Sozialverträglicher Tourismus in Südafrika
Möglichkeiten und Probleme
©2007
Diplomarbeit
113 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Eine Welt in einem Land.
Dies ist der Slogan, mit dem die südafrikanische Tourismusindustrie für sich wirbt und Gäste aus aller Welt für das Land am Kap begeistern möchte.
Doch nicht nur die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, die unterschiedlichen Landschaftsformen und eine Vielzahl an kulturellen Strömungen kennzeichnen dieses Land, sondern auch eine duale Wirtschaftsstruktur bzw. eine große Schere zwischen armen und reichen Bevölkerungsschichten gehören zu der südafrikanischen Realität.
Die Altlasten der Apartheidära sind noch immer deutlich spürbar. Der Großteil der Bevölkerung vorrangig schwarze Südafrikaner lebt in großer Armut. Eine hohe Arbeitslosigkeit prägt die junge Republik und sorgt dafür, dass trotz einer soliden Wirtschaft, einige Teile des Landes entwicklungslandtypische Merkmale aufweisen. Besonders durch einen Ausbau im Tourismusbereich erhofft sich die südafrikanische Regierung, die Ungleichheiten überwinden zu können.
Der Tourismus als Mittel zur Steigerung des Wirtschaftswachstums in Entwicklungsländern ist in den vergangenen Jahrzehnten vielfach kritisiert worden und im Laufe der aufkommenden Nachhaltigkeitsdiskussionen haben sich viele unterschiedliche neue touristische Erscheinungsformen herausgebildet, die Hoffnungen auf eine soziale, ökologische sowie ökonomische Entwicklung wecken. Insbesondere eine sozialverträgliche Form des Tourismus, der Community-Based-Tourism, scheint für ein Land wie Südafrika prädestiniert zu sein, da er auf die Partizipation lokaler, oftmals benachteiligter Bevölkerungsgruppen ausgelegt ist. Ihnen wurde in den Jahren der Apartheid nicht die Chance geboten, sich in die ökonomisch fortschreitende Entwicklung des Landes zu integrieren.
Die neue politische Entwicklung knüpft daran an und beinhaltet, dass viele nationale Initiativen und Programme seitens der Regierung die Integration dieser Bevölkerungsgruppen fördern. Auch im Bereich der Privatwirtschaft oder auf Seiten der nichtstaatlichen Organisationen sind viele Ansätze erkennbar, die in ähnlicher Weise versuchen, die großen Defizite der Postapartheitsära aufzuarbeiten.
Aufgabe dieser Arbeit ist es demnach, die Möglichkeit sozialverträglicher Tourismusformen in Südafrika aufzuzeigen und die damit einhergehenden Probleme zu analysieren. Hierbei soll ein Augenmerk insbesondere darauf gelegt werden, welche Handlungsspielräume sich für die einzelnen, am Wirtschaftsleben beteiligten Akteure ergeben, um letzten […]
Eine Welt in einem Land.
Dies ist der Slogan, mit dem die südafrikanische Tourismusindustrie für sich wirbt und Gäste aus aller Welt für das Land am Kap begeistern möchte.
Doch nicht nur die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, die unterschiedlichen Landschaftsformen und eine Vielzahl an kulturellen Strömungen kennzeichnen dieses Land, sondern auch eine duale Wirtschaftsstruktur bzw. eine große Schere zwischen armen und reichen Bevölkerungsschichten gehören zu der südafrikanischen Realität.
Die Altlasten der Apartheidära sind noch immer deutlich spürbar. Der Großteil der Bevölkerung vorrangig schwarze Südafrikaner lebt in großer Armut. Eine hohe Arbeitslosigkeit prägt die junge Republik und sorgt dafür, dass trotz einer soliden Wirtschaft, einige Teile des Landes entwicklungslandtypische Merkmale aufweisen. Besonders durch einen Ausbau im Tourismusbereich erhofft sich die südafrikanische Regierung, die Ungleichheiten überwinden zu können.
Der Tourismus als Mittel zur Steigerung des Wirtschaftswachstums in Entwicklungsländern ist in den vergangenen Jahrzehnten vielfach kritisiert worden und im Laufe der aufkommenden Nachhaltigkeitsdiskussionen haben sich viele unterschiedliche neue touristische Erscheinungsformen herausgebildet, die Hoffnungen auf eine soziale, ökologische sowie ökonomische Entwicklung wecken. Insbesondere eine sozialverträgliche Form des Tourismus, der Community-Based-Tourism, scheint für ein Land wie Südafrika prädestiniert zu sein, da er auf die Partizipation lokaler, oftmals benachteiligter Bevölkerungsgruppen ausgelegt ist. Ihnen wurde in den Jahren der Apartheid nicht die Chance geboten, sich in die ökonomisch fortschreitende Entwicklung des Landes zu integrieren.
Die neue politische Entwicklung knüpft daran an und beinhaltet, dass viele nationale Initiativen und Programme seitens der Regierung die Integration dieser Bevölkerungsgruppen fördern. Auch im Bereich der Privatwirtschaft oder auf Seiten der nichtstaatlichen Organisationen sind viele Ansätze erkennbar, die in ähnlicher Weise versuchen, die großen Defizite der Postapartheitsära aufzuarbeiten.
Aufgabe dieser Arbeit ist es demnach, die Möglichkeit sozialverträglicher Tourismusformen in Südafrika aufzuzeigen und die damit einhergehenden Probleme zu analysieren. Hierbei soll ein Augenmerk insbesondere darauf gelegt werden, welche Handlungsspielräume sich für die einzelnen, am Wirtschaftsleben beteiligten Akteure ergeben, um letzten […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Constanze Lux
Sozialverträglicher Tourismus in Südafrika
Möglichkeiten und Probleme
ISBN:
978-3-8366-1717-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Lüneburg, Lüneburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
Coverfoto: Constanze Lux
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abkürzungsverzeichnis...III
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ...V
1 Einleitung... 1
1.1
Zielsetzung ...2
1.2
Aufbau der Arbeit...2
1.3
Begriffserläuterungen ...3
1.3.1
Tourismus ...3
1.3.2
Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Tourismus ...4
1.3.3
Sozialverträglicher Tourismus...7
2 Tourismus in Entwicklungsländern ... 9
2.1
Grundlagen ...9
2.1.1
Begriffe Entwicklungsland und Entwicklungszusammenarbeit ...9
2.1.2
Globale Ausweitung des Fremdenverkehrs und Entwicklung des Tourismus in
Entwicklungsländern ...11
2.2
Positive und negative Effekte des Tourismus in Entwicklungsländern ...14
2.2.1
Ökonomische Dimension...14
2.2.1.1
Deviseneffekt...15
2.2.1.2
Beschäftigungseffekt ...16
2.2.1.3
Einkommenseffekt ...18
2.2.1.4
Problem touristischer Monokultur ...18
2.2.2
Ökologische Dimension...19
2.2.2.1
Verkehr ...20
2.2.2.2
Ressourcenverbrauch ...21
2.2.2.3
Abfallbelastung...21
2.2.2.4
Beeinträchtigung von Ökosystemen ...21
2.2.3
Soziokulturelle Dimension ...22
2.2.3.1
Akkulturation...23
2.2.3.2
Demonstrationseffekt...23
2.2.3.3
Wandel traditioneller Kunst und Kultur...24
2.3
Nachhaltige touristische Erscheinungsformen...26
2.3.1
Sanfter Tourismus...27
2.3.2
Alternativtourismus ...29
2.3.3
Ökotourismus...30
2.3.4
Integrativer Tourismus...31
3 Sozialverträglicher Tourismus ... 33
3.1
Prinzipien...33
3.2
Ziele und Maßnahmen ...34
3.3
Ausgewählte Akteure und ihre Interessen ...37
3.3.1
Die Bereisten ...37
3.3.2
Der öffentliche Sektor...38
3.3.3
Die private Tourismuswirtschaft ...40
3.3.4
Nichtstaatliche Organisationen ...40
3.3.5
Weitere relevante Akteure ...42
II
3.4
Community Based Tourism...43
3.4.1
Begriffsbestimmung ...43
3.4.2
Abgrenzung zu anderen touristischen Erscheinungsformen ...45
3.4.3
Das Konzept ...48
3.4.4
Mögliche Organisationsformen ...50
3.4.4.1
Private Konzessionen in Kommunalgebieten ...50
3.4.4.2
Beteiligung der Community an Einnahmen privater Investoren...51
3.4.4.3
Joint Ventures ...51
3.4.4.4
Community - controlled Enterprises ...52
3.4.5
Community Based Tourism als Chance zur Entwicklung lokaler Bevölkerungsgruppen ..53
4 Sozialverträglicher Tourismus in Südafrika... 55
4.1
Rahmenbedingungen Südafrikas ...55
4.1.1
Geschichtlicher und politischer Rückblick ...55
4.1.1.1
Geschichte Südafrikas...55
4.1.1.2
Die politische Wende...56
4.1.2
Wirtschaftliche Situation ...57
4.1.2.1
Südafrika: Entwicklungs- oder Schwellenland? ...57
4.1.2.2
Aktuelle Wirtschaftslage...58
4.1.3
Politische Ziele ...61
4.2
Tourismus in Südafrika ...64
4.2.1
Das touristische Angebot...64
4.2.1.1
Ursprüngliches Angebot ...64
4.2.1.2
Abgeleitetes Angebot...66
4.2.2
Tourismus in Zahlen...68
4.2.3
Südafrikas Tourismuspolitik...71
4.2.3.1
White Paper on Tourism ...72
4.2.3.2
Tourism BEE - Charta ...74
4.3
Tourismusinitiativen und -projekte in Südafrika ...76
4.3.1
Förderung vormals benachteiligter Bevölkerungsgruppen ...76
4.3.1.1
Small, Medium and Micro Enterprises ...77
4.3.1.2
Community Based Tourism - Initiativen ...79
4.3.2
Beispiele sozialverträglicher Tourismusprojekte...81
4.3.2.1
Fair Trade in Tourism South Africa...81
4.3.2.2
The Spier Estate in Stellenbosch...84
5 Fazit... 88
Anhang... VI
Literaturverzeichnis ...X
Internetverzeichnis ...XVII
III
Abkürzungsverzeichnis
ASGISA
Accelerated and Shared Growth Initiative for South Africa
ANC
African National Kongress
BEE
Black Economic Empowerment
BNE
Bruttonationaleinkommen
BIP Bruttoinlandsprodukt
bzw.
beziehungsweise
ca. circa
CBT/CBTE Community Based Tourism/Community Based Tourism Enterprise
CSD
Commission on Sustainable Development
(UN Kommission zur nachhaltigen Entwicklung)
DAC
Development Assistance Committee
(Entwicklungshilfeausschuss der OECD)
DEAT
Department of Environmental Affairs and Tourism
(Ministerium für Umwelt und Entwicklung)
DED
Deutscher
Entwicklungsdienst
d.h. das
heißt
etc.
et cetera
EH Entwicklungshilfe
EZ Entwicklungszusammenarbeit
FTTSA
Fair Trade in Tourism South Africa
GTZ
Deutsche
Gesellschaft
für Technische Zusammenarbeit
ggf. gegebenenfalls
HDI
Human Development Index (Index der menschlichen Entwicklung)
IITF
Institut für Integrative Tourismus- und Freizeitforschung
ITTT
Interim Tourism Task Team
Mio.
Million/en
NGO
Non Governmental Organization (nichtstaatliche Organisation)
NP
National Party (Nationale Partei)
NPO
Non Profit Organisation (gemeinnützige Gesellschaft)
o.ä. oder
ähnliches
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
(Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
REST
Responsible Ecological Social Tours Projekt
IV
SMME
Small Medium and Mirco Enterprises
TEP
Tourism Enterprise Programme
u.a. unter
anderem
UN
United Nations (Vereinte Nationen)
UNWTO UN-Welttourismusorganisation (bis 2005 gängige Abkürzung: WTO)
WCED
World Commission on Environmental Development
(UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung)
WTTC
World Travel and Tourism Council
WWF
World Wildlife Fund for Nature
z.B. zum
Beispiel
V
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen:
Abbildung 1: Magische Fünfeckpyramide der nachhaltigen Entwicklung ... 5
Abbildung 2: Entwicklung des Sanften Tourismus... 28
Abbildung 3: Akteure sozialverträglicher Tourismusprojekte ... 37
Abbildung 4: Community Based Tourism als Instrument für eine nachhaltige
Entwicklung lokalerBevölkerungsgruppen ... 54
Abbildung 5: Fair Trade in Tourism South Africa-Trademark ... 81
Tabellen:
Tabelle 1: Entwicklung internationaler Touristenankünfte nach Regionen ... 11
Tabelle 2: Ziele eines nachhaltigen Tourismus ... 36
Tabelle 3: Ökotourismus versus Community Based Tourism... 45
Tabelle 4: ,,Short Visit" versus Community Based Tourism-Projekte... 46
Tabelle 5: ,,Homestays" versus Community Based Tourism-Projekte ... 47
Tabelle 6: Die vier Partizipationsstufen des Community Based Tourism ... 49
Tabelle 7: Entwicklung internationaler Touristenankünfte nach Regionen
(mit Fokus auf Afrika)... 68
Tabelle 8: Internationale Touristenankünfte Afrika
(in 2004 und 2005) ... 69
Tabelle 9: Einkünfte aus dem internationalen Tourismus für Afrika
(mit Fokus auf Südafrika)... 70
Einleitung
1
1 Einleitung
,,Eine Welt in einem Land"
Dies ist der Slogan, mit dem die südafrikanische Tourismusindustrie für sich wirbt und
Gäste aus aller Welt für das Land am Kap begeistern möchte.
Doch nicht nur die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, die unterschiedlichen
Landschaftsformen und eine Vielzahl an kulturellen Strömungen kennzeichnen dieses
Land, sondern auch eine duale Wirtschaftsstruktur bzw. eine große Schere zwischen
armen und reichen Bevölkerungsschichten gehören zu der südafrikanischen Realität.
Die Altlasten der Apartheidära sind noch immer deutlich spürbar. Der Großteil der
Bevölkerung vorrangig schwarze Südafrikaner lebt in großer Armut. Eine hohe
Arbeitslosigkeit prägt die junge Republik und sorgt dafür, dass trotz einer soliden
Wirtschaft, einige Teile des Landes entwicklungslandtypische Merkmale aufweisen.
Besonders durch einen Ausbau im Tourismusbereich erhofft sich die südafrikanische
Regierung, die Ungleichheiten überwinden zu können.
Der Tourismus als Mittel zur Steigerung des Wirtschaftswachstums in
Entwicklungsländern ist in den vergangenen Jahrzehnten vielfach kritisiert worden und
im Laufe der aufkommenden Nachhaltigkeitsdiskussionen haben sich viele
unterschiedliche neue touristische Erscheinungsformen herausgebildet, die Hoffnungen
auf eine soziale, ökologische sowie ökonomische Entwicklung wecken. Insbesondere
eine sozialverträgliche Form des Tourismus, der Community-Based-Tourism, scheint
für ein Land wie Südafrika prädestiniert zu sein, da er auf die Partizipation lokaler,
oftmals benachteiligter Bevölkerungsgruppen ausgelegt ist. Ihnen wurde in den Jahren
der Apartheid nicht die Chance geboten, sich in die ökonomisch fortschreitende
Entwicklung des Landes zu integrieren.
Die neue politische Entwicklung knüpft daran an und beinhaltet, dass viele
nationale Initiativen und Programme seitens der Regierung die Integration dieser
Bevölkerungsgruppen fördern. Auch im Bereich der Privatwirtschaft oder auf Seiten der
nichtstaatlichen Organisationen sind viele Ansätze erkennbar, die in ähnlicher Weise
versuchen, die großen Defizite der Postapartheitsära aufzuarbeiten.
Einleitung
2
1.1 Zielsetzung
Aufgabe dieser Arbeit ist es demnach, die Möglichkeit sozialverträglicher
Tourismusformen in Südafrika aufzuzeigen und die damit einhergehenden Probleme zu
analysieren. Hierbei soll ein Augenmerk insbesondere darauf gelegt werden, welche
Handlungsspielräume sich für die einzelnen, am Wirtschaftsleben beteiligten Akteure
ergeben, um letzten Endes die Wirtschaft Südafrikas auf eine nachhaltige Weise
voranzutreiben und sowohl Ungleichheiten als auch Ungerechtigkeiten innerhalb der
Gesellschaft zumindest annähernd auszugleichen.
Südafrika wurde als Beispiel ausgewählt, da das Land unter anderem im Tourismus
eine große Chance sieht, die immer noch stark vorherrschenden Folgen der Apartheid
überwinden zu können. Zudem sind in Südafrika die nachhaltig wirksamen
Tourismuskonzepte und weltweit einzigartigen tourismuspolitischen Strategien, die im
Speziellen die benachteiligten Bevölkerungsgruppen des Landes berücksichtigen, sehr
innovativ und können somit eventuell richtungweisend sein oder eine Pionierarbeit für
andere Entwicklungsländer leisten.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit beginnt mit der für die Thematik notwendigen Definition einiger relevanter
Begrifflichkeiten (Kapitel 1.3). Nach der Vermittlung von Grundlagen über
Entwicklungsländer soll deren bisherige Tourismusentwicklung im Kontext der
globalen Ausweitung des Fremdenverkehrs dargestellt werden (Kapitel 2.1). In Kapitel
2.2 wird bezogen auf die ökonomische, ökologische und soziokulturelle Dimension
ausführlich auf die positiven und negativen Effekte des Tourismus in diesen Ländern
eingegangen. Die Ausführung einiger nachhaltiger touristischer Erscheinungsformen
(Kapitel 2.3), die sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet haben, runden das
zweite Kapitel ab.
Der Inhalt des dritten Kapitels setzt den Schwerpunkt auf die sozialverträgliche
Dimension des Tourismus. Anhand der Darstellung der Prinzipien (Kapitel 3.1), Ziele
und Maßnahmen sozialverträglicher touristischer Erscheinungsformen (Kapitel 3.2), der
Rolle der wichtigsten Akteure und deren Interessen (Kapitel 3.3) sowie einer
ausführlichen Beschreibung des Community Based Tourism (Kapitel 3.4) sollen die
Chancen und Umsetzungsmöglichkeiten dieser nachhaltigen Tourismusform aufgezeigt
werden.
Einleitung
3
Zur Erläuterung der Möglichkeiten und Probleme sozialverträglicher
Tourismusinitiativen und -projekte in Südafrika bedarf es im vierten Kapitel zunächst
einer Erklärung der Rahmenbedingungen des Landes (Kapitel 4.1). Im Besonderen sind
hierbei ein kurzer Rückblick auf die Geschichte und Politik zur Zeit der Apartheid
(Kapitel 4.1.1) sowie ein Überblick über die heutige Wirtschaftslage (Kapitel 4.1.2)
notwendig, um die Wichtigkeit eines sozialverträglichen Tourismus für Südafrika
deutlich zu machen. Kapitel 4.2 widmet sich im Speziellen den touristischen Potentialen
der Kaprepublik und stellt die Tourismuspolitik Südafrikas in der Post-Apartheidära
dar. Abschließend werden verschiedene Tourismusprojekte und -initiativen präsentiert,
welche bereits in Südafrika realisiert werden (Kapitel 4.3).
1.3 Begriffserläuterungen
Zum besseren Verständnis der Thematik bedarf es vorab der Erläuterung einiger
relevanter Begrifflichkeiten.
1.3.1 Tourismus
Der Begriff ,,Tourismus", für den synonym die Ausdrücke ,,Fremdenverkehr" sowie
,,Reiseverkehr" verwendet werden können, wird gemäß dem Tourismusforscher
Kaspar
1
,,[...]als Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen [definiert], die sich
aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort
weder hauptsächlicher und dauerhafter Wohn- noch Arbeitsort ist"
2
. Diese
Begriffsbestimmung, die alle gängigen Tourismusformen impliziert, ermöglicht eine
umfangreiche Betrachtung des Phänomens Tourismus, wodurch alle wesentlichen
Problembereiche (insbesondere ökonomische, ökologische und soziokulturelle)
einbezogen werden können. Da diese Definition neben der Begriffsbestimmung der
Welttourismusorganisation (UNWTO)
3
auf internationaler Ebene am häufigsten
Verwendung findet
4
, wird sie den vorliegenden Ausführungen zugrunde gelegt.
1
Claude Kaspar gehört zu den Pionieren der Tourismusforschung. Er versuchte erstmals, den Fremden-
verkehr gemäß der Systemtheorie als interdisziplinäres System zu erklären. Vgl. dazu Kaspar (1986).
2
Kaspar (1986), S.18.
3
Nach der UNWTO wird ,,Tourismus" wie folgt definiert: ,,It comprises the activities of persons
traveling to and staying in places outside their usual environment for not more than one consecutive year
for leisure, business and other purposes not related to the exercise of an activity remunerated from within
the place visited.". Vgl. Welttourismusorganisation, online im Internet,
URL: http://www.world-tourism.org/statistiques/tsa_in_depth/chapters/ch3-1.htm, (Abruf: 31.01.2007).
4
Vgl. Baumgartner/Röhrer (1998), S.9.
Einleitung
4
Die zwei konstruktiven Merkmale, die diese Definition aufweist, sind:
· der ortsfremde Aufenthalt außerhalb der täglichen Arbeits-, Wohn- und
Freizeitwelt, welcher von vorübergehender Art ist (d.h. der Reisende hat die
Absicht, nach Stunden, Tagen, Wochen oder Monaten wieder heimzukehren)
sowie
· der Ortswechsel von Personen mit Hilfe verschiedener Transportmittel, weg von
einem gewöhnlichen Aufenthaltsort hin zu einem ,,fremden" Ort.
5
Eine etymologische Begriffsbestimmung findet sich bei Mundt.
6
Hiernach stammt
das Wort ,,Tourismus" vom griechischen Wort (= tornos) ab, welches für ein
,,zirkelähnliches Werkzeug" steht und schließlich über das lateinische Wort ,,tornare"
(= runden) und das französische ,,tour" ins Englische und Deutsche gelangt ist. Allen
Begriffen gemein ist die Eigenschaft der Rundung, also der zum Ausgangspunkt
zurückkehrenden Wendung. Nach Mundt ist ,,eine Tour [...] eine Reise weg vom
normalen Wohnort hin zu einem anderen Ort, an dem man für eine Zeit verweilt, um
dann wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren"
7
. Folglich ist ein Tourist jemand,
der an einer derartigen Tour teilnimmt.
8
1.3.2 Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Tourismus
Um den sozialverträglichen Tourismus einordnen zu können, soll zunächst erklärt
werden, was unter ,,Nachhaltigkeit" bzw. unter einem ,,Nachhaltigen Tourismus"
überhaupt zu verstehen ist.
Der Begriff sowie das Prinzip der ,,Nachhaltigkeit" stammen ursprünglich aus der
Forstwirtschaft und wurden bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts als Grundsatz des
damals eingeführten Waldbaus verwendet. Demnach wird die Bewirtschaftungsweise
eines Waldes als ,,nachhaltig" bezeichnet, wenn dem Wald immer nur so viel Holz
entnommen wird, wie nachwachsen kann. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass der
Wald nie vollständig abgeholzt wird, sondern sich immer wieder regenerieren kann.
9
Begonnen hat die weite Verbreitung des Begriffs ,,Nachhaltige Entwicklung" mit
der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on
5
Vgl. Freyer (2006), S.2 sowie Baumgartner/Röhrer (1998), S.9.
6
Jörn Mundt ist Professor und Leiter der Studienrichtung Tourismusbetriebswirtschaft an der Berufs-
akademie Ravensburg.
7
Mundt (2006), S.1.
8
Vgl. Mundt (2006), S.1.
9
Vgl. Haber (1994), S.10.
Einleitung
5
Environmental Development (WCED)), die im Jahr 1987 statt gefunden hat. Obgleich
heutzutage in der einschlägigen Literatur eine Vielzahl von Definitionen für den Begriff
,,Nachhaltigkeit" zu finden ist, begründet sich deren Konsens hauptsächlich auf der
Auslegung des auf der WCED veröffentlichten Brundtlandberichts. Demgemäß ist
eine ,,Nachhaltige Entwicklung" eine ,,dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der
Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen
Bedürfnisse nicht befriedigen können"
10
.
Die Grundidee eines nachhaltigen Tourismus baut auf dem Konzept der
Nachhaltigen Entwicklung auf.
11
Die Formulierung ,,Nachhaltigkeit im Tourismus" zielt
daher auf einen ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen
Interessenausgleich.
12
Edgell erwähnt in diesem Zusammenhang: ,,Sustainable tourism
can be difficult to define, describe, and measure because it must relate today´s dynamic
tourism needs to tomorrow´s concern for the future"
13
.
Spätestens seit der im Jahr 1992 stattgefundenen Konferenz der Vereinten Nationen
über Umwelt und Entwicklung wird jährlich eine Vielzahl von neuartigen nachhaltigen
Tourismusprinzipien, -konzepten und -philosophien entwickelt.
Prinzipiell besteht bei allen Ansätzen für ein Konzept einer gemeinsamen und
zukunftsorientierten nachhaltigen Entwicklung Einigkeit darüber, dass diese global,
intergenerativ und intergesellschaftlich zu verstehen ist. Anhand der folgenden
Abbildung soll dies noch einmal grafisch verdeutlicht werden.
Abbildung 1: Magische Fünfeckpyramide der nachhaltigen Entwicklung
Quelle: Müller/Flügel (1999), S.44
10
Baumgartner/Röhrer (1998), S.17.
11
Vgl. Baumgartner/Röhrer (1998), S.26.
12
Vgl. Baumgartner/Röhrer (1998), S.18.
13
Edgell (2006), S.18.
Einleitung
6
Das dargestellte Zielsystem der nachhaltigen Entwicklung, welches auf den
Tourismus übertragen werden kann, enthält folgende relevante Elemente:
· Wohlbefinden der Einheimischen
Die Förderung eines subjektiven Wohlbefindens der Einheimischen kann sowohl
durch eine stärkere Partizipation an den Wohlfahrtswirkungen des Tourismus als
auch durch eine Betonung der kulturellen Identität erreicht werden.
· Zukünftige Generationen
Durch eine gerechte Verteilung der Lebenschancen sollen
Entwicklungsperspektiven für kommende Generationen geschaffen werden.
· Wohlstand
Das Ziel ist eine stabile wirtschaftliche Entwicklung.
· Gästebedürfnisse und -verhalten
Basierend auf einer Analyse der Gästestruktur und den daraus resultierenden
Erkenntnissen über die Bedürfnisse sowie über das Verhalten der Gäste muss eine
optimale Kundenorientierung aufgebaut werden.
· Kultur
Eine Vielfalt des kulturellen Schaffens ist anzustreben. Weiterhin sollen
Kulturgüter erhalten und gefördert werden. Da Kultur zur Lebensqualität beiträgt,
soll diese durch eine Stärkung der kulturellen Identität verbessert werden.
· Natur
Die natürlichen Ressourcen sollen schonend genutzt werden. Hohe ökologische
Belastungen, die durch Tourismusaktivitäten hervorgerufen werden können, gilt es
zu minimieren.
14
Relevant ist dieses Konzept insbesondere dann, wenn die Belastungsgrenzen der
oben genannten Elemente durch eine maximale touristische Nutzung überschritten
werden.
15
Der Wirkungsgrad eines solchen Konzepts hängt ab von der Wirtschafts- und
Sozialstruktur sowie von
den natürlichen Gegebenheiten des jeweiligen
Tourismusgebietes.
16
14
Vgl. Müller (1997), S.30 ff.
Das dargestellte Zielsystem der nachhaltigen Entwicklung entspricht auch der Idee der Umsetzung eines
integrativen Tourismus (siehe dazu ausführlich Kapitel 2.3.4), der in seinen Grundzügen einer
sozialverträglichen touristischen Entwicklung in Südafrika nahe kommt. Vgl. dazu Baumgartner (2002),
online im Internet, URL: http://www.nachhaltigkeit.at/reportagen.php3?id=46 (Abruf: 31.01.2007).
15
Vgl. Vorlaufer (1999), S.274.
16
Vgl. Vorlaufer (1999), S.274 f.
Einleitung
7
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ,,Nachhaltiger Tourismus" aus den drei
Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziokultur besteht. In allen drei Bereichen
können durch touristische Aktivitäten positive sowie negative Effekte auftreten, die in
Kapitel 2.1 noch eingehend erläutert werden.
1.3.3 Sozialverträglicher Tourismus
In der Diskussion um die Vor- und Nachteile des Tourismus werden oftmals besonders
die negativen Effekte, welche der Fremdenverkehr auf die soziokulturelle Identität der
gastgebenden Gesellschaften hat, hervorgehoben. Aufgrund dessen wurden in den
vergangenen Jahren zunehmend sozialverträglichere Formen des Tourismus gefordert,
die verstärkt die Kultur der Zielgebiete sowie deren soziokulturelle Belastbarkeit
hinsichtlich ihrer Qualität und Quantität berücksichtigen.
17
Eine solche
sozialverantwortliche Tourismusplanung sollte sowohl für die als auch mit der
Bevölkerung entstehen.
18
Der Begriff ,,sozialverträglicher Tourismus" ist in Verbindung mit dem Terminus
,,Sanfter Tourismus", auf den im nächsten Kapitel noch näher eingegangen wird, seit
Mitte der achtziger Jahre bekannt.
19
Da in der Literatur keine explizite Definition für
,,sozialverträglichen Tourismus" vorherrscht, werden im Allgemeinen Bezeichnungen
wie ,,harmonischer", ,,einsichtiger" oder ,,angepasster Tourismus" synonym verwendet.
Diese folgen im Grunde derselben Zielsetzung. Demnach soll das touristische Angebot
so nach sozialen Kriterien gestaltet werden, dass die Kultur der Zielregion bewahrt
bleibt und die soziale und wirtschaftliche Lebensqualität der Bereisten verbessert,
zugleich aber auch die touristische Nachfrage gedeckt wird.
20
Des Weiteren bleibt anzumerken, dass sozialverträglicher Tourismus bislang
vorrangig eine marktwirtschaftliche Nischenpolitik dargestellt hat, die eher von ihren
innovativen Ideen lebt, als dass sie der lokalen Bevölkerung den gewünschten Nutzen
bringt.
21
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ,,Nachhaltiger Tourismus" an sich nicht
sozialverträglich sein kann, sondern nur eine nachhaltige Tourismusform
sozialverträglicher sein kann als eine andere. Wie bereits erwähnt, lässt sich nicht genau
definieren, wann dies der Fall ist. Ob es genügt, lediglich humanere
17
Vgl. Vorlaufer (1996b), S.141.
18
Vgl. Hopfenberg/Zimmer (1993), S.258 ff.
19
Vgl. Klemm (1998), S.80 sowie Freyer (2006), S.521.
20
Vgl. Klemm (1998), S.79.
21
Vgl. Klemm (1998), S.81.
Einleitung
8
Arbeitsbedingungen, vielfältigere Arbeitsplätze und damit verbundene berufliche
Aufstiegschancen zu schaffen oder ob darunter zu verstehen ist, dass der Bevölkerung
ein Mitbestimmungsrecht bei tourismusrelevanten Entscheidungen der Gemeinden
eingeräumt wird, ist unklar.
22
Das folgende Kapitel richtet sich speziell auf den Tourismus in den Ländern der Dritten
Welt. Insbesondere in Entwicklungsländern haben die soziokulturellen Einflüsse des
Tourismus Anlass zu zahlreichen Diskussionen gegeben, da sie dort am deutlichsten
auftreten. Jedoch sind diese in analoger Form für fast alle touristischen Gebiete
relevant.
23
22
Vgl. Klemm (1998), S.79.
23
Vgl. Freyer (2006), S.479.
Tourismus in Entwicklungsländern
9
2 Tourismus in Entwicklungsländern
2.1 Grundlagen
2.1.1 Begriffe Entwicklungsland und Entwicklungszusammenarbeit
Der viel diskutierte Begriff ,,Entwicklungsland"
24
bzw. ,,Dritte Welt" wird zumeist für
Staaten verwendet, die wirtschaftlich und gesellschaftlich gegenüber den westlichen
Industriestaaten rückständig sind.
25
Typische Merkmale und Probleme der Binnenwirtschaft in Entwicklungsländern
sind im Allgemeinen:
· ein geringes Bruttonationaleinkommen (BNE) pro Kopf
· eine extrem ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung
· eine niedrige Spar- und Investitionstätigkeit
· eine ungenügende Infrastruktur
· unzureichende Schulbildung und Ausbildung
· eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit
· die Vorherrschaft des primären Sektors
26
sowie
· das Fehlen ausreichender Nahrungsmittel.
27
Ob ein Land als Entwicklungsland bezeichnet werden kann, hängt von den
Kriterien ab, an denen die Entwicklung gemessen wird.
28
Eine weltweit verbindliche
Einordnungsliste für Entwicklungsländer existiert mithin nicht. Da in der Regel
ökonomische Daten über Länder am besten verfügbar sind, dominiert dieses Kriterium
bei der Bewertung durch internationale Organisationen und in der Praxis
entwicklungspolitischer Zusammenarbeit. Sowohl der Entwicklungshilfeausschuss
(DAC) als auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD) und die Weltbank teilen bislang Länder noch nach dem BNE pro Kopf ein und
24
Auf eine detaillierte Erläuterung des Begriffs ,,Entwicklungsland" soll an dieser Stelle verzichtet
werden (siehe hierzu ausführlich Andersen (2005a), S.7 f.). Die genannte Definition unterliegt in der
Verwendung starker Kritik. Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Arbeit der Begriff
,,Entwicklungsland" wertfrei und lediglich unter Vorbehalt verwendet werden.
25
Vgl. Andersen (2005a), S.7 f.
26
Der ,,primäre Sektor" steht für die Urproduktion, die zumeist die Rohstoffe für ein Produkt liefert. Zu
diesem Sektor gehören z.B. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, die Fischerei und der Bergbau. Der
,,Sekundärsektor" hingegen umfasst das produzierende Gewerbe (z.B. die Industrie und das Handwerk).
Der ,,tertiäre Sektor" steht für alle Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen.
27
Vgl. Andersen (2005a), S.8 ff.
28
Vgl. ebd., S.8.
Tourismus in Entwicklungsländern
10
unterscheiden dementsprechend Staaten mit niedrigem (z.B. Äthiopien), mittlerem (z.B.
Südafrika) und hohem (z.B. Japan) Einkommen. Es gibt jedoch einen deutlichen Trend,
zusätzlich andere (vor allem soziale) Faktoren zu berücksichtigen.
29
Der von den
Vereinten Nationen entwickelte Index der menschlichen Entwicklung (HDI) beachtet
beispielsweise neben dem Pro-Kopf-Einkommen Merkmale wie die Lebenserwartung
und den Bildungsgrad.
30
Problematisch ist bei der Kategorisierung von Ländern
demnach nicht die Auswahl der Kriterien, sondern deren unterschiedliche Bewertung.
Um die wirtschaftliche und soziale Situation in den Entwicklungsländern zu
verbessern, werden von unterschiedlichen Akteuren
31
auf internationaler Ebene
Maßnahmen und Aktivitäten durchgeführt, welche in ihrer Gesamtheit als
Entwicklungszusammenarbeit bzw. Entwicklungshilfe bezeichnet werden.
32
Der
öffentlichen sowie der in Fachkreisen herrschenden Meinung zufolge gab es in den
vergangenen Jahrzehnten allerdings immer wieder starke Kritik an der Effektivität
dieser Entwicklungshilfe. Insbesondere im Fall Afrikas betrachten einige Kritiker die
Entwicklungszusammenarbeit als Hindernis für die Mobilisierung eigener Potenziale im
Sinne einer von innen geleiteten Entwicklungsplanung, was schließlich zu einer
Blockade in der Entwicklung führen kann.
33
Die Entwicklungszusammenarbeit könnte
jedoch besonders dort effektiv sein, wo nationale Entscheidungsträger eine
eigenständige Politik vorantreiben, die nachhaltige Entwicklungserfolge anstrebt.
34
35
Letztlich muss für jedes Entwicklungsland im Einzelnen entschieden werden, worin
die Ursachen für die jeweilige Entwicklungshemmung zu finden sind.
36
29
Vgl. Andersen (2005b), S.22.
30
Diese drei Teilelemente gehen jeweils zu einem Drittel in den HDI ein. Bei der Berechnung liegt der
HDI in allen berücksichtigten 177 Ländern zwischen 0 und 1. Demnach ergibt sich für die drei
Einkommensgruppen folgende Unterteilung:
größer als 0,8 = hoher HDI 0,5 - 0,8 = mittlerer HDI unter 0,5 = niedriger HDI .
Südafrika hat einen Indexwert von 0,666 und fällt demnach auf Rangplatz 119. Zum Vergleich:
Norwegen hat einen Index von 0,95 (Rangplatz 1); Indien besitzt den Indexwert 0,595 (Rangplatz: 127)
und Sierra Leone einen Wert von 0,273 (Rangplatz: 170).
Vgl. Andersen (2005b), S.22.
31
Gemeint sind hiermit Organisationen wie die Weltbank, die Deutsche Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ) und der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) sowie diverse Nichtregierungs-
organisationen (NRO). Vgl. Hofmeier (2001b), S.151.
32
Der engere Begriff ,,Entwicklungszusammenarbeit" ist abzugrenzen vom weiten Begriff der
internationalen ,,Entwicklungspolitik". Vgl. Hofmeier (2001b), S.150.
33
Vgl. Hofmeier (2001b), S.152.
34
Vgl. ebd.
35
Auf eine vertiefende Ausführung der Entwicklungstheorien wie der ,,Modernisierungstheorie" oder der
,,Dependenztheorie" soll an dieser Stelle verzichtet werden, da diese nicht explizit Gegenstand der vor-
liegenden Arbeit sind. Ausführlich nachzulesen bei Vieregge (1998), S.43 ff.
36
Vgl. Andersen (2005a), S.21.
Tourismus in Entwicklungsländern
11
2.1.2 Globale Ausweitung des Fremdenverkehrs und Entwicklung
des Tourismus in Entwicklungsländern
Viele Entwicklungsländer, die über ein hohes touristisches Potenzial verfügen, sehen in
der Durchführung einer effektiven Tourismuspolitik und im Aufbau einer starken
Tourismusindustrie eine Möglichkeit, ihr Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich wird, konnten im Jahr 2005 in der Tourismusindustrie
bisher unerreichte Spitzenleistungen erbracht werden. Mit einer Besucherzunahme von
5,5%
37
liegt diese Wachstumsrate deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre.
Durch über 800 Millionen Touristen wurden so Einnahmen von rund 547 Milliarden
Euro erzielt.
38
Tabelle 1: Entwicklung internationaler Touristenankünfte nach Regionen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an World Tourism Organisation (2006),
online im Internet, URL: http://www.world-tourism.org/facts/menu.html (Abruf: 31.01.2007), S.3.
Sogar in Zeiten zunehmender weltwirtschaftlicher Probleme (z.B. steigende
Arbeitslosigkeit und sinkende Realeinkommen) gehört der internationale Tourismus
immer noch zu ,,einer der bedeutendsten und dynamischsten Wirtschaftszweige"
39
der
Welt. Auch in Zukunft ist trotz zunehmender Naturkatastrophen, Krisenherde und
Terrorgefahr kein Rückgang des weltweiten Reisebooms zu erkennen. Gemäß der
Prognosen der UNWTO wird sogar ein anhaltendes Wachstum von durchschnittlich
vier Prozent erwartet, so dass im Jahre 2020 fast 1,6 Milliarden internationale
Touristenankünfte erreicht werden könnten.
40
37
Weltweit konnten seit 2002 mehr als 100 Millionen Ankünfte verzeichnet werden.
Vgl. World Tourism Organization (2006), online im Internet,
URL: http://www.world-tourism.org/facts/menu.html (Abruf: 31.01.2007), S.2.
38
Vgl. ebd., S.3.
39
Deutscher Entwicklungsdienst (2006), online im Internet, URL:
http://www.ded.de/cipp/ded/lib/all/lob/return_download,ticket,g_u_e_s_t/bid,1985/no_mime_type,0/~/To
urismusprodukte.pdf, (Abruf: 31.01.2007), S.1.
40
Vgl. World Tourism Organization (2006), online im Internet,
URL: http://www.world-tourism.org/facts/menu.html (Abruf: 31.01.2007), S.10.
Tourismus in Entwicklungsländern
12
Als problematisch erweist es sich, zu ermitteln, welchen Anteil der nachhaltige
Tourismus am internationalen Tourismusgeschehen hat. Zum einen ist es schwierig, die
Nachhaltigkeit der bestehenden touristischen Angebote quantitativ zu erfassen; zum
anderen existiert keine eindeutige Typologie der Touristen, die aus nachhaltigen
Beweggründen reisen. Generell kann daher nur vermutet werden, dass auch der
nachhaltige Tourismusmarkt innerhalb des expandierenden Gesamtmarktes wächst.
41
Entwicklungsländer
sehen darin eine Chance, alle verfügbaren natürlichen und
kulturellen Potenziale einzusetzen, um dadurch zumindest teilweise ihrer Armut
entgegenzuwirken.
42
Ressourcen wie ein angenehmes, warmes Klima, (scheinbar)
ökologisch intakte und unberührte Naturlandschaften oder exotische Kulturen und
Völker bieten diesen Ländern durchaus einen Wettbewerbsvorteil auf dem Weltmarkt
43
und werden somit zu ,,Triebfeder[n] der globalen Expansion des Tourismus"
44
.
45
Jedoch stellt nicht nur wirtschaftliches Wachstum ein Ziel zur Überlebenssicherung dar,
sondern auch soziale und politische Probleme des Landes können durch den Ausbau der
Fremdenverkehrswirtschaft bewältigt werden.
Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang allerdings, dass viele
Entwicklungsländer in Anbetracht ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage und aufgrund
fehlender Alternativen häufig bedingungslos dazu bereit sind, ökologische oder
soziokulturelle Auswirkungen
46
des Fremdenverkehrs hinzunehmen in der Hoffnung,
dass diese durch den wirtschaftlichen Nutzen kompensiert werden.
47
Gerade diese
unerwünschten Nebeneffekte haben in der Vergangenheit vielfach zu einer starken
Tourismuskritik
48
und zu einer Zurückhaltung der Tourismusentwicklung in vielen
Entwicklungsländern geführt. Spätestens jedoch seit der UN-Umwelt- und
Entwicklungskonferenz 1992 in Rio de Janeiro und der dort entfachten Debatte um eine
nachhaltige Entwicklung
49
hat sich die Einstellung zum Tourismus international
41
Vgl. Hellwig (2003), S.82.
42
Vgl. Vorlaufer (1984), S.9 f.
Auf eine tiefer gehende Darstellung der Entwicklungstheorien in Entwicklungsländern und der damit
einher gehenden Diskussion soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vgl. hierzu ausführlich Vorlaufer
(1984), S.9ff und (1996a), S.3 ff .
43
Vgl. Vorlaufer (1996a), S.1.
44
Vorlaufer (1984), S.9.
45
Vgl. Vorlaufer (1996a), S.1.
46
Derartige Auswirkungen können z.B. sein: Devisenabflüsse, Prostitution, hoher Wasserverbrauch und
Müllprobleme. Auf die negativen Effekte des Tourismus wird noch ausführlich in Kapitel 2.2
eingegangen.
47
Vgl. Vorlaufer (1984), S.13 und (1996a), S.3.
48
Ausführlicher hierzu später in Kapitel 2.3.
49
Zur Rio Declaration on Environment and Development vgl. ausführlich: United Nations Environment
Programm, online im Internet,
Tourismus in Entwicklungsländern
13
geändert. So hat z.B. eine gründlichere Tourismusplanung vor Ort unter besonderer
Berücksichtigung kritischer Bereiche und möglicher Problemfelder
50
zu einer
verstärkten Verbreitung und Erprobung neuer, ökologisch- und sozialverträglicher
Tourismuskonzepte geführt.
51
Der Beitrag der so genannten Entwicklungsländer zum weltweiten Tourismus-
wachstum ist in den vergangen Jahren deutlich gestiegen. Konnten die Länder der
Dritten Welt Ende der siebziger Jahre nur etwa elf Prozent zum globalen Reiseverkehr
beisteuern
52
,
so hatten diese im Jahr 2004 mit 271 Millionen registrierten Ankünften
einen Anteil von fast vierzig Prozent am weltweiten Gesamtvolumen.
53
Als Gründe für
dieses Wachstum nennt der Tourismusforscher Vorlaufer
54
u.a. technologische
Entwicklungen im Verkehrswesen (z.B. beim Flugverkehr) sowie im
Kommunikationswesen (z.B. bei den Computerreservierungssystemen), die
zunehmende Liberalisierung im grenzüberschreitenden Verkehr (Einreise-, Zoll- und
Devisenbestimmungen) und die Entstehung einer global operierenden und vernetzten
Reiseverkehrswirtschaft.
55
Ungeachtet der Tatsache, dass weltweit mehr als siebzig Prozent der
Auslandsreisen nach Europa und Amerika führen,
56
ist auch in Zukunft mit einem
zunehmenden Reisetrend in die Länder der Dritten Welt zu rechnen.
Die UNWTO geht
zudem davon aus, dass die meisten neuen Arbeitsplätze und Unternehmen im
Tourismussektor heutzutage in den Entwicklungsländern entstehen.
57
URL:http://www.unep.org/Documents.multilingual/Default.asp?DocumentID=78&ArticleID=1163,
(Abruf: 31.01.2007).
50
Charakteristische Probleme sind beispielsweise ein Mangel an Wissen und Qualifikationen sowie an
finanziellen Mitteln, eine schlechte Infrastruktur und mitunter geringe Investitionstätigkeiten.
51
Vgl. Deutscher Entwicklungsdienst (2006), online im Internet,
URL:http://www.ded.de/cipp/ded/lib/all/lob/return_download,ticket,g_u_e_s_t/bid,1985/no_mime_type,0
/~/Tourismusprodukte.pdf, (Abruf: 31.01.2007), S.1.
52
Vgl. Vorlaufer (1984), S.17 und Aderhold et al. (2006), S.XIII.
53
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.XIII.
An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass statistische Daten über den Fremdenverkehr in
Entwicklungsländern meistens auf Schätzungen beruhen. Die im weiteren Verlauf der Arbeit folgenden
Zahlenangaben sollen demzufolge lediglich eine ungefähre Vorstellung von dem dortigen
Tourismusaufkommen vermitteln und gelten insofern nur unter Vorbehalt.
54
Der Tourismusforscher Karl Vorlaufer hat sich insbesondere mit den Folgen der globalen Expansion
des Fremdenverkehrs und mit deren Auswirkungen auf die Entwicklungsländer beschäftigt. In diesem
Zusammenhang entwickelte er Strategien eines umwelt- und sozialverträglichen Tourismus.
Vgl. dazu Vorlaufer (1996a).
55
Vgl. Vorlaufer (1996a), S.33 f.
56
Siehe hierzu auch Tabelle 1.
57
Vgl. Deutscher Entwicklungsdienst (2006), online im Internet,
URL:http://www.ded.de/cipp/ded/lib/all/lob/return_download,ticket,g_u_e_s_t/bid,1985/no_mime_type,0
/~/Tourismusprodukte.pdf, (Abruf: 31.01.2007), S.1.
Tourismus in Entwicklungsländern
14
2.2 Positive und negative Effekte des Tourismus in
Entwicklungsländern
,,Tourismus ist wie Feuer: Du kannst Deine Suppe damit kochen.
- oder Dein Haus damit abbrennen."
Indische Redensart
58
Wie bereits weiter oben erwähnt, werden die Auswirkungen des Tourismus auf die
Wirtschaft und die Gesellschaft in Entwicklungsländern seit Jahren kontrovers
diskutiert.
59
Die Tourismusindustrie bietet den Zielländern zum einen die Hoffnung, die
Lebensverhältnisse im eigenen Land zu verbessern. Zum anderen bringt diese Chance
jedoch oftmals nicht nur einen wirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch viele
Probleme wie die Verstärkung sozialer Ungleichheiten oder Umweltprobleme mit
sich. Welche positiven und negativen Effekte der Tourismus in den
Entwicklungsländern haben kann, soll im Folgenden ausführlich erläutert werden.
2.2.1 Ökonomische Dimension
Kritiker des Tourismus in der Dritten Welt sind überwiegend der Auffassung, der
Fremdenverkehr bringe den Entwicklungsländern nur Verluste ein und nütze lediglich
einheimischen Eliten sowie ausländischen Veranstaltern.
60
Aussagen wie diese können
allerdings aufgrund breiter Wissenslücken und bereits weiter oben erläuterter
Unvollständigkeiten in der Datenerfassung grundsätzlich nicht generalisiert werden.
Stattdessen muss für jeden Einzelfall geprüft und beurteilt werden, ob der Tourismus für
ein Entwicklungsland einen sinnvollen Entwicklungsweg darstellen kann.
61
Dessen ungeachtet kann festgestellt werden, dass immer mehr Regierungen der
Dritte Welt-Länder eine touristische Entwicklung befürworten, da sie wie auch die
Einheimischen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Fremdenverkehrs durchaus als
positiv bewerten.
62
Mit der Förderung des Tourismus werden primär wirtschaftliche
Ziele wie die Verbesserung der Zahlungsbilanz, die Schaffung von Arbeitsplätzen und
die Steigerung der Einkommen verfolgt, die nachfolgend näher erläutert werden
sollen.
63
58
Vgl. respect - Institut für integrativen Tourismus und Entwicklung (2006), online im Internet,
URL: http://www.respect.at/content.php?m_id=6&id=211, (Stand: 31.01.2007).
59
Vgl. Vorlaufer (1984), S.10.
60
Vgl. Friedl (2002), S.64.
61
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.25.
62
Vgl. Friedl (2002), S.64.
63
Vgl. Vorlaufer (1996a), S.127. Bei Aderhold et al. (2006), Friedl (2002) und Kurt (1986) werden als
weitere Faktoren noch die Ausgleichsfunktion sowie der Wertschöpfungseffekt genannt, auf die im
Folgenden jedoch nicht vertiefend eingegangen werden soll. Zudem sollen die Auswirkungen, welche die
Tourismus in Entwicklungsländern
15
2.2.1.1 Deviseneffekt
Den größten unmittelbaren ökonomischen Nutzen erhoffen sich die meisten
Entwicklungsländer aus den Deviseneinnahmen.
64
Um jedoch die tatsächlich im Land verbleibenden Geldmengen bestimmen zu
können, muss deutlich zwischen den Brutto- und Nettodeviseneinnahmen unterschieden
werden.
65
Die Nettodeviseneinnahmen entsprechen den Einnahmen, die nach Abzug der
Devisenausgaben für die Erstellung und Aufrechterhaltung des touristischen Angebots
(z.B. für den Import von Nahrungsmitteln für Touristen oder für Marketingleistungen
im Ausland
66
) verbleiben.
67
Entscheidend ist hierbei die Sickerquote, also der Anteil an
den touristischen Deviseneinnahmen, der zur Finanzierung der importierten Leistungen
wieder ins Ausland fließt.
68
Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass vielfach
auch solche Güter importiert werden, die im Land reichlich vorhanden sind,
69
was zu
Beeinträchtigungen anderer Wirtschaftsbereiche wie z.B. der regionalen Landwirtschaft
führen kann. Preissteigerungen regionaler Produkte sind zuweilen die Folge, wodurch
ferner negative Einkommens- und Beschäftigungseffekte für die einheimische
Bevölkerung entstehen können.
70
Die Bevorzugung und Förderung der Produktion
regionaler Produkte ist in diesem Kontext ein wichtiger Ansatz.
71
Die Höhe der Devisenausgaben ist des Weiteren davon abhängig,
· wie weit ein Land in der Tourismuswirtschaft fortgeschritten ist,
· welche Tourismusform vorherrscht und
· wie es um den Entwicklungsstand und die Infrastruktur des Landes bestellt ist.
72
Demnach ist der Nettodeviseneffekt für ein Land umso positiver, je weiter es in
seiner Entwicklung fortgeschritten ist
73
und je mehr es die für den Tourismus
erforderlichen Importe durch eigene Produkte substituieren kann.
74
ökonomische Umwelt umgekehrt auf die Tourismusentwicklung hat, an dieser Stelle nicht weiter erläutert
werden. Siehe dazu ausführlich Haederich et al. (1998), S.22 f.
64
Nach Angaben der UNWTO stiegen zwischen 1990 und 1998 die Bruttodeviseneinnahmen der
Entwicklungsländer aus dem internationalen Tourismus um durchschnittlich fast acht Prozent pro Jahr.
2003 betrugen sie knapp 156 Milliarden US-Dollar, was einem Anteil von dreißig Prozent der globalen
Einnahmen entspricht. Vgl. Aderhold et al. (2006), S.26.
65
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.26; Vorlaufer (1996a), S.136.
66
Diese Ausgaben sind umso devisenintensiver, je mehr Luxushotels bzw. internationale Hotelketten
gebaut werden. Die Hotels wollen ihrem Kundenstamm weltweit den gleichen Komfort bzw. ihren Gästen
den gewohnten Lebensstandard bieten, weshalb sie oftmals teuere Produkte aus dem Ausland
importieren. Vgl. hierzu Kurt (1986) S.31 f. und Prodel (1986), S.45.
67
Vgl. Maurer et al. (1992), S.67; Prodel (1986), S.45.
68
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.26.
69
Vgl. Prodel (1986), S.45.
70
Vgl. Vorlaufer (1996a), S.143.
71
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.29.
72
Vgl. ebd., S.26 und Vorlaufer (1996a), S.136.
Tourismus in Entwicklungsländern
16
Folglich wird
,,ein an die heimischen Ressourcen angepa[ss]ter Tourismus, der vorrangig die mit
heimischen Inputs erstellten Güter nachfragt, [...]einen geringeren Importbedarf aufweisen
als z.B. ein auch auf den Konsum und Einsatz von Waren aus den Industrieländern
basierender Fremdenverkehr."
75
Fraglich bleibt weiterhin, wem die touristischen Deviseneinnahmen letztlich zugute
kommen bzw. wofür sie schließlich eingesetzt werden. Die erhofften positiven
Entwicklungseffekte bleiben nämlich aus, wenn die Devisen lediglich einer kleinen,
wohlhabenden Schicht einen Gewinn einbringen oder wenn sie nicht der Reinvestition
im eigenen Land dienen.
76
2.2.1.2 Beschäftigungseffekt
Weitere Vorteile, die sich aus dem Fremdenverkehr ergeben können, sind die Schaffung
von Arbeitsplätzen und die daraus resultierenden Einkommenssteigerungen.
77
Der Tourismussektor gilt allgemein als einer der größten Jobgeneratoren.
78
Um
herausfinden zu können, wie viele Arbeitsplätze durch den Fremdenverkehr geschaffen
werden, genügt es nicht, nur die unmittelbar im Hotel- und Gaststättengewerbe
Beschäftigten (z.B. Angestellte in Hotels) zu ermitteln (= direkter Beschäftigungs-
effekt). Auch diejenigen Arbeitsplätze, die durch den Tourismus mittelbar entstehen
(z.B. in den Bereichen der Landwirtschaft und des Kunsthandwerks), müssen in die
Eruierung mit einbezogen werden (= indirekter Beschäftigungseffekt).
79
Die Mehrzahl der Entwicklungsländer ist durch Kapitalmangel einerseits und eine
große Zahl zumeist unqualifizierter Arbeitskräfte andererseits gekennzeichnet.
80
Somit
liegt der Schluss nahe, dass gerade in den Ländern der Dritten Welt, in denen eine hohe
Arbeitslosigkeit herrscht, eine hohe Arbeitsmarktreserve zur Verfügung stehe.
81
Der
Fremdenverkehr mit seiner Arbeitsplätze schaffenden Wirkung scheint demnach auf
den ersten Blick eine wichtige Hilfe für viele Länder zu sein, da er gegenüber anderen
Wirtschaftssektoren wie z.B. der Industrie viel Beschäftigung bietet, aber
73
Vgl. Deutscher Bundestag (2004), S.9 ff zitiert nach Aderhold et al. (2006), S.26.
74
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.26; Friedl (2002), S.65; Vorlaufer (1996a), S.136.
75
Vorlaufer (1996a), S.136.
76
Beispielsweise werden Straßen von den Flughäfen zu den Hotels ausgebaut, während für die inländische
Wirtschaft wichtige Verbindungen vernachlässigt werden. Abgelegene Hotels werden an das Wasser- und
Stromnetz angeschlossen; die umliegenden Dörfer hingegen nicht.
Vgl. Friedl (2006), S.66 sowie Aderhold et al. (2006), S.27 und S.30.
77
Vgl. Kurt (1986), S.37. Auf die Einkommenseffekte wird ausführlich im folgenden Abschnitt
eingegangen.
78
Vgl. Vellas/Bécherel (1995), S.217.
79
Vgl. Kaspar (1992), S.362, Kaspar (1986), S.124 sowie Kurt (1986), S.38 ff.
80
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.27 und Vorlaufer (1996a), S.140.
81
Vgl. hierzu Mundt (2006), S.468 sowie ähnlich bei Kurt (1986), S.43.
Tourismus in Entwicklungsländern
17
verhältnismäßig wenig kapitalintensiv ist.
82
Bei eingehender Betrachtung wird jedoch
deutlich, dass das Verhältnis zwischen Kapitaleinsatz und geschaffener Arbeit von
weiteren Einflüssen abhängig ist wie z.B. von den sozioökonomischen Verhältnissen,
von der Ressourcenausstattung sowie von der Art und dem Standort der Unterkünfte.
83
Die Behauptung, dass im Tourismusbereich überwiegend ,,untergeordnete"
Tätigkeiten (z.B. als Dienstmädchen) dominieren, die auch von wenig qualifizierten
oder gänzlich unqualifizierten Personen ausgeführt werden können, und dass dies somit
eine Lösung für die Arbeitsmarktproblematik in den Dritte Welt - Ländern darstellen
könne, wird deshalb von vielen Experten als nicht haltbar angesehen.
84
Folglich muss
der Beschäftigungseffekt für jedes Land einzeln betrachtet werden, da sich keine
allgemein gültige Aussage für alle Länder machen lässt.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die durch den Tourismus direkt oder indirekt
entstandenen Arbeitsplätze auch Nachteile und Probleme aufwerfen können, die oftmals
in der Betrachtung vernachlässigt werden. Zu nennen sind hierbei unter anderem:
· die durch den saisonalen Charakter des Fremdenverkehrs entstehenden
Beschäftigungsschwankungen
85
· Probleme wie beispielsweise Prostitution
86
· die kostenintensive Ausbildung bzw. Qualifizierung der einheimischen
Arbeitnehmer
87
sowie
· die in diesem Zusammenhang relativ häufig vorkommende Besetzung besser
bezahlter Posten (wie etwa Direktoren oder Manager) durch höher qualifizierte
Personen aus anderen Regionen oder aus dem Ausland.
88
Vor allem der zuletzt genannte Punkt sollte die Politiker und Regierenden dazu
anregen, die Bildungs- und Ausbildungsdefizite in den Entwicklungsländern durch
entsprechende Maßnahmen auszugleichen.
Bei der Betrachtung der Nachteile, die mit
der Schaffung von Jobmöglichkeiten im Tourismus einhergehen können, sei jedoch
darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nicht zwingend um tourismusspezifische
Probleme handeln muss. Auch in anderen Wirtschaftssektoren der Entwicklungsländer
82
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.27; Vorlaufer (1996a), S.139; Prodel (1983), S.43.
83
Vgl. hierzu ausführlich Aderhold et al. (2006), S.27.
84
Vgl. Friedl (2002), S.68; Prodel (1983), S.43.
85
Vgl. hierzu Kurt (1986), S.42 f; Prodel (1986), S.44.
86
Vgl. dazu ausführlich Freyer (2006), S.488 f. sowie Aderhold et al. (2006), S.34 f.
87
Vgl. Kurt (1986), S.41 und Aderhold et al. (2006), S.28. Einige Länder versuchen, mit der Schaffung
von Berufsausbildungszentren für die Reisebranche die Qualifizierung der Einheimischen zu fördern.
Jedoch sind diese Maßnahmen häufig mit hohen Kosten und daher eventuell mit weiteren Kredit-
aufnahmen verbunden. Vgl. dazu Prodel (1986), S.43.
88
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.28 sowie Prodel (1986), S.43 und S.46.
Tourismus in Entwicklungsländern
18
können schlechte Arbeitsbedingungen bei unzureichender Bezahlung vorherrschen. Der
Fremdenverkehr kann somit für die lokale Bevölkerung oftmals weitaus bessere
Chancen bieten.
89
2.2.1.3 Einkommenseffekt
,,Der durch die touristische Nachfrage ausgelöste Bedarf an Gütern oder
Dienstleistungen führt zu einem wirtschaftlichen Multiplikationseffekt"
90
. Gemäß dem
Multiplikatormodell
91
wird davon ausgegangen, dass Einnahmen aus dem Tourismus
eine ökonomische Wirkung entwickeln, die über ihren direkten nummerischen Wert
hinausreichen. Dieser Effekt bewirkt, dass der vom Touristen aufgewendete Geldbetrag
verschiedene Stadien durchläuft (Nachfragekette), wodurch wiederum neue Einkommen
generiert werden können, sofern der Betrag nicht angelegt bzw. aus dem örtlichen,
regionalen oder nationalen volkswirtschaftlichen Kreislauf entnommen wird.
92
Der
touristische Multiplikatoreffekt ist besonders hoch, wenn intraregionale Bezugsquellen
dominieren, d.h. wenn primär Güter bzw. Dienstleistungen aus der regionalen
Landwirtschaft oder dem Handel und Gewerbe bezogen werden.
93
2.2.1.4 Problem
touristischer
Monokultur
Für einige Entwicklungsländer, denen die Grundlage für eine landwirtschaftliche oder
industrielle Entwicklung fehlt, stellt der Tourismus eines der tragenden Elemente ihrer
Entwicklungs- und Diversifizierungsstrategie
94
dar. Obgleich die ökonomischen
Vorteile hier oftmals überwiegen und in gewissen Phasen der Tourismusentwicklung
die Wachstumsraten in anderen Wirtschaftsbereichen gemäß dem Multiplikatoreffekt
hoch sind, laufen diese Länder häufig Gefahr, sich zu sehr auf den Fremdenverkehr zu
konzentrieren und dadurch eine touristische Monostruktur aufzubauen.
95
In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass der Tourismus einen
Wirtschaftssektor darstellt, welcher besonders empfindlich gegenüber Schwankungen
der internationalen, politischen und wirtschaftlichen Lage ist.
96
Durch eine zu starke
89
Vgl. Friedl (2002), S.69.
90
Mundt (2006), S.432.
91
Vgl. hierzu ausführlich Mundt (2006), S.432 ff.
92
Vgl. Kaspar (1992), S.363; Kaspar (1986), S.125; Kurt (1986), S.45; Prodel (1986), S.51 sowie
ausführlich Mundt (2006), S.435 und Swarbrooke (1998), S.63.
93
Vgl. Kaspar (1992), S.363.
94
,,Diversifikation" bezeichnet die Ausweitung eines Warenangebots oder Sortiments von Unternehmen
und ist ein in der betrieblichen Produktpolitik gebräuchlicher Begriff. Zum Begriff ,,Produkt-
diversifikation" vgl. u.a. Becker (2006), S.146 ff.
95
Vgl. Aderhold et al. (2006), S.29 f.
96
Vgl. Prodel (1986), S.51; Friedl (2002), S.66.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (eBook)
- 9783836617178
- DOI
- 10.3239/9783836617178
- Dateigröße
- 978 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Leuphana Universität Lüneburg – Fakultät Wirtschafts-, Verhaltens- und Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre, Abt. Empirische und angewandte Tourismuswissenschaft und Tourismusmanagement
- Erscheinungsdatum
- 2008 (August)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- südafrika tourismus community based tourism apartheid sozialverträglichkeit