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Das Informationsverhalten der Generation 60 plus

Eine empirische Studie am Beispiel der Unterhaltungselektronik

©2007 Diplomarbeit 138 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Erstmal mach ich mich schlau… überwiegend im Internet. Ja. Erstmal Stiftung Warentest im Internet. Früher hab ich sie mir gekauft. Heute brauch ich sie nicht mehr. Und wenn ich wirklich beabsichtige, mir ein Produkt zu kaufen, dann drucke ich mir die Testberichte auch aus. Die muss ich dann bezahlen, aber da hab ich mir ein Konto anlegt. Und wenn es wirklich wichtig ist, dann ziehe ich es mir auch runter und druck es aus. Das ist also der erste Schritt.
Dieser Kommentar entstammt aus einer qualitativen Vorstudie, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführt wurde. Die Probandin sollte in diesem Zusammenhang beschreiben, wie sie ihre Informationssuche beim Kauf eines Fernsehers gestaltet. Die Antwort erscheint auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich, bedenkt man aber, dass es sich bei der Probandin um eine Seniorin von 64 Jahren handelt, dann wirft die Aussage interessante Fragestellungen auf, insbesondere für das Handelsmarketing von Konsumelektronikhändlern. Allem Anschein nach greift das Bild der typischen Senioren nicht mehr. Die Aussage lässt vermuten, dass ein zunehmendes Alter gleichbedeutend mit einer Abwehrhaltung gegenüber Neuem zu verstehen ist, pauschal nicht mehr zutrifft. Das nehmen mittlerweile immer mehr Unternehmen aus der Wirtschaft wahr, die die Generation 60plus als neuen Wachstumsmarkt entdeckt haben.
Der Grund ist simpel. Die über 60-Jährigen sind kaufkräftig, konsumfreudig und werden immer mehr. Der demographische Wandel wird dafür sorgen, dass im Jahr 2020 rund 30% der deutschen Gesamtbevölkerung der Gruppe der über 60-Jährigen angehören werden. Das ergibt einen Markt von knapp 25 Millionen Konsumenten, welcher bedient werden möchte. Mit einer geschätzten Kaufkraft von jährlich mehr als 400 Milliarden Euro ist er sogar doppelt attraktiv. Erst recht, wenn erste Studien beschreiben, dass die Senioren in vielen Bereichen konsumfreudiger werden. Beispielsweise reisen sie mehr und sind zunehmend an Produkten der Unterhaltungselektronik interessiert. Diese Situation hat auch der Handel für Unterhaltungselektronik erkannt. Nach schwierigen Jahren zu Beginn des neuen Jahrtausends konnten sich die Händler zuletzt wieder fangen. Dennoch sieht sich der Elektrofachhandel mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Viele Verbraucher haben sich zuletzt auf den neuesten Stand der Technik gebracht und weitere absatzstarke Technologien sind nicht in Sicht. Zudem ist sich der Handel bewusst, dass ein […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Rafael Grieger
Das Informationsverhalten der Generation 60 plus
Eine empirische Studie am Beispiel der Unterhaltungselektronik
ISBN: 978-3-8366-0908-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abbildungsverzeichnis ... IV
Tabellenverzeichnis ... VI
1 Einleitung
... 1
1.1 Der
Elektronikfachhandel
...
2
1.1.1
Herausforderungen für den Elektronikfachhandel ... 3
1.1.2
Die neue Chance auf Wachstum ... 6
1.2 Merkmale des Handelsmarketing ... 6
1.2.1
Abgrenzung des Begriffs Handelsmarketing ... 7
1.2.2
Absatzpolitische Instrumente von Handelsunternehmen ... 8
1.3 Zielsetzung
...
10
1.4 Aufbau und Konzept der Arbeit ... 10
2 Der dritte Lebensabschnitt und seine Bedeutung für die Wirtschaft ... 12
2.1 Der dritte Lebensabschnitt ... 12
2.1.1
Die Diversität des Alters ... 12
2.1.2
Der Trend zur Verjüngung des Alters ... 15
2.2 Der
Seniorenmarkt
...
16
2.2.1
Der demographische Wandel in Deutschland ... 17
2.2.2
Merkmale der senioralen Zielgruppe ... 18
2.2.2.1
Die finanzielle Situation ... 18
2.2.2.2 Die
Konsumbereitschaft
...
19
2.2.2.3
Die gestiegene Lebensqualität ... 20
2.2.2.4
Die erhöhte Kundenlebensdauer ... 20
2.2.2.5 Die
Selbständigkeit
... 20
2.3 Die Innovationsbereitschaft der Senioren ... 20
2.3.1
Senioren und die Unterhaltungselektronik ... 21
2.3.2
Senioren und das Internet ... 22
2.4 Fazit
...
22

II
Inhaltsverzeichnis
3 Das Kauf- und Informationsverhalten der Senioren ... 24
3.1 Der
Kaufentscheidungsprozess
...
24
3.1.1
Typologien des Entscheidungsverhaltens ... 26
3.1.2
Erweiterung des Basismodells um seniorale Determinanten
zu einem Strukturmodell ... 27
3.2 Das
Informationsverhalten
...
29
3.2.1 Phasen
des
Informationsverhaltens
... 29
3.2.2 Informationsbedarf
...
31
3.2.3 Die
Informationssuche
...
32
3.2.3.1
Seniorenspezifische Determinanten der Informationssuche 34
3.2.3.2
Das Ausmaß der Informationsmenge ... 35
3.2.3.3 Die
Informationsquellennutzung
...
36
3.2.3.4
Die aufgenommenen Informationsinhalte ... 38
3.2.4 Die
Informationsverarbeitung
...
39
3.3 Fazit
...
40
4 Entwicklung eines Informationssuchmodells und Hypothesengenerierung ... 41
4.1 Einflussgrößen für das Informationssuchverhalten ... 41
4.2 Das
Kosten-Nutzen-Konzept
...
44
4.2.1
Wahrgenommener Nutzen der Informationssuche ... 45
4.2.2
Wahrgenommener Aufwand der Informationssuche ... 45
4.3 Entwicklung der Einflussgrößen für das seniorale Informationssuchverhalten ... 47
4.3.1 Subjektives
Wissen
...
46
4.3.2 Produktkomplexität
...
49
4.3.3 Soziale
Kontakte
...
49
4.3.4 Subjektiver
Gesundheitszustand
...
50
4.3.5 Qualitätsbewusstsein
...
51
4.3.6 Preissensibilität
...
52
4.3.7 Wahrgenommenes
Risiko
...
53
4.3.8 Produkt-Involvement
...
55
4.4 Fazit
...
56
5 Empirische Untersuchung ...
58
5.1 Erhebungsdesign
...
58
5.2 Deskriptive
Ergebnisse
...
62
5.2.1
Allgemeine Nutzung der Informationsquellen ... 62
5.2.2
Nutzung der Informationsquellen für einen Preisvergleich ... 66
5.2.3
Bedeutung der Produktmerkmale ... 69
5.2.4
Einfluss des Produkt-Involvements und des subjektiven Wissens
auf die Nutzung von Informationsquellen und die Bedeutung von
Produktmerkmalen ... 72

III
Inhaltsverzeichnis
5.2.5 Fazit
...
75
5.3 Überprüfung des Messmodells ... 76
5.3.1
Auswahl des Messinstruments ... 76
5.3.2
Gütekriterien zur Beurteilung von reflektiven Messmodellen ... 78
5.3.3
Operationalisierung und Gütebeurteilung des Informationssuchmodells 79
5.3.4
Überprüfung des Informationssuchmodells auf Diskriminanzvalidität ... 87
5.3.5 Fazit
...
89
5.4 Überprüfung des Strukturmodells ... 89
5.4.1
Gütekriterien zur Beurteilung von Strukturmodellen ... 90
5.4.2
Überprüfung der Hypothesen ... 92
5.4.3 Fazit
...
94
5.5 Einfluss des wahrgenommenen Nutzens und des Aufwands der
Informationssuche auf die Nutzung von Informationsquellen und
die Bedeutung von Produktmerkmalen ... 95
5.5.1
Nutzung der Informationsquellen ... 95
5.5.2
Bedeutung der Produktmerkmale ... 97
5.5.3 Fazit
...
98
6 Diskussion der Ergebnisse ... 99
6.1 Theoriebezogene
Diskussion
...
99
6.2 Praxisbezogene
Diskussion
...
100
7 Resümee, Kritik und Ausblick ... 112
Literaturverzeichnis ... VIII
Fragebogen zur Hauptstudie ... XV
Interviewleitfaden zur Vorstudie ... XXI

IV
Abbildungsverzeichnis
1.1 Umsatzentwicklung für die Konsumelektronik von 2002 bis 2006 , in Mio.
(Quelle: GfK 2007) ... 3
1.2 Anzahl der Konsumelektronikmärkte der 5 größten Händler
(Quelle: A.T. Kearney 2007) ... 4
1.3 Marktanteile der Handelsunternehmen in der Konsumgüterelektronik
(Quelle: A.T Kearney 2007) ... 4
1.4 Umsatzanteile bei Konsumelektronik nach Altersgruppen, in %
(Quelle: GfK 2005) ... 6
1.5 Absatzpolitsiche Instrumente des Handelsbetriebs nach
Müller-Hagedorn (2005) ... 8
2.1 Dimensionen des Alters nach Brünner (1997)
2.2 Statistisches Bundesamt 2006, 11. Koordinierte Bevölkerungs-
vorausberechnung ... 17
2.3 Pro-Kopf-Kaufkraft in Deutschland nach Altersklassen; Jahresnettoeinkommen
je Einwohner in Euro (Quelle: GfK 2005) ... 19
2.4 Merkmale der ,,neuen" Seniorengeneration ... 23
3.1 Phasen des Kaufentscheidungsprozesses nach Engel et al. (2006) ... 25
3.2 Determinanten des Entscheidungs- und Informationsverhaltens
älterer Konsumenten (angelehnt an Hupp 1999 und Meffert 2000)... 28
3.3 Überblick über ausgewählte Phasen des Informationsprozesses ... 30
3.4 Determinanten des subjektiven Informationsbedarfs bei Kaufentscheidungen
nach Raffée und Silberer (1981) ... 32
4.1 Modell zur externen Informationssuche nach Srinivasan und Ratchford (1991) 42
4.2 Wilkes Gesamtmodell zum Konsumentenvertrauen und zur externen
Informationssuche ... 43
4.3 Kosten-Nutzen-Konzept der Informationssuche ... 44
4.4 Hypothese 1 zum ,,wahrgenommenen Nutzen der Informationssuche" ... 45
4.5 Hypothese 2 zum ,,wahrgenommenen Aufwand der Informationssuche" ... 46
4.6 Hypothese 3 zum ,,subjektiven Wissen" ... 48
4.7 Hypothese 4 zur ,,Produktkomplexität" ... 49

V
Abbildungsverzeichnis
4.8 Hypothese 5 zu den ,,sozialen Kontakten" ... 50
4.9 Hypothese 6 zum ,,subjektiven Gesundheitszustand" ... 51
4.10 Hypothese 7 zum ,,Qualitätsbewusstsein" ... 52
4.11 Hypothese 8 zur ,,Preissensibilität" ... 53
4.12 Dimensionen des wahrgenommenen Risikos ... 54
4.13 Hypothese 9 zum ,,wahrgenommenen Risiko" ... 55
4.14 Hypothese 10 zum ,,Produkt-Involvement" ... 55
4.15 Konzeptualisiertes Modell zur externen Informationssuche von Senioren ... 57

VI
Tabellenverzeichnis
3.1 Der Einfluss von Determinanten des Kaufverhaltens auf die Informationssuche
von Senioren (angelehnt an Kölzer 1995) ... 34
3.2 Zuordnung der Kenntnisse aus den Determinanten des Käuferverhaltens zu den
Fragestellungen des Informationsverhaltens (angelehnt an Kölzer 1995) ... 40
4.1 Hypothesen zur Intensität der Informationssuche von Senioren ... 56
5.1 Altersstruktur und Geschlechterverteilung ... 60
5.2 Verteilung des Bildungsgrads und Haushaltseinkommens ... 61
5.3 Verteilung des Lebensstatus' ... 61
5.4 Verteilung der Berufstätigkeit ... 62
5.5 Nennung der wichtigsten Informationsquelle ... 63
5.6 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Alter ... 64
5.7 Mittelwertvergleich der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Geschlecht ... 64
5.8 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Lebensstatus ... 65
5.9 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Bildungsgrad ... 65
5.10 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Einkommen... 66
5.11 Nutzung der Informationsquellen für einen Preisvergleich und Nennung
der wichtigsten Informationsquelle ... 67
5.12 Nutzung der Informationsquellen für einen Preisvergleich in Abhängigkeit
vom Lebensstatus ... 68
5.13 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Bildungsgrad ... 68
5.14 Bedeutung einzelner Produktmerkmale in Abhängigkeit vom Alter ... 70
5.15 Rangfolge der Produktmerkmale ... 71
5.16 Mittelwerte der durch die Probanden gegebenen Antworten
zu den jeweiligen Fragekonstrukten ... 72
5.17 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit vom Produkt-Involvement
und subjektiven Wissen ... 73
5.18 Nutzung der Informationsquellen für einen Preisvergleich in Abhängigkeit
vom Produkt-Involvement und subjektiven Wissen ... 74
5.19 Bedeutung der Produktmerkmale in Abhängigkeit vom Produkt-Involvement
und subjektiven Wissen ... 74

VII
Tabellenverzeichnis
5.20 Produkt-Involvement und subjektives Wissen in Abhängigkeit vom Geschlecht 75
5.21 Fragenkatalog zur Spezifikation eines Messmodells ... 77
5.22 Gütebeurteilung für das Konstrukt ,,Intensität der Informationssuche" ... 80
5.23 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,wahrgenommener Nutzen der Informationssuche" ... 81
5.24 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,wahrgenommener Aufwand der Informationssuche" ... 82
5.25 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,Produktkomplexität" ... 82
5.26 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,subjektives Wissen" ... 83
5.27 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,Preissensibilität" ... 84
5.28 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,subjektiver Gesundheitszustand" ... 84
5.29 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,soziale Kontakte" ... 85
5.30 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,wahrgenommenes Risiko" ... 86
5.31 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,Qualitätsbewusstsein" ... 86
5.32 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse für das Konstrukt
,,Produkt-Involvement" ... 87
5.33 Korrelationsmatrix des Informationssuchmodells ... 88
5.34 Überprüfung auf Diskriminanzvalidität im Informationssuchmodell
(Fornell und Larcker 1981) ... 89
5.35 Beurteilung von R² nach Chin (1998) ... 90
5.36 Beurteilung von f² nach Chin (1998) ... 91
5.37 Überprüfung der Pfade im konzeptualisierten Modell nach Richtung,
Signifikanz und Erklärungskraft und Bestätigung der Hypothesen ... 92
5.38 Überprüfung der Effektgröße f² ... 93
5.39 Nutzung der Informationsquellen in Abhängigkeit des wahrgenommenen Nutzens
und Aufwands der Informationssuche beim Kauf von Unterhaltungselektronik .. 96
5.40 Nutzung der Informationsquellen beim Preisvergleich in Abhängigkeit des wahrge-
nommenen Informationssuchnutzens beim Kauf von Unterhaltungselektronik .. 97
5.41 Bedeutung der Produktmerkmale in Abhängigkeit des wahrgenommenen
Informationssuchnutzens beim Kauf von Unterhaltungselektronik ... 97

1
Kapitel 1
Einleitung
,,Erstmal mach ich mich schlau... überwiegend im Internet. Ja. Erstmal Stiftung Warentest im Internet.
Früher hab ich sie mir gekauft. Heute brauch ich sie nicht mehr. Und wenn ich wirklich beabsichtige, mir
ein Produkt zu kaufen, dann drucke ich mir die Testberichte auch aus. Die muss ich dann bezahlen, aber
da hab ich mir ein Konto anlegt. Und wenn es wirklich wichtig ist, dann ziehe ich es mir auch runter und
druck es aus. Das ist also der erste Schritt."
Dieser Kommentar entstammt aus einer qualitativen Vorstudie, die im Rahmen der vorlie-
genden Arbeit durchgeführt wurde. Die Probandin sollte in diesem Zusammenhang be-
schreiben, wie sie ihre Informationssuche beim Kauf eines Fernsehers gestaltet. Die Antwort
erscheint auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich, bedenkt man aber, dass es sich bei der
Probandin um eine Seniorin von 64 Jahren handelt, dann wirft die Aussage interessante
Fragestellungen auf, insbesondere für das Handelsmarketing von Konsumelektronikhänd-
lern.
Allem Anschein nach greift das Bild der typischen Senioren nicht mehr. Die Aussage lässt
vermuten, dass ein zunehmendes Alter gleichbedeutend mit einer Abwehrhaltung gegenüber
Neuem zu verstehen ist, pauschal nicht mehr zutrifft. Das nehmen mittlerweile immer mehr
Unternehmen aus der Wirtschaft wahr, die die
Generation 60plus
als neuen Wachstums-
markt entdeckt haben. Der Grund ist simpel. Die über 60-Jährigen sind kaufkräftig, konsum-
freudig und werden immer mehr. Der demographische Wandel wird dafür sorgen, dass im
Jahr 2020 rund 30% der deutschen Gesamtbevölkerung der Gruppe der über 60-Jährigen
angehören werden. Das ergibt einen Markt von knapp 25 Millionen Konsumenten, welcher
bedient werden möchte. Mit einer geschätzten Kaufkraft von jährlich mehr als 400 Milliarden
Euro ist er sogar doppelt attraktiv. Erst recht, wenn erste Studien beschreiben (vgl. GfK
2002), dass die Senioren in vielen Bereichen konsumfreudiger werden. Beispielsweise rei-
sen sie mehr und sind zunehmend an Produkten der Unterhaltungselektronik interessiert.
Diese Situation hat auch der Handel für Unterhaltungselektronik erkannt. Nach schwierigen
Jahren zu Beginn des neuen Jahrtausends konnten sich die Händler zuletzt wieder fangen.
Dennoch sieht sich der Elektrofachhandel mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Viele

2
1.1 Der
Elektronikfachhandel
Verbraucher haben sich zuletzt auf den neuesten Stand der Technik gebracht und weitere
absatzstarke Technologien sind nicht in Sicht. Zudem ist sich der Handel bewusst, dass ein
quantitatives Wachstum, wie es in den letzten Jahren betrieben wurde, zukünftig immer we-
niger erfolgsversprechend sein wird. Zum Schluss sieht sich der Elektrofachhandel der zu-
nehmenden Popularität des Internets gegenübergestellt. Insofern besteht von Seiten des
Elektrofachhandels ein enormes Interesse neue Wachstumspotenziale ausfindig zu machen.
Aus diesem Grund hat diese innovative Branche die Zielgruppe 60plus entdeckt. Allerdings
stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit die Händler für Unterhaltungselekt-
ronik für den Wachstumsmarkt der Senioren mit ihren bisherigen Erfolgsfaktoren ­ großes
Sortiment bei günstigem Preis-Leistungsverhältnis und ein eher aufmerksamkeitsstarkes und
polarisierendes Marketing ­ gewappnet sind.
Der Kampf um die Zielgruppe der Senioren wird daher von den Elektronikfachmärkten ge-
wonnen, die den Bedürfnissen der älteren Konsumenten nachhaltig entsprechen. Hierfür ist
die genaue Kenntnis der Zielgruppe und ihres Informationsverhaltens erforderlich, um das
Handelsmarketing der Fachmärkte optimal auszurichten. Nach Kölzer (1995, S. 72) sind die-
se Informationen für das Handelsmarketing relevant, als ,,der Handel seine Leistungen so
gestalten soll, dass die Bedürfnisse und Erwartungen der potenziellen und tatsächlichen
Kunden möglichst zufriedenstellend erfüllt werden." Kaum überschaubare Produktpaletten,
Qualitätsunterschiede, die nur schwer auf den ersten Blick zu erkennen sind, technische
Fachbegriffe, viel zu komplizierte Gebrauchsanweisungen oder die fehlende persönliche
Beratung vor Ort sind nur einige Schwierigkeiten, denen sich die wachsende Käufergruppe
jenseits der 60 stellen muss. D.h., dass bei erfolgreicher Gestaltung der Handelsleistungen
die Gewinnung von Senioren als Neukunden oder als Stammkundschaft sowie eine Steige-
rung der Abverkäufe innerhalb dieser Kundengruppe erreicht werden kann. Insofern ist für
eine stärkere Berücksichtigung der Senioren im Elektrofachhandel eine Analyse des Informa-
tionsverhaltens der Zielgruppe 60plus unerlässlich.
1.1 Der
Elektronikfachhandel
Zu Beginn des neuen Jahrtausends war der Einzelhandel von Elektroartikeln sowohl in
Deutschland als auch in Westeuropa von einem harten Konkurrenzkampf gezeichnet. Das
führte dazu, dass seit 1998 in Westeuropa 17.800 Elektro-Fachgeschäfte schließen muss-
ten. Primär traf es dabei die mittelständischen Elektroeinzelhändler, die weder über eine kla-
re Struktur und Marktposition verfügten noch einer Verbundgruppe angehörten und deshalb
einer höheren Insolvenzgefahr unterlagen (vgl. Kohfink 2004). Neben den aggressiven
Preiskämpfen, steigenden Werbebudgets und sinkenden Renditen waren die fast 1.000 neu
eröffneten
Elektro-Fachmärkte
Ursache für den Verdrängungswettbewerb.

3
Kapitel 1
Einleitung
Nach der gängigen Definition im Markenlexikon werden Fachmärkte als Betriebsform des Einzelhandels
beschrieben, ,,deren Sortiment auf bestimmte Branchen ausgerichtet und tief gegliedert ist. Sie werden
zwischen dem Fachgeschäft (hinsichtlich Sortiment) und dem Verbrauchermarkt (hinsichtlich Standort,
äußerem Erscheinungsbild und Preisniveau) angesiedelt." (Markenlexikon.com)
Ein weiteres Problem ging zudem von branchenfremden Unternehmen aus, die sich immer
mehr dem Geschäft mit Konsumelektronik und ,,weißer Ware"
1
zuwandten. Dazu zählte auch
der Lebensmitteleinzelhandel, allen voran die Discounter, welche den Fachmärkten und
Fachgeschäften signifikante Umsatzanteile entrissen. Die Situation entspannte sich erst wie-
der in 2004. Abbildung 1.1 zeigt, dass sich der deutsche Markt für Konsumgüterelektronik
nach der Stagnation in 2002 und 2003 überaus positiv entwickelt hat. Es setzte ein kräftiger
Aufschwung ein.
Abbildung 1.1: Umsatzentwicklung für die Konsumelektronik von 2002 bis 2006, in Mio. (Quelle: GfK 2007)
In Deutschland verbuchte die Konsumelektronik mit 22.416 Milliarden Euro einen Rekordum-
satz im Jahr 2006. Der größte Anteil fällt auf die Unterhaltungselektronik mit 49%. Dieser
Bereich wächst um 10% auf 13,4 Milliarden Euro. Die Unterhaltungselektronik steht im konk-
reten Bezug zur Themenstellung der Arbeit, weshalb auf die übrigen Segmente wie die In-
formationstechnologie oder Telekommunikation nicht detailliert eingegangen wird. Für die
Unterhaltungselektronik waren die Flachbild-Fernseher, die vor allem vor der Fußball-
Weltmeisterschaft auf reges Kundeninteresse stießen, maßgebliche Wachstumstreiber. Zu-
dem konnten DVD-Recorder, insbesondere die Modelle mit eingebauter Festplatte, stark
zulegen. Ein weiterer Grund für den Umsatzanstieg in der Konsumelektronik sind frühere
Discountkäufer, die nach einigen Qualitätsenttäuschungen nun gerne zum Fachhandel
1
Unscharfer Sammelbegriff für Haushaltselektrogeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen, Spülmaschinen, Herde, Mikrowellenherde etc., die
farblich meistens in Weiß gehalten sind.

4
1.1 Der
Elektronikfachhandel
zurückkehren. Erste Studien der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stützen diese The-
se, in denen der Kauf von Elektrokleingeräten untersucht wurde. Dabei kehrten 62% der Al-
di-Käufer zum Fachhandel wieder zurück. Untersuchungen belegen, dass der Höhepunkt im
Mengenanteil der Discounter bei Elektrokleingeräten bereits im Jahr 2003 überschritten wur-
de und erstmals wieder den Stand von 1999 erreichte (GfK, Elektro Scope 2006, S.18).
Über diese Entwicklungen konnten sich die fünf größten Handelsunternehmen entsprechend
freuen, denn sie vermeldeten positive Umsatzentwicklungen mit bis zu 15% Wachstum zum
Vorjahr 2005. Dazu gehören die Media Saturn Gruppe, die Pro-Markt Handels GmbH sowie
die drei größten Verbundgruppen Deutschlands Electronics Partner, Euronics Deutschland
eG (ehemals Red Zac) und Expert. In den Abbildungen 1.2 und 1.3 werden die bedeutend-
sten Händler nach Anzahl der Märkte und Marktanteilen dargestellt.
Abbildung 1.2: Anzahl der Konsumelektronikmärkte der 5 größten Händler (Quelle: A.T. Kearney 2007)
Abbildung 1.3: Marktanteile der Handelsunternehmen in der Konsumgüterelektronik (Quelle: A.T Kearney 2007)

5
Kapitel 1
Einleitung
1.1.1
Herausforderungen für den Elektronikfachhandel
Auch wenn die jüngsten Umsatzsteigerungen in der Konsumelektronik die Handelsunter-
nehmen wieder gestärkt haben, warten neue Herausforderungen auf diese Branche. Dafür
ist es erforderlich, sich der Gründe für die Wachstumsschübe seit 2004 bewusst zu werden.
Die neu gewonnene Konsumlaune der Käufer ist sicherlich eine wichtige Ursache zur Erklä-
rung für den Umsatzanstieg. Nach Jahren des konjunkturellen Stillstands wollte sich der
Verbraucher endlich wieder etwas ,,gönnen". Außerdem wurde das Wachstum der letzten
drei Jahre durch Technologiesprünge in zwei Segmenten ausgelöst. Zum einen erfolgte ein
geradezu überwältigendes Wachstum der digitalen Technologie ­ allen voran die Digitalka-
mera. Zum anderen setzte sich, wie bereits erwähnt, die Produktkategorie der Flachbild-
Fernseher mit HD-Technologie durch (vgl. A.T. Kearney 2007). Allerdings ist abzusehen,
dass diese beiden Produktkategorien bald in eine sogenannte Konsolidierungsphase eintre-
ten, in der sich die Verbraucher nur noch bei Ausfall des Altgerätes ein neues Produkt zule-
gen werden. Der IT-Branchenverband BITKOM rechnet somit für die kommenden Jahre mit
einem moderaten Wachstum von 1,6%, da sich viele ,,Hightech-Fans" in 2006 auf den
neuesten Stand der Technik gebracht haben. Zudem sind neue Technologien, die weitere
Wachstumsschübe auslösen könnten, nicht in Sicht.
Ein weiterer Grund für den Umsatzanstieg ist vor allem aber auch das quantitative Wachs-
tum der Händlergruppen. Die Handelsunternehmen weiteten ihre Gesamtverkaufsfläche aus,
indem sie über zusätzliche Märkte wuchsen. Beispielsweise wuchs in 2006 die Zahl der Mit-
glieder bei Electronics Partner um 21 Fachgeschäfte. Saturn und Media Markt eröffneten
jeweils 14 und 8 neue Standorte in Deutschland und Expert expandierte um weitere 20 Märk-
te im gleichen Zeitraum. Es ist mittlerweile abzusehen, dass sich eine solche Expansions-
strategie aufgrund des dichten Filialnetzes im deutschen Elektrofachhandel nicht weiter um-
setzen lässt. Erste Handelsunternehmen haben das erkannt und wollen sich wie Electronics
Partner zukünftig stärker auf ein qualitatives Wachstum konzentrieren.
Als weitere Herausforderung ist das Medium Internet zu betrachten. Käufe über das Internet
werden immer populärer, insbesondere die der Unterhaltungselektronik. Daher wird der
Markt für Unterhaltungselektronik durch tief greifende Veränderungen der Technologien so-
wie der Handelsstrukturen geprägt. Dies betrifft die fast grenzenlose Verfügbarkeit von In-
formationen über Produkte und Preise sowie die Möglichkeit zum Verkauf und Einkauf über
das Internet. 83% der Elektronikhändler in Deutschland sind bereits im Internet präsent, wo-
von 42% die Möglichkeit zum Online-Shopping bieten. Zudem hat sich das Internet zu einer
Plattform für den Meinungs- und Bewertungsaustausch über Produkte, Hersteller und Händ-
ler entwickelt. Als Resultat informiert sich mittlerweile jeder dritte Konsument vor dem Kauf
seines Produkts der Unterhaltungselektronik über das Internet (vgl. GfK 2006).

6
1.2
Merkmale des Handelsmarketing
1.1.2
Die neue Chance auf Wachstum
Um den angesprochenen Herausforderungen zukünftig gerecht zu werden, sucht der Elekt-
ronikfachhandel nach einem neuen Wachstumszweig ­ die Zielgruppe 60plus. Nicht nur die
Konsumelektronik-Branche, sondern auch weite Teile der Wirtschaft haben die immense
Kaufkraft dieser am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe in Deutschland längst
erkannt. In Bezug auf den Themenschwerpunkt der Unterhaltungselektronik, hat die GfK
jüngst festgestellt, dass sich die Senioren bei modernen Produkten immer öfter für hochwer-
tige Elektronik interessieren. Dabei zählen Großbildfernseher und Digitalkameras zu ihren
Favoriten. Abbildung 1.4 zeigt, dass die über 60-Jährigen bei der Konsumelektronik schon
heute nach dem Erlös die wichtigste Altersgruppe sind ­ und die einzige, die wächst.
Abbildung 1.4: Umsatzanteile bei Konsumelektronik nach Altersgruppen, in % (Quelle: GfK 2005)
Man spricht somit von der neuen Generation der Alten, die sich äußerst aufgeschlossen ge-
genüber modernen Technologien gibt. In Bezug auf den oben angesprochenen Trend der
Internet-Nutzung heißt das beispielsweise, dass rund ein Drittel der 50- bis 79-Jährigen Onli-
ne-Shopping mittlerweile positiv beurteilt (vgl. Meyer-Hentschel 2006, S. 145).
1.2 Merkmale
des
Handelsmarketing
Das für diese Untersuchung relevante Informationsspektrum umfasst u.a. den Bereich des
Handelsmarketings. Deshalb wird zunächst im folgenden Kapitel 1.2.1 der Begriff des Han-
delsmarketing erläutert, bevor im Anschluss (Kapitel 1.2.2) ein Überblick über dessen grund-
legende Bedingungsfaktoren, Erscheinungsformen und Ziele vermittelt wird.

7
Kapitel 1
Einleitung
1.2.1 Abgrenzung
des
Begriffs Handelsmarketing
Der Begriff des
Handelsmarketing
tauchte Anfang der 70er-Jahre erstmals in der deutschen
Fachliteratur auf. Bis dahin deckte sich die Geschichte des Handelsmarketing weitgehend
mit der Geschichte des Handels, bei dem im weiten Sinne jeglicher organisierte Absatz von
Waren zur Deckung von Verbraucherbedürfnissen gezählt wurde (vgl. Ahlert und Kenning
2007, S.2). Somit wurden Handelsunternehmen als reine Objekte industrieller Absatzstrate-
gien aufgefasst (vgl. Birker und Voss 2000, S. 7). Doch mit der Verlagerung der Marktmacht
von der Industrie zum Handel entwickelte sich ein eigenes Marketing der Handelsunterneh-
men ­ das Handelsmarketing. Im Folgenden werden die Komponenten ,,Handel" und ,,Marke-
ting" kurz erläutert.
Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft bedeutet
Handel
im funktionalen Sinne, dass
Marktteilnehmer Güter, die sie in der Regel nicht selbst be- oder verarbeiten, von anderen
Marktteilnehmern beschaffen und an Dritte absetzen (vgl. IfH 1995, S. 28).
Handelsunter-
nehmen
sind demzufolge Unternehmen, die auf eigene Rechnung mit Gewinnabsicht Waren
einkaufen, um sie unverarbeitet oder mit leichten handelsüblichen Veränderungen an Kun-
den zu verkaufen. Sie verbinden dies u. U. mit dem Angebot von weiteren Dienstleistungen
(vgl. Birker und Voss 2000, S. 7). Besonders der Erweiterung des Dienstleistungsspektrums
von Handelsbetrieben wird für die Zukunft eine hohe Bedeutung zugemessen, was in der
Marketingkonzeption berücksichtigt werden muss (vgl. Ernst & Young 2004, S. 25)
2
.
Unter
Marketing
verstand man ursprünglich ,,Unternehmensführung als Marktanpassung",
was die bewusste Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten auf den Markt bedingt (Pepels
1995, S. 2). Ähnlich sehen auch Nieschlag et al. (1997, S. 13) die Maxime des Marketing in
einer ,,konsequenten Ausrichtung aller unmittelbar und mittelbar den Markt berührenden Ent-
scheidungen an den Erfordernissen und Bedürfnissen der Verbraucher bzw. Abnehmer."
Heute spricht man bei Marketing eher von einer marktgestaltenden Unternehmensführung
mit dem Ziel, mittels der zur Verfügung stehenden Instrumente den Markt in Richtung seiner
Zielvorstellungen zu beeinflussen. Jedoch erscheint aufgrund des starken Zuschnitts des
Allgemeinen Marketings auf die Belange der Konsumgüterindustrie eine anwendungs-
orientiertere Aufgliederung sinnvoll. Beispiele hierfür sind das Dienstleistungs-, Konsumgü-
ter-, Investitions- oder eben das Handelsmarketing. Müller-Hagedorn (2005, S. 11) fügt mit
dem Ansatz des transaktionsorientierten Marketings noch eine weitere Perspektive hinzu.
Hierbei wird neben der Analyse der absatzpolitischen Potentiale auch der Nachfrager aktiv
mit eingebunden. Dabei spielen seine Bestimmungsfaktoren und das sich daraus beeinflus-
sende Verhalten eine wichtige Rolle, um daraufhin die absatzpolitischen Instrumente
2
Nach einer Studie von Ernst & Young sind knapp 70% der befragten Handelsunternehmen der Meinung, dass die Bedeutung von Dienstleistun-
gen um das Handelsprodukt herum zunehmen wird.

8
1.2
Merkmale des Handelsmarketing
adäquat auszurichten. Folglich ist der Themenschwerpunkt der senioralen Perspektive be-
sonders interessant.
1.2.2 Absatzpolitische
Instrumente von Handelsunternehmen
In der Literatur wird nicht fundamental zwischen den absatzpolitischen Instrumenten von
Handelsunternehmen unterschieden (vgl. Müller-Hagedorn 2005, S. 6f). Der handelsspezifi-
sche Einsatz dieser Instrumente dient in erster Linie der Absatzsteigerung der im Handel
angebotenen Waren und Dienstleistungen. In Abbildung 1.5
werden
die sechs wesentlichen
Instrumente gezeigt. Dazu gehören die Sortiments-, Preis-, Vertriebs-, Kommunikations-,
Ladengestaltungs- und Personalpolitik (Müller-Hagedorn 2005, S. 6). Das Modell stellt den
Bezug zwischen der Zielgruppe, der Marketingstrategie, der Betriebsform und den handels-
politischen Instrumenten, bzw. den Maßnahmenbündeln dar. Die Wahl der Betriebsform er-
gibt sich durch die unterschiedliche Gestaltung der absatzpolitischen Instrumente. Dabei sind
die Maßnahmenbündel auf die angestrebte Zielgruppe abgestimmt. Infolgedessen orientiert
sich eine erfolgreiche Ausgestaltung der Marketinginstrumente stark an der angestrebten
Zielgruppe ­ hier die Gruppe der über 60-Jährigen.
Abbildung 1.5: Absatzpolitsiche Instrumente des Handelsbetriebs nach Müller-Hagedorn (2005)
Das Sortiment stellt laut Ahlert und Kenning (2007, S. 195) den harten Kern der Handelsleis-
tung dar. Es ist die Gesamtheit aller Waren und Dienstleistungen (Servicepolitik), die ein
Handelsunternehmen im Laufe einer Saison den Endverbrauchern in unterschiedlichen Qua-
litäten, Preisrichtungen, Füllmengen usw. anbietet (vgl. Birker und Voss 2000, S. 23). Die
Sortimentspolitik
umfasst somit alle Entscheidungen, die sich auf die marktgerechte Gestal-
tung ihrer Absatzleistungen beziehen (vgl. Meffert 2000, S. 1195 f.). Besonders die

9
Kapitel 1
Einleitung
Ausgestaltung der
Servicepolitik
gewinnt in Zeiten des zunehmenden Wettbewerbs und bei
Wettbewerbern mit ähnlichem Sortiment eine große Bedeutung (vgl. Faßnacht 2003). Des-
halb nimmt die Sortimentspolitik eine Schlüsselstellung im Marketing-Mix des Handels ein
(vgl. Barth 1999, S. 165). In diesem Zusammenhang wird auch der mixübergreifende Cha-
rakter zur
Personalpolitik
als unterstützendes Marketinginstrument deutlich. Denn die Opti-
mierung der Beratungsleistung ist eine wesentliche Aufgabe der Personalpolitik (vgl. Müller-
Hagedorn 2002, S.311 ff.). Die vorliegende Arbeit wird untersuchen, welche Bedeutung ein-
zelne Produktmerkmale bei den Senioren haben, um eine passende Sortimentspolitik zu
gewährleisten. Zudem gilt es zu zeigen, inwieweit das Personal auf das Informationsverhal-
ten Älterer Einfluss nimmt.
Das Festsetzen der Preise im Warensortiment nennt man
Preispolitik
(vgl. Oehme 1992, S.
242). Laut Simon stellt der Preis für viele Handelsunternehmen ,,das für den Wettbewerb
bedeutendste Marketing-Instrument" dar (1995, S. 165). Im Hinblick auf die Elektrofachhan-
del sollte man allerdings vom traditionellen Verständnis abweichen. Die Art der Preisgestal-
tung kann vielmehr als Preis-Marketing aufgefasst werden, bei dem es um ,,ein bewusstes,
autonomes und absatzförderndes Festsetzen von Preisen für die im Sortiment geführten und
dem Verbraucher angebotenen Waren geht. Es kommt nicht darauf an, objektiv richtige Prei-
se ­ was ist objektiv richtig? ­, sondern zweckadäquate ­ der Zielsetzung des Handelsun-
ternehmens dienende ­ Preise festzusetzen (so Bidlingmaier 1973, S. 279)". Diese Definition
stellt wohl am sinnvollsten die Rabatt- und Dauerpreispolitik der Branche dar. Deshalb ist es
von Interesse, inwiefern die älteren Käufer den Preis von Unterhaltungselektronik als einen
der bedeutendsten Einflussfaktoren erachten.
Ein weiteres hervorzuhebendes Instrumentarium ist die
Standortpolitik
. Sie befasst sich zum
einen mit der Planung und Einteilung der gesamten Geschäftsfläche und zum anderen, unter
dem Aspekt der Kundennähe, mit der Standortauswahl (vgl. Birker und Voss 2000, S. 16).
Inwieweit die Einkaufsstättenwahl bei Senioren eine Rolle spielt, soll in einer qualitativen
Vorstudie kurz geklärt werden.
Die Frage, wie werbeintensiv die Kunden auf die Leistungsmerkmale des Handels aufmerk-
sam gemacht werden sollen, beantwortet die
Werbe- und Kommunikationspolitik
. Unter
Werbepolitik werden die Maßnahmen zusammengefasst, die die anvisierte Zielgruppe des
Handelsunternehmens mit Informationen über das Leistungsangebot versorgen (vgl. Birker
und Voss 2000, S. 15). Umfassender ist der Begriff der Kommunikationspolitik im Handel.
Nach Müller-Hagedorn (2002, S. 274 ff.) gehören die Erreichung der angestrebten ökonomi-
schen Erfolgsfaktoren (z. B. die Erhöhung des Umsatzes und des Marktanteils, die Steige-
rung der Kundentreue etc.), die Beeinflussung der dem Kauf vorgelagerten Verhaltenswei-
sen (z. B. der Besuch des Ladens außerhalb des Kaufrhythmus, das Verhindern des

10
1.3 Zielsetzung
Besuchs der Konkurrenz etc.) und die Beeinflussung der Prädispositionen des Verbrauchers
(z. B. die Aufmerksamkeit des Verbrauchers erregen, sein Wissen steigern, seine Einstellung
gegenüber dem Unternehmen oder bestimmten Produkten ändern etc.) zu den drei mögli-
chen Zielgrößen der Kommunikationspolitik im Handel. Insofern wird zu prüfen sein, mittels
welcher Medien sich die seniorale Käuferschaft vor dem Kauf von Unterhaltungselektronik
informiert.
Abschließendes absatzpolitisches Instrument ist die
Ladengestaltung
. Aufgrund ihrer ge-
wachsenen Bedeutung wird sie mittlerweile als separates Mix-Instrument behandelt. Sie um-
fasst die Gestaltung der Einkaufsatmosphäre, die Bildung und Anordnung von Platzierungs-
einheiten und die Zuteilung von Flächen- und Regalkapazitäten zu den einzelnen Produkt-
bündeln (vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 337 ff.). Für die vorliegende Arbeit wird jedoch der
Zusammenhang zwischen der Ladengestaltung und dem senioralen Informationssuchverhal-
ten nicht explizit in Betracht gezogen.
1.3 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist die empirische Untersuchung des senioralen Informationssuchverhaltens
und dessen Einflussfaktoren beim Kauf von Unterhaltungselektronik. Dabei gilt es für das
Informationssuchverhalten herauszufinden, inwieweit die Intensität der Suche, die Nutzung
unterschiedlicher Quellen sowie die Bedeutung einzelner Produktmerkmale innerhalb der
Generation 60plus variieren. Des Weiteren will die vorliegende Arbeit ein Modell entwickeln
und prüfen, in dem unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Informationssuche von Senioren
einwirken. Die so generierten Ergebnisse sollen schließlich in theoretischer sowie praxis-
orientierter Hinsicht besprochen werden und Hinweise auf eine zielgruppenspezifische Aus-
gestaltung der Marketingmaßnahmen im Elektrofachhandel geben.
1.4
Aufbau und Konzept der Arbeit
Basierend auf der Problemstellung und der sich daraus ergebenden Zielsetzung empfiehlt es
sich, die Determinanten der Informationssuche sowie die daraus resultierenden Suchaktivitä-
ten zu betrachten. Insofern sind eine Beschreibung der Informationssuchintensität und die
Erklärung für entsprechendes Verhalten älterer Konsumenten mittels einer empirischen Un-
tersuchung zweckmäßig, um eine zielgruppengerechte Abstimmung der Marketingmaßnah-
men auf die Belange der senioralen Zielgruppe zu gewährleisten.

11
Kapitel 1
Einleitung
Zur Einführung in das Untersuchungsfeld werden in einem ersten Schritt die Grundlagen für
die Identifikation und Abgrenzung der Senioren geliefert (Kapitel 2.1). Kapitel 2.2 und 2.3
setzen sich im Folgenden mit der neu erlangten Attraktivität dieser Zielgruppe und ihrer In-
novationsbereitschaft gegenüber Produkten der Unterhaltungselektronik auseinander.
In Kapitel 3.1 wird zunächst der gesamte Kaufentscheidungsprozess des Nachfragers dar-
gestellt, bevor im Anschluss der bisherige Forschungsstand zum Informationsverhalten der
Senioren erörtert wird (Kapitel 3.2). Dabei spielt die Informationssuche eine zentrale Rolle,
da sie für das Marketing in zeitlicher Hinsicht der erste Punkt im Kundenlebenszyklus ist, an
dem ein Unternehmen mit unterschiedlichen Maßnahmen ansetzen kann.
Der in Kapitel 3 gegebene Bezugsrahmen ermöglicht auf Basis der bestehenden For-
schungsansätze zur externen Informationssuche (Kapitel 4.1) ein Informationssuchmodell für
ältere Verbraucher zu entwickeln. Dieses Informationssuchmodell wird in zwei Teilbereiche
unterteilt. Dabei steht zunächst der Ansatz der Kosten-/Nutzentheorie im Vordergrund (Kapi-
tel 4.2). Im Folgenden findet eine detaillierte Beschreibung der Einflussgrößen bzw. Hypo-
thesen-Konstrukte für das seniorale Informationssuchverhalten statt (Kapitel 4.3).
Das methodische Vorgehen bei der Ermittlung der notwendigen Informationen wird in Kapitel
5 erörtert. Dabei ist vorerst die Durchführung der qualitativen Vorstudie zur Unterstützung
des zu entwickelnden Informationssuchmodells von Interesse. Anschließend wurde zur
Überprüfung der zum Informationssuchmodell postulierten Hypothesen eine Befragung von
über 60-Jährigen durchgeführt, bei der insgesamt 201 auswertbare Fragebögen zustande
kamen (Kapitel 5.1). Die Auswertung beginnt mit einer Reihe von deskriptiven Analysen zur
Nutzung der Informationsquellen und des Stellenwerts einzelner Produktmerkmale bei Un-
terhaltungselektronik (Kapitel 5.2). In Kapitel 5.3 und 5.4 sind die Operationalisierung und
Validierung des Messmodells und das anschließende Verifizieren bzw. Falsifizieren der for-
mulierten Hypothesen wichtiger Gegenstand.
Die Ergebnisse der Untersuchung bilden in Kapitel 6 eine Reihe von Diskussionspunkten für
Theorie und Praxis. So werden Handlungsempfehlungen für die Ausrichtung der Marketing-
Instrumente im Elektrofachhandel ausgesprochen, um die Zielgruppe effizienter zu bedienen.
In Kapitel 7 wird abschließend der Untersuchungsgegenstand resümiert und ein Ausblick auf
zukünftige Analysen bezüglich des Informationsverhaltens von Senioren gegeben.

12
Kapitel 2
Der dritte Lebensabschnitt und seine Bedeutung für die
Wirtschaft
Seit Jahren suchen Unternehmen in Anbetracht von Konsumflaute und Kaufzurückhaltung
nach neuen Märkten und Absatzmöglichkeiten. Hierbei steht insbesondere das Marketing in
der Pflicht, frühzeitig neue Trends und Themen im Unternehmensumfeld sowie gesellschaft-
liche Veränderungen zu identifizieren. Als eine der wichtigsten Veränderungen der Zukunft
wird seit geraumer Zeit der demographische Wandel in Deutschland und weiteren westlichen
Industrienationen ausführlich diskutiert. Die Tatsache, dass die deutsche Bevölkerung in den
kommenden Jahren immer älter wird, beschäftigt nicht nur die Forschung, sondern auch wei-
te Teile der Wirtschaft. Dabei nimmt diese Entwicklung sowohl auf den älteren Menschen als
Individuum als auch auf die Gesellschaft insgesamt Einfluss. Insofern wird dieses Kapitel
zunächst die wesentlichen Grundlagen für die Identifikation und Abgrenzung der älteren
Zielgruppe liefern (Kapitel 2.1). Im Anschluss soll ergründet werden, warum die Zielgruppe
der Senioren zukünftig eine der attraktivsten Zielgruppen für die Wirtschaft darstellen wird
(Kapitel 2.2). Abschließend wird kurz auf die Innovationsbereitschaft der Senioren in Bezug
auf neue Produkttechnologien sowie der Nutzung des Internets eingegangen (Kapitel 2.3).
2.1
Der dritte Lebensabschnitt
Kein anderer Lebensabschnitt ist weit reichenderen soziostrukturellen Veränderungen un-
terworfen wie der jenseits von 60 Jahren. Dementsprechend sind die Aspekte und Verände-
rungen im Alterungsprozess der Generation 60plus für eine Zielgruppenbetrachtung von
zentraler Bedeutung.
2.1.1
Die Diversität des Alters
Spricht man von einem Seniorenmarkt, kommt jedem zwangsläufig auch der Begriff des ,,äl-
teren Menschen" in den Sinn. Das ist nicht falsch, denn der aus dem Lateinischen stammen-
de Begriff ,,Senior" bedeutet schlicht weg ,,älterer Mensch". Das würde jedoch bedeuten,

13
2.1
Der dritte Lebensabschnitt
Ältere als homogene Masse zu betrachten und auch so zu behandeln. Solch eine Sichtweise
hat allerdings recht wenig mit der Realität gemein. Dies beginnt bereits bei der Bestimmung
der Altersgrenzen. In der Literatur liegt das minimale Alter bei der Verwendung des Begriffs
,,Senior" je nach Autor und Forschungsinteresse zwischen 45 und 65 Jahren (vgl. Moschis
1994, S. 13), wobei jüngste Forschungsansätze verstärkt die Grenze von 50 Jahren zitieren.
Dieses Kapitel wird jedoch aufzeigen, wieso dieser Übergang zum Altwerden wenig sinnvoll
erscheint. Deshalb lehnt sich diese Arbeit bei der Bestimmung der Altersgrenze an die ak-
zeptierten Studien von Kölzer (1995), Brünner (1997) und Hupp (1999) an, die für ihre Be-
trachtung des Seniorenmarkts die Altersgrenze bei 60 Jahren festlegen.
Das Altern stellt einen mehrdimensionalen Prozess dar, der in unterschiedliche Altersdimen-
sionen getrennt werden kann. Diese unterschiedlichen wissenschaftlichen Dimensionen sind
zu einer eigenständigen Wissenschaft ­ der Gerontologie - zusammengefasst worden (vgl.
Kölzer 1995, S. 25). Dabei vollzieht sich der Altersprozess auf biologisch-physiologischer,
psychischer und sozialer Ebene. Auf der biologischen Ebene kommt es zu Beeinträchtigun-
gen vieler organischer Funktionen, die schließlich zu einem Verfall des biologischen Systems
führen. Das soziale Altern bezieht sich auf Veränderungen der Lebensstile, Einstellungen
und sozialen Rollen, die ein Mensch in Laufe seines Lebens durchläuft. Die psychologische
Perspektive spricht von den Veränderungen der Persönlichkeit und der Selbstwahrnehmung
(vgl. Moschis 1994, S. 23 f.). Dabei zeigt Abbildung 2.1 die Abhängigkeit dieser Altersdimen-
sionen. Sie stehen zwar miteinander in Verbindung, können sich aber in unterschiedlicher
Geschwindigkeit entwickeln. Beispielsweise ist es sehr wahrscheinlich, dass ein biologischer
Abbauprozess auch Auswirkungen auf das Sozialverhalten und die Psyche eines älteren
Menschen hat.
Abbildung 2.1: Dimensionen des Alters nach. Brünner (1997)
Folglich ist es nicht ohne weiteres möglich, aufgrund der Anzahl an Lebensjahren Schluss-
folgerungen auf physiologische und psychische Veränderungen im Alter zu ziehen (vgl. Ba-
ckes und Clemes 2003, S. 16). Man kann weder von einem typischen alten Menschen noch

14
Kapitel 2
Der dritte Lebensabschnitt und die Bedeutung für die Wirtschaft
von einem typischen Altersverlauf sprechen. Tatsächlich wächst die Heterogenität mit zu-
nehmendem Alter. Hierbei spielen viele Determinanten wie genetische Faktoren, individuelle
Erfahrungen, der Gesundheitszustand sowie die sozialen und ökonomischen Bedingungen
eine entscheidende Rolle im Alterungsprozess. Menschen altern daher auf ganz unter-
schiedliche Art und Weise. Backes und Clemes (2003, S. 16) sprechen vom differentiellen
Altern. Des Weiteren hat die gestiegene Lebenserwartung Einfluss auf die interindividuellen
Unterschiede im Alter. Der dritte Lebensabschnitt umfasst heute mindestens zwei bis drei
Jahrzehnte, was zu vielfältigeren Lebensformen und ­stilen führen kann als in jüngeren Le-
bensphasen (vgl. Backes und Clemes 2003, S. 23). Daher gilt eine Betrachtung der Men-
schen jenseits der 60 Jahre als homogene Zielgruppe nicht mehr. Kurz: Die
Alten gibt es für
das Marketing ebenso wenig wie die Jüngeren oder die Frauen. Vielmehr empfiehlt sich eine
differenzierte Betrachtung der älteren Bevölkerung.
Die gerontologische Forschung unterteilt die Gruppe der Senioren derzeit in zwei unter-
schiedliche Altersgruppen. Es handelt sich um das Bild der ,,jungen Alten" in einem Alter von
etwa 60 bis 79 Jahren und das der ,,alten Alten" mit über 80 Jahren
3
. Die ,,jungen Alten"
zeichnen sich durch vielfältige Interessen und Aktivitäten, Mobilität, intensive soziale Kontak-
te, eine höhere formale Bildung und einen guten Gesundheitszustand aus. Diese Gruppe ist
für Werbung und Marketing besonders interessant. Dagegen sind die ,,alten Alten" eher von
gesundheitlichen Beeinträchtigungen, finanziellen Einschränkungen und persönlichen Ver-
lusten betroffen. Sie leben eher zurückgezogen, verbringen mehr Zeit zu Hause und sind
u.a. oft auf Hilfe angewiesen (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend 2007; Krieb und Riedl 1999, S. 28 f.). Sie gelten daher bei Experten im Bereich Senio-
renmarketing nicht mehr als interessante Zielgruppe (vgl. Aring 2004, S. 3).
Das chronologische Alter einer Person ist zwar leicht zugänglich und für gewisse Aspekte
sicherlich aussagekräftig, jedoch kann es allein die Einstellungen und das Kaufverhalten der
Senioren nicht befriedigend erklären. In der Vergangenheit entstanden deshalb eine große
Anzahl von Lebensphasenkonzepten und Lifestyle-Typologien, die Einstellungen, Werthal-
tungen und Verhalten berücksichtigen und die Diversität älterer Menschen besser beschrei-
ben (vgl. Kaupp 1997, Kapitel 8). Lebensphasenkonzepte unterteilen den Lebenslauf eines
Menschen in einzelne chronologisch geordnete Phasen. Man nimmt an, dass Menschen in
der gleichen Lebensphase ein ähnliches Konsumentenverhalten aufweisen. Ein Konzept ist
beispielsweise das Familienlebenszyklus-Konzept, indem einzelne soziodemographische
Merkmale miteinander verknüpft werden
4
. Gleichwohl vertritt die Forschung zum Senioren-
marketing zunehmend die Meinung, dass eine Marktsegmentierung mit Hilfe von
3
Die Altersabgrenzung zwischen den beiden Gruppen ist allerdings nicht eindeutig zu bestimmen und in der Literatur auch nicht immer einheitlich.
Beispielsweise wird diese Unterteilung jedoch in Arnigs Studie ,,Demographischer Wandel und Einzelhandel" genutzt (2004).
4
vgl. Federsel-Lieb 1992, S. 13 f.

15
2.1
Der dritte Lebensabschnitt
psychographischen Merkmalen gegenüber soziodemographischen Kriterien wie Alter oder
Einkommen vorzuziehen ist (vgl. Hupp 1999, S. 92). Der Lebensstil zählt dabei zur Gruppe
der psychographischen Käufermerkmale (vgl. Hupp 1999, S. 85). Kroeber-Riel und Weinberg
(2003, S. 441) beschreiben den Lebensstil ­ vereinfacht gesagt ­ als eine Menge miteinan-
der verbundener Einstellungen (zum Trinken, Essen, Wohnen) und Aktivitäten (Freizeit, Ein-
kaufen), durch die das Verhalten des Konsumenten ein spezifisches Profil bekommt. Somit
gewinnen Lifestyle-Typologien bei der Zielgruppenbestimmung besonders für die Wirtschaft
an Bedeutung. Eine Studie des Sozialforschungsinstituts Sinus und Infratest, bei der unge-
fähr 1500 ältere Menschen zwischen 55 und 70 Jahren in Deutschland befragt wurden, un-
terteilte vier verschiedene Lebensstile in:
· die pflichtbewussten häuslichen Alten,
· die aktiven neuen Alten,
· die sicherheits- und gemeinschaftorientierten Alten
· und die resignierten Alten.
Trotzdem wird das Alter, wie auch für diese Arbeit, weiterhin als ergänzende Hilfsgröße he-
rangezogen, da geeignete Daten für eine Analyse nach psychographischen Kriterien schwer
verfügbar und vor allem kaum vergleichbar sind.
2.1.2 Der Trend zur Verjüngung des Alters
Die Situation der Älteren wird heute durch unterschiedlichste Faktoren geprägt. Eine Rolle
spielt neben der Zunahme der Hochaltrigkeit und dem höheren Anteil von Frauen an der
älteren Bevölkerung, auch die Tendenz zur Verjüngung des Alters (vgl. Tews 1993, S. 15).
Gründe für diese Annahme sind in mehrfacher Hinsicht festzustellen. Zunächst beginnt die
Lebensphase Alter zunehmend früher, da das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, zumin-
dest in den westlichen Industrienationen, nicht mehr zwingend mit einem bestimmten Alter
zusammenhängt. Die Ursache liegt darin, dass eine wachsende Anzahl Erwerbstätiger ent-
weder unfreiwillig durch Arbeitslosigkeit oder auch aus eigenem Entschluss aus dem Berufs-
leben früher aussteigt. Demzufolge verjüngt sich die nicht mehr berufstätige Bevölkerung.
Das durchschnittliche Renteneintrittsalter ist seit den 70er-Jahren gesunken und lag 1999 bei
den regulären Versichertenrenten bei 60,1 Jahren (vgl. SevenOne Media Report 2002, S 14).
Des Weiteren weisen Untersuchungen darauf hin, dass sich die Grenzen zwischen einer
aktiven Altersphase und dem durch Beeinträchtigungen gekennzeichneten Alter weiter nach
oben verschieben (vgl. Tews 1993, S. 16). Das bedeutet, dass immer mehr ältere Menschen

16
Kapitel 2
Der dritte Lebensabschnitt und die Bedeutung für die Wirtschaft
ihren dritten Lebensabschnitt aktiv gestalten wollen. Nach Lehr (2004
,
S. 37 f.) ,,... sehen die
meisten Menschen dem Berufsende mit positiven Gefühlen entgegen, freuen sich auf die
,,späte Freiheit", haben vielfältige Pläne und wollen oft all das nachholen, was ihnen durch ihr
Eingebundensein in die Berufswelt oder in familiären Pflichten lange Zeit verwehrt blieb."
Weitere Studien deuten darauf hin, dass sich die Lebensqualität Älterer seit den 70er-Jahren
deutlich verbessert hat (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
2007). Lehr (2004) fasst die Ergebnisse vieler Untersuchungen zusammen und merkt an,
dass der dritte Lebensabschnitt vor allem von
5
:
· besserer
Gesundheit,
· besserer finanzieller Absicherung,
· geringerer, familiärer Integration,
· geringerem ,,Gebrauchtwerden" in Familie, Beruf und Gesellschaft und
· differenzierteren
Freizeitinteressen
geprägt ist. Zudem spielt neben der gestiegenen Mobilität und Aktivität gegenüber früheren
Jahrgängen auch die Tatsache ein Rolle, dass sich die Generation 60plus überdies etwa
zehn bis 15 Jahre jünger fühlt, als sie es tatsächlich ist (vgl. Opaschowski 1997, S. 158;
Krieb und Riedl 1999, S. 27 ff.). Forscher bestätigen, dass sich mit zunehmenden Alter und
höherem Bildungsstand das chronologische von dem subjektiv gefühlten Alter immer mehr
abweicht. Dieser Aspekt sollte bei einer zielgruppengerechten Marketingausrichtung berück-
sichtigt werden. Das Kaufverhalten wird nämlich besser dadurch erklärt, wie alt sich jemand
fühlt, als dadurch, wie alt jemand tatsächlich ist (vgl. Meffert 2000, S. 193). Es wird nun klar,
wieso die im Vorfeld beschriebene Grenze von 50 Jahren als Übergang zum Altwerden als
nicht gut gewählt bezeichnet werden kann. Denn die Altersschwelle, ab der Sozial- und Kon-
sumverhalten, Interessen und Freizeitverhalten passiver werden, verschiebt sich immer wei-
ter in Richtung älterer Jahrgänge.
2.2 Der
Seniorenmarkt
Für den Erfolg eines Unternehmens am Markt ist es vonnöten, diejenige Zielgruppe ausfindig
zu machen, die entweder in ihrer Masse oder von Seiten ihrer Kaufkraft das Potential besitzt,
einen neuen Wachstumsmarkt zu generieren. Deshalb wird in diesem Kapitel explizit unter-
sucht, wie attraktiv die Generation 60plus ist und welche Relevanz ihr in der Praxis zuge-
messen wird. Auch im Bezug auf das Forschungsfeld soll erläutert werden, inwieweit die
Senioren einen interessanten Absatzmarkt für den Handel mit Unterhaltungselektronik dar-
stellen.
5
Für die Arbeit wurden nicht alle Untersuchungsergebnisse aufgezählt. Für eine ausführlichere Auflistung vgl. Lehr 2004, S. 36.

17
2.2 Der
Seniorenmarkt
2.2.1 Der demographische Wandel in Deutschland
Nach Aring (2004, S. 1) versteht man unter dem demographischen Wandel den absehbaren
Prozess aus Alterung und Schrumpfung der Bevölkerungszahlen. In Deutschland wird sich
vor dem Hintergrund einer steigenden Lebenserwartung bei gleichzeitig rückläufigen Gebur-
tenraten das Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Menschen in den kommenden Jahr-
zehnten erheblich verschieben. Während sich die Zahl der über 60-Jährigen seit Mitte des
letzten Jahrhunderts nahezu mehr als verdoppelt hat, ist die Zahl der unter 20-Jährigen seit
Beginn der 70er Jahre leicht rückläufig (vgl. Statistisches Bundesamt 2006). Im Jahr 1997
kam es zu einer historisch neuen Situation, als zum ersten Mal in der Geschichte Deutsch-
lands mehr ältere Menschen (> 60 Jahre) einer geringeren Anzahl jüngerer Menschen gege-
nüberstanden (< 20 Jahre)
6
. Die Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Abbildung
2.2 zeigen, dass die Dynamik in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird, was letz-
tendlich zur Folge hat, dass die Einwohnerzahl ­ selbst bei den angenommenen Zuwande-
rungszahlen aus dem Ausland ­ langfristig abnehmen wird.
Abbildung 2.2: Statistisches Bundesamt 2006, 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für
Deutschland 2005 ­ 2050 (in Mio.). Variante 2-W2, Geburtenhäufigkeit: annähernd konstant, Lebenser-
wartung: hoch, Wanderungssaldo: 200.000
Der Seniorenmarkt wird dagegen kontinuierlich wachsen: Bis 2050 wird der Anteil der über
60-Jährigen in Deutschland an der Bevölkerung auf deutlich mehr als ein Drittel steigen
(40,4%). Auf der anderen Seite wird der Anteil der Jugendlichen unter 20 Jahren von 20% in
2005 auf 15% im Jahr 2050 sinken. Zusätzlich kommt es simultan zum generellen Anstieg
der Senioren zu einer überproportionalen Zunahme der hochaltrigen Bevölkerung über 80
6
Statistisches Bundesamt 2006: Im Jahr 1997 lebten in Deutschland 14,3 Mio. unter 20-Jährige und 14,5 Mio. über 60-Jährige.
82,4 Mio
82,0 Mio
81,7 Mio
80,6 Mio
78,7 Mio
75,9 Mio

18
Kapitel 2
Der dritte Lebensabschnitt und die Bedeutung für die Wirtschaft
Jahre. Lag deren Zahl in 2005 bei 3,7 Millionen, erhöht sich diese bis 2050 auf insgesamt
11,7 Millionen Menschen. Die Überalterung der Bevölkerung betrifft jedoch nicht nur
Deutschland. Die Gruppe der über 60-Jährigen stellen weltweit betrachtet die am schnellsten
wachsende Altersgruppe dar, wobei im globalen Vergleich Europa den größten Anteil älterer
Menschen besitzt (vgl. United Nations 2002, S. 11 ff.).
Die Auswirkungen dieser demographischen Grundentwicklung lassen sich faktisch nicht
mehr rückgängig machen. Die sowohl relativ als auch absolut an Gewicht gewinnende Zahl
an Senioren bedeutet für die Wirtschaft folgendes: Potentielle Kunden werden immer älter.
2.2.2
Merkmale der senioralen Zielgruppe
Die Relevanz und die augenblickliche Euphorie um die Gruppe der über 60-Jährigen für
Hersteller, Händler und Dienstleister ergibt sich natürlich nicht nur aufgrund der zu erwarten-
den Größe dieser Bevölkerungsgruppe. Wie Kapitel 2.1 verdeutlicht hat, unterscheidet sich
die heutige Seniorengeneration in wesentlichen Merkmalen von ihren Vorgängern. Erst die
Kombinationen aus der reinen Masse an potentiellen Konsumenten und die Veränderung
dieser Generation macht sie zu eine der interessantesten Zielgruppen der Zukunft.
2.2.2.1 Die finanzielle Situation
Armut und Alter gehören längst nicht mehr zusammen (vgl. Lehr 2004, S. 24), denn die ma-
terielle Lage älterer Menschen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert.
Heute gelten die Senioren ­ auch aufgrund der dynamischen Rentenanpassung ­ zu den
wohlhabendsten ,,Alten" der letzten 50 Jahre. Nach einer Kaufkraft-Erhebung in 2005 hat die
Altersgruppe der über 60-Jährigen mit ungefähr 20.000 Euro pro Jahr ein ausgesprochen
hohes Pro-Kopf-Jahresnettoeinkommen (Abbildung 2.3). Trotz der anhaltenden Debatte über
eventuelle Rentenkürzungen ist in den nächsten Jahren nicht davon auszugehen, dass sich
diese Kaufkraft signifikant reduzieren wird. Ihre Situation hat sich zudem auch durch den
Wegfall diverser Zahlungsverpflichtungen ins Positive verändert. Oft sind die Kinder finanziell
unabhängig und das eigene Haus oder die Wohnung sind abbezahlt
7
. Weiterhin kommen
Erbschaften, ausbezahlte Lebensversicherungen und sonstige Geldanlagen hinzu. Somit
stellen Ältere eine kaufkräftige Gruppe dar. Insgesamt wundert es daher nicht, dass viele
ältere Menschen mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden sind. Nach einer Umfrage der
Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA 2003) beurteilt mehr als die Hälfte der über
7
Heute lebt mehr als jeder zweite Rentner im Wohneigenheim. 50% der Senioren besitzen ein eigenes Haus und weitere 9% eine Eigentums-
wohnung (vgl. Lehr 2004, S. 33).

19
2.2 Der
Seniorenmarkt
60-Jährigen ihre finanzielle Situation als gut bis sehr gut. Lediglich 17% schätzen ihre Lage
als schlecht ein. In der deutschen Bevölkerung sind es insgesamt nur 45,1%, die ihre finan-
zielle Situation als gut bezeichnen.
Abbildung 2.3: Pro-Kopf-Kaufkraft in Deutschland nach Altersklassen; Jahresnettoeinkommen je Ein-
wohner in Euro (Quelle: GfK 2005)
2.2.2.2 Die Konsumbereitschaft
Ein hohes Ausgabenpotenzial ist nicht automatisch mit einer ausgeprägten Konsumbereit-
schaft gleichzusetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt für die gestiegene Attraktivität der Gene-
ration 60plus ist die Bereitschaft ihr Konsumpotential im Gegensatz zur Vergangenheit auch
in Kaufkraft umwandeln zu wollen. In einer von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)
durchgeführten Befragung stimmten im Jahr 1992 lediglich 27% der 60- bis 69-Jährigen zu,
dass sie sich ,,lieber ein schönes Leben machen, als immer nur zu sparen." Zehn Jahre spä-
ter waren es bereits 47% (vgl. GfK Marktforschung 2002). Eine ähnlich hohe Steigerungsrate
verzeichnete die Gruppe der 70- bis 75-Jährigen, bei der der Anteil der Befürworter von 27%
auf 42% stieg. Eine derartige Steigerung innerhalb von nur zehn Jahren lässt nur ansatzwei-
se erahnen, wie enorm das Ausgabenpotential bei künftigen Seniorengenerationen sein
kann.

20
Kapitel 2
Der dritte Lebensabschnitt und die Bedeutung für die Wirtschaft
2.2.2.3 Die gestiegene Lebensqualität
Der Auslöser für die veränderte Kaufbereitschaft ist sicherlich auch Folge der gestiegenen
Erwartungshaltung an den dritten Lebensabschnitt. Er wird dazu genutzt, Verpasstes nach-
zuholen und Neues auszuprobieren (vgl. Krieb und Reidl 1999, S. 42). In Anbetracht dessen
zeigen Senioren auch grundsätzlich eine höhere Bereitschaft sich etwas zu gönnen. Bei-
spielsweise setzte die Autoindustrie in 2006 29% ihrer verkauften Neuwagen an die über 60-
Jährigen ab. Weiterhin waren fast 10% der Neuwagenkäufer (ca. 160.000 Menschen) 70
Jahre oder älter
8
.
2.2.2.4 Die erhöhte Kundenlebensdauer
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Zielgruppenbetrachtung stellt die gestiegene
Kundenlebensdauer der Senioren dar. Natürlich ist diese nicht mit der konventionellen Ziel-
gruppe der 14- bis 49-Jährigen vergleichbar, doch kann ein Kunde, der als 60-Jähriger ge-
wonnen wird, aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung eine durchschnittliche Kundenle-
bensdauer zwischen 15 (Männer) und 21 Jahren (Frauen) besitzen.
2.2.2.5 Die Selbständigkeit
Als eines der wichtigsten Ziele für die Generation 60plus gilt der Erhalt ihrer Selbständigkeit
bis ins hohe Alter. Die Senioren meiden es, auf Fremdhilfe angewiesen zu sein und sind be-
strebt, ihren Alltag weitgehend autonom zu bewältigen. Die Realität zeigt, dass es ihnen
weitgehend gelingt. Nach Lehr (2004, S. 27) liegt der Anteil der Pflegebedürftigkeit bei den
60- bis 85-Jährigen bei 5 bis 8%. Erst in der Gruppe der über 85-Jährigen sind rund 25%
hilfs- und pflegebedürftig.
2.3 Die
Innovationsbereitschaft der Senioren
Der Stereotyp des Seniors, der mit zunehmendem Alter eine Abwehrhaltung gegenüber
Neuem aufbaut, trifft heute nicht mehr ganz zu. Mittlerweile kann von einer ,,technologischen
Neugier" und Experimentierfreudigkeit gesprochen werden. Ursache dafür ist immer häufiger
der Wunsch, den Anschluss an wichtige Entwicklungen nicht verpassen zu wollen.
8
Vgl. hierzu www.spiegel.de (11.06.2007): Demographie und Automarkt ­ Der ,,Kuba"-Effekt in Deutschland.

21
2.3
Die Innovationsbereitschaft von Senioren
2.3.1 Senioren
und
die
Unterhaltungselektronik
Die heutige Seniorengeneration ist an neuen Technologien und Produkten stärker interes-
siert als frühere Jahrgänge (vgl. Kuß und Tomczak 2004, S. 85). Wie das erste Kapitel be-
reits andeutete, interessieren sich die Senioren bei modernen Produkten sehr für hochwerti-
ge Elektronik wie Großbildfernseher oder Digitalkameras. Beispielsweise besitzen heute
knapp 20% der über 60-Jährigen einen Laptop oder PC. Opaschowski (1997, S. 127) weist
der Unterhaltungselektronik aufgrund der Untersuchung von Alltagsbeschäftigungen älterer
Menschen eine starke Zukunftschance aus. Auch Andreas Reidl, Inhaber der Agentur für
Generationenmarketing, geht davon aus, dass es den 60-Jährigen Computer-Einsteiger in
15 Jahren nicht mehr geben wird
9
. Besonders vor dem Hintergrund, dass moderne Technik
bei zukünftigen Seniorengruppen (heute 40- bis 49-Jährige) zum Lebensalltag gehören wird,
gilt der Trend als sehr wahrscheinlich.
Trotzdem ist der Handel falsch beraten, von der wachsenden Käuferschicht zukünftig zweis-
tellige Wachstumsraten zu erwarten. Das hat nach Mathur (1999, S. 21) zwei Ursachen. Er
fasst die Ergebnisse diverser Studien zum Adoptionsprozess neuer Technologien von Senio-
ren zusammen und stellt folgendes fest:
"While some researchers suggest that the elderly are among the last to adopt technological innovations,
others suggest that the elderly may not always be the last group to adopt a new product and that the adop-
tion of technological innovations by the elderly is related to the perceived benefits of specific innovations.
The elderly may be willing to adopt only those technologies which they perceive to be beneficial."
Auch deutsche Forscher vertreten die Meinung, dass nur die Innovationen nachgefragt wer-
den, bei denen ein echter Nutzen für den älteren Konsumenten klar erkennbar ist (vgl. Kuß
und Tomczak 2004, S.88). Beispielsweise werden Mobiltelefone nicht als ständiges Kommu-
nikationsinstrument, sondern vielmehr als Retter in Notsituationen gebraucht.
Die im Zuge der Arbeit durchgeführte Vorstudie offenbarte einen weiteren Aspekt, der das
gestiegene Interesse der Senioren an Unterhaltungselektronik widerspiegelt. Ältere sehen in
modernen Produkten u.a. die Möglichkeit, sich geistig ,,fit" zu halten. Im Interview meinte ein
Proband: ,,Wenn ich mich mit dem Computer befasse, dann verliere ich nicht den Anschluss
und kann dann geistig länger mithalten." Diese Aussage bestätigt ferner den aktuellen Trend
zu interaktiven Lern-Computerspielen. Konsolenhersteller wie Nintendo suchen verstärkt
nach neuen Zielgruppen und scheinen sie auch in der Gruppe älterer Konsumenten gefun-
den zu haben. Beispielsweise steht ,,Dr. Kawashimas Hirn-Jogging", ein Spiel, bei dem man
9
Reidl ist u.a. auch Herausgeber des Fachbuches Seniorenmarketing, welches in dieser Arbeit mehrfach zitiert wurde. Quelle für die Aussage ist
ein Interview bei heise.de mit dem Thema: Unterschätzte Generation. Senioren entdecken PC und Internet.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836609081
Dateigröße
2.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Lehrstuhl für Marketing
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
informationsverhalten senioren kaufverhalten elektronik handelsmarketing
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