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Innovative Preismodelle für hybride Produkte

©2007 Diplomarbeit 78 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Wettbewerbslandschaft für Industrieunternehmen in Deutschland ändert sich zunehmend. Osteuropäische und asiatische Anbieter können Produkte mit vergleichbarer Qualität und Leistung zu weitaus günstigeren Konditionen anbieten. Wettbewerbsvorteile für deutsche Unternehmen können sich insbesondere aus innovativen und technisch hochwertigen Erzeugnissen ergeben, die jedoch mit enormen Forschungs- und Entwicklungskosten verbunden sind. Zudem sind diese Differenzierungsmerkmale aufgrund der globalen Verfügbarkeit der relevanten Informationen schnell nachahmbar und verlieren somit an Bedeutung.
Als Konsequenz müssen deutsche Industrieunternehmen Differenzierungsstrategien entwickeln, die über rein technische Innovationen des Sachgutes hinausgehen. Ein Erfolg versprechender Ansatz ist die Konzentration auf die speziellen Kundenbedürfnisse als Differenzierungsmerkmal und folglich die Entwicklung kundenindividueller Kombinationen aus Sach- und Dienstleistungen und deren Integration zu hybriden Produkten.
Bis dato verringern in vielen Branchen vor allem organisatorische Probleme bei der Implementierung und Umsetzung die Attraktivität eines solchen Geschäftsmodells für Anbieter und Kunden. Daher bleiben die Verbreitung und der wirtschaftliche Erfolg bislang hinter den Erwartungen zurück. Als ein zentrales Problem lässt sich die kundenspezifische Gestaltung adäquater Preis- und Vertragsmodelle identifizieren. Erfolgskritisch sind dabei insbesondere die detaillierte Planung des gemeinsam zu erzielenden Wertschöpfungsbeitrags sowie dessen angemessene Verteilung zwischen Anbieter und Abnehmer.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit soll durch die integrierte Betrachtung von hybriden Produkten, möglichen Preismodellen und transaktionskosten- bzw. transaktionswerttheoretischen Überlegungen einen Beitrag zur Lösung dieses Problems liefern.
Sie erstreckt sich über insgesamt sechs Kapitel (vgl. Abbildung 1).
Das erste Kapitel führt in die Themeneinstellung ein und beschreibt Ziel sowie Aufbau der Arbeit.
Nach einer theoretischen Auseinandersetzung mit den Begriffen des industriellen Sachgutes sowie der industriellen Dienstleistung als Bestandteile hybrider Produkte werden im zweiten Kapitel geeignete Typisierungskriterien für hybride Produkte entwickelt.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der industriellen Preissetzung. Nach einer Auseinandersetzung mit preispolitischen Besonderheiten von Industriegütermärkten, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

1 Einleitung

2 Das industrielle Leistungsspektrum
2.1 Industrielle Sachgüter
2.2 Industrielle Dienstleistungen
2.3 Hybride Produkte

3 Preissetzung auf Industriegütermärkten
3.1 Die Bedeutung des Preises
3.2 Besonderheiten der Preissetzung auf Industriegütermärkten
3.3 Preispolitische Besonderheiten bei Dienstleistungen
3.4 Preispolitische Besonderheiten von hybriden Produkten
3.5 Traditionelle Methoden der Preissetzung
3.5.1 Kosten-plus-Preisbildung
3.5.2 Festpreise
3.5.3 Konkurrenzbezogene Preissetzung
3.6 Innovative Methoden der Preissetzung
3.6.1 Value-based Pricing
3.6.2 Usage-based Pricing
3.6.3 Performance-based Pricing

4 Transaktionskosten und Transaktionswert

5 Wechselwirkungen zwischen dem hybriden Produkt, den Transaktionsparametern und dem Preis- bzw. Vertragsmodell

6 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Differenzierung des Dienstleistungsbegriffs

Abbildung 3: Sach- und Dienstleistungsausprägung bei unterschiedlichen Produkten mit einem Sachleistungsanteil „Auto“

Abbildung 4: Mögliche Merkmale zur Typisierung des Dienstleistungsanteils

Abbildung 5: Ausprägungen hybrider Produkte anhand der Kundennutzensicht

Abbildung 6: Gewinnauswirkungen von Änderungen der Absatzmenge bei unterschiedlichen Kombinationen von fixen und variablen Kosten

Abbildung 7: Aufteilung der Gesamtrente in Produzenten- und Konsumentenrente

Abbildung 8: Die wirtschaftliche Bewertung

Abbildung 9: Economic Value Estimation

Abbildung 10: Beispiel einer Conjoint Measurement-Entscheidungssituation für verschiedene Lkw-Angebote

Abbildung 11: Wertschaffung und -aneignung

Abbildung 12: Einflussgrößen auf die Transaktionskosten und den Transaktionswert

Abbildung 13: Einfluss der Eigenschaften des hybriden Produktes auf die Transaktionseigenschaften sowie das Preis- und Vertragsdesign

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen

Tabelle 2: Mögliche Typisierungskriterien für hybride Produkte

Tabelle 3: Unterschiede zwischen Industriegüter- und Konsumgütermärkten im Hinblick auf den Preis

Tabelle 4: Preisliche Charakteristika von Dienstleistungen

Tabelle 5: Beispiel eines Conjoint Measurement-Designs für einen Lkw-Hersteller

Tabelle 6: Transaktionskostenbestandteile

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Wettbewerbslandschaft für Industrieunternehmen in Deutschland ändert sich zunehmend. Osteuropäische und asiatische Anbieter können Produkte mit vergleichbarer Qualität und Leistung zu weitaus günstigeren Konditionen anbieten.[1] Wettbewerbsvorteile für deutsche Unternehmen können sich insbesondere aus innovativen und technisch hochwertigen Erzeugnissen ergeben, die jedoch mit enormen Forschungs- und Entwicklungskosten verbunden sind. Zudem sind diese Differenzierungsmerkmale aufgrund der globalen Verfügbarkeit der relevanten Informationen schnell nachahmbar und verlieren somit an Bedeutung.[2] Als Konsequenz müssen deutsche Industrieunternehmen Differenzierungsstrategien entwickeln, die über rein technische Innovationen des Sachgutes hinausgehen. Ein Erfolg versprechender Ansatz ist die Konzentration auf die speziellen Kundenbedürfnisse als Differenzierungsmerkmal und folglich die Entwicklung kundenindividueller Kombinationen aus Sach- und Dienstleistungen und deren Integration zu hybriden Produkten. Bis dato verringern in vielen Branchen vor allem organisatorische Probleme bei der Implementierung und Umsetzung die Attraktivität eines solchen Geschäftsmodells für Anbieter und Kunden. Daher bleiben die Verbreitung und der wirtschaftliche Erfolg bislang hinter den Erwartungen zurück. Als ein zentrales Problem lässt sich die kundenspezifische Gestaltung adäquater Preis- und Vertragsmodelle identifizieren. Erfolgskritisch sind dabei insbesondere die detaillierte Planung des gemeinsam zu erzielenden Wertschöpfungsbeitrags sowie dessen angemessene Verteilung zwischen Anbieter und Abnehmer.[3]

Die vorliegende Arbeit soll durch die integrierte Betrachtung von hybriden Produkten, möglichen Preismodellen und transaktionskosten- bzw. transaktionswerttheoretischen Überlegungen einen Beitrag zur Lösung dieses Problems liefern.

Sie erstreckt sich über insgesamt sechs Kapitel (vgl. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit[4]

Das erste Kapitel führt in die Themeneinstellung ein und beschreibt Ziel sowie Aufbau der Arbeit.

Nach einer theoretischen Auseinandersetzung mit den Begriffen des industriellen Sachgutes sowie der industriellen Dienstleistung als Bestandteile hybrider Produkte werden im zweiten Kapitel geeignete Typisierungskriterien für hybride Produkte entwickelt.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der industriellen Preissetzung. Nach einer Auseinandersetzung mit preispolitischen Besonderheiten von Industriegütermärkten, Dienstleistungen und hybriden Produkten werden nacheinander verschiedene traditionelle und innovative Preismodelle eingeführt und im Hinblick auf hybride Produkte spezifiziert.

Das vierte Kapitel beinhaltet transaktionskosten- und transaktionswerttheoretische Überlegungen.

In Kapitel fünf erfolgt dann eine integrative Betrachtung der in den Kapiteln zwei bis vier behandelten Themen. Mögliche Wechselwirkungen zwischen den Eigenschaften des hybriden Produktes (Kapitel eins), den Transaktionsparametern (Kapitel vier) sowie der Wahl des Preis- bzw. Vertragsmodells (Kapitel drei) werden anhand von Praxisbeispielen beschrieben.

Das sechste Kapitel fasst schließlich die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen und wagt einen Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf und zukünftige Fragestellungen.

2 Das industrielle Leistungsspektrum

Als Industriegüter[5] werden Leistungen bezeichnet, die von Organisationen (z.B. Industrieunternehmen, öffentliche Verwaltungen oder staatliche Außenhandelsorganisationen)[6] beschafft werden, um weitere Leistungen zu erstellen, die über die reine Distribution an Letztkonsumenten (wie z.B. bei Handelsinstitutionen) hinausgehen.[7] Somit bestimmt die Zielgruppe (Letztkonsument oder Organisation als Nachfrager), ob der Vermarktungsprozess auf Konsumgüter- oder Industriegütermärkten stattfindet.[8]

Anbieter auf Industriegütermärkten zeichnen sich insbesondere durch folgende Eigenschaften aus:[9]

- überschaubare Anzahl potenzieller Kunden, die bezüglich Unternehmensgröße, Branche und Kaufmotivation sehr heterogen sind
- der Markt ist dem Anbieter sehr gut bekannt
- das Absatzvolumen pro Kunde ist meist sehr groß
- das Leistungsangebot setzt beim Kunden ein technisches Grundverständnis voraus
- hoher Anteil von Direktkäufen, also ohne Einbeziehung des Handels oder sonstigen Intermediären

Oftmals wird neben den industriellen Produkten als eigentliche Hauptleistung eine Vielzahl von begleitenden Dienstleistungen angeboten. Die Gründe hierfür sind vielfältig.[10] Im Vordergrund steht der zunehmende Wettbewerb aufgrund von Sättigungserscheinungen sowie der Globalisierung des Marktes und die daraus folgende Notwendigkeit zur Differenzierung. Des Weiteren sehen sich Anbieter industrieller Güter aufgrund des immer schneller wachsenden technologischen Fortschritts und steigender Komplexität mit immer kürzeren Produktlebenszyklen und einer zunehmenden Austauschbarkeit ihrer Produkte konfrontiert. Demgegenüber stehen die Entwicklungen auf der Nachfragerseite, die sich im Wesentlichen in einem höheren Wunsch nach Individualität, einem größeren Serviceanspruch und einer abnehmenden Kundenloyalität niederschlagen.[11]

Diesen Herausforderungen begegnen industrielle Anbieter überwiegend mit dem Versuch der Differenzierung. So ist ein nächster, über das reine Angebot produktbegleitender Dienstleistungen hinausgehender Schritt, die Konzentration auf den Problemlösungsbezug der Leistung als wichtigstes Kriterium für den Kunden,[12] und folglich das Angebot maßgeschneiderter sowie ganzheitlicher Problemlösungspakete[13] aus kombinierten Sach- und Dienstleistungen.

Vor diesem Hintergrund sollen zunächst die Begriffe des industriellen Sachgutes und der industriellen Dienstleistung definitorisch abgegrenzt werden, um dann eine geeignete Definition und Typisierungskriterien für das in der Betriebswirtschaftslehre noch wenig erforschte Konstrukt des hybriden Produktes aufzustellen.

2.1 Industrielle Sachgüter

Die Intensität der Auseinandersetzung mit den Eigenschaften und Merkmalen von Sachgütern[14] ist in der einschlägigen Literatur bei weitem nicht so fortgeschritten wie bei Dienstleistungen.[15] Volz sieht hier einen „schwerwiegenden Mangel“[16], da die Explikation des Sachgutbegriffs zahlreiche Einsichten in die Ursachen für den Bedarf an ergänzenden Dienstleistungen bereithalte.[17]

„Sachgüter sind gegenständliche, künstlich hergestellte Objekte mit einer beschreibbaren technischen Funktion, die für bestimmte, jeweils spezifisch zu bestimmende Zwecke eingesetzt, d.h. durch spezifische Aktivitäten verwendet werden.“[18]

Wichtige Folgerungen aus dieser Definition sind die Transferierbarkeit des Sachgutes, die Lagerfähigkeit des Sachgutes, ein vorgelagerter Produktionsprozess und eine oft erhebliche zeitliche Differenz zwischen Herstellung und Verwendung des Sachgutes.[19]

Transferierbarkeit bedeutet dabei den Übergang vom Besitz einer Institution (Privatperson, Organisation etc.) in den einer anderen.[20] Die Lagerfähigkeit ergibt sich direkt aus der Materialität des Sachgutes. Sachgüter müssen zudem künstlich hergestellt werden, d.h. ein Sachgut ist stets das Ergebnis eines seiner Verwendung zwangsläufig zeitlich vorgelagerten Produktionsprozesses, der in einem entsprechenden Herstellersystem stattfindet.[21] Die zeitliche Ausdehnung zwischen Herstellung und Verwendung des Sachgutes ergibt sich aus der Lagerfähigkeit sowie dem vorgelagerten Produktionsprozess.

Gemäß dieser Definition soll im Folgenden ein industrielles Sachgut als Sachgut verstanden werden, welches ein Industriegüterhersteller seinen Kunden anbietet.

2.2 Industrielle Dienstleistungen

Bevor auf den Begriff der industriellen Dienstleistung eingegangen wird, soll zunächst der Begriff Dienstleistung abgegrenzt werden.

Die in der Literatur vorhandenen Definitionsversuche für Dienstleistungen lassen sich in drei Gruppen einteilen:[22]

- Erfassung des Dienstleistungsbegriffs durch die Aufzählung von Beispielen (enumerative Definitionen)[23]
- Abgrenzung des Dienstleistungsbegriffs über eine Negativdefinition zu Sachgütern[24]
- Explizite Definition des Dienstleistungsbegriffs durch konstitutive Merkmale.

Die enumerative Definition kann unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht befriedigen, da die Beispiele zum einen nie abschließend sein können und sie zum anderen keinerlei Ansätze für eine weitergehende wissenschaftliche Betrachtung bieten.[25]

Ebenso ist die Negativdefinition abzulehnen.[26] Sie beschreibt lediglich, was Dienstleistungen nicht sind, erklärt aber nicht, was Dienstleistungen als Phänomen charakterisiert.[27]

Als sinnvoller Ansatz erweist sich somit allein die Definition durch konstitutive Merkmale.[28] Wichtigstes Merkmal von Dienstleistungen ist der hohe Integrationsgrad externer Faktoren in die betrieblichen Prozesse des Anbieters. Prinzipiell kommen hierfür vor allem Personen (der Nachfrager bzw. seine Mitarbeiter), Objekte (z.B. eine zu reparierende Maschine) oder Informationen (z.B. einer Unternehmensberatung zur Verfügung gestellte Daten) in Betracht.[29]

Weitere konstitutive Merkmale sind die Immaterialität des Leistungsergebnisses, die Nichtlagerfähigkeit, die Nichttransportfähigkeit und die Simultaneität von Erstellung und Verbrauch („uno-actu-Prinzip“).[30]

Die Immaterialität des Leistungsergebnisses bezieht sich auf die durch Dienstleistungen implizierte Nutzenwirkung. Die Wirkung der Leistung ergibt sich dabei nicht im Sinne unmittelbar zeitlicher, räumlicher oder stofflicher Eigenschaftsveränderungen, sondern als immaterieller Kernnutzen (z.B. Wohlbefinden, Funktionsfähigkeit, Lebensrettung).[31] Die Nichtlager- und Nichttransportfähigkeit folgen aus der Immaterialität. Das „uno-actu-Prinzip“ bedeutet, dass Produktion und Konsum der Dienstleistung zeitgleich erfolgen (z.B. bei einer Wellness-Massage). Dies erfordert insbesondere bei personenbezogenen Dienstleistungen oftmals einen hohen Grad an Interaktion und Kommunikation zwischen Produzent und Konsument (z.B. muss der Kunde dem Friseur seine individuellen Wünsche mitteilen).

Eine Übersicht der grundlegenden Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen zeigt Tabelle 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen[32]

Meyer fasst die verschiedenen Dimensionen und konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen in der folgenden Definition zusammen, welche auch dieser Arbeit zugrunde liegen soll. Er definiert Dienstleistungen „als von einem Leistungsgeber angebotene, d.h. in Bereitschaft gehaltene Leistungsfähigkeiten (Potentialdimension), deren Nutzung im Rahmen der Leistungserstellung eine Einwirkung auf einen externen Faktor bedingt (Prozessdimension), um dadurch bestimmte immaterielle Wirkungen beim Leistungsnehmer zu erzielen (Ergebnisdimension).“[33]

Das Begriffsspektrum der industriellen Dienstleistung wird in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet.[34] Allein in der deutschsprachigen Literatur tauchen in diesem Zusammenhang ca. zwanzig unterschiedliche Begriffe auf.[35] Beginnend bei dem Begriff des Kundendienstes[36] bis hin zum Begriff der kernproduktbegleitenden Dienstleistung[37] wurde eine Vielzahl von Begriffen geprägt, welche weitestgehend synonym verwendet werden.[38]

Die meisten Autoren ziehen bei der Definition des Begriffs der industriellen Dienstleistung eine Reihe unterschiedlicher Abgrenzungskriterien heran. Besonders bedeutsam sind dabei die folgenden drei:[39]

- die Anbieter (Wer vermarktet die Dienstleistung?)
- die Nachfrager (Wer bezieht die Dienstleistung?)
- der Bezug zur Sachleistung (Ist die Dienstleistung zwingend an eine Sachleistung gebunden oder kann sie auch davon unabhängig angeboten werden?)

Die Abgrenzung nach Anbieter und Nachfrager lässt sich anhand von Abb. 2 nachvollziehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Differenzierung des Dienstleistungsbegriffs[40]

Demnach sind industrielle Dienstleistungen ein Teilbereich investiver Dienstleistungen. Dies sind Dienstleistungen, die von Organisationen nachgefragt werden und als Wiedereinsatzfaktoren in Produktionsprozesse eingehen. Handelt es sich bei den Nachfragern dagegen um Konsumenten, so spricht man von konsumtiven Dienstleistungen.[41]

Während industrielle Dienstleistungen von produzierenden Industriesachgüteranbietern mehr oder weniger eng verbunden mit dem Sachgut verkauft werden, sind reine investive Dienstleistungen selbstständig marktfähige, immaterielle Leistungen, die als eigenständige (nicht zwangsweise mit Sachleistungen verknüpfte) Marktleistungen von Dienstleistungsunternehmen vertrieben werden.[42]

Industrielle Dienstleistungen lassen sich wiederum in produktbegleitende Dienstleistungen und Performance Contracting – Leistungen einteilen. Produktbegleitende Dienstleistungen sind immaterielle Leistungen, die ein Industriegüterhersteller zur Absatzförderung seiner Sachgüter zusätzlich anbietet. Sie sind damit eng mit dem Hauptprodukt verknüpft und in der Regel integraler Bestandteil eines Angebots. Der Industriegüterhersteller wird so zum „dienstleistenden Produzenten“. Beim Performance Contracting dagegen verkauft der Hersteller nicht mehr das eigentliche Produkt und unter Umständen ergänzende Dienstleistungen, sondern erbringt eine Leistung oder ein Leistungsergebnis. Der Produzent wird somit zum „produzierenden Dienstleister“ und das eigentliche Produkt Teil einer umfassenden Dienstleistungskonzeption, die verschiedene Ausprägungen annehmen kann.[43]

Im Hinblick auf das Abgrenzungskriterium Bezug zur Sachleistung gibt es in der Literatur unterschiedliche Auffassungen. Für eine Reihe von Autoren sind industrielle Dienstleistungen immer untrennbar mit einer Sachleistung verbunden.[44] Aus Sicht anderer Autoren können industrielle Dienstleistungen aber auch unabhängig von der Sachleistung vermarktet werden.[45]

Die wenigsten Industriegüterhersteller beschränken sich ausschließlich auf die Vermarktung eines Bündels aus Dienstleistung und Sachgut. Vielmehr werden beide Leistungsbestandteile in der Regel auch separat angeboten.[46] Diese Sichtweise soll auch in der vorliegenden Arbeit zum Tragen kommen, weshalb der Bezug zur Sachleistung nicht als Abgrenzungskriterium für industrielle Dienstleistungen herangezogen werden soll.

2.3 Hybride Produkte

Der Versuch, Sach- und Dienstleistung definitorisch abzugrenzen, wird in der Literatur vielfach kritisiert. Hauptkritikpunkte sind die Nichtexistenz geeigneter Merkmale zur Abgrenzung[47] sowie die Realitätsferne, da in der Wirtschaft ohnehin meist Leistungskombinationen angeboten werden.[48] So besteht z.B. eine Flugreise aus einem Dienstleistungskern, um den sich Sachleistungen, wie etwa Tageszeitungen und das Essen an Bord, gruppieren.[49] In diesem Zusammenhang sprechen Oliva / Kallenberg (2003) anschaulich von einem „product-service continuum“[50] (vgl. Abb. 3 für Sach- und Dienstleistungsausprägungen bei unterschiedlichen Produkten mit einem Sachleistungsanteil „Auto“).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Sach- und Dienstleistungsausprägung bei unterschiedlichen Produkten mit einem Sachleistungsanteil „Auto“[51]

Als Konsequenz finden sich in der Literatur zahlreiche Begriffe, die sich von einer getrennten Betrachtungsweise von Sach- und Dienstleistung lösen. Beispiele sind Leistungsbündel,[52] Leistungsverbunde,[53] Bündel,[54] Leistungssysteme,[55] systems,[56] solutions [57] und full services.[58]

Diese Begriffe überschneiden sich stark und werden zusätzlich auch teilweise unterschiedlich verwendet. Verschiedene Definitionskomponenten sind z.B. der technische Integrationsaufwand der Teilleistungen und der Grad der Individualisierung.

Ein weiterer Begriff der momentan noch vereinzelt in diesem Zusammenhang in der Literatur auftaucht, ist der Begriff des hybriden Produktes. Dieser Begriff steht für Kombinationen aus Sach- und Dienstleistungen[59], wobei Bullinger / Meiren (2001) noch explizit Software als dritte Komponente hinzufügen.[60]

Bezüglich des Nutzens hybrider Produkte gibt es zwei unterschiedliche Sichtweisen. Eine Betrachtungsweise zielt besonders auf die Absatzförderung des Sachgutes durch einen Zusatznutzen ab. So sind bei Fähnrich et al. (1999) die Dienstleistungen innerhalb des hybriden Produktes stark an die Sachleistung gekoppelt und bieten dem Kunden einen auf das Sachgut bezogenen Zusatznutzen.[61] Ähnlich sehen es Luczak et al. (2006): Hier entstehen hybride Produkte durch die Erweiterung des Leistungsangebots um Dienstleistungen, um die Sachleistung besser absetzen zu können.[62] Aus diesem Blickwinkel steht demzufolge der Anbieternutzen im Vordergrund.

Bei der anderen Sichtweise werden hybride Produkte als kundenspezifisch ausgerichtete Problemlösungen betrachtet.[63] In diesem Fall spielt der wahrgenommene kundenindividuelle Nutzen die entscheidende Rolle.[64] In der Literatur hat sich zunehmend die letztere Sichtweise durchgesetzt.[65] Zudem stellt sie das Management hinsichtlich Pricing- und Contracting-Modellen vor weit größere Herausforderungen. Daher soll im weiteren Verlauf der zweiten Sichtweise entsprochen werden. Eine anschauliche Definition, welche die bisherigen Überlegungen zusammenfasst und als Grundlage der weiteren Arbeit dienen soll, findet sich bei Kersten / Zink / Kern (2006):

„Ein hybrides Produkt ist ein Leistungsbündel, das sich aus einer speziell aufeinander abgestimmten Kombination aus Sach- und Dienstleistungsanteilen zusammensetzt und eine auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden ausgerichtete Problemlösung darstellt. Die Sach- und Dienstleistungsanteile hybrider Produkte sind damit gezielt miteinander verbundene und aufeinander abgestimmte Teillösungen für ein spezifisches Kundenproblem.“[66]

Aus Produktsicht kann eine Typisierung von hybriden Produkten anhand folgender Ansatzpunkte erfolgen:[67]

- Sachleistung
- Dienstleistung
- Integrationsgrad der Bestandteile
- Anzahl / Heterogenität der Teilleistungen

Bezüglich der Sachleistung kann eine Typisierung z.B. anhand der Komplexität, des Innovationsgrades oder anhand von Gebrauchs- vs. Verbrauchseigenschaften stattfinden.[68]

Aus Dienstleistungssicht bieten sich der Funktionsbezug, der zeitliche Bezug zum Kauf der Sachleistung, das Bezugsobjekt, die Trägerschaft sowie die Produktspezifität als Abgrenzungsmerkmale an.[69] Abb. 4 fasst diese Merkmale mit jeweils möglichen Ausprägungen zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Mögliche Merkmale zur Typisierung des Dienstleistungsanteils[70]

Der Integrationsgrad der einzelnen Bestandteile des hybriden Produktes misst den technischen Aufwand, der nötig ist, um die unterschiedlichen Teile zu einer individuellen Gesamtlösung zusammenzufassen. So weisen z.B. die verschiedenen Komponenten (Prozessor, Monitor, Tastatur, Service-Hotline etc.) eines Computers einen geringen Integrationsgrad auf.[71] Die einzelnen Teile sind in der Regel ohne weiteres kompatibel, so dass ein Kunde trotz des geringen Integrationsgrades eine individuelle Komponentenkombination erhalten kann (z.B. 21‘‘-Monitor plus Linkshänder-Maus plus Vor-Ort-Service etc.). Ein hoher Integrationsgrad findet sich dagegen z.B. bei Call-Center IT-Lösungen. Hier sind verschiedene Komponenten wie Hardware, Software, End-User-Einrichtungen (Kabel, Headphones etc.) und Mitarbeiterschulung in einem Leistungspaket stark integriert.[72]

[...]


[1] Mercator School of Management (2007a), S. 1.

[2] Ganz / Steinheider (1999), S. 1.

[3] Ihl / Buriánek (2006), S. 1.

[4] Eigene Darstellung.

[5] Weitgehend synonym wird auch der Begriff Investitionsgut verwendet. Vgl. Backhaus / Voeth (2004), S. 6.

[6] Vgl. Backhaus (2003), S. 8.

[7] Vgl. Engelhardt / Günther (1981), S. 24.

[8] Vgl. Backhaus (2003), S. 8.

[9] Vgl. Pförtsch / Schmid (2005), S.14f.

[10] Vgl. Killinger (1999), S. 131.

[11] Vgl. Elbl / Wolfrum (1994) S. 121; Zerr (1995), S. 134.

[12] Vgl. Kern (1979), Sp. 1435f.

[13] Vgl. Forschner (1989), S. 1f.

[14] Im Folgenden werden die Begriffe Sachgut und Sachleistung synonym verwendet.

[15] Vgl. Volz (1997), S. 31.

[16] Volz (1997), S. 31.

[17] Vgl. Volz (1997), S. 31.

[18] Volz (1997), S. 32.

[19] Vgl. Volz (1997), S. 33, 39, 41; König (1998), S. 5.

[20] Vgl. Volz (1997), S. 33.

[21] Ebenda, S. 39.

[22] Vgl. Engelhardt Schwab (1982), S. 503; Corsten (1985), S. 172ff.; Corsten (1988), S. 17ff.; Corsten (1997), S. 21.

[23] Vgl. Langeard (1981), S. 233.

[24] Vgl. Maleri (1973), S. 14ff; Gerhardt (1987), S. 72ff.

[25] Vgl. Niemand (1996), S. 5.

[26] Vgl. Altenburger (1980), S. 21f.

[27] Vgl. Corsten (1985), S. 174; Lehmann (1989), S. 76f.; Maleri (1994), S. 43ff.

[28] Vgl. Meffert / Bruhn (2003), S. 27. Hier unterscheiden viele Autoren noch zwischen potenzial-, prozess- und ergebnisorientierten Ansätzen (vgl. Forschner (1989), S. 35ff.; Hilke (1989), S. 10ff.; Meyer (1990), S. 177f.; Meffert (1994), S. 521; Corsten (1997), S. 21ff.).

[29] Vgl. Engelhardt / Reckenfelderbäumer (2006), S. 221.

[30] Vgl. Meyer (1990), S. 180ff.; Lehmann (1993), S. 21; Groos (1997), S. 46; Günther (2001), S.11f. Für weitere konstituive Merkmale vgl. z.B. Scheuch (1982), S. 8ff.; Faßnacht (1998), S. 724.

[31] Vgl. Forschner (1989), S. 43ff.; Hilke (1989), S. 13ff.; Hentschel (1992), S. 24f.; Corsten (1997), S. 23ff.

[32] Eigene Darstellung in Anlehnung an Normann (1984), S. 7.

[33] Meyer (1983), S. 198.

[34] Vgl. Kowaleski / Reckenfelderbäumer (1998), S. 5.

[35] Vgl. Günther (2001), S.12.

[36] Vgl. Krooß (1966), S. 12.

[37] Vgl. Killinger (1999), S. 133.

[38] Vgl. Günther (2001), S. 12; für Übersichten vgl. z.B. Muser (1988), S. 13ff.; Homburg / Garbe (1996), S. 255f.; Garbe (1998), S. 24f.; Paul (1998), S. 27; Günther (2001), S. 26ff.

[39] Vgl. Günther (2001), S. 12.

[40] Eigene Darstellung in Anlehnung an Spath / Demuß (2006), S. 468.

[41] Vgl. Scheuch (1982), S. 57ff.; Meffert / Bruhn (1997), S. 38f.

[42] Vgl. Kleikamp (2000), S. 6; Spath / Demuß (2006), S. 467.

[43] Vgl. Kleikamp (2000), S. 7f.

[44] Vgl. Buttler / Stegner (1990), S. 934; Olemotz (1995), S. 26; Niemand (1996), S 13.

[45] Vgl. Kowalewski / Reckenfelderbäumer (1998), S. 7, 13; Homburg / Garbe (1996), S. 259; Engelhardt / Reckenfelderbäumer (2006), S. 225.

[46] Vgl. Günther, S. 14.

[47] So kann z.B. die oft zitierte Immaterialität der Dienstleistung nicht als scharfes Abgrenzungskriterium dienen, da auch bei Dienstleistungen oftmals mittelbar eine materielle Veränderung des externen Faktors stattfindet (z.B. die reparierte Maschine). Vgl. Engelhardt / Reckenfelderbäumer (2006), S. 221.

[48] Vgl. Engelhardt / Reckenfelderbäumer (2006), S. 219; ausführlich Engelhardt / Kleinaltenkamp / Reckenfelderbäumer (1993).

[49] Vgl. Priemer (2000), S. 41.

[50] Oliva / Kallenberg (2003), S. 162.

[51] Eigene Darstellung in Anlehnung an Oliva / Kallenberg (2003), S. 162.

[52] Vgl. Engelhardt / Kleinaltenkamp / Reckenfelderbäumer (1993), S. 407; Gizycki (2000), S. 26; Weber (2005), S. 118; Roth (2006), S. 58ff.

[53] Vgl. Forschner (1989), S. 20; Friege (1995), S. 29.

[54] Vgl. Priemer (2000), S. 41.

[55] Vgl. Willée (1990), S. 51; Belz et al. (1991), S. 1; Böcker (1995), S. 22; Vollert (1999), S. 28ff.

[56] Vgl. Millman (1996), S. 632.

[57] Vgl. Doster / Roegner (2000), S. 51; Roegner / Seifert / Swinford (2001), S. 94; Johansson / Krishnamurthy / Schlissberg (2003), S. 117; Sawhney (2004), S. 8.

[58] Vgl. Stremersch / Wuyts / Frambach (2001), S. 1.

[59] Vgl. Bullinger / Murmann (1999), S. 66; Ganz / Steinheider (1999), S. 132; Kersten / Zink / Kern (2006), S. 191; Luczak et al. (2006), S. 444; Meier et al. (2006), S. 429.

[60] Vgl. Bullinger / Meiren (2001), S. 153.

[61] Vgl. Fähnrich et al. (1999), S. 11.

[62] Vgl. Luczak et al. (2006), S. 444.

[63] Vgl. Kersten / Zink / Kern (2006), S. 191; Spath / Demuß (2006), S. 464.

[64] Vgl. Stanke / Ganz (1996), S. 87; Meier et al. (2006), S. 429.

[65] Vgl. z.B. Ganz / Steinheider (1999); Korell / Ganz (2000); Kersten / Zink / Kern (2006); Meier et al. (2006).

[66] Kersten / Zink / Kern (2006), S. 191.

[67] Vgl. Doster / Roegner (2000), S. 51f.; Roegner / Gobbi (2001), S. 3; Roegner / Seifert / Swinford (2001), S. 95; Galbraith (2002), S. 7; Johansson / Krishnamurthy / Schlissberg (2003), S. 119; Krishnamurthy / Johansson / Schlissberg (2003), S. 3f.; Sawhney (2004), S. 8; Kersten / Zink / Kern (2006), S. 192.

[68] Vgl. Kersten / Zink / Kern (2006), S. 192.

[69] Vgl. Hartel (2002), S. 87.

[70] Kersten / Zink / Kern (2006), S. 193.

[71] Vgl. Sawhney (2004), S. 9.

[72] Vgl. Johansson / Krishnamurthy / Schlissberg (2003), S. 119; Krishnamurthy / Johansson / Schlissberg (2003), S. 3f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836604864
ISBN (Paperback)
9783836654869
DOI
10.3239/9783836604864
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität München – Wirtschaftswissenschaften, Information, Organisation und Management
Erscheinungsdatum
2007 (August)
Note
2,7
Schlagworte
hybride preismodelle industrielle dienstleistungen industriegüter-märkte preispolitik
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Titel: Innovative Preismodelle für hybride Produkte
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