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Ausbildung und Gesundheit

Eine empirische Analyse zum Gesundheitsverhalten und Gesundheitserleben von Auszubildenden

©2008 Diplomarbeit 95 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Zeitalter des „demographischen Wandels“, der von rückläufigen Geburtenraten und steigender Lebenserwartung geprägt ist und eine kontinuierliche Bevölkerungsabnahme zur Folge hat, wird es zukünftig immer weniger junge Menschen geben und die Bevölkerung daher kontinuierlich altern. Die weitreichenden Auswirkungen auf das Wirtschafts- und Sozialsystem in den kommenden Jahrzehnten zeigen bereits jetzt deutlichen Handlungsbedarf. Aufgrund dessen ist es für die Unternehmen sowie für die Sozialpolitik von großer Bedeutung, die Erwerbsfähigkeit der Menschen bis in ein relativ hohes Alter sicherzustellen und gesundheitsfördernde Maßnahmen sowohl im Betrieb als auch im Privatleben zu entwickeln und zu fördern. Ein weiterer Kernaspekt, welcher die Notwendigkeit betrieblicher Gesundheitsförderung unterstreicht, ist neben der Berücksichtigung des demographischen Wandels auch die Bekämpfung zunehmender Berufskrankheiten und steigender arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen.
Während die „herkömmliche Schulmedizin“ sich mit nachträglichen Behandlungen von bereits existierenden Krankheitsbildern auseinandersetzt, befasst sich die betriebliche Gesundheitsförderung hingegen mit präventiven Maßnahmen.
Neben der präventiven Bekämpfung diverser Berufskrankheiten steht hierbei besonders die Schaffung einer umfassenden Grundlage für psychisches-, physisches- und soziales Wohlbefinden am Arbeitsplatz im Vordergrund. Diese Zielsetzungen sind für alle Altersschichten der Arbeitnehmer von großer Bedeutung, im besonderen Maße jedoch für Jugendliche bzw. Auszubildende, für die sich der Übergang von der Schule in den Beruf als besondere Herausforderung darstellt. Gerade in der Jugendphase ist es wichtig ein grundlegendes Bewusstsein für Gesundheit und eine Basis für gesundes Leben am Arbeitsplatz zu schaffen, um ein nachhaltiges positives Gesundheitsverhalten bereits zum Einstieg in die Berufswelt zu erzielen. Die betriebliche Gesundheitsförderung kann daher einen wesentlichen Beitrag leisten.
Es ist nicht untypisch, dass bereits Kinder und Jugendliche an psychischen- und physischen Störungen leiden. Sie können jedoch durch frühzeitige Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention Bewältigungsverhalten erlernen, welche sich in spätere Lebensphasen übertragen lassen.
Die vorliegende Arbeit behandelt insbesondere die Themenbereiche der Gesundheitsförderung sowie das Gesundheitserleben und das Gesundheitsverhalten von jugendlichen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis2

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmung Gesundheit
2.1.1 Positiver Gesundheitsbegriff
2.1.2 Das salutogenesische Modell der Gesundheit
nach Aaron Antonovsky
2.1.2.1 Das Kohärenzgefühl (sence of coherence SOC)
2.1.2.1.1 Die Entwicklung des Kohärenzgefühls
2.2 Gesundheitsförderung
2.2.1 Die Festlegung der Gesundheitsförderung durch die WHO
2.2.2 Rahmenbedingungen betrieblicher Gesundheitsförderung
2.2.2.1 Methoden betrieblicher Gesundheitsförderung
2.2.2.1.1 Grundlegender Aufbau eines BGF-Projektes
2.3 Jugend und Gesundheit
2.3.1 Die Jugendphase
2.3.2 Der Gesundheitsstatus von Jugendlichen
2.3.2.1 Die Ergebnisse des WHO - Jugendgesundheitssurveys
zur körperlichen, psychischen und sozialen Gesundheit
von Jugendlichen
2.3.2.1.1 Allgemeiner- und körperlicher Gesundheitsstatus
2.3.2.1.2 Psychische Gesundheit
2.3.2.1.3 Soziale Gesundheit
2.3.2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse sowie präventive Maßnahmen
für die Gesundheitsvorsorge
2.3.3 Gesundheitsverhalten von Jugendlichen
2.3.3.1 Risikoverhalten
2.3.3.1.1 Gesundheitliches Risikoverhalten
2.3.3.2 Die Ergebnisse der HBSC-Studie zum Thema
Gesundheitsverhalten von Jugendlichen
2.3.4 Gesundheitliche Belastungen im Kindes- und Jugendalter
2.3.4.1 Psychische Belastungen
2.3.4.1.1 Stress
2.3.4.1.1.1 Die kognitiv-transaktionale Stresstheorie
2.3.4.1.2 Stresserleben im Kindes- und Jugendalter
2.4 Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter
2.4.1 Schulische Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung
2.4.1.1 Maßnahmen
2.4.2 Prävention und Gesundheitsförderung im Jugendalter
2.5 Gesundheitsförderung mit Auszubildenden

3. Empirische Analyse
3.1. Die schriftliche Befragung anhand eines Fragebogens
3.1.1 Aufbau des Fragebogens
3.1.2 Auswertung
3.1.3 Erläuterung der Ergebnisse sowie Bezug zur Theorie

4. Resümee

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

Erklärung

1. Einleitung

Im Zeitalter des „demographischen Wandels“, der von rückläufigen Geburtenraten und steigender Lebenserwartung geprägt ist und eine kontinuierliche Bevölkerungsabnahme zur Folge hat, wird es zukünftig immer weniger junge Menschen geben und die Bevölkerung daher kontinuierlich altern. Die weitreichenden Auswirkungen auf das Wirtschafts- und Sozialsystem in den kommenden Jahrzehnten zeigen bereits jetzt deutlichen Handlungsbedarf. Aufgrund dessen ist es für die Unternehmen sowie für die Sozialpolitik von großer Bedeutung, die Erwerbsfähigkeit der Menschen bis in ein relativ hohes Alter sicherzustellen und gesundheitsfördernde Maßnahmen sowohl im Betrieb als auch im Privatleben zu entwickeln und zu fördern. Ein weiterer Kernaspekt, welcher die Notwendigkeit betrieblicher Gesundheitsförderung unterstreicht, ist neben der Berücksichtigung des demographischen Wandels auch die Bekämpfung zunehmender Berufskrankheiten und steigender arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen.

Während die „herkömmliche Schulmedizin“ sich mit nachträglichen Behandlungen von bereits existierenden Krankheitsbildern auseinandersetzt, befasst sich die betriebliche Gesundheitsförderung hingegen mit präventiven Maßnahmen.

Neben der präventiven Bekämpfung diverser Berufskrankheiten steht hierbei besonders die Schaffung einer umfassenden Grundlage für psychisches-, physisches- und soziales Wohlbefinden am Arbeitsplatz im Vordergrund. Diese Zielsetzungen sind für alle Altersschichten der Arbeitnehmer von großer Bedeutung, im besonderen Maße jedoch für Jugendliche bzw. Auszubildende, für die sich der Übergang von der Schule in den Beruf als besondere Herausforderung darstellt. Gerade in der Jugendphase ist es wichtig ein grundlegendes Bewusstsein für Gesundheit und eine Basis für gesundes Leben am Arbeitsplatz zu schaffen, um ein nachhaltiges positives Gesundheitsverhalten bereits zum Einstieg in die Berufswelt zu erzielen. Die betriebliche Gesundheitsförderung kann daher einen wesentlichen Beitrag leisten.

Es ist nicht untypisch, dass bereits Kinder und Jugendliche an psychischen- und physischen Störungen leiden. Sie können jedoch durch frühzeitige Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention Bewältigungsverhalten erlernen, welche sich in spätere Lebensphasen übertragen lassen.

Die vorliegende Arbeit behandelt insbesondere die Themenbereiche der Gesundheitsförderung sowie das Gesundheitserleben und das Gesundheitsverhalten von jugendlichen Auszubildenden. Der Wechsel vom gewohnten Schulalltag in die Berufswelt stellt für Auszubildende zunächst eine ungewohnte Situation dar. Gerade dieser Situationswechsel kann bei Jugendlichen zu gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen führen, welche auch die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen negativ beeinflussen kann. Viele Auszubildende sind von Beginn an erhöhten psychischen- und physischen Belastungen ausgesetzt. Zu diesen Belastungen zählen u. a. Stress, hoher Leistungsdruck sowie auch ungewohnte körperliche Belastungen.

Um diesen Auswirkungen adäquat zu entgegnen, ist es für Unternehmen wichtig, jungen Berufseinsteigern entsprechende gesundheitsfördernde Maßnahmen aufzuzeigen. Dazu gehört auch innerhalb der beruflichen Ausbildung die Jugendlichen zu unterstützen eigene Verhaltensweisen zu entwickeln, um belastende Situationen angemessen zu bewältigen. Dies erfordert seitens eines Unternehmens beispielhaftes Vorangehen und Umsetzung gesundheitsfördernder Verhaltensweisen. Ein weiteres Thema dieser Arbeit bildet der Bereich des Gesundheitserleben- und verhalten von Auszubildenden, deren gezielte Betrachtung sich insbesondere der daher als notwendig ergibt, weil die Kindes- und Jugendphase sich auch durch ein riskantes Gesundheitsverhalten auszeichnet. Da entsprechendes Sicherheits- bzw. gesundheitsförderndes Verhalten bei jungen Menschen noch nicht vorhanden oder ausgeprägt ist, sollte spätestens im Verlauf der Berufsausbildung die Gesundheitsförderung, besonders durch das Aufzeigen und Erlernen von Präventionsmaßnahmen, die notwendige Beachtung erfahren.

Die vorliegende Arbeit unterteilt sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil, deren Aufbau im Folgenden erläutert wird.

Der theoretische Teil befasst sich zunächst grundlegend mit den Aspekten der Gesundheit, der Gesundheitsförderung, der Jugend und Gesundheit sowie der Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter. Hierbei wird an den bisherigen Lebenserfahrungen der Jugendlichen angeknüpft, um anhand von durchgeführten Studien zum Thema körperliche, psychische und soziale Gesundheit, das Gesundheitserleben und Gesundheitsverhalten zu beleuchten. Die Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter findet besondere Beachtung, da sich die überwiegende Mehrheit von Auszubildenden in der Jugendphase befindet und erst im Verlauf der Ausbildung oder im anschließenden Berufsleben den Erwachsenenstatus erlangt. Die Gesundheitsförderung im Jugendalter dient besonders der Vermeidung der Festigung riskanter Verhaltensweisen.

Basierend auf den theoretischen Konzepten folgt im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit die Analyse einer umfangreichen Untersuchung zum Gesundheitsverhalten und Gesundheitserleben von Auszubildenden. Dabei wurden die Auszubildenden im Rahmen einer Projektarbeit anhand eines schriftlichen Fragebogens zu diesem Thema befragt. Ziel der Analyse ist es die Ergebnisse mit den theoretischen Grundlagen zu vergleichen, das Gesundheitserleben und –verhalten von Auszubildenden am Arbeitsplatz zu verdeutlichen und im Anschluss daran Möglichkeiten für gesundheitsfördernde Maßnahmen zu schaffen. Darüber hinaus sollte die Befragung den Auszubildenden die Möglichkeit bieten, individuelle „Wünsche“ an das Unternehmen im Bereich der Gesundheit am Arbeitsplatz zu äußern sowie Vorschläge für eine Verbesserung zu unterbreiten.

Aufgrund dessen, dass ein Unternehmen nur durch motivierte und gesunde Mitarbeiter richtig und effizient bestehen kann, ist es wichtig, auch auf die „Wünsche“ der Mitarbeiter im Bereich der betrieblichen Gesundheit einzugehen sowie diese zu unterstützen.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Begriffsbestimmung Gesundheit

Gesundheit wird von jeder Person unterschiedlich wahrgenommen. Junge Menschen haben beispielsweise ein anderes Gesundheitsbewusstsein als Ältere. Das Gleiche gilt für Mediziner, welche den Gesundheitsbegriff fachlich beschreiben können als auch für Personen, welche sich mit diesem Fachgebiet weniger intensiv beschäftigt haben und Gesundheit auf ihre eigene Art und Weise definieren.

Eine einheitliche Definition des Gesundheitsbegriffes ist in der Literatur nicht aufzufinden. Udris (1992) listet folgende Merkmale zur Beschreibung von Gesundheit auf:

- „Gesundheit als Abwesenheit von Symptomen, Krankheit oder Behinderung
- Schmerz- und Beschwerdefreiheit
- Keine funktionelle Beeinträchtigung von Lebensqualitäten
- Positiv bewertete psychologische Erfahrung
- Adäquate Einschätzung der eigenen Handlungskompetenz
- Liebes- und Genußfähigkeit, aber auch `Fähigkeit zu trauern`
- Resistenz gegenüber Belastungen
- Kapazität und Potential, selbständig (langfristig) Ziele zu setzen und diese zu verfolgen;
- Fähigkeit, Umwelt- und soziale Anforderungen bzw. Belastungen und Krisen zu bewältigen
- Suchen und Finden von `Sinn` in allen Lebensaktivitäten.“ [1]

Diese Aufzählung verdeutlicht die unterschiedlichen Kriterien zur Beschreibung von Gesundheit aus diversen Fachbereichen wie der Medizin, der Psychologie, der Soziologie und den Gesundheitswissenschaften. Für eine umfassende Definition von Gesundheit werden vor allem körperliche, psychische und soziale Kriterien als besonders relevante Merkmale angesehen.[2]

Eine der bedeutsamsten Definitionen von Gesundheit stammt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO; World Health Organisation). Sie lautet wie folgt: „Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“ [3]

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird die Programmatik der WHO detaillierter beschrieben, da diese zu den wesentlichen Aspekten der Gesundheitsförderung beigetragen hat. Im Folgenden richtet sich der Fokus zunächst auf den positiven Gesundheitsbegriff, welcher die Einleitung zum Kohärenzsinn nach dem amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky bildet. Antonovsky beschäftigte sich in diesem Zusammenhang intensiv mit der Frage zur Erhaltung von Gesundheit.

2.1.1 Positiver Gesundheitsbegriff

Die zuvor erwähnte Definition von Gesundheit der WHO beinhaltet im Gegensatz zum stark verbreiteten Verständnis von Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit im medizinischen Sinne auch das psychische- und soziale Wohlbefinden. Durch die Einbeziehung weiterer Aspekte über die Gesundheit im medizinischen Sinne hinaus ist ein solches Gesundheitsverständnis auch als positiver Gesundheitsbegriff definiert.

Die erste Vertreterin einer positiven Gesundheitsdefinition ist die Sozialpädagogin Marie Jahoda (1958), welche sechs Ansätze der psychischen Gesundheit zur positiven Gesundheitsdefinition unterschied. Jahoda definierte diese Ansätze als „positive Einstellung zum „Selbst“, „Selbstverwirklichung“, „Integration“, „Autonomie“, „korrekte Wahrnehmung der Realität“ und „Meistern von Anforderungen.“[4]

Ein weiterer renommierter Verfechter der positiven Gesundheitsdefinition ist Aaron Antonovsky (1979), welcher den Begriff der `Salutogenese` prägte und einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitsforschung einleitete.[5]

Nachdem lange die Zielsetzung der Gesundheitsforschung als Suche nach krankheitsverursachenden Faktoren verstanden wurde, beinhaltet das Konzept der Salutogenese das Forschen nach Ressourcen zur Erhaltung von Gesundheit. Eine wichtige Ressource nach diesem Konzept ist das Kohärenzerleben (sense of coherence), „ein Gefühl des Vertrauens, daß Ereignisse in der inneren und äußeren Umwelt vorhersehbar und strukturierbar sind, dass Ressourcen verfügbar sind, Anforderungen zu meistern und dass diese Anforderungen herausfordernd sind sowie Einsatz und Engagement lohnen.“ [6]

Dieses Konzept verweist neben der positiven Gesundheitsdefinition auf Ansätze zum erfolgreichen Umgang mit Belastungen um Krankheiten erfolgreich vorzubeugen.[7]

2.1.2 Das salutogenesische Modell der Gesundheit nach Aaron Antonovsky

Die zentrale Fragestellung im Modell zur Prävention und Gesundheitsförderung von Antonovsky sind die Ursachen zum Erhalt menschlicher Gesundheit. Untersucht wurden im Besonderen Ursachen von Krankheiten und Risikofaktoren beim Erhalt der Gesundheit. Hierbei steht folgender Paradigmenwechsel im Fokus: „von einem krankheitszentrierten Modell der Pathogenese hin zu einem gesundheitsbezogenen, ressourcenorientierten und präventiv ansetzenden Modell der Salutogenese.“ [8]

Der Begriff „Salutogenese“ setzt sich aus dem lateinischen Wort „Salus“, der Unverletztheit, Heil, Glück und dem griechischen Wort „Genese“, also der Entstehung zusammen. Die Salutogenese bildet den Gegensatz zur „Pathogenese“, welches ein Krankheitsmodell darstellt und sich mit der Entstehung und Behandlung von Krankheiten auseinandersetzt. Die Fragestellungen von besonderer Bedeutung für Antonovsky lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

- Warum bleiben Menschen trotz vieler gesundheitsgefährdender Einflüsse gesund?
- Wie schaffen sie es sich von Krankheiten wieder zu erholen?
- Was ist das Besondere an den Menschen, welche trotz extremster Belastungen nicht erkranken?“[9]

Darüber hinaus will Antonovsky nicht nur den Gegensatz zu der Pathogenese hervorheben, sondern zudem mit der Salutognese gesundheitsfördernde Ursachen identifizieren und analysieren.

Wichtigster Kernaspekt im Modell der salutogenesischen Gesundheit stellt der Erhalt von Gesundheit unter Berücksichtigung des sog. „Kohärenzgefühls“ dar, welches im Folgenden Kapitel näher erläutert wird.

2.1.2.1 Das Kohärenzgefühl (sense of coherence SOC)

Nach Antonovsky wird der Gesundheits- bzw. Krankheitsstatus des Menschen durch eine individuelle, psychologische Einflussgröße bestimmt: „eine allgemeine Grundhaltung eines Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben – durch eine Weltanschauung.“ [10]

Unabhängig von äußeren, gesundheitsgefährdenden Faktoren wie Krieg, Hunger oder schlechten hygienischen Verhältnissen beschreibt Antonovsky Unterschiede beim Gesundheitszustand von Menschen unter gleichen äußeren Bedingungen.

Er bezeichnet die Grundeinstellung eines Menschen als ausschlaggebende Komponente zum Abruf und Aktivierung vorhandener Ressourcen zum Erhalt von Wohlbefinden und Gesundheit.

Diese Grundeinstellung wird als Kohärenzgefühl (sense of coherence SOC) bezeichnet. Kohärenz bedeutet Zusammenhang, Stimmigkeit und wird von Antonovsky als Kernaspekt seines salutogenesischen Modells betrachtet. Je ausgeprägter das Kohärenzgefühl eines Menschen, desto gesünder sei dieser und im Krankheitsfall beschleunigt sich die Genesung in Abhängigkeit seiner Kohärenz.[11]

Antonovsky beschreibt das Kohärenzgefühl wie folgt:

„(…) eine grundlegende Lebenseinstellung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß jemand ein alles durchdringendes, überdauerndes und zugleich dynamisches Gefühl der Zuversicht hat, daß seine innere und äußere Erfahrenswelt vorhersagbar ist und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß sich die Angelegenheiten so gut entwickeln, wie man vernünftigerweise erwarten kann.“ [12]

Das Kohärenzgefühl beeinflusst somit die Art der Lebenseinstellung.

Antonovsky definiert das Kohärenzgefühl bestehend aus drei Komponenten wie folgt:

1. Gefühl von Verstehbarkeit (sense of comprehensibility)

2. Gefühl von Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit (sense of manageability)

3. Gefühl von Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit (sense of meaningfulness)

Die erste Komponente, „Gefühl von Verstehbarkeit“, beschreibt die Fähigkeit der strukturierten- und geordneten Verarbeitung von Reizen. Das Gegenteil bildet ein Gefühl der Konfrontation mit chaotisch-, zufällig- und unerklärlichen Reizen.

Zweitens nennt Antonovsky das „Gefühl der Handhabbarkeit“, welches die Überzeugung eines Menschen beschreibt schwierige Situationen lösen zu können und hierbei die eigenen Ressourcen entsprechend eingesetzt werden. Neben den eigenen Ressourcen spielen hierbei auch der Glaube sowie die Familie oder andere nahestehenden Personen eine entscheidende Rolle.

Ohne diese Eigenschaft neigt der Mensch zur Flucht vor bevorstehenden Herausforderungen, welche als Bedrohung- oder als unlösbar betrachtet werden.

Antonovsky beschreibt Handhabbarkeit in diesem Zusammenhang als „kognitiv-emotionales Verarbeitungsmuster“ , durch welches negative- oder schwierige Ereignisse im Leben als unvermeidbare Herausforderung betrachtet werden, denen auch etwas Positives abgewinnen werden kann (z. B die Stärkung oder Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit), siehe auch Optimismus.

Als dritte Komponente nennt Antonovsky das „Gefühl von Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit“. Hierbei geht es um die Fähigkeit des Erkennens von Bedeutsamkeit, das heißt wofür lohnt es sich zu engagieren und Gefühle zu investieren. Diese Komponente ist Antonovsky zufolge die wichtigste, denn ohne das Gefühl von Sinnhaftigkeit kann der Mensch das Leben in allen Bereichen als Last sowie neue Aufgaben, Herausforderungen oder Schwierigkeiten als zusätzliche Qual empfinden. Ohne das Gefühl von Sinnhaftigkeit kann nach Antonovsky kein hoher Wert des gesamten Kohärenzgefühls entstehen.[13]

Eine weitere Definition Antonovsky´s beschreibt die Unterschiede dieser drei Komponenten im Detail:

„Das Kohärenzgefühl ist „eine globale Orientierung, die das Ausmaß ausdrückt, in dem jemand ein durchdringendes, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass erstens die Anforderungen aus der inneren oder äußeren Erfahrenswelt im Verlauf des Lebens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar sind und daß zweitens die Ressourcen verfügbar sind, die nötig sind, um den Anforderungen gerecht zu werden. Und drittens, daß diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Investitionen und Engagement verdienen.“ [14]

Je ausgeprägter das Kohärenzgefühl bei einem Menschen ist, desto souveräner und flexibler ist der Umgang mit Schwierigkeiten und neuen Herausforderungen, da ausreichend eigene Ressourcen zur Verfügung stehen um diesen angemessen zu entgegnen. Bei einer geringen Ausprägung des Kohärenzgefühls werden gleiche Herausforderungen als unüberwindbare Probleme wahrgenommen, wodurch positive Erfahrungen meist unerreichbar werden. Notwendige eigene Ressourcen z.B. stehen hierbei nicht ausreichend zur Verfügung und müssen entsprechend aufgebaut werden.[15]

2.1.2.1.1 Die Entwicklung des Kohärenzgefühls

Nach Antonovsky beginnt die Entwicklung des Kohärenzgefühls bereits im Laufe der Kindheit und wird durch gespeicherte Erfahrungen und Erlebnisse beeinflusst. Das Kohärenzgefühl entwickelt sich über die Jugendphase hinaus bis ins Erwachsenenalter in Abhängigkeit der individuellen Lebenserfahrungen und ist laut Antonovsky etwa im 30. Lebensjahr abgeschlossen.

Die Entwicklung eines starken- oder schwachen SOC hängt Antonovsky zufolge von der Verfügbarkeit generalisierter Widerstandsressourcen ab. Generalisiert bedeutet, dass sie in Situationen aller wirksam werden und Widerstand meint hier, dass die Ressourcen die Widerstandfähigkeit der Person erhöhen. [16]

Dies sind zum Beispiel materielle Vorteile, Wissen und Intelligenz, Selbstbewusstsein, Coping-Strategien, kulturelle Stabilität, Weltbild und Glaube, soziale Einbindung sowie Engagement.

Aus diesen Ressourcen entstehen Lebenserfahrungen, die durch Konsistenz, Partizipation an der Gestaltung von Ergebnissen und eine Balance zwischen Überlastung und Unterforderung geprägt sind. Viele verschiedene Situationen und viele Ressourcen stärken den SOC.

Gesundheit wird von vielen Menschen immer noch als Abwesenheit von Krankheit gesehen. Die Definition der WHO sowie das salutogenesische Modell von Antonovsky verdeutlichen, dass für die ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit neben der reinen Abwesenheit von Krankheit auch das psychische- und soziale Wohlbefinden eine entscheidende Rolle spielen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der angemessene Umgang mit belastenden Situationen. Problemsituationen welche nicht als Last, sondern als Herausforderung wahrgenommen werden unterstützen die kontinuierliche Entwicklung von Ressourcen, welche den Umgang mit täglichen Belastungen erleichtern. Je ausgeprägter das Kohärenzgefühl eines Menschen, desto leichter der Umgang mit schwierigen Situationen, welches auch positive Auswirkungen auf den Erhalt der Gesundheit zur Folge hat.

Im Bezug auf Auszubildende ist es wichtig, dass bereits im Jugendalter gezielt Ressourcen entwickelt werden, um belastenden Situationen positiv zu entgegnen und diese ohne gesundheitsgefährdende Folgen bewältigen zu können. Dies kann bereits innerhalb von Familie und Schule erfolgen und sollte in Unternehmen gezielt berücksichtigt und durchgeführt werden um letztlich die Grundvoraussetzungen für ein gesundes Arbeitsleben sicherzustellen.

Um dem gerecht werden zu können wird in den Folgenden Kapiteln zunächst das Prinzip der Gesundheitsförderung erläutert, und darauf aufbauend detailliert auf konkrete Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung von Auszubildenden einzugehen.

2.2 Gesundheitsförderung

Die Gesundheitsförderung setzt sich aus der Gesundheitserziehung und zahlreichen weiteren Aspekten der Gesundheitserhaltung wie z.B. ergonomischen Sitzmöbeln und Arbeitsmaterialien, hygienischen Verhältnissen, angenehmen Arbeitsklima oder gesundheitsgerechten Verpflegungsangeboten zusammen.[17]

Früher waren die Maßnahmen der Gesundheitsförderung hauptsächlich vom medizinischen Denken geprägt. Sie wurden auf Prävention, Früherkennung und Gesundheitserziehung ausgerichtet und orientierten sich am Risikofaktorenmodell.[18]

Diese Maßnahmen orientierten sich vor allem am Individuum und der Vermittlung von Wissen, während später auch Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen an Bedeutung gewannen.[19]

Daraus ergaben sich zwei zentrale Unterscheidungsmerkmale der Gesundheitsförderung: die verhaltens- und die verhältnisbezogenen Maßnahmen. „Während verhaltensbezogene Maßnahmen individuenzentriert in erster Linie an personenbezogenen Faktoren ansetzen und Kognitionen, Emotionen oder das Verhalten einer Person verändern, so beziehen sich verhältnisbezogene Maßnahmen auf externe Faktoren im Lebensumfeldes der Personen.“ [20]

Die von der WHO in der Ottawa Charta festgelegten Definition der Gesundheitsförderung ist als sozial-ökologisches Gesundheits- und Präventivmodell zu verstehen, um Menschen zu befähigen ihr Leben positiv zu gestalten.

Somit gilt für die Gesundheitsförderung die jeweiligen Personen aktiv mit einzubeziehen und deren Lebensumstände zu berücksichtigen. „Gesundheitsförderung wird hier als Prozeß verstanden, der den Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit ermöglichen soll.“ [21]

Ein entscheidendes Ziel dieser Art von Gesundheitsförderung ist das sogenannte „Empowerment“ der Menschen. Jeder Mensch sollte in der Lage sein, seine Lebensweise sowie Lebensräume aktiv und nach seinen Wünschen zu gestalten.[22]

Die Idealform der Gesundheitsförderung fokussiert sich auf Maßnahmen zur Gesundheitsorientierung, nicht der Orientierung an Krankheitsbildern. Anstelle einer Krankheitsorientierung werden durch Lebens- als auch Umweltbezug, durch Handlungs- und Gemeinwesensorientierung die Ziele der Gesundheitsförderung angestrebt.[23]

Neben den genannten Maßnahmen, stellen auch die Leitprinzipien der „Ottawa Charta“ wichtige Bestandteile einer umfassenden Gesundheitsförderung dar. Diese liegen in der Unterstützung persönlicher Kompetenzen, in der Re-organisation bestehender Gesundheitsdienste und in der Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Umwelt.

Eine umfassende Gesundheitsförderung nach der Ottawa Charta fokussiert sich im Wesentlichen auf die Bereiche Umwelt und Wohnen, Arbeit und Einkommenssicherung sowie soziale Verhältnisse und Ernährung.[24]

Auch wenn ein vollständiges Erreichen der genannten Forderungen zunächst utopisch erscheint, beabsichtigen sie die Schaffung eines motivierenden Rahmens und ermöglichen klare Zielvorgaben zur Verbesserung einer gesundheitsfördernden Umwelt.

Die „Ottawa Charta“ sowie das dahinter stehende Konzept der Weltgesundheitsorganisation wird im Folgenden Kapitel weiter ausgeführt.

Laaser, Hurrelmann und Wolters (1993), verstehen Gesundheitsförderungsmaßnahmen ebenfalls als positiv zu beeinflussende Lebensqualität der Menschen und benennen verschiedene Bereiche, in denen die praktische Umsetzung erfolgen kann. Demnach sind u.a. medizinische-, hygienische-, psychische-, soziale-, kulturelle- und ökologische Bereiche zu berücksichtigen. Die entsprechenden Maßnahmen können sowohl verhaltens- als auch verhältnisbezogen sein.[25]

Im Bereich der Förderung von Gesundheit existieren zahlreiche unterschiedliche Bezeichnungen von möglichen Maßnahmen, welche jedoch häufig identische Ziele verfolgen. Hierbei werden Zielgruppen, Bereiche der Anwendung, Zielsetzungen und Methoden unterschieden.[26]

Um diese Unterschiede zu beschreiben sowie zu präzisieren, werden nun im Folgenden die wichtigsten Bezeichnungen genauer definiert.

„Mit dem Begriff der Gesundheitsförderung sind alle Strategien und Bemühungen zur Verbesserung und Unterstützung der Gesundheit zu verstehen.“ [27]

Die kommunale Gesundheitsförderung beinhaltet sämtliche Aktivitäten, die sich mit den Individuen der staatlichen- sowie der internationalen Gesundheitsversorgung befassen. Diese Aktivitäten sollen den Menschen im alltäglichen Lebenszusammenhang unterstützende Maßnahmen und Handlungen im Bereich der Vorbeugung und Gesundheit ermöglichen.[28]

Ein weiterer, häufig verwendeter Begriff ist die so genannte „Public Health“, unter der die öffentliche Gesundheitsförderung zu verstehen ist. Diese Art der Gesundheitsförderung bezieht sich im Wesentlichen auf die Gesamtbevölkerung, die Gemeinden und die Politik. Darunter fallen u.a. ökonomische sowie ökologische Aspekte. Public Health beinhaltet vor allem verhältnisbezogenen Maßnahmen, welche sich mit Institutionen, Organisationen sowie der Politik befassen und sich weniger mit Individuen und Gruppen auseinandersetzen.[29]

Zwei weitere wesentliche Aspekte der Gesundheitsförderung stellen Gesundheitserziehung und Gesundheitsbildung dar. Durch sie werden Lernmöglichkeiten geschaffen, welche sich mit Risikofaktoren bestimmter Krankheiten auseinandersetzen und die Präventionen schaffen, um gesundheitsgefährdendes Verhalten zu minimieren. „Gesundheitserziehung vermittelt Wissen, verändert Einstellungen im Rahmen von konkreten Übungsprogrammen, baut Fertigkeiten und Kompetenzen auf, die sich positiv auf das gesundheitsbewußte Verhalten der Menschen auswirken und stabilisiert diese.“ [30]

Gesundheitserziehung und –bildung sind vor allem in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sowie direkt innerhalb der Familie zu finden.

Ein weiterer Kernaspekt der Gesundheitsförderung bildet die Gesundheitsberatung und Gesundheitsaufklärung, welche ebenfalls das Ziel der Wissensvermittlung verfolgt und darüber hinaus zur Einstellungs- und Verhaltensänderung motiviert.[31]

Bei der Gesundheitsberatung geht es im Wesentlichen um Erhalt und Förderung von Gesundheit. Hierbei handelt es sich nicht ausschließlich um die Beratung von Einzelpersonen, sondern auch um Beratung verschiedenster Institutionen wie Krankenkassen, Gesundheitsämter, ärztliche Praxen sowie Gesundheitszentren.[32]

Im Gegensatz zur Gesundheitserziehung befasst sich die Gesundheitsberatung primär mit Wissensvermittlung, nicht mit Verhaltensänderung.[33]

2.2.1 Festlegung der Gesundheitsförderung durch die WHO

Am 22. Juli 1948 erlangte die WHO mit ihrer Gesundheitsdefinition erste Popularität, die seitdem zu den meist zitierten Definitionen zählt. Sie lautet wie folgt: „Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht bloße Anwesenheit von Krankheit oder Gebrechen.“ [34]

Somit wurde der Begriff Gesundheit erstmals nicht mehr als eine Krankheitstheorie verstanden, sondern als eine eigenständige theoretische und empirische Konzeption.[35]

Die Programmatik sowie die Politik der WHO waren von Anfang 1948 bis Anfang der 70er Jahre von der Entwicklung und dem Export naturwissenschaftlich-technischer Medizin in die Entwicklungsländer geprägt. Die medizinische Kultur der hoch entwickelten Industriestaaten wurde auf die Entwicklungsländer übertragen.[36]

Ein weiterer Meilenstein für die öffentliche Gesundheitsförderung war die auf einer internationalen Konferenz am 21.11.1986 in Ottawa festgelegte Verabschiedung der Charta „Ottawa Charta for Health Promotion“. Durch sie wurde ein neues Gesundheitsverständnis definiert und galt als Startsignal für Gesundheitsförderungsstrategien auf internationaler- und nationaler Ebene.

Zentrale Ziele hierbei waren es essentielle Ressourcen wie Frieden, gesichertes Einkommen und Existenzsicherung, Nahrung, Erziehung und Stabilität des Ökosystems für Gesundheit gleichmäßig zu verteilen und die Gesundheitsversorgung für die gesamte Weltbevölkerung zugänglich und bezahlbar zu machen.[37]

Zur Umsetzung dieser Ziele wurden fünf zentrale Aktionsebenen definiert, welche sich gegenseitig beeinflussen. Sie sind global und umfassend definiert als:

- Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik
Das Ziel ist Umorientierung von einer spezifischen öffentlichen Gesundheitspolitik zu einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik. Hierbei ist die Interaktion des politischen Sektors Gesundheit mit anderen einflussreichen Sektoren der Politik, wie z.B. der Finanzpolitik, der Arbeitsgesetzgebung und der Umwelterlasse, beabsichtigt.
- Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten
Bei dieser Forderung stehen sowohl die physische als auch die soziale Umwelt des Menschen im Vordergrund. Aufgabe der Gesellschaft ist die gesundheitsfördernde Gestaltung von Arbeitsbedingungen, Freizeit- und Lebensmöglichkeiten.
- Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktivitäten
Diese Aktionsebene bezieht sich auf die Selbstbestimmung und Bürgerbeteiligung, welche zentrale Aspekte der Gesundheitsförderung sind und auf der Ebene von Nachbarschaft, Gemeinde sowie u.a. Selbsthilfegruppen realisiert werden sollen.
Zum zentralen Handlungsziel wird das sog. „Empowerment“- Konzept eingesetzt, welches die Befähigung und Stärkung von Menschen zur gesundheitsfördernden Selbstgestaltung ihrer Lebensbedingungen befähigen soll.
- Entwicklung von Kompetenzen des Einzelnen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit
Das Hauptanliegen dieser Forderung ist die Befähigung der Menschen durch Information, gesundheitsbezogene Bildung, Verbesserung sozialer Kompetenzen und Aneignung von Bewältigungsstrategien mehr Einfluss auf ihre Lebenswelt und ihre Gesundheit auszuüben, um ein besseres Gesundheitsbewusstsein zu entwickeln.
Das Prinzip des „Lebenslangen Lernens“ soll nicht nur Aufgabe von Institutionen sein, sondern auch in Eigenverantwortung des Individuums geschehen.
- Neuorientierung von Gesundheitsdiensten

Diese Aktionsebene beabsichtigt das Thema Gesundheit nicht ausschließlich auf das medizinische System zu reduzieren, sondern es u.a. um zuvor erwähnte Präventivmaßnahmen zu erweitern.

Ziel dieser Forderung ist es Gesundheitsprozesse zu unterstützen, Gesundheit zu schaffen und die Krankenhäuser zunehmend zu Gesundheitszentren zu entwickeln, welche neben der reinen medizinischen Versorgung auch beratende und aufklärende Funktionen übernehmen sollen.[38]

Um eine erfolgreiche Umsetzung dieser Erfolge weitestgehend erreichen zu können, wurden von der WHO bestimmte Strategien entworfen, die noch heute von Bedeutung sind:

„das Setzen klarer Gesundheitsziele für einen größtmöglichen Gesundheitsgewinn, das aktive anwaltschaftliche Eintreten für diese Gesundheitsziele, die Vermittlung zwischen den maßgeblichen Partnern sowie die Befähigung der Menschen, sich an diesen Prozessen zu beteiligen. Dies bedeutet die Zusammenarbeit auf lokaler, nationaler, regionaler und insbesondere auch globaler Ebene mit Schlüsselgruppierungen wie Bürgerorganisationen, der Gesundheitsindustrie, den Gesundheitswissenschaften, Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung und dem privaten Sektor, z.B. den Medien.“ [39]

2.2.2 Rahmenbedingungen betrieblicher Gesundheitsförderung

Nachdem im vorherigen Kapitel unterschiedliche Bereiche der Gesundheitsförderung erläutert wurden, werden im Folgenden die Zielgruppen von Gesundheitsförderungsmaßnahmen exakt unterschieden.

Die Maßnahmen der Gesundheitsförderung können sich an Gesamtpopulationen, an bestimmte Risikogruppen oder auch an einzelne Individuen richten.[40]

Risikoverhaltensweisen, die überwiegend als gesundheitsgefährdend betrachtet werden, entwickeln sich im Jungendalter und werden oft im Erwachsenenalter fortgeführt. Hieraus leitet sich die Zielgruppe der Jugendlichen ab. Durch frühzeitige Präventionsmaßnahmen können demnach Risikoverhaltensweisen, welche sich z.T. bis ins Erwachsenenalter tragen, bereits im Jugendalter reduziert werden.

„Das U.S. Department of Health, Education and Welfare schätzte bereits 1979, daß 50% der Krankheiten im Erwachsenenalter direkt auf Risikoverhaltensweisen zurückgeführt werden können, die zumeist im Jugendalter beginnen.“ [41]

Im Hinblick auf die Altersgruppen sind bei der Gesundheitsförderung unterschiedliche Aspekte sowie Ziele und Maßnahmen zu beachten. „Während Gesundheitsförderung bei Kleinkindern nur über Interventionen bei den Eltern bzw. in der Familie z.B. durch Aufklärung und Aufbau von Gesundheitsverhalten zu erreichen ist (z.B. Fitzgibbon et al., 1996), können mit zunehmenden Alter der Kinder gesundheitsfördernde Maßnahmen auch direkt bei diesen selbst ansetzen.“ [42]

Ein zentraler Unterschied zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist der sog. Bumerang-Effekt, welcher sich durch hohe Gefährdung bei geringer Fähigkeit zur Problembewältigung und geringer Schutzmotivation äußert. Während dieser Effekt bei Kindern nicht auftritt ist er verstärkt bei Jugendlichen und Erwachsenen dokumentiert.

[...]


[1] Greiner (1998, S. 40) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[2] Vgl. Greiner (1998, S. 40) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[3] Sacher (1998, S. 54) aus dem Buch; Gesundheitsförderung – Ein multidimensionales Tätigkeitsfeld; Gebriele Amann Rudolf Wipplinger (Hrsg.)

[4] Vgl. Greiner (1998, S. 41-42) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[5] Vgl. Greiner (1998, S. 42) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[6] Greiner (1998, S. 42) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[7] Vgl. Greiner (1998, S. 42) aus dem Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung – Arbeits- und organisationspsychologische Methoden und Konzepte; Eva Bamberg, Antje Ducki und Anna-Marie Metz (Hrsg.)

[8] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 9)

[9] Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert, (2001, S. 24)

[10] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 28), zitiert nach Antonovsky, 1993d, S. 972

[11] Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 28)

[12] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese - Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 29), zitiert nach Antonovsky, 1979, S.10, Übersetzung der Autoren

[13] Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 29-30)

[14] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese - Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 30), zitiert nach Antonovsky, 1993a, S.12; Übersetzung durch Franke Broda

[15] Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? – Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 30)

[16] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Was erhält Menschen Gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese - Diskussionsstand und Stellenwert (2001, S. 34)

[17] Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; Schulische Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung; (BZgA) 2000, S. 10

[18] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 36)

[19] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 36), nach Labisch, 1989

[20] Amann Wipplinger (1998, S. 36)

[21] Amann Wipplinger (1998, S. 36)

[22] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 36), nach Franzkowiak Sabo, 1993

[23] Amann Wipplinger (1998, S. 36), nach Troschke, 1993; Versteegen, 1988

[24] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 36 – 37)

[25] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 37)

[26] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 37)

[27] Amann Wipplinger (1998, S. 37)

[28] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 37), nach Labisch, 1989

[29] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 37 – 38)

[30] Amann Wipplinger (1998, S. 38), zitiert nach Laaser, Hurrelmann Wolters, 1993

[31] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 38)

[32] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 38), nach Dlugosch, 1994b

[33] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 38)

[34] Sacher (1998, S. 54) aus dem Buch; Gesundheitsförderung – Ein multidimensionales Tätigkeitsfeld; Gebriele Amann Rudolf Wipplinger (Hrsg.)

[35] Vgl. Laireiter Meister (2002, S. 336) aus dem Buch Prävention und Gesundheitsförderung Bd.II, Bernd Röhrle (Hrsg.)

[36] Vgl. Sacher (1998, S. 54-55) aus dem Buch; Gesundheitsförderung – Ein multidimensionales Tätigkeitsfeld; Gebriele Amann Rudolf Wipplinger (Hrsg.)

[37] Vgl. Laireiter Meister (2002, S. 337) aus dem Buch Prävention und Gesundheitsförderung Bd.II, Bernd Röhrle (Hrsg.)

[38] Vgl. Sacher (1998, S. 58) aus dem Buch; Gesundheitsförderung – Ein multidimensionales Tätigkeitsfeld; Gebriele Amann Rudolf Wipplinger (Hrsg.)

[39] Sacher (1998, S. 58) aus dem Buch; Gesundheitsförderung – Ein multidimensionales Tätigkeitsfeld; Gebriele Amann Rudolf Wipplinger (Hrsg.)

[40] Vgl. Amann Wipplinger (1998, S. 38)

[41] Amann Wipplinger (1998, S. 39), zitiert nach U. S. Department of Heath, Education Welfare, 1079, zit. Nach Hmburg et al., 1993

[42] Amann Wipplinger (1998, S. 39)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836624558
DOI
10.3239/9783836624558
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Bildungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (Januar)
Note
1,5
Schlagworte
gesundheitsförderung auszubildende gesundheitsverhalten krankheit ausbildung
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Titel: Ausbildung und Gesundheit
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