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Werkanalyse des Films 'Montag kommen die Fenster'

©2008 Bachelorarbeit 134 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die folgende Filmanalyse widmet sich dem deutschen Spielfilm Montag kommen die Fenster von Ulrich Köhler aus dem Jahr 2006.
Die Arbeit folgt dem, von Werner Faulstich für Produkt- bzw. Werksanalysen favorisiertem Vierschrittmodell. Dieses besteht aus der Handlungsanalyse, Figurenanalyse, Analyse der Bauformen und der Analyse der vermittelten Normen und Werte. Abschließend ziehe ich aus den gewonnen Erkenntnissen ein Fazit. Nach einem eingehenden Vergleich habe ich mich für die oben angesprochene Analysemethode von Werner Faulstich entschieden. Diese Methode ist meiner Meinung nach die geradlinigste, kompakteste und in ihren Einzelteilen diejenige, die am meisten auf den Film als einheitliches Kunstwerk abzielt. Die einzelnen Analyseschritte bilden die vier Hauptkapitel, die sich dann in weiter gegliederte Kapitel unterteilen.
Die Erkenntnisse aus diesen Teilen der Arbeit werden im Fazit abschließend zueinander geführt. Als Arbeitsmethode wähle ich zum einen die quantitative Inhaltsanalyse und zum anderen die qualitative Inhaltsanalyse, hierbei beeinflussen sich die beiden Analysen positiv. Die erste Rezeption ist der Ansatzpunkt für den hermeneutischen Zirkel. Von hieraus lassen sich Fragen zu dem Film formulieren und es lassen sich die dokumentierten Eindrücke später verifizieren oder falsifizieren. Deshalb wähle ich als Ausgangspunkt auch die erste subjektive Rezeption, die dann durch ein ausführliches approximativ objektives Film- und Sequenzprotokoll quantitativ ratifiziert wird. Hierauf folgt dann die eigentliche Analyse des Films, deren Sinn es ist durch die Analyse der einzelnen Teile einen Schluss auf die eigentliche Message und damit auf den tieferen Sinn des Films zuzulassen. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Bibliographische BeschreibungII
ReferatII
DanksagungII
1.Ziele, Methoden und Aufbau der Arbeit6
1.1.Rezeption6
1.2.Hinweise zum Sequenzprotokoll7
1.3.Hinweise zum Filmprotokoll7
2.Handlungsanalyse8
2.1.Inhaltsangabe8
2.2.Der Plot9
2.3.Dramatisches Modell11
2.4.Erzählstruktur / Haupt- und Nebenhandlungen13
2.5.Erzählzeit und erzählte Zeit15
2.6.Narrationsökonomie16
2.7.Fazit der Handlungsanalyse16
3.Figurenanalyse18
3.1.Charaktere18
3.1.1.Protagonist18
3.1.2.Komplexe und eindimensionale Figuren20
3.1.3.Figurenkonstellationen23
3.2.Setting23
3.3.Fazit der Figurenanalyse25
4.Bauformenanalyse26
4.1.Einstellungsgrößen26
4.2.Kamera- und Objektbewegung27
4.3.Phaseneinteilung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jonas Hartung
Werkanalyse des Films 'Montag kommen die Fenster'
ISBN: 978-3-8366-2074-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Hochschule Mittweida (FH), Mittweida, Deutschland, Bachelorarbeit, 2008
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

II
,,Hartung, Jonas:
Werksanalyse des Films ,,Montag kommen die Fenster". -2008- 134 S.
Mittweida, Hochschule Mittweida (FH), Fachbereich Medien, Bachelorarbeit"
,,Referat
Die Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem fiktionalen Film ,,Montag kommen die
Fenster" von Ulrich Köhler. Ziel des Werks ist es, den tieferen Sinn des Films aufzuzei-
gen.
Mit Hilfe des angehängten Filmprotokolls werden im Laufe der Arbeit die Einzelteile
des Films herausgearbeitet und analysiert. Der werksimmanenten Analyse folgt eine
auf die Entstehungsgeschichte gerichtete Analyse, die das Werk unter stilrichtungsbe-
zogenen, soziologischen und biographischen Gesichtspunkten betrachtet.
Anhand der herausgearbeiteten Ergebnisse soll die eigentliche Intention, das
Thema und die Message des Films erkannt werden."
,,Danksagung
Ich bedanke mich herzlich bei meinen beiden Prüfern Professor Ludwig Hilmer und
Dominik Graf für die professionelle und motivierende Unterstützung, die sie mir haben
zukommen lassen. Mein besonderer Dank gilt Hans Hartung, Marleen Sander und Kat-
rin Kähler, die mich sowohl fachlich als auch moralisch stark unterstütz haben.

3
Inhaltsverzeichnis
Bibliographische Beschreibung
II
Referat
II
Danksagung
II
1. Ziele, Methoden und Aufbau der Arbeit
6
1.1. Rezeption
6
1.2. Hinweise
zum
Sequenzprotokoll
7
1.3. Hinweise
zum
Filmprotokoll
7
2. Handlungsanalyse 8
2.1. Inhaltsangabe 8
2.2. Der Plot
9
2.3. Dramatisches
Modell 11
2.4. Erzählstruktur / Haupt- und Nebenhandlungen
13
2.5. Erzählzeit
und
erzählte
Zeit
15
2.6. Narrationsökonomie
16
2.7. Fazit
der
Handlungsanalyse
16
3. Figurenanalyse
18
3.1. Charaktere
18
3.1.1. Protagonist
18
3.1.2. Komplexe und eindimensionale Figuren
20
3.1.3. Figurenkonstellationen
23
3.2. Setting
23
3.3. Fazit
der
Figurenanalyse
25
4. Bauformenanalyse
26
4.1. Einstellungsgrößen
26
4.2. Kamera-
und
Objektbewegung
27

4
4.3. Phaseneinteilung und Formalspannung
(Sequenzprotokoll)
28
4.4. Einstellungsart / Handlungs- und Wahrnehmungsachse
29
4.5. Offene
und
Geschlossene
Form
29
4.6. Dialog
und
Geräusche 30
4.6.1. Dialog
30
4.6.2. Kombination von Einstellungsgröße, Dialog
und
Soundebene 31
4.6.3. Handlungsfunktionale
Geräusche 32
4.7. Musik
33
4.8. Raumaufteilung
36
4.9. Körperlichkeit der Figuren im Raum
37
4.10.
Figurencharakterisierung durch Raum (Staging)
39
4.11.
Licht
und
Farbe
41
4.11.1. Ausleuchtung
und
Funktion
41
4.11.2. Farben, Farbsymbolik und Funktion
42
4.12.
Fazit
der
Bauformenanalyse
43
5. Analyse
der
Werte
und
Normen
45
5.1. Symbolik
45
5.2. Stilrichtungbezogene
Filminterpretation
46
5.2.1. Die
,,Berliner
Schule"
47
5.2.2. Übereinstimmungen und Abweichungen
zwischen Normen und Werten der ,,Berliner
Schule" und dem Film ,,Montag kommen die
Fenster"
48
5.3. Biographische
Filminterpretation
49
5.3.1. Thematische Parallelen zu dem Film
,,Bungalow"
49
5.3.2. Formale Parallelen zu dem Film ,,Bungalow"
50
5.3.3. Zusammenhänge der Konstellation der

5
Schauspieler in ,,Bungalow" und ,,Montag
kommen
die
Fenster"
5.4. Soziologische
Filminterpretation
51
5.5. Fazit der Analyse der Normen und Werte
52
6. Fazit
53
7. Bibliographie
54
8. Anhang
56
8.1. Inhaltverzeichnis
Anhang 57

6
1 Ziele, Methoden und Aufbau der Arbeit
Die folgende Filmanalyse widmet sich dem deutschen Spielfilm ,,Montag
kommen die Fenster" von Ulrich Köhler aus dem Jahr 2006.
Die Arbeit folgt dem, von Werner Faulstich für Produkt- bzw. Werksanaly-
sen favorisiertem Vierschrittmodell. Dieses besteht aus der Handlungsana-
lyse, Figurenanalyse, Analyse der Bauformen und der Analyse der vermit-
telten Normen und Werte.
1
Abschließend ziehe ich aus den gewonnen Er-
kenntnissen ein Fazit. Nach einem eingehenden Vergleich habe ich mich
für die oben angesprochene Analysemethode von Werner Faulstich ent-
schieden. Diese Methode ist meiner Meinung nach die geradlinigste, kom-
pakteste und in ihren Einzelteilen diejenige, die am meisten auf den Film
als einheitliches Kunstwerk abzielt. Die einzelnen Analyseschritte bilden die
vier Hauptkapitel, die sich dann in weiter gegliederte Kapitel unterteilen.
Die Erkenntnisse aus diesen Teilen der Arbeit werden im Fazit ab-
schließend zueinander geführt. Als Arbeitsmethode wähle ich zum einen
die quantitative
2
Inhaltsanalyse und zum anderen die qualitative Inhaltsana-
lyse, hierbei beeinflussen sich die beiden Analysen positiv.
3
Die erste Re-
zeption ist der Ansatzpunkt für den hermeneutischen Zirkel. Von hieraus
lassen sich Fragen zu dem Film formulieren und es lassen sich die doku-
mentierten Eindrücke später verifizieren oder falsifizieren. Deshalb wähle
ich als Ausgangspunkt auch die erste subjektive Rezeption, die dann durch
ein ausführliches approximativ objektives Film- und Sequenzprotokoll quan-
titativ ratifiziert wird. Hierauf folgt dann die eigentliche Analyse des Films,
deren Sinn es ist durch die Analyse der einzelnen Teile einen Schluss auf
die eigentliche Message und damit auf den tieferen Sinn des Films zuzu-
lassen.
1.1
Rezeption
Die erste Rezeption geschah mit der Intention den vorliegenden Film zu
analysieren. Die genaue Ausgangssituation und die beim ersten sehen auf-
geworfenen Fragen und Eindrücke werden in dem subjektiven Protokoll
festgehalten
4
. Des Weiteren wurde aus den Fragen und Eindrücken ein
1
Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München, 2002, S. 25ff
2
quantifizieren: in Mengenbegriffen, Zahlen o. Ä. beschreiben. Wermke, Matthias / Kunkel-
Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.) Duden, Das Fremdwörterbuch Bib-
liographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim, 2005, Bd. 5, 8. Aufl. S. 869
3
Natürlich beinhaltet eine quantitative Auswahl auch schon immer eine qualitative Interpre-
tation. Vgl. Faulstich, Werner Einführung in die Filmanalyse Narr Verlag; Tübingen, 1994, S.
137
4
Vgl. Kapitel 8.2 "Subjektives Protokoll"

7
Fragenkatalog erstellt. Aus diesem Fragenkatalog wurden die einzelnen
Analysepunkte zum Teil abgeleitet, ohne dass die Fragen in der Analyse
noch mal explizit erwähnt werden.
1.2
Hinweise zum Sequenzprotokoll
Im Sequenzprotokoll
5
ist der Film in 18 sinngebende Sequenzen
6
unterteilt,
die wiederum die einzelnen Szenen beinhalten. Es wird die Zeit der einzel-
nen Sequenzen und die gesamte Zeit des Films angegeben. Zudem wird
angegeben, ob es sich um eine Innen- oder Außenszene handelt, ob sie
tags oder nachts spielt und welche Figuren in der Szene auftreten.
Dieses Protokoll soll einen schnellen Überblick über das Filmprotokoll
geben und dieses mit der Sinneinteilung der Sequenzen ergänzen.
1.3
Hinweise zum Filmprotokoll
Das Filmprotokoll
7
ist die lineare Transkription des audiovisuellen Charak-
ters des Films und die Hauptbezugsquelle um die aufgestellten Thesen
anhand des Films zu belegen. Hierbei hat die Objektivität höchste Priorität.
Es hat sich als dienlich erwiesen
,
das Protokoll in sechs Spalten einzutei-
len, die die Einstellungsnummer, die Handlung, den Dialog, die Musik und
Geräusche, die Kameraführung und die Zeit in Sekunden beschreiben.
5
Vgl. Kapitel 8.3 ,, Sequenzprotokoll"
6
Diese Sinneinteilung ist approximativ und nicht rein objektiv. Vgl. Faulstich, Werner Grund-
kurs Filmanalyse Fink Verlag; München, 2002, S. 122 und S. 132
7
Vgl. Kapitel 8.4 "Filmprotokoll"

8
2 Handlungsanalyse
Die Handlungsanalyse beschäftigt sich mit dem Inhalt des Films. Es wird
die Hauptfrage: ,,Was geschieht in welcher Reinfolge im Film?" geklärt.
Hierbei wird die Handlungsanalyse in verschiedene Kapitel gegliedert.
2.1
Inhaltsangabe
In diesem Kapitel wird die Story nach der Definition von E.M. Foster
8
in
einer gerafften, nicht kausalen Verknüpfung des Geschehens wiedergege-
ben
9
. Da hier der Inhalt nur quantitativ erfasst wird, wird das Filmprotokoll
nicht zur Verifizierung hinzugezogen.
Nina ist mit ihrem Mann Frieder und ihrer Tochter Charlotte von Berlin
nach Kassel gezogen. Sie arbeitet in einem Krankenhaus, indem auch
Frieder gearbeitet hat, bis er sich zum Renovieren des neuen Hauses beur-
lauben ließ. Frieder holt mit Charlotte Nina ab und sie fahren gemeinsam
nach Hause. Da treffen sie auf den Nachbarn mit seinem Sohn, der eine
Embolie hat. Charlotte wird von den Eltern Frieders mit zu ihnen genom-
men. Nachdem Frieder ihr Vorwürfe macht, fährt sie los um Charlotte ab-
zuholen. Sie holt Charlotte aber nicht ab und fährt weiter zu ihrem Bruder in
das gemeinsame Ferienhaus der Eltern. Während der Fahrt erklärt sie
Frieder per Telefon, dass sie nicht wieder zurück zu ihm und Charlotte
kommt. Von da aus macht Nina sich auf den Weg zu einem Sporthotel, in
dem sie nach zwei kurzen Begegnungen mit dem ehemaligen Tennisstar
David intim wird. Dann geht sie wieder zurück zum Ferienhaus, wo sie ih-
ren Bruder, seine Freundin, Frieder und Charlotte wieder trifft. Nach einer
kurzen Aussprache fährt Frieder mit Charlotte nach Hause und schläft mit
seiner Exfreundin Maria, die gleichzeitig die Kindergärtnerin von Charlotte
ist. Einen Abend später sucht Frieder Maria in ihrem Haus auf und verbringt
die Nacht bei ihr. Charlotte ist inzwischen bei Frieders Eltern. Als er nach-
hause kommt, wartet Nina dort auf ihn. Nina und Frieder fahren gemeinsam
zu der Beerdigung vom Nachbarsjungen, der inzwischen verstorben ist. Sie
gehen jedoch nicht auf die Beerdigung, sondern ziehen sich in Frieders
Wagen zurück und fangen an sich zu lieben.
8
Vgl. Foster, E.M. Aspects of the Novel Penguin; London, 1971
9
Vgl. Faulstich, Werner Einführung in die Filmanalyse Narr Verlag; Tübingen, 1994, S. 139

9
2.2
Plot
Bei der Erfassung des Plots nach der Definition von E.M. Foster
10
wird das
Geschehen kausal verknüpft. Anders als bei der Inhaltsangabe werden hier
die Gründe für die jeweilige Handlung angegeben. Es kommt sowohl die
quantitative, wie auch die qualifizierte Inhaltsanalyse zur Anwendung. Zur
Ratifizierung der qualitativen Inhaltsanalyse wird in den Fußnoten auf die
entsprechenden Stellen im Filmprotokoll hingewiesen.
11
In der Eingangssequenz wird deutlich, dass Nina die Verquickung von
Arbeit und Familie nicht möchte.
12
Auch Zuhause werden Frieder und Nina
durch den Nachbarn Herrn Zander und seinem Sohn Niko von ihrer Arbeit
eingeholt.
13
Zudem wird schon in dieser Sequenz klar, dass Frieders
Hauptaugenmerk auf der Renovierung des Hauses liegt
14
, wofür er sich
extra eine Auszeit von der Arbeit genommen hat. In der nächtlichen Bett-
szene wird deutlich, dass Frieder und Nina Zuneigung zu einander verspü-
ren.
15
Die nächste Szene beschreibt die enge Beziehung zwischen Nina und
ihrem Bruder Christoph, der in der Nacht mit Liebesproblemen in das Haus
von Nina und Frieder kommt. Nina konfrontiert ihn nicht mit Vorwürfen son-
dern muntert ihn auf.
16
Während der folgenden Szenen der Exposition wird verdeutlicht, dass
Frieder und Nina zwar eine respektvolle, aber distanzierte Beziehung füh-
ren.
17
Frieders Hauptaugenmerk gilt weiterhin der Hausrenovierung
18
alle
anderen Themen handelt er in ein bis zwei Sätzen ab
19
. Nina hingegen
fühlt sich unwohl.
20
Zu Charlotte führt sie eine führsorgliche mütterliche
Beziehung
21
, ist jedoch unfähig für das Kind Empathie
22
zu empfinden.
Auch fehlt ihr die Identifikation mit ihrer Tochter.
23
Frieders Eltern kommen
um die Baustelle zu besichtigen und Nina gibt ihnen Charlotte mit. Als Frie-
10
Vgl. Foster, E.M. Aspects of the Novel Penguin; London, 1971
11
Wenn Bezug auf das Filmprotokoll genommen wird, werden die Einstellungsnr., die S.
und die ersten drei Wörter der zu zitierenden Stelle angegeben. Wenn auf die gesamte
Einstellung Bezug genommen wird, wird nur die Einstellungsnr. und die S. genannt.
12
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 7a, S. 3 ,,Nina: Du kannst doch..."
13
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 8, S. 4 ,,Frieder: Dem hab ich..."
14
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 8, S. 4 ,, Frieder: Ich hab jetzt..."
15
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 10, S. 5f
16
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 11, S. 6f
17
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 21, S. 15 ,,Frieder: Hey super." und Einstellungsnr. 18, S. 12
,,Frieder: Hm hm. Wird..."
18
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 8, S. 4 ,,Frieder: Ich hab jetzt..."
19
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 8, S. 4 ,, Wie war die..." und Einstellungsnr. 21, S. 16 ,,Frie-
der: Jetzt? ..."
20
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 20, S. 14 ,,Nina sitzt auf..."
21
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 13, S. 7 ,,Nina: Es gibt doch..."
22
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 16, S. 10f ,,Bis Nina auffährt..."
23
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 34, S. 25 ,,Nina: Letzte Woche hab..."

10
der wieder nach Hause kommt, macht er Nina Vorwürfe, dass sie das Kind
einfach so fort gegeben hat um es los zu werden.
24
Daraufhin fährt Nina
abends los, um Charlotte abzuholen.
Die anfängliche Unzufriedenheit von Nina findet darin ihre Verschär-
fung, dass sie sich bewusst entscheidet, Charlotte nicht abzuholen und
weiter auf einen Autobahnrastplatz fährt, um in einem kurzen vorwurfsvol-
len Telefongespräch Frieder zu erklären, dass sie nicht wiederkommt. Nina
sucht Trost und Schutz
25
bei ihrem Bruder in der Ferienhütte der Eltern.
Hier wird sie jedoch überraschend mit Natalie, der Freundin von Christoph,
konfrontiert. Durch die Gespräche mit den Beiden und der Art wie sie ihre
Beziehung führen
26
, wird Nina klar, dass sie, will sie eine Veränderung in
ihrer Beziehung mit Frieder, noch weiter gehen muss, da sich sonst wieder
alles beim Alten einpendelt.
27
Durch die Aufforderung von Christoph, Frie-
der solle hoch in die Hütte kommen, ist Nina unter Druck gesetzt. Sie flüch-
tet weiter in den Wald hinein und verpasst nur knapp den ankommenden
Frieder.
28
Ihre Flucht führt sie zu einem abgelegenen Sporthotel, welches
sie interessiert betritt. Hier bietet sich Nina ein Bild von einer hedonisti-
schen Gesellschaft, die auf oberflächlichen Spaß aus ist.
29
Die Zuspitzung von Ninas Ehekonflikt findet in der Begegnung mit dem
Ex-Tennisstar David statt, der in dem Sporthotel zur Unterhaltung der Gäs-
te Tennis spielt. David ist resigniert von den ständigen Ortswechseln und
der Oberflächlichkeit des Publikums.
30
Nach den ersten zwei Begegnungen
mit David genießt Nina ihre neu gewonnene Freiheit.
31
Bis David sie in ih-
rem Hotelzimmer überrascht und sie ihm ihren gesamten Konflikt schil-
dert.
32
In dieser persönlichen und intimen Situation wird Nina klar, dass sie
das Treffen mit David mit dem Verlassen ihrer Familie bezahlt hat.
33
Beide
liebkosen sich bis Nina diese Zärtlichkeiten von sich aus unterbricht. Der
Schluss dieser Sequenz bleibt in einer Ellipse unerzählt.
Nina hat das Hotel verlassen und trifft im Wald auf Christoph, Natalie,
Frieder und Charlotte, die gerade auf dem Weg zur Polizei sind, weil sie
sich große Sorgen um Nina gemacht haben.
34
Nina bezieht zu den Vorwür-
fen und Fragen keine Stellung. Im ersten Gespräch mit Frieder nach dem
24
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 20, S. 14f ,,Frieder: Du hast endlich..."
25
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 32, S. 23 ,,Nina: Ich will mir..."
26
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 34, S. 24 ,,Nina: Und was ist..."
27
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 32, S. 23 ,,Nina: Alle beruhigen sich..."
28
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 39, S. 29
29
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 48, S. 32f
30
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 53, S. 35 ,,David macht mit..."
31
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 60, S. 38f und Einstellungsnr. 61, S. 39
32
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 63, S. 41 ,,Nina: I told you..."
33
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 63, S. 41 ,,Nina: I had paid..."
34
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 67, S. 43 ,,Christoph: Wo warst denn..."

11
Verlassen der Familie, ist es Nina wichtig
,
Frieder solange zu provozieren
35
bis dieser eine klare Reaktion zeigt und alleine mit Charlotte nach Hause
fährt.
Einen weiteren Rückschlag erlebt Frieder zuhause, da die Fensterbau-
er ihm nicht die gewünschten Fenster liefern. Hier ist seine einzige Reakti-
on, dass er weggeht, wobei besonders zu beachten ist, dass seine Haupt-
motivation von Begin an die Renovierung des Hauses war. Später im Film
verbalisiert er gegenüber seinem Vater seine Ansichten. Er möchte keine
Rache, sondern sein Recht.
36
Dies lässt sich auch auf die Beziehung, die er mit seiner Exfreundin
Maria eingeht übertragen. In der Beziehung sucht er Liebe, Halt und Nor-
malität.
37
Auch im Bezug auf seine Tochter Charlotte, deren liebevolle und
führsorgliche Kindergärtnerin Maria ist.
Wenn man der These folgt, dass Herr Zander und Niko für die berufli-
chen Aspekte in Frieders Leben stehen, so bekommt Frieder durch die Mit-
teilung des Todes von Niko, einen weiteren Rückschlag, diesmal in seiner
Berufung als Arzt.
Das Ende beginnt damit, dass Nina wieder in dem gemeinsamen Haus
auftaucht. Diesmal ist es Frieder, der versucht, eine Reaktion von Nina zu
bekommen, indem er sie mit Maria konfrontiert.
38
Da eine Reaktion aus-
bleibt, zieht er sich resigniert zurück und hält weiterhin Kontakt zu Maria.
Nina, die Anfangs klar zwischen Familie und Beruf trennen wollte, las-
sen die Gedanken an Frieder und Charlotte, selbst auf der Arbeit nicht
mehr los, so dass es in der vorletzten Szene zu einer zaghaften Annährung
zwischen Frieder und Nina kommt.
39
In der letzten Szene ergreift Frieder
die Initiative und entscheidet sich gegen die Konvention, mit Nina auf die
Beerdigung zu gehen
40
sondern sich lieber mit ihr zu versöhnen. Die Ver-
söhnung endet damit, dass sich beide ihrer wiedererwachten Begierde auf
den Anderen klar werden.
2.3
Dramatisches Modell
Das 5-Akt-Modell lässt sich in den Grundzügen auf das von Aristoteles
entwickelte klassische Drama
41
beziehen. In diesem Kapitel wird das Mo-
35
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 70, S. 46 ,,Nina dreht sich..."
36
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 82, S. 56 ,,Frieder: Ich will nicht..."
37
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 76, S. 51
38
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 86, S. 59 ,,Frieder: Ich war bei..." und vg. Kapitel 2.3 ,,Dra-
matisches Modell"
39
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 92, S. 61 ,,Nina (zu Frieder): Hey, der Anzug..."
40
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 94, S. 62 ,,Frieder setzt wieder..."
41
Aristoteles / Fuhrmann, Manfred (Übertr. und hrsg.) Poetik Reclam Verlag; Stuttgart, 1982

12
dell mit seinen einzelnen Akten auf den zu analysierenden Film angewandt.
Dabei wird sowohl die Bedeutung der Akte aufgezeigt, wie auch die Um-
setzung der Akte im Film.
Die Exposition, der erste Akt, dient dazu, die handelnden Figuren, das
Sujet und die möglichen Konflikte vorzustellen und in die Handlung einzu-
führen.
42
Im Falle von ,,Montag kommen die Fenster" geschieht dies, indem
das Alltagsleben der Familie gezeigt wird. Hierbei wird klar unter welchen
Umständen sie leben, soziale und berufliche Aspekte werden vorgestellt
und die Motivationen der Hauptfiguren werden skizziert. Es wird angedeu-
tet, dass Nina mit ihrem aktuellen Leben unglücklich ist
43
und dass Frieder
zu beseelt von seiner Motivation, das Haus zu renovieren, ist, um auf Nina
einzugehen
44
. Dies ist der Hauptkonflikt des Films.
Im zweiten Akt, der Komplikation, verschärft sich der Konflikt, die Hand-
lung wird komplexer und zielgerichteter.
45
Als Einleitung des zweiten Aktes
kann die Katastase bzw. der erste Plot point
46
dienen. Bei dem vorliegen-
den Werk fängt der zweite Akt mit der eindeutigen Wendung der Handlung,
also mit der Katastase bzw. dem ersten Plot point, an. In dem Moment, als
sich Nina dagegen entscheidet, Charlotte von den Eltern abzuholen, und
Frieder mitteilt, dass sie nicht zurück zur Familie kommt, beginnt der zweite
Akt. Für die Hauptfiguren ändert sich die Situation vollständig, der Konflikt
rückt ins Zentrum der Handlung.
47
Der dritte Akt, die Peripetie, kennzeichnet die Krise und den Um-
schwung, die auf den fünften Akt hinweisen. Hierbei erreicht die Handlung
ihren Höhepunkt.
48
Der Höhepunkt der Handlung ist nicht mit dem Höhe-
punkt des Spannungsbogens zu verwechseln, der im Normalfall kurz vor
Ende des jeweiligen Werkes erreicht wird. Wenn Nina sich entscheidet aus
der elterlichen Ferienhütte zu flüchten und für ihre Familie unauffindbar zu
werden, beginnt der dritte Akt. Hier versperrt sie sich den letzten Ausweg
42
Vgl. Wermke, Matthias / Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.)
Duden, Das Fremdwörterbuch Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim
2005, Bd. 5, 8. Aufl. und Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München,
2002, S. 81f
43
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 20, S. 14 ,,Nina sitzt auf..."
44
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 8, S. 4 ,,Frieder: Ich hab jetzt..."
45
Vgl. Wermke, Matthias / Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.)
Duden, Das Fremdwörterbuch Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim,
2005, Bd. 5, 8. Aufl. und Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München,
2002, S. 81f
46
Definition nach Syd Field
47
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 25, S. 18 ,,Nina: Ich komme nicht..."
48
Vgl. Wermke, Matthias / Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.)
Duden, Das Fremdwörterbuch Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim,
2005, Bd. 5, 8. Aufl. und Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München,
2002, S. 81f

13
aus dem Konflikt. Der Höhepunkt der Handlung, der Klimax, gleichzeitig
auch das Ende des dritten Aktes, findet in der Szene statt in der es zwi-
schen Nina und Frieder zu einer offenen Konfrontation kommt.
49
Es ist
gleichzeitig die erste reale Interaktion zwischen Frieder und Nina seit ihrer
Trennung und auch die erneute definitive Abkehr der Beiden voneinander.
Somit beinhaltet die Szene eine doppelte Wendung, die eine explizite Wir-
kung auf die gesamte kommende Handlung hat.
Der vierte Akt, die Retardation oder retardierenders Moment, verzögert
den Schluss und baut somit zusätzliche Spannung auf.
50
In diesem Fall
beginnt der vierte Akt mit einer Verzögerung der Handlung. Im Folgenden
wird jedoch auf ein Ende hingearbeitet, welches in der Katastrophe und
nicht in der Bewältigung des Konfliktes für die Protagonistin Nina mündet.
51
Der fünfte Akt, die Auflösung, wird auch Dénoument oder Lysis ge-
nannt. Hierbei kann es in der klassischen Form zum einem Happy End, in
dem sich alle Konflikte auflösen, oder zu der Katastrophe, der Wendung
zum Schlimmen hin, kommen.
52
Wie oben erwähnt deutet im vierten Akt
vieles daraufhin, dass Frieder in seiner neuen Beziehung glücklich wird.
Dies würde die Katastrophe für Nina bedeuten. Umso überraschender ist
die Wendung zum Happy End in den letzten beiden Szenen des Films, die
der fünfte Akt sind. Frieder und Nina finden wieder zueinander und damit
löst sich der Konflikt.
53
Fasst man die Erläuterung des Plots zusammen und interpretiert man
diese, so kommt der Autor zu dem Schluss, dass die klassische und dra-
matische Form, die mit dem fünf Akt Model gewählt wurde, die Funktion
hat, den Rezipienten gezielt auf den Hauptkonflikt des Films aufmerksam
zu machen und ihn nicht davon abzulenken.
2.4
Erzählstruktur / Haupt- und Nebenhandlung
Bis auf drei Ausnahmen
54
wird die Haupthandlung, der Konflikt zwischen
Nina und Frieder, chronologisch erzählt und mindestens einer der beiden
49
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 70, S. 46 ,,Nina dreht sich..."
50
Vgl. Wermke, Matthias / Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.)
Duden, Das Fremdwörterbuch Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim,
2005, Bd. 5, 8. Aufl. und Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München,
2002, S. 81f
51
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 86, S. 59 ,,Frieder: Ich war bei..."
52
Vgl. Wermke, Matthias / Kunkel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.)
Duden, Das Fremdwörterbuch Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim,
2005, Bd. 5, 8. Aufl. und Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München,
2002, S. 81f
53
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 95, S. 63ff
54
Vgl. gleiches Kapitel

14
Protagonisten
55
ist in jeder der Szenen anwesend. Der Film verzichtet auf
jede Art von nonlinearem Erzählen.
Die drei erscheinenden Nebenhandlungen werden nur an den Stellen
aufgegriffen, an denen sie Relevanz für die Haupthandlung besitzen. Die
Relevanz für die Haupthandlung kann in dem emotionalen Umschwung von
Nina oder in den Auswirkungen konkreter Ereignisse liegen, auf die Frieder
und Nina reagieren müssen.
Die erste auftretende Nebenhandlung ist die Geschichte des Nachbars-
jungen Niko und seines Vaters. Als Ausgangpunkt erfährt der Rezipient,
dass der Junge an einer Embolie erkrankt ist. Die Geschichte wird erst
wieder am Ende des Films aufgegriffen, wenn Frieder die Nachricht vom
Tod von Niko erhält. Das daraus resultierende Ereignis, die Beerdigung von
Niko, hat hinreichende Konsequenzen für Frieder und Nina. Es ist zu be-
merken, dass keine Handlung der Geschichte gezeigt wird, sondern nur
eine Beschreibung der Handlung durch den Vater erfolgt. Nach eigener
Interpretation zeigt diese Entscheidung zum Einen auf, dass die Geschich-
te nur marginale Bedeutung für die Haupthandlung hat und zum Anderen
die verwendete Narrationsökonmoie.
Die zweite Nebenhandlung, der Beziehungskonflikt zwischen Christoph
und Natalie, setzt in der Krise ein. Bei dieser Geschichte kommt es zu einer
Mischung aus der Beschreibung der Handlung durch Christoph und sicht-
barer Handlung. Die Folgen dieser Beziehungsgeschichte beeinflussen
Nina in ihrer Entscheidung Frieder zu verlassen. Auch diese Geschichte
wird elliptisch gezeigt.
Bei der dritten Nebenhandlung handelt es sich um eine Beschreibung
der momentanen Lebenslage von David. Dies wird zum Einen im Gespräch
zwischen ihm und seinem Manager und zum Anderen in der Fremdcharak-
terisierung von seinem Manager, einer Kellnerin gegenüber, erzählt. Des
Weiteren wird gezeigt wie David seinen Lebensunterhalt durch fingierte
Tennisspiele verdient. Hier wird die Charakterisierung von David dafür be-
nutzt, um ihn als künftigen Liebhaber von Nina von Frieder abzugrenzen.
Frieders und Davids Lebensentwürfe sind komplett gegensätzlich
56
.
Die Tennisszene ist gleichzeitig eine der drei oben erwähnten Aus-
nahmen, in der keiner der beiden Hauptfiguren anwesend ist. Die erste
Ausnahme ist die Einstellung auf das Hotel und die Dritte ist die Szene in
der Maria und Charlotte im Tierheim sind.
Wenn man nun die drei Nebenhandlungen im Kontext des gesamten
Films sieht, so ergibt sich eine Struktur. Die erste Nebenhandlung des
55
Vgl. Kapitel 3.1 ,,Charaktere"
56
Vgl. Kapitel 3.1.2 ,,Komplexe und eindimensionale Figuren"

15
kranken Nachbarsjungen am Anfang und am Ende des Films, bildet einen
Rahmen. Hier wird der Anfang und das Ende der Geschichte erzählt. Die
zweite Nebenhandlung, der Konflikt zwischen Christoph und Natalie setzt
später im Film ein und endet früher als die erste Nebenhandlung. Auch
inhaltlich setzt die Geschichte nicht am Anfang ein, es gibt eine Backstory,
die nicht zu Ende erzählt wird. Es gibt jedoch eine Entwicklung. Dem Mit-
telpunkt am nächsten steht die dritte Nebenhandlung von David. Es ist die
Momentaufnahme von Davids Leben, die auch im Film nur für einen Mo-
ment aufgegriffen wird und sich nicht entwickelt.
2.5
Erzählzeit und erzählte Zeit
Nach Werner Faulstich gibt es in den meisten Filmen eine hohe Differenz
zwischen der Sukzession
57
des Geschehens, der erzählten Zeit, und der
Sukzession der Beschreibung, der Erzählzeit
58
. Dies ist auch bei diesem
Film der Fall. Die Erzählzeit liegt bei ca. 88 Minuten. Die erzählte Zeit hin-
gegen liegt bei mindestens 6 Tagen. Die genaue erzählte Zeit lässt sich
nicht eindeutig erfassen, da einige Szenen, zwar chronologisch plausibel,
jedoch nicht tagesabhängig einzuordnen sind.
Wenn zwischen den Szenen stark elliptisch erzählt wird, so wird bei
den einzelnen Szenen die Erzählzeit der erzählten Zeit angepasst. Dies
geschieht bei fast jeder Szene bis auf wenige Ausnahmen. So geht in den
einzelnen Szenen die Differenz zwischen sichtbarer erzählter Zeit und Er-
zählzeit gegen Null. Unterstützend kommt hinzu, dass es keine Arten von
Zeitraffungen oder -dehnungen gibt. Somit werden die Szenen als real er-
lebte Zeit wiedergegeben.
Dieses Rezeptionserlebnis, verknüpft mit der daraus resultierenden
Körperlichkeit der Figuren
59
ergibt eine wahrhaftige Realität von größter
Wirkung. Trotzdem unterliegt der erzählten Zeit des gesamten Films, durch
die eingefügten Ellipsen, kein Zwang sich den 88 Minuten Erzählzeit anzu-
passen. Es handelt sich somit um die völlige Ausschöpfung von möglicher
Realität und zeitlicher Freiheit.
57
Sukzession ist hier als Nach- bzw. Abfolge definiert. Vgl. hierzu Wermke, Matthias / Kun-
kel-Razum, Kathrin / Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.) Duden, Das Fremdwörterbuch,
Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG; Mannheim , 2005, Bd. 5, 8. Aufl. S. 1004
58
Vgl. Faulstich, Werner Einführung in die Filmanalyse Narr Verlag; Tübingen, 1994, S. 135
59
Vgl. Kapitel 4.8.2 ,,Körperlichkeit der Figuren im Raum"

16
2.6
Narrationsökonomie
Oliver Baumgarten beschreibt die Narrationsökonomie als die Effizienz mit
der eine Geschichte erzählt wird
60
. Die Verdichtung und Reduktion von nar-
rativen Elementen findet auch bei Köhlers Film ,,Montag kommen die Fens-
ter" wie schon in seinem vorherigen Film ,,Bungalow" eine intensive An-
wendung.
Als eine Form von Reduktion bei der Handlung kann das Verhältnis
zwischen Haupt- und Nebenhandlungen gesehen werden. Wie oben schon
erwähnt, werden die Nebenhandlungen nur zur Weitererzählung der
Haupthandlung benutzt. Ebenso wie diese nur im Rahmen der Haupthand-
lung beschrieben werden.
Eine weitere entscheidende Anwendung findet die Narrationsökonomie
in der Erzählweise der eigentlichen Haupthandlung. Die Backstory wird nur
marginal zur Unterstützung der aktuellen Handlung thematisiert und eine
Aussicht auf die Zukunft von Frieder und Nina wird nicht gegeben. Die
Handlung des Films ist geschlossen dargestellt, der Kontext durch den sie
hervorgerufen und die Relevanz für die Zukunft bleiben jedoch verschlos-
sen. Somit findet eine Reduktion auf den Zeitraum des Konfliktes zwischen
Nina und Frieder statt.
Auf der visuellen Erzählebene wird durch pointierte Einstellungen die
Stilistik der Narrationsökonomie fortgeführt. Wenn Nina zum Beispiel aus
ihrem Auto steigt, um Charlotte abzuholen, sie wortlos Charlotte durch das
Wohnzimmerfenster betrachtet und dann wieder in ihren Wagen steigt, wird
durch die rein visuelle Gestaltung die Wendung des Films deutlich. Auch
die Auflösung des Konflikts zwischen Frieder und Nina am Schluss des
Films wird nur durch visuelle Elemente aufgelöst.
Aus diesen Einzelelementen ergibt sich eine Haltung des Films, der
zum Einen alles ausklammert, was nicht zum eigentlichen Kern des Films
gehört und zum Anderen eine Visualisierung der Handlung die unter ande-
rem schon Hitchcock oder Truffaut forderten. Somit ergibt sich durch die
Narrationsökonomie ein handlungsorientierter und visuell dichter Film, der
dem Anspruch des Kinos gerecht wird.
2.7
Fazit der Handlungsanalyse
Auf der Handlungsebene, behandelt der Film das Einzelschicksal von Nina
und Frieder in einem zeitlich und thematisch klar eingeordneten Rahmen.
Die klassische 5-Akt-Dramaturgie, die geschlossene Form und die Anor-
60
Vgl. Baumgarten, Oliver Geiz ist fad (Kritik zu Ulrich Köhlers Film Bungalow) In: ,,Schnitt
Nr. 29", Schnitt der Filmverlag; Köln, 2003

17
tung der Nebenhandlungen unterstützen hierbei die Haupthandlung und
gibt dem Film eine klare Struktur. Durch die Reduktion auf das Wesentliche
der Handlung wird ein schneller zielgerichteter Rhythmus geschaffen und
die Chronologie des Erzähltem, die Deckung von Erzählzeit und erzählter
Zeit in den einzelnen Szenen und die Narrationsökonomie wird eine realis-
tische Wirklichkeit konstruiert.
Mit der Berücksichtigung der einzelnen Elemente der Handlungsanaly-
se kann zusammenfassend Interpretiert werden, dass der Film das Haupt-
anliegen hat, die Grundidee des Hinundhergerissenseins
61
einer Figur mit
allen Mitteln der dramatischen Form zu erzählen. Hierbei wird bewusst auf
alle Elemente der Zerstreuung und Ablenkung verzichtet. Als zweites An-
liegen, welches nicht mit dem ersten kollidiert, kann der Anspruch an das
Schaffen einer realistischen Wirklichkeit gelten.
Somit vermittelt der Film ,,Montag kommen die Fenster" eine fiktionale
und strukturierte Wirklichkeit.
61
Vgl. Kapitel 2.2 ,,Plot"

18
3 Figurenanalyse
Die Figurenanalyse befasst sich mit den handelnden Figuren. Hierbei stel-
len sich die Hauptfragen: ,,Wer handelt wie im Film?" und ,,In welchem Um-
feld handeln die Figuren?". Da sich der Film auf ca. 88 Minuten beschränkt
ist die Anzahl der Figuren begrenzt. Genauso wie das Verhältnis zwischen
Haupt- und Nebenfiguren.
Eine besondere Anforderung, die an das audiovisuelle Medium Film
gestellt wird, ist, dass die inneren Prozesse einer Figur auf eine Weise
nach Außen getragen werden müssen.
3.1
Charaktere
Bei den Figuren wird zwischen Haupt- und Nebenfiguren unterschieden,
wobei den Protagonisten die bedeutendsten Rollen zufallen. In diesem Fall
sind die beiden Protagonisten Nina und Frieder. Nina spielt in 55 Szenen
(ca. 72%), mit einer Gesamtlänge von ca. 76 Minuten und Frieder spielt in
30 Szenen (ca. 40%), mit einer Gesamtlänge von ca. 44 Minuten mit. Hier-
bei ist zu beachten, dass sich die Szenen nicht kontinuierlich über den Film
verteilen, sondern, dass es zu Stellen kommt, bei denen einer der Beiden
im Vordergrund steht. Ein weiteres Indiz für den oder die Protagonisten ist,
dass sie eine Entwicklung durchmachen. Dies ist bei dem vorliegenden
Werk der Fall und wird unter andrem im folgenden Kapitel beschrieben.
3.1.1
Protagonisten
Als Protagonisten gelten, wie oben beschrieben, die Figuren Nina und Frie-
der. Nina, eine Ärztin um die Vierzig, ist mit Frieder leiert. Sie ist eine ruhi-
ge aber impulsive Person. Dies wird durch ihr Handeln und ihre Gestik
deutlich, also durch die Eigencharakterisierung
62
. Die Fremdcharakterisie-
rung, als die Reaktion von anderen Figuren auf Nina, zeichnet sie als loyale
und vertrauensvolle Person aus. Frieder reagiert zum Beispiel auf ihren
Ausbruch aus den familiären Verhältnissen verständnislos, da er solche
Handlungen nicht von ihr erwatet hätte
63
. In dem Ausbruch aus der Familie
wird auch ihre Komplexität beschrieben. Einerseits ist sie die führsorgliche
Mutter und loyales Familienmitglied, andererseits fühlt sie sich eingeengt
62
Nach Werner Faulstich gibt es drei Arten von Charakterisierungen im Film, die sich auf
Haupt- und Nebenfiguren beziehen lassen. Die Selbst- oder Eigencharakterisierung, die
Fremdcharakterisierung und die Erzählercharakterisierung. Vgl. Faulstich, Werner Grund-
kurs Filmanalyse Fink Verlag; München, 2002, S. 97ff
63
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 25, S. 17f

19
und ist gelangweilt von ihrem Leben. Diese Einengung wird auch durch die
Einstellungen, in diesem Fall die Erzählercharakterisierung, die oft Nina
eingerahmt von Mauern oder anderen Gegenständen zeigen, erzählt
64
. Ihr
innerer Konflikt handelt von dem Hinundhergerissensein zwischen Gebun-
denheit und Freiheit. Erst bricht sie aus, sucht das Fremde und die Freiheit,
als sie diese findet, wird ihr die Bedeutung ihrer Familie klar und sie kommt
zu ihr und deren bürgerlichen Konventionen zurück.
Frieder, vom Beruf auch Arzt und um die Vierzig, ist ebenfalls wie Nina
in seinen Charakterzügen ruhig. Er sucht bewusst das bürgerliche Leben
und damit die Normalität. In seinen Handlungen ist er eher passiver und
reagiert auf äußere Einflüsse, anstatt sie zu verursachen. Als Beispiel hier-
für sind die Situation bei der endgültigen Trennung zwischen Nina und
Frieder zu nennen
65
oder die Szenen, die den Inhalt der nicht gelieferten
Fenster haben
66
. In der Fremdcharakterisierung wird er als gutmütige und
hilfsbedürftige Figur beschrieben
67
. Trotz dieser anfänglichen Passivität von
Frieder gehört er zu dem Protagonistenpärchen, da er eine Entwicklung zu
einer selbstbestimmten Person macht, die vom ständigen Reagieren zum
Agieren, geht. Die zweite Entwicklung, die die erste bedingt, ist die Verän-
derung hin zu einem Aufbegehren gegenüber den bürgerlichen Konventio-
nen. Als Beispiel hierfür dient die Szene in der er Charlotte nicht in den
Hort bringen will, oder die Schlussszene, in der er sich gegen die Konventi-
on stellt, auf die Beerdigung zu gehen.
Die Gewichtung der beiden Protagonisten liegt im ersten Drittel des
Films auf beiden: Frieder und Nina werden im gleichen Verhältnis charakte-
risiert. Im zweiten Drittel dominiert Nina klar und im dritten Drittel ist Frieder
derjenige, dem die Aufmerksamkeit der Figurencharakterisierung gehört.
An dieser Stelle macht er auch seine oben beschriebene Entwicklung
durch.
Wie schon unter Kapitel 2.6. ,,Narrationsökonomie" der Handlungsana-
lyse aufgegriffen, wird eine Charakterisierung der Protagonisten durch die
Backstory nur marginal behandelt. Als einzige Figurenzüge wird bei Nina
beschrieben, dass sie früher mal gekifft hat, wie sie die Zeit als Kind in der
gemeinsamen Ferienhütte erlebt hat und dass
sie aus Berlin nach Kassel
gezogen ist. Bei Frieder wird verdeutlicht, dass er sich eine Auszeit vom
Beruf genommen hat
,
um das Haus zu renovieren und dass er sich von
seiner Exfreundin getrennt hat. Auch wird keine Aussicht auf die Entwick-
lung oder die Beziehung der beiden Figuren in der Zukunft gegeben. Somit
64
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 20, S. 14 und Kapitel 4.8.1 ,,Raumaufteilung"
65
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 70, S. 46f
66
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 72, S. 46f und Filmprotokoll; Einstellungsnr. 82, S.55ff
67
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 34, S. 24f

20
wird eine Charakterisierung der beiden Hauptfiguren nur auf die Zeit der
Filmhandlung beschrieben.
3.1.2
Komplexe und Eindimensionale Figuren
Eindimensionale Figuren sind Nebenfiguren, die oft typisiert sind. Hierbei
werden die Charaktere nach der Erwartungshaltung der Rezipienten für
einen bestimmten Typus beschrieben, und sie haben nur eine sekundäre
Bedeutung für die Filmmessage. Es gibt keine Widersprüchlichkeiten in
ihren Charakterzügen und sie sind nur in ihren Grundzügen skizziert. Auch
machen sie keine Entwicklung durch. Als komplexe Figuren werden Cha-
raktere beschrieben, die einerseits von einer gewissen Widersprüchlichkeit
ihres Charakters geprägt sind und mit vielen Charakterzügen beschrieben
sind, andererseits im Film eine gewisse Entwicklung durchmachen, die für
die Haupthandlung bzw. für den ­konflikt nicht in erster Linie bestimmend
ist.
Als einzige komplexe Figur kann Christoph, der endzwanzigjährige
Bruder von Nina, angesehen werden, da er in seinen Handlungen eine ge-
wisse Widersprüchlichkeit zeigt. Einerseits möchte er nicht von seiner
Freundin Natalie eingeengt und kontrolliert werden, anderseits hat er kein
Verständnis dafür, wenn Nina, ohne sich abzumelden, für eine Nacht weg-
bleibt. Er ist, genauso wie Nina, vom Gebunden-sein-wollen und dem
Drang nach Freiheit hin- und hergerissen. Dies wird auch durch die Fremd-
charakterisierung von Natalie deutlich, vgl. hierzu Einstellung Nummer 36,
in der Natalie mit Nina das Gespräch über Christoph führt. Als Bruder von
Nina hat er eine enge, liebevolle Bindung zu ihr. So kommt er mit seinen
Beziehungsproblemen zu ihr
68
. Nina empfindet ihn als ungebundenen und
revolutionären Menschen, der ihr Ideal von Freiheit lebt. Als Nina jedoch zu
ihm in die Ferienhütte flieht, wird dieser Eindruck durch die Festgefahren-
heit der Beziehung zwischen Christoph und Natalie jedoch nicht bestätigt.
Die Figur Christoph kann als Auslöser für Ninas Flucht aus der Familie an-
gesehen werden, da sie ihr die Möglichkeiten eines selbstbestimmten Le-
bens aufzeigt. Die zweite Funktion, die die Figur Christoph bezogen auf
Nina hat, ist die, Ninas inneren Konflikt nach Außen hin sichtbar zu ma-
chen. Dies geschieht hauptsächlich in den Szenen, die in der gemeinsa-
men Ferienhütte spielen. Frieder, der für die bürgerlichen Konventionen
steht, verachtet Christoph hauptsächlich wegen seiner Charakterzüge des
Libertins. So wirft er ihm vor, seine sexuellen Ausschweifungen durch
68
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 11, S. 6f

21
Charme zu kaschieren und einen ungeordneten Tagesablauf zu haben
69
.
Im Rahmen der Figurenfunktion im konventionellen Drama hat die Figur
Christoph somit drei unterschiedliche Funktionen: zum Einen der Mentor,
der Nina zu ihrer Flucht drängt, zum Zweiten als so genannter Sidekick, der
Ninas Gefühle und ihr Verhalten sichtbar und nachvollziehbar macht und
zum Dritten im ersten Drittel des Films für Frieder als Antagonist, durch den
Nina von ihrer Familie flüchtet und bei dem sie Schutz sucht. Auch bei
Christoph bleibt die Backstory weitestgehend verdeckt, bis auf die eine A-
nekdote, die Nina Natalie erzählt
70
. In dieser wird klar, dass Christoph
schon als Jugendlicher die gleichen Charakterzüge wie in der aktuellen
Filmhandlung hatte.
Charlotte, die fünfjährige Tochter von Nina und Frieder, ist aufge-
schlossen und ruhig. Sie mag Hunde, lotet ihre Grenzen bei Nina und Frie-
der aus
71
und spielt kindgerechte Spiele
72
. Frieder hat einen liebevollen und
führsorglichen Umgang mit ihr. Für ihn gehört sie zum wünschenswerten
Teil des Lebens. Abgesehen von Ninas direktem Verhältnis zu Charlotte
(vgl. Kapitel 2.2 ,,Plot") empfindet sie die Existenz von ihr als Verfestigung
ihrer bürgerlichen Zwänge. Gleichzeitig steigt aber auch die Fallhöhe von
Nina, da sie mit ihrem Fortgang nicht nur aus der Beziehung flüchtet, son-
dern auch ihre eigene Tochter verlässt. Somit verlässt sie nicht nur Frieder
als Partnerin sondern auch Charlotte in ihrer Rolle als Mutter.
Natalie ist die Freundin von Christoph, sie ist in etwa gleich alt wie
Christoph, verkörpert aber im Gegensatz zu ihm eher traditionelle Werte.
Ein geregeltes Leben und ihre Karriere sind ihr wichtig
73
. Zudem nimmt sie
ihre Lebenssituation ernster als Christoph. In ihrer Stringenz der morali-
schen Werte und ihren Charakterzügen zeichnet sich keine Widersprüch-
lichkeit ab. Auch macht sie im Laufe des Films keine Entwicklung durch.
Somit kann sie, ebenso wie Charlotte, als eindimensionale Figur bezeich-
net werden. In ihren Ansichten und moralischen Werten ist sie eher traditi-
onell. Auf dieser Basis kommt es zu Reibereien zwischen ihr und Chris-
toph. Analog zu ihrer Beziehung zu Christoph kann Frieder in der Bezie-
hung zu Nina gesehen werden.
Eine besondere Rolle spielt David, der alternde und frustrierte Ex-
Tennisstar. Obwohl er, da er keine Widersprüchlichkeiten in seinem Cha-
rakter vereint und keine Entwicklung durchmacht, als eindimensionale Figur
69
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 12, S. 7 und Filmprotokoll; Einstellungsnr. 13, S. 7f Frieder
(OFF): Willst du ihn..."
70
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 36, S. 26f
71
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 16, S. 10
72
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 19, S. 13f
73
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 30, S. 20f

22
angelegt ist, kommt er dem Antagonisten am nächsten. Der Antagonist ist
der Widersacher der Protagonisten. Er versucht für die Protagonisten die
Katastrophe zu verursachen und damit das Happyend zu verhindern. Dies
kann als bewusste oder unbewusste Handlung geschehen. In diesem Fall
ist es eine unbewusste Handlung, die ihn für Frieder zum Antagonisten
macht. Zu bemerken ist, dass sich Frieder und David im Film nie begeg-
nen. Mit seinem Ziel, Nina zu einer Affäre zu bewegen, erst gegen ihren
Willen, handelt er im konträren Sinn zu Frieders Ansprüchen. Hierbei gilt,
dass sich die Rolle des Antagonisten bei David stärker herausbildet als bei
Christoph, da David eine gezielte konträre Handlung vollzieht, im Gegen-
satz zu Christoph, der nur durch die eigene Lebensweise zu der Entzwei-
ung von Frieder und Nina beiträgt. Für Nina ist David das Unbekannte und
Aufregende, welches sie sucht. Somit ist die Situation mit David für Nina
der Punkt, den sie erreichen möchte. In der Figurengestaltung gibt es die
Auffassung, dass es einen Unterschied macht, was eine Figur will und was
sie braucht. In dem Konflikt von Nina kann nach eigener Interpretation an-
gesehen werden, dass sie die Freiheit will und die Familie braucht. Somit
hat sie mit der Affäre zu David und ihrem Aufenthalt im Hotel ihr persönli-
ches Ziel erreicht und sich von dem, was sie braucht, gleichzeitig am wei-
testen entfernt.
David ist eine ungreifbare, nur für den Moment und auch so beschrie-
bene, existierende und zwiespältige Figur, die eine unterschiedliche Rele-
vanz auf das Protagonistenpärchen hat.
Die in der Konstellation umgekehrte Bedeutung wie David, hat Maria
auf das Protagonistenpärchen. Die bodenständige und ruhige Kindergärt-
nerin gibt Frieder mit ihrer familienorientierten und unglamourösen Art Halt
und die Art von Normalität, die er sich wünscht. Für Nina ist sie die Antago-
nistin, die durch ihr Erscheinen die Katastrophe verursacht.
Frieders Eltern, Herr und Frau Büchner, kommen nur in zwei Szenen
vor. Durch die Fremdcharakterisierung ist zu erfahren, dass sie einen Hund
namens Trotzky haben, und durch die Erzählcharakterisierung wird die
Wohnsituation und damit die sozialen Verhältnisse der Eltern gezeigt.
Sonst werden sie nicht beschrieben. Für die Handlung haben sie nur die
Bedeutung, Frieders Innenleben sichtbar zum machen und Frieder zu cha-
rakterisieren
74
.
Auch Herr Zander und Niko werden nicht näher beschrieben, als dass
sie der Nachbar und der Nachbarsjunge von Frieder und Nina sind und,
74
Howard, David; Mabley, Edward Drehbuchhandwerk ­ Technik und Grundlagen Emons
Verlag; k.O., 1996, 2. Auflage, S. 86ff

23
dass Niko an einer Embolie leidet. Die Beiden als Figuren sind nur für die
Handlung wichtig
75
.
3.1.3
Figurenkonstellationen
In dem Konflikt zwischen Nina und Frieder haben beide ihre Bezugspunkte
in der eigenen Familie. Bei Nina ist dies Christoph, bei dem sie Halt und
Schutz sucht und der am ehesten eine Lebenseinstellung hat, die ihrem
Drang nach Freiheit entspricht. Frieders Bezugspunkt liegt bei seinen El-
tern, die ihm Unterstützung geben.
Die beiden Affären, die Nina und Frieder haben, sind völlig unterschied-
lich in der Figurenkonstellation angelegt. Während David völlig losgelöst
von den anderen Figuren agiert und nur mit Nina Kontakt hat, hat Maria
einen klaren Bezug, als Kindergärtnerin zu Charlotte und trifft sogar gegen
Ende des Films auf Nina. Durch die Verhältnisse dieser Konstellationen
wird noch mal verdeutlicht, dass Maria in einem bürgerlichem konventionel-
lem Kontext und David für das Freie und Ungebundene als Konzept ste-
hen.
3.2
Setting
Als Setting wird in diesem Kapitel nicht die englische Bedeutung als Begriff
rein für das Szenenbild benutzt, sondern als Situierung einer Figur in der
Gesellschaft
76
. Das bedeutet, dass die Situation einer Figur zwar oft durch
das Szenenbild visualisiert wird - durch die Örtlichkeiten (Motive), durch die
Kleidung und zu Teilen auch durch das Milieu -, dass aber eine Beschrän-
kung des Settings auf das Szenenbild eine unzulässige Vereinfachung wä-
re. Bei dieser Vorgehensweise würden zum Beispiel die geschlechts-, die
alters- und milieuspezifischen Merkmale nicht in ihrer vollen Relevanz er-
fasst.
Gleich zum Anfang des Films werden Nina und Frieder in ihrem Beruf
als Ärzte beschrieben. Gepaart mit der nächsten Sequenz, die in dem ge-
räumigen Haus in einem bürgerlichen Vorort spielt, wird direkt in das finan-
ziell gutsituierte Milieu eingeführt. Für die Handlung des Films bedeutet
das, dass weder Frieder noch Nina in ihrer Existenz bedroht sind. Da der
Film im weiteren Verlauf auch keine Wendung annimmt, die existenzbedro-
hend für einen der beiden Protagonisten ist, kann davon ausgegangen
75
Vgl. Kapitel 2.4 ,,Der Plot"
76
Faulstich, Werner Grundkurs Filmanalyse Fink Verlag; München, 2002, S. 100f

24
werden, dass jede Entscheidung nicht von Außen aufgezwungen wird,
sondern aus der Person selbst kommt.
Ausgehend von den Sujets ist der Film von zwei großen Gegensätzen
geprägt. Zum Einen gibt es das von Frieder und Nina neu gekaufte Haus,
welches im ersten Drittel des Films durch seine Lage, wie oben beschrie-
ben, in einem gediegenen Vorort, durch sein Ambiente, z.B. die von Frieder
mühsam verlegten Fliesen und durch die unmittelbare Milieuzugehörigkeit,
visualisiert und dramatisiert unddurch die auftretenden Personen, z.B. Herr
Zander, Charlotte, Frieders Eltern, charakterisiert wird. Zum Anderen, als
Negation der vermittelten Normen und Werte zu dem neu gekauften Haus,
steht das Sporthotel im zweiten Drittel des Films. Die Lage mitten im Wald,
völlig losgelöst von einer unmittelbaren Nachbarschaft von Zivilisation weist
schon bei der Einführung des Hotels auf eine gewisse Autonomie dieses
Ortes hin. Auch die Darstellung der hedonistischen Gästeschar, die Hand-
lung, die in dem Hotel stattfindet - Nina lässt sich auf die Affäre mit David
ein - und das Ambiente z.B. in stilistischen Lichteffekten, Geräuschen und
Musik dargestellt (vgl. Kapitel 4.6.3 ,,Handlungsfunktionale Geräusche" und
4.11 ,,Licht und Farbe"), charakterisieren diesen Ort als Gegenentwurf zu
dem Ausgangspunkt des Films. Es gibt somit eine kausale Verknüpfung
zwischen Orten und Handlung.
Dies wird auch im dritten Drittel des Films fortgesetzt, bei der die
Haupthandlung wieder im bürgerlichen Vorort spielt. Die in der Handlungs-
analyse aufgezeigte Demontage der Familienstruktur bei Frieder und Nina
(vgl. Kapitel 2.2 ,,Der Plot") wird auch visuell in der Örtlichkeit wiedergege-
ben. Die durch die fehlenden Fenster aufgehängten Planen lassen das
Haus unfertig wirken und in einen rückwärtig orientierten Zustand erschei-
nen. Auch hier ist die kausale Verknüpfung zwischen Ort und Handlung
wieder gegeben. Im Detail lässt sich diese Verknüpfung in der Szene 55
77
verifizieren, in der Frieder mit Maria das neue Sofa in das Haus trägt. Hier
wird der Kampf von Frieder um Normalität in seinem Bemühen gezeigt das
Haus zu vervollständigen.
Die Ferienhütte von Ninas und Christophs Eltern stellt eine Vorstufe zu
der Freiheit da, die Nina sucht. Zum Einen wird zwar eine Form von Aufbe-
gehren durch das Kiffen und die Musik durch Nina, Christoph und Natalie
gelebt, zum Anderen findet dieses Aufbegehren auch eine Beschränkung in
der Art wie Christoph und Natalie ihre Beziehung führen, die in den Kon-
ventionen Ninas und Frieders Beziehung ähnelt.
Das Setting, welches Handlung und Ort analog behandelt, wird vor-
nehmlich durch die Ambivalenz zwischen bürgerlichen Konventionen und
77
Vgl. Filmprotokoll; Einstellungsnr. 76, S. 51

25
der Freiheit bestimmt. Zudem schafft es einen Rahmen in dem sich die
Charaktere eigenverantwortlich verhalten können.
3.3
Fazit
Die Figurenanalyse zeigt auf, dass Frieder und Nina die Hauptfiguren sind,
deren Konflikt zwischen dem Hinundhergerissensein zwischen bürgerlichen
Konventionen und der Freiheit liegt.
Des Weiteren wird deutlich, dass jede Figur einen klaren Bezug zu ei-
nem dieser beiden Normen- und Wertesysteme hat, welches sich im Alltag
niederschlägt. Zum Einen gibt es den freiheitlichen Bezug, der gegen übli-
che Konventionen abzielt, hier wären Christoph und David zu nennen, zum
Anderen gibt es den bürgerlichen Bezug der die allgemeinen Konventionen
trägt. Hier wären Natalie und Maria zu nennen. Bei Frieder und Nina geht
ein Umschwung einher. Nina, die sich von den Konventionen und damit
einhergehenden Pflichten eingeengt fühlt, geht zum Schluss des Films ei-
nen Kompromiss ein und kommt zu ihrer Familie zurück. Frieder der am
Anfang des Films die gesellschaftlichen Übereinkünfte nicht in Frage stellt
und sie lebt, beschließt zum Schluss des Films aus ihnen auszubrechen.
Das Setting in dem der Film spielt unterstützt formal diese beiden Werte-
systeme.
Auch auf der konzeptionellen Ebene zeigt der Film Divergenzen zwi-
schen der konventionellen und der experimentellen Form auf. Dies bedeu-
tet, dass die Figuren einerseits traditionell angelegt sind - hier spielt das
Verhältnis zwischen Haupt- und Nebenfiguren rein -, andererseits ist das
Vorhandensein von zwei Protagonisten eher ungewöhnlich. Auch die Ne-
benfiguren werden zum einen mit ihren Charakterzügen klassisch darge-
stellt, jedoch wird bei der Beschreibung nicht der Versuchung erlegen, die-
se zu typisieren.
Eine Verschärfung der Handlung findet auf der Ebene des Settings
statt. Ohne eine Notwendigkeit von Außen verlässt Nina ihre Familie. An
dieser Stelle verlassen die Figuren ihre Abhängigkeiten von äußeren
Zwängen und reifen zu freien Charakteren heran, deren Handlungen je-
doch immer schlüssig und in ihren Resultaten zwingend bleiben.

26
4 Analyse
der
Bauformen
Die Analyse der Bauformen im Film beschäftigt sich mit der Art der Visuali-
sierung, der auditiven Ebene und der Bauform des Films. Als eingängige
Frage kann: ,,Wie wird im Film visualisiert und dargestellt?" gestellt werden.
4.1
Einstellungsgröße
Die Einstellungsgröße lenkt das Auge des Rezipienten. Dadurch wird auf
eine im Bild befindliches Objekt hingewiesen oder ein anderes bewusst
ausgegrenzt. Zudem wird durch die Einstellungsgröße Nähe oder Entfer-
nung zu dem Objekt vermittelt. Im Verlaufe der Erstellung des Filmproto-
kolls hat sich die Einteilung in acht Einstellungsgrößen als sinnvoll erwie-
sen
78
.
Da in dem Film oft mit Veränderungen der Einstellungsgröße innerhalb
einer Einstellung gearbeitet wird, zeigt die Anzahl der Einstellungen mit 89
Einstellungen (Titeleinstellungen wurden nicht berücksichtigt) eine klare
Differenz zu der tatsächlichen Anzahl der Einstellungsgrößen mit 163 auf.
Hierbei ist zu beachten, dass die Anzahl der Einstellungsgrößen nur ein
Nährwert ist, da sich die Einstellungsgrößen nicht immer eindeutig definie-
ren lassen. Dies liegt zum Einen an den fließenden Übergängen die durch
Kamerafahrten, -schwenks und Objektbewegungen bedingt sind, zum An-
deren auf der nicht eindeutig zu definierenden Gewichtung der Hauptper-
son in der Einstellung.
Diese große Differenz zwischen den beiden Werten macht deutlich,
dass es sich bei den zu meist langen Einstellungen um bewegungsintensi-
ve Einstellungen handelt.
Die 163 verschiedenen Einstellungsgrößen gliedern sich in eine Detail-,
14 Groß-, 41 Nah-, 26 Amerikanische, 22 Halbnahe, 39 Halbtotale, 15 To-
tale und fünf Weite Aufnahmen. Die Beschaffenheit einer Nahaufnahme ist,
dass sie ein gewisses Objekt direkt zeigt und Eindrücke von der Örtlichkeit
nicht völlig ausblendet. Dies schafft eine Nähe, die nicht völlig losgelöst von
der Umgebung ist
79
. Bei der Halbtotalen, die auch dominiert, verhält es sich
andersherum. Es wird vordergründig die Örtlichkeit gezeigt, ohne dass das
Objekt vernachlässigt wird. Da diese beiden Einstellungen in dem Film do-
minieren, kann gesagt werden, dass sich Individuum und Umwelt gegensei-
tig beeinflussen und nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können.
78
Vgl. Faulstich, Werner Einführung in die Filmanalyse Narr Verlag; Tübingen, 1994, S. 58f
79
Vgl. Hickethier, Knut Film- und Fernsehanalyse Verlag J.B. Metzler; Stuttgart, Weimar,
2007, 4. Auflage, S. 56f

27
Ein markantes Beispiel ist die Szene 62
80
: Ninas Affäre mit David wird kör-
perlich. Die Einstellungsgröße ist Nah. Es wird eine größtmögliche Intimität
dargestellt ohne die Umgebung des Hotelzimmers außer Acht zu lassen.
Beim ersten Wendepunkt, wenn Nina sich dafür entscheidet Charlotte nicht
abzuholen, ist die Einstellungsgröße Halbtotal
81
. Hier wird die geistige Ent-
fernung von Nina zu Charlotte auch visuell dargestellt. Nina als Individuum
wird hierbei jedoch nicht bildnerisch vernachlässigt
82
.
Auch die anderen Einstellungsgrößen ergeben überwiegend einen di-
rekten Bezug zu der Handlung. Die Weite Einstellungsgröße die Nina verlo-
ren im Bild zeigt, wenn sie auf dem Rückweg vom Hotel ist
83
, spiegelt ihren
Gemütszustand genauso gut wider, wie die Großaufnahme in der sich
Christoph und Nina in der Ferienhütte aussprechen und sich sowohl bildlich
als auch emotional sehr nahe sind
84
.
Diese Einzelbeispiele an wichtigen Stellen im Film sollen verdeutlichen,
dass es keine Zufälligkeiten sind, wie Einstellungsgröße und Handlung
kausal zusammenhängen, erheben aber auch nicht Anspruch auf eine Ge-
neralität der kausalen Verknüpfung zwischen Einstellungsgröße und Hand-
lung.
4.2
Kamera und Objektbewegung
Die Kamerabewegung ist in den meisten Fällen an die Objektbewegung
gekoppelt, wobei die Kamera auf die Objektbewegungen reagiert. Dadurch,
dass sich die Figuren frei im Raum bewegen, kommt es oft zu Plansequen-
zen, deren Endbild sich im Kontext zum Anfangsbild komplett verändert
hat.
Die eine Art der Kameraführung ist die im Raum frei bewegliche Kame-
ra, die den Figuren folgt oder hin zu Punkten des Interesses fährt. Hierbei
wird die Kamera mit Hilfe eines Steadygerüstes entfesselt. Die andere Art
ist die statische Kamera, die auf ein Stativ montiert ist und nur von diesem
Punkt das Bild beeinflusst. Die erste erwähnte Art gibt der Kameraführung
die Möglichkeit aktiv den Verlauf der Handlung zu filmen. Die Schauspieler
können sich frei bewegen und es können Ortwechsel vorgenommen wer-
den, ohne dass ein Schnitt erfolgen muss. Die zweite Art wirkt dem entge-
gen, indem sie formale Ruhe in das Bild bringt.
80
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 63 S. 40ff
81
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 23, S. 16f
82
Vgl. Hickethier, Knut Film- und Fernsehanalyse Verlag J.B. Metzler; Stuttgart, Weimar,
2007, 4. Auflage, S. 55
83
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 64, S. 42
84
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 34, S. 24f

28
Wenn oben davon ausgegangen wird, dass die Kameraführung auf die
Handlungen und Blicke der Figuren reagiert, wird auf der Sinnebene deut-
lich, dass die Kameraführung nicht die Handlung vorwegnimmt und mit der
Reaktion auf das Geschehen einen voyeuristischen Standpunkt einnimmt.
Somit tritt die Kameraführung zu Gunsten der Realität in den Hintergrund.
4.3
Einstellungslänge
Bei einer durchschnittlichen Einstellungslänge (DEL) von 4,8 Sekunden in
Spielfilmen in den Jahren 1990 bis 2001
85
liegt der Film ,,Montag kommen
die Fenster" mit einem DEL-Wert von 55 Sekunden weit über der Norm.
Formal ergibt sich aus dieser Abweichung in einen längeren DEL-Wert eine
Verlangsamung des Erzählflusses der Bilder. Hierbei wird jedoch nicht be-
achtet, dass sich innerhalb einer Einstellung ein völlig neues Bild ergeben
kann und der Film diese Möglichkeit nutzt.
Die Auffassung des Autors ist, dass durch die rein quantitative Erfas-
sung der DEL-Werte ein verfälschtes Ergebnis zustande kommt, welches
den Bildern nicht gerecht wird. In diesem Fall drücken die DEL-Werte nur
die Frequenz der real erzählten Zeit aus, in der keine Zeitraffung in Form
von Ellipsen stattfindet. Als exemplarisch kann die Einstellung Nr. 14 mit
einer Länge von 47 Sekunden gelten. Rein quantitativ ist diese eine Ein-
stellung 47 Sekunden lang, jedoch gliedert sie sich in zwei Szenen: die
eine, Nina und Christoph unterhalten sich über Christophs Pläne in der
nähren Zukunft, hat jedoch nichts mit der anderen zutun, bei der Charlotte
Frieder empfängt, der mit dem Wagen ankommt. Die Handlung, der Ort
und die Figurenkonstellation sind verschieden. Als einziger Zusammen-
hang dient Charlotte und die Einheit der Zeit. Die Folge ist, dass sich die
Einstellung mindestens um den Faktor zwei verkürzt. In diesem Beispiel
verändern sich recht viele Komponenten der Szene. Es gibt hingegen auch
Szenen, in denen sich nur eine oder zwei Komponenten verändern
86
.
Durch den erhöhten DEL-Wert der tatsächlichen Einstellungen ist der
Film in einer höheren Geschwindigkeit montiert als es auf den ersten Blick
den Anschein hat.
85
Beller, Hans Entschleunigtes Editing? In: ,,Schnitt Nr. 46", Schnitt der Filmverlag, Köln,
2007
86
Filmprotokoll; Einstellungsnr. 44, S. 30f oder Filmprotokoll; Einstellungsnr. 67, S. 43f

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836620741
DOI
10.3239/9783836620741
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Mittweida (FH) – Medien, Angewandte Medienwirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
berliner schule ulrich köhler film filmanalyse fernsehen
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Titel: Werkanalyse des Films 'Montag kommen die Fenster'
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