irrtum nennt er die Abnahme von Entscheidungssituationen während des Arbeitsprozesses durch die klare Zerlegung eines Arbeitsprozesses in möglichst kleine Arbeitsschritte, was als Kontrollverlust des Arbeitenden bezeichnet werden kann. Der dritte Irrtum bezieht sich auf die strenge soziale Isolierung der Arbeiter. Jeder arbeitet für sich und seinen vorgegebenen Arbeitsschritt, die nicht nur auf die Persönlichkeit der Arbeitnehmer, sondern auch auf die Produktionsleistung große Auswirkungen hat, da der Austausch und die gegenseitige Unterstützung als produktionshemmend gesehen werden.

Demzufolge tritt heute auch Teamarbeit, selbstständiges Arbeiten und ständiges Lernen immer mehr in den Vordergrund, auch wenn viele Produktionsunternehmen noch im Taylorismus stecken, Einzelarbeitsplätze anbieten und Job-Rotation ein noch nicht ausgeführtes Stichwort ist. Langfristig werden sich jedoch auch die Produktionsbetriebe auf humane Arbeitsplätze umstellen müssen, um die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter so lange als möglich zu erhalten.

3. Leistungs- und Arbeitsfähigkeit

Der Zusammenhang zwischen der Leistungsfähigkeit und dem zunehmenden Alter wird als Dilemma bezeichnet: „Das Grundproblem bei der Verknüpfung von Alterungsprozessen und Arbeit besteht darin, dass sich die menschlichen Ressourcen und die Arbeitsanforderungen in unterschiedliche Richtungen entwickeln.“[28] Die nachfolgende Abbildung 7 zeigt das Problem der unterschiedlichen Entwicklung der physischen Arbeitsanforderung und der physischen Leistungsfähigkeit sehr deutlich. Während die Arbeitsanforderung im günstigsten Fall konstant bleibt bzw. in vielen Fällen sogar ansteigt, sinkt die physische Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter. Ab etwa dem 50. Lebensjahr unterschreitet die Kurve der physischen Leistungsfähigkeit die Gerade der physischen Arbeitsanforderung und ab diesem Alter entsteht das Problem. Der Arbeitnehmer ist nicht mehr so leistungsfähig, gesundheitliche Probleme und Krankenstände häufen sich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung7: Beziehung zwischen menschlichen Ressourcen und Arbeitsanforderungen – Problemdarstellung und Lösung[29]

Ilmarinen [30] sieht die Lösung für die unterschiedliche Entwicklung in der Fokussierung von den verbleibenden Potenzialen des Mitarbeiters und nicht in der Defizitanalyse und somit in der Anpassung der Arbeitsanforderung an die Leistungsfähigkeit. Die oben angeführte Grafik (Abbildung 7) zeigt die Möglichkeit, die physischen Arbeitsanforderungen zu vermindern und die physische Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters zu erhöhen, um so die nötige Energiekapazitäten und Reserven zur Erholung und Regeneration zu erhalten.

Diese Sichtweise kann durch die Theorie X und Theorie Y, von McGregor [31] entwickelt, bestätigt werden, die auf der Erkenntnis eines alten, stark kontrollierten Menschenbildes (Theorie X) und eines neuen selbstverantwortlichen Menschenbildes (Theorie Y) beruht. Die Theorie X geht von der Behauptung aus, dass der Mensch generell einen bestimmten Anteil an negativer Einstellung zur Arbeit mitbringt und zu einem gewissen Teil von der Arbeit abgeneigt ist. Daher ist eine Führung, Lenkung und Kontrolle notwendig, um die vorgegebene Soll-Leistung zu erreichen. Weiters ist der Durchschnittsmensch nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen und möchte zudem geführt werden. McGregor spricht hier von einer vorurteilsbelastenden Lehre, die sich auch vielen Vorgesetzten von heute noch finden lässt. Diese Betrachtung des Menschenbildes bewirkt passives Arbeitsverhalten, der Arbeitnehmer bewältigt nur die Arbeiten, die getan werden müssen und kontrolliert werden. Die eigene Verantwortung dem Beruf und sich selbst gegenüber wird auf das geringste Pensum reduziert, Kreativität, Eigeninitiative und Engagement unterdrückt und so die Theorie X belegt.

Das Gegenteil dazu bildet die Theorie Y, die von der These ausgeht, dass dem Menschen die Arbeitsscheu nicht angeboren ist, sondern dieser seine Arbeit gerne und verantwortungsvoll verrichtet. Dadurch ist keine Fremdkontrolle wie in der Theorie X notwendig. Der Arbeitnehmer kontrolliert sich selbst, hat eigene Ziele und kann sich mit den Unternehmenszielen identifizieren. Die Führungskraft gesteht dem Mitarbeiter genügend Handlungsspielraum und Selbstkontrolle zu, wodurch sich ein hohes Engagement für die Arbeit entwickelt. In weiterer Folge führt dies zu hoher Initiative und Verantwortungsbereitschaft, womit die Theorie Y des verantwortlichen Handelns wieder bestätigt wird.[32]

Dieses Modell beeinflusst die Motivation jedes einzelnen Mitarbeiters bedeutend. Dennoch kann nicht nur mit der eigenen Motivation und Selbstverantwortung, auch wenn diese zum größten Anteil dazu beitragen, die Arbeitsleistung bis zum Berufsaustritt erhalten. Eine große Rolle spielen die Rahmenbedingungen, in die ein Mitarbeiter eingebettet ist. Im folgenden Kapitel werden diese anhand des Modells „Haus der Arbeitsfähigkeit“ dargestellt.

3.1. Haus der Arbeitsfähigkeit

Das Haus der Arbeitsfähigkeit [33] zeigt die Rahmenbedingungen für das Verhalten von Menschen in vier Säulen bzw. vier Ebenen, die zur gesunden Leistungsfähigkeit eines Menschen benötigt werden. Zunächst wird der Begriff Arbeitsfähigkeit näher erläutert, des Weiteren wird auf die vier Ebenen näher eingegangen.

„Unter Arbeitsfähigkeit verstehen wir dabei die Summe von Faktoren, die eine Frau oder einen Mann in einer bestimmten Situation in die Lage versetzen, eine gestellte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.“[34]

Unter Arbeitsfähigkeit werden „ physische und mentale Kapazitäten zur Ausübung von Tätigkeiten, die auf bestimmte Berufserfahrungen basieren[35], verstanden. Dieser Begriff lässt sich zur Arbeitsbewältigungsfähigkeit weiter ausformulieren. Aufgrund der Komplexität, die auf den Menschen wirkt, ist die Arbeitsbewältigungsfähigkeit eine treffendere Bezeichnung, um die menschliche Leistungsfähigkeit auszudrücken.[36] Diese Komplexität zeigt sich in den vielen Faktoren, die auf die Arbeitsbewältigungsfähigkeit einwirken und im folgenden Teil beschrieben werden.

Zu diesen komplexen Faktoren zählen nicht nur die Arbeitsbedingungen, die von Seite des Unternehmens gewährleistet werden müssen, auch die individuelle Komponente des Menschen findet hier große Bedeutung. Grundsätzlich kann die Arbeitsbewältigungsfähigkeit als Haus wie in nachstehender Abbildung 8 betrachtet werden, mit vier Stockwerken, wobei jedes einzelne solide und fest gebaut sein sollte, um die Tragfähigkeit sicherstellen zu können. Im ersten Stockwerk ist der Faktor Gesundheit zu sehen, der die physische sowie mentale Gesundheit und das gesunde soziale Zusammenleben inkludiert. Ausbildung und Kompetenz bilden die zweite Ebene, die das spezifische berufliche Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen beinhalten. Die dritte Ebene kann als Führungs- und Unternehmenskultur zusammengefasst werden. Die Einstellungen und Werte, die zum einen jede Person selbst mitbringt und zum anderen das Unternehmen verfolgt, sollten hier in Einklang gebracht werden. Erst im vierten Stockwerk findet sich der Bereich der Arbeitsbedingungen wieder, dieser Faktor beinhaltet alle Komponenten der Arbeitsanforderungen, Lohn, Arbeitsumwelt usw.[37]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung8: Haus der Arbeitsfähigkeit[38]

Alle vier Säulen müssen, wie bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt, solide gebaut sein. Kommt es zu einer massiven Unausgeglichenheit in einer Ebene, wirkt sich das auch auf die anderen Ebenen aus. Das Haus beginnt zu bröckeln, es wird schief, das Fundament kann das Dach der Arbeitsfähigkeit nicht mehr tragen und die Bewältigung der Arbeit ist nicht mehr gegeben.

3.2. Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit aus individueller Sicht

In der nachfolgenden Grafik (Abbildung 9) wird auf die einzelnen Komponenten näher eingegangen. Zu beachten ist vor allem, dass die individuelle Sichtweise einen besonderen Stellenwert hat. Für jeden Einzelnen sind diese Begriffe anders besetzt, manche benötigen vielleicht mehr an Ausbildung, andere mehr an Motivation von außen, um die Arbeit bewältigen zu können. Grundsätzlich sind aber alle vier Komponenten notwendig, um die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Diese Grafik ergab sich aus Ergebnissen des finnischen Forschungsinstitutes, in der Folge immer mit FIOH abgekürzt, das die Zusammenhänge zwischen Menschen, individuellen Ressourcen und Arbeitsanforderungen im Zeitraum von 20 Jahren untersuchte.[39]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung9: Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit[40]

Die Ergebnisse dieser arbeitswissenschaftlichen Forschung sind, dass diese vier Säulen mit ihren Inhalten einen dynamischen Prozess bilden und die Komponenten in einem Zusammenhang stehen. Die physischen, mentalen Kapazitäten und das sozialen Umfeld der ersten Säule bedingen sich zum einen untereinander und zum anderen mit der zweiten Säule, dem Wissen, den Kompetenzen und der Qualifizierung für den Beruf. Diese Komponenten wirken auf der gesundheitlichen und auf der fachlich kompetenten Ebene auf die menschlichen Ressourcen, um eine bestimmte Arbeit überhaupt verrichten zu können, was hier unter dem Begriff der Arbeitsfähigkeit verstanden wird.[41]

Diese Arbeitsfähigkeit ist weiters begründet durch das Arbeitsumfeld, die physischen Ansprüche, der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz und dem geforderten geistigen Potenzial der Arbeit selbst. Die Säule der Führungs- und Unternehmenskultur bildet durch Motivation und Arbeitszufriedenheit, sowie durch eine Übereinstimmung der Werte und Einstellungen von Arbeitnehmern und Unternehmen weitere wichtige Einflussfaktoren. Allerdings ist hier zu vermerken, dass sich die Komponenten gegenseitig bedingen, zumal optimale Voraussetzungen der Arbeits- und Personalorganisation eine wichtige Basis zur Einsetzung von persönlichen Ressourcen schaffen können. Aber auch bei eingeschränkten individuellen Ressourcen können selbst die besten Einflüsse des Unternehmens diese Lücke nicht füllen.[42]

Daraus lässt sich ableiten, dass ein sehr großer Anteil der menschlichen Ressource, die benötigt wird, um arbeitsfähig zu sein, von der individuellen Person selbst abhängig ist, und die Selbstverantwortung einer Person eine sehr große Rolle spielt. Hier findet auch die Theorie Y von McGregor im betrieblichen Kontext ihre Anwendung, um die Selbstverantwortung für die eigene Person und für die zu verrichtende Arbeit, mit den eigenen menschlichen Ressourcen zu vollbringen. Diese Eigenverantwortung kann durch die Art der Führung des Unternehmens und der Vorgesetzten gefördert werden, indem das nötige Vertrauen in die fachliche Kompetenz der Mitarbeiter und ihre Befugnis zu selbstständigen Entscheidungen erbracht wird.

3.3. Arbeitsfähigkeit - Arbeitsbewältigungsfähigkeit

Der Begriff der Arbeitsbewältigungsfähigkeit wird auch als „Work Ability“ bezeichnet. Im betrieblichen Kontext findet sich dieser Begriff als Schlüsselfunktion wieder, da die Arbeitsbewältigungsfähigkeit in Austauschbeziehung zwischen den älteren und den jüngeren Mitarbeitern steht. Interessanterweise gibt es bis dato noch keine bestätigten Forschungsergebnisse zur „Work Ability“ bei jüngeren Menschen.[43] Deshalb sollte auf jeden Fall beachtet werden, dass die Zuschreibung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit nicht nur auf ältere Arbeitnehmer trifft, sondern auch junge Mitarbeiter einen günstigen Rahmen bzw. ein solides Fundament zur Arbeitsbewältigung bedürfen.

„Negt erinnert daran, dass Arbeit in ihrer Ursprungsbedeutung von der Antike bis ins Mittelalter mit Mühsal, Last und Armut verknüpft war. Nur wer sich ohne Arbeit und Alltagssorgen der Muße hingeben konnte, war frei.“[44]

Der Begriff der Arbeit hat sich bis heute stark verändert. Viele Menschen verbinden mit ihrem Beruf in erster Linie Lust und Freude, Platz zur Selbstverwirklichung, Entfaltung und Anerkennung und sehen ihn oft auch als Hobby und nicht als Verpflichtung und Last. Diese Veränderung der Bedeutung des Wortes Arbeit liegt vor allem der Veränderung der Wertehaltung zu Grunde. Sie wird generell als sehr wichtig gesehen und dient nach wie vor dafür, Einkommen und Sicherheit zu erlangen, die Bedeutung der Last und Armut hat sich aber zum Teil sogar ins Gegenteil verändert. Status, Anerkennung und Selbstverwirklichung sind wichtige Schlagwörter geworden. Aber auch der Begriff der Wertigkeit findet hier eine sehr große Bedeutung, da für viele Menschen die Arbeit zur Identifikation der eigenen Person einen hohen Stellenwert besitzt und zur Sinnhaftigkeit im Leben beiträgt.[45]

3.4. Arbeitsbewältigungsindex (Work Ability Index)

Der Arbeitsbewältigungsindex, im folgenden Text in der Abkürzung ABI verwendet oder auch Work Ability Index, abgekürzt WAI, dient zur Messung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit von Menschen und wurde auf Grund einer finnischen Bevölkerungsstudie entwickelt. In dieser Studie wurden Frauen und Männer aufgefordert, ihre Arbeitsfähigkeit einzustufen. Diese Ergebnisse wurden mit den Beurteilungen der Arbeitsfähigkeit von Ärzten gegenübergestellt und es konnte eine sehr gute Übereinstimmung zwischen der Selbst- und der Fremdeinschätzung erkannt werden. In Form eines einfachen Fragebogens können die Mitarbeiter in sieben Fragekomplexen ihre eigene Arbeitsbewältigungsfähigkeit bewerten.[46] Die Tabelle 2 zeigt die Fragekomplexe mit ihrer dazugehörigen Punkteanzahl.

Fragekomplexe des Arbeitsbewältigungsindex

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle2: Fragenkomplexe des Arbeitsbewältigungsindex[47]

Die Punktezahlen der jeweiligen Fragekomplexe werden addiert und können minimal sieben Punkte und maximal 49 Punkte erreichen. Die aufsummierte Punktezahl spiegelt die Selbsteinschätzung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit wider, welche mit der Einschätzung des Arbeitsmediziners, aufgrund von vorangegangen Studien belegt, übereinstimmt. Je höher die erreichte Punktezahl, desto besser ist die Arbeitsbewältigungsfähigkeit. Die Einstufung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit erfolgt von schlecht bis sehr gut.[48]

Einstufung der Punkteanzahl

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle3: Einstufung der Punkteanzahl[49]

Diese Zahlen zeigen, wie hoch die Arbeitsbewältigungsfähigkeit eines einzelnen Menschen ist. Durch dieses Testverfahren wird die eigene Arbeitsbewältigungsfähigkeit durch die eigene Person wahrgenommen und somit bewusst gemacht. Diese Bewusstseinsbildung ist ausschlaggebend, ob und wie ein Mensch sein Arbeitsleben in Zukunft verbringen wird. Zudem ist eine Prognose für vorzeitigen Berufsaustritt aufgrund von verminderter Arbeitsfähigkeit mit zunehmendem Alter möglich. Das soll aber nicht bedeuten, dass grundsätzlich mit zunehmendem Alter die Arbeitsfähigkeit sinkt. Es muss hier zwischen einem möglichen generellen Sinken, einem möglichen Sinken in unterschiedlichen Bereichen und sogar einem Steigen der Arbeitsfähigkeit unterschieden werden.[50]

3.5. Human Work Index

Der Human Work Index, als Kurzform wird die Bezeichnung HWI verwendet, wurde als Messinstrument zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge vom Institut für humanökologische Unternehmensführung (IBG) in Zusammenarbeit mit dem Finish Institute of Occupational Health (FIOH) entwickelt. Dieser Index kann als Weiterentwicklung des ABI gesehen werden, da er als Dimensionen neben der Arbeitsbewältigung auch das Arbeitsinteresse und die Zusammenarbeit im Unternehmen erfasst. Wichtige Kriterien wie Leistung, Führungsqualität, Verbleib, Gesundheit, Unfallrisiko und Lebenserwartung sind in diesem Index inkludiert. Hauptaufgaben dieser Messungen sind das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter zu erhöhen, bestehende Krankheiten sowie Störungen zu erkennen und Maßnahmen zur Bewältigung zu entwickeln.[51]

Um optimales und nachhaltiges Arbeitsvermögen zu erreichen, bedarf es einer persönlichen Produktivität, die die beste Leistung und Innovationsbereitschaft ergibt und die Gesundheit und persönliche Entwicklung fördert.[52] Das Arbeitsvermögen wird in drei Gebiete untergliedert und in der folgenden Tabelle 4 mit den drei Dimension des HWI aufgeschlüsselt.

Dimensionen menschlicher Arbeit und Qualität nachhaltigen Arbeitsvermögens

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Tabelle4: Dimensionen menschlicher Arbeit und Qualität nachhaltigen Arbeitsvermögens[53]

Die Dimensionen des Arbeitsvermögens wurden in der Tabelle 4 mit den Dimensionen der Person hervorgehoben. Es soll veranschaulichen, dass das Arbeitsvermögen von der eigenen Person abhängig ist und zudem auch als Aufgabe der Führung dargestellt wird, die dadurch das persönliche und das betriebliche Wachstum fördern kann.[54]

Der HWI–Fragebogen ist in 25 Fragen und drei Dimensionen gegliedert, die das Arbeitsvermögen (Arbeitsbewältigung, Arbeitsinteresse und Zusammenarbeit), die Gesundheit & Stimmung und die Work-Private-Balance (Lebensqualität) erkunden. Ausgewertet wird zum einen in Prozent, wobei 100 Prozent als bester Wert gilt, sowie auch in Klassen von ausgezeichnet bis niedrig. Hohes Arbeitsvermögen zeigt hohe persönliche Produktivität, verbesserte Wirtschaftlichkeit und beste Gesundheit und trägt wesentlich zum persönlichen bzw. betrieblichen Wachstum bei. Die Mitarbeiter bleiben länger, stärker und gesünder im Arbeitsprozess, wodurch eine höhere Nachhaltigkeit gegeben ist. Gegenteilig kann sich niedriges Arbeitsvermögen auswirken, wodurch es zu einer Gefährdung der Nachhaltigkeit kommen kann.[55]

Durch die Komplexität des HWI lassen sich betriebliche Maßnahmen für ein nachhaltiges Management ableiten und Aufgaben für die Führungskräfte und Schlüsselpersonen formulieren. Im Human Quality Management, infolge als HQM abgekürzt verwendet, sind alle Funktionen um den HWI aufgebaut.[56] Die Führungsziele sind darauf errichtet, das Arbeitsvermögen so gut als möglich zu entfalten und werden mit den Faktoren Kultur, Prozesse im Unternehmen und Mensch kombiniert. Die nachfolgende Tabelle 5 zeigt die Ziel-Matrix des HQM.

[...]


[1] Die gleichberechtigte Nennung von weiblicher und männlicher Form wie an dieser Stelle wird aus Gründen der Lesbarkeit nicht in der gesamten Arbeit verwendet. Sofern im Text nicht anders erwähnt, sind im Folgenden mit einer männlichen Form immer beide Geschlechter angesprochen.

[2] vgl. Köchling 2000, S. 1

[3] vgl. Buck 2004, S. 11

[4] vgl. Eurostat, dl.: 09.08.2008

[5] vgl. Köchling 2000, S. 1

[6] vgl. Eurostat, dl.: 09.08.2008

[7] vgl. Österreichische Sozialversicherung, dl.: 09.08.2008

[8] vgl. Statistik Austria, dl.: 09.08.2008

[9] vgl. Statistik Austria, dl.: 11.09.2008

[10] Ebd.

[11] vgl. ebd.

[12] Statistik Austria, dl.:11.09.2008

[13] vgl. ebd.

[14] Statistik Austria, dl.: 11.09.2008

[15] vgl. ebd.

[16] vgl. Statistik Austria, dl.: 11.09.2008

[17] Ebd.

[18] vgl. Moser 2008, S. 7

[19] vgl. Köchling 2000, S. 47

[20] Ilmarinen 2004, S. 29

[21] Köchling 2000, S. 48

[22] vgl. Ilmarinen 2002, S. 160

[23] Abels 2004, S. 207

[24] vgl. ebd., S. 207f

[25] vgl. Ilmarinen 2002, S. 160

[26] vgl. Abels 2004, S. 209f

[27] Ilmarinen 2002, S. 161f

[28] Ilmarinen 2002, S. 153

[29] vgl. ebd., S. 254

[30] vgl. ebd., S. 154f

[31] vgl. McGregor 1970, S. 47ff

[32] vgl. ebd., S. 59ff

[33] vgl. Ilmarinen 2002, S. 339

[34] ebd., S. 166

[35] Köchling 2000, S. 47

[36] vgl. ebd.

[37] vgl. Ilmarinen 2002, S. 166f

[38] vgl. ebd., S. 339

[39] vgl. Ilmarinen 2002, S. 167

[40] vgl. ebd.

[41] vgl. Ilmarinen 2002, S. 167f

[42] vgl. ebd., S. 168f

[43] vgl. Köchling et.al. 2000, S. 47

[44] Böhm & Buchinger 2007, S. 39

[45] vgl. ebd., S. 128ff

[46] vgl. Ilmarinen 2002, S. 169f

[47] vgl. ebd., S. 170

[48] vgl. Ilmarinen 2002, S. 171

[49] vgl. ebd.

[50] vgl. ebd.

[51] vgl. Kloimüller et. al. 2008, S. 39f

[52] vgl. ebd. 2008, S. 41

[53] vgl. ebd.

[54] vgl. ebd.

[55] vgl. Kloimüller et. al. 2008, S. 44f

[56] vgl. ebd., S. 46f

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836632881
DOI
10.3239/9783836632881
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (Juli)
Note
3
Schlagworte
age-management karrieren personalentwicklung lebensphase leistungsfähigkeit
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Titel: Lebensphasenorientiertes Arbeiten und altersgerechte Karrieren unter dem Aspekt des betrieblichen Age-Managements
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