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Selbstgesteuertes Lernen bei Studierenden

Eine empirische Studie mit qualitativer Inhaltsanalyse von Lerntagebüchern

©2005 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem selbstgesteuerten Lernen von Studierenden. Die Bedeutung des selbstregulierten Lernens ist in der heutigen Zeit durch gesellschaftliche Entwicklungen enorm gestiegen. Selbstständigkeit im Lernprozess ist die Vorraussetzung für lebenslanges Lernen, welches heutzutage schon fast als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt wird. Durch die Lerntagebuch-Analysen soll das selbstgesteuerte Lernen erforscht werden. Die meisten Lernmodelle in der Literatur sind sehr stark vereinfacht.
Diese Studie soll das komplexe Lerngeschehen differenzierter und umfangreicher erfassen. Dabei steht die Reflexionsfähigkeit, die durch das Tagebuchschreiben trainiert werden soll, im Mittelpunkt des Interesses. Sie wird als wichtigste Komponente des selbstgesteuerten Lernens angesehen. Es wird mit der Forschungsmethode Qualitative Inhaltsanalyse gearbeitet. Zusätzlich kommt ein quantitatives Erhebungsinstrument zum Einsatz. Auf diese Weise können die gewonnenen qualitativen Ergebnisse mit den quantitativen Daten verglichen werden.

Gang der Untersuchung:
Der theoretische Teil umfasst vier Hauptkapitel. Kapitel 1 erläutert das Konzept „selbstgesteuertes Lernen“, Gründe für die aktuelle Bedeutung dessen, die kognitiven und motivationalen Komponenten des selbstgesteuerten Lernens sowie Überlegungen zu deren Erfassung. In Kapitel 2 wird das lebenslange Lernen und die Bedeutung des selbstgesteuerten Lernens für dieses thematisiert. Kapitel 3 beinhaltet eine kurze Einführung in das Tagebuchschreiben. Der Sinn des Lerntagebuchs, das Entwickeln der Reflexivität, wird erläutert. Das Lerntagebuch dient als Dokumentationsmethode des selbstgesteuerten Lernens bei den Studierenden. In Kapitel 4 wird die Forschungsmethode der Tagebuch-Auswertung, die Qualitative Inhaltsanalyse kurz dargestellt; aus welchen Materialien sie entwickelt worden ist und welche Techniken sie umfasst.
Der empirische Teil gliedert sich in fünf Hauptkapitel. In Kapitel 5 werden die Fragestellungen formuliert sowie eine Darstellung der Untersuchung und ihrer Stichprobe vorgenommen. Kapitel 6 erläutert die eingesetzten qualitativen und quantitativen Erhebungsinstrumente. Kapitel 7 behandelt die Auswertung mit Qualitativer Inhaltsanalyse, wozu auch die Entwicklung des Kriterienkatalogs gehört. In Kapitel 8 werden die Ergebnisse aus der Lerntagebuch- und Fragebogenauswertung dargestellt. Kapitel 9 hat die Qualität der qualitativen und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tanja Greiner
Selbstgesteuertes Lernen bei Studierenden
Eine empirische Studie mit qualitativer Inhaltsanalyse von Lerntagebüchern
ISBN-10: 3-8324-9913-X
ISBN-13: 978-3-8324-9913-6
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Ludwigsburg, Deutschland,
Diplomarbeit, 2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


3
Um die Lesbarkeit der Diplom-Arbeit zu erleichtern, wird im Folgenden das üblicherweise
verwendete generische Maskulinum (,,der Studierende", ,,der Lerner" etc.) verwendet, das
gleichermaßen männliche und weibliche Personen umfasst. Die Entscheidung für diese
Schreibweise beruht also auf rein praktischen und nicht auf inhaltsbezogenen Erwägungen.

4
Inhaltsverzeichnis
Theoretischer Teil
Einleitung und Überblick
1.
Selbstgesteuertes Lernen ... 3
1.1.
Ursachen für die aktuelle Bedeutung Selbstgesteuerten Lernens ... 3
1.2.
Was ist Selbstgesteuertes Lernen? ... 5
1.3.
Kognitive und motivationale Komponenten Selbstgesteuerten Lernens ... 9
1.4.
Erfassung der Komponenten Selbstgesteuerten Lernens ... 15
2.
Lebenslanges Lernen... 16
2.1.
Definition Lebenslanges Lernen ... 17
2.2.
Die Bedeutung Selbstgesteuerten Lernens für das Lebenslange Lernen ... 23
3.
Lerntagebücher ... 25
4.
Qualitative Inhaltsanalyse ... 30
4.1.
Materialien zu einer Qualitativen Inhaltsanalyse... 30
4.2.
Techniken qualitativer Inhaltsanalyse... 33
Empirischer
Teil
5.
Fragestellung und Beschreibung der Untersuchung... 37
6.
Eingesetzte Erhebungsinstrumente ... 39
6.1.
Instrumente der qualitativen Erhebung ... 39
6.1.1.
Lerntagebücher... 39
6.1.2.
Fragebögen: offene Fragen... 45
6.2.
Instrument der quantitativen Erhebung... 48
6.2.1.
Fragebogen: geschlossene Fragen... 48

5
7.
Auswertung mit Qualitativer Inhaltsanalyse... 48
7.1.
Entwicklung des Kriterienkatalogs ... 49
7.2.
Deduktive inhaltsanalytische Auswertung der Lerntagebücher... 61
7.3.
Induktive inhaltsanalytische Auswertung der Fragebögen ... 62
8.
Darstellung der Ergebnisse ... 62
8.1.
Ergebnisse der deduktiven Inhaltsanalyse der Lerntagebücher ... 62
8.2.
Ergebnisse der qualitativen Fragebogenauswertung... 67
8.3.
Ergebnisse der statistischen Auswertung der Fragebögen... 70
8.4.
Zusammenfassung der Ergebnisse ... 78
9.
Abschließende Diskussion und Ausblick... 80
10.
Zusammenfassung... 83
11.
Erklärung... 85
12.
Bibliographie... 86
13.
Anhang ... 92

6
Theoretischer
Teil
Einleitung und Überblick
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem selbstgesteuerten Lernen von Studie-
renden. Die Bedeutung des selbstregulierten Lernens ist in der heutigen Zeit durch gesell-
schaftliche Entwicklungen enorm gestiegen. Selbstständigkeit im Lernprozess ist die Vorraus-
setzung für lebenslanges Lernen, welches heutzutage schon fast als Selbstverständlichkeit
vorausgesetzt wird. Durch die Lerntagebuch-Analysen soll das selbstgesteuerte Lernen er-
forscht werden. Die meisten Lernmodelle in der Literatur sind sehr stark vereinfacht. Diese
Studie soll das komplexe Lerngeschehen differenzierter und umfangreicher erfassen. Dabei
steht die Reflexionsfähigkeit, die durch das Tagebuchschreiben trainiert werden soll, im Mit-
telpunkt des Interesses. Sie wird als wichtigste Komponente des selbstgesteuerten Lernens
angesehen.
Es wird mit der Forschungsmethode Qualitative Inhaltsanalyse gearbeitet. Zusätzlich kommt
ein quantitatives Erhebungsinstrument zum Einsatz. Auf diese Weise können die gewonnenen
qualitativen Ergebnisse mit den quantitativen Daten verglichen werden.
Aufbau der Arbeit:
Der theoretische Teil umfasst vier Hauptkapitel. Kapitel 1 erläutert das Konzept ,,selbstge-
steuertes Lernen", Gründe für die aktuelle Bedeutung dessen, die kognitiven und motivationa-
len Komponenten des selbstgesteuerten Lernens sowie Überlegungen zu deren Erfassung. In
Kapitel 2 wird das lebenslange Lernen und die Bedeutung des selbstgesteuerten Lernens für
dieses thematisiert. Kapitel 3 beinhaltet eine kurze Einführung in das Tagebuchschreiben. Der
Sinn des Lerntagebuchs, das Entwickeln der Reflexivität, wird erläutert. Das Lerntagebuch
dient als Dokumentationsmethode des selbstgesteuerten Lernens bei den Studierenden. In
Kapitel 4 wird die Forschungsmethode der Tagebuch-Auswertung, die Qualitative Inhaltsana-
lyse kurz dargestellt; aus welchen Materialien sie entwickelt worden ist und welche Techni-
ken sie umfasst.
Der empirische Teil gliedert sich in fünf Hauptkapitel. In Kapitel 5 werden die Fragestellun-
gen formuliert sowie eine Darstellung der Untersuchung und ihrer Stichprobe vorgenommen.
Kapitel 6 erläutert die eingesetzten qualitativen und quantitativen Erhebungsinstrumente. Ka-

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pitel 7 behandelt die Auswertung mit Qualitativer Inhaltsanalyse, wozu auch die Entwicklung
des Kriterienkatalogs gehört. In Kapitel 8 werden die Ergebnisse aus der Lerntagebuch- und
Fragebogenauswertung dargestellt. Kapitel 9 hat die Qualität der qualitativen und quantitati-
ven Daten zum Thema. Es findet ein Vergleich dieser Daten statt.
Im abschließenden Teil dieser Diplomarbeit geht es im 10. Kapitel um weiterführende Ge-
danken zum selbstgesteuerten Lernen. Es werden Möglichkeiten zur Verbesserung des Lern-
tagebuch-Einsatzes diskutiert. Kapitel 11 bildet die Zusammenfassung dieser Arbeit.

8
1.
Selbstgesteuertes Lernen
Der Begriff ,,selbstgesteuertes Lernen" ist heutzutage weit verbreitet. Im Folgenden möchte
ich einige Gründe für die Bedeutung des selbstgesteuerten Lernens auflisten.
1.1.
Ursachen für die aktuelle Bedeutung selbstgesteuerten Lernens
,,Das derzeitige Interesse an den Themen ,,selbstgesteuertes Lernen" und ,,Lernstrategien" hat
folgende Ursachen:
a)
Wissensexplosion/Wissensveraltung:
Angesichts [der] rapiden Wissensveraltung in vielen beruflichen Bereichen stoßen her-
kömmliche Vermittlungsformen an ihre Grenzen" (Friedrich, 1999: S.1). Der relativ pas-
sive Frontalunterricht ist nicht effektiv genug und kann nicht an die Bedürfnisse der Indi-
viduen angepasst werden. Erst durch die Selbstaneignung der Themen findet eine weiter-
gehende Auseinandersetzung mit den Inhalten statt. Anpassungsfähigkeit und rasche Wis-
sensaneignung sind gefragt, um den ständig wandelnden Anforderungen gewachsen sein
zu können. Da Wissensbestände rasch veralten, ist die Fähigkeit sich selbstgesteuert stän-
dig neue Kenntnisse anzueignen zu einer Überlebensstrategie geworden. Die Person selbst
muss ihren Lernbedarf erkennen und durch individuell geeignete Strategien umsetzen.
Diese Lernstrategien sollten im Lebenslauf durch Reflexion herausgefunden und ständig
weiterentwickelt werden. Erst dann können sie flexibel und für die verschiedenen Lern-
aufgaben passend eingesetzt werden.
b)
Wissenschaftsinterne Perspektivenwechsel:
Selbstgesteuertes Lernen betont das Gegenteil behavioristischer Modelle, d.h. dass den
Lernanreizen keine große Bedeutung zukommt, sondern die aktive Rolle des Subjekts im
Mittelpunkt steht (Thomas & Rohwer, 1986; Shuell, 1988; Weinstein & Mayer, 1986).
Die Lernenden stehen als Initiatoren und Organisatoren des eigenen Lernprozesses im
Mittelpunkt der Betrachtung (Greif et al., 1993). Lernen muss jede Person selbst. Das blo-
ße Absitzen von Seminarveranstaltungen bewirkt noch keinen Lernprozess. Hier ist die
Aktivität des Lerners gefragt, er muss seinen Lernprozess eigenverantwortlich gestalten.

9
c)
Die Lernprozesse Erwachsener werden stärker erforscht:
Es wurde erkannt, dass Erwachsene noch lange nicht ausgelernt haben und Lernprozesse
nicht nur institutionell organisiert stattfinden müssen (Friedrich, 1999). Selbstarrangierte
Lerngelegenheiten setzen mehr Denkprozesse in Gang als fremdvermittelte Lernformen.
Es gilt, sich über die gesamte Lebensspanne aktiv zu halten.
Durch selbstgesteuertes Lernen kann das den Erwachsenen angemessene Bedürfnis nach
Autonomie und Selbstbestimmung erfüllt werden (Tough, 1989; Straka, et al., 1992). Er-
wachsene möchten selbst entscheiden was und wie sie lernen. Jeder hat sich über die Jahre
hinweg seine eigenen, als sinnvoll erachteten Strategien herausgearbeitet. Erwachsene ha-
ben ihre eigenen Meinungen und Einstellungen und sind nicht wie Kinder belehrbar.
d)
,,Relevanz selbstgesteuerten Lernens für nahezu alle Lernformen:
Erfolgreiches Lernen in Schule, Hochschule und Weiterbildung hängt in hohem Maße von
der Kompetenz zu selbstgesteuerten Lernen ab" (Friedrich, 1999: S. 2). Die Grundlegung
des selbstgesteuerten Lernens sollte bereits in der Schule stattfinden. Somit können Kin-
der langsam an die Eigenaktivität herangeführt werden und sind auf die späteren Anforde-
rungen vorbereitet.
Bei höheren Bildungsabschlüssen wird die Fähigkeit zur Selbststeuerung vorausgesetzt
(Weltner, 1978). Im Studium wird Selbstorganisationskompetenz als selbstverständlich
angesehen. Die Studenten müssen sich selbst zurechtfinden und ihren eigenen Weg gehen.
e)
Technologische Innovationen:
Multimediale Lernumgebungen können orts- und zeitflexibel genutzt werden (Friedrich,
1999). Gerade um das Lernen in den Alltag mit seinen vielfältigen Anforderungen zu in-
tegrieren, sind zeitlich flexible Lernformen, die auch Zuhause angewandt werden können,
vorteilhaft. Das Lernen am Heimarbeitsplatz erfordert jedoch eine eiserne Disziplin, da
verschiedene Ablenkungsgefahren lauern und eine ungestörte Konzentration auf den
Lernprozess oft nicht möglich ist. Für viele Personen ist auch die fehlende Trennung von
Arbeits- und Freizeit ein Problem, da sich das meiste überlappt und die gedankliche Be-
schäftigung mit den Lernthemen auch in der Freizeit kein Ende findet. Da die sozialen
Kontakte bei dieser Lernform oft nicht ausreichend vorhanden sind, fehlt es oft an Moti-
vation und Freude an der Arbeit.
Bei ausgereiften Lernprogrammen muss nicht auf die Interaktivität verzichtet werden, die-
se kann das Lernpartner-Defizit ein Stück weit ausgleichen.

10
Da der Begriff selbstgesteuertes Lernen sehr unterschiedlich verwendet wird und viele Lern-
formen annehmen kann, werde ich im folgenden Unterkapitel die wesentlichen Züge des
selbstgesteuerten Lernens herausarbeiten.
1.2.
Was ist selbstgesteuertes Lernen?
Es ist schwierig eine Definition des selbstgesteuerten Lernens zu finden, da es sehr viele un-
terschiedliche Tätigkeiten umfassen kann. Es reicht von der Planung über die Informationsre-
cherche, die Informationsverarbeitung und der ständigen metakognitiven Rücküberprüfung,
bis zur Evaluation des Lernprozesses. Selbstständiges Lernen ist ein Kontinuum, d.h. der
Grad an Selbststeuerung und Fremdsteuerung variiert je nach Lernform. Bestimmte Bereiche
können vorgegeben sein, wobei über andere selbst entschieden werden darf.
Selbstgesteuert heißt nicht autonom zu lernen, sondern gerade das zielgerichtete Einholen von
Informationen und personaler Hilfe bei auftretenden Schwierigkeiten lenkt den Lernprozess in
die gewünschte Richtung und verhindert einen Abbruch dessen. Dabei ist das Aufsuchen der
Personen und gezieltes Fragenstellen durchaus als aktiver Prozess zu bezeichnen.
Ausschlaggebend für das selbstgesteuerte Lernen ist die Abgrenzung intrinsischer versus
extrinsischer Motivation: Intrinsisch motiviert bedeutet, dass eine Person durch das Thema
und aus sich selbst heraus zum Lernen motiviert ist. Bei extrinsischer Motivation braucht der
Lerner außenliegende Anreize um sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen; z.B. den Druck
der Bewertung und Notengebung (Prenzel In: Lompscher/Mandl, 1996).
Selbstgesteuertes Lernen ist ohne intrinsische Motivation nur schwer möglich bzw. wenig
erfolgreich. Die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung setzt eine Selbstmotivation voraus.
Da die Aktivität verstärkt von der Person selbst kommen muss, sollte auch die Motivation von
innen heraus entstehen. Intrinsisch motiviertes Lernen wird von positiven Emotionen begleitet
und dadurch werden kognitive Aktivitäten gefördert; extrinsisch motiviertes Lernen verhält
sich gegenteilig hierzu (Prenzel In: Lompscher/Mandl, 1996). Extrinsische Lernmotivation
hat etwas mit Druckausübung zu tun. Der Lerner steht unter dem Zwang erfolgreiche Ergeb-
nisse erreichen zu müssen, da ihm sonst Sanktionen entstehen. Er lernt aus Furcht vor negati-
ven Konsequenzen. Manche Personen geben an, dass sie erst anfangen zu arbeiten, wenn der
Zeitdruck größer wird. Es fällt ihnen schwer sich selbst zu motivieren und sie erledigen nur
die Arbeit, die unabwendbar erscheint. Mit diesem Lernverhalten können jedoch keine über-

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ragenden Erfolge erzielt werden, da man sich nicht aus Interesse an der Sache selbst mit dem
Thema beschäftigt. Der Zugang zum Themengebiet wird weniger tief ausfallen und die Ge-
danken bleiben an der Oberfläche haften. Die Motivation für erfolgreiches Lernen muss aus
der Person selbst heraus entstehen. Wirkliches Interesse und Aufmerksamkeit für die Sache ist
nur bei intrinsischer Motivation vorhanden. Kinder benötigen noch eine gewisse Anleitung
und Führung, wogegen Jugendliche Stück für Stück auf eigenständiges Handeln vorbereitet
werden müssen. Das selbstgesteuerte Lernen ist das Lernen eines mündigen Menschen, der
verantwortungsvoll und unter dem Abwägen verschiedener Möglichkeiten und ihrer Konse-
quenzen, Entscheidungen treffen kann. Gerade durch die Selbststeuerung kann das Indivi-
duum sein Lernen an die eigenen Bedürfnisse und die Lebensweise anpassen. Dadurch ent-
steht mehr Spielraum für die Selbstgestaltung des eigenen Lebens. Beim selbstgesteuerten
Lernen geht es um die Interessen und Probleme des Individuums (Faulstich, 2003).
,,Dabei genügen nicht systematische wissenschaftliche Kenntnisse und methodische Fertigkei-
ten; hinzukommen muss die Fähigkeit, neue, unerwartete, schwer durchschaubare, komplexe
Situationen zumindest annähernd zutreffend einschätzen sowie umsichtig, weitsichtig, kreativ
und flexibel zu bewältigen" (Achtenhagen & Lempert, 2000: S. 14). Gerade in unserer sich
schnell wandelnden heutigen Welt, kann man schwer Vorhersagen über einzutreffende Ereig-
nisse machen. Lernen birgt hier auch ein Risiko: Man kann umsonst gelernt haben, da dieses
Wissen eventuell nicht mehr gebraucht wird. Der vorausschauende Blick in die Zukunft wird
immer wichtiger und hier gilt es dann rasch und flexibel auf die eintretenden Situationen zu
reagieren.
Zum selbstgesteuerten Lernen gehört die Kompetenz, den Lernprozess einer Reflexion und
ständigen Reorganisation zu unterziehen. Vorraussetzung hierfür ist eine gewisse Distanz zum
eigenen Lerngeschehen (Arnold in Achtenhagen & Lempert, 2000). Viele Personen leben sehr
unbewusst und müssen ihre Selbstreflexionsfähigkeit erst trainieren. Sie sind es nicht ge-
wohnt, strukturiert und konstruktiv über sich und ihr Lernen nachzudenken. Aber erst durch
die Bewusstmachung kann ein Fehler realisiert und ein anderer Weg eingeschlagen werden.
Wer in sich und seinen Emotionen verhaftet ist, kann sich selbst nicht beobachten. Hierzu
benötigt man eine gewisse Distanz zur eigenen Person, sollte ehrlich zu sich selbst sein und
sich durch das Testen neuer Verhaltensweisen weiterentwickeln. Eine falsche Handlung sollte
nicht gleich zur Abwertung des gesamten Menschen führen (außer es war ein weit reichender
Fehler mit schlimmen Folgen der vermieden hätte werden können), sondern als Anreiz und
Herausforderung die Sache in Zukunft anders in die Hand zu nehmen.

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Modernste Technologien z.B. führen nicht geradlinig zum Lernerfolg. Da Lernen ein sehr
individueller Prozess ist, bei dem jeder seine eigenen anwendbaren Methoden herausfinden
muss, kann es nicht in seinem Kern durch von Lehrpersonen gestaltete Lernarrangements ver-
bessert werden. Was für die eine Person hilfreich ist, mit dem kommt jemand anderes nicht
weiter.
Selbstorganisation bedeutet, dass Entscheidungsfreiheit vorhanden ist, in Bezug auf die Lern-
zeiten, den Lernort und die Materialien, die Frage, ob kooperativ oder allein gelernt wird,
welche Lernstrategien zum Einsatz kommen etc. (Reinmann-Rothmeier, Mandl & Kroschel,
In: Lompscher/Mandl, 1996).
Wenn eine bestimmte, gewünschte Fähigkeit nicht vorhanden ist, entsteht das Lernbedürfnis
sich diese anzueignen um das Gewollte zu erreichen (Faulstich, 2003).
,,Was Lehrende lehren und was Lernende lernen liegt in unterschiedlichen Welten" (Faulstich,
2003: S. 223). Der Lehrer weiß nicht, wie der vermittelte Lernstoff bei den Lernenden an-
kommt. Jede Person hat durch ihre Vorerfahrungen andere Sichtweisen und Zugänge zu be-
stimmten Themenbereichen. Man kann die Gedanken von verschiedenen Personen nicht auf
einen Nenner bringen. Hierdurch können auch sehr leicht Missverständnisse entstehen, die
sich aber meistens über einen detaillierten sprachlichen Austausch klären lassen.
Die bloße Aneignung von Wissen, vor allem das Auswendiglernen ohne kritisches Hinterfra-
gen, kann nicht als Kompetenz verstanden werden. Wissen muss mit kognitiven Wissensbe-
ständen verknüpft werden können, auch anwendbar sein und auf andere Bereiche transferiert
werden können. Wissen muss lebendig erhalten werden, die Denkweisen müssen die Richtung
wechseln können.
Eine Definition des Begriffs Persönlichkeit ist schwierig zu fassen. Personen werden als be-
wusst handelnde Wesen angesehen, die ihre Handlungen vorausschauend kognitiv durchdrin-
gen können, bevor sie sich für eine bestimmte Verhaltensweise entscheiden. Die Individuen
befinden sich in einem ständigen Austauschverhältnis mit ihrer Lebenswelt. Ihre Verhaltens-
weisen können nur nachvollzogen werden, wenn man sich in das individuelle Bedeutungsge-
füge hineinversetzen kann (Hermann & Lantermann, 1985). Man kann davon ausgehen, dass
jede Handlung bewusst oder unbewusst eine Absicht verfolgt. Die subjektive Bedeutung, wa-
rum jemand so handelt, ist sehr schwierig, bis gar nicht herauszufinden. Das emotionale In-
nenleben einer Person kann durch hineinversetzen in diese teilweise erforscht werden ­ aber
nie vollständig. Die, in der gesamten Biographie liegenden Gründe für die Verhaltensweisen,
sind meist nicht einmal dem Individuum selbst zugänglich. Können aber durch Selbstbeo-

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bachtung und reflexive Fähigkeiten mit der Zeit an die Oberfläche gebracht werden. Hierbei
können auch Fremdbeobachtung und konstruktive Rückmeldungen hilfreich sein.
Relevant für den Einzelnen sind die, für das individuelle Leben wichtigen Themen; in diesem
Bereich kann es zur Weiterentwicklung von Handlungsmöglichkeiten kommen (Faulstich,
2003). Wenn das Thema keine Bedeutung für das Leben einer Person hat, ist auch keine
Aufmerksamkeit vorhanden. Dies kann so weit gehen, dass bestimmte Informationen ausge-
blendet und somit nicht aufgenommen werden. Die Wahrnehmung ist selektiv und realisiert
nur diejenigen Bereiche, die von Interesse sind.
Der persönliche Grund, aus dem eine Person lernt, ist ein ausschlaggebender Punkt. Individu-
en möchten einen möglichst hohen Spielraum, bei der Frage, was sie lernen und warum (Faul-
stich, 2003). Die Lernenden brauchen ein Motiv, aus dem heraus sie Lernhandlungen vor-
nehmen können. Kann selbst entschieden werden was und wie gelernt wird, erhöht dies die
intrinsische Motivation und fördert die Neugier und das Interesse an der Aufgabe. Entschei-
dungsfreiräume führen im Allgemeinen zur Steigerung der Motivation und der Selbstständig-
keit. Jedoch wird der reale Handlungsspielraum von verschiedenen Personen unterschiedlich
wahrgenommen (Faulstich, 2003). Individuen können sich selbstbestimmt fühlen, obwohl sie
unter gewissen Vorgaben arbeiten müssen. Es kommt darauf an, ob die Vorschriften als Ein-
schränkungen erlebt werden oder ob sie akzeptiert und eventuell sogar verinnerlicht werden
können. Manche Regelungen werden von Anfang an als sinnvoll angesehen und erfahren aus
diesem Grunde Zustimmung. ,,Wie in der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan
(1993) postuliert wird, zeigt sich hier, dass das Gefühl der Selbstbestimmung nicht an be-
stimmte Situationen gebunden ist. Der Lernende kann sich selbst dann noch weitgehend
selbstbestimmt fühlen, wenn die Umstände fremdbestimmt sind. Entscheidend ist, dass sich
Lernende [...] mit dem, was sie tun, identifizieren und das Ergebnis ihres Tuns hoch bewer-
ten" (Reinmann-Rothmeier, Mandl & Kroschel, S.113; In: Lompscher/Mandl, 1996). Dabei
sollten die eigenen (Teil-) Erfolge realisiert werden, um sich selbst Lob zusprechen und dar-
aus erneut Energie und Motivation schöpfen zu können.
Für einige Personen ist es eine Überforderung viele Entscheidungen alleine treffen zu müssen.
Hier wird der Handlungsspielraum als zu groß und eher verunsichernd angesehen. Es ist sehr
persönlichkeitsabhängig, wie eigenständig gearbeitet werden kann. Dies bedeutet aber nicht,
dass Teamfähigkeit eine weniger wichtige Rolle spielt.
Oft wird angenommen, dass Personen vor allem wegen ihrer überragenden Intelligenz lernen.
Es wurde herausgefunden, dass der Motivation und dem Interesse, der Zielstrebigkeit und
Reflexionsfähigkeit eine größere Bedeutung für das Lernen zukommt (Achtenhagen & Lem-

14
pert, 2000). Auffällig ist die besondere Bedeutung von Motivation und Interesse, welche be-
reits mehrmals angesprochen wurde. Die Interessen bilden sich im Laufe des Lebens heraus
und werden durch unterschiedliche Erfahrungen beeinflusst. Das soziale Umfeld erweitert den
Kontakt des Individuums mit verschiedenen Lebensbereichen. Durch Ausprobieren kann he-
rausgefunden werden, ob das Thema ein individuelles Bedürfnis befriedigt, z.B. neue Er-
kenntnisse zu einem Problemfeld gefunden werden können.
Studierende, die über metakognitive Strategien verfügen, können sich ein realistisches Bild
über ihre Kompetenzen und die Anforderungen der Aufgabe machen und ihre Fähigkeiten
dann gezielt einsetzen. In Forschungen wurde gezeigt, dass metakognitive Strategien Intelli-
genzdefizite und mangelndes Fachwissen ausgleichen können (Biggs, 1985; Paris & Wi-
nograd, 1990).
Selbstgesteuertes Lernen fordert den Menschen in all seinen Dimensionen (Friedrich, 1999).
Nicht nur kognitive Prozesse spielen eine wichtige Rolle, sondern auch der reflexive Umgang
mit sich selbst und die richtige Nutzung und Beeinflussung von Emotionslagen.
Somit zeichnet sich selbstgesteuertes Lernen durch Initiativergreifung, Lernbedarffeststellung,
Lernzielformulierung, Ressourcennutzung, Auswahl und Einsatz passender Lernstrategien
und Evaluation aus (vgl. Knowles, 1975).
1.3.
Kognitive und motivationale Komponenten selbstgesteuerten Lernens
Die Grundlage für das Kategoriensystem (vgl. Kapitel 7.1: Entwicklung des Kriterienkata-
logs) bildet das Modell ,,Motivationale und kognitive Komponenten selbstgesteuerten Ler-
nens" von Friedrich/Mandl, 1997: S. 242, (vgl. Abbildung 1).

15
Abb. 1: Motivationale und kognitive Komponenten selbstgesteuerten Lernens
Ich habe mich für dieses Modell entschieden, da es, im Gegensatz zu anderen Konzepten, sehr
viele Aspekte des selbstgesteuerten Lernens enthält. Für die inhaltsanalytische Auswertung
der Lerntagebücher benötigte ich ein Modell, das die Lernaktivitäten möglichst genau abbil-
det. Daher habe ich die einzelnen Komponenten ausdifferenziert:
,,Deci und Ryan (1993) postulieren in ihrer Selbstbestimmungstheorie der Motivation drei
angeborene psychologische Bedürfnisse: Das Bedürfnis nach Kompetenz (effectancy), das
nach Autonomie/Selbstbestimmung (autonomy) und jenes nach sozialer Eingebundenheit
(affiliation)" (Friedrich/Mandl, 1997: S. 243).
Das Konstrukt Interesse habe ich nach Krapp, 1992: S. 321ff in eine wertbezogene und eine
emotionsbezogene Komponente unterteilt (Definition siehe Kodierleitfaden im Kapitel 7.1:
Entwicklung des Kriterienkatalogs).
Bei den Zielsetzungen unterscheide ich persönliche Lernziele von der Leistungsorientierung.
Erstere sind in der Persönlichkeit begründete Neigungen und Vorlieben; mit letzteren möchte
der Lerner übergeordnete Ziele erreichen, er muss sich mit bestimmten Themen auseinander-
setzen um z.B. im Studium optimal auf das spätere Berufsleben vorbereitet zu werden.
Die selbstwerterhaltenden Strategien habe ich ebenfalls in zwei Punkte unterteilt: der Lerner
schreibt die Ursachen sich selbst zu, übernimmt die Verantwortung für sein Handeln oder
schiebt sie auf andere Personen bzw. äußere Umstände.

16
Von den Strategien willentlicher Handlungskontrolle nach Kuhl (1987, S.108) habe ich vier
der sechs Strategien entnommen: die Aufmerksamkeitskontrolle, die Motivationskontrolle,
die Emotionskontrolle und die Sparsamkeit der Informationsverarbeitung. Die anderen zwei
Strategien ordnete ich nicht der Volition, sondern anderen Kategorien zu: Die handlungsori-
entierte Misserfolgsbewältigung ist in den selbstwerterhaltenden Bewältigungsstrategien ent-
halten und die Umweltkontrolle fällt unter den Punkt Ressourcenstrategien. Somit sind auch
diese Kategorien klar voneinander abgegrenzt, da Überschneidungen zu Unstimmigkeiten
geführt hätten und die Aussagen aus den Lerntagebüchern nicht eindeutig zuordnungsfähig
gewesen wären.
Die emotionalen Prozesse teilte ich in positive und negative Emotionen und ihre Förderlich-
keit bzw. Hinderlichkeit für den Lernprozess auf.
Aus folgender Tabelle sind Lernstrategien der zweiten Spalte (LIST: Inventar zur Erfassung
von Lernstrategien im Studium, Wild & Schiefele, 1994) und Metakognitive Strategien der
ersten Spalte (KSI: Kieler Lernstrategien Inventar, Baumert, Heyn & Köller, 1992) über-
nommen worden.
Tab. 1: Eine Taxonomie von Lernstrategien (vgl. Baumert, 1993; Baumert & Köller, 1996: S. 138)

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Die drei prozessualen kognitiven Komponenten differenzierte ich nach dem ,,Inventar zur
Erfassung von Lernstrategien im Studium" (LIST, vgl. Wild & Schiefele, 1994: Tabelle 1)
aus.
Unter Informationsverarbeitungsstrategien habe ich drei von den vier kognitiven Strategien
gefasst: Wiederholen, Elaboration und Strukturieren/Organisieren. Das Kritische Prüfen habe
ich nicht hinzugenommen, da es zu den metakognitiven Strategien gehört. Es wurde als extra
Kategorie kodiert, da es eine besondere Lernleistung darstellt.
Die metakognitiven Strategien differenzierte ich nach KSI (Baumert & Köller, 1992) in zwei
Prozesse aus: Planung und Überwachung/Selbstkontrolle. Die ,,Regulation" (ebd.) ordnete ich
aus Gründen der Eindeutigkeit den volitionalen Strategien zu.
Die Ressourcenstrategien setzte ich aus den externen Ressourcen Lernumgebung, Zusammen-
arbeit, Personale Hilfe, Sachliche Hilfe und dem Zeitmanagement zusammen (Wild & Schie-
fele, 1994: Inventar zur Erfassung von Lernstrategien im Studium). Die internen Ressourcen
Anstrengung und Aufmerksamkeit werden nicht noch einmal aufgezählt, da sie in den volitio-
nalen Strategien behandelt wurden.
Strategiewissen bezieht sich auf diese drei prozessualen kognitiven Komponenten, d.h. auf
jeden einzelnen Punkt der Ausdifferenzierung in Kategorien.
Diese Ausdifferenzierungen der Oberbegriffe in Unterkategorien werden im Kategoriensys-
tem (Empirischer Teil, Kapitel 7.1: Entwicklung des Kriterienkatalogs) ersichtlich. Dort sind
die Kategorien definiert und mit Beispielen versehen.
Im Folgenden werden einige Aussagen aufgegriffen, die auf die kognitiven und motivationa-
len Komponenten des selbstgesteuerten Lernens näher eingehen.
Abgeleitet von gesicherten Forschungsergebnissen zum Interesse (Schiefele, 1991), zur
Lernmotivation (Heckhausen & Rheinberg, 1980) und Leistungsmotivation (Kuhl, 1983) wird
angenommen, dass das Interesse am Studiengang und die intrinsische Motivation zur zeitin-
tensiveren Beschäftigung mit dem Studium führen (Helmke & Schrader, In:
Lompscher/Mandl, 1996).
Dieses und das nächste Statement betonen noch einmal die bereits angesprochene Bedeutung
des Interesses für die intrinsische Lernmotivation. Erst dadurch wird die Begeisterung von
innen heraus geweckt und die Person ist mit ,,Leib und Seele" dabei. Hierbei kann Spaß an
der lernenden Tätigkeit entstehen. Bei für den Lerner uninteressanten Tätigkeiten lässt die
Konzentration sehr schnell nach und es wird nur wenig aufgenommen. Dagegen verschafft es
nicht viel Mühe, die Aufmerksamkeit auf interessante Inhalte zu lenken ­ dies geschieht wie

18
von selbst. Die Person kann sich soweit in das Thema hinein denken, dass sie darin aufgeht.
Dies führt zu weit reichendem Erfolg, der dann wiederum positiv rückkoppelt auf die intrinsi-
sche Motivation.
Die folgenden Aspekte führen zu größeren Lern-Erfolgen:
a)
Lernen kann nur durch Eigenaktivität stattfinden (Prenzel, 1993).
b)
Das Gelernte muss einen Bezug zum realen Umfeld haben (Bednar, Cunningham,
Duffy & Perry, 1992).
c)
Bedeutsam ist die Elaboration mit bestehenden kognitiven Strukturen (Cognition and
Technology Group at Vanderbilt, 1993).
d)
Teamfähigkeit muss gefördert werden, da beim kooperativen Arbeiten neue Lernchan-
cen hinzukommen
(Reinmann-Rothmeier, Mandl & Kroschel, In: Lompscher/Mandl, 1996).
Die Anwendungsfähigkeit des Wissens, damit einem bewusst ist, für was man lernt, kam in
der Schule oft zu kurz. Im Studium ist sie unabdingbar, da der Lernstoff sonst nicht vollkom-
men verstanden und genützt werden kann. Erst wenn ein Transfer des Gelernten vollzogen
werden kann, ist dies ein Beweis für die Elaboration verschiedener Inhalte. Durch die Be-
zugsherstellung zwischen Vorwissen und neuen Kenntnissen wird eine kognitive Landkarte
ausgebildet, die später über verschiedene Zugänge abgerufen werden kann.
Selbstgesteuertes Lernen muss nicht vorwiegend alleine erfolgen. Im Austausch mit Kommili-
tonen können neue Sichtweisen und wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Produktives
Teamwork und Diskussionen an denen sich die ganze Gruppe beteiligt, stellen für jedes Mit-
glied eine Bereicherung dar. Man kann sich vergewissern, dass man auf dem richtigen Weg
ist und Schwierigkeiten können durch Kooperation bewältigt werden.
Mit Selbstvertrauen können herausfordernde Aufgaben sicherer angegangen und erfolgreicher
gelöst werden. Bandura (1986) führte hierfür den Begriff Selbstwirksamkeitserwartung ein.
Personen ohne Selbstwirksamkeitserwartungen sind oft unmotiviert und ängstlich in Bezug
auf ihr Lernvorhaben. Die Erfolgsattribuierung ist auf das Vertrauen in die eigene Wirksam-
keit zurückzuführen. Selbstwertdienlich ist es, Erfolge der eigenen Person zuzuschreiben und
bei Misserfolgen den Zufall oder den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe als Erklärung heranzu-
ziehen. Diese Attributionsweise fördert das Selbstvertrauen des Lerners. Selbstwirksamkeits-
erwartung, Attribuierungen und Selbstwertgefühl beziehen sich auf das Selbstkonzept einer
Person (Wicklund & Gollwitzer, 1982), das seine Bedeutung in allen Lebensbereichen entfal-
tet. Der Aufbau eines positiven Selbstkonzepts und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten

19
werden durch Wertschätzung der sozialen Bezugspersonen gefördert (Rogers, 1974). Die
Ausbildung eines positiven Selbstbildes hängt auch stark von der Erziehung ab: Personen,
denen in ihrer Kindheit oft gesagt wurde, dass sie etwas nicht können, verinnerlichen diese
Aussage allmählich. Dies bedeutet aber nicht, dass das negative Selbstkonzept nicht revidier-
bar ist. Durch emotionale Distanzierung von den Eltern und Arbeit an der eigenen Persönlich-
keit können neue, das Selbstbewusstsein stärkende Erfahrungen gemacht werden. Auf der
anderen Seite können Eltern die Selbstwirksamkeitsüberzeugung ihrer Kinder dadurch för-
dern, dass sie ihnen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, verschiedene Aktivitäten auszupro-
bieren und bei erfolgreichem Handeln ein anerkennendes Lob aussprechen. So kann der
Mensch Vertrauen in sich selbst und in seine Wirksamkeit entwickeln. Die Rolle der Eltern
sollte mit zunehmendem Alter von der Person selbst übernommen werden; da die Ermutigung
dann von einem selbst, von innen heraus erfolgen muss.
Ebenso müssen individuell nützliche Lernstrategien von der Person selbst herausgefunden
werden. Durch Lernstrategien kann der Lernstoff strukturiert und zugänglich gemacht wer-
den. Sie verbessern das Verständnis und die Aufnahme der Inhalte und führen somit zu einem
effektiveren Lernprozess.
Studien bestätigen, dass der verstärkte Einsatz von Lernstrategien meist zu weniger Studien-
problemen führt. Eine Ausnahme bildet die Lernstrategie Wiederholen; bei Anwendung dieser
Lernstrategie wurde das Studium von einigen Studenten als mit Schwierigkeiten behaftet an-
gesehen (Artelt & Lompscher, In: Lompscher/Mandl, 1996). Wiederholen ist die oberfläch-
lichste Lernstrategie, die zu keiner wirklichen Auseinandersetzung mit dem Thema führt.
Kurzfristiges Auswendiglernen auf eine Klausur, geht meist mit raschem Vergessen einher.
Oft wurden die Inhalte nicht richtig verstanden und es können keine Verbindungen zu vor-
handenen Kenntnissen gezogen werden. Wiederholen geht meist mit keiner dauerhaften Wis-
sensaneignung hervor, da es nicht genügend kognitiv verankert wird.

20
1.4.
Erfassung der Komponenten selbstgesteuerten Lernens
Ein Problem ist die Erfassung des selbstgesteuerten Lernens mit geeigneten Erhebungsmetho-
den.
Laborexperimente sind künstliche Situationen und können keine realen, alltäglichen Lernpro-
zesse abbilden. Eine teilnehmende oder verdeckte Beobachtung ist nicht umsetzbar, da der
Forscher die Probanden nicht überall hin und über einen längeren Zeitraum begleiten kann.
Außerdem würde auch die teilnehmende Beobachtung einen Einfluss auf die Personen und ihr
Lernverhalten ausüben. Eine geeignete Methode scheint aus diesen Gründen die retrospektive
Erhebung zu sein. Im Lerntagebuch werden die Situationen festgehalten und möglichst genau
beschrieben. Aber auch diese Methode hat ihre Fehlerquellen: im Nachhinein werden nicht
mehr alle Aspekte erinnert und es kann zu Verzerrungen der Wahrnehmung kommen. Das
individuelle Erleben kann diese qualitative Methode sehr gut abbilden. Aus Lerntagebüchern
kann man reichhaltiges Material subjektiver Bedeutsamkeit ziehen.

21
2.
Lebenslanges Lernen
Lebenslanges Lernen ist nicht mit Weiterbildung gleichzusetzen, wie es oft Einfacherweise
gemacht wird.
Lebenslanges Lernen geht zwar über die ursprüngliche Vorstellung, dass das Lernen mit dem
Eintritt ins Erwachsenenalter abgeschlossen ist, hinaus, grenzt aber das Kindes- und Jugendal-
ter keineswegs aus (Faulstich, 2003).
Es gibt unterschiedliche Art und Weisen Lernen zu definieren. In Bezug auf lebenslanges
Lernen ist ein enger Lernbegriff nicht haltbar. Um alle Facetten erfassen zu können müssen
auch inoffizielle Lerngelegenheiten miteinbezogen werden. Diese Lernprozesse sind nicht
geplant, sondern geschehen durch die jeweiligen Lebensumstände. Da sie auf die eigene Le-
benswelt mit ihren jeweiligen Problemlagen bezogen sind und ein beachtliches Ausmaß der
Lernvorgänge betreffen, sollten diese Erfahrungen als vollwertige Lernprozesse anerkannt
und genutzt werden. ,,Lernen fassen wir in diesem Zusammenhang bewusst sehr weit: Wir
lernen, wenn wir in der aktiven Auseinandersetzung mit der sozialen oder gegenständlichen
Umwelt Erfahrungen sammeln und daraufhin Verhalten oder Einstellungen verändern oder
neu erwerben. [...] Damit wird schließlich auch deutlich, dass Lernen nicht nach der Schul-
oder Hochschulzeit beendet ist, sondern uns ein Leben lang in allen Situationen begleitet ­
lebenslanges Lernen wird in Zukunft zur Selbstverständlichkeit werden" (Reinmann-
Rothmeier, Mandl & Kroschel, S.115; In: Lompscher/Mandl, 1996). Unbewusst lernt jeder
Mensch tagtäglich etwas Neues hinzu ­ die eine Person mehr, die andere weniger. Das Be-
wusstsein über diese lebenslangen Lernprozesse und seine Bedeutung in der heutigen Welt,
sind jedoch erst seit kürzerer Zeit ans Licht getreten. Nun gilt es die Lernprozesse zu organi-
sieren und zu strukturieren, damit ihre Effektivität (so weit wie möglich) garantiert ist. Jetzt
gilt es kontinuierlich und zielgerichtet zu lernen, sich auf die Tätigkeitsanforderungen hin
weiterzubilden.
Heutzutage ist das Lernen nicht mit der Ausbildung abgeschlossen; Arbeits- und Lernzeiten
überlappen sich zunehmend (Faulstich, 2003). Um den eigenen Lernbedarf realistisch ein-
schätzen zu können, muss jede Person eine Analyse ihres Ist- und Soll-Zustandes durchfüh-
ren. Diese ist auf den aktuellen Zustand der Tätigkeiten zu beziehen und muss ständig über-
prüft werden. Das Individuum ist dabei größten Teils auf sich selbst gestellt, da Außenstehen-
de keinen vollständigen Einblick in alle lebensrelevanten Aspekte haben.

22
Im selbstgesteuerten lebenslangen Lernprozess muss jede Person lernen für sich selbst Ver-
antwortung zu übernehmen und Entscheidungen mit ihren Konsequenzen tragen zu können
(Faulstich, 2003). Nicht zu jedem Problem kann ein individuell richtiger Rat eingeholt wer-
den; der Mensch ist hierbei auf seine erarbeitete Lebensbewältigungskompetenz gestellt.
Da die Zeit im Erwachsenenalter durch die vielfältigen verpflichtenden Aufgaben nicht un-
endlich verfügbar ist und nicht unbeschwert wie ein Kind in den Tag hinein gelebt werden
kann, müssen die Lerntätigkeiten in den Alltag mit eingeplant werden. Zeitmanagement wird
durch die vielfältige Aufgabenbelastung zu einem immer größeren Problem. Neben der Arbeit
muss man sich kontinuierlich weiterbilden und darf auch die sozialen Netzwerke, häuslichen
Pflichten und eventuell die Kindererziehung nicht vernachlässigen. Durch diese umfangrei-
chen Belastungen droht die Gefahr aus dem Gleichgewicht zu kommen ­ Stress, mit seinen
psychischen und physischen Begleiterscheinungen, ist die Folge. Daher ist ein Ausgleich
durch Entspannung unabdingbar, um emotionale Stabilität zu erreichen und keinem Burnout
zu unterliegen.
Aufgrund dieser Aspekte, möchte ich im folgenden Unterkapitel eine Definition des Lebens-
langen Lernens finden.
2.1.
Definition lebenslanges Lernen
Es ist von großer Bedeutung, dass Personen mit ihrer Unvollkommenheit produktiv umgehen
und sich als entwicklungsfähig einschätzen. Hierzu zählt man Optimismus, positives Denken,
adaptive Selbstwirksamkeit und persönliche Handlungskontrolle (Müller, 2001). Die Tatsa-
che, dass der Mensch nicht vollkommen ist, darf nicht als Mangel, sondern muss als kontinu-
ierliche Herausforderung gesehen werden. Mit Neugier und Freude sollte das Individuum auf
unbekannte Teile von persönlich bedeutsamen Lebensbereichen zugehen. Dabei ist Engage-
ment und Spaß an der Veränderung gefragt, weil sie das Leben abwechslungsreich gestaltet.
Die Lernerkenntnisse stellen eine Bereicherung für die Person dar. Es können Antworten auf
Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung gefunden werden und den Weg zur eigenen Person
ebnen. Das Herausfinden wer man ist, welche Fähigkeiten man hat und wie man leben möch-
te, kann durch lebenslanges Lernen vorangebracht werden.
Lebenslanges Lernen ist ein unabschließbarer Prozess der Identitätsfindung (Faulstich, 2003).
Da die zunehmende Auflösung gesellschaftlicher Normen und vorgeschriebener Biographien

23
nicht immer als Gestaltungsfreiheit empfunden wird, kann es zu Verunsicherungen bei konse-
quenztragenden Entscheidungen kommen. Lebenslanges Lernen bietet eine gute Möglichkeit,
um geeignete Lösungen für das eigene Leben herauszufinden. Das Bild der eigenen Identität
kann sich ein Leben lang ändern, wenn die Person flexibel ist und keine Angst vor dem Pro-
zess des Unabschließbaren und Unvorhersehbaren hat.
Um in der heutigen Arbeitswelt bestehen zu können, muss man sich ein Leben lang weiterbil-
den und die eigenen Überzeugungen prüfen, da das angeeignete Wissen rasch veraltet (Ach-
tenhagen & Lempert, 2000). Unser Denkstil muss flexibel bleiben, wir müssen uns schnell
neuen Anforderungen anpassen können. Dies setzt voraus, dass wir unseren Lernbedarf er-
kennen und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung suchen. Im Beruf sind zunehmend Anpas-
sungsfortbildungen an die aktuellen Kenntnisstandards von Nöten. Wer nicht mit der Zeit geht
und in seinen Gewohnheiten haften bleibt, ist heutzutage von Arbeitslosigkeit bedroht. Die
folgende Auflistung fasst die wichtigsten Wandelaspekte unserer Lebenswelt zusammen.
Die Welt wächst zusammen
Neue Techniken verändern unser Leben
Die Menschen werden immer älter
Die Tradition wird durch den Individualismus zunehmend abgelöst.
Ständige Weiterbildung ist notwendig, um mit diesen Veränderungen umgehen zu können
(Achtenhagen & Lempert, 2000). Durch die Globalisierung entsteht eine verschärfte Konkur-
renz auf dem Arbeitsmarkt. Nur die qualifiziertesten Mitarbeiter erreichen gute Positionen.
Muss die Bildung sich den technischen Errungenschaften anpassen? Nach wirtschaftlicher
Sicht stellt dies eine Forderung an die Bildung dar. Durch die schwierige Wirtschaftslage und
finanzielle Misere des Landes, ist auch die Verlängerung des Ruhestandes zu einem großen
Problem geworden. Da ein Arbeitsplatzmangel herrscht, können die Menschen trotz längerer
Lebenserwartung nicht bis zu einem späteren Renteneintritt beschäftigt werden. Es gilt sich
auch in fortgeschrittenem Alter fit und dynamisch zu halten, da Belastbarkeit und Anpas-
sungsfähigkeit als Vorraussetzung für die Arbeitswelt gelten. Der Lernbedarf betrifft ver-
schiedene Aspekte der Person und hat eine umfassende, flexibel anwendbare Struktur.
Die Lernprozesse sind sehr vielfältig:
Wissensaneignung, Kompetenzerwerb und Persönlichkeitsentwicklung
Das Lernen betrifft somit gegenstandsbezogenes und soziales Handeln
Am wichtigsten ist die Lernfähigkeit der Person. Sie muss wissen, wie sie sich neue
Kompetenzen selbst aneignet
(Achtenhagen & Lempert, 2000).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832499136
ISBN (Paperback)
9783838699134
DOI
10.3239/9783832499136
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg – Fakultät I: Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2006 (Oktober)
Note
2,0
Schlagworte
lernen lernstrategie tagebuch lerntagebuch
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Titel: Selbstgesteuertes Lernen bei Studierenden
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