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'Thought Self Leadership' und Mentales Training für das Management

©2008 Magisterarbeit 112 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„ Puff, puff, chug, chug, went the Little Blue Engine. `I think I can – I think I can – I think I can – ` Up, up, up. Faster and faster the little engine climbed, until at least they reached the top of the mountain. And the Little Blue Engine smiled and seemed to say as she puffed steadily down the mountain. `I thought I could. I thought I could. I thought I could …”. Diese Textstelle aus dem bekannten Kinderbuch „Little Blue Engine“ von Watty Piper steht am Beginn dieser Arbeit, weil sie den Gegenstand der Untersuchung treffend beschreibt. „… I think I can – I think I can …”, die Art wie die Lokomotive zu sich selbst spricht beschreibt eine kognitive Strategie. Die Strategie einer selbst-bestätigenden Aussage, in diesem Fall mit dem Ziel den Berg zu erklimmen, steht stellvertretend für die Strategien welche viele Leistungsträger in Organisationen heute verwenden oder zumindest empfehlen, um ihre Leistung zu erhöhen und ihre Ziele zu erreichen.
Der Einsatz von kognitiven Strategien wie der eben angeführte Selbstdialog (auch self talk und inner dialogue) oder die mentale Visualisierung (auch mental imagery) soll die Leistung beeinflussen. Positive und negative Effekte konnten in zahlreichen Studien über die verschiedensten Disziplinen hinweg aufgezeigt werden. Die Spannbreite der Studien reicht von der Sportpsychologie über die klinische und beratende Psychologie, der Kommunikation bis hin zu Bereichen, welche sich mit dem Verhalten in Organisationen und dem Management beschäftigen.
Die ermittelten Effektgrößen, vor allem in einigen Studien der Sportpsychologie, sind beeindruckend. Doch wie lassen sich diese Ergebnisse erklären? Was steckt hinter dem Begriff „Mentales Training“ und welche kognitiven Strategien werden verwendet? Wie kann das Management aus diesen Strategien Nutzen ziehen? Um diese Fragen zu beantworten, werde ich als Ausgangspunkt ein Modell aus der kognitiven Psychologie heranziehen, nämlich das Thought Self-Leadership Modell.
Dieses Modell verwendet zwei kognitive Strategien: self-talk und mental imagery. Diese beiden Strategien sind für das Spektrum der in der Literatur vorkommenden Anwendungen des Mentalen Trainings sehr relevant. Auf dem Verständnis dieser Strategien aufbauend, lässt sich in der Folge ein guter Überblick über Möglichkeiten des Mentalen Trainings und dem Thought Self-Leadership Modells in Sport und Management beschreiben.
Abschließend werden auch Erkenntnisse der Gehirnforschung in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Motivation

2. Bereiche der Psychologie und Kognitive Wende
2.1 Überblick über die Bereiche der Psychologie
2.2 Kognitive Wende

3. TSL Modell
3.1 Self Talk und Mental Imagery
3.2 Weitere Variablen und Wirkungszusammenhänge des TSL Modells
3.3 Das Gesamtmodell an Hand eines Beispiels

4. Mentaltraining (MT)
4.1 Definition von MT
4.2 Ziele von MT
4.3 Voraussetzungen für MT
4.4 Wirkungen von MT
4.5 Anwendungsmöglichkeiten von MT
4.6 Die fünf Schritte von MT
4.7 Wirkungsweise von MT
4.8 Abgrenzung zu TSL

5. Anwendungen von TSL und MT
5.1 TSL und MT im Sport
5.1.1 Fallbeispiel im Sport: Hürdenlaufen – Auf dem Weg zur Olympiamedaille
5.2 TSL und MT im Management
5.2.1 Fallbeispiel im Management: Statement des Abteilungsleiters
5.2.2 Weitere Anwendungsmöglichkeiten von self talk und mental imagery
5.2.3 Das Autogene Training

6. Wirkungsweise von TSL und MT
6.1 Grundlagen des menschlichen Gehirns
6.1.1 Grundlagen der Gehirnforschung
6.1.2 Der mentale Dreiklang – Kognition, Emotion, Motivation
6.2 Hypothesen zur Wirkungsweise von TSL und MT
6.2.1 Mentales Training und das ideomotorische Prinzip
6.2.2 TSL – mental imagery
6.2.3 TSL – self talk
6.2.4 Exkurs: Eine Sichtweise aus der Künstlichen Intelligenz

7. Kritische Betrachtung der Konzepte
7.1 Kritik am TSL Modell und am Mentaltraining
7.2 Gedanken zum Ausmaß von kognitiven Strategien
7.3 Gedanken zur organisatorischen Einbettung von MT und TSL
7. Schlussbetrachtung

8. Quellen
8.1 Literaturverzeichnis
8.2 Internetquellen
8.3 Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung und Motivation

„ Puff, puff, chug, chug, went the Little Blue Engine. `I think I can – I think I can – I think I can – ` Up, up, up.

Faster and faster the little engine climbed, until at least they reached the top of the mountain.

And the Little Blue Engine smiled and seemed to say
as she puffed steadily down the mountain.
`I thought I could. I thought I could. I thought I could …”

Watty Piper (1930)

Diese Textstelle aus dem bekannten Kinderbuch „Little Blue Engine“ von Watty Piper (1930) steht am Beginn dieser Arbeit, weil sie den Gegenstand der Untersuchung treffend beschreibt.

“… I think I can – I think I can …”, die Art wie die Lokomotive zu sich selbst spricht beschreibt eine kognitive Strategie. Die Strategie einer selbst-bestätigenden Aussage, in diesem Fall mit dem Ziel den Berg zu erklimmen, steht stellvertretend für die Strategien welche viele Leistungsträger in Organisationen heute verwenden oder zumindest empfehlen, um ihre Leistung zu erhöhen und ihre Ziele zu erreichen.

Der Einsatz von kognitiven Strategien wie der eben angeführte Selbstdialog (auch self talk und inner dialogue) oder die mentale Visualisierung (auch mental imagery) soll die Leistung beeinflussen. Positive und negative Effekte konnten in zahlreichen Studien über die verschiedensten Disziplinen hinweg aufgezeigt werden. Die Spannbreite der Studien reicht von der Sportpsychologie (Mahony & Avener, 1977) über die klinische und beratende Psychologie (Bonadies & Bass, 1984, Morran, 1986), der Kommunikation bis hin zu Bereichen, welche sich mit dem Verhalten in Organisationen und dem Management beschäftigen (Ellis, 1975, Burns, 1980, Weick, 1979).

Die ermittelten Effektgrößen, vor allem in einigen Studien der Sportpsychologie, sind beeindruckend.

Doch wie lassen sich diese Ergebnisse erklären? Was steckt hinter dem Begriff „Mentales Training“ und welche kognitiven Strategien werden verwendet?

Wie kann das Management aus diesen Strategien Nutzen ziehen?

Um diese Fragen zu beantworten, werde ich als Ausgangspunkt ein Modell aus der kognitiven Psychologie heranziehen, nämlich das Thought Self-Leadership Modell. (kurz: TSL, Manz & Neck, 1992).

Dieses Modell verwendet zwei kognitive Strategien: self-talk und mental imagery. Diese beiden Strategien sind für das Spektrum der in der Literatur vorkommenden Anwendungen des Mentalen Trainings sehr relevant. Auf dem Verständnis dieser Strategien aufbauend, lässt sich in der Folge ein guter Überblick über Möglichkeiten des Mentalen Trainings und dem Thought Self-Leadership Modells in Sport und Management beschreiben.

Abschließend werden auch Erkenntnisse der Gehirnforschung in diese Arbeit einfließen, um ein besseres Verständnis der Wirkungsweise von kognitiven Strategien zu ermöglichen. Auch wenn es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, alle Aspekte mentaler Trainingsformen aus Sicht der Gehirnforschung zu beleuchten und aufzuzeigen, welche exakten Vorgänge bei bestimmten kognitiven Strategien im menschlichen Gehirn ablaufen, so sollen die Ausführungen dem Leser dennoch helfen, ein Grundverständnis für diese Thematik zu erhalten.

2. Bereiche der Psychologie und Kognitive Wende

Zunächst ist es wichtig zu bestimmen, aus welchem wissenschaftlichen Bereich heraus, das TSL Modell und seine Anwendungen überhaupt entstanden und wohin sie einzuordnen sind.

Dies ist nicht nur wichtig, um die Herangehensweise der Autoren bei den angeführten Modellen und Theorien besser verstehen zu können, sondern auch um zu erkennen, welche psychologischen Aspekte bei der Anwendung von kognitiven Strategien betroffen sind.

Die Anwendungen von TSL streifen nahezu alle Aspekte der Psychologie. Deshalb will ich bereits an diesem Punkt das Modell kurz beschreiben und in der Folge einen Überblick über die fünf grundlegenden psychologischen Ansätze geben.

Thought self-leadership (gedankenbasierte Selbstführung, kurz: TSL) wurde von Manz & Neck am Department of Management an der Arizona State University 1992 entwickelt. Die grundlegende Aussage des Modells ist, dass es einem Individuum möglich ist, mittels zweier kognitiver Strategien sein Verhalten positiv beeinflussen zu können.

Die beiden kognitiven Strategien sind self talk und mental imagery.

Self talk bezeichnet den fortwährenden inneren Dialogs eines Individuums mit sich selbst. (Ellis, 1962, zit. nach Manz & Neck, 1992, S.683)

Mental Imagery steht für die innere Wahrnehmung eines Bildes oder einer Repräsentation, in Abwesenheit des dafür notwendigen passenden sensorischen Inputs. (Kosslyn et al., 2006, S.3)

Ich möchte nun ein konkretes Beispiel aus TSL vorstellen. Angenommen ein Individuum steht vor der schwierigen Aufgabe, einen Vortrag vor einer großen Menschenmenge halten zu müssen.

Das Individuum entscheidet sich self talk in Form einer selbst-bestätigenden Aussage zu praktizieren. („Ich werde das schaffen“) Das TSL Modell würde nun postulieren, dass das Anwenden dieser kognitiven Strategie die Leistung positiv beeinflusst. Um diesen Prozess psychologisch umfassend erklären zu wollen, würden wir nun bemerken, dass alle fünf grundlegenden psychologischen Ansätze betroffen sind.

Es geht darum, wie wir denken (Kognitive Psychologie), was uns motiviert und treibt (Psychodynamische Psychologie), wie wir etwas erleben (Phänomenologische Psychologie), wie wir handeln (Verhaltenspsychologie) und schließlich auch darum, wie das Gehirn und Gene funktionieren. (Neurobiologie und Evolutionspsychologie)

Aus diesem Grund sollen nun die genannten fünf psychologischen Ansätze kurz näher erläutert werden.

2.1 Überblick über die Bereiche der Psychologie

Kognitive Psychologie – wie wir denken:

Kognitive Psychologie befasst sich damit, wie Sinneseindrücke verarbeitet werden, wie Menschen Sinneseindrücke in Informationen verwandeln und diese im Gedächtnis behalten. Es geht um Wahrnehmung, Vorstellungsvermögen, Problemlösung, Erinnerung und Denken. Dies sind alles Kognitionen, die zwischen Reiz und Reaktion wirksam werden. (Wiedemann, 2005, S.15)

Die psychodynamische Psychologie – was uns motiviert und treibt:

Der psychodynamische Ansatz sucht Erkenntnisse über das, was Menschen bewegt, zu sein, wie sie sind und zu tun, was sie tun, durch Einzelfallstudien, aber auch durch Introspektion zu gewinnen. (Wiedemann, 2005, S.17)

Die phänomenologische Psychologie – wie wir etwas erleben:

Das Interesse der phänomenologischen Psychologie ist ganz auf das subjektive Erleben einer Person gerichtet. Sie fragt danach, wie jemand etwas wahrnimmt und Ereignisse deutet. „Phänomenologisch orientierte Psychologen sind überzeugt, dass wir mehr über die menschliche Natur herausfinden können, wenn wir erforschen, wie Menschen sich und ihre Welt wahrnehmen, als wenn wir ihr Verhalten beobachten.“ (Wiedemann, 2005, S.19)

Verhaltenspsychologie – wie wir handeln:

Die Verhaltenspsychologie beschäftigt sich mit beobachtbaren Verhaltensweisen, die messbar sind. Man spricht auch von Reiz-Reaktion-Psychologie, welche die „black box“ des Menschen außer Acht lassen kann. Der Begriff der „black box“ wird in der Verhaltenspsychologie als Metapher für „das Innere des Gehirns“ benutzt, dessen Prozesse sich mit naturwissenschaftlichen Methoden jedoch noch nicht genau objektiv messen, beschreiben und reproduzieren lassen. Im frühen Behaviorismus (z.B. nach J.B. Watson, 1878 - 1958) wurde der Lernende als „Black Box“ betrachtet, dessen Motivation, Kreativität, Denken und Erinnern als einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht zugänglich galten.

Im Laufe dieser Arbeit zeigt sich, dass der Behaviorismus den einfachsten Ansatz darstellt, um Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von TSL zu ziehen.

Neurobiologie und Evolutionspsychologie:

Der neurobiologische Ansatz konzentriert sich auf die Prozesse, die im Gehirn und im Nervensystem vorgehen und versucht zu erforschen, wie diese Prozesse mit unserem Verhalten und unserem Erleben zusammenhängen. „Alles was wir erleben, denken, tun und fühlen hat seine Entsprechung in Aktivitäten des Gehirns.“ (Wiedemann, 2005, S.11)

Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe dieser Arbeit auf die Neurobiologie zurück kommen, wenn es darum geht, ein besseres Verständnis für die Aktivitäten des Gehirns bei der Verwendung kognitiver Strategien zu erhalten.

Es ist wichtig festzuhalten, dass sich die genannten Ansätze ergänzen. Dies lässt sich bereits dadurch gut verstehen, dass jedes Phänomen welches psychologisch verstanden werden will, von verschiedenen Blickwinkeln aus untersucht werden kann.

Führt nun ein Individuum eine kognitive Strategie wie self talk oder mental imagery mit dem Ziel ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen durch, so wird ein hirnphysiologisch orientierter Psychologe wissen wollen, welche Teile des Gehirns dabei aktiv werden. Ein Verhaltenspsychologe würde sich auf die Reiz – Reaktion Beziehung konzentrieren, während ein kognitiver Psychologe den Fokus auf durch Informationen veränderte oder korrigierte Wahrnehmung legen würde. Ein psychodynamisch orientierter Psychologe würde ergründen wollen, warum eine Person zu Strategien wie self talk oder mental imagery greift und was sich eine Person davon erwartet. Schließlich würde ein phänomenologischer Psychologe untersuchen, wie eine Person das Anwenden von kognitiven Strategien empfindet und die gewonnenen Erkenntnisse individuell beschreiben.

Es zeigt sich also, dass die unterschiedlichen Ansätze ineinandergreifen, eine Entwicklung, welche sich während der letzten Jahrzehnte noch verstärkt hat. War bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA der Behaviorismus noch größtenteils vorherrschend, so hat sich ein Wandel hin zur Kognitionswissenschaft vollzogen. Man spricht von der kognitiven Wende.

2.2 Kognitive Wende

Unter der kognitiven Wende versteht man eine Entwicklung innerhalb der Paradigmen der psychologischen Wissenschaftsgemeinde vom Behaviorismus hin zum Kognitivismus.

John B. Watson (1878 - 1958) gilt als der Begründer des Behaviorismus, welcher vor allem um 1950 seinen Höhepunkt an den Universitäten erreichte. An der Harvard University nahm B. F. Skinner den Ansatz Watsons auf und trieb ihn auf die Spitze mit seiner Stimulus-Response Psychologie. Die „black box“ des Menschen wurde mit dem Argument postuliert, dass nur wissenschaftlich bewiesen werden könne, was in die Box hinein und was aus ihr hinausgehe. Man untersuchte Reize (etwa das 12-Uhr Läuten), die Verhalten bewirken (z.B., dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft) oder Belohnungen und Bestrafungen und ihre Wirkungen auf Verhalten.

Des Weiteren sahen Behavioristen Lernen als einen universellen Vorgang, welcher stets mehr oder weniger auf dieselbe Weise ablief, ganz gleich, welches Tier etwas lernte und was es lernte. So schienen Studien, in denen Tauben für das Picken nach einem Schlüssel oder Ratten für das Drücken eines Hebels mit Fressen belohnt wurden, durchaus geeignet zu sein, um zu ergründen, wie Lernvorgänge beim Menschen ablaufen. (Ledoux, 2003, S. 115)

Die kognitive Revolution legte dann das Augenmerk wieder auf die Vermittlungsstelle zwischen dem Reiz und der Reaktion, also auf das menschliche Gehirn.

Als wesentlicher Vorreiter dieser Entwicklung gilt der Linguist Naom Chomsky, der mit seiner Behaviorismuskritik einen Paradigmenwechsel einläutete und das Prinzip des universellen Lernens in Zweifel zog. (Ledoux, 2003, S.115)

In seinem Essay “A Review of B. F. Skinner's Verbal Behavior” (Chomsky, 1959) besprach Chomsky kritisch die Aussagen des Buches „Verbal Behavior“ des Behavoristen B. F. Skinner. Chomsky vertrat die Auffassung, dass nur der Mensch über eine angeborene Sprachfähigkeit verfügt und dass der Spracherwerb sich von anderen bei ihm ablaufenden Lernvorgängen unterscheidet. Damit zeigte Chomsky auf, dass Skinners Anwendung des verhaltensanalytischen Erklärungsapparats auf sprachliches Verhalten fehlerhaft ist. „Chomskys Vorstellungen über Regeln und Repräsentationsvorgänge im menschlichen Sprachgebrauch gaben mit den Anstoß zur kognitiven Revolution in der Psychologie.“ (Ledoux, 2003, S. 115f.) Chomskys Werk und Argumentation blieb zwar nicht ohne Kritik, dennoch steht Chomskys Essay repräsentativ für den Beginn dieses Paradigmenwechsels.

Aus diesem Paradigmenwechsel heraus entstand die Kognitionswissenschaft (cognitive science). Sie entwickelte sich nahezu zeitgleich mit den Neuro- und den Computerwissenschaften, die durch ihre neuen Erkenntnisse die Psychologie, die Anthropologie und die Linguistik vor einen Wandel stellten.

Das Problem der Psychologie war, dass sie an der kognitiven Revolution nicht teilnehmen konnte, ohne sich vom radikalen Behaviorismus vorher zu befreien. Und zusätzlich wurde auch immer deutlicher, dass der Fortschritt in vielen wissenschaftlichen Fragen der Psychologie in der Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen lag. (Miller, 2003, S.1)

Deshalb entstand die Kognitionswissenschaft an einer Schnittstelle zwischen Psychologie, Neurowissenschaft, Informatik, Linguistik und Philosophie und gilt als sehr interdisziplinäres Unternehmen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit gilt als wesentlicher Schlüsselfaktor, um dem Ziel der Erforschung kognitiver Vorgänge näher und näher zu kommen.

Der Psychologe George Miller beschreibt die kognitive Wende in „The cognitive revolution: a historical perspective“, sehr treffend, als er über Chomskys Beweisführung über die Sprache schreibt: “The grammatical rules that govern phrases and sentences are not behavior. They are mentalistic hypotheses about the cognitive processes responsible for the verbal behaviors we observe.” (Miller, 2003, S.2)

Und diese kognitiven Prozesse, von denen Miller spricht, über die wir von außen Hypothesen aufstellen können, stehen auch im Zentrum des TSL-Modells von Manz und Neck (1983), welches ich im Folgenden genauer beschreiben werde.

3. TSL Modell

„Thought self-leadership“ (gedankenbasierte Selbstführung, kurz: TSL) wurde von Manz & Neck am Department of Management an der Arizona State University 1992 entwickelt.

Christopher P. Neck hält einen Ph.D. in Management von der Arizona State University, einen MBA von der Louisiana State University und unterrichtet derzeit an der Virginia Tech. Er ist Autor zahlreicher Bücher und wissenschaftlicher Publikationen, mit einem Fokus auf Selbst-Führungsthemen.

Charles C. Manz unterrichtet Führung an der Isenberg School of Management an der University of Massachusetts. Er erhielt seinen Ph.D. an der Pennsylvania State University und seinen MBA von der Michigan State University. So wie Christopher Neck ist auch Charles Manz Autor zahlreicher Bücher und wissenschaftlicher Publikationen rund um das Thema Selbstführung.

Das TSL Modell wurde zum ersten Mal im Jahre 1992 im Journal of Organizational Behavior veröffentlicht und wurde in den Folgejahren von Manz und Neck in weiteren Publikationen verwendet, um Folgewirkungen von einschlägigen Trainingsmaßnahmen zu untersuchen.

Bei TSL handelt es sich um ein Modell der kognitiven Psychologie, welches sich in den Bereich der Selbstführungstheorien einordnen lässt.

Die kognitive Psychologie beschäftigt sich mit den psychischen Mechanismen des menschlichen Denkens und ist, obwohl in vielerlei Hinsicht Vorläufer der Kognitionswissenschaften, mittlerweile in diese als Unterdisziplin einzuordnen. (Ledoux, 2003, S.36 ff. )

Unter Selbstführung wird das Management der eigenen Person beziehungsweise des eigenen Handelns verstanden. “It can be defined as the process of influencing ourselves and developing the self-motivation needed to perform. Self-leadership is not simply self-discipline; it is a set of well-defined strategies for personal improvement.”[1] Manz & Neck sprechen auch von personenbezogener Selbstführung oder „a process of influence over oneself“. (Manz & Neck, 1998, S.5) „Personenbezogene Selbstführung bezeichnet die Selbstbeeinflussung einzelner Teammitglieder mit dem Ziel einer erfolgreichen selbstständigen Aufgabenerledigung in Projektteams.“ (Haberstroh, 2007, S.14)

Das Konzept „Thought Self-Leadership“ betont nun die kognitive Seite des Selbstführungsprozesses. Manz & Neck schreiben: „Thought self-leadership is conceptualized as a process of influencing or leading oneself through the purposeful control of one’s thoughts. This includes the utilization of specific cognitive strategies including management of self-talk and mental imagery.” (Manz & Neck, 1992, S.686)

Manz & Neck (1992) mutmaßten also über die Ursachen beobachtbaren Verhaltens in Form eines psychologisch kognitiven Modells, bedienten sich jedoch nicht neuronaler Studien um in die „black box“ des Menschen zu sehen.

TSL ist konzipiert als ein Prozess sich selbst zu führen und zu beeinflussen, ermöglicht durch die absichtliche und bewusste Kontrolle der eigenen Gedanken. (Manz & Neck, 1992, S.681)

TSL baut auf Bandura’s Theorie des sozialen Lernens auf. Der Psychologe Bandura versteht soziales Lernen als Integration von Informationen über bestimmte Verhaltensweisen, die durch Beobachtung erworben wurden, in kognitive Repräsentationssysteme, aus denen sie jederzeit abgerufen werden können. (Bandura, 1977, zit. nach Manz & Neck, 1992, S. 686)

Albert Bandura führte die Bezeichnung des Modelllernens ein. Modelllernen beschreibt einen kognitiven Lernprozess, der vorliegt, wenn ein Individuum als Folge der Beobachtung des Verhaltens anderer Individuen sowie der darauffolgenden Konsequenzen sich neue Verhaltensweisen aneignet oder schon bestehende Verhaltensmuster weitgehend verändert.

Dadurch schiebt Banduras Theorie zwischen die beiden Variablen der behavioristischen Verstärker Theorie („reinforcement theory“) von Skinner (1952), reinforcement und behavior, das vermittelnde Element der Kognition ein.

In der Psychologie versteht man unter einem Verstärker einen Reiz, welcher als Konsequenz eines bestimmten Verhaltens auftritt. Der Reiz führt dann – vereinfacht gesagt – zu einer Erhöhung der Auftretens-Wahrscheinlichkeit dieses Verhaltens bzw. zu einer Verstärkung der Reaktionsfrequenz.

Durch das Einschieben der Kognition, wird Verhalten „eine Funktion einer triadischen Wechselseitigkeit zwischen der Person, dem Verhalten und der Umwelt.“ (Davis & Luthans, 1980, zit. nach Manz & Neck, 1992, S. 686,)

Die Person nimmt dadurch über die Kognition eine vermittelnde Position zwischen der Umwelt und dem Verhalten ein. Abbildung 1 zeigt diesen Gedanken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: TSL Sicht von Verhalten (Manz & Neck, 1992, S.687)

Ausgangspunkt für das Modell waren Studienergebnisse, vor allem aus dem Bereich der Sportpsychologie, welche auf Grund der Anwendung bestimmter kognitiver Strategien eine klare Leistungssteigerung im beobachtbaren Verhalten von Menschen nachweisen konnten. (einen Überblick über diese Studien gibt es unter Punkt 5) Das Modell postuliert daher, dass es möglich ist, durch die Anwendung bestimmter kognitiver Strategien die individuelle Leistung sowohl positiv als auch negativ beeinflussen zu können. Konkret geht es um zwei kognitive Strategien: self talk und mental imagery.

Diese beiden kognitiven Strategien werde ich zunächst genauer vorstellen und darauf aufbauend in der Folge das Gesamtmodell und seine Variablen beschreiben.

3.1 Self Talk und Mental Imagery

Zunächst ist festzuhalten, dass self talk und mental imagery per definitionem klar von einander abgrenzbare Begriffe sind.

Während self talk (auch „inner dialogue“ oder „self-verbalisations“) den fortwährenden inneren Dialog eines Individuums mit sich selbst beschreibt (Ellis, 1962, zit. nach Manz & Neck, 1992, S.683), bezieht sich mental imagery auf die geistige Vorstellung einer Handlung. (Manz & Neck, 1992, S.684)

Ein einfaches Bespiel für die Anwendung von self talk ist eine Person, die sich vor einem bevorstehenden Vortrag mit vielen Zuhörern in einem Inneren Dialog mit den Worten: „Ich werde das schaffen. Ich habe den Vortrag gut eingeübt und deshalb schreite ich nun selbstbewusst zum Rednerpult.“, ermutigt.

Von mental imagery spricht man zum Beispiel, wenn ein Tennisspieler einen bestimmten Schlag zu Trainingsübungen im Geiste durchgeht, ohne die entsprechende Bewegung motorisch auszuführen.

Auch wenn die beiden Strategien konzeptionell voneinander getrennt sind, so stehen sie im TSL Modell in gemeinsamer Wechselwirkung, das heißt, sie können einander verstärken. Darüber hinaus ist es möglich, dass gewisse Elemente von self talk auch bei mental imagery vorkommen können und umgekehrt.

Das Modell geht davon aus, dass, unabhängig von einem direkten externen Stimulus, die beiden Strategien intern selbst produziert und angewandt werden können. Für mental imagery kann diese Annahme an einem einfachen Beispiel verdeutlicht werden, bei dem eine Person ihr Auto in eine Parklücke einparkt. Da es beim Zurückfahren des Autos eng wird, stellt sich die Person vor, ob genügend Raum bis zum nächsten Wagen zur Verfügung ist. Befragt man nun diese Person im Nachhinein nach der Wahrnehmung, so berichten sehr viele Personen über die Erfahrung, ein Bild oder eine Repräsentation wahrgenommen zu haben. Diese Repräsentation fand jedoch in der Abwesenheit des dafür passenden notwendigen sensorischen Inputs statt.

Ein anderes Beispiel für eine solche Wahrnehmung in Form eines Bildes oder einer Repräsentation, wäre der Versuch, einen Buchstaben geistig auf den Kopf zu stellen.

Der Professor für Psychologie Stephen M. Kosslyn Ph.D. und Leiter des Kosslyn Laboratory der Harvard University, spezialisiert auf mental imagery, beschreibt ein „mental image“ folgendermaßen:

„A mental image occurs when a representation of the type created during the initial phases of perception is present but the stimulus is not actually being perceived, such representations preserve the perceptible properties of the stimulus and ultimately give rise to the subjective experience of perception.” (Kosslyn et al. 2006, S.4)

Kosslyn beschränkt “mental imagery” auch nicht auf den visuellen Modus. Vielmehr kann sich der Begriff auf jede begleitend auftretende Sinneswahrnehmung beziehen. So ist es möglich „to hear with the mind’s ear“, („auditory mental imagery“) oder „to feel with the mind’s skin“, („tactile imagery“) u.s.w. (Kosslyn et al. 2006, S.4)

Mental imagery spielt auch im mentalen Training der Sportpsychologie eine große Rolle. In der Sportpraxis versteht man unter Mental Training das systematische und gedankliche Nachvollziehen einer sportlichen Handlung bzw. eines sportlichen Bewegungsablaufs. Im deutschsprachigen Raum wird auch der Begriff der Visualisierung verwendet. „Visualisieren bezeichnet die Tätigkeit, einen bislang im Zeichensystem der Wortsprache ausgedrückten Inhalt entweder durch bildsprachliche Zeichen zu ergänzen, oder aber ihn ganz in die Bildsprache zu übersetzen.“ (Stary J., 1997, S. 12)

Für Corbin (1972) ist mental imagery eine Methode, um eine physische Aufgabe mental zu vollziehen, ohne dass ein Beobachter eine entsprechende physische Bewegung beobachten könnte. (Manz & Neck, 1992, S. 684)

Ich werde später auf das Mental Training und mental imagery als Methode noch genauer zu sprechen kommen.

Im Falle von self talk steht die reine „innere Produktion“ nicht so ausgeprägt im Vordergrund, dennoch bleibt sie ein wesentliches Kriterium, da es bei beiden Strategien darum geht, dass ein Individuum in der Lage ist, sein eigenes Denken aktiv beeinflussen zu können. (Manz & Neck, 1992, S. 682ff.)

Eine Wechselwirkung mit externen Stimuli aus der Umwelt wird nicht verneint, jedoch impliziert das Modell eindeutig, dass ein Individuum einen bewussten und aktiven Einfluss auf sein eigenes Denken haben kann und sich dadurch über einfache determinierte Stimulus-Response Modelle erhebt.

Als Beispiel für self talk habe ich bereits Innere Dialoge in der Form von: „Ich werde das schaffen“, angeführt. Manz & Neck schränken den Begriff self talk nicht weiter ein als auf einen „fortwährenden Dialog eines Individuums mit sich selbst“. (Manz & Neck, 1992, S. 693) Die Autoren betonen die Wichtigkeit des Inneren Dialogs in Bezug auf Emotionen und Leistung. Auffallend ist, dass Manz & Neck self talk zwar vorrangig in positiven- und negativen- einteilen, aber zusätzlich fallweise von funktionalem und dysfunktionalem self talk sprechen. Diese Funktionalität steht im Bezug zur Zielerreichung. (Manz & Neck, 1992, S.693)

Das bedeutet, dass klassisch - positiver self talk (z.B. ermutigender Innerer Dialog) nicht in allen Situationen zwingend zum Erfolg führt. Dies trifft zum Beispiel auf einen Manager zu, der eine Arbeit bis zu einer gewissen Deadline zu erledigen hat. Im Sinne der Zielerreichung wird ein strengerer Selbstdialog in manchen Fällen eher zum Erfolg führen, als lediglich positiver self talk.

Es lassen sich zwei wichtige Rückschlüsse ziehen: Auf der einen Seite erscheint die Definition von self talk als „Innerer Dialog“ und auch die Unterscheidung von positivem und negativem self talk sehr breit und ungenau, auf der anderen Seite jedoch, wenn man auf die Unterscheidung in funktionalen und dysfunktionalen self talk blickt, wird klar, dass eine exakte Festlegung auf eine bestimmte Art eines Selbstdialoges der Zielerreichung wohl nicht in allen Fällen dienlich wäre. Eine schlichte Unterscheidung in positiven („Ich werde das schaffen.“) und negativen self talk („Ich werde das nicht schaffen.“) ist im Sinne einer bestimmten Zielerreichung nicht immer zielführend.

Betrachtet man nun die unterschiedlichen Begriffsverwendungen von self talk durch Manz & Neck (1992), so drängt sich die Frage auf, welches Begriffsverständnis nun im TSL Modell seine Anwendung findet.

Generell bleiben Manz & Neck bei der breiten Definition von self talk als einem fortwährenden Inneren Dialog (Ellis, 1962, zit. nach Manz & Neck, 1992, S.683), jedoch zeigen die Wirkungszusammenhänge der einzelnen Variablen im TSL Modell, dass die Autoren vor allem positiven und negativen self talk unterscheiden. Diesen Wirkungszusammenhängen möchte ich mich im Folgenden auch widmen.

3.2 Weitere Variablen und Wirkungszusammenhänge des TSL Modells

Self talk und mental imagery stellen lediglich zwei Variable des TSL Modells von Manz & Neck (1992) dar. Insgesamt umfasst das Modell acht Variable und beschreibt, wie eine Leistungsbeeinflussung durch self talk und mental imagery funktioniert.

Abbildung 2 zeigt nun das TSL Modell mit seinen acht Variablen: beliefs, self talk, mental imagery, emotional state, thought patterns, scripts, performance und perceived self-efficacy.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: „thought self-leadership“ Modell (Manz & Neck, 1992, S.687)

Im Folgenden möchte ich diese Variablen und ihr Zusammenspiel im TSL Modell näher beschreiben. Danach werde ich das Modell noch an Hand eines praktischen Beispiels besprechen, um es für eine praktische Anwendung konkret werden zu lassen.

Zunächst entscheiden beliefs darüber, ob und in welchem Ausmaß self talk oder mental imagery von einem Individuum angewandt wird.

Unter beliefs verstehen Manz & Neck die subjektive Bewertung in Bezug auf eine bestimmte Aufgabe oder Situation. Sie formulieren zwei Annahmen:

- Individuen mit funktionalen beliefs neigen zu positivem self talk.
- Individuen mit dysfunktionalen beliefs neigen zu negativem self talk.

Unter funktionalen beliefs versteht man einen ausgeprägten Glauben an die eigenen Fähigkeiten, eine positive Einschätzung von self talk und der gegebenen Situation. Positiver self talk umfasst ermutigenden Selbstdialog in der Form von: „Ich bin selbstbewusst. Ich stelle mich der Situation und ich werde sie erfolgreich bewältigen.“ Für negativen self talk und dysfunktionale beliefs gilt jeweils das Gegenteil des soeben beschriebenen.

Self talk und mental imagery wirken aber nicht direkt auf die Leistung, sondern über affektive Antworten in Form der Variablen emotional state und thought patterns.

Manz & Neck gehen von einer kognitiv – affektiven Beziehung aus, welche ein wichtiges Charakteristikum von TSL darstellt. (Neck & Manz, 1992, S.688) Sie beziehen sich dabei auch auf Beck et al. (1976), welche darauf hingewiesen haben, dass bestimmte Gedanken für bestimmte emotionale Antworten verantwortlich sind. (Neck & Manz, 1992, S.688)

Manz & Neck (1992) beschreiben diese kognitiv – affektive Beziehung in ihrem Modell folgendermaßen: Die Überzeugungen (beliefs) einer Person beeinflussen die Art des inneren Dialogs (self talk), welcher in der Folge über emotionale Zustände (emotional state) bestimmte eintrainierte Gedankenabfolgen aktiviert. (thought patterns)

Um die kognitiv-affektive These und die Annahme einer unterschiedlichen Leistungsbeeinflussung durch positiven oder negativen self talk zu unterstützen, zitieren die Autoren eine Studie von Robin & Nelson (1983).

Sie untersuchten die Effekte von rationalen und irrationalen Selbststatements auf Gefühlszustände, welche durch Befragung ermittelt wurden. Versuchsobjekte hatten die Aufgabe ein kompliziertes Puzzle zu lösen. Jene Versuchsobjekte, welche positive Selbststatements verwendeten, zeigten deutlich niedrigere Level von Angst und negativem Stress, als jene Versuchsobjekte, welche negative Selbststatements anwandten. (Manz & Neck, 1992, S.688, zit. nach Rosin & Nelson, 1983)

Aufbauend auf Rosin & Nelsons Versuch postulieren Manz & Neck (1992, S. 688) eine Wirkung von self talk auf Emotionszustände (emotional state), welche in der Folge gewohnte Gedankenabfolgen (thought patterns) aktivieren.

Die Variable thought patterns wird von Manz & Neck folgendermaßen beschrieben: „thought patterns are certain ways of thinking about our experiences … and …habitual ways of thinking“. (Manz & Neck, 1992, S. 689) Dieser Sicht liegt die Annahme zu Grunde, dass Individuen dazu neigen, bestimmte Gedankenstrukturen miteinander zu verknüpfen. (Manz & Neck, 1992, S. 689) Durch self talk in einer positiven Ausprägung (zum Beispiel: „Ich bin selbstbewusst.“) werden somit weitere positive Gedanken hervorgerufen. Als zwei einander gegenüberliegenden Gedankenschemata führen Manz & Neck (1992, S.689) opportunity thinking und obstacle thinking an.

Darunter verstehen Manz & Neck ein und dieselbe Situation, entweder als Möglichkeit oder als Hindernis zu sehen. Die Einschätzung einer Situation führt in der Folge über die Abgleichung mit einem psychological script zu einem bestimmten Verhalten.

Scripts oder auch standardisierte Verhaltensabläufe beschreiben die Speicherung bzw. den Abruf vorgefertigter Verhaltensweisen auf entsprechende Situationen. Im Unterschied zu thought patterns sind scripts streng auf Verhaltensabläufe bezogen. Scripts wirken wie ein Langzeitspeicher und reagieren unmittelbar auf die aktivierten Denkmuster. (thought patterns) (Manz & Neck, 1992, S.690)

Als Beispiel für ein solches script führen die Autoren an: Wenn Menschen in einem Restaurant essen, neigen sie dazu, einstudierte Verhaltenssequenzen abzuspielen, wie z.B. vor der Bestellung des Essens etwas zu trinken zu bestellen oder die Hauptspeise vor der Nachspeise zu bestellen. (Manz & Neck, 1992, S.690)

Die letzte in TSL verwendete Variable ist perceived self-efficacy. Manz & Neck führen damit das Element der Erfahrung in ihr Modell ein. Sie postulieren, dass der wahrgenommene Erfolg direkt auf die Häufigkeit und den Umfang von zukünftiger Anwendung von self talk und mental imagery wirkt.

Diese Logik wird auch von Albert Banduras empirisch gestützten Arbeiten zu self efficacy unterstützt. (Bandura, 1977, zit. nach Manz & Neck, S.690) Bandura untersuchte, welche Faktoren für die positive Überwindung von Hindernissen eine besonders wichtige Rolle spielten und fand heraus, dass die Bewertung des Erfolgs vergangener Erfahrungen den größten Einfluss hatte.

Ein letzter auffallender Aspekt beim Zusammenspiel der Variablen bei TSL ist, dass self talk indirekt über Emotionszustände (emotional state) auf Gedankenmuster (thought patterns) wirken, bei mental imagery hingegen ist dies nicht der Fall. Hier wirkt die Verwendung direkt auf Gedankenmuster ein.

Manz & Neck argumentieren diese Ansicht indem sie sagen, dass der Effekt von mental imagery auf die Leistung unabhängig von Änderungen in Gefühlszuständen sei, während dies bei self talk nicht der Fall sei. Ganz im Gegenteil, self talk werde erst durch die vermittelnde Rolle von Gefühlszuständen leistungsbeeinflussend. (Manz & Neck, 1992, S.683, ff.)

Sie versuchen diese Ansicht mit empirischen Arbeiten aus der Sportpsychologie zu untermauern, dieser Versuch gelingt jedoch nicht ganz, wie ich bei der kritischen Betrachtung des TSL Modells unter Punkt 7 auch noch ausführen werde.

3.3 Das Gesamtmodell an Hand eines Beispiels

Abschließend möchte ich das TSL Modell an Hand eines praktischen Beispiels erläutern.

Als Beispiel dient ein Manager, der kurz vor einem wichtigen Vortrag steht. Zunächst stellt sich die Frage, wie der Manager die Situation auf Grund seiner Erfahrung bewertet. (beliefs) Hat der Manager bereits positive Erfahrungen mit der Verwendung von self talk oder mental imagery gemacht und denkt er, dass diese Techniken in der gegebenen Situation von Vorteil sein können, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Manager self talk oder mental imagery anwendet. (perceived self efficacy)

Beliefs bestimmen aber auch den Inhalt von self talk und mental imagery, also ob ermutigende (bei self talk zum Beispiel: „Ich werde das schaffen.“) oder entmutigende Inhalte formuliert werden. Ein Satz wie „Ich werde das schaffen.“, ruft nun einen bestimmten emotionalen Zustand (emotional state) hervor, welcher sich auf die weiteren Gedanken (thought patterns) des Managers auswirkt. Ein mental imagery Prozess (zum Beispiel das geistige Durchspielen des erfolgreich ablaufenden Vortrags) wirkt sich ohne Änderungen der Emotionen direkt auf die weiteren Gedanken aus.

In unserem Fall wendet der Manager mental imagery und positiven self talk an. Auf Grund dessen werden bestimmte Gedankenabfolgen (thought patterns) aktiviert, welche dem Manager Zuversicht in Bezug auf seinen Vortrag geben. Der Manager denkt daran, wie er den Vortrag bestmöglich absolviert und aktiviert währenddessen gespeicherte Verhaltensabfolgen (scripts). Diese scripts basieren auf vergangenen Erfahrungen, in denen der Manager eine ähnliche Situation positiv gemeistert hat.

Durch die Aktivierung dieser funktionalen thought patterns und scripts steigert der Manager in der Folge seine Leistung beim Vortrag. (performance)

Schließlich bewertet der Manager seine Leistung. (perceived self-efficacy) Fällt das Urteil über die Verwendung von self talk und mental imagery positiv aus, so wird der Manager in Zukunft self talk und mental imagery häufiger verwenden.

Damit schließe ich nun die Vorstellung des TSL-Modells von Manz & Neck. (1992) Ich werde jedoch im Laufe der Arbeit immer wieder auf bestimmte Aspekte des Modells zurückkommen, vor allem bei der Berücksichtigung neuerer Forschungen auf dem Gebiet der Kognitionswissenschaften und der Frage, warum kognitive Strategien die Leistung verbessern sollten. (Punkt 6) Am Ende der Arbeit wird das TSL Modell auch noch kritisch beleuchtet und man wird sehen, dass manche der Annahmen von Manz & Neck dem heutigen Stand der Forschung nicht mehr standhalten.

4. Mentaltraining (MT)

Im deutschsprachigen Raum und in der deutschsprachigen Literatur findet der Begriff Mentaltraining, oder auch Mentales Training (im Folgenden häufig mit MT abgekürzt), eine große Akzeptanz und wird begrifflich weitgehend synonym mit mental imagery verwendet. Auch wenn manche Trainer und Berater self talk Techniken in das Mentaltraining einfließen lassen, so ist self talk bei den klassischen Definitionen von Mentaltraining in der Sportpsychologie kein Bestandteil.

Im Folgenden möchte ich nun das Mentaltraining näher beschreiben, den Begriff, die Ziele, Voraussetzungen und die Wirkungen.

4.1 Definition von MT

Die terminologische Vielfalt von MT in angloamerikanischen, skandinavischen, östlichen und deutschen Ländern erschwert das Auffinden einer einheitlichen Sichtweise psychologischer Trainingsformen. Die folgenden Absätze sollen jedoch einen bestmöglichen Überblick über die Definition verschaffen.

MT ist eines der bekanntesten psychologischen Verfahren im Sport. Richardson (1968) nennt es „mental practice“. Der Begriff selbst geht auf Ulich (1971) zurück, welcher MT als planmäßige Wiederholung des bewussten „Sichvorstellens“ eines zu erlernenden Bewegungsablaufs beschreibt.

Gabler, Nitsch und Singer (2000, S.284) beschreiben Mentales Training als „die bekannteste und empirisch am häufigsten überprüfte Form kognitiv - akzentuierter Trainingsverfahren zur Verbesserung sportmotorischer Techniken.“ Ähnliche Auffassungen gehen auf Puni (1961) zurück, der die Kenntnisse über MT maßgeblich erweitert hat und vor allem das ideomotorische Training – die Höchstform des MT – näher beschreibt. Das ideomotorische Prinzip besagt, dass während Bewegungsvorstellungen Mitbewegungen im Bewegungsapparat stattfinden.

In anderen Worten, es wird von der Erwartung ausgegangen, dass der Körper eines Sportlers durch MT einem Lernvorgang unterliegt, welcher jenem ähnelt, der bei der tatsächlichen physischen Durchführung vorliegen müsste. Durch MT könnten somit sportliche Handlungen optimiert werden.

Der Begriff „Mental“ leitet sich vom Lateinischen „mens“ ab und bedeutet: „Geist, Verstand, Vorstellung“. (Wahrig - Burfeind, 2004, S.603f.) „Training“ hingegen ist die „systematisierte Vorbereitung auf einen Wettkampf.“ (Wahrig - Burfeind, 2004, S.968) Es geht somit um das „Sichvorstellen“ eines Bewegungsablaufs ohne tatsächliche motorische Ausführung. (Ulich, 1971) Wie können diese Vorstellungen nun geschehen? Es ist sowohl möglich auf fremde als auch auf eigene Bilder von Bewegungsausführungen zurückzugreifen. Im Zentrum steht eine Art Probehandeln im Kopf, in dem Vorstellungen vom Handlungsablauf genutzt werden, um die Bewegung optimal auszuführen. (Eberspächer, 2004a)

Auffallend ist, dass sich die meisten Erklärungsansätze auf zwei wesentliche Merkmale stützen. Zum einen auf die Vorstellung – auf bildhafter, verbaler und akustischer Ebene – die unser Handeln in der Folge bewusst oder unbewusst beeinflusst und zum anderen auf das Ausführen der Bewegung im Geist und nicht in tatsächlich konkreter motorischer Form.

Im Zusammenhang mit dem ersten genannten Merkmal sprechen Syer und Connolly (1987, S.61) auch von „Visualisieren“, indem man sich Bilder, Situationen und Geschehen im Geist vorstellt: „man sieht sich dabei selbst wie auf einer Leinwand und kann das Geschehen in diesem Film bewusst lenken, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.“

Wir sehen somit, dass ein weiterer Begriff, nämlich jener der Visualisierung eine wichtige Rolle im Mentalen Training spielt. Der Psychologe Baumann (2006) schließt eine kategoriale Abgrenzung der Begriffe Visualisierung und mentales Training aus.

Zusätzlich trifft man im Rahmen von MT zumeist auf die Begriffe „längerfristig“, „planmäßig“ und „wiederholt“, was darauf schließen lässt, dass MT als ein systematisches Werkzeug und Trainingsmethode angesehen wird, welche immer wieder genützt werden soll.

[...]


[1] http://www.bizjournals.com/birmingham/stories/2004/10/11/focus2.html?page=1 (online: 10.Okt 2008)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836627139
DOI
10.3239/9783836627139
Dateigröße
3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft, Studiengang Internationale Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (März)
Note
2
Schlagworte
mentales training gehirnforschung autogenes künstliche intelligenz ideomotorisches prinzip kognition selbstgespräch
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Titel: 'Thought Self Leadership' und Mentales Training für das Management
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