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Werbung und PR als Instrumente der Marketingkommunikation

Ein kritischer Vergleich von Wirkung und Eignung

©2007 Diplomarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Werbung ist am Ende. Hoch lebe PR!
Betrachtet man Publikationen wie ‘The Fall of Advertising and the Rise of PR’ oder ‘The End of Advertising as We Know It’ , so scheint der Gedanke nahezuliegen, dass das Ende der Werbung gekommen ist. Mit diversen Beispielen zeigen die Autoren, dass moderne und kreative Werbungen zwar Awards der Werbeindustrie gewinnen, aber wenig für einen steigenden Umsatz der Produkte beitragen. Insbesondere Ries und Ries lassen keine Gelegenheit aus, um Public Relations (PR) als das bessere und effektivere Instrument der Marketingkommunikation vorzustellen. Mit Hilfe von 'Starbucks' oder 'The Body Shop' können erfolgreiche Fallbeispiele herangezogen werden, die den Erfolg von PR-Strategien bei gleichzeitigem Verzicht auf Werbung belegen. Immer wieder wird dabei das Argument genutzt, dass die zugeschriebene hohe Quellenglaubwürdigkeit von PR den entscheidenden Vorteil gegenüber der von Eigeninteresse geleiteten Werbung liefert.
Die Werbung überlebt:
Bei einer stetig steigenden Informationsüberlastung der Konsumenten ist die Frage nach der Werbeeffektivität berechtigt. Trotz der zunehmenden Reizkonkurrenz und der damit sinkenden Werbewahrnehmung sprechen die Umsatzzahlen der Werbeindustrie eine andere Sprache: Insgesamt stiegen die Werbeumsätze in Deutschland im Jahr 2006 um 5,1 Prozent auf 20,1 Mrd. Euro. Der von Ries und Ries prognostizierte ‚Fall der Werbung' kann also anhand aktueller Umsatzzahlen der Branche nicht bekräftigt werden.
Werbung und PR: Partner oder Rivalen?
Kommerzielle und nichtkommerzielle Unternehmen müssen heute aus einem großen Repertoire von Kommunikationsinstrumenten auswählen. Werbung und PR sind neben dem persönlichen Verkauf, der Verkaufsförderung und dem Direktmarketing wichtige Elemente der Marketingkommunikation. Eine erfolgreiche Marketingkommunikation ermöglicht es Organisationen, auf ihre angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, und ist damit ein entscheidendes Element zur Etablierung dauerhafter Kundenbeziehungen.
Ziel dieser Arbeit ist es, Vor- und Nachteile von Werbung und PR näher zu beleuchtet, zu vergleichen und zu diskutieren. Es soll die Frage beantwortet werden, warum Werbung trotz der mahnenden Worte der PR-Fachleute zu einem der etabliertesten Instrumente der Marketingkommunikation gehört. Ferner soll untersucht werden, ob die Vorteile der PR halten, was sie versprechen.
Dabei muss vorangestellt werden, dass die beiden Instrumente nicht […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Janina Koch
Werbung und PR als Instrumente der Marketingkommunikation
Ein kritischer Vergleich von Wirkung und Eignung
ISBN: 978-3-8366-3013-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Freie Universität Berlin, Berlin, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

I
Inhaltsverzeichnis
Seite
1
Einleitung ...1
2
Begriffsbestimmungen und Abgrenzung ...3
2.1
Werbung und PR: Gemeinsamkeiten und Unterschiede... 3
2.2
Zwischenformen: Advertorials und Co... 7
3
Theoretische Grundlagen kommunikativer Botschaften ...9
3.1
Das Elaboration-Likelihood Model ... 9
3.2
Das Heuristic-Systematic Model... 12
4
Die Rolle der Motivation, Fähigkeit und Möglichkeit zur
Informationsverarbeitung von Werbung und PR ...14
4.1
Die Rolle der Motivation ... 15
4.1.1 Quellenglaubwürdigkeit ... 15
4.1.2 Agenda Setting... 18
4.1.3 Auseinandersetzung und Vermeidung... 20
4.2
Die Rolle der Fähigkeit ... 23
4.2.1 Verständlichkeit ... 23
4.2.2 Darstellungsform ... 25
4.3
Die Rolle der Möglichkeit... 28
4.3.1 Wiederholung der Nachricht... 28
4.3.2 Ablenkung... 30
4.4
Zwischenfazit ... 32
5
Empirische Ergebnisse ...33
5.1
Werbung versus PR... 34
5.1.1 Überblick über die empirischen Ergebnisse ... 34
5.1.2 Quellenglaubwürdigkeit ... 37
5.1.3 Werbung versus Advertorials ... 41
5.1.4 Einfluss von Involvement und Argumentationsstärke... 44
5.1.5 Zwischenfazit... 46

II
Seite
5.2
Werbung in Verbindung mit PR ... 49
5.2.1 Überblick über die empirischen Ergebnisse ... 51
5.2.2 Zusammenwirken von Werbung und PR... 52
5.2.3 Sequenz von Werbung und PR ... 54
6
Fazit...58
Literaturverzeichnis...62
Anhang ...69

III
Abkürzungsverzeichnis
ELM
Elaboration-Likelihood Model
FMCGs
Fast Moving Consumer Goods
HSM
Heuristic-Systematic Model
IMC
Integrated Marketing Communications
M-A-O
Motivation ­ Ability ­ Opportunity
PR
Public Relations

IV
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Elaboration-Likelihood Model (nach Petty/Cacioppo 1986, S. 4)...10
Abbildung 2: Motivation, Fähigkeit und Möglichkeit als Voraussetzung zur
Informationsverarbeitung (in Anlehnung an MacInnis/Jaworski
1989) ...15
Abbildung 3: Kritischer Vergleich von Werbung und Publicity im Rahmen des
M-A-O Ansatzes der Informationsverarbeitung (in Anlehnung
an Lord/Putrevu 1993) ...33
Abbildung 4: Zugeschriebene Glaubwürdigkeit in Abhängigkeit von
Involvement und Format (nach Hennessey/Anderson 1990,
S. 239)...39
Abbildung 5: Zugeschriebene Glaubwürdigkeit in Abhängigkeit von
Involvement, Bekanntheit und Format (nach Chew et al. 1995,
S. 32)...40
Abbildung 6: Zugeschriebene Glaubwürdigkeit von Werbung und verschieden
markierten Advertorials (nach Hausknecht et al. 1989, S. 310) ...43
Abbildung 7: Wirkung von einzeln und kombiniert angewandten Formaten
auf Glaubwürdigkeit und Kaufabsicht (nach Loda et al. 2007,
S. 262)...53
Abbildung 8: Wirkung von einzeln und kombiniert angewandten Formaten auf
die Einstellung zur Marke (nach Micu 2005, S. 74) ...55

V
Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Werbung und PR (in
Anlehnung an Bruhn 2005)...6
Tabelle 2: Überblick über die empirischen Ergebnisse: Werbung versus PR...35
Tabelle 3: Überblick über die empirischen Ergebnisse: Werbung in
Verbindung mit PR ...51

1
1 Einleitung
Die Werbung ist am Ende. Hoch lebe PR!
Betrachtet man Publikationen wie "The Fall of Advertising and the Rise of PR"
(Ries/Ries 2002) oder "The End of Advertising as We Know It" (Zyman/Brott 2002),
so scheint der Gedanke nahezuliegen, dass das Ende der Werbung gekommen ist.
Mit diversen Beispielen zeigen die Autoren, dass moderne und kreative Werbungen
zwar Awards der Werbeindustrie gewinnen, aber wenig für einen steigenden Umsatz
der Produkte beitragen. Insbesondere Ries und Ries (2002) lassen keine Gelegenheit
aus, um Public Relations (PR) als das bessere und effektivere Instrument der
Marketingkommunikation vorzustellen. Mit Hilfe von `Starbucks' oder `The Body
Shop' können erfolgreiche Fallbeispiele herangezogen werden, die den Erfolg von
PR-Strategien bei gleichzeitigem Verzicht auf Werbung belegen. Immer wieder wird
dabei das Argument genutzt, dass die zugeschriebene hohe Quellenglaubwürdigkeit
von PR den entscheidenden Vorteil gegenüber der von Eigeninteresse geleiteten
Werbung liefert.
Die Werbung überlebt.
Bei einer stetig steigenden Informationsüberlastung der Konsumenten (Bruhn 2005)
ist die Frage nach der Werbeeffektivität berechtigt. Trotz der zunehmenden Reizkon-
kurrenz und der damit sinkenden Werbewahrnehmung sprechen die Umsatzzahlen
der Werbeindustrie eine andere Sprache: Insgesamt stiegen die Werbeumsätze in
Deutschland im Jahr 2006 um 5,1 Prozent auf 20,1 Mrd. Euro (Nielsen Media
Research 2007). Der von Ries und Ries (2002) prognostizierte ,Fall der Werbung'
kann also anhand aktueller Umsatzzahlen der Branche nicht bekräftigt werden.
Werbung und PR: Partner oder Rivalen?
Kommerzielle und nichtkommerzielle Unternehmen müssen heute aus einem großen
Repertoire von Kommunikationsinstrumenten auswählen. Werbung und PR sind
neben dem persönlichen Verkauf, der Verkaufsförderung und dem Direktmarketing
wichtige Elemente der Marketingkommunikation. Eine erfolgreiche Marketingkom-
munikation ermöglicht es Organisationen, auf ihre angebotenen Leistungen aufmerk-

2
sam zu machen, und ist damit ein entscheidendes Element zur Etablierung dau-
erhafter Kundenbeziehungen (Kotler et al. 2007).
Ziel dieser Arbeit ist es, Vor- und Nachteile von Werbung und PR näher zu beleuch-
tet, zu vergleichen und zu diskutieren. Es soll die Frage beantwortet werden, warum
Werbung trotz der mahnenden Worte der PR-Fachleute zu einem der etabliertesten
Instrumente der Marketingkommunikation gehört. Ferner soll untersucht werden, ob
die Vorteile der PR halten, was sie versprechen.
Dabei muss vorangestellt werden, dass die beiden Instrumente nicht vollständig
trennscharf sind. Ihre Beziehung ist sowohl durch Gemeinsamkeiten als auch durch
Unterschiede charakterisiert. "Where does marketing end and public relations
begin?", fragen Kotler und Mindak (1978, S. 13) in ihrem Artikel "Marketing and
Public Relation ­ Should they be partners or rivals?". Etwa 30 Jahre nach
Veröffentlichung dieses Artikels sind die formalen und betrieblichen Abgrenzungen
zueinander immer noch nicht diskussionsfrei (für eine ausführliche Darstellung vgl.
Bruhn 2005, S. 729 f.), jedoch verschwinden die Unterschiede immer mehr. Als
Konsequenz hat sich der Begriff Marketing Public Relations etabliert (vgl. Harris
1998). Ziel dieses Konzeptes ist es, PR in das breite Feld des Marketings zu
integrieren und die Verwendung der verschiedenen Instrumente zu optimieren. Vor
diesem Hintergrund wird die vorliegende Arbeit die Wirkung und Eignung von Wer-
bung und PR als Instrumente der Marketingkommunikation untersuchen.
Um das formulierte Ziel zu erreichen, werden zunächst theoretische Grundlagen
vermittelt. So beschäftigt sich Kapitel 2 mit der Begriffsbestimmung und Abgren-
zung von Werbung und PR und in Kapitel 3 werden zwei wichtige Dual-
Prozesstheorien zur Verarbeitung kommunikativer Botschaften vorgestellt.
Anschließend werden im Hauptteil dieser Arbeit Werbung und PR kritisch
miteinander verglichen und Vor- sowie Nacheile der Instrumente aufgezeigt. Dazu
werden diese in Kapitel 4 anhand verschiedener Faktoren der Motivation, Fähigkeit
und Möglichkeit der Informationsverarbeitung analytisch miteinander verglichen.
Danach wird in Kapitel 5 ein Überblick über relevante empirische Studien gegeben.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem analytischen Teil bildet zusammen
mit den wichtigsten empirischen Ergebnissen das Fazit, in dem abschließend auch
die konkreten Fragen der Zielsetzung beantwortet werden.

3
2 Begriffsbestimmungen und Abgrenzung
2.1 Werbung und PR: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Im Zuge der Marketingkommunikation stellt Werbung eines der stärksten etablier-
ten Instrumente dar. Die Schwierigkeit, den facettenreichen Begriff Werbung zu
definieren, zeigt die Vielzahl von Erscheinungsformen, die Nieschlag, Dichtl und
Hörschgen (2002) systematisieren. Nach der Art des Werbeobjekts unterscheiden
die Autoren zwischen Produkt-, Programm- und Firmenwerbung. Bei einzelnen
Werbetreibenden
sprechen sie von Individualwerbung, bei einem Verbund dagegen
von Kollektivwerbung. Hinsichtlich der Zahl der Umworbenen geht es um Einzel-
oder Mengenwerbung. Damit ist gemeint, dass die Werbebotschaft auf einzelne
Marktpartner, auf ausgewählte Zielsegmente oder auf die Bevölkerungsgesamtheit
ausgerichtet sein kann (Nieschlag et al. 2002).
Das Forschungsfeld der Werbung ist darüber hinaus hoch dynamisch und die Defini-
tionen
des Begriffs sind daher stetigen Veränderungen im gesellschaftlichen, histori-
schen und wirtschaftlichen Umfeld ausgesetzt (Siegert/Brecheis 2005). Eine frühe
Definition von Behrens (1970) beschreibt Werbung als ,,eine absichtliche und
zwangfreie Form der Beeinflussung, welche die Menschen zur Erfüllung der Werbe-
ziele veranlassen soll" (S. 4). Die Grundzüge dieser Begriffsbestimmung mit dem
Schwerpunkt auf der Persuasivität (Beeinflussung) der Werbebotschaft haben noch
immer Bestand. Neuere Definitionen gehen aber darüber hinaus und beziehen Auf-
traggeber, Medien und Inhalt von Werbung mit ein. Daher soll die aktuelle und
treffende Definition von Kotler et al. (2007) für die vorliegende Arbeit zugrunde
gelegt werden:
Unter Werbung ,,fallen alle Varianten von nicht durch Personen durchge-
führten Präsentationen oder Darstellungen von Ideen, Gütern oder Dienst-
leistungen in Medien, die vom Verkäufer oder vom Auftraggeber bezahlt
werden" (S. 841).
Durch die Beschreibung der ,nicht persönlichen Kommunikation' wird deutlich,
dass es keinen direkten Kontakt zwischen Sender und Empfänger und somit auch
keine direkte Rückkopplungsmöglichkeit gibt. Außerdem wird die Werbebotschaft
durch bezahlte Medien transportiert, d. h., der Auftraggeber kommuniziert gleich-

4
zeitig mit vielen Empfängern. Der Auftraggeber einer Werbung kann sowohl ein
kommerzielles Unternehmen als auch eine Non-Profit-Organisation, wie z.B. eine
Stiftung oder ein Museum, sein (Kotler et al. 2007). Werbung im ökonomischen
Sinne ist von politischer Werbung zu differenzieren, welche auch unter dem Begriff
Propaganda bekannt ist und in vorliegender Arbeit nicht betrachtet wird.
Das Feld der Public Relations (PR) ist nicht minder komplex als das der Werbung
und zusätzlich unter dem Namen Öffentlichkeitsarbeit bekannt. Die traditionelle
Sichtweise unterscheidet beide Begriffe mit der Begründung, dass PR sich stärker
auf kommerzielle Institutionen beziehe und Öffentlichkeitsarbeit eher von
nichtkommerziellen Organisationen betrieben werden würde (vgl. z. B. Haedrich et
al. 1982). Neuere Definitionen nehmen diese Unterscheidung nicht mehr vor und un-
terstreichen damit die Gleichwertigkeit der Kommunikationspolitik von kommer-
ziellen und nichtkommerziellen Unternehmen. Die vorliegende Arbeit betrachtet
beide Begriffe als Synonyme und folgt damit der überwiegenden Vorgehensweise
der Literatur (vgl. z. B. Avenarius 1999; Bruhn 2005).
PR kann treffend und prägnant definiert werden "(...) as the management of
communication between an organization and its publics" (Hunt/Gruning 1994, S. 6).
Neben dieser allgemein gültigen Begriffsbestimmung lässt sich auch hier eine Defi-
nition identifizieren, die das Wesen der PR detaillierter beschreibt:
,,Public Realtions (Öffentlichkeitsarbeit) als Kommunikationsinstrument
bedeutet die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle aller Aktivitä-
ten eines Unternehmens, um bei ausgewählten Zielgruppen (extern und in-
tern) um Verständnis sowie Vertrauen zu werben und damit gleichzeitig
kommunikative Ziele des Unternehmens zu erreichen" (Bruhn 2005, S.
725).
Bruhn (2005) unterscheidet drei Formen von PR:
1. Gesellschaftsbezogene PR
2. Unternehmensbezogene PR
3. Leistungsbezogene PR.
Im Zusammenhang mit gesellschaftsbezogener PR kommuniziert das Unternehmen
in Bezug auf gesellschaftspolitische Probleme, die dieses betreffen. Besonders in
Krisenzeiten hat die PR die Aufgabe, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit über

5
die Medien zu gestalten (Avenarius 1999). Bei unternehmensbezogener PR
konzentriert sich die Kommunikation auf die umfassende Unternehmensleistung. Das
Verbreiten von einzelnen Leistungsmerkmalen der Produkte oder Dienstleistungen
eines Unternehmens steht bei der leistungsbezogenen bzw. Produkt-PR im
Vordergrund. Eines der wichtigsten Mittel der leistungsbezogenen PR ist Publicity.
Hierbei handelt es sich um eine einseitige Kommunikation zwischen dem
Unternehmen und seinen Zielgruppen. Die Maßnahmen der Publicity gelangen
größtenteils über die Medien im Zuge von redaktionellen Beiträgen an die Öffent-
lichkeit (Bruhn 2005). Durch Kontakte zur Presse gelingt es hierbei, einzelne
Meldungen und Produkte in redaktionellen Artikeln zu platzieren.
Aufgrund der verschiedenen Ausprägungsformen von Werbung und PR ist es
schwer, Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzuhalten. Dieses gelingt jedoch
erfolgreich, wenn man, wie in Tabelle 1 geschehen, eine Unterteilung von Firmen-
und Produktwerbung sowie auch Unternehmens- und Produkt-PR vornimmt. Zur
besseren Veranschaulichung befindet sich eine entsprechende Einteilung der
Ausprägungsformen von Werbung und PR am Beispiel der Firma NIVEA im
Anhang.
Wichtigste Gemeinsamkeit aller Instrumente ist die Einordnung als Kommunikati-
onsinstrumente, die Aufmerksamkeit und Bewusstsein schaffen sollen und somit
gleiche psychologische und kommunikationstheoretische Gesetze zu beachten haben
(Müller-Vogg 1990). Der bedeutendste Unterschied ist zwischen Produktwerbung
(Anhang AI) und unternehmensbezogener PR (Anhang AII) festzustellen. Denn
während Letzteres Öffentlichkeiten anspricht, richtet sich Produktwerbung an Märk-
ten aus. "Markets consist of people who purchase products or who use the service of
an organization. (...) Publics are different, however. They create themselves and
pursue the organization when they are unhappy" (Hunt/Gruning 1994, S. 6). Produkt-
werbung soll bei der Zielgruppe eine gewisse (Kauf-) Handlung auslösen, während
bei klassischer PR eher die Haltung im Vordergrund steht (Müller-Vogg 1990). So
kann man festhalten, dass bei der Produktwerbung der Umsatzgedanke an erster
Stelle steht, bei der unternehmensbezogenen PR vielmehr das Vertrauen und die Ein-
stellung zur Organisation (siehe Tabelle 1).

6
Tabelle 1: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Werbung und PR (in Anlehnung an
Bruhn 2005)
Unternehmens-
bezogene PR
Firmenwer-
bung
Produktwer-
bung
Produkt-PR
(Publicity)
Einordnung
Instrumente der Marketingkommunikation
Allgemeines
Ziel
Schaffung von Aufmerksamkeit und Bewusstsein
Zielsetzung
Image/
Vertrauen
Image/ Ab-
satzförderung
Absatzförderung
Absatzförderung
Unter
Beachtung
Gleicher kommunikationstheoretischer Gesetze
Interessenlage
Unternehmens-
politisch
Absatz- und
Unternehmens-
politisch
Absatzpolitisch
Absatzpolitisch
Zielgruppe
Interne und
externe Mei-
nungs- und
Interessen-
gruppen
Externe Mei-
nungs- und
Interessen-
gruppen
Bestehende,
potenzielle Kun-
den und Mei-
nungsführer
Bestehende,
potenzielle Kun-
den und Mei-
nungsführer
Ausrichtung
Öffentlichkeiten
Öffentlichkeiten
und Märkte
Märkte
Märkte
Gegenstand
im Zentrum:
Unternehmens-
informationen
Image des
Unternehmen
Produkte,
Dienstleistungen
Produkte,
Dienstleistungen
Medien
Print-, Online- und elektronische Medien
Medien
Auch Firmen-
zeitschriften,
Pressekonfe-
renzen
Auch Post-
wurfsendungen
Zutritt zu den
Medien
Kostenfreie
redaktionelle
Artikel
Gekaufter An-
zeigenraum
Gekaufter Anzei-
genraum
Kostenfreie
redaktionelle
Artikel
Gestaltung
von
Auftraggeber
und/oder
Presse
Auftraggeber
Auftraggeber
Presse
Zeithorizont
Kontinuierlich,
langfristig
Mittel- bis
langfristig
Kurz- bis
mittelfristig
Kurz- bis
mittelfristig
Die Produktwerbung bedient sich für die Erreichung ihrer Ziele der Massenmedien,
z. B. durch Anzeigen in Zeitungen oder im Internet, durch Plakate in der Außenwer-
bung und Spots in Fernsehen, Kino oder Radio. Die Instrumente der unternehmens-
bezogenen PR stellen auch eine Verbindung zu den Massenmedien her (z. B. über
Pressekonferenzen), jedoch nutzen sie darüber hinaus interne Medien, wie z. B.
Mitarbeiterzeitschriften.
Bei Publicity, also der Produkt-PR (Anhang AIII), sind einige Gemeinsamkeiten
mit der Produktwerbung (Anhang AI) zu unterstreichen. Die Konzentration auf ein
einzelnes Produkt bzw. eine Dienstleistung im Zuge einer eher kurz- bis
mittelfristigen Kampagne ist beiden Instrumenten immanent. Während jedoch
Produktwerbung steuerbar im gekauften Anzeigenraum erscheint und beliebig oft
wiederholt werden kann, sind der Einfluss auf den Inhalt und die Veröffentlichung

7
bei Publicity nicht kontrollierbar (Bruhn 2005). Bei redaktionellen Texten hängt der
Inhalt der Nachricht von zwei wesentlichen Faktoren ab: erstens von den Kontakten
zur Presse, die die Information des Unternehmens publik machen sollen (Avenarius
1999). Zweitens kommt dem Neuigkeitswert der Nachricht eine besondere Rolle zu,
da dieser darüber entscheidet, ob die Meldung in der Presse erscheint (Jin 2003).
Werbung und Publicity unterscheiden sich dahingehend, dass bei der Werbung der
jeweilige Auftraggeber leicht zuzuordnen ist, der ursprüngliche Initiator bei
redaktionellen Texten jedoch meist verborgen bleibt (Tabelle 1). Der Vergleich von
Produktwerbung und Publicity ist für die vorliegende Arbeit besonders interessant,
weil dieser einige theoretische Aspekte aufwirft und empirisch umfangreich
untersucht wurde.
Abschließend bleibt noch einmal zu unterstreichen, dass eine eindeutige Abgrenzung
von Werbung und PR durch die zunehmende Annäherung und Durchdringung ihrer
diversen Ausprägungsformen schwierig ist (Siegert/Brecheis 2005). Durch
Zwischenformen, wie z. B. Advertorials, wird versucht die Vorteile beider Instru-
mente zu verbinden und Nachteile bzw. Probleme zu umgehen. Diese werden im
folgenden Kapitel vorgestellt.
2.2 Zwischenformen: Advertorials und Co.
Als Advertorial wird Werbung in Printformat bezeichnet, die in einer Weise gestaltet
ist, die dem Leser die Unterscheidung von dem redaktionellen Teil einer Zeitung
oder Zeitschrift erschwert (Kotler 1997). Der Begriff setzt sich aus den englischen
Wörtern `Advertisement' und `Editorial' zusammen. Damit stellen Advertorials eine
Zwischenform
bzw. hybride Form von Werbung und Publicity dar, denn es handelt
sich hierbei um die Vermarktung eines Produkts bzw. einer Dienstleistung auf
gekauftem Anzeigenraum, dessen Auftraggeber nicht sofort erkennbar ist (Anhang
AX).
Diese Art der Werbung "(...) represents one of the fastest growing media trends in
the advertising industry over the past decade" (Kim et al. 1995, S. 3). Die zuneh-
mende Verbreitung von Advertorials hat die American Society of Magazin Editors
dazu veranlasst, Richtlinien zu deren Gebrauch zu veröffentlichen (ASME 2007).

8
Auch der Verband deutscher Zeitschriftenverleger betont mit dem Verweis auf das
deutsche Presserecht die Notwendigkeit der eindeutigen Kennzeichnung der Adver-
torials als Anzeigen (VDZ 2007). Ziel ist es, der möglichen Verwechslung mit
redaktionellen Beiträgen entgegenzuwirken, um so die Konsumenten zu schützen.
Kim und seine Kollegen (1995) haben in einer umfassenden Untersuchung die Ver-
wendung
von Advertorials in der Periode von 1990 bis 1992 in neun amerikanischen
Magazinen untersucht. Dabei zeigen die Autoren, dass Advertorials vermehrt in
Frauenzeitschriften und Magazinen des allgemeinen Interesses verwendet werden.
Ferner werden etliche Verstöße gegen die vorgestellten Richtlinien festgestellt. Ins-
besondere bleibt die Kennzeichnung der Advertorials zunehmend aus (Kim et al.
1995).
Als eine weitere Zwischenform von Werbung und PR werden Infomercials verstan-
den. Als Pendant zu Advertorials setzt sich der Begriff aus den Wörtern `Informa-
tion' und `Commercial' zusammen. "Infomercials are TV commercials that appear to
be 30-minute television shows, but are really advertisements for products or sales-
lead generators" (Kotler 1997, S. 623). Ziel eines Infomercials ist es, detaillierte,
kundenorientierte Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung zu trans-
portieren.
Im Gegensatz dazu gibt es auch Zwischenformen von Werbung und Publicity, die
keine detaillierten Informationen transportieren, sondern sich auf die einfache Prä-
sentation von Produkten oder Marken in ,nicht werblichen' Bereichen konzentrieren.
Bei Product-Placements beispielsweise werden Produkte oder Dienstleistungen
werbewirksam in die Handlung eines Kino-, Video-, Fernseh- bzw. Radioprogramms
oder eines anderen künstlerischen Werks integriert und der Auftraggeber muss dafür
bezahlen (Nieschlag et al. 2002).
Daneben gibt es noch eine Reihe von hybriden Formaten, die sich besonders in den
USA etabliert haben (für einen Überblick vgl. Balasubramanian 1994). Alle
Zwischenformen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich thematisch ideal in den
redaktionellen Teil einfügen, redaktionelle Inhalte imitieren oder ersetzen und Pro-
dukte, Unternehmen oder Marken gezielt in die Filmhandlungen, Sendungsabläufe
oder redaktionelle Kontexte integrieren (Siegert/Brecheis 2005).

9
3 Theoretische Grundlagen kommunikativer Botschaften
Nach den Erläuterungen zu den begrifflichen Grundlagen widmet sich dieses Kapitel
den theoretischen Grundlagen der Verarbeitung kommunikativer Botschaften. Der
Cognitive Response Ansatz
spielt dabei für das vorliegende Thema eine bedeutende
Rolle und wird im Folgenden anhand von zwei Dual-Prozesstheorien vorgestellt. Der
auf Greenwald (1968) zurückgehende Cognitive Response Ansatz stellt die ge-
danklichen Vorgänge
(Kognitionen) des Empfängers als Mediator zwischen Kom-
munikation und Einstellungsänderung in den Vordergrund (Eisend 2003). Expe-
rimente, die im Zuge dieses Ansatzes durchgeführt werden, konzentrieren sich
vornehmlich darauf, die Gedanken von Versuchspersonen während der Konfronta-
tion mit der persuasiven Nachricht aufzunehmen und zu klassifizieren, um die
Veränderung der kognitiven Struktur und damit der Einstellung abbilden zu können.
3.1 Das Elaboration-Likelihood Model
Das Elaboration-Likelihood Model (ELM) von Petty und Cacioppo (1986) ist
eines der bekanntesten Modelle des Cognitive Response Ansatzes. "(...) [It] provides
a fairly comprehensive framework for organizing, categorizing, and understanding
the basic process underlying the effectiveness of persuasive communications"
(Petty/Cacioppo 1986, S. 3). Unter `persuasive communications' verstehen die Auto-
ren eine Art der Kommunikation, die als Ziel das Hervorrufen eines Einstellungs-
wechsels hat (Petty/Cacioppo 1986).
Als Grundannahme geht das ELM von zwei unterschiedlichen Arten der Informati-
onsverarbeitung (Elaboration) einer Nachricht aus:
- dem zentralen Weg (central route)
-
dem peripheren Weg (peripheral route)
Der zentrale Weg ist mit intensiven und ausführlichen Verarbeitungsprozessen unter
hoher kognitiver Beteiligung verbunden. Dies bedeutet, dass sich der Rezipient
(Empfänger) intensiv mit der Nachricht auseinandersetzt und die Argumente prüft,
um dann zu einer Schlussfolgerung zu kommen. Der zentrale Weg führt daher zu
einer stabilen und lang anhaltenden Beeinflussung der Einstellungen der Empfänger.

10
Im Gegensatz dazu vertraut der Rezipient im Falle des peripheren Wegs der Infor-
mationsverarbeitung auf bestimmte Schlüsselreize oder Gewohnheiten und verzichtet
daher auf intensive kognitive Prozesse. Der periphere Weg führt dementsprechend zu
einer oberflächlichen und kurzfristigen Beeinflussung.
Die Voraussetzungen für die Wahl des jeweiligen Wegs lassen sich anhand folgender
Faktoren
beschreiben und sind zudem in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt:
1. die Motivation zur Informationsverarbeitung
2. die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung
3. die Art des kognitiven Prozesses
4. die Bereitschaft zur Veränderung des kognitiven Systems
Motivation zur
Informationsverarbeitung?
Fähigkeit zur
Informationsverarbeitung?
Beeinflussende
Kommunikation
Zeitweilige
Einstellungsänderung
Vorhandensein peripherer
Hinweisreize
Beibehaltung
anfänglicher
Einstellung
Art des kognitiven Prozesses
Überwiegend
positive
Gedanken
Überwiegend
neutrale
Gedanken
Überwiegend
negative
Gedanken
Änderung der kognitiven Struktur?
Positive stabile
Einstellungs-
änderung
negative stabile
Einstellungs-
änderung
ja
nein
ja
ja
nein
nein
nein
ja
ja
Motivation zur
Informationsverarbeitung?
Fähigkeit zur
Informationsverarbeitung?
Beeinflussende
Kommunikation
Zeitweilige
Einstellungsänderung
Vorhandensein peripherer
Hinweisreize
Beibehaltung
anfänglicher
Einstellung
Art des kognitiven Prozesses
Überwiegend
positive
Gedanken
Überwiegend
neutrale
Gedanken
Überwiegend
negative
Gedanken
Änderung der kognitiven Struktur?
Positive stabile
Einstellungs-
änderung
negative stabile
Einstellungs-
änderung
ja
nein
ja
ja
nein
nein
nein
ja
ja
Abbildung 1: Elaboration-Likelihood Model (nach Petty/Cacioppo 1986, S. 4)
Die Motivation gilt als Grundvorrausetzung zur Verarbeitung einer persuasiven
Nachricht. Sie wird insbesondere durch das Involvement beeinflusst (Petty/Cacioppo

11
1986; Petty et al. 1983). Das von Krugman (1965) eingeführte Involvement-Kon-
zept
beschreibt ein Verhaltenskonstrukt und dient besonders der Kategorisierung in
`high' und `low' involvement Prozesse. "Although there are many specific defini-
tions of involvement (...), there is considerable agreement that high involvement
messages have greater personal relevance and consequences or elicit more personal
connections than low involvement messages" (Petty et al. 1983, S. 136; Herv. durch
den Verf.). Das Involvement eines Konsumenten kann sich neben der Mitteilung
auch auf das verwendete Medium beziehen. Einen zentralen Stellenwert für die
Käuferverhaltensforschung hat ferner das Produktinvolvement, welches sich in
situatives (situational) und dauerhaftes (enduring) Involvement einteilen lässt (vgl.
Richins/Bloch 1986).
Des Weiteren determiniert das Bedürfnis nach Kognition die Motivation, eine per-
suasive Nachricht sorgfältig zu verarbeiten. Hierunter verstehen Petty und Cacioppo
(1986) die Tendenz und das Bestreben, kognitive Bemühungen vorzunehmen.
Neben der Motivation ist die zweite wesentliche Voraussetzung die Fähigkeit des
Empfängers, über die präsentierte Nachricht intensiv nachzudenken. Die Fähigkeit ist
maßgeblich vom persönlichen Vorwissen zu dem jeweiligen Thema und von situati-
ven Faktoren, wie z. B. möglicher Ablenkung, abhängig. Motivation und Fähigkeit
zusammen bilden die Elaborationswahrscheinlichkeit (Petty/Cacioppo 1986). Ist
diese hoch, so verarbeitet der Empfänger die Nachricht ausführlich auf dem zentralen
Weg. Entgegengesetzt dazu wird die Nachricht bei geringer Elaborationswahr-
scheinlichkeit auf dem peripheren Weg verarbeitet.
Die Art des kognitiven Prozesses wird ferner von der Qualität der Informationsver-
arbeitung, d. h. von den überwiegenden Gedanken, die beim Rezipienten während
des Prozesses auftauchen, beeinflusst. Sind diese vorwiegend positiv oder negativ, so
ist eine ausführliche Verarbeitung mit langfristiger Wirkung möglich. Dominieren
hingegen neutrale Gedanken oder befinden sich positive und negative Gedanken in
einem gleichgewichtigen Verhältnis, so erfolgt die Kommunikationswirkung
kurzfristig und instabil.
Setzt sich ein Empfänger aufgrund vorhandener Motivation und Fähigkeit sowie
überwiegend positiver oder negativer Gedanken intensiv mit einer Nachricht ausein-

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ander, so sind zentrale Hinweisreize (central cues) von besonderer Bedeutung. Hier
ist besonders die Qualität der Argumente zu nennen. Diese führen zu einer Verände-
rung des kognitiven Systems, d. h., der Rezipient bildet aufgrund der verarbeiteten
Informationen eine Einstellung. Im Gegensatz dazu werden periphere Hinweisreize
(peripheral cues) bei der peripheren Route herangezogen und die Mitteilung wird
weniger intensiv verarbeitet. Als periphere Hinweisreize gelten insbesondere die
Merkmale der Quelle. Diese führen zu einer nur kurzfristigen Einstellungsänderung,
die lediglich so lange anhält, wie sich der Reiz im kognitiven System befindet
(Petty/Cacioppo 1986).
3.2 Das Heuristic-Systematic Model
Ein weiteres Modell der Einstellungsforschung ist das Heuristic-Systematic Model
(HSM)
, das auf Shelly Chaiken (1980) zurückgeht. Wie das ELM gehört auch das
HSM zu den Dual-Prozesstheorien, d. h., es unterschiedet zwei verschiedene Verar-
beitungsarten von Informationen bei persuasiver Kommunikation:
- die systematische Verarbeitung
- die heuristische Verarbeitung
Bei der systematischen Informationsverarbeitung setzen sich Rezipienten sorg-
fältig und detailliert mit den Informationen auseinander. Die Mitteilung wird um-
fangreich geprüft, so dass ein hohes Maß an kognitiver Verarbeitungskapazität bean-
sprucht wird. Analog zum zentralen Weg des ELM spielen bei der systematischen
Informationsverarbeitung die Qualität der Argumente und die persönliche Wichtig-
keit des Themas eine entscheidende Rolle.
Bei der heuristischen Informationsverarbeitung tritt der Inhalt der Botschaft, z. B.
in Form der Qualität der Argumente, in den Hintergrund und die Rezipienten ver-
trauen auf leicht verfügbare Informationen. Der Kommunikant verwendet dann ein-
fache Heuristiken (Faustregeln) für die Beurteilung der Botschaft. Ein Beispiel für
eine Heuristik ist: ,,Wenn ein Experte dieses Produkt empfiehlt, muss es gut sein."
Einfache und schnell zu erkennende Merkmale, wie z. B. die Kleidung oder der Titel
des Kommunikators, sind dann heuristische Hinweisreize, die suggerieren, dass es
sich um einen Experten handelt, und somit die Verwendung der Heuristik auslösen.

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Auf lange Sicht gesehen kann dieses ,blinde Vertrauen' auf simple Hinweisreize zu
Fehlern (Errors) führen: Empfänger können Nachrichtenaussagen akzeptieren (ab-
lehnen), die sie bei ausreichender Zeit und Anstrengung zum Hinterfragen der Ar-
gumentation abgelehnt (akzeptiert) hätten (Chaiken 1980). Aufgrund der großen
Menge täglicher Kommunikationsbotschaften, die Konsumenten erhalten, stellt die
heuristische Informationsverarbeitung aber trotz der möglichen Fehler den Regelfall
dar.
Motivation und kognitive Kapazität sind als Grundvoraussetzungen entscheidend für
die systematische bzw. heuristische Informationsverarbeitung. Im HSM werden, im
Gegensatz zum ELM, drei Arten von Motivationen beschrieben (Chaiken et al.
1996):
- accuracy motivation (Richtigkeits-Motivation)
- defence motivation (Verteidigungs-Motivation)
- impression motivation (Eindrucks-Motivation)
Neben dem Bestreben, ein objektiv richtiges Urteil zu treffen (Richtigkeits-Motiva-
tion) kann auch der Wille, eigene Werte oder Interessen zu verteidigen (Verteidi-
gungs-Motivation), oder der Wunsch eines Erreichens sozialer Anerkennung (Ein-
drucks-Motivation) eine wichtige Rolle spielen. Zweite Voraussetzung für eine sys-
tematische Verarbeitung ist eine ausreichend hohe kognitive Kapazität. Ist diese bei
einem Rezipienten reduziert, z. B. durch das Erledigen einer anderen Aufgabe, so
werden Informationen heuristisch verarbeitet.
Im HSM wird auch die Möglichkeit eines Zusammenspiels heuristischer und sys-
tematischer Verarbeitung
diskutiert (vgl. Chaiken/Maheswaran 1994).
Zum einen
können heuristische und systematische Verarbeitung gleichzeitig Einfluss auf die
Bildung von Einstellungen nehmen und unabhängige Effekte hervorrufen (additivity
hypothesis) oder entgegengesetzt arbeiten (attenuation hypothesis). Zum anderen
können heuristische Hinweisreize Erwartungen über nachfolgende urteilsrelevante
Informationen erzeugen (bias hypothesis) (Chaiken/Maheswaran 1994).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl das ELM als auch das HSM den
Prozess der Verarbeitung kommunikativer Botschaften theoretisch anschaulich erklä-
ren. Zudem bieten die erläuterten Faktoren einen guten Überblick über diverse De-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836630139
Dateigröße
5.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
marketing werbung advertorials publicity
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