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Determinanten in der Berufswahl

Der Einfluss der Werthaltungen bei Studierenden aus dem individualistischen und kollektivistischen Kulturkreis

©2007 Masterarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Beruf ist in jeder Gesellschaft im Hinblick auf die Existenzsicherung und den Erhalt des sozialen Gefüges essenziell. Darüber hinaus ist die dort erbrachte Leistung und die entsprechende Leistungsrückmeldung die Quelle persönlichen Selbstwertgefühls für jedes Individuum. Um den Beruf demgemäss sinnvoll ausüben zu können, erscheint also eine der Persönlichkeit und den Kompetenzen angemessene Berufswahl wichtig. Obwohl in der heutigen Zeit Berufsentscheidungen reversibel sind, führt eine zunächst ungeeignete Berufswahl höchstwahrscheinlich zu einem Verlust an Lebensqualität und Lebenszeit. Spätere Korrekturen sind zwar möglich, aber meist mit höherem Aufwand im Hinblick auf Umschulungen oder Zusatzausbildungen verbunden. Vor diesem Hintergrund ist die erste Wahl des Berufes eine schwierige und folgenreiche Entscheidung.
In der vorliegenden Arbeit sollen entscheidende Determinanten in der Berufswahl aufgezeigt werden, wobei der Fokus der Untersuchung auf dem Teilaspekt der Werthaltungen liegt. Dazu werden die in der Literatur am meisten diskutierten Werthaltungen herausgegriffen sowie zusätzlich zwischen dem individualistischen und kollektivistischen Kulturkreis verglichen. Die Analyse soll sich dabei auf die innerhalb vergleichbare Gruppe der Studierenden beschränken, welche ihr angestrebtes Berufsfeld mit der Wahl ihres Studiengangs bereits eingegrenzt und damit erste Schritte zur Realisierung ihres Berufswunsches eingeleitet haben. Auszubildende werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit vernachlässigt. Diese bleiben indessen interessant für weiterführende Untersuchungen.
Gang der Untersuchung:
Das erste Kapitel beschäftigt sich zunächst mit einer kurzen Hinführung zum Thema und der Beschreibung des Aufbaus der Arbeit. Im zweiten Kapitel wird der wissenschaftliche Hintergrund einerseits zur Berufswahl und andererseits zum Individualismus bzw. Kollektivismus näher erläutert. In den jeweiligen Unterkapiteln sind zunächst wesentliche Begriffe geklärt, weiterhin aktuell in der Literatur diskutierte theoretische Ansätze dargestellt und daraus die für diese Arbeit relevanten Teilaspekte herausgearbeitet. Das Ergebnis des zweiten Kapitels sind somit formulierte Fragestellungen, die den Untersuchungsgegenstand definieren. Das dritte Kapitel befasst sich dann mit dem Erhebungsdesign, woraufhin im vierten Kapitel die ausführliche Darstellung der Erhebungsergebnisse folgt. Die Erhebungsergebnisse werden im fünften Kapitel in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

0 Abbildungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Berufswahl
2.1.1 Begriffsklärung
2.1.2 Zuordnungstheorien der Berufswahl
2.1.3 Einflussfaktoren in der Berufswahl
2.2 Kultur und kulturelle Unterschiede
2.2.1 Begriffsklärung
2.2.2 Kulturstandards und Kulturdimensionen
2.2.3 Individualismus vs. Kollektivismus
2.3 Abgeleitete Fragestellungen
2.3.1 Inwieweit bedingen Werthaltungen die Berufswahl
2.3.2 Inwieweit bestehen Unterschiede in den Werthaltungen beider Kulturkreise

3 Erhebungsdesign zur qualitativen Befragung
3.1 Vorbereitung der Erhebung
3.1.1 Auswahl der Methode
3.1.2 Erstellung des Befragungsleitfaden
3.1.3 Auswahl der Befragungsteilnehmer
3.2 Vorgehen bei der Erhebung
3.2.1 Einstieg in die Befragung
3.2.2 Durchführung der Befragung
3.2.3 Abschluss der Befragung
3.3 Auswertung der Erhebung
3.3.1 Aufbereitung der Informationen
3.3.2 Bildung der Kategorien

4 Darstellung der Ergebnisse
4.1 Beschreibung der Befragungsteilnehmer
4.1.1 Nationalität
4.1.2 Alter
4.1.3 Kontakthäufigkeit zu den Eltern
4.1.4 Studiengang und Berufswunsch
4.2 Ergebnisse in Bezug auf individuelle Werthaltungen
4.2.1 Leistungsorientierung
4.2.2 Machtorientierung
4.2.3 Kontaktorientierung
4.2.4 Sonstige Orientierungen
4.3 Ergebnisse in Bezug auf die Ausrichtung der Berufswahl
4.3.1 Werthaltungen
4.3.2 Interessen
4.3.3 Selbsteinschätzung
4.3.4 Weitere Einflüsse

5 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse
5.1 Betrachtung der Fragestellungen
5.1.1 Inwieweit bedingen Werthaltungen die Berufswahl
5.1.2 Inwieweit bestehen Unterschiede in den Werthaltungen beider Kulturkreise
5.2 Kritische Betrachtungen
5.2.1 Kritik an den gewonnen Informationen
5.2.2 Kritik an der angewandten Methode

6 Fazit

7 Anhang (Interviewleitfaden)

8 Literaturverzeichnis

0 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Determinanten der Berufswahl

Abbildung 2: Individualistisch-orientierte Nationalitäten der Befragungsteilnehmer

Abbildung 3: Kollektivistisch-orientierte Nationalitäten der Befragungsteilnehmer

Abbildung 4: Altersklassen der Befragungsteilnehmer

Abbildung 5: Kontakthäufigkeiten zu den Eltern der Befragungsteilnehmer

Abbildung 6: Studiengangklassen der Befragungsteilnehmer

Abbildung 7: Berufswunschklassen der Befragungsteilnehmer

1 Einführung

1.1 Hinführung zum Thema

Der Beruf ist in jeder Gesellschaft im Hinblick auf die Existenzsicherung und den Erhalt des sozialen Gefüges essenziell. Darüber hinaus ist die dort erbrachte Leistung und die entsprechende Leistungsrückmeldung die Quelle persönlichen Selbstwertgefühls für jedes Individuum. Um den Beruf demgemäss sinnvoll ausüben zu können, erscheint also eine der Persönlichkeit und den Kompetenzen angemessene Berufswahl wichtig. Obwohl in der heutigen Zeit Berufsentscheidungen reversibel sind, führt eine zunächst ungeeignete Berufswahl höchstwahrscheinlich zu einem Verlust an Lebensqualität und Lebenszeit. Spätere Korrekturen sind zwar möglich, aber meist mit höherem Aufwand im Hinblick auf Umschulungen oder Zusatzausbildungen verbunden. Vor diesem Hintergrund ist die erste Wahl des Berufes eine schwierige und folgenreiche Entscheidung.

In der vorliegenden Arbeit sollen entscheidende Determinanten in der Berufswahl aufgezeigt werden, wobei der Fokus der Untersuchung auf dem Teilaspekt der Werthaltungen liegt. Dazu werden die in der Literatur am meisten diskutierten Werthaltungen herausgegriffen sowie zusätzlich zwischen dem individualistischen und kollektivistischen Kulturkreis verglichen. Die Analyse soll sich dabei auf die innerhalb vergleichbare Gruppe der Studierenden beschränken, welche ihr angestrebtes Berufsfeld mit der Wahl ihres Studiengangs bereits eingegrenzt und damit erste Schritte zur Realisierung ihres Berufswunsches eingeleitet haben. Auszubildende werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit vernachlässigt. Diese bleiben indessen interessant für weiterführende Untersuchungen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Das erste Kapitel beschäftigt sich zunächst mit einer kurzen Hinführung zum Thema und der Beschreibung des Aufbaus der Arbeit. Im zweiten Kapitel wird der wissenschaftliche Hintergrund einerseits zur Berufswahl und andererseits zum Individualismus bzw. Kollektivismus näher erläutert. In den jeweiligen Unterkapiteln sind zunächst wesentliche Begriffe geklärt, weiterhin aktuell in der Literatur diskutierte theoretische Ansätze dargestellt und daraus die für diese Arbeit relevanten Teilaspekte herausgearbeitet. Das Ergebnis des zweiten Kapitels sind somit formulierte Fragestellungen, die den Untersuchungsgegenstand definieren. Das dritte Kapitel befasst sich dann mit dem Erhebungsdesign, woraufhin im vierten Kapitel die ausführliche Darstellung der Erhebungsergebnisse folgt. Die Erhebungsergebnisse werden im fünften Kapitel in ihrer Tendenz beschrieben, in Bezug auf die vorher formulierten Fragestellungen interpretiert, diskutiert sowie die gewonnenen Informationen insgesamt kritisch betrachtet. Das sechste und letzte Kapitel fasst schließlich das Forschungsergebnis substanziell zusammen und prognostiziert eine Tendenz.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Berufswahl

2.1.1 Begriffsklärung

Im Folgenden sind die Begriffe Beruf, Berufswahl und Berufswahlreife sowie die Begriffe Selbstkonzept und Werthaltungen als Teilelement des Selbstkonzeptes auf Basis entsprechender Autorenmeinungen näher erläutert. Dieses soll ein Verständnis über die Begriffsverwendung im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit schaffen sowie darüber hinaus zur Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes verhelfen.

Beruf

In der Literatur werden je nach Forschungsstand und wissenschaftlicher Ausrichtung verschiedene Definitionen des Begriffes Beruf verwendet. Bergmann & Eder (1995, S. 1) definieren diesen wie folgt: „Im Hinblick auf die zugrundeliegenden Aktivitäten und Verrichtungen kann Beruf verstanden werden als eine Kombination oder ein Muster von Tätigkeiten, die als zusammengehörig festgelegt werden. Solche Festlegungen können beispielsweise aus Gründen der betrieblichen oder gesellschaftlichen Arbeitsorganisation, der zugrundeliegenden Qualifikation oder aufgrund von Eigenschaften der Berufsinhaber erfolgen.“

Dostal, Stooß & Troll (1998, S. 440) haben die Kernelemente ausgewählter Berufsdefinitionen und -vorstellungen im deutschsprachigen Raum zusammengetragen und daraus zentrale Merkmale herauskristallisiert. Demnach ist für diese Autoren der Begriff Beruf durch folgende Aspekte zu definieren:

- Bündel von Qualifikationen als charakteristische Ausprägungen und Anordnungen von Wissen (als Erkennen von Sachverhalten sowie Arbeitstechniken) und Sozialkompetenz (als Bündelung von typischen Verhaltensweisen, Orientierungen sowie Werthaltungen)
- Aufgabenfelder als eine Kombination aus Arbeitsmitteln und Arbeitsumfeld, denen die Qualifikationsbündel zugeordnet werden
- Handlungsspielräume als eine Verknüpfung der Qualifikationsseite des Individuum mit der funktionalen Ausprägung der Arbeitsaufgaben sowie mit der betrieblichen Position des Individuums, der Organisationseinheit und nicht zuletzt mit dem spezifischen Arbeitsmilieu

Gleichzeitig beschreiben Bergmann & Eder (1995, S. 2) unterschiedliche Perspektiven zur Definition von Beruf. Die für diese Arbeit relevanten Perspektiven werden im Folgenden kurz dargestellt:

- Individuelle bzw. psychologische Perspektive: Aus der individuellen bzw. psychologischen Perspektive bildet der Beruf ein Feld von Aufgaben, in denen die Person sich in ihren Interessen bzw. Neigungen, Fähigkeiten und Zielen entfaltet und selbst verwirklicht. Dabei befriedigt diese ihre Bedürfnisse bzw. realisiert ihre Werte.
- Soziologische Perspektive: Aus der soziologischen Perspektive wird der Beruf als Bündel von Verhaltenserwartungen bzw. Handlungsmustern, aus denen sich die Gesellschaft zusammensetzt, gesehen. Mit Hilfe dieser Handlungsmuster erhält sich die Gesellschaft ihre Funktion und Schichtung aufrecht bzw. reproduziert sie in den heranwachsenden Mitgliedern.

Insgesamt kann der Beruf damit als eine auf individuelle Eignung gegründete, auf Werthaltung gerichtete und eine kontinuierlich ausgeübte sowie qualifizierte Aufgabenerledigung, die als Strukturmerkmal gesellschaftlicher Handlungsmuster über die alleinige Erwerbstätigkeit hinauswirkt, verstanden werden.

Berufswahl und Berufswahlreife

Gemäss Fend (1991, S. 79) gehört die Berufswahl als Eingliederung in den Arbeitsprozess zu den wichtigsten Faktoren bei der Stabilisierung der Persönlichkeit. Aufgrund der Kenntnisse über die eigene Person und der Umwelt, in der sich der Berufswählende bewegt, wird die Entscheidung über den bevorzugten Beruf (Egloff, 2001, S. 12) getroffen. Beim Ausbau einer notwendigen Reife zur Bewältigung der Berufswahlsituation hilft vor allem aber ein positives Selbstkonzept, welches im weiteren Verlaufe näher erläutert wird.

Die Berufswahlreife spielt im Prozess der Berufswahl eine entscheidende Rolle. Laut Egloff (2001) gibt diese den Ausschlag für die sachlich richtige Herangehensweise an die Auswahl des Berufes. Nach einer Vielzahl empirischer Untersuchungen hat Super (1983; zit. nach Busshoff, 1998, S. 21) folgende fünf Dimensionen zur Berufswahlreife herausgearbeitet.

Planungsbereitschaft

Neben der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für sich selbst spielt die Reflexionsfähigkeit vergangener Erfahrungen und die Antizipation der Zukunft eine entscheidende Rolle. Dieses hängt von der Einstellung sich selbst gegenüber ab. Um die Wahl eines geeigneten Berufes erfolgreich zu vollziehen, sind grundlegende Eigenschaften wie Wille, Engagement, Streben nach Selbständigkeit, Durchhaltevermögen und Beziehungsfähigkeit Voraussetzung.

Explorationsbereitschaft

Der Berufswählende soll schon eine vorberufliche Rolle einnehmen, d.h. Bereitschaft zeigen, den mit der Berufswahl zusammenhängenden Fragen nachzugehen bzw. Fähigkeit besitzen, relevante Informationsquellen wahrzunehmen und zu bewerten. Die Vergegenwärtigung individueller Interessen, Fähigkeiten und Werthaltungen unterstützt hier die richtige Herangehensweise.

Informiertheit

Die Informiertheit umfasst beispielsweise die Kenntnis von Phasen der Berufslaufbahn, wirtschaftliche Veränderungen oder Entwicklungstrends, von Eintrittsvoraussetzungen, Aufstiegs- und Verbleibchancen oder Entlohnungsstrukturen im bevorzugten Beruf. Auch das Wissen um den Zusammenhang zwischen Berufsrolle und anderen Lebensrollen, wie beispielsweise das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit oder die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, ist wichtig für den persönlichen Entscheidungsprozess.

Entscheidungskompetenz

Die Entscheidungskompetenz beschreibt das effektive Anwenden individueller Entscheidungsstile. Dazu sollen mit Blich auf die persönlichen Präferenzen – wie Interessen, Fähigkeiten und Werthaltungen – Entscheidungsalternativen erarbeitet und beurteilt werden. Ziel ist es, eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen der Persönlichkeit, dem bevorzugten Beruf sowie den jeweiligen Arbeitsbedingungen zu erreichen. Nur wer verschiedene Möglichkeiten und deren Auswirkungen kennt, vermag zu vergleichen und in Bezug auf eine langfristig zufriedenstellende Entscheidung zu priorisieren.

Realitätsorientierung

Realitätsorientierung umfasst die praktische Überprüfung der Passung der ausgewählten Berufspräferenz mit dem Selbstkonzept. Dazu spielt das Sammeln von berufsbezogenen Erfahrungen eine entscheidende Rolle, nicht nur für die Erweiterung der entsprechenden Fähigkeiten sondern auch für die eigentliche Festlegung auf einen Beruf oder eine Laufbahn. Ebenfalls sind das Trainieren erfolgreichen Bewerbungsverhaltens sowie die Findung von Bewältigungsstrategien gegen Widerstände oder Konflikte im Prozess der Berufwahlentscheidung bedeutsam, um die getroffene Berufswahl letztlich erfolgreich zu realisieren.

Eine Steigerung des Niveaus der Berufswahlreife hat auch für Pollmann (1993, S.19) weitreichende Konsequenzen: „Je höher das Niveau der Berufswahlreife, desto stabiler ist einerseits die Laufbahnplanung (...) und umso stärker ist andererseits die persönliche Bindung an den gewählten Beruf. Damit im direkten Zusammenhang steht auch eine höhere Berufszufriedenheit und in weiterer Folge auch ein gesteigerter Berufserfolg.“

Selbstkonzept

Das Selbstkonzept ist nach Busshoff (1998, in Zihlmann, S. 64) als ein Komplex von Vorstellungen, die ein Individuum über sich selbst hat, zu verstehen. Seiner Meinung nach zählen dazu besonders die Wahrnehmung individueller Interessen, Fähigkeiten und Werthaltungen. Nach Fend (1991, S. 15) gehört die Entdeckung und Erarbeitung wer man ist, was man glauben und tun möchte zu den zentralen Entwicklungsaufgaben in der Lebensphase der Adoleszenz. Im Laufe der Entwicklung erlangt das Individuum durch vielerlei Erfahrungen und Rückmeldungen ein gewisses Selbstbild. Diese Entwicklung ist gemäß Fend (1991) als ein Prozess der Auseinandersetzung mit Werten zu verstehen. Es geht nach seinen Aussagen bei der Bildung des Selbstkonzeptes vor allem darum, Position zu beziehen, Meinungsmuster zu etablieren sowie Ziele und Werte aufzubauen, die letztlich eine Orientierung in der Welt ermöglichen. Laut Fend (1991) impliziert die entsprechend individuelle Weltaneignung die weltanschauliche Zugehörigkeit, die politische Identität, die Geschlechtsrollenidentität, die Lebensstile in der Freizeit und nicht zuletzt die berufliche Identität.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein insgesamt stark ausgebildetes Selbstkonzept den Ausbau der Berufswahlreife und somit die erfolgreiche Bewältigung der Berufswahlsituation bzw. eine auf lange Sicht zufriedenstellende Berufswahlentscheidung unterstützt. Demnach ist der Begriff der Berufswahl im Verlaufe der vorliegenden Arbeit vielmehr als Prozess der Berufsfindung anstelle punktueller Realisierung der Berufsentscheidung zu verstehen.

Im Sinne des Untersuchungsgegenstandes sind Werthaltungen als Teilelement des Selbstkonzeptes im Folgenden näher beschrieben.

Werthaltungen

„Werte sind im weiten Sinne Gründe, Normen beziehungsweise Ergebnisse einer positiven Wertung, das heißt die Bevorzugung einer Handlung vor einer anderen oder eines Gegenstandes, eines Sachverhaltes vor einem anderen“ (Meyers Lexikon, 2007, online).

Der Wert eines Aspektes meint also die Relevanz oder die Dienlichkeit, die diesem beigemessen wird. Laut vorhergehender Ausführungen zum Selbstkonzept können Werte außerdem als Vorstellungen über bestimmte Eigenschaften, Ideen oder über zwischenmenschliches Agieren verstanden werden, welche die umgebende Gesellschaft nach Erwünschtheit und Gewichtigkeit determiniert. Werte erklären somit Sinn und Bedeutung menschlichen Handelns innerhalb eines sozialen Systems. Da auch in der Literatur keine eindeutige Trennung der Begriffe Werte, Wertorientierungen und Werthaltungen auszumachen ist, werden diese im Folgenden synonym behandelt.

Allehoff (1985, S.40) kristallisiert 17 Werthaltungen heraus, deren Ausprägungsgrade seiner Meinung nach einen Einfluss auf die berufliche Ausrichtung haben: Selbstverwirklichung, Sicherheitsorientierung, Familienorientierung, Prestige, Genussorientierung, Aufstiegsorientierung, materielle Orientierung, Kontaktorientierung, Leistungsorientierung, Unabhängigkeitsorientierung, Risikoorientierung, Abenteuerorientierung, Altruismusorientierung, Freizeitorientierung, Machtorientierung, Wettbewerbsorientierung sowie Kreativitätsorientierung. Diese Werthaltungen sind gemäß Allehoff (1985) jedoch für jedes Individuum unterschiedlich zu deuten, wobei vor allem die entsprechenden Begleitumstände der Berufstätigkeit sowie die mit der Berufstätigkeit verfolgten persönlichen Ziele zu berücksichtigen sind. Nach aktuellen Forschungen von Reiss bestimmt die jeweilige Ausprägung insgesamt 16 genereller Leitmotive – oder auch Werthaltungen – das menschliche Handeln und Entscheidungsverhalten. Im Gegensatz zu Maslow’s Postulaten gibt es für ihn jedoch keine Werthierarchie, sondern ein für jeden Menschen ganz individuelles Wertprofil. Die Ausprägung der meisten dieser Werte ist nach seiner Auffassung genetisch bedingt (Huber, 2001, S. 20-29).

McClelland und Atkinson (1953) haben Leistungs-, Macht- und Kontaktorientierung als wichtigste Antriebsfaktoren für menschliches Handeln herausgestellt. Aus diesem Grunde soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Ausmaß der Leistungs-, Macht- und Kontaktorientierung als ausgewählte Werthaltungen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Berufswahl im Vordergrund stehen. Diese werden daher in Bezug auf die Konkretisierung des Untersuchungsgegenstands erneut aufgegriffen.

2.1.2 Zuordnungstheorien der Berufswahl

Wie werden nun Berufswahl- oder Laufbahnentscheidungen getroffen? Dazu sind in der Literatur zwei Modelle zu finden, welche den Prozess der Berufswahl aus verschiedenen Perspektiven beschreiben: einerseits der zuordnungstheoretische Ansatz sowie andererseits der entscheidungstheoretische Ansatz. Für die Untersuchung in der vorliegenden Arbeit ist der zuordnungstheoretische Ansatz mit seinen Annahmen besonders interessant. Deshalb wird der entscheidungstheoretische Ansatz vernachlässigt und hier nicht weiter ausgeführt.

Der zuordnungstheoretische Ansatz versteht den Prozess der Berufswahl als Zuordnung von Personen zu ihren psychologischen oder sozialen Merkmalen entsprechenden Berufen. Dazu sind nachstehend die in der Literatur am meisten diskutierten Theorien herausgegriffen.

Individuelle Wahl – Kongruenztheorie von Holland

Die Kongruenztheorie von Holland (1959) wird als Weiterentwicklung von Supers Selbstkonzepttheorie (1957) angesehenen. Der Kern Supers Theorie (Pollmann, 1993, S. 47f) besagt zunächst, dass das bestehende Selbstkonzept die Wahl des Berufes bzw. die berufliche Laufbahn und somit die Berufszufriedenheit im hohen Maße beeinflusst. Besonders bedeutsam ist nach seinen Aussagen die Übereinstimmung des individuellen Selbstkonzeptes mit der sozialen Struktur des Berufes. Ein Individuum wählt dabei jene beruflichen Möglichkeiten, bei denen die Erwartungen an bestimmte Berufsrollen mit dem individuellen Selbstbild bestmöglich übereinstimmen. Holland spezifiziert diese Aussage, indem er behauptet, dass Individuen nach Umwelten suchen, die es ihnen ermöglichen, ihre Präferenzen und Interessen auszuleben, Fähigkeiten und Fertigkeiten anzuwenden sowie ihre Einstellungen und Werte einzubringen (Seifert, 1992, S.191f). Sie suchen nach Umwelten, in denen sie Probleme und Rollen übernehmen können, die ihrem Typ angemessen sind. Das Ziel der Berufswahl ist seinen Aussagen nach, diese Suche erfolgreich zu bewältigen und dabei die bestmögliche Passung zu generieren. Die Arbeitszufriedenheit und die Stabilität der Karriereentwicklung ist laut Holland (1959; zit. nach Seifert, 1992, S.192) dann am höchsten, wenn die Persönlichkeitsmerkmale und die Merkmale der Arbeitsaufgabe nahezu kongruent sind. Holland stellt dazu sechs grundlegende Persönlichkeitstypen vor, betont aber gleichzeitig, dass ebenso Mischformen derer existieren können (Jörin/ Stoll/ Bergmann, 2003, S.15).

Typ 1 – Code R (Realistic): Der handwerklich-technische Typ arbeitet gerne mit seinen Händen und mit Gegenständen, er interessiert sich für Werkzeuge und Maschinen. Er beschäftigt sich vorzugsweise im Freien und betätigt sich gerne körperlich. Sein Wertesystem ist eher traditionell ausgerichtet.

Typ 2 – Code I (Investigative): Der untersuchend–forschende Typ vertieft sich gern in geistige oder naturwissenschaftliche Problemstellungen und bevorzugt Tätigkeiten wie Analysieren, Untersuchen oder Berechnen. Seine Werthaltungen konzentrieren sich auf die Wissenschaft.

Typ 3 – Code A (Artistic): Der künstlerisch-kreative Typ drückt sich über kreatives Arbeiten oder die Ausschöpfung sprachlicher Möglichkeiten aus. Er beschäftigt sich vorzugsweise mit ausgefallenen Ideen, speziellen Materialien, Musik oder Kultur. Ästhetik ist ihm wichtig. Sein Wertesystem ist offen und liberal.

Typ 4 – Code S (Social): Der erziehend-pflegende Typ ist grundsätzlich überaus hilfsbereit und kümmert sich um das Wohlergehen seiner Mitmenschen. Er erzieht, lehrt, berät, pflegt und heilt. Gerne sorgt er für körperliches, geistiges oder seelisches Wohlbefinden. Ethische und soziale Werte sind ihm wichtig.

Typ 5 – Code E (Enterprising): Der führend-verkaufende Typ mag es, zu motivieren, zu überzeugen, zu leiten und zu organisieren. Er kümmert sich um wirtschaftliche Planungen und finanzielle Ziele. Seine Werthaltungen konzentrieren sich auf politischen und ökonomischen Erfolg.

Typ 6 – Code C (Conventional): Der ordnend-verwaltende Typ zeichnet sich durch Genauigkeit und Ordnung aus. Er mag es, Zahlen und Texte zu bearbeiten, zu kontrollieren und zu übermitteln. Klare Regeln sind ihm dabei wichtig. Sein Wertesystem ist eher traditionell ausgerichtet und geschlossen.

Sozialer Zuweisungsprozess – Allokationstheorie von Seifert

Das Konzept der sozialen Zuweisung erklärt den Weg der Berufswahl durch den Einfluss der Umwelt. Nach der Allokationstheorie von Seifert (1977) ist die Berufswahl das Resultat der Zuweisung beruflicher Möglichkeiten durch die Umgebung (Seifert, 1992, S. 189). Der Einfluss durch die unmittelbare soziale Umgebung des Individuums wie Eltern oder erweiterte Familie, der soziokulturelle bzw. sozialpsychologische Einfluss durch kulturelles Umfeld, Schichtzugehörigkeit, Schule oder Bezugsgruppen und nicht zuletzt der ökonomische Einfluss durch Arbeitsmarktlage, Wirtschaft, Politik oder Verdienstmöglichkeiten spielen nach Seifert (1992) bei der Wahl des Berufes eine entscheidende Rolle.

Der vorangegangene Überblick zu den Zuordnungstheorien der Berufswahl konzentriert sich auf die aktuell maßgeblichen Forschungsansätze. Die später folgenden Fragestellungen basieren auf den Annahmen in den Theorien von Super (1957) und Holland (1959). In Bezug auf den interkulturellen Vergleich werden ebenso die Annahmen in der Theorie von Seifert (1977) als bedeutungsvoll erachtet.

2.1.3 Einflussfaktoren in der Berufswahl

Ausgehend von der bisherigen Berufswahlforschung hat Seifert (1992, S. 189) ein Rahmenmodell mit zwei Haupteinflussfaktoren entwickelt, welche die Berufswahlentscheidung seinen Aussagen nach maßgeblich determinieren.

In der Literatur wird häufig die Unterscheidung zwischen endogenen Faktoren (in der Person lokalisiert) und exogenen Faktoren (in der Umwelt lokalisiert) getroffen. Seifert (1992) betitelt die Haupteinflussfaktoren auf die Berufswahl allerdings als personale und situative Determinanten. Dessen Rahmenmodell ist im Folgenden exemplarisch dargestellt und durch weitere Autorenmeinungen ergänzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Determinanten der Berufswahl (zusammengefasst nach Seifert, 1992, S. 189)

Personale Determinanten

Die personale Determinantenkategorie lässt sich in kognitive und affektive Determinanten unterteilen. Einflüsse aus kognitiven Gesichtpunkten sind nach Seifert (1992) beispielweise der Intelligenzquotient, besondere Fähigkeiten, Schulbildung und Schulnoten. Als Einflüsse aus affektiven Gesichtspunkten führt er neben Bedürfnissen und Interessen auch Werthaltungen als wesentliche Determinanten im Berufswahlprozess auf. Auch für Egloff (2001, S. 21) sind affektive Stärken wie Selbstvertrauen, Wille, Zielstrebigkeit, Leistungsbereitschaft, Durchhaltekraft und Beziehungsfähigkeit grundlegende Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufswahl. Diese sind für ihn Schlüsselqualifikationen, die in einer angespannten Wirtschaftslage eine wesentliche Stellung einnehmen. Denn nach Egloff (2001) behindern affektive Schwächen wie innere Passivität, Entscheidungsunfähigkeit, Interesselosigkeit, Mangel an Durchhaltevermögen, Vermeidung von Selbsterfahrungen sowie auch das Fehlen von Werthaltungen den Prozess der Berufswahl stark.

Wie sich ebenso hier zeigt, hat im Rahmen der Berufswahl das Selbstkonzept mit entsprechend kognitiven aber besonders auch mit affektiven Determinanten hohes Gewicht. Neben den Faktoren, die in der Person liegen, betont Seifert (1992, S. 190) entsprechend seiner Allokationstheorie außerdem die nicht zu unterschätzenden Umgebungseinflüsse, unter denen sich der Berufswählende befindet.

Situative Determinanten

Die situative Determinantenkategorie lässt sich in soziale und ökonomische Determinanten aufsplitten. Zu den Einflüssen aus sozialen Gesichtspunkten ist nach Seifert (1992) neben dem kulturellen Umfeld vor allem der Einfluss der Familie und der Bezugsgruppen zu nennen, welcher als Determinante in der Berufswahl aufgrund seiner generellen Bedeutsamkeit und der Vollständigkeit halber im Folgenden ebenso kurz beschrieben und mit aktuellen Befunden hinterlegt wird.

Es ist überaus bedeutsam, dass sich der Berufswählende im Berufswahlprozess nicht allein gelassen fühlt und durch sein Umfeld Unterstützung erfährt. Die Eltern sind gemäss Egloff (2001, S. 79f) wichtige Kooperationspartner in der Berufswahlvorbereitung. Diese können dem Jugendlichen mit offenen und partnerschaftlichen Gesprächen zum richtigen Zeitpunkt helfen. Eine Studie von Beinke (2005, S. 6f) zeigt, dass neben den Eltern auch andere Bezugsgruppen einen sehr wichtigen Beitrag zur emotionalen Stabilisierung im Prozess der Findung der beruflichen Zielidentität leisten. Gespräche unter Freunden spielen stark mit der Entwicklung des Berufswunsches zusammen. Die Wirkung der Gruppe zielt auf die Einstellungen, die Motivationen und auf die Verhaltensweisen ab. Nach Beinke (2005) ist der Einfluss der Bezugsgruppen auf die Entscheidungsvorbereitung zur Berufswahl gewachsen; er ist nunmehr als mitentscheidend zu bezeichnen. Die Jugendlichen stabilisieren bzw. destabilisieren ihre individuellen Präferenzen nach dem emotionalen Freundeseinfluss. Der Einfluss der Eltern wird nach seinen Aussagen durch die Wirksamkeit der Freundesgruppen nicht belastet. Eher kann von einer einvernehmlichen Verteilung der Aufgaben zwischen beiden gesprochen werden.

Die Einflüsse aus ökonomischen Gesichtspunkten sind in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt.

Berufliches Selbstkonzept

Für Seifert (1992, S. 190) ergibt sich zusammen aus kognitiven und affektiven sowie aus den situativen Determinanten das berufliche Selbstkonzept, wie dieses ansatzweise schon Super (1957) in seiner Selbstkonzepttheorie darstellt. Für Seifert (1992) beinhaltet es ferner die subjektive Wahrnehmung von Arbeits- und Berufswelt sowie das Verständnis darüber, auf welche Art und Weise berufsrelevante Informationen beschafft und verarbeitet werden. In Bezug auf die effektive Erarbeitung von Lösungswegen in der Berufswahl betont auch Busshoff (1998, in Zihlmann, S. 64) die Wichtigkeit des Selbstkonzepts. Dabei ist für ihn grundlegend, wie sich der Berufswählende sieht, wie er seine Fähigkeiten und Interessen einschätzt, was seine Werthaltungen sind und wer er in Zukunft sein möchte.

Realisierte Berufswahl

Letztlich ergeben sich nach Seifert (1992) aus dem beruflichen Selbstkonzept die entsprechenden beruflichen Präferenzen und Aspirationen. Diese führen zu einer Konkretisierung des bevorzugten Berufes bzw. der Laufbahn. Im Anschluss daran werden nach seiner Auffassung erste Schritte zur Realisierung des ausgewählten Berufes eingeleitet. Der endgültige Berufseintritt als realisierter Berufswunsch wird durch gesammelte praktische Erfahrungen im relevanten Bereich, durch zusätzliche berufsbezogene Informationen – beispielsweise durch Beratung – und nicht zuletzt durch die aktuelle Wirtschaftslage bestimmt.

Insgesamt orientiert sich Seifert (1992) mit seinem Rahmenmodell offensichtlich an Supers Selbstkonzepttheorie (1957), wobei er allerdings situative Determinanten als Einflussfaktoren in der Berufswahl hinzu nimmt.

Aufgrund der vorgestellten Autorenmeinungen scheint also ein gewisser Einfluss des Selbstkonzeptes auf die Berufswahl zu bestehen. Markus und Kitayama (1991) belegen in einer Studie deutliche Unterschiede in den Selbstkonzepten von Individuen, welche sich auf unterschiedliche soziale bzw. kulturelle Umfelder zurückführen lassen. Denn nach deren Auffassung werden Individuen mit ihren Vorstellungen über sich selbst durch ihr Umfeld geprägt. Markus und Kitayama (1991) gehen weiterhin davon aus, dass Menschen in westlichen Kulturen tendenziell eher independent bzw. individualistisch (unabhängig vom sozialen Kontext) und Menschen in östlichen Kulturen eher interdependent bzw. kollektivistisch (abhängig vom sozialen Kontext) orientiert sind sowie sich dadurch auch Veränderungen in ihren Selbstkonzepten ergeben.

In der vorliegenden Arbeit sind kulturelle Unterschiede zwischen dem individualistischen und kollektivistischen Kulturkreis in Bezug auf Werthaltungen als Teilelement des Selbstkonzeptes von großem Interesse. Aus diesem Grunde wird nachfolgend der Kulturaspekt differenzierter beleuchtet.

2.2 Kultur und kulturelle Unterschiede

2.2.1 Begriffsklärung

Der Kulturbegriff hat in der Psychologie eine unterscheidende und dabei ebenso eine beschreibende wie auch erklärende Funktion. Thomas (Straub & Thomas, 2003, S. 37f) definiert den Kulturbegriff folgendermaßen: „Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft.“ Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein spezifisches Handlungsfeld für deren Mitglieder und schafft damit die Voraussetzungen zur Entwicklung individueller Bewältigungsstrategien der komplexen Umwelt. Für die Angehörigen einer Kultur sind diese Muster weniger explizit abrufbar als eher implizite Selbstverständlichkeiten. Diese bilden die Grundlage für ein sinnvolles, angemessenes und weitestgehend regelhaftes Handeln (Helfrich, 2003, S. 111f). Kultur ist erlernt und nicht ererbt; sie leitet sich aus unserem sozialen Umfeld ab, nicht aus unseren Genen. Im Laufe seiner Entwicklung wächst der Mensch in diese Umwelt hinein. Dieses Hineinwachsen ist ein dynamischer Prozess, bei dem die Kultur und das Individuum in einer Wechselwirkung stehen. Einerseits nimmt das Individuum diese Lebenswelt in Gestalt von Institutionen und Instanzen wie etwa Schule, Eltern oder Lehrer wahr, andererseits wird es durch sein Handeln selbst Teil dieser Lebenswelt (Helfrich, 2003).

2.2.2 Kulturstandards und Kulturdimensionen

Nach Prodolliet (2000, S. 10f) stellt Kultur als Orientierungssystem für die Mitglieder einer Gesellschaft oder einer Gruppe, die sich über religiöse, ethnische oder andere soziale Zugehörigkeit definieren können, sogenannte Kulturstandards bereit. Dabei handelt es sich um Handlungsweisen, Denk- und Ordnungssysteme, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer Kultur grundsätzlich akzeptiert und als richtig bzw. angemessen für bestimmtes Agieren und Reagieren in bestimmten Situationen vorausgesetzt werden. Die kulturvergleichende Psychologie richtet ihren Blick letztlich auf die Gewohnheiten eines Volkes, eines Stammes, einer Gruppe bzw. eines Kollektivs. Die Erarbeitung von Kulturstandards hat dabei die Absicht, interkulturelle Begegnungen besser beschreiben und vorhersagen zu können. Denn bei der Untersuchung kultureller Zusammenhänge finden sich Gruppen von Menschen, die gemäß ihrer Grundsätze unterschiedlich denken, fühlen und handeln. Laut Straub & Thomas (2003, S. 40) gibt es keine wissenschaftlichen Normen, anhand derer eine Gruppe einer anderen Gruppe als überlegen oder unterlegen einzustufen ist. Vielmehr liegt der Forschungsschwerpunkt im Sinne kultureller Dimensionen auf der systematischen Erforschung und Abstrahierung kultureller Unterschiede. Diese kulturellen Dimensionen können dann die Klassifizierung von Kulturen vereinfachen sowie die Analyse der Auswirkungen kultureller Unterschiede erleichtern. Die Grundlagen der kulturellen Dimensionen sind von verschiedenen Autoren geschaffen worden (Dahl, 2000, S. 231f). Am bekanntesten – auch am meisten angewandt – sind die Dimensionen von Hofstede (1991) und Trompenaars/ Hampden-Turner (1997). Diese wurden von anderen Forschern unabhängig validiert und ergänzt. In der vorliegenden Arbeit sollen die Dimensionen der Vollständigkeit halber nur erwähnt, aber aus mangelnden Relevanzgründen nicht näher beschrieben werden.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836621335
DOI
10.3239/9783836621335
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Humanwissenschaften/Theologie, Psychologie
Erscheinungsdatum
2008 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
personalentwicklung berufswahl werte kulturdimensionen berufswunsch
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Titel: Determinanten in der Berufswahl
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