Lade Inhalt...

Fehlverhalten in der PR

Eine Rekonstruktion der Berichterstattung im Fall Flaskamp: Sind die Moral- und Ethikrichtlinien für die PR mehr Schein als Sein?

©2009 Bachelorarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die PR-Branche versucht Moral und Ethik ihrer Arbeit durch Kodizes zu sichern. Allein in Deutschland existieren drei Kodizes und eine Richtlinie, die von der Deutschen Public Relations-Gesellschaft (DPRG) in deren Ethikkommission festgehalten werden. Diese führt unter anderem den Code d’Athènes und den Code de Lisbonne als berufsmoralische Normenkataloge. Hinzu kommen Sieben Selbstverpflichtungen eines DPRG-Mitglieds, welche 1995 als ethische Grundlinien in die DPRG-Leitlinien übernommen wurden. Der Deutsche Rat Public Relations (DRPR) errichtete unter anderem 1997 die DRPR-Richtlinie für den Umgang mit Journalisten. Träger des DRPR sind die DPRG, die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA), der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) und die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (de’ge‘pol).
Aber wie sieht die Einhaltung der Moral und Ethik in der Praxis aus? An einem Fallbeispiel der PR-Agentur Flaskamp AG mit Sitz in Berlin soll ein Regelverstoß dargestellt werden. Das Thema ist deshalb relevant, da es interessant erscheint, ob die aufgestellten Moral- und Ethikgrundsätze und das Verstoßen dagegen gerügt wird und die Institution, die gegen einen oder mehrere Grundsätze verstoßen hat, in der Öffentlichkeit angeprangert wird. Das Exempel: Das Bundesministerium für Wirtschaft bot als Kunde der Agentur Flaskamp im Jahr 2007 deutschen Regionalzeitungen über die Agentur öffentliche politische Veranstaltungen und Redaktionsbesuche durch den Staatssekretär an und stellte dafür Gegenfinanzierungen durch Anzeigen in Aussicht. Im Klartext heißt das: Für positive Berichterstattung der angesprochenen Medien über die Arbeit der Agentur Flaskamp werden im Gegenzug die Schaltung von Werbeanzeigen des Bundeswirtschaftsministerium sowie der mitwirkenden Industrie- und Handelskammer (IHK) in Aussicht gestellt.
Die Kampagne hieß ‘Dialogtour - Impulse für Wachstum’. Flaskamp ist eine Kommunikationsagentur für strategische Beratung (Consulting) und setzt strategisch definierte Maßnahmen über alle Kommunikationskanäle hinweg um (Campaigning). Die Agentur soll den Regionalzeitungen genaue Vorgaben wie Vor- und Nachberichterstattung zu den jeweiligen Veranstaltungen, Berichterstattung über den Redaktionsbesuch des Bundeswirtschaftsministeriums etc. gemacht haben. Eine schriftliche oder mündliche Stellungnahme zu den Koppelungsgeschäften wurde dem Verfasser dieser Arbeit telefonisch von der Agentur verweigert. Mindestens eine […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Moral und Ethik
2.1 Allgemeine Begriffsbestimmungen
2.2 Einige Richtlinien und Kodizes der PR in Deutschland
2.3 Verstöße von Flaskamp gegen Richtlinien und Kodizes
2.4 Verstöße gegen Kodizes und Richtlinien = gang und gäbe?

3. Operationalisierung
3.1 Forschungsfrage
3.2 Festlegung der Forschungsannahmen
3.3 Erhebungsinstrument
3.4 Kategorienschema

4. Analyse des Untersuchungsmaterials
4.1 Umfang der Dokumente
4.2 Verfasser der Dokumente
4.3 Beschreibung/ Wertung des Falls
4.4 Überschrift
4.5 Schuldige
4.6 Art der Thematisierung
4.7 Ursachen für das Fehlverhalten
4.8 Vorkommen von PR- und Pressekodizes und Richtlinien

5. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

Codebuch

Agenturangebot

Untersuchungsmaterial

Kodizes und Richtlinien

1. Einleitung

Die PR-Branche versucht Moral und Ethik ihrer Arbeit durch Kodizes zu sichern. Allein in Deutschland existieren drei Kodizes und eine Richtlinie, die von der Deutschen Public Relations-Gesellschaft (DPRG) in deren Ethikkommission festgehalten werden.[1] Diese führt unter anderem den Code d’Athènes und den Code de Lisbonne als berufsmoralische Normenkataloge. Hinzu kommen Sieben Selbstverpflichtungen eines DPRG-Mitglieds, welche 1995 als ethische Grundlinien in die DPRG-Leitlinien übernommen wurden. Der Deutsche Rat Public Relations (DRPR) errichtete unter anderem 1997 die DRPR-Richtlinie für den Umgang mit Journalisten. Träger des DRPR sind die DPRG, die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA), der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) und die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (de’ge‘pol).

Aber wie sieht die Einhaltung der Moral und Ethik in der Praxis aus? An einem Fallbeispiel der PR-Agentur Flaskamp AG mit Sitz in Berlin soll ein Regelverstoß dargestellt werden. Das Thema ist deshalb relevant, da es interessant erscheint, ob die aufgestellten Moral- und Ethikgrundsätze und das Verstoßen dagegen gerügt wird und die Institution, die gegen einen oder mehrere Grundsätze verstoßen hat, in der Öffentlichkeit angeprangert wird. Das Exempel: Das Bundesministerium für Wirtschaft bot als Kunde der Agentur Flaskamp im Jahr 2007 deutschen Regionalzeitungen über die Agentur öffentliche politische Veranstaltungen und Redaktionsbesuche durch den Staatssekretär an und stellte dafür Gegenfinanzierungen durch Anzeigen in Aussicht. Im Klartext heißt das: Für positive Berichterstattung der angesprochenen Medien über die Arbeit der Agentur Flaskamp werden im Gegenzug die Schaltung von Werbeanzeigen des Bundeswirtschaftsministerium sowie der mitwirkenden Industrie- und Handelskammer (IHK) in Aussicht gestellt.

Die Kampagne hieß „Dialogtour - Impulse für Wachstum“. Flaskamp ist eine Kommunikationsagentur für strategische Beratung (Consulting) und setzt strategisch definierte Maßnahmen über alle Kommunikationskanäle hinweg um (Campaigning).[2] Die Agentur soll den Regionalzeitungen genaue Vorgaben wie Vor- und Nachberichterstattung zu den jeweiligen Veranstaltungen, Berichterstattung über den Redaktionsbesuch des Bundeswirtschaftsministeriums etc. gemacht haben.[3] Eine schriftliche oder mündliche Stellungnahme zu den Koppelungsgeschäften wurde dem Verfasser dieser Arbeit telefonisch von der Agentur verweigert. Mindestens eine Zeitung, die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ), hat sich auf das Angebot von Flaskamp eingelassen und die Kampagne in der Berichterstattung mehrmals genannt. Die ersten Artikel erschienen am 05.07.2007 mit den Titeln „Ein Maßnahmebündel für die kleinen Unternehmen“ und „Der Osten braucht auch weiter eine besondere Förderung. Staatssekretär Walther Otremba zur Mittelstandspolitik“. Es folgten am 09.07.2007 „Mittelstand im Fokus Dialogtour des Wirtschaftsministeriums“, am 11.07.2007 „Staatsekretär diskutiert mit Mittelständlern“ und am 13.07.2007 „Der märkische Mittelstand ist bester Laune. Auf seiner ‚Dialogtour‘ darf sich Staatsekretär Walther Otremba vor allem Lob für die Politik der Bundesregierung anhören“. Alle Artikel sind im Onlinearchiv der MAZ einsehbar.[4] Anzeigen vom Bundeswirtschaftsministerium erschienen am 07./ 08.07.2007 und 10./ 11.07.2007.[5] Unklar ist, ob weitere Zeitungen auf das Koppelungsangebot von Flaskamp eingegangen sind. Im August 2007 sind nach Angaben des Ministeriums bereits 140.000 Euro in die Kampagne geflossen. Die „unmoralischen Angebote“ von Flaskamp kamen ans Licht, weil ein Mitarbeiter der Agentur zwei unterschiedliche Vorgänge - Pressearbeit und Anzeigenschaltung - im Gespräch und Schriftwechsel mit einem Vertreter der Zeitung zusammen besprochen habe, was angeblich nicht mit dem Auftraggeber Bundeswirtschaftministerium abgesprochen war.

Welche Kodizes und Richtlinien wurden bei diesem Fall missachtet? Was ist danach passiert? Wer hat reagiert? In der folgenden Arbeit soll diesen Fragen auf den Grund gegangen werden. Untersucht werden sollen mit einer Inhaltsanalyse Reaktionen der DPRG, des DRPR, der de’ge’pol, des Deutschen Journalisten Verband (DJV) sowie Artikel von großen deutschen Regionalzeitungen, landesweiten Magazinen und PR-spezifischen Journalen im jeweiligen Online-Archiv im August 2007 zum Zeitpunkt der Aufdeckung des Falls. Zunächst werden unter Kapitel 2 Begriffsbestimmungen zu Moral und Ethik gegeben und einige wichtige in Deutschland geltende PR-Kodizes und Richtlinien erläutert. Kapitel 2 zeigt weiterhin auf, welche Verstöße Flaskamp getätigt hat. Im nächsten Schritt wird unter Abschnitt 3 die Forschungsfrage für den empirischen Teil dieser Arbeit vorgestellt und die Methode der Inhaltsanalyse mit dem Kategorienschema aufgezeigt. Anschließend folgen die Darstellung der wichtigsten Ergebnisse aus der Untersuchung in Abschnitt 4 und die Zusammenfassung der Resultate mit der Schlussbetrachtung in Kapitel 5.

2. Moral und Ethik

2.1 Allgemeine Begriffsbestimmungen

Moral wird gemeinhin verstanden als das der gesellschaftlichen Praxis zugrunde liegende und als verbindlich akzeptierte ethisch-sittliche Normensystem des Handelns.[6] Synonyme des Begriffs Moral sind Gewohnheit, Sitte oder Brauch. „Moral richtet sich also nach den jeweils in der Gesellschaft ausgebildeten Werten und tritt in Form von Ge- und Verboten auf.“[7]

Ethik bezeichnet die philosophische Auseinandersetzung mit dem Sittlichen mit der vordergründigen Frage: Was sollen wir Menschen tun?[8] Somit befasst sich Ethik mit menschlichem Handeln und den von diesem Handeln erzeugten Wirkungen und Produkten. Bezogen auf Public Relations ist moralisches Handeln als allgemein gültiges Handlungsmuster der Gesellschaft zu verstehen. Allerdings könnte dieses an Normensystemen orientierte Handeln auch auf viele andere Berufsgruppen übertragen werden.

2.2 Einige Richtlinien und Kodizes der PR in Deutschland

Im Folgenden werden nur die für den Fall Flaskamp zutreffendsten Kodizes und Richtlinien vorgestellt, da die Gesamtheit der in Deutschland gültigen Kodizes und Richtlinien zu umfassend und für diese Arbeit in ihrem vollen Umfang nicht relevant ist.

Der Code d’Athènes[9] wurde am 31.08.1966 von der DPRG übernommen. Vorausgegangen war die Generalversammlung in Athen am 11.05.1965 „Confédération Européenne des Relations Publiques“ C.E.R.P. Der Code proklamiert den Glauben an die Menschenrechte sowie an die Würde und den Wert der menschlichen Person. Unter Punkt 1 bis 9 werden die PR-Organisationen, die den Code d’Athene unterzeichnet haben, auf ihre Pflichten hinsichtlich der moralischen Grundbedingungen hingewiesen. Die Punkte 10 bis 13 hingegen verweisen auf Unterlassungen, die einzuhalten sind.

Der Code de Lisbonne[10] ist der europäische Kodex der Verhaltensgrundsätze in der Öffentlichkeit. Er wurde am 03.11.1989 festlegt und am 11.05.1991 von der DPRG übernommen. Die 19 Artikel des Codes sind in drei Teile gegliedert. Artikel 1 bestimmt den ersten Teil: die Kriterien für Personen, die diesem Kodex unterstehen. Teil 2 umfasst Artikel 2 bis 5. Dieser führt die allgemeinen beruflichen Verhaltensregeln. Der dritte Teil, von Artikel 6 bis 19 enthält spezifische Verhaltensnormen gegenüber Auftrag- oder Arbeitgebern, gegenüber der öffentlichen Meinung und den Informationsmedien, gegenüber Berufskollegen und gegenüber dem Berufsstand.

Die DRPR-Richtlinie für den Umgang mit Journalisten[11] sieht in drei Punkten (1. PR-Aufträge, 2. Pressegeschenke, 3. Einladungen) vor, dass PR-Praktiker und Journalisten die Trennlinien zwischen ihren jeweiligen Funktionen stets wahren sollen. Journalisten dürfen PR-Personen nicht zu Vorteilsannahmen verleiten. Finanzielle sowie andere Zuwendungen dürfen nicht erfolgen.

Die sieben Selbstverpflichtungen eines DPRG-Mitglieds[12] sind seit 1995 als eine der ethischen Maßstäbe des Berufsstands in die DPRG-Leitlinien übernommen worden. Des Weiteren gibt es die DRPR-Richtlinie über Product Placement und Schleichwerbung.[13] In dieser Richtlinie wird die Einhaltung der Trennung von Werbung und redaktionellem Text, Ton oder Bild festgelegt. Die drei Abschnitte unter der Präambel, Verbot der Einflussnahme, Transparenzgebot und Verbot der Schleichwerbung, erläutern zulässiges sowie unzulässiges Verhalten im Bereich Product Placement und Schleichwerbung. Die DPRG-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum[14] und die DPRG-Richtlinie für die Handhabung von Garantien sind weitere Statute des DRPR.[15]

2.3 Verstöße von Flaskamp gegen Richtlinien und Kodizes

Die Flaskamp AG verstößt beim Code d’Athènes gegen vier der dort aufgestellten Richtlinien. Punkt 3 des Code d’Athènes besagt, dass sich PR-Organisationen „(…) bei den jeweils gegebenen Umständen so verhalten [sollten], dass [sie] das Vertrauen all derer erwirbt, mit denen [sie] in Kontakt komm[en].“ Punkt 4 sieht vor, dass PR-Praktiker „sich der Tatsache bewusst sein [sollten], dass die enge Verbindung zur Öffentlichkeit in diesem Beruf mit sich bringt, dass nach [ihrem] Verhalten auf den ganzen Berufsstand geschlossen wird.“ Der zwölfte Punkt spricht für die Unterlassung „sich für Aktionen oder Vorhaben herzugeben, die gegen die Moral verstoßen (…)“. Punkt 13 untersagt „irgendwelche Methoden oder Mittel anzuwenden, mit deren Hilfe unbewusste Antriebe manipuliert oder hervorgerufen werden können, wodurch der einzelne seiner Urteilsfähigkeit und der Verantwortlichkeit für sein Handeln beraubt werden könnte.“

Der Code de Lisbonne beinhaltet ebenfalls vier Artikel, gegen die die Agentur Flaskamp verstoßen hat. Artikel 3: „In der Ausübung ihres Berufes beweisen die Public Relations-Fachleute Aufrichtigkeit, moralische Integrität und Loyalität. (…).“ Artikel 13 weist auf die Verpflichtungen von PR-Fachleuten gegenüber ihren Auftrag- oder Arbeitgeber hin. „Falls die Ausführung eines Public-Relations-Mandates nach aller Voraussicht ein gravierendes Fehlverhalten und eine den Grundsätzen dieses Kodex widersprechende Vorgehensweise bedingen würde, müssen Public-Relations-Fachleute ihren Auftrag- oder Arbeitgeber unverzüglich unterrichten und ihn mit allen gebührenden Mitteln zu einer Respektierung der Grundsätze im Kodex veranlassen. (…).“ Artikel 15 besagt, dass „[j]eder Versuch, die Öffentlichkeit oder ihre Repräsentanten zu täuschen“ [nicht zulässig ist]. Artikel 18 weist wie Punkt 4 des Code d’Athènes darauf hin: „Public Relations-Fachleute haben sich jeder Verhaltensweise zu enthalten, die dem Ansehen ihres Berufsstandes schaden könnte. (…).“

Die DRPR-Richtlinie für den Umgang mit Journalisten wird in zwei Punkten verletzt. Punkt 3 unter der Überschrift „PR-Aufträge“ besagt: „Unternehmen sollen keine Zahlungen dafür anbieten, dass Testberichte wegen eines möglichen Fortdrucks in geschönter Fassung erscheinen. Verlage oder Sender sollten ihrerseits ihre Leser resp. Hörer über redaktionelle Sonderleistungen in geeigneter Weise informieren.“ Ebenfalls der 3. Punkt sieht unter der Überschrift „Pressegeschenke“ vor: „Alle Zuwendungen und Gefälligkeiten müssen im Rahmen des Üblichen bleiben. Sie sollen wertmäßig so gestaltet sein, dass ihre Annahme vom Empfänger nicht verheimlicht werden muss und ihn nicht in eine verpflichtende Abhängigkeit drängt.“ Die DRPR-Richtlinie über Product Placement und Schleichwerbung wird in allen 3 Artikeln (Verbot der Einflussnahme, Transparenzgebot und Verbot der Schleichwerbung) missachtet. Besonders das bereits in der Präambel beschriebene Verbot der Schleichwerbung: „(…) Diese ist gegeben, wenn für Medienkonsumenten nicht ersichtlich ist, dass sie mit einer bezahlten Werbebotschaft konfrontiert sind.“ Artikel 1.3 besagt: „Unzulässig ist jede Form der persönlichen Bestechung oder der sonstigen Vorteilsgewährung (…)“ und Artikel 1.7: „Nebenabsprachen, die darauf abzielen, die Rechte und Freiheiten von Redaktion und Regie einzuschränken, sind sittenwidrig (…)“, Artikel 2.1: „Placement-Experten (…) agieren offen gegenüber Medien und Medienkonsumenten“ beschreiben die Verstöße.

Die Bandbreite der Verstöße von Flaskamp ist ersichtlich. Dabei konnten hier nicht einmal alle geltenden PR-Kodizes und Richtlinien vorgestellt werden, gegen die möglicherweise ebenfalls verstoßen wurde. Der Fall Flaskamp bietet in Anbetracht der vielen Verstöße eine gute Grundlage für die später folgende Inhaltsanalyse. Die zu untersuchende Berichterstattung, oder besser die dahinterstehenden Verlage und Organisationen, die diese Dokumente verfasst haben, hätten genug Anlass, um Flaskamp zu kritisieren und damit ihre eigene Bewahrung der Moral- und Ethikrichtlinien zum Ausdruck zu bringen.

2.4 Verstöße gegen Kodizes und Richtlinien = gang und gäbe?

Barbara Baerns stellte 2003 fest: „Redaktionelle Werbehinweise und Product Placement gelten als Salonfähig. (…) Auch in Zeitschriften und Tageszeitungen dehnen sich die Grauzonen zwischen redaktionellem Text und Anzeigen aus. (…) Diese Medienpraxis nimmt Verstöße gegen verbindliche rechtliche Vereinbarungen in Kauf.“[16] Öffentlichkeitsarbeit wird auch heute noch als Auftragskommunikation verstanden.[17] Doch 50 Prozent der Aufgaben von PR-Schaffenden sind nach heutigem Stand Marketingkommunikation (Product-PR), was nach der Meinung der Autorin in Zukunft weiter zunehmen wird.[18]

Volker Nickel prognostizierte 2003, dass aufgrund schlechter Konjunktur, sinkender Anzeigenumfänge und Auflagenrückgänge der Zeitungen ein immer stärker werdendes Gedränge entstehe um möglichst günstig viel Aufmerksamkeit zu erlangen. Auch die Medien seien mehr und mehr bereit, sich der manipulierenden Masse von Aufmerksamkeitserregern hinzugeben. Er nennt Kritiker der Medienszene, die erwarten, dass redaktionelle Texte der Zeitungen immer mehr durch Produktwerbung ersetzt oder wenigstens angereichert werden.[19] Dadurch würde die Ungebundenheit des Journalismus gefährdet.

Zwei Wochen nachdem die unmoralischen Angebote von Flaskamp bekannt wurden, entpuppte sich ein weiteres von der Regierung initiiertes PR-Journalismus-Geschäft. Die Werbekampagne für die Einführung des Elterngeldes finanzierte Familienministerin Ursula von der Leyen mit sendefertigen Radiobeiträgen und druckreifen Zeitungsartikeln, die an unzählige Radiosender und Regionalzeitungen versandt wurden.[20] Diese enthielten O-Töne von begeisterten Müttern und Vätern sowie auch von der Familienministerin selbst. Die ARD-Sendung „Report Mainz“ hatte diese Methode der Verbreitung in einem Beitrag öffentlich gemacht. Zwei nicht ganz unschuldige politische Kampagnen innerhalb so kurzer Zeit lassen doch aufschrecken. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie viele unentdeckte ähnliche Fälle sich bereits in der Politik ereignet haben.

Doch auch außerhalb des politischen Apparats sind immer wieder Fälle von Schleichwerbung vorzufinden. Im Kapitel „Redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften“ der Schrift des Zentralausschuss der Werbewirtschaft e.V. von 1982 sind bereits einige Beispiele zu finden. Überschwängliche Berichterstattung und unzulässige Hinweise oder getarnte Werbung durch den Anschein objektiver Unterrichtung waren auch vor über 20 Jahren schon nicht unüblich.[21]

3. Operationalisierung

3.1 Forschungsfrage

Die Forschungsfrage für den empirischen Teil dieser Arbeit wurde festgelegt auf: Wie berichten deutsche Regionalzeitungen, Zeitschriften und PR-Organisationen im Fall Flaskamp/ Bundeswirtschaftsministerium im Zeitraum August 2007?

3.2 Festlegung der Forschungsannahmen

Die Forschungsannahmen für die Untersuchung lauten:

- Die Reaktionen seitens der Medien, der DPRG, des DRPR und des DJV fallen nach Aufdeckung des Falls im August 2007 kritisch aus.
- Die Bewahrung von Moral- und Ethikrichtlinien wird als wichtig erachtet.

Die Forschungsannahmen ergeben sich aus dem theoretischen Teil dieser Arbeit. Aufgrund der zahlreichen PR-Kodizes und Richtlinien, die in Deutschland bestehen, ist eine kritische Stellungnahme infolge der ebenso zahlreichen Verstöße von Flaskamp anzunehmen. Ebenso ist zu erwarten, dass die Bewahrung der Moral- und Ethikrichtlinien als relevant eingestuft wird.

3.3 Erhebungsinstrument

Die Datenerhebungstechnik ist eine Inhaltsanalyse in Form einer Valenzanalyse. Die Inhaltsanalyse ist eine Methode, die vorwiegend Dokumente aller Art einer Analyse unterzieht. Es handelt sich bei der Inhaltsanalyse um ein nicht-reaktives Verfahren, das bedeutet, dass die Dokumente, die untersucht werden, kein Bewusstsein darüber haben, dass sie untersucht werden und auch nicht darauf reagieren können. Der Vorteil dieser Methode ist demzufolge, dass das Untersuchungsmaterial nicht in die Analyse eingreifen kann, wie das beispielsweise bei einer Befragung der Fall sein könnte. Bei einer Befragung können die Befragten Antworten verweigern oder insgesamt nur sehr kurze Antworten geben, die eine Auswertung erschweren könnten.

Doch auch bei der Inhaltsanalyse gibt es im Wesentlichen drei Probleme.[22] Zum einen die Schwierigkeit der „Stabilität“. Dabei spielt es eine Rolle, ob die Inhaltsklassifikationen während des gesamten Codiervorgangs stabil bleiben. Durch Mehrdeutigkeiten in den untersuchten Dokumenten oder im Kategorienschema, Lernprozesse des Coders oder Unachtsamkeit können Ungleichheiten bei der Codierung auftreten. Das zweite Problem kann die „Wiederholbarkeit“ sein. Kognitive Unterschiede können dazu führen, dass derselbe Text von zwei Codern unterschiedlich codiert wird. Die letzte Schwierigkeit bei der Methode der Inhaltsanalyse ist die „Genauigkeit“. Darunter wird die Übereinstimmung einer Handcodierung mit einer bekannten Standardcodierung verstanden. Allerdings ist eine Standardcodierung eher selten bei Untersuchungen verfügbar.

Trotz der Grenzen, welche die Methode der Inhaltsanalyse aufweist, eignet sie sich gut, um Dokumente, wie sie in dieser Arbeit untersucht werden sollen, zu analysieren. Das Problem der „Wiederholbarkeit“ und der „Genauigkeit“ sind ohnehin weniger zu beachten, da nur ein Coder alle Texte codiert und keine Standardcodierung bereitgestellt ist.

Bei der Valenzanalyse „(…) wird eine schon spezifischere Beschreibung von Inhalten durch die Angaben von Bewertungen (negativ, neutral, positiv), die im Zusammenhang mit der Nennung von interessierenden Begriffen stehen, möglich.“[23] Bezogen auf die Forschungsfrage soll die Art und Weise der Berichterstattung hinsichtlich ihrer Wertung des Falls Flaskamp/ Bundeswirtschaftsministerium mit der Valenzanalyse untersucht werden. Daher eignet sich diese Form der Datenerhebungstechnik für diese Untersuchung insbesondere. Zur Entwicklung eines Codebuches wurde sich an den Werken von Früh (2007) und Rössler (2005) orientiert.

Das zu untersuchende Material besteht aus jeweils einer Pressemitteilung der de’ge‘pol, der DPRG und des Deutschen Journalisten-Verband (DJV), einer Ratsrüge des DRPR, elf Pressenachrichten von großen deutschen Regionalzeitungen, vier Nachrichten von PR-spezifischen Fachzeitschriften und fünf Artikeln von deutschen überregionalen Zeitschriften.

Alle Texte sind online recherchiert worden und stammen aus dem Zeitraum August 2007. Eine Ausnahme bildet lediglich die Ratsrüge des DRPR. Diese wurde am 10.12.2007 publiziert. Die Dokumente beinhalten jeweils den Fall Flaskamp/ Bundeswirtschaftsministerium und wurden aufgrund ihrer guten Verfügbarkeit und ihrer Relevanz ausgewählt. Die Texte der verschiedenen Medien und PR-, bzw. Presseorganisationen bilden eine gute Übersicht im Hinblick auf die Reaktionen zum Fall Flaskamp. Die Artikel der Regionalzeitungen, von denen zum Teil angenommen werden kann, dass sie Kopplungsangebote von Flaskamp erhalten haben, sind sehr relevant. Doch auch die Stellungnahmen der PR- und Presseorganisationen sind von großer Bedeutung, da sie aufgrund ihrer Stellung im PR- und Medienbereich wichtige Kommunikationsträger darstellen. Die Artikel der PR-spezifischen Fachzeitschriften bieten ebenfalls relevante Informationen. Sie befinden sich sozusagen auf einer „Wellenlänge“ mit einer Agentur wie der Flaskamp AG und spielen aus diesem Grunde eine wichtige Rolle bei der Analyse der Reaktionen. Die überregionalen deutschen Zeitschriften wurden zusätzlich ausgewählt, um auch einen (hoffentlich) unabhängigen und eher distanzierten Blick auf den Fall zu erhalten. Alle Dokumente sind im Anhang vollständig zu finden. Zwar wurden sie in eine einheitliche Form gebracht, jedoch damit nicht verfälscht, da z.B. Überschriften, wenn sie in „Fett“ oder Großbuchstaben gedruckt wurden ihre Form behalten haben. Auch Absätze wurden wie im Original übernommen.

Beim Untersuchungsmaterial handelt es sich um eine Teilerhebung, da es sich um eine bewusste Auswahl des Untersuchungsmaterials handelt und nicht alle Texte, die zum Fall Flaskamp veröffentlicht wurden, untersucht werden. Dies würde auch den vorgesehenen Rahmen dieser Arbeit übersteigen.

3.4 Kategorienschema

Zur Überprüfung der Forschungsannahme wurde folgendes Kategorienschema entwickelt:

1. Umfang der Dokumente in Wörtern

2. Verfasser/ in der Dokumente

3. Beschreibung/ Wertung des Falls

3a) positiv
3b) neutral
3c) negativ

4. Aufmachung/ Überschrift

4a) Rüge in Überschrift/ keine Rüge
4b) starke Auffälligkeit Überschrift/ unauffällige Überschrift

5. Schuldige
5a) Nennung von Schuldigen/ Keine Nennung von Schuldigen

6. Art der Thematisierung
6a) Nennung eines Grundes für das Aufgreifen des Falls/ Keine Nennung
6b) Nennung eines Problems bezüglich des Falls/ keine Nennung
6c) Nennung Folgen aufgrund des Fehlverhaltens/ Keine Nennung

7. Ursachen für Fehlverhalten
7a) Nennung von Ursachen für Fehlverhalten
7b) Keine Nennung von Ursachen für Fehlverhalten

8. Vorkommen von PR (Presse)- Kodizes/ Richtlinien
8a) Nennung PR (Presse) -Kodizes
8b) Keine Nennung von PR (Presse) -Kodizes/ Richtlinien

Über diese acht Punkte hinaus, sind folgende Fragestellungen interessant:

- Inwiefern wird der Fall aus PR-Sicht anders oder kritischer dargestellt als aus Sicht des Journalismus?
- Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es in den verschiedenen journalistischen Medien?
- Welche Aussagen lassen sich über den zeitlichen Verlauf der Thematisierung treffen?

4. Analyse des Untersuchungsmaterials

4.1 Umfang der Dokumente

Der Umfang der analysierten Dokumente liegt zwischen 55 und 1.346 Wörtern. Die wenigsten Wörter schrieb die Sächsische Zeitung vom 14.08.2007, die meisten Wörter enthielt die Ratsrüge des DRPR dichtgefolgt von der Zeitschrift Der Spiegel mit dem Artikel „Wie sich Politik und PR in der Grauzone treffen“ vom 13.08.2007 mit 1.026 Wörtern. Der nächst darunter liegende Artikel mit 640 Worten ist ebenfalls von der Zeitschrift Der Spiegel vom 14.08.2007. Der Durchschnittswert der Wörter aller Dokumente beträgt 335 Worte.

4.2 Verfasser der Dokumente

Vier Dokumente (16,76 Prozent) wurden von Journalisten allein verfasst, darunter die Artikel der Berliner Zeitung, zwei Berichte des Kölner Stadtanzeigers und der Zeitschrift Der Spiegel. Elf Publikationen (45,83 Prozent) stammen ausschließlich von Presseagenturen, darunter beide Veröffentlichungen des Focus, zwei Artikel des Wochenmagazins Der Spiegel, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, eine Publikation des Kölner Stadtanzeigers, beide Artikel der Saarbrücker Zeitung und beide Berichte der Sächsischen Zeitung. Dabei waren die Agenturen dpa, ddp, AP, AFP und Reuters die Quellen für die Berichterstattung. Bei fünf Artikeln (20,83 Prozent) sind die jeweiligen Verfasser nicht bekannt (Mittelbayrische Zeitung, beide Publikationen von Horizont und dem PR-Journal). Vier Dokumente (16,76 Prozent) sind von PR-bzw. Presse-Organisationen verfasst worden (PM der DPRG, PM der de’ge‘pol, PM des DJV und die Ratsrüge des DRPR).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3 Beschreibung/ Wertung des Falls

Kein Dokument enthält eine positive Beschreibung des Falls Flaskamp/ Bundeswirtschaftsministerium.

Sechs Publikationen (25 Prozent) bewerten den Fall neutral. Darunter die Saarbrücker Zeitung vom 13./ 14.08.2007. Am 13.08.2007 heißt es, „Das Bundeswirtschaftsministerium [sei] wegen eines Fehlers seiner Werbeagentur in die Kritik geraten.“ Ohne wertende Attribute wird beschrieben, dass der Kölner Stadtanzeiger das Koppelungsgeschäft von Flaskamp erhalten habe und genaue Angaben gemacht worden seien, wie die Berichterstattung erfolgen sollte. Die Zeitung schreibt am 14.08.2007, dass die Agentur Flaskamp versucht haben soll, Zeitungen mit Anzeigen für eine Berichterstattung über Veranstaltungen des Ministeriums zu gewinnen. Horizont berichtet am 13.08.2007 über einen Bericht des Kölner Stadtanzeigers, der für Aufregung sorgte. Dem Bericht zufolge soll die Agentur versucht haben, „(…) für ihre Kunden Anzeigen gegen positive Berichterstattung zu platzieren.“ Der Horizont -Artikel vom 14.08.2007 zitiert Jan Flaskamp, den Agenturchef der Flaskamp AG. Nachdem Horizont vom 14.08.2007 formuliert, dass ein Verlagsvertreter des Kölner Stadtanzeiger ausdrücklich Informationen von dem entsprechenden Mitarbeiter der Flaskamp AG darüber verlangt hätte, welche Maßnahmen außer den Anzeigenschaltungen noch vorgesehen seien, hätte die Agentur diesem Verlagsvertreter die Liste der Maßnahmen überstellt. Außer der Schaltung von Anzeigen war die Vereinbarung von Medienkooperationen sowie Pressearbeit- und entsprechend auch redaktionelle Berichterstattung von Flaskamp vorgesehen. Horizont lässt Jan Flaskamp zu Wort kommen, dieser kontert: „In unserer Agentur werden Anzeigenschaltung und Redaktion strikt getrennt. Wenn aber ein Verlagsvertreter, mit dem wir über Anzeigen sprechen, Informationen über die PR-Strategie anfragt und diese dann zusammen mit dem Anzeigenangebot an die Chefredaktion weitergibt, ist das nicht in Ordnung. (…) Allerdings hätte der Agenturmitarbeiter die geforderten Informationen nicht weiterreichen dürfen“, so Jan Flaskamp.

Die Zeitschrift PR-Journal schildert am 21.08.2007, dass Unklarheit darüber bestünde, inwieweit Mitarbeiter des Ministeriums über die Aktion, so wie sie abgelaufen sei, informiert gewesen seien. Immerhin hätten ja bereits einige Medien das Angebot der Gegenfinanzierung durch Flaskamp umgesetzt. Am 31.08.2007 beschreibt das PR-Journal indifferent, die Werbeagentur des BWMI habe „(…) laut einem Medienbericht Regionalzeitungen bezahlte Anzeigen im Gegenzug für Berichte über Veranstaltungen des Ministeriums angeboten.“

Zwölf Dokumente (50 Prozent) enthalten sowohl neutrale und negative Bewertungen des Falls Flaskamp. Hier nur einige Beispiele. Die Mittelbayrische Zeitung bezeichnet Flaskamp und die Kampagne als umstritten und zitiert den SPD-Wirtschaftsexperten Rainer Wend: „Die Agentur hat das Ministerium in einer Weise in Verruf gebracht, die nicht hinzunehmen ist.“ Im selben Artikel werden die FDP-Politikerin Ulrike Flach „Mich beschleicht der Verdacht, da ist versucht worden, politische Berichterstattung zu kaufen“ und die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Partei Die Linke „Das ist der Versuch des Wirtschaftsministeriums, sich Berichterstattung zu kaufen“ zitiert. Zugleich wird im zweiten Abschnitt des Artikels der Fall neutral dargestellt.[24]

Der Kölner Stadtanzeiger vom 12.08.2007 mit dem Artikel „Regierungsgeld für Zeitungen“ nennt Politiker, die Kritik übten.[25] Die Publikation enthält jedoch auch neutrale Passagen. So heißt es im fünften Abschnitt: „Um einen möglichst hohen Werbeerfolg für das Ministerium zu sichern, macht die Agentur zur Bedingung, dass die Berichterstattung in der Gesamtausgabe erfolgen soll.“ Die Berliner Zeitung kritisiert die zu viele „Vernetzung“ der PR- und Werbeagentur Flaskamp und schreibt dann neutraler: „Weil die Agentur gegenüber einer Zeitung den Eindruck erweckte, die Vergabe lukrativer Anzeigen an journalistische Berichterstattung zu knüpfen (…).“ Auch in der zweiten Spalte des Artikels wird objektiv die geplante Dialogtour beschrieben. Das Hamburger Abendblatt zitiert einen Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums: „Eine Kopplung zwischen der Schaltung von Werbeanzeigen des Ressorts und einer wohlwollenden Berichterstattung in den Blättern wäre absolut unzulässig“, so der Ministeriumssprecher. In der dritten Passage heißt es dann kritiklos: „Das Wirtschaftsministerium hatte zur Information über Mittelstand und Existenzgründung Veranstaltungsreihen mit Staatssekretären geplant. Im Vorfeld seinen ortsansässigen Regionalzeitungen Medienpartnerschaften angeboten worden (…).“

Sechs Artikel (25 Prozent) weisen nur negative Beschreibungen des Falls auf. In der Pressemitteilung (PM) der DPRG wird die Verknüpfung von Pressearbeit und Anzeigenschaltung als Verstoß gegen die Grundsätze der DPRG angeprangert. DPRG-Präsident Nies wird zitiert. Er stellt klar: „Ein Fall wie dieser kann mehr Vertrauen in unserem Berufsstand zerstören als die etwa 40.000 PR-Leute in Deutschland mit ihrer soliden Arbeit aufbauen können.“

Die PM der de’ge‘pol weißt ebenfalls eine ablehnende Beurteilung auf. Darin heißt es, dass die de’ge‘pol den Fall Flaskamp/ Bundeswirtschaftsministerium scharf kritisiert. „Die Agentur verstößt mit ihrem Verhalten gegen alle Codizes und Selbstverpflichtungen und fügt dem Ansehen der Berater damit schweren Schaden zu“, so der Vorsitzende Dominik Meier.

Die Ratsrüge des DRPR klagt Flaskamp an, dass solche Koppelungsgeschäfte dem Transparenzgebot widersprechen würden, das aller PR-Arbeit zugrunde liegen muss. Die Ratsmitglieder sahen in der Konstruktion sogenannter Medienkooperationen das entscheidende Fehlverhalten von Flaskamp.

Der Artikel des Kölner Stadtanzeiger vom 10.08.2007 bezieht mit seiner eindeutig negativen Wertung des Falls klar Stellung. Zunächst wird der Wirtschaftsminister Michael Glos aufgrund seiner „Nicht-Reaktion“ bezüglich der Aufdeckung der Kopplungsgeschäfte angegriffen. Diese „Nicht-Reaktion“ würde „(…) dem ohnehin anrüchigen Versuch, eine Redaktion zu kaufen, die Krone auf[setzen].“ Der zweite Abschnitt wirft dem Wirtschaftsministerium vor, dass ihm der Kodex des Deutschen Presserates gleichgültig sei. Zuletzt schreibt Joachim Frank, der Verfasser des Artikels, dass Glos erklären müsse, warum es in Berlin an Sensibilität und Unrechtsbewusstsein mangele.

Der Spiegel vom 12.08.2007 zitiert die Opposition, die den Fall als „Politische Korruption“ beschimpft. Politiker von SPD, FDP und den Grünen sowie Mitglieder des DJV übten scharfe Kritik, der wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, der den Fall als „unglaublichen Vorgang“ bezeichnete sowie Otto Fricke von der FDP, der von „einem Missbrauch von Steuergeldern und einen Verstoß gegen die Bundeshaushaltsordnung“ sprach, werden zitiert. Weiterhin zitiert Der Spiegel Michael Konken, den Vorsitzenden des DJV, der dem BWMI vorwarf „Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen“ und dies einen „unzulässigen Eingriff“ nannte. Der Spiegel vom 13.08.2007 mit dem Artikel „Wie sich Politik und PR in der Grauzone treffen“ nennt den Fall einen PR-Skandal.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.4 Überschrift

Insgesamt enthalten acht Dokumente (33,33 Prozent) eine Rüge in der Überschrift. Die Pressemitteilung der de’ge’pol titelt beispielsweise: „Deutsche Gesellschaft für Politikberatung: Flaskamp-Verhalten inakzeptabel – Weiterer Klärungsbedarf durch Bundeswirtschaftsministerium“. Der Deutsche-Journalisten-Verband schreibt als Überschrift: „PR-Affäre: DJV fordert lückenlose Aufklärung“. „Wirtschaftsministerium soll Journalisten gekauft haben“, so die Headline des Focus vom 11.08.2007. Der Kölner Stadtanzeiger vom 12.08.2007 lässt verlauten: „IHK Berlin: Agentur wollte Hauptstadt-Zeitung ködern“ und die Mittelbayrische Zeitung notiert als Titel: „Dubiose Geschäfte: Ministerium trennt sich von umstrittener PR-Agentur“. Das restliche Untersuchungsmaterial (16 Dokumente, 66,67 Prozent) beinhaltet keine Rüge in der Überschrift. So zum Beispiel die Pressemitteilung der DPRG: „DPRG-Präsident Nies fordert ‚Chinesische Mauer‘ zwischen PR und Anzeigenschaltung“. Das Hamburger Abendblatt hat die Titelzeile „Wirtschaftsministerium löst Vertrag mit Agentur“. „Wirbel um Agentur Flaskamp und Wirtschaftsministerium“ schreibt Horizont vom 13.08.2007.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

13 Dokumente (54,17 Prozent) weisen eine auffällige Überschrift auf. Der Spiegel vom 13.08.2007 titelt „DUBIOSE ZEITUNGSDEALS Ministerium feuert umstrittene PR-Agentur“. Ein anderer Artikel der Zeitschrift Der Spiegel, ebenfalls vom 13.08.2007 hat die Headline „Wie sich Politik und PR in der Grauzone treffen“. Horizont vom 14.08.07 verzeichnet die Überschrift „Glos zieht Flaskamp vom umstrittenen Projekt ab/ Agentur sieht sich als Sündenbock“. Eine unauffällige Überschrift tragen etwa die Artikel der Berliner Morgenpost: „Minister Glos stoppt PR-Kampagne“ und der Sächsischen Zeitung: „Glos prüft Vorwürfe gegen Werbeagentur“.

[...]


[1] Vgl.: Förg (2004), S. 135.

[2] Vgl.: http://www.flaskamp.de

[3] Siehe Beispiel des Angebots der Agentur im Anhang, S. 41aus: http://www.ksta.de/html/artikel/1186044275210.shtml

[4] Siehe: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ziel/604050/DE

[5] Siehe Ratssrüge des DRPR im Anhang, S. 45.

[6] Vgl.: http://lexikon.meyers.de/wissen/Moral

[7] Becher (1996), S. 21.

[8] Vgl.: http://lexikon.meyers.de/wissen/Ethik

[9] Vgl.: http://www.dprg.de/upload/downloads_15upl_file/CODE%20D%20ETHIQUES.pdf

[10] Vgl.: http://www.dprg.de/upload/downloads_55upl_file/CodeDeLisbonne.pdf

[11] Vgl.: http://www.drpr-online.de/statische/itemshowone.php4?id=12

[12] http://www.dprg.de/upload/downloads_22upl_file/CODE%20DE%20BORDEAUX.pdf

[13] http://www.dprg.de/upload/downloads_21upl_file/Product%20Placment%20u.Schleichwerbung.pdf

[14] http://www.dprg.de/upload/downloads_59upl_file/DRPR_Flyer_Kontaktpflege_Endstand.pdf

[15] http://www.dprg.de/upload/downloads_18upl_file/Handhabung%20Garantien.pdf

[16] Baerns (2004), S. 9.

[17] Vgl.: http://www.dprg.de

[18] Vgl.: Rolke (2003), S. 99.

[19] Vgl.: Nickel (2004), S. 82.

[20] Vgl.: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,502566,00.html

[21] Zentralausschuss der Werbewirtschaft (1982), S. 77-80.

[22] Vgl. Schnell/ Hill/ Esser (2005), S. 412/ 413.

[23] Schnell/ Hill/ Esser (2005), S. 408.

[24] wie Saarbrücker Zeitung am 14.08.07.

[25] wie Der Spiegel vom 12.08.07, siehe S. 14.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836631624
DOI
10.3239/9783836631624
Dateigröße
624 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Politik- und Sozialwissenschaften, Publizistik- und Kommunikationswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (Juni)
Note
2,6
Schlagworte
public relation moral ethikrichtlinien berichterstattung flaskamp
Zurück

Titel: Fehlverhalten in der PR
Cookie-Einstellungen