Interdisziplinäre Zusammenarbeit in Innovationsprojekten
Eine empirische Analyse von personenbezogenen Barrieren
Zusammenfassung
Um den hohen Anforderungen, die ein Innovationsprojekt aufgrund seiner Neuartigkeit und Komplexität an das Projektteam stellt, gerecht zu werden, ist es erforderlich, unterschiedliche Kompetenzen und Wissen aus verschiedenen Fachrichtungen im Team zu bündeln. In einem Projekt zur Neuproduktentwicklung kommt es aus diesem Grund klassischerweise zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus den Bereichen Marketing und Technik. Die Teammitglieder bringen aber nicht nur Expertenwissen auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet, sondern auch unterschiedliche Erfahrungen, Denkweisen, Problemlösungsansätze und Zielorientierungen mit. Diese Diversifizierung stellt ein großes Erfolgspotential dar, wie bereits zahlreiche Studien dargestellt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass heterogene Teams mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund der Teammitglieder Projekte erfolgreicher durchführen als homogene Teams mit geringerem Spektrum an aufgabenrelevanten Kompetenzen. Dies trifft für alle Arten von innovativen Vorhaben, sei es die Gründung eines innovativen Unternehmens, das Management von Innovationsprozessen in einem bestehenden Unternehmen oder die Durchführung eines Projekts zur Neuproduktentwicklung, zu.
Die effektive und effiziente Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen stellt also einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Diesem Umstand wird auch in der Praxis des Innovationsmanagements Rechnung getragen. In einem Vortrag des international tätigen Strategieberatungsunternehmen A.T. Kearney zum Thema Innovationsmanagement wird cross-funktionale Teamarbeit als die grundlegende Basis für das erfolgreiche Management von Produkt-, Prozess- und Serviceinnovationen beschrieben.
Die Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund gestaltet sich aber auch oft schwierig: Kulturelle Konflikte, inkonsistente Team Skills und inadäquate Kommunikation zählen zu den häufigsten Ursachen für gescheiterte Projekte. In Studien wurden zahlreiche mögliche Ursachen für Probleme an interdisziplinären Schnittstellen identifiziert. Der Großteil dieser Faktoren, die einen negativen Einfluss auf die interdisziplinäre Kooperation haben, liegt im persönlichen Bereich der beteiligten Personen und hat ihren Ursprung in den inhärenten Unterschieden zwischen den einzelnen Disziplinen. Sowohl unterschiedliche Persönlichkeiten als auch Differenzen bei den Zielsetzungen, den Bedürfnissen und der Motivation (wie sie in der […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Hintergrund
1.2 Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Literaturanalyse
2.1 Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor in Innovationsprojekten
2.2 Dimensionen erfolgreicher Zusammenarbeit
2.2.1 Externer Projekterfolg
2.2.2 Interner Projekterfolg
2.3 Problemfelder interdisziplinärer Zusammenarbeit
2.4 Personenbezogene Barrieren bei interdisziplinärer Zusammenarbeit
2.4.1 Zu geringe Kommunikationshäufigkeit
2.4.2 Mangelnde Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bei der Kommunikation
2.4.3 Fehlende Vertrautheit mit Kernproblemen der anderen Disziplin
2.4.4 Fehlende Bereitschaft, in die Rolle der anderen Disziplin zu schlüpfen
3 Methodik
3.1 Analysemodell und Hypothesen
3.2 Datenanalyse mit PLS
3.3 Untersuchungsfeld
3.4 Datenerhebung und Operationalisierung
3.5 Beschreibung der Stichprobe
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistiken
4.2 Güte des Messmodells
4.2.1 Formative Indikatoren
4.2.2 Reflektive Indikatoren
4.3 Ergebnisse aus dem Strukturmodell
4.3.1 Einfluss der Kommunikationshäufigkeit auf den internen Projekterfolg
4.3.2 Einfluss der wahrgenommenen Fähigkeit zum Perspektivenwechsel auf den internen Projekterfolg
4.3.3 Einfluss der Vertrautheit mit den Kernproblemen der anderen Disziplin auf den internen Projekterfolg
4.3.4 Einfluss der Bereitschaft zum Rollenwechsel auf den internen Projekterfolg
5 Diskussion und Ausblick
6 Anhang
7 Literaturverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Erfolgreiche Zusammenarbeit – zusammenfassende Darstellung
Abbildung 2: Analysemodell
Abbildung 3: Umsetzung des Analysemodells in ein PLS-Modell in SmartPLS
Abbildung 4: Datenerhebung im Projektverlauf
Abbildung 5: Pfadkoeffizienten des Strukturmodells
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: RD and Marketing Stereotypes (Saxberg und Slocum 1968)
Tabelle 2: Kulturelle Unterschiede zwischen Marketing und RD
Tabelle 3: Ausbildungshintergrund in der Stichprobe
Tabelle 4: Interdisziplinäre Praxiserfahrung in der Stichprobe
Tabelle 5: Kommunikationshäufigkeiten
Tabelle 6: Bewertung der Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit im Projekt
Tabelle 7: Bewertung der Lerneffekte im Projekt
Tabelle 8: Formatives Messmodell - Regressionskoeffizienten und Multikollinearität
Tabelle 9: Konstruktrelationen
Tabelle 10: Reflektives Messmodell - Modellgüte
Tabelle 11: Einfluss personenbezogener Faktoren - Ergebnisse
1 Einleitung
Techniker Manager
(unbekannter Autor)
Ein Mann fliegt einen Heißluftballon und realisiert, dass er die
Orientierung verloren hat. Er reduziert seine Höhe und macht
schließlich einen Mann am Boden aus. Er lässt den Ballon noch
weiter sinken und ruft: "Entschuldigung, können Sie mir helfen?
Ich versprach meinem Freund, ihn vor einer halben Stunde zu treffen,
aber ich weiß nicht, wo ich mich befinde."
Der Mann am Boden sagt: "Ja. Sie befinden sich in einem
Heißluftballon. Ihre Position ist zwischen 40 und 42 Grad nördliche
Breite, und zwischen 58 und 60 Grad westliche Länge."
"Sie müssen Ingenieur sein", sagt der Ballonfahrer.
"Bin ich", antwortet der Mann. "Wie haben Sie das gewusst?"
"Sehen Sie", sagt der Ballonfahrer, "alles, was Sie mir gesagt haben,
ist technisch korrekt, aber ich habe keine Ahnung, was ich mit Ihren
Informationen anfangen soll, und ich weiß immer noch nicht,
wo ich bin."
Der Ingenieur sagt hierauf: "Sie müssen ein Manager sein."
"Bin ich", antwortet der Ballonfahrer, "Wie haben Sie das gewusst?"
"Sehen Sie", sagt der Ingenieur, "Sie wissen nicht, wo Sie sind,
oder wohin Sie gehen. Sie haben ein Versprechen gegeben, von dem Sie
keine Ahnung haben, wie Sie es einhalten können, und Sie erwarten,
dass ich Ihnen dieses Problem löse. Tatsache ist: Sie befinden sich
in exakt derselben Position, in der Sie waren, bevor wir uns getroffen
haben, aber irgendwie ist jetzt alles meine Schuld."
1.1 Hintergrund
Um den hohen Anforderungen, die ein Innovationsprojekt aufgrund seiner Neuartigkeit und Komplexität an das Projektteam stellt, gerecht zu werden, ist es erforderlich, unterschiedliche Kompetenzen und Wissen aus verschiedenen Fachrichtungen im Team zu bündeln. In einem Projekt zur Neuproduktentwicklung kommt es aus diesem Grund klassischerweise zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus den Bereichen Marketing und Technik. Die Teammitglieder bringen aber nicht nur Expertenwissen auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet, sondern auch unterschiedliche Erfahrungen, Denkweisen, Problemlösungsansätze und Zielorientierungen mit. Diese Diversifizierung stellt ein großes Erfolgspotential dar, wie bereits zahlreiche Studien (z.B. Roure und Maidique 1986; Pinto et al. 1993; Song et al. 1997; Ensley und Hmieleski 2005) dargestellt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass heterogene Teams mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund der Teammitglieder Projekte erfolgreicher durchführen als homogene Teams mit geringerem Spektrum an aufgabenrelevanten Kompetenzen. Dies trifft für alle Arten von innovativen Vorhaben, sei es die Gründung eines innovativen Unternehmens, das Management von Innovationsprozessen in einem bestehenden Unternehmen oder die Durchführung eines Projekts zur Neuproduktentwicklung, zu
Die effektive und effiziente Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen stellt also einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Diesem Umstand wird auch in der Praxis des Innovationsmanagements Rechnung getragen. In einem Vortrag des international tätigen Strategieberatungsunternehmen A.T. Kearney zum Thema „Innovationsmanagement“[1] wird cross-funktionale Teamarbeit als die grundlegende Basis für das erfolgreiche Management von Produkt-, Prozess- und Serviceinnovationen beschrieben
Die Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund gestaltet sich aber auch oft schwierig: Kulturelle Konflikte, inkonsistente „Team Skills“ und inadäquate Kommunikation zählen zu den häufigsten Ursachen für gescheiterte Projekte (Kappelman et al. 2006). In Studien wurden zahlreiche mögliche Ursachen für Probleme an interdisziplinären Schnittstellen identifiziert. Der Großteil dieser Faktoren, die einen negativen Einfluss auf die interdisziplinäre Kooperation haben, liegt im persönlichen Bereich der beteiligten Personen und hat ihren Ursprung in den inhärenten Unterschieden zwischen den einzelnen Disziplinen. Sowohl unterschiedliche Persönlichkeiten als auch Differenzen bei den Zielsetzungen, den Bedürfnissen und der Motivation (wie sie in der einleitend angeführten Anekdote plakativ dargestellt werden) machen interdisziplinäre Zusammenarbeit nicht nur zu einem erfolgsentscheidenden, sondern auch diffizilen Unterfangen
1.2 Problemstellung und Ziel der Arbeit
Trotz einer Vielzahl an Studien zum Themenbereich „interdisziplinäre Zusammenarbeit“ gibt es bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie sich insbesondere personenbezogene Faktoren der Zusammenarbeit auf den Erfolg eines Innovationsprojektes auswirken. Die Methoden zur Messung des Erfolgs eines Teamprojekts sind vielfältig. Der überwiegende Teil der Studien verwendet ausschließlich outputbezogene, projektexterne Maßstäbe (z.B. finanzieller Erfolg des Produkts, Kundenzufriedenheit, Qualität) (Griffin und Hauser 1996). Es wird dabei aber übersehen, dass auch projektinterne Maßstäbe wichtige Erfolgskriterien darstellen. Die praktische Bedeutung des bereits im Verlauf des Projekts ermittelbaren internen Projekterfolgs wird evident, wenn man sich vor Augen hält, dass die outputbezogenen, projektexternen Erfolgsmaßstäbe zumeist erst nach Beendigung des Projekts angewendet werden können. Es besteht zu diesem Zeitpunkt aber keine Möglichkeit mehr, korrigierende Maßnahmen zu ergreifen, um die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts zu erhöhen
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird, anhand von Daten aus einem universitären Kurs zur Erstellung eines Business Planes für die wirtschaftliche Nutzung einer technischen Innovation, eine empirische Untersuchung durchgeführt. Es wird ein Analysemodell vorgeschlagen, welches die Wirkung von personenbezogenen Schlüsselfaktoren auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit anhand projektinterner Performancemessung evaluieren soll. Die projektinterne Performancemessung basiert dabei auf dem Group Effectiveness Model (Hackman 1990), welches die „Zufriedenheit der Teammitglieder mit der Zusammenarbeit“ und die „Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung“ als maßgebliche Kriterien erfasst. Es wird ein positiver Effekt der vier personenbezogenen Faktoren Kommunikationshäufigkeit, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bei der Kommunikation, Vertrautheit mit Kernproblemen der anderen Disziplin und Bereitschaft zum Rollenwechsel auf die Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Teammitglieder (=Lerneffekte) und auf die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit vermutet
Die Auswertung der Daten erfolgt mit einem statistischen Verfahren, welches in der empirischen Forschung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es handelt sich dabei um das Partial Least Squares-Verfahren (kurz PLS), ein varianzbasiertes Verfahren zur Schätzung komplexer Strukturgleichungsmodelle
1.3 Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. In Kapitel 2 wird eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt, um den aktuellen Stand der Forschung zu ermitteln. Kapitel 3 geht näher auf das Analysemodell und die angewendete Methodik ein. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung werden in Kapitel 4 ausführlich beschrieben. In Kapitel 5 werden sowohl die Ergebnisse und deren Implikationen für die Praxis diskutiert als auch mögliche zukünftige Forschungsschwerpunkte aufgezeigt. Am Ende der Arbeit finden sich in Kapitel 6 der Anhang (Fragebögen) und in Kapitel 7 das Literaturverzeichnis
2 Literaturanalyse
2.1 Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor in Innovationsprojekten
In einem Zeitalter immer stärker werdenden Wettbewerbs ist es von besonderer Bedeutung, sich über die entscheidenden Erfolgsfaktoren von Produktinnovationen bzw. Produktentwicklungen im Klaren zu sein. Die lange Liste der erfolgskritischen Faktoren kann nach Johne und Snelson (1988) in vier Kategorien gegliedert werden:
(1) der Markt und die Umwelt des Unternehmens
(2) die Handlungen, Aktionen und Eigenschaften des Unternehmens als solches
(3) die Gruppe von Personen, die im Bereich der Produkt- bzw. Unternehmensentwicklung tätig sind
(4) die Mitarbeiter auf individueller Ebene
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf den dritten und vierten Bereich, also das Projektteam und seine Mitglieder
Bereits im Jahre 1977 wurde in der Entrepreneurship-Literatur ein ausgewogenes und in sich kompatibles Gründungsteam als Schlüssel zur erfolgreichen Unternehmensgründung gesehen (Timmons 1977). Effizientes Teamwork gilt als entscheidender Faktor in Produktentwicklungsprozessen (Johne und Snelson 1990) und leistet einen notwendigen Beitrag zur erfolgreichen Implementierung von Projekten mit hohem Innovationsgrad (Pinto et al. 1993). Auch jüngere Studien über Einflussfaktoren auf die „New Venture Performance“ haben das Entrepreneurial Team als jenen Faktor gemessen, der den stärksten Einfluss auf den Erfolg eines Gründungsprojektes hat (z.B. Teal und Hofer 2001). Besonders entscheidend ist Teamwork dann, wenn es gilt, unterschiedliche Kompetenzen zu bündeln, um der technischen Neuartigkeit und der Komplexität von Innovationsprojekten Rechnung zu tragen (Hoegl et al. 2003). Es ist also insbesondere die erfolgreiche Zusammenarbeit von interdisziplinären Teams, die einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis eines innovativen Produktentwicklungsprozesses hat
Dass interdisziplinäre Teams ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Innovationsprojekts sind, gilt unabhängig davon, ob es sich um Entrepreneurial-, Top Management- oder Projektteams handelt:
Neue Unternehmen mit hohen Wachstumsraten werden tendenziell in Teams gegründet (Feeser und Willard 1990; Siegel et al. 1993), wobei Entrepreneurial Teams, die eine größere Bandbreite an Qualifikationen aufweisen, besser dazu in der Lage sind, die Performance eines Start-ups zu beeinflussen als Teams mit sehr homogenen Qualifikationen (Eisenhardt und Schoonhoven 1990). Die „upper echelon-Theorie“ argumentiert, dass individuelle Eigenschaften der Personen die Präferenzen und Einstellungen der Teammitglieder sowie auch die Dynamik im Team beeinflussen. Präferenzen, Einstellungen und Dynamik ihrerseits haben einen Einfluss auf strategische Entscheidungen und den Unternehmenserfolg (Finkelstein und Hambrick 1996; Glunk und Heijltjes 2003)
In einem Vergleich zwischen Hightech Start-ups, die als universitäres Spin-off gegründet wurden, mit unabhängigen Start-ups, zeigten sich signifikante Unterschiede sowohl in der Zusammensetzung und Gruppendynamik der Top-Management-Teams als auch der Performance der jungen Unternehmen (Ensley und Hmieleski 2005). Die Top-Management-Teams der Spin-offs wiesen aufgrund ihrer Nähe zur Universität einen niedrigeren Grad an Heterogenität bei Ausbildungshintergrund, Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen, Expertenwissen und Qualifikationen auf. Die Gruppendynamik war bei den Top-Management-Teams der unabhängigen Spin-offs stärker ausgeprägt, wobei zahlreiche Studien einen positiven Zusammenhang zwischen den Aspekten der Gruppendynamik und der Performance des neuen Unternehmens gefunden haben (Riggs und Knight 1994; Amason 1996; Ensley und Pearce 2001). Schließlich haben die von heterogeneren Top-Management-Teams geführten Start-ups eine bessere Performance erzielt als jene der universitären Spin-Offs. Letztere erreichten ein durchschnittliches Wachstum von 43% und einen negativen Cash Flow von durchschnittlich $123.750, während die unabhängigen Start-ups ein gemitteltes Wachstum von 78% und einen positiven Cash Flow von $90.156 erreichen konnten (Ensley und Hmieleski 2005)
Die Heterogenität von Qualifikationen der Personen im Top-Management-Team führt zu einer Verbesserung der Performance eines jungen Unternehmens (Roure und Maidique 1986). Zu diesem Ergebnis kommt auch Murray (1989), der die Heterogenität bei Qualifikationen als die Unterschiede bei Ausbildung, höchster abgeschlossener Ausbildung und beruflichem Background misst. Faktoren mit Bezug zum Top-Management-Team sind in dieser Studie für 25% der Varianz in kurzfristiger Performance und für über 50% der Varianz bei der langfristigen Performance verantwortlich. Durch die Heterogenität bei den Qualifikationen kann im Rahmen der Entscheidungsfindung vom Team eine größere Anzahl von Alternativen berücksichtigt werden und diese einer tiefergreifenden Betrachtung unterzogen werden als bei homogenen Teams (Murray 1989). Bei strategischen Planungsprozessen wird eine größere Bandbreite an strategischen Optionen in Betracht gezogen (Henneke und Lüthje 2007)
Zahlreiche Studien bestätigen, dass ein erfolgreiches Team eines New Product Development (NPD) Projekts aus Mitgliedern mit unterschiedlichem Background und somit unterschiedlicher Expertise besteht (z.B. Pinto und Pinto 1990; Song und Parry 1997; Song et al. 1997). Ein NPD-Team besteht in erster Linie aus Mitgliedern der RD-, Marketing- und Produktions-Abteilung, also vor allem aus den Disziplinen Technik und Marketing (Song et al. 1997). Eine technische Ausbildung dient als Basis für technische Entwicklungen und die Produktion des zu entwickelnden Produkts, ein wirtschaftlicher Background erlaubt es, den Wettbewerb und den Markt zu erfassen und für die Ausstattung mit den erforderlichen finanziellen Ressourcen zu sorgen (Henneke und Lüthje 2007). Die Bildung eines interdisziplinären NPD-Teams kann als ein Instrument gesehen werden, um organisationale Schnittstellen zu überbrücken, da die interdisziplinären Projektteams die interdisziplinäre Kommunikation und Kooperation stärken und diese wiederum dem Projekterfolg zuträglich sind (Ernst 2002).
Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist aber noch aus zwei weiteren Gründen ein wichtiger Erfolgsfaktor:
1.) Es besteht ein Zusammenhang zwischen Innovativeness und Teamheterogenität. Bantel und Jackson (1989) haben in ihrer Studie festgestellt, dass heterogen besetzte Teams eine größere Zahl an nachhaltigen Innovationsprojekten initiieren. Personen, die in ihrer Berufserfahrung differieren, unterscheiden sich auch in Einstellung, Wissen und Perspektiven. Die Unterschiede resultieren vielfach aus dem unterschiedlichen Ausbildungshintergrund. Somit kann dieser in allen Phasen des Innovationsprozesses beeinflussen, welche Probleme eine Person als wichtig identifiziert, wie die Probleme formuliert werden und welche Lösungsalternativen gefunden werden. Moenaert und Souder (1990) bezeichnen interdisziplinäre Teams gar als „conditio sine qua non of innovation success“
Henneke und Lüthje (2007) haben das Verhältnis von Heterogenität in der Ausbildung zu Innovativeness untersucht. Obwohl keine direkte Verbindung zwischen der „Educational Heterogeneity“ und Innovativeness gefunden werden konnte, besteht dennoch ein – wenn auch indirekter – Zusammenhang. Educational Heterogeneity steht in direktem positivem Zusammenhang mit der „Strategic Planning Openness“. Letztere bezeichnet die Fähigkeit, auf geänderte Umweltbedingungen mit der Abänderung bestehender strategischer Planungen zu reagieren. Das erlaubt es den Entrepreneurial Teams, neu auftretende Marktchancen und neue technologische Konzepte zu erkennen und in die Strategische Planung zu integrieren. Die Strategic Planning Openness hat also in weiterer Folge einen direkten positiven Einfluss auf die Innovativeness
Auch Bantel und Jackson (1989) haben die Heterogenität von Qualifikationen mit Innovationen in Verbindung gesetzt. Heterogenität wurde in dieser Studie gemessen als die Unterschiede der Top-Management-Teammitglieder bei Beschäftigungsdauer, Alter, funktionalem Tätigkeitsbereich und Ausbildungslevel. Das Ergebnis der Studie zeigt einen positiven Effekt von Heterogenität unter den Teammitgliedern auf die Anzahl der durch das Team hervorgebrachten Innovationen, wobei nicht alle Aspekte der Teamzusammensetzung gleich stark auf die Innovationskraft wirken – die wichtigsten sind Ausbildungslevel und funktionale Diversität
2.) Ein Innovationsprojekt bedarf der entsprechenden Finanzierung. Eine Möglichkeit, das notwendige Kapital für innovative Projekte im Rahmen von Unternehmensgründungen zu erlangen, ist die Finanzierung durch einen Venture Capitalist. Die potentiellen Investoren legen bei der Evaluierung der Projekte besonderen Stellenwert auf ein ausgeglichenes Team mit ausreichend Business Erfahrung (MacMillan et al. 1985). Die Ergebnisse zahlreicher Studien zeigen, dass zumindest ein Kriterium in Bezug auf die Eigenschaften des Teams unter den drei meist genannten Auswahlkriterien, die Venture Capitalists ihren Entscheidungen zu Grunde legen, zu finden ist (Franke et al. 2008). In einer Studie von Franke et al. (2003) rangiert die wahrgenommene Qualität des Teams aus Sicht der Venture Capitalists in der Wichtigkeit deutlich vor den Kriterien Markt und Produktidee. Branchenerfahrung, Ausbildungshintergrund und Führungserfahrung sind die drei wichtigsten teambezogenen Entscheidungskriterien, wobei vor allem Teams mit einem heterogenen Ausbildungshintergrund der Vorzug gegeben wird (Franke et al. 2008)
2.2 Dimensionen erfolgreicher Zusammenarbeit
Um die Wirkung personenbezogener Barrieren auf den Erfolg eines interdisziplinären Innovationsprojektes analysieren zu können, müssen zuerst die Begriffe „Erfolg“ bzw. „erfolgreiche Zusammenarbeit“ näher erläutert werden
Erfolg
Dass Erfolg ein nur schwer fass- und messbarer Begriff ist, zeigt die Vielzahl der Studien zum Thema Erfolg in der Produktentwicklung – ein Gegenstand, mit dem sich Wissenschafter schon seit längerem auseinandersetzen: bereits im Jahre 1993 gab es 77 publizierte Artikel zu dieser Problematik. Unternehmen und die Wissenschaft kennen über 75 verschiedene Kriterien, an denen Erfolg gemessen werden kann (Griffin und Page 1993)
Für die Messung des finanziellen Erfolges stellt der Gewinn (z.B. Millson und Wilemon 2002), der Break-Even Point (Zirger 1997), der Return on Investment (Song et al. 1997), die Kosten (Ottum und Moore 1997) oder der Umsatz (Di Benedetto 1999) das maßgebende Kriterium dar. Es gibt noch eine Reihe weiterer Messgrößen, deren exakte Bestimmung jedoch nicht immer einfach ist, beispielsweise: Der Innovationsgrad (Goldsmith und Clutterbuck 1984), die Qualität des Produkts (Gruner und Homburg 2000), der technologische Erfolg (Cooper und Kleinschmidt 1993), die Schaffung eines neuen Marktes (Millson und Wilemon 2002), der Marktanteil (Di Benedetto 1999), die „time to market“ (Ottum und Moore 1997), die Kundenzufriedenheit (Song et al. 1997) und die Einhaltung von Budget- und Zeitplänen (Sarin 1996)
Es herrscht jedoch nur sehr geringer Konsens darüber, welche Erfolgsmessung die Nützlichste darstellt. Generell gilt, dass unterschiedliche Projektstrategien unterschiedliche Kriterien zur Erfolgsmessung benötigen (Griffin und Page 1996). Die besten Leistungsmessungen sind jene, die mit der Projektstrategie verknüpft sind (z.B. Langfield-Smith 1997; Hertenstein und Platt 2000)
Nicht nur der Output, sondern auch die Art und Weise, wie dieser generiert wurde (also der NPD-Prozess selbst), stellt ein Kriterium für die Beurteilung eines NPD-Projekts dar
Erfolgreiche Zusammenarbeit
In der NPD-Literatur wird die Performance des Prozesses als Moderator für die Ergebnisse der Produktentwicklung identifiziert (Cooper 1990). Wie oben ausgeführt, wird das Ergebnis eines Innovationsprojektes häufig anhand von output-orientierten Kriterien evaluiert. Diese stellen prinzipiell Endresultate dar, die Messung erfolgt also erst am Ende des NPD-Projekts – ein Zeitpunkt, an dem es für korrigierende Maßnahmen häufig schon zu spät ist. Es kann daher zielführend sein, bereits während des NPD-Prozesses zu untersuchen, wie effektiv ein Team zusammenarbeitet. Schlechte Ergebnisse bei der Messung der Prozessperformance können ein Warnsignal für einen späteren kommerziellen Misserfolg darstellen
Ein in zahlreichen Studien (z.B.Sundstrom et al. 1990; Safizadeh 1991; Vinokur-Kaplan 1995; Edmondson 1996) zur Anwendung gebrachtes, getestetes und validiertes Modell zur Erfolgsmessung in Bezug auf die effektive und effiziente Arbeit von Teams ist das vom Psychologen J.R. Hackman entwickelte „Group Effectiveness Model“ (GEM) (Hackman 1990). Dieses Modell setzt sich aus den drei Säulen Qualität des Outputs , Gruppenkohäsion und Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung zusammen. Es kann dabei zwischen projektexterner und projektinterner Erfolgsmessung unterschieden werden
2.2.1 Externer Projekterfolg
Die erste Säule des GEM nach Hackman zieht den vom Team generierten Output (ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Entscheidung o.ä.) zur Erfolgsmessung heran (siehe Abbildung 1, S. 17). Es wird die Frage gestellt, inwieweit das Ergebnis der Zusammenarbeit die vom Leistungsempfänger erwarteten Standards betreffend Quantität, Qualität und Pünktlichkeit erfüllt. Generell gesprochen handelt es sich also um die Evaluierung des Outputs. Es kann daher auf die Ausführungen oben unter „Erfolg“ verwiesen werden
2.2.2 Interner Projekterfolg
Bei der Erfolgsmessung von Teamarbeit ist die Selbsteinschätzung des Teams betreffend der Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung (Sarin 1996). Die zweite und dritte Säule des GEM tragen diesem Umstand Rechnung. Die zweite Säule, die Gruppenkohäsion , ist das Ausmaß, in dem der Arbeitsprozess der Gruppe dazu beiträgt, dass die Teammitglieder auch in Zukunft zusammenarbeiten können, ohne einem hohen Maß an Konflikten oder einem „burn-out“ gegenüberzustehen. In einer Vielzahl von Studien (Pinto et al. 1993; Meyer 1994; Hoegl und Gemuenden 2001) wird – aufbauend auf dem GEM – dieser Aspekt als „Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit“ definiert: „The degree to which association with the team is considered to be a worthwhile, productive, and satisfying experience by the team members“ (Sarin 1996). Es wird angenommen, dass die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit die Motivation erhöht, auch in Zukunft in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten (Lüthje und Prügl 2004)
[...]
[1] A.T. Kearney Strategy Lounge am 18.10.2007 in Wien: Vortrag von Dr. Kai Engel (Vice President, A.T. Kearney) zum Thema „Innovationsmanagement – Treiber organischen Wachstums“
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2008
- ISBN (eBook)
- 9783836630924
- DOI
- 10.3239/9783836630924
- Dateigröße
- 706 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Wirtschaftsuniversität Wien – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaft
- Erscheinungsdatum
- 2009 (Juni)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- innovation zusammenarbeit projekt team barrieren
- Produktsicherheit
- Diplom.de