Lade Inhalt...

Zukunftspotenziale im Gesundheitstourismus - Erfolgversprechende Angebotsfelder und -nischen für Heilbäder und Kurorte

©2006 Diplomarbeit 114 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die 374 hochprädikatisierten deutschen Heilbäder und Kurorte stellen knapp ein Drittel aller Übernachtungen im Deutschlandtourismus. Im vergangenen Jahr wurde ein Gesamtumsatz von über 26 Mrd. Euro erwirtschaftet. Gleichzeitig konnten 17,6 Mio. Gäste und nahezu 100 Mio. Übernachtungen verzeichnet werden. Diese Zahlen verdeutlichen die starke Stellung des Kur- und Bäderwesens innerhalb des Tourismus sowie als potenten Wirtschafts-, aber auch Beschäftigungssektor.
Dennoch bleibt die wirtschaftliche Situation in den Heilbädern und Kurorten angespannt. In den letzten Jahren erfuhr der Kurtourismus auf Grund der verschiedenen Stufen der Gesundheitsstrukturreformen große Patientenrückgänge aus dem Sozialkurbereich. Obwohl die Prävention und Rehabilitation einen wachsenden Wirtschaftsfaktor darstellen, wird das finanzielle Engagement der Sozialschutzsysteme in diesem Sektor erwartungsgemäß weiter abnehmen.
Hinzu kommt das aggressive Verkaufen von Kuren im europäischen Ausland durch einige Krankenkassen. Zwar sind die deutschen Heilbäder und Kurorte europaweit qualitätsführend, jedoch sind auch die Kosten einer Kur in Deutschland vergleichsweise hoch. So bewirkt eine immer kürzer werdende Aufenthaltsdauer trotz der seit 1999 wieder stetig steigenden Ankünfte rückläufige Übernachtungszahlen und damit auch Einkommenseinbußen für die Kurorte und dessen Einrichtungen.
Die Kurorte und Heilbäder sehen sich daher veranlasst, sich neuen Zielgruppen zu öffnen und ihre Infrastruktur nicht nur dem Kur-, sondern auch dem Urlaubs-, Erholungs- und Gesundheitstourismus zur Verfügung zu stellen. Der Wachstumsmarkt Gesundheit bildet dabei die Grundlage, an den Selbstzahler als gewinnbringenden Gast heranzutreten. Bereits jetzt haben diese einen Anteil von rund 80% an dem Gesamtgästeaufkommen in den Kurorten.
So konnten Einnahmequellen gesichert werden, die wesentlich unabhängiger von der aktuellen Entwicklung des deutschen Sozialsystems sind. Die erzielten Erfolge sind dabei als Ergebnis eines investitionsintensiven Ausbaus der kurörtlichen Infrastruktur zu bewerten. War bis Anfang der 90er Jahre kein marktgerecht ausgerichtetes Angebot vorhanden, so führten die Anstrengungen einer Angebotsdiversifizierung zu neuen Offerten in beträchtlichem Umfang vor allem in den Bereichen Wellness, Fitness und Beauty.
Die meisten Experten sind sich darüber einig, dass sich der Markt für Gesundheit auch in den folgenden Jahren überaus positiv entwickeln […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tina Polster
Zukunftspotenziale im Gesundheitstourismus - Erfolgversprechende Angebotsfelder
und -nischen für Heilbäder und Kurorte
ISBN: 978-3-8366-0196-2
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Schmalkalden, Schmalkalden, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

A
U T O R E N P R O F I L
Persönliches
Tina Polster
geb. 17.04.1981 in Leipzig
Siedlergarten 40
21379 Scharnebeck
polster.tina@web.de
Studium
10/2002 ­ 01/2007
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule
Schmalkalden
Schwerpunkte:
Tourismuswirtschaft und Marketing,
Weitere Fächer: Empirische Wirtschaftsforschung und
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
Abschluss: Diplom-Betriebswirtin (FH), Note 1,7
Praktische Erfahrungen
08/2006 ­ 11/2006
Europäisches Tourismus Institut Trier, Diplomarbeit zum Thema:
"Zukunftspotentiale im Gesundheitstourismus ­ Erfolgversprechende
Angebotsfelder und ­nischen für Heilbäder und Kurorte"
10/2002 - 07/2006
Stubs - Studentische Unternehmensberatung Schmalkalden e.V.:
Projektmitarbeit
08/2005 - 02/2006
Studentische Hilfskraft am Fachbereich Wirtschaft der FH Schmalkalden:
Mitarbeit am Forschungsprojekt innoregio/barrierefreier Tourismus
08/2004 ­ 02/2005
Leipzig Tourist Service e.V.: Praktikum im Bereich Marketing, Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
06/2003 ­ 08/2003
Reisebüro Südwest Travel Leipzig: Urlaubsbedingte Alleinvertretung
06/2002 ­ 09/2002
Tourismusverein Dresden e.V.: Praktikum im Bereich Marketing,
Assistenz
der
Geschäftsstellenleiterin
07/2001 ­ 09/2001
Leipzig Tourist Service e.V.: Praktikum im Bereich Marketing
Kenntnisse
·
Sparten:
Destinationsmarketing, Veranstaltungsmanagement, Marktforschung, Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
·
Fremdsprachen:
Englisch, Spanisch, Französisch
·
PC: Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Bildbearbeitung, Internetrecherche, statistische
Auswertungen in SPSS

GLIEDERUNG
Abbildungsverzeichnis ... V
Anhangsverzeichnis... V
1 Einleitung ... 1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ... 1
1.2 Aufbau und Methodik... 2
2 Der Gesundheitstourismus ... 3
2.1 Definitionen und Begriffsabgrenzung ... 3
2.2 Erscheinungsformen... 4
2.3 Nachfrageseitige Betrachtung ... 6
2.3.1 Nachfragevolumen und Entwicklungstendenzen... 6
2.3.2 Der typische Gesundheitstourist... 8
2.4 Angebotsseitige Betrachtung ... 10
2.4.1 Anforderungen an das Angebot... 10
2.4.2 Anbietersituation und wirtschaftliche Implikationen ... 12
3 Das Wirkungsgeflecht von Trends auf die Entwicklung der gesundheitstouristischen
Nachfrage ... 14
3.1 Theoretische Grundlagen zur Trendforschung ... 15
3.1.1 Definition und Abgrenzung von Trends ... 15
3.1.2 Trendforschung und die Probleme bei der Trendermittlung ... 16
3.2 Übergeordnete gesellschaftliche Entwicklungen... 17
3.2.1 Demographischer Wandel ... 17
3.2.1.1 Bevölkerungsrückgang und Überalterung der Gesellschaft ... 18
3.2.1.2 Quantitative Veränderungen des Nachfragevolumens im Gesundheitstourismus ... 20
3.2.1.3 Qualitative Veränderung des Nachfragevolumens im Gesundheitstourismus ... 22
3.2.2 Zivilisationskrankheiten... 23
3.2.2.1 Steigender Lebensstandard und Krankheitsentstehen... 23
3.2.2.2 Charakteristische Eignung für ganzheitsorientierte Gesundheitsangebote... 25
3.2.3 Gesundheitsbewusstsein ... 26
3.2.3.1 Sensibilisierung der Bevölkerung durch die Medien... 26
3.2.3.2 Wertewandel und neue Sichtweisen... 27
3.2.4 Stärkung der Eigenverantwortung ... 28
3.2.4.1 Die höhere Patientensouveränität... 29
3.2.4.2 Sinkendes Engagement der Sozialversicherungen ... 29
3.2.4.3 Wachsende Selbstzahlerbereitschaft für Gesundheit... 30
II

3.3 Allgemeine Nachfragetrends ... 31
3.3.1 Wachsende Volatilität und Pluralismus... 31
3.3.2 Zeitknappheit ... 32
3.3.3 Individualisierung ... 33
3.3.4 Hybridität und Multioptionalität... 34
3.3.5 Preissensibilität und Konsumpolarisierung ... 35
3.3.6 Erlebnisorientierung und Inszenierung ... 37
3.3.7 Selektiver Luxus... 38
3.3.8 Convenience ... 38
3.3.9 Suche nach Balance ... 39
3.3.10 Resourcing... 40
3.4 Gesundheitsspezifische Nachfragetrends... 41
3.4.1 Nachfrage nach ganzheitlich medizinischen Konzepten ... 41
3.4.2 Wellness unter medizinischen Aspekten ... 42
3.4.3 Wellness als aktive Selbstkompetenz... 42
3.4.4 Naturerlebnis und Gesundheit ... 44
3.4.5 Verlangen nach alternativen Heilmethoden als komplementäres Angebot... 44
3.4.6 Wunsch nach ,,Unberührtem", Authentizität... 46
3.4.7 Gesunder Hedonismus ... 46
3.4.8 Suche nach Spiritualität und sinnstiftenden Lebensformen... 47
3.4.9 Gesunde Ernährung... 48
3.4.10 Trend zu ,,sanften" Sportarten... 49
3.4.11 Nichtakzeptanz chronischer Schmerzen ... 50
3.5 Anforderungen an das gesundheitsspezifische Angebot ... 51
4 Ableitung zukunftsträchtiger Angebotsfelder für Heilbäder und Kurorte... 54
4.1 Geroprophylaktische Angebote ... 54
4.1.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 54
4.1.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 55
4.2 Sekundärpräventive Angebote ... 56
4.2.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 56
4.2.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 57
4.3 Aktivangebote Wandern und Radfahren ... 58
4.3.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 58
4.3.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 59
4.4 Alternativmedizinische Angebote ... 60
4.4.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 60
4.4.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 61
4.5 Präventive Kurzzeitangebote für Berufstätige... 61
4.5.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 61
4.5.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 62
III

4.6 Sportartenspezifische Fitnessangebote unter Fachkompetenz ... 64
4.6.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 64
4.6.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 64
4.7 Gesundheitsangebote in Verbindung mit Kongress-, Tagungs- und Seminartourismus ... 65
4.7.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 65
4.7.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 66
4.8 Primärpräventive Angebote mit Möglichkeiten zur Selbstentfaltung... 66
4.8.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 66
4.8.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 67
4.9 Angebote für Menschen in persönlichen Krisensituationen ... 69
4.9.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 69
4.9.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 69
4.10 Betreuungsangebote für den kranken Partner oder Angehörigen ... 70
4.10.1 Angebotsbeschreibung und Zielgruppenbestimmung ... 70
4.10.2 Inhaltliche Angebotserläuterung ... 71
5 Empirische Untersuchung zur Marktattraktivität der Angebotsfelder aus Sicht der Anbieter 72
5.1 Methodik und Befragtenstruktur ... 72
5.2 Auswertung der Untersuchungsergebnisse ... 73
5.3 Schlussfolgerungen aus den Untersuchungsergebnissen... 78
6 Schlussbetrachtung ... 80
Anhang ... 84
Literaturverzeichnis ... VI
IV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Tatsächliches Nachfragevolumen und Entwicklungstendenzen bei Gesundheitsreisen... 6
Abb. 2: Entwicklung der Nachfrage nach Gesundheitsreisen im Zeitverlauf von 1996 bis 2007... 7
Abb. 3: Altersstruktur der gesundheitsorientierten Urlauber 2002-2004... 8
Abb. 4: Die Einkommensverteilung der gesundheitsorientierten Urlaubsformen 2002-2004... 9
Abb. 5: Einflussfaktoren auf die Nachfrage im Gesundheitstourismus... 14
Abb. 6: Eigenschaftsportrait des neuen (gesundheitsorientierten) Urlaubers... 51
Abb. 7: Ergebnisse zur Frage 4 der empirischen Untersuchung... 73
Abb. 8: Ergebnisse zur Frage 5 der empirischen Untersuchung (Portfoliomatrix)... 75
Abb. 9: Ergebnisse zur Frage 6 der empirischen Untersuchung... 76
Abb. 10: Ergebnisse zur Frage 7 der empirischen Untersuchung... 77
ANHANGSVERZEICHNIS
Anhang A: Die Segmente des Gesundheitstourismus... 84
Anhang B: Die Entwicklung der Anzahl Urlaubsreisender insgesamt... 85
Anhang C: Fragebogen zur empirischen Untersuchung... 86
Anhang D: Stichprobenbeschreibung zur empirischen Untersuchung... 92
Anhang E: Übersicht zur empirischen Untersuchung: Liste der teilgenommenen Einrichtungen... 93
Anhang F: Auswertung der empirischen Untersuchung: Datengrundlage zur Frage 5 und 6... 95
Anhang G: Auswertung der empirischen Untersuchung: Ergebnisse zur Frage 8... 96
V

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die 374 hochprädikatisierten deutschen Heilbäder und Kurorte stellen knapp ein Drittel aller
Übernachtungen im Deutschlandtourismus. Im vergangenen Jahr wurde ein Gesamtumsatz
von über 26 Mrd. Euro erwirtschaftet. Gleichzeitig konnten 17,6 Mio. Gäste und nahezu 100
Mio. Übernachtungen verzeichnet werden. Diese Zahlen verdeutlichen die starke Stellung
des Kur- und Bäderwesens innerhalb des Tourismus sowie als potenten Wirtschafts-, aber
auch Beschäftigungssektor (H
INSKEN
2006, o. S.).
Dennoch bleibt die wirtschaftliche Situation in den Heilbädern und Kurorten angespannt. In
den letzten Jahren erfuhr der Kurtourismus auf Grund der verschiedenen Stufen der Ge-
sundheitsstrukturreformen große Patientenrückgänge aus dem Sozialkurbereich. Obwohl die
Prävention und Rehabilitation einen wachsenden Wirtschaftsfaktor darstellen, wird das fi-
nanzielle Engagement der Sozialschutzsysteme in diesem Sektor erwartungsgemäß weiter
abnehmen (T
ERWEY
o. J., S. 265). Hinzu kommt das aggressive Verkaufen von Kuren im
europäischen Ausland durch einige Krankenkassen. Zwar sind die deutschen Heilbäder und
Kurorte europaweit qualitätsführend, jedoch sind auch die Kosten einer Kur in Deutschland
vergleichsweise hoch. So bewirkt eine immer kürzer werdende Aufenthaltsdauer trotz der
seit 1999 wieder stetig steigenden Ankünfte rückläufige Übernachtungszahlen und damit
auch Einkommenseinbußen für die Kurorte und dessen Einrichtungen.
Die Kurorte und Heilbäder sehen sich daher veranlasst, sich neuen Zielgruppen zu öffnen
und ihre Infrastruktur nicht nur dem Kur-, sondern auch dem Urlaubs-, Erholungs- und Ge-
sundheitstourismus zur Verfügung zu stellen. Der Wachstumsmarkt Gesundheit bildet dabei
die Grundlage, an den Selbstzahler als gewinnbringenden Gast heranzutreten. Bereits jetzt
haben diese einen Anteil von rund 80% an dem Gesamtgästeaufkommen in den Kurorten
(vgl. H
INSKEN
2006, o. S.). So konnten Einnahmequellen gesichert werden, die wesentlich
unabhängiger von der aktuellen Entwicklung des deutschen Sozialsystems sind. Die erziel-
ten Erfolge sind dabei als Ergebnis eines investitionsintensiven Ausbaus der kurörtlichen
Infrastruktur zu bewerten. War bis Anfang der 90er Jahre kein marktgerecht ausgerichtetes
Angebot vorhanden, so führten die Anstrengungen einer Angebotsdiversifizierung zu neuen
Offerten in beträchtlichem Umfang vor allem in den Bereichen Wellness, Fitness und Beauty.
Die meisten Experten sind sich darüber einig, dass sich der Markt für Gesundheit auch in
den folgenden Jahren überaus positiv entwickeln wird. Leo Nefiodow bezeichnet den Ge-
1

sundheitsmarkt gar als ,,die Wachstumslokomotive im 21. Jahrhundert" (N
EFIODOW
2003, o.
S.). Daher verwundert es nicht, dass der Markt zunehmend durch eine Vielzahl von Anbie-
tern mit einem breiten gesundheitstouristischen Angebot auch außerhalb der Heilbäder und
Kurorte geprägt ist. Aus dieser Standortkonkurrenz um den gesundheitsorientierten Gast
erwächst nun die zentrale Herausforderung, sich durch die präzise Ausrichtung des Freizeit-
und Tourismusangebotes an den Bedürfnissen ausgewählter Zielgruppen zu orientieren und
mit einer hohen Professionalität diesen anspruchsvollen Markt zu bedienen.
Daher sollen in dieser Arbeit konkrete Angebotsfelder aufgezeigt werden, die für die deut-
sche Bäderwirtschaft Möglichkeiten bieten, sich spezialisiert an ausgewählte Teilmärkte zu
richten. Insbesondere Produktinnovationen und die Suche nach Nischen können hierbei für
den Erfolg entscheidend sein (T
ERWEY
o. J., S. 268). Anhand von Trends sollen daher Erfolg
versprechende Themen abgeleitet werden und in einer übersichtlichen Darstellung mit kon-
kreten Programminhalten und einer abschließenden Bewertung durch Experten das sich
bietende Potential verdeutlicht werden.
1.2 Aufbau und Methodik
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Das einleitende Kapitel soll auf die
Thematik hinführen und die gewählte Vorgehensweise erläutern. Um anschließend mit den
Untersuchungen über die Trends im Gesundheitstourismus beginnen zu können, ist es zu-
nächst notwendig, den Begriff Gesundheitstourismus, der heute viel benutzt, aber oft mit
unterschiedlichen Inhalten belegt ist, klar abzugrenzen. Daher erfolgt eine kurze theoretische
Abhandlung zum Thema Gesundheitstourismus im zweiten Kapitel. Im darauf folgenden drit-
ten Kapitel soll das Wirkungsgeflecht verschiedener Trends auf den Gesundheitstourismus
näher untersucht und wesentliche Motoren der Entwicklung identifiziert werden. Der Schwer-
punkt liegt hierbei einerseits auf den für die Entwicklung des Gesundheitsbewusstseins
maßgeblichen gesamtgesellschaftlichen Pushfaktoren sowie andererseits auf den zu beach-
tenden Nachfragetrends im Tourismus. Im vierten Kapitel sollen die vorhergehend erarbeite-
ten Ergebnisse in komplexe Angebote transferiert werden. Dazu werden konkrete Inhalte wie
auch eventuell schon bestehende Beispiele aus der Praxis angeführt. Im fünften Kapitel sol-
len diese erarbeiteten Angebote durch eine Expertenbefragung anhand spezifischer Kriterien
quantitativ empirisch bewertet werden. Dazu werden vorrangig Direktoren aus den Kurorten
sowie Leiter verschiedener kurörtlicher Einrichtungen mit gesundheitstouristischen Angebot
befragt. Abschließend findet im letzten Kapitel eine Diskussion der gewonnenen Ergebnisse
und eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten Erkenntnissen für die deutschen Heilbäder
und Kurorte statt.
2

2 DER GESUNDHEITSTOURISMUS
Zum Terminus Gesundheitstourismus finden sich in der Literatur vielfache Begriffsbestim-
mungen, sowohl inhaltlich wie auch in Abgrenzung zu den anderen touristischen Urlaubsar-
ten. Vor allem die Ansichten bezüglich des Begriffsumfangs divergieren dabei deutlich. In der
vorliegenden Arbeit wurde daher die zugrunde liegende Gemeinsamkeit aller Definitionen
herausgegriffen und auf eine umfassende inhaltliche Sichtweise übertragen. Diese wird im
weiteren Vorgehen den thematischen Ansprüchen der Arbeit entsprechend eingegrenzt. Mit
der anschließenden Beleuchtung der Angebots- und der Nachfrageseite des Begriffs soll die
derzeitige Situation dieses Marktes als Grundlage für spätere Entwicklungen dargestellt wer-
den.
2.1 Definitionen und Begriffsabgrenzung
Laut der Welttourismusorganisation (UNWTO) werden unter Gesundheitstourismus ,,alle
Reise- und Urlaubsformen verstanden, welche mit der Wiederherstellung und Entfaltung von
Gesundheit zu tun haben" (B
ARTH
/W
ERNER
2005, S. V, nach UNWTO). Dabei definiert sich
die Gesundheit einer Person über das eigene subjektive Befinden, welches den ,,Zustand
eines vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die
Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen"
1
(nach WHO 1948, S. 2) meint. Damit wird der
Gesundheit ein Prozesscharakter zugesprochen, den es entsprechend den aktuellen Le-
bensumständen und Möglichkeiten zu optimieren gilt
2
(vgl. D
EUTSCHER
H
EILBÄDERVER-
BAND
/D
EUTSCHER
T
OURISMUSVERBAND
2005, S. 14 und 16 und vgl. D
EUTSCHER
H
EILBÄDER-
VERBAND
2005, S. 5). Den Merkmalen des Begriffs nach stehen somit die Prävention, allge-
meine Maßnahmen zur Verbesserung der eigenen Lebensqualität sowie die Rehabilitation
im Mittelpunkt.
Diese Eigenschaften erlauben nach Ansicht der Verfasserin eine Einschränkung des ge-
sundheitlich motivierten Urlaubs auf die folgenden Ausprägungen:
· Kurtourismus
· Gesundheitsorientierter Tourismus
· Fitnesstourismus
· Wellnesstourismus
· Kliniktourismus
1
"Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity."
2
In diesem Zusammenhang wird auch vom sog. dynamischen Gesundheitsbegriff gesprochen.
3

Im Anhang A dieser Arbeit werden die Urlaubsformen voneinander abgrenzend beschrieben.
Aus dem zu Grunde liegendem Gesundheitsmotiv ergibt sich, dass der reine Erholungstou-
rismus nicht Bestandteil des Gesundheitstourismus sein kann.
3
Für die nachfolgende inhaltliche Bestimmung der gesundheitstouristischen Teilsegmente ist
es notwendig, den Begriff der Prävention genauer zu untersuchen. B
ARTH
und W
ERNER
(2005, S. 7) definieren die Prävention unter Berufung auf die WHO in Abhängigkeit des Ge-
sundheits- bzw. Krankheitsstadiums einer Person. Unterschieden wird hier in Primär-, Se-
kundär- und Tertiärprävention: Die Primärprävention richtet sich an gesunde Menschen.
Krankheiten sollen von vorn herein vermieden werden, z. B. durch das regelmäßige Treiben
von Sport. Die Sekundärprävention richtet sich an Personen, welche bereits gewisse Risiko-
faktoren tragen, eine Krankheit zu bekommen. Hierzu zählen z. B. Übergewicht oder hoher
Blutdruck. Mit Hilfe von Vorsorgemaßnahmen sollen eine Verschlimmerung oder schwerwie-
gende Folgen vermieden werden. Bei der Tertiärprävention ist es Ziel, ein erneutes Auftreten
oder das Fortschreiten einer Krankheit zu verhindern, wie z. B. durch das Rehabilitationstrai-
ning nach einem Herzinfarkt. Sie darf nur unter ärztlicher Anleitung und Kontrolle erfolgen
(vgl. B
ARTH
/W
ERNER
2005, S. 74).
2.2 Erscheinungsformen
Der
Kurtourismus
umfasst sowohl die Sozialkuren als auch die privat finanzierte Kur im
Urlaub. Diese Form des Gesundheitsurlaubs dient vorrangig dazu, bereits bestehende
Krankheiten zu heilen bzw. zu lindern. Darin eingeschlossen sind die Leistungen der ambu-
lanten bzw. stationären Vorsorge, Rehabilitationen, die stationäre Anschlussheilbehandlung
sowie Mutter/Vater-Kind-Maßnahmen und die Kompaktkur, wobei das Angebot je nach Bä-
dersparte variiert.
4
Die Kosten der Reise werden bei Sozialkurgästen teilweise oder vollstän-
dig durch die Leistungsträger
5
übernommen. Die Kur im Urlaub ist dagegen vollständig durch
den Privatkurgast eigenfinanziert.
Die folgenden gesundheitstouristischen Segmente zählen dagegen ausschließlich zu dem
Potential des so genannten Zweiten Gesundheitsmarktes. Der Selbstverantwortung des Ein-
zelnen für die eigene Gesundheit fällt dabei durch die vollständig private Finanzierung ein
höherer Stellenwert zu (vgl. I
LLING
2002b, S. 138).
3
Erholungstourismus dient der Erholung vom Alltagsstress, wobei die Gesundheitsförderung eher im Hintergrund steht und sich
die Wahrnehmung entsprechender Angebote auf passives konsumieren beschränkt.
4
Zu den vier Bädersparten zählen die Mineral- und Moorheilbäder, die Kneippheilbäder und ­kurorte, die Heilklimatischen
Kurorte sowie die Seeheilbäder und Seebäder.
5
Zu den Leistungsträgern gehören die Krankenkassen sowie die Rentenversicherungsträger.
4

Der
Fitnesstourismus
unterscheidet sich grundlegend vom Kurtourismus, da in ihm eine
positive intrinsische Motivation des Einzelnen begründet liegt. Der Gast ist hier nicht krank,
sondern gesund. Im Mittelpunkt steht die Prävention sowie die Erhaltung der eigenen körper-
lichen Leistungsfähigkeit. Diese soll dabei nicht maximiert, sondern optimiert werden.
Demgegenüber besteht im
gesundheitsorientierten Tourismus
das Ziel des Ausgleichs
von gesundheitlichen Defiziten durch Fitness, Bewegung und Entspannung unter medizini-
scher Aufsicht. Die Beschäftigung mit der eigenen Gesundheit ist ebenso wichtig wie das
Einüben geänderter Lebensweisen. In den meisten Fällen konzentrieren sich die Gäste auf
Einzelschwerpunkte, beispielsweise auf Gewichtsverlust oder die Konditionssteigerung. Die
gesundheitsfördernde Wirkung soll über die Reise hinaus weiter anhalten und bis in den All-
tag hineinwirken (vgl. D
EUTSCHER
T
OURISMUSVERBAND
2002, S. 79), z.B. durch das Erlernen
von Strategien wie Zeitmanagement, Stressbewältigung oder Konzentrationstechniken. Der
Gesundheitsurlaub ist trotz der häufig vorliegenden gesundheitlichen Beschwerden der Gäs-
te keine Heilbehandlung im Sinne der Sozialgesetzgebung (vgl. D
EUTSCHER
T
OURISMUSVER-
BAND
2002, S. 79).
Auch im
Wellnesstourismus
möchte sich der Gast nicht als Patient, sondern als Urlauber
fühlen. Im Unterschied zum gesundheitsorientierten Tourismus liegt der Schwerpunkt jedoch
im persönlichen Genießen und Verwöhnen und nicht in der konsequenten Gesundheitsvor-
sorge. Wellness gilt als eine ,,Synthese aus Fitness und Beauty" (S
CHROEDER
o. J., S. 368)
und vereint neben der Selbstverantwortung die Elemente Fitness und Körperpflege, Ent-
spannung, gesunde Ernährung, geistige Anregung, soziale Kommunikation und Umweltsen-
sibilität (vgl. L
ANZ
K
AUFMANN
2002, S. 22). Es ist ein ganzheitliches Konzept von Wohlbefin-
den und nicht nur singulär auf eine Einzelmaßnahme beschränkt. Die psychosoziale Kompo-
nente, d.h. die Ausrichtung auf Selbstfindung und Selbstverwirklichung, ist ebenso ein wich-
tiger Bestandteil (vgl. B
ARTH
/W
ERNER
2005, S. 96).
Unter dem stetig zunehmenden
Kliniktourismus
6
wird der grenzüberschreitende Verkehr
von Personen verstanden, welche im Ausland medizinische Dienstleistungen in Anspruch
nehmen. Unterschieden wird dabei zum einen der freiwillige Patiententourismus, bei dem
v.a. kosmetische Dienstleistungen, wie Schönheitsoperationen oder Zahnbehandlungen, auf
Grund des geringeren Preises in einem anderen Land in Anspruch genommen werden (vgl.
R
ULLE
2005, S. 134). Zum anderen der staatliche Operationstourismus, der auf Grundlage
zwischenstaatlicher Abkommen einzelner Länder stattfindet (vgl. B
ARTH
/W
ERNER
2005, S.
63), vorrangig zur Überbrückung nationaler Versorgungsengpässe. Da für eine Ausweitung
6
In der Literatur teilweise auch als Patiententourismus bezeichnet.
5

des Potentials besondere Marketingaspekte ähnlich der Ausrichtung auf globalen Märkten im
Vordergrund stehen, wird dieser Aspekt des Gesundheitstourismus in der vorliegenden Ar-
beit ausgeklammert.
2.3 Nachfrageseitige Betrachtung
2.3.1 Nachfragevolumen und Entwicklungstendenzen
Der Gesundheitstourismus konnte sich durch eine vielfältige Differenzierung und fortschrei-
tende Spezialisierung auf der Anbieterseite sowie begünstigt durch verschiedene gesamtge-
sellschaftliche Trends und Entwicklungen
7
auf der Nachfragerseite zu einem eigenständigen
Reisemotiv entwickeln. Die weiteren Entwicklungsprognosen für die Nachfrage in diesem
Segment sind insbesondere in Bezug auf die privat finanzierten Leistungen positiv. Im Ver-
gleich zu anderen touristischen Teilmärkten erwarten viele Experten gar eine überproportio-
nal steigende Entwicklung für den Gesundheitstourismus (u.a. R
ULLE
2004, S.12; L
OH-
MANN
/W
INKLER
2005, S. 24).
Abb. 1:
Tatsächliches Nachfragevolumen (2002 ­ 2004) und Entwicklungstendenzen (2005 ­ 2007)
bei Gesundheitsreisen der deutschen Bevölkerung. (Angaben in Millionen)
0
2
4
6
8
10
12
14
Fitnessurlaub
Wellnessurlaub
gesundheits-
orientierter Urlaub
Kur im Urlaub
"kommt generell in
Frage"
"ziemlich sicher"
Tatsächliche
Reisen
2002 - 2004
Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an
L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 8f.
Prognose für 2005 - 2007:
Zur Verdeutlichung des tatsächlichen Nachfragevolumens in den Jahren 2002 bis 2004 und
den erwarteten Entwicklungstendenzen für die Jahre 2005 bis 2007 im Bereich Gesundheits-
reisen ist in Abbildung 1 das Reiseaufkommen der deutschen Bevölkerung für die Sparten
Fitness-, Wellness- und gesundheitsorientierter Urlaub sowie für die Kur im Urlaub darge-
stellt (vgl. L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 8f.). Dabei wird ersichtlich, dass der gesundheitsorien-
tierte Urlaub sowie die Kur im Urlaub aktuell die stärker nachgefragten Urlaubsformen im
7
Auf diese Thematik wird im nachfolgenden Kapitel 3 vertiefend eingegangen.
6

Gesundheitstourismus sind
8
. Aber auch der Fitness- und Wellnessurlaub sind mehr als nur
exotische Nischen. Vor allem der Wellnesstourismus etabliert sich mit hoher Geschwindigkeit
und wird erwartungsgemäß weiter an Marktanteil gewinnen (vgl. L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S.
10). Dies zeigt sich im Zeitverlauf seit dem Jahr 1996, dargestellt in Abbildung 2.
Abb. 2:
Entwicklung der Nachfrage nach Gesundheitsreisen im Zeitverlauf von 1996 bis 2007. Die
Daten für die Jahre 2005 bis 2007 sind Prognosewerte. (Angaben in Prozent der Gesamtbevölkerung)
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1996 - 1998
1999 - 2001
2002 - 2004
2005 - 2007
Fitnessurlaub
Wellnessurlaub
gesundheitsorientierter Urlaub
Kur im Urlaub
Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 12
Demgegenüber weist der stagnierende Marktanteil für Fitnessreisen auf einen gesättigten
Markt hin. Auch die Wachstumsraten der übrigen Gesundheitsreiseformen schwächen sich
erwartungsgemäß ab, führen aber weiterhin zu Marktanteilsgewinnen
9
.
Im Kontext betrachtet werden die gesundheitsrelevanten Urlaubsformen weiter wachsen und
an Bedeutung gewinnen. Die Häufigkeit der Wahl von Gesundheit als Reisemotiv bewegt
sich seit mehreren Jahren stabil auf einem hohen Niveau. Nach Auswertung der Reiseanaly-
se 2005
10
(vgl. L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 5) war es im Januar des untersuchten Jahres für
63% der Befragten wichtig bis sehr wichtig ,,im Urlaub etwas für die Gesundheit zu tun". Auch
andere Motive im Zusammenhang mit physischer Erholung und psychischer Entspannung
spielen im Urlaubsverhalten eine wichtige Rolle.
Im Gegensatz zu beispielsweise dem Strand- bzw. Badeurlaub oder dem Familienurlaub
wird der Gesundheitsurlaub jedoch auf Grund der zu kleinen Marktanteile im Gesamttouris-
mus auch weiterhin nicht den Markt bestimmen. Infolge der Spezifika der Nachfrager ist die-
8
In den Jahren 2002 bis 2004 haben 5,4 Mio. Deutsche (3,6% der Bevölkerung) einen gesundheitsorientierten Urlaub unter-
nommen und 4,2 Mio. Deutsche (6,5% der Bevölkerung) eine Kur im Urlaub durchgeführt. Im gleichen Zeitraum haben 2,3 Mio.
Befragte (3,6%) einen Fitnessurlaub und 2,5 Mio. Befragte (3,9%) einen Wellnessurlaub durchgeführt.
9
Die Prognosewerte für die Jahre 2005 ­ 2007 ergeben sich aus der Marktanteils- und Interessenentwicklung der letzten Jahre,
gewichtet mit dem Realisierungsquotienten R. R gibt dabei den Anteil Interessenten einer Urlaubsform an, welche erfahrungs-
gemäß ihre Pläne tatsächlich in die Tat umsetzen. Sie liegen für den Fitnessurlaub bei 3,3%, für den Wellnessurlaub bei 4,5%,
für den gesundheitsorientierten Urlaub bei 8,6% und für die Kur im Urlaub bei 7%.
10
Die Reiseanalyse ist eine jährliche Untersuchung zur Erfassung und Beschreibung des Urlaubsreiseverhaltens der Deut-
schen und ihrer Urlaubsmotive und ­interessen. Die Befragung erfolgt nach dem Zufallsverfahren in deutschen Privathaushal-
ten bei Personen ab 14 Jahren. Mit einer Stichprobengröße von 7.500 Befragten ist die Untersuchung repräsentativ.
7

ses touristische Segment dennoch lukrativ. Im Folgenden wird daher auf das Nachfragerpro-
fil näher eingegangen.
2.3.2 Der typische Gesundheitstourist
Vergleichend zu anderen touristischen Urlaubsformen gibt es im Gesundheitstourismus ei-
nen überdurchschnittlichen Anteil an Inlandsreisenden. Ebenfalls überdurchschnittlich ist das
Merkmal der Aufenthaltsdauer (im Durchschnitt 15,2 Tage gegenüber 12,9 Tagen im Mittel
aller Urlaubsreisen) sowie das Verhältnis von Haupturlaubsreise (68%) zu zusätzlicher Ur-
laubsreise (32%) zugunsten Letzterer. Obwohl die Reisekosten bei einem Urlaub im Inland
geringer sind, gibt der Gesundheitstourist im Vergleich mit durchschnittlich 927 wesentlich
mehr Geld aus als bei anderen Urlaubsformen (im Mittel 812 ). Dies relativiert sich aller-
dings unter Einbezug der längeren Aufenthaltsdauer (für die genannten Daten vgl. L
OH-
MANN
/W
INKLER
2005, S. 16f.).
Werden die unterschiedlichen Ausprägungen des Gesundheitstourismus gegenüber gestellt,
ergeben sich bezüglich vorhergehender und nachfolgender Merkmale heterogene Nachfra-
gecluster:
Abb. 3:
Altersstruktur der gesundheitsorientierten Urlauber 2002-2004 (Angaben in Prozent)
0%
20%
40%
60%
80%
100%
60 Jahre +
21
30
57
69
40-59 Jahre
38
41
29
22
30-39 Jahre
20
15
8
6
14-29 Jahre
22
14
6
3
Fitnessurlauber
Wellnessurlauber
Gesundheitsurlauber
Kururlauber
Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 20
Größte Differenzen ergeben sich aus der Altersstruktur der Gäste. Diese ist dargestellt in
Abbildung 3. Die durchschnittlich älteste Gästegruppe sind die Nutzer der Kur im Urlaub. Mit
einem Anteil von knapp 70% stellt die Seniorengruppe 60 plus die größte Nutzergruppe die-
ser Urlaubsform dar. Auch bei B
RITTNER
, K
OLB
und
S
TEEN
(1999, S. 24) sind die Konsumen-
ten der Kur die Ältesten im Vergleich. Sie beschreibt den durchschnittlichen Kurgast
jedoch
8

als alleinreisend und zwischen 45 und 60 Jahren alt. Die Abweichungen ergeben sich, da
hier auch die Sozialkurgäste einbezogen wurden. Eine ähnliche Altersstruktur ist im gesund-
heitsorientierten Urlaub zu erkennen. Deutlich geringer ist das Durchschnittsalter bei den
Fitness- und Wellnessreisenden. Hauptgästegruppe im Wellnessurlaub sind die mittleren
Jahrgänge (40 ­ 59 Jahre). Eine Verfeinerung dieser Aussage kann nach L
ANZ
K
AUFMANN
(2002, S. 9f.) durch die Unterscheidung in aktive und passive Wellnessgäste getroffen wer-
den. Die aktiven Gäste sind mit einem Durchschnittsalter von 53 Jahren deutlich älter als die
Gruppe der passiven Gäste, welche ein Durchschnittsalter von 43 Jahren aufzeigen. Unter-
scheidendes Merkmal ist hier die Bereitschaft, aktiv durch entsprechendes Verhalten die
eigene Gesundheit zu fördern. Die Ansprüche an Bewegungs-, Ernährungs- sowie medizini-
sche und kulturelle Angebote sind entsprechend höher, während bei den passiven Well-
nessgästen das Motiv ,,genießen" im Vordergrund steht und vor allem Angebote aus dem
Beautybereich genutzt werden. Im Segment Fitnessurlaub zeichnet sich derzeit ein Wandel
von der Zielgruppe der jungen Leute hin zu den älteren Jahrgängen (40 ­ 59 Jahre) ab (vgl.
L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 19).
Über den Zeitverlauf betrachtet, steigt der Anteil der Senioren (60 plus) bei allen vier Ur-
laubsformen (vgl. L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 20f). Die Ursachen sind vorwiegend in der
wachsenden Reisebereitschaft dieser Altersgruppe zu finden.
Abb. 4:
Die Einkommensverteilung der gesundheitsorientierten Urlaubsformen 2002-2004: Absolute
Anzahl Nutzer (in Millionen) in den verschiedenen Einkommensgruppen
0
0,5
1
1,5
2
2,5
< 1.500
0,47
0,58
1,72
1,52
1.500 - 2.500
0,83
0,89
2,29
1,83
> 2.500
1,05
1,05
1,34
0,85
Fitnessurlaub
Wellnessurlaub
gesundheits-
orientierter Urlaub
Kur im Urlaub
Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an L
OHMANN
/W
INKLER
2005, S. 23
Die Verteilung des Merkmals Einkommen ist in Abbildung 4 dargestellt. Während der Well-
ness- und Fitnessurlaub den höchsten Zuspruch unter den Besserverdienenden findet, gehö-
ren die Gäste des gesundheitsorientierten Urlaubs und der Kur im Urlaub hauptsächlich den
unteren Einkommensschichten an. Nach B
RITTNER
, K
OLB
und
S
TEEN
(1999, S. 24) liegt das
9

monatliche Nettohaushaltseinkommen bei den Kurgästen zwischen 900 und 2000 Euro.
Demgegenüber
verfügen die Wellnessgäste mehrheitlich über Abitur oder einen Hochschul-
abschluss, sind in gehobenen Berufsgruppen beschäftigt (Selbstständige, leitende Angestell-
te, Manager, Beamte) und verfügen daher auch über ein entsprechend hohes Nettohaus-
haltseinkommen von über 2.000 Euro monatlich (vgl. S
CHEFTSCHIK
2005, S. 120 und vgl.
L
IEBSCH
2003, S. 95).
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer variiert ebenfalls zwischen den gesundheitsorientier-
ten Urlaubsformen: Die deutlich längste Aufenthaltsdauer verbringt mit etwa drei Wochen der
Kurgast (vgl. B
RITTNER
/K
OLB
/S
TEEN
1999, S. 24). Die Länge erklärt sich aus dem Sachver-
halt, dass mit unterschreiten dieser
Verweildauer der medizinische Nutzen einer Kur nicht
garantiert werden kann (vgl. R
ULLE
2004, S. 35). Die Dauer des Aufenthalts schwankt bei
dem gesundheitsorientierten Urlauber zwischen ein bis zwei Wochen und zwei bis drei Ta-
gen (vgl. D
EUTSCHER
T
OURISMUSVERBAND
2002, S. 79). Der Wellnessurlaub wird zumeist als
Zweit- oder Kurzurlaub (vgl. S
CHROEDER
o. J., S. 368) verbracht. Die passiven Wellness-
gäste bleiben dabei im Durchschnitt 4,5 Tage, während die aktiven Wellnessgäste ihren Ur-
laub mit 8,5 Tagen fast doppelt so lange verbringen (vgl. L
ANZ
K
AUFMANN
2002, S. 137f. und
vgl. R
ULLE
2004, S. 40).
Vervollständigend ist anzumerken, dass Frauen im Gegensatz zu Männern ein überdurch-
schnittliches Interesse an Wellness besitzen und in der Regel auch ein stärker ausgeprägtes
Körper- und Gesundheitsbewusstsein (vgl. D
EUTSCHER
T
OURISMUSVERBAND
2002, S. 19 und
vgl. S
CHEFTSCHIK
2005, S. 121). Ein weiteres Merkmal im Wellnessurlaub ist die hohe Be-
reitschaft, den Aufenthalt im Ausland zu verbringen. Der Gast profitiert dabei von einem ent-
sprechend höheren Erlebniswert, während ihn die Qualität der medizinischen Anwendungen
nicht tangiert.
2.4 Angebotsseitige Betrachtung
2.4.1 Anforderungen an das Angebot
Im Gesundheitstourismus finden sich Angebotselemente aus den Sparten Fitness und Kör-
perpflege, gesunde Ernährung, Entspannung sowie geistige Aktivität und Bildung. Je nach
Teilsegment können ein oder mehrere Elemente zu Angeboten kombiniert werden. Im Be-
reich Wellness sollten Angebote auf Grund des ganzheitlichen Ansatzes Elemente aller
Sparten enthalten. Auf Grund ihrer Reise- und Produkterfahrenheit verfügen die Konsumen-
ten inzwischen über sehr genaue Vorstellungen an die Angebotsqualität und ­breite. Viele
10

Angebotselemente, wie beispielsweise die gesunde Ernährung, werden aus Nachfragersicht
bereits als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. L
ANZ
K
AUFMANN
2002, S. 10). Kunden er-
warten ebenso Alternativen für die Freizeitnutzung. Um dem gerecht zu werden, müssen die
vorhandenen Potentiale aus Kultur und Natur optimal ausgenutzt werden (vgl.
C
ECCARELLI
1998, S. 238).
Die Erwartungen an das Angebot im Wellnesssegment divergieren zwischen den Geschlech-
tern deutlich: Während Frauen bevorzugt Massagen und Angebote zu Schönheit und Kör-
perpflege wünschen, favorisieren Männer Sport, Fitness und Gymnastik. Kurgäste erwarten
neben den medizinischen Einrichtungen vorrangig gesundes Essen, ein ausreichendes Un-
terhaltungsangebot aus Sport, Kultur und Hobby sowie eine ansprechende Infrastruktur (vgl.
R
ULLE
2004, S. 35). Generell gilt: Je gesünder ein Gast ist, desto mehr Angebote wird er
neben den medizinischen Behandlungen erwarten. Je kränker er ist, desto mehr ist er dem-
gegenüber auf eine behindertengerechte Infrastruktur angewiesen.
Ein Vergleich zwischen Kurtourist und Wellnessurlauber zeigt, dass beide durchaus Angebo-
te mit gleichem Wirkungsziel und Inhalt nutzen möchten, jedoch in unterschiedlicher Form.
Bei den Kurgästen basieren die Anwendungen auf der traditionellen Schulmedizin (evidence
based medicine
11
), bei den Wellnessgästen werden die gleichen Therapieziele mit anderen
(komplementären) Methoden erreicht. Dessen ungeachtet ist eine klare Differenzierung von
gesunden und kranken Personen ebenso unerlässlich wie eine optische bzw. räumliche
Trennung. Dies ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Erwartungen der Gäste an die
vorzufindende Atmosphäre in der Destination (vgl. C
ECCARELLI
1998, S. 237).
Die Erwartungen an Umfang und Qualität der Leistungen sind bei Wellnessgästen deutlich
höher als im Segment Kurtourismus. Besonders individuelle Betreuung, Information und
Fachkompetenz sind wichtig (vgl. R
ULLE
2004, S. 39). Bei einem Wellnessurlaub geht es
weniger darum, nach dem Aufenthalt gesünder zu sein als um das Genießen und Verwöh-
nen im Hier und Jetzt (vgl. L
OHMANN
2001, S. 272). Dies macht Wellnessofferten zugleich
personal- als auch kostenintensiv.
Eine Ausrichtung des Angebotes an die erhöhten qualitativen Ansprüche ist für Heilbäder
und Kurorte notwendig. Dies gilt im besonderen Maße für die Serviceelemente, weniger im
Bereich der medizinischen Leistungen. Weiterhin bei der Angebotsgestaltung zu beachten ist
die Notwendigkeit der genauen zielgruppenorientierten Spezialisierung und der klaren Be-
11
Unter evidence based medicine können medizinische Anwendungen verstanden werden, deren Wirkungen und Nachhaltig-
keit wissenschaftlich erwiesen sind. Nur diese werden auch solidarisch finanziert. Wellnessanwendungen, die auf die Steige-
rung des menschlichen Wohlbefindens abzielen, fallen nicht darunter.
11

schreibung der Angebote. Ein Problemfeld ergibt sich im Bäderwesen durch die hohen An-
forderungen der Sozialversicherungsträger an die angebotenen Leistungen im Kurort. Im
Wellnessbereich ist es üblich, exotische Angebote, wie beispielsweise die traditionellen Heil-
künste aus dem fernen Osten, anzubieten. Da deren Wirksamkeit wissenschaftlich noch
nicht einwandfrei nachgewiesen werden konnte, kann dies nicht auch Bestandteil sozialfi-
nanzierter Kuren sein und stellt damit eine Diskrepanz zur medizinischen Seriosität dar (vgl.
B
ARTH
/W
ERNER
2005, S. 94).
2.4.2 Anbietersituation und wirtschaftliche Implikationen
Als Konkurrenz um das Selbstzahlerpotential im Gesundheitstourismus gelten für Heilbäder
und Kurorte innerhalb Deutschlands insbesondere Wellnesshotels und Wellnessanlagen
sowie Hotels der Mittel- und Luxuskategorie, welche Wellnessangebote standardmäßig offe-
rieren. Aber auch Kreuzfahrtanbieter, wie arosa, und die klassischen Urlaubsdestinationen
versuchen zunehmend, im gesundheitstouristischen Markt Fuß zu fassen. Im Ausland sind
vor allem die preisgünstigen Anbieter im osteuropäischen Raum zu nennen, ebenso die ös-
terreichischen und schweizerischen Anbieter mit vergleichbarer Qualität.
Kurorte und Heilbäder haben den entscheidenden Vorteil, sowohl über eine gut ausgebaute
Hardware als auch im medizinischen Bereich über sehr gut geschulte Software-Faktoren zu
verfügen. Zur Hardware zählen u.a. medizinische Einrichtungen, Sport-, Freizeit- und kultu-
relle Angebote im Ort und Übernachtungsmöglichkeiten in allen Preisklassen. Zu den Soft-
ware-Faktoren gehören beispielsweise Ärzte und Gesundheitspersonal. Wellnesseinrichtun-
gen können im Unterschied dazu auch in sehr kleinräumigen Strukturen existieren. Nachteil
ist, dass dem deutschen Bäderwesen traditionell das Image der klinifizierten Kureinrichtun-
gen, des langweiligen Angebots und fehlenden Flairs anhaftet. Bisweilen war der Begriff
,,Kur" daher in Deutschland nicht positiv besetzt (vgl. AHGZ 1998, S. 278).
Demgegenüber sind es vorrangig die Hotels, welche unter der fehlenden einheitlichen Zerti-
fizierung für Wellnessdestinationen leiden. Zwar gibt es dazu national wie international ver-
schiedene Ansätze, von denen sich bisher jedoch keiner als rechtlich verbindlich durchset-
zen konnte. Kurorte und Heilbäder besitzen an dieser Stelle den Vorteil, gemäß nationaler
Richtlinien von staatlicher Seite zertifiziert zu werden.
Die wirtschaftliche Stärke des Gesundheitstourismus besteht zum einen aus der großen Be-
deutung der Tagesreisen. Die hohe Zahl an Tagesbesuchern liegt in der überdurchschnittli-
chen touristischen Infrastruktur, vor allem im Thermen- und im kulturellen Bereich, begründet
12

(vgl. F
ORCHER
2006, o. S.). Zum anderen ist der Gesundheitsurlaub weder saison- noch wet-
terabhängig (vgl. D
EUTSCHER
T
OURISMUSVERBAND
2002, S. 86). Dies impliziert die Möglich-
keit, eine ganzjährige Einnahmenquelle sichern zu können und damit nicht saisonalen
Schwankungen zu unterliegen bzw. diese ausgleichen zu können. Des Weiteren ist der Fit-
ness- und Wellnesstourismus unterdurchschnittlich von der wirtschaftlichen Entwicklung ab-
hängig, da diese Zielgruppen einkommensstärker sind.
13

3 DAS WIRKUNGSGEFLECHT VON TRENDS AUF DIE ENTWICKLUNG DER GESUND-
HEITSTOURISTISCHEN NACHFRAGE
Politische, wirtschaftliche, technologische wie auch gesellschaftliche Faktoren gelten als Ein-
flussfaktoren auf eine Konsumentennachfrage. Verändern sich eine oder mehrere dieser
Rahmenbedingungen, kann dies einen gesamtgesellschaftlichen Wertewandel hervorrufen.
Die Werte einer Gesellschaft beeinflussen im umgedrehten Fall aber auch die Umweltfakto-
ren. Dieses System von gegenseitigen Abhängigkeiten ist dynamisch und wirkt sich über die
jeweiligen Lebensstile, Lebensziele und Lebensweisen auf das Konsum- und speziell auch
auf das Reiseverhalten der Individuen aus. In der Tourismusbranche besteht vor allem zwi-
schen den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und dem Konsumentenverhalten ein
breites Geflecht von Abhängigkeiten und Wechselwirkungen.
In diesem Kapitel sollen die Auswirkungen der veränderten allgemeinen und gesellschaftli-
chen Rahmenbedingungen auf die Nachfrage im Gesundheitstourismus analysiert werden.
Dabei sollen wesentliche Einflussfaktoren sowie touristische Trendsegmente herausgearbei-
tet werden, mit dem Ziel der Formulierung möglicher zukunftsträchtiger Angebotsfelder.
Abb. 5:
Einflussfaktoren auf die Nachfrage im Gesundheitstourismus
Gesundheits-
tourismus
Gesamtgesellschaftliche Einflußfaktoren
Demographischer Wandel
Zivilisationskrankheiten
Gesundheitsbewußtsein
Stärkung der Eigenverantwortung
Allgemeine Nachfragetrends
Wachsende Volatilität / Pluralismus
Zeitknappheit
Individualisierung
Hybridität und Multioptionalität
Preissensibilität und
Konsumpolarisierung
Erlebnisorientierung und
Inszenierung
Selektiver Luxus
Convenience
Suche nach Balance
Resourcing
Gesundheitsspezifische Trends
Ganzheitlich medizinische Konzepte
Medical Wellness
Selfness
Naturerlebnis und Gesundheit
Alternative Heilmethoden als
Komplementärangebot
Unberührtheit und Authentizität
Gesunder Hedonismus
Spiritualität und Sinnstiftung
Gesunde Ernährung
Sanfte Sportarten
Intoleranz chronischer Schmerzen
Anforderungen an das Angebot
Quelle: Eigene Erstellung
14

In der Abbildung 5 werden die verschiedenen Einflüsse auf die gesundheitstouristische
Nachfrage dargestellt. Als besonders relevant gelten in diesem Zusammenhang die gesamt-
gesellschaftlichen Pushfaktoren der demographischen Entwicklung, die Zivilisationskrankhei-
ten sowie das sich neu herausgebildete Gesundheitsbewusstsein und die gestärkte Eigen-
verantwortung. Nachdem zunächst in Kapitel 3.1 die grundlegende Problematik der Trend-
ermittlung dargestellt wird, sollen diese gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen im Folgen-
den näher beleuchtet werden (3.2). Ebenfalls in diesem Wirkungsgeflecht relevant sind die
allgemeinen Nachfragetrends (3.3) sowie die gesundheitsspezifischen Trends der
Nachfragerseite (3.4), die im Anschluss daran dargestellt werden. In Kombination dieser
Trends können Ansprüche an das gesundheitstouristische Angebot formuliert werden (3.5).
3.1 Theoretische Grundlagen zur Trendforschung
3.1.1 Definition und Abgrenzung von Trends
Die touristische Nachfrage von morgen wird maßgeblich durch gesamtgesellschaftliche Ent-
wicklungen geprägt. So sind nicht nur individuelle Einflüsse wie persönliche Präferenzen und
Gewohnheiten maßgebend für die Verhaltensweisen und Konsumgewohnheiten der Bevöl-
kerung, sie werden vor allem auch durch gruppen- oder schichtspezifische Faktoren wie
Trends und Moden beeinflusst.
Ein Trend ist unter soziologischen Gesichtspunkten definiert als eine kulturelle Anpassung
auf veränderte Gegebenheiten. Im Zuge der zunehmenden Modernisierung, Technisierung
und Globalisierung und der damit einhergehenden Veränderung der gesellschaftlichen Rah-
menbedingungen stellen Trends den Versuch der Gesellschaft dar, mit der neuen Situation
umzugehen. Es handelt sich somit um eine Veränderungsbewegung oder einen Wandlungs-
prozess.
Während Moden demgegenüber meist kurzlebig, regional eng begrenzt und häufig nur auf
kleine gesellschaftliche Gruppen bezogen werden, beschreiben Trends ein gesellschaftlich
breit wirkendes Phänomen. Ein Trend verhält sich relativ dynamisch und verläuft über breite
Bevölkerungs- und Lebensbereiche. Er kann unvermittelt abschwächen, gänzlich zum Erlie-
gen kommen oder in einen Nachfolgetrend übergehen (vgl. V
OSSEN
/R
EINHARDT
2003, S. 19).
Trends bewirken eine dauerhafte Veränderung im Verhalten und den Einstellungen der Men-
schen. Moden können demgegenüber bestenfalls als Indikatoren für Trends betrachtet wer-
den.
15

Die Betrachtung leitender Entwicklungsparameter dient daher der Abschätzung künftiger
Marktpotenziale und ­erfordernisse und stellt somit ein Instrument zur Sicherung des lang-
fristigen Unternehmenserfolgs dar. Dies ist umso wichtiger, da sich in der heutigen wissens-
basierten Gesellschaft das Tempo des Wandels schneller vollzieht als es noch im industriel-
len Zeitalter geschah. Als Gründe dafür sind die rapide Zunahme von Einflussfaktoren auf
die Marktentwicklung und das Konsumverhalten sowie die ständig kürzer werdenden Be-
darfs- und Marktzyklen zu nennen.
Für besonders tief greifende und nachhaltige Trends in Bezug auf ihre gesellschaftlichen und
technologischen Auswirkungen hat der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt den
Begriff Megatrend geprägt. Auch der deutsche Forscher Matthias Horx verwendet diesen
Begriff. Da die Übergänge zwischen verschiedenen Trends, ebenso wie das Entstehen einer
Vielzahl von Untertrends, fließend ist, beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Ver-
wendung des Begriffes Trend.
3.1.2 Trendforschung und die Probleme bei der Trendermittlung
Die Trendforschung befasst sich mit der Beobachtung und Vorhersage von Trends. Das Ziel
dabei ist, sichere Koordinaten für Entscheidungen und Handlungen angesichts einer unbe-
kannten Zukunft zu erhalten. Es sollen die langfristigen Entwicklungslinien identifiziert wer-
den, die das individuelle und gesellschaftliche Leben wesentlich bestimmen. Dafür werden
zentrale Handlungsmotive und alltagsprägende Wertvorstellungen in ihrer zeittypischen Aus-
prägung erfasst und auf ihre Zukunftsrelevanz hin überprüft. Unter Berücksichtigung des
Wertewandels sollen Einflussfaktoren und motivierende Kräfte ermittelt werden, die eine
künftig wichtig werdende Grundorientierung erkennen lassen. Wenn möglich, wird diese an-
schließend in aussagekräftigen Szenarien verdichtet (vgl. Barz et al. 2003, S. 29). In der
Trendforschung geht es daher nicht um die visionäre Vorwegnahme von Erfindungen, son-
dern es steht die Extrapolation des sich ereignenden gesellschaftlichen Wandels im Mittel-
punkt (vgl. B
ARZ
et al. 2003, S. 30).
Folgende Instrumente gehören nach H
EITMANN
(2003, S. 4) zu der Trendforschung: Die wohl
am häufigsten verwendete Methode ist das Delphi-Verfahren, bei dem ausgewählte Experten
zu wahrscheinlichen Entwicklungen der Zukunft befragt werden. Weiterhin eine häufige An-
wendung findet die Szenariotechnik, bei welcher mögliche Zukunftsverläufe entwickelt wer-
den. Dabei sind, wie auch bei den übrig genannten Instrumenten, keine exakten Zahlenwerte
ermittelbar, jedoch machen Alternativen plausibel, welche Zukunftsmöglichkeiten bestehen.
16

Weitere Instrumente sind die Trenddiagnose, welche Veränderungsbewegungen auf Märkten
und in der Gesellschaft dokumentiert, die Kontextanalyse sowie das Trend-Innovating.
Eine möglichst aussagekräftige und zuverlässige Trendprognose ist möglich, wenn sowohl
qualitative wie auch quantitative Verfahren miteinander kombiniert werden. Die Nutzung der
Konsumenteneinschätzungen mittels klassischer Verbraucherbefragung sowie die Einbezie-
hung von Erfahrungswissen thematisch versierter Experten mit Hilfe einer Delphi-Befragung
verspricht größtmögliche Genauigkeit.
In der vorliegenden Arbeit wurden die für den gesundheitstouristischen Bereich relevanten
Trends mittels umfangreichen Literaturstudiums ermittelt und in einem weiteren Schritt (dar-
gestellt in Kapitel 4) durch ausgewählte Experten quantitativ bewertet. Die dafür genutzte
Literatur stammt aus dem deutschsprachigen Raum. Nach Ansicht der Verfasserin sind die
Trends in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Grund der soziodemographischen
Nachfragestruktur sowie der ähnlichen politischen Entwicklungen im staatlichen Gesund-
heitsbereich vergleichbar und auch übertragbar. Aus gleichen Gründen ist dies für den ang-
loamerikanischen Raum nur eingeschränkt möglich.
3.2 Übergeordnete gesellschaftliche Entwicklungen
Als so genannte Pushfaktoren für den Gesundheitstourismus gelten die nachfolgend erläu-
terten gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen demographischer Wandel, Zivilisati-
onskrankheiten, das neue Gesundheitsbewusstsein sowie die gestärkte Eigenverantwortung
des Einzelnen. Dies sind Einflussfaktoren, welche die Nachfrage nach gesundheitstouristi-
schen Leistungen positiv beeinflussen.
3.2.1 Demographischer Wandel
Soziodemographische Prozesse sind langfristig angelegt und laufen nur langsam ab (vgl.
S
CHRÖDER
/W
IDMANN
/B
RITTNER
-W
IDMANN
2005, S. 149). Veränderungen lassen sich im Ge-
gensatz zu anderen Trendfeldern jedoch für einen größeren Zeitraum genauer vorhersagen,
da die Basis der Entwicklungen mit den Geburten bereits in der Vergangenheit angelegt ist.
Da Bevölkerungsentwicklungen nach bestimmten (naturwissenschaftlichen) Gesetzmäßig-
keiten ablaufen, entsteht ein Modellcharakter. So werden Aussagen zu erwartenden Entwick-
lungen zulässig, die unter der Voraussetzung des Eintreffens bestimmter, vorher festgelegter
Annahmen mit relativ hoher Sicherheit eintreffen. Wichtiges Instrumentarium für diese Be-
17

rechnungen sind die koordinierten Bevölkerungsvorausrechnungen (BVB) des Statistischen
Bundesamtes. Diese enthalten Quantifizierungen über Veränderungen der Größe und des
Altersaufbaus der Bevölkerung (vgl. S
CHRÖDER
/W
IDMANN
/B
RITTNER
-W
IDMANN
2005, S. 24).
In den kommenden Jahrzehnten wird der demographische Wandel in Deutschland weitaus
stärkere Auswirkungen auf die Altersstruktur haben als es in den vorangegangenen Jahren
der Fall war. Die Veränderungen nehmen insbesondere Einfluss auf die Nachfrageseite, so-
wohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich (vgl. V
OSSEN
/R
EINHARDT
2003, S. 25 und
vgl. S
CHRÖDER
/W
IDMANN
/B
RITTNER
-W
IDMANN
2005, S. 9). Auch der Tourismus wird dadurch
in seiner Entwicklung maßgeblich beeinflusst. Im Gesundheitstourismus lässt sich explizit
eine Anpassung des touristischen Angebots an die veränderten soziodemographischen Be-
dingungen feststellen (vgl. S
CHRÖDER
/W
IDMANN
/B
RITTNER
-W
IDMANN
2005, S. 2f.).
3.2.1.1 Bevölkerungsrückgang und Überalterung der Gesellschaft
Der sich seit dem letzen Jahrhundert vollziehenden demographischen Entwicklung der stei-
genden Lebenserwartung einerseits und der abnehmenden Fertiliät andererseits, folgen gra-
vierende Verschiebungen in der Altersstruktur der Gesellschaft. Wie auch die sinkende Be-
völkerungszahl stellt diese Alterung eine große Herausforderung für die Wirtschaft, Gesell-
schaft und im Besonderen auch für die sozialen Sicherungssysteme dar.
In der aktuellen Studie der 10. koordinierten BVB
12
wurden folgende Annahmen zu Gebur-
tenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderung getroffen:
· Die Geburtenhäufigkeit bleibt auf einem niedrigen Niveau. Nach Berechnungen des
statistischen Bundesamtes wird sich diese langfristig mit 1,4 Kindern pro Frau stabili-
sieren. Für den zahlenmäßigen Ersatz einer Generation ist die Anzahl Kinder jedoch
nicht ausreichend. Das Bestandserhaltungsniveau liegt bei 2,1 Kindern pro Frau (vgl.
H
AHLEN
2003, o. S.). Die Negativentwicklung der Bevölkerungszahl wird sich somit
weiter beschleunigen, da es folglich auch immer weniger potentielle Mütter geben
wird (vgl. S
CHRÖDER
/W
IDMANN
/B
RITTNER
-W
IDMANN
2005, S. 29).
· Für die Lebenserwartung wird weiterhin mit einer Steigerung gerechnet. Verbesse-
rungen in der medizinischen und sozialen Versorgung der Bevölkerung sowie eine
allgemein gesundheitsbewusstere Lebensweise tragen dazu bei (vgl. S
CHRÖ-
12
Die Studie wurde erstmals im Mai 2003 vorgestellt. Sie geht von einem Bevölkerungsstand zum 31.12.2001 aus und reicht
bis zum Jahr 2050. Ziel der Studie ist, mittels Fortschreibungsverfahren aufzuzeigen, wie sich Bevölkerungszahl und ­struktur
unter bestimmten Annahmen langfristig entwickeln würden.
18

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956362002
ISBN (Paperback)
9783836601962
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
1,3
Schlagworte
wellness trend trendforschung gesundheitstourismus
Zurück

Titel: Zukunftspotenziale im Gesundheitstourismus - Erfolgversprechende Angebotsfelder und -nischen für Heilbäder und Kurorte
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
114 Seiten
Cookie-Einstellungen